Volkswirtschaftliche News

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MAKRO NEWS
14. November 2014
KONJUNKTUR EUROZONE:
VORÜBERGEHENDE WACHSTUMSDELLE
von Cornelia Koller, Berenberg Volkswirtin
Deutschland: Keine Rezession
Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2014 um 0,1 % gewachsen
Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal 2014 um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal gewachsen nachdem sie im zweiten Quartal
erstmals seit Ende 2012 geschrumpft war. Damit ist die vielfach befürchtete technische Rezession (Rückgang des BIP in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen) wie von uns erwartet ausgeblieben. Da die Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für
die ersten beiden Quartale überarbeitet worden sind, fiel der Rückgang im Frühjahr mit -0,1 % zudem etwas geringer aus als zuvor
gemeldet (-0,2 %). Im Vorjahresvergleich wuchs die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal kalenderbereinigt um 1,2 % (2. Quartal
2014: revidiert +1,4 %).
Noch liegen keine detaillierten Daten für die Entwicklung der einzelnen Komponenten vor (Veröffentlichung: 25. November). Für den
leichten Anstieg des BIP im dritten Quartal 2014 sorgten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts zufolge vor allem die
privaten Haushalte, die ihre Konsumausgaben kräftig erhöhten. Darüber hinaus stützte der Außenhandel die deutsche Wirtschaft: Die
Exporte legten stärker zu als die Importe. Wachstumsbremsend waren dagegen die Investitionen. So wurde vor allem in Ausrüstungen
erheblich weniger investiert als im Vorquartal und auch die Bauinvestitionen gingen geringfügig zurück.
Ausblick: Die Grundtendenz bleibt aufwärts gerichtet
Vorerst wird die Unsicherheit durch die geopolitischen Spannungen, vor allem die Ukraine-Krise, noch anhalten. Vor allem der von
uns ursprünglich für das Jahr 2014 prognostizierte Investitionsanstieg wird vor dem Hintergrund der geopolitischen Unsicherheiten
und der Nachfrageschwäche vieler Handelspartner länger auf sich warten lassen. So haben sich die Absatzerwartungen der Unternehmen durch den Putin-Effekt eingetrübt und werden die Investitionsneigung vorerst weiter dämpfen. Hierauf deutet der kontinuierliche
Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas in den letzten sechs Monaten, vor allem die spürbare Eintrübung der Erwartungskomponente, hin.
Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer. So haben Industrieproduktion und Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe im September wieder zugenommen (1,4 % bzw. 0,8 % gegenüber August) und die Exporte übertrafen den Vormonat um 5,5 %. Auch der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe hat sich nach seinem vorübergehenden Rückfall unter die Wachstumsschwelle
wieder über der 50 Punkte-Marke etabliert (Oktober: 51,4 Punkte). Zudem hat sich das GfK-Konsumklima auf hohem Niveau stabilisiert. Sowohl die Einkommensaussichten als auch die Konsumneigung legten im Oktober nach zuvor moderaten Rückgängen wieder
zu. Damit bleibt der private Konsum wesentliche Stütze der deutschen Konjunktur.
Wir erwarten nach wie vor, dass die Grundtendenz der deutschen Wirtschaft aufwärtsgerichtet bleiben wird und die Binnennachfrage
die geopolitischen Spannungen durch die Ukraine-Krise und die daraus resultierende Stimmungseintrübung mittelfristig auffangen
kann. Wachstumspfeiler wird der Konsum bleiben, der durch die weiter zunehmende Beschäftigung (3. Quartal: +384.000 gegenüber
Vorjahr), steigende Löhne (viele Tarifabschlüsse 2014 über 3 %) und die geringe Inflation (Oktober: 0,8 %) gestützt wird. Mit Abebben
der externen Unsicherheiten sollte sich zudem der Investitionsstau allmählich auflösen. Mit Blick auf bessere Exportperspektiven und
anhaltend günstige Finanzierungsbedingungen dürften sich dabei in einem ersten Schritt die notwendigen Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen sukzessive beleben. Die Baukonjunktur wird weiter vom niedrigen Zinsniveau profitieren. Dabei wird der Wohnungsbau tragende Säule der Bauinvestitionen bleiben, zudem wird der Wirtschaftsbau von den aufgestockten Mitteln für die Verkehrsinfrastruktur profitieren. Die Exporte sollten von der moderaten Konjunkturbelebung des Euroraums, des recht ordentlichen
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Wachstums in den USA sowie durch China und andere Schwellenländer neue Impulse erhalten. Wir erwarten daher, dass die deutsche
Wirtschaft ab dem Frühjahr 2015 mehr Fahrt aufnehmen wird und damit auch wieder eine Rolle als Wachstumsmotor für die Eurokonjunktur spielen kann.
Eurozone: Vorübergehende Wachstumsdelle
Bruttoinlandsprodukt steigt im dritten Quartal 2014 um 0,2 %
Basierend auf der ersten Schnellschätzung von Eurostat für 14 Mitgliedsländer stieg das BIP in der Eurozone im dritten Quartal 2014
um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal (2. Quartal: +0,1 %). Im Vorjahresvergleich wuchs die Wirtschaftsleistung erneut um 0,8 %.
Eine positive Überraschung kam dabei aus Frankreich: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist das erste Mal in diesem Jahr
wieder gewachsen (+0,3 %). Wermutstropfen: das BIP für das zweite Quartal wurde von Stagnation auf Schrumpfen (-0,1 %) nach
unten revidiert. Wachstumsimpulse kamen zudem weiterhin nur vom Staatsverbrauch (+0,8 %) und den privaten Konsumausgaben
(+0,2 %). Erneut bremsten die rückläufigen Investitionen, die mit - 0,6 % bereits das vierte Quartal in Folge schrumpften, sowie der
negative Außenbeitrag das Wirtschaftswachstum. Ungeachtet des jüngsten Anstiegs der gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftsleistung
zeigt die Investitions- und Exportschwäche, dass Frankreich wegen ungenügender Strukturreformen und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit Sorgenkind der Eurozone bleibt.
In Italien führte die gleichfalls anhaltende Reformschwäche dazu, dass das Bruttoinlandsprodukt erneut schrumpfte (-0,1 % nach
-0,2 % im 2. Quartal). Dagegen wuchsen die Reformländer Spanien (+0,5 %) und Portugal (+0,2 %) dank ihrer gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit weiter. Auch Griechenland hat den Wachstumskurs fortgesetzt (+0,7 %). Belgien, Estland, Finnland und die Niederlande legten jeweils um 0,2 % zu. Überdurchschnittliches Wachstum konnten die Slowakei (+0,6 %) und Lettland (+0,4 %) aufweisen.
Österreich stagnierte und das BIP Zyperns schrumpfte erneut um 0,4 % (Angaben jeweils gegenüber dem Vorquartal).
Ausblick: Langsam wieder aufwärts
Auch für die gesamte Eurozone ist der Aufschwung 2014 durch die geopolitischen Spannungen unterbrochen worden und der kürzerfristige Ausblick wird vorerst noch durch den Putin-Effekt überschattet. So bleibt das russische Vorgehen gegen die Ukraine das größte
Risiko für unseren Konjunkturausblick. Wir erwarten aber nach wie vor, dass die Wachstumspause lediglich temporär sein wird. Hierfür spricht eine ganze Reihe von Argumenten.
Für eine konjunkturelle Belebung sprechen vor allem die vertrauensbildenden Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) und
ihre extrem expansive Geldpolitik. So hat die EZB ihre Zinsen im September weiter auf 0,05 % gesenkt und zusätzlich unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen zur Ankurbelung der Kreditvergabe beschlossen. Die niedrigeren Finanzierungskosten für die Unternehmen können helfen, die Investitionstätigkeit anzuregen, zumal der Nachholbedarf an Ersatzinvestitionen aufgrund der konjunkturbedingten jahrelangen Zurückhaltung in vielen Branchen groß ist. Zudem sind die Ölpreise in den letzten Monaten deutlich gefallen
und wirken wie ein kleines Konjunkturprogramm für Unternehmen und Konsumenten. Darüber hinaus nimmt die Arbeitslosigkeit in
der Eurozone ganz langsam ab. Lag sie im Herbst 2013 noch bei 12,0 % ist sie zuletzt auf 11,5 % gefallen und dürfte im Verlauf des
nächsten Jahres weiter in Richtung 11,0 % zurückgehen. Dies wird sich positiv auf das Konsumverhalten auswirken, das zudem von
der extrem niedrigen Inflationsrate (Oktober: 0,4 %) begünstigt wird. Des Weiteren tragen die Strukturanpassungen und Haushaltskonsolidierungen der Reformländer Früchte und die restriktive Fiskalpolitik nähert sich ihrem Ende. So wird die Finanzpolitik den gesamten Euroraum im nächsten Jahr nur noch mit 0,1 % des BIP belasten (2014: 0,2 %, 2013: 1 %). Last but not least wird der schwächere
Euro – handelsgewichtet hat der Euro gegenüber seinem Hoch im Frühjahr 2014 bis dato um etwa 5 % abgewertet – der Exportwirtschaft helfen, die zudem mehr Rückenwind durch die Weltwirtschaft mit robustem Wachstum in den USA und anziehender Konjunk-
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tur in einigen Schwellenländern bekommen wird. Nach einem schwachen vierten Quartal 2014 sollte das Wachstum im Jahresverlauf
2015 daher wieder etwas stärker anziehen.
Gestützt wird unsere Prognose inzwischen von der sich abzeichnenden Stabilisierung der Vertrauensindikatoren. So hat sich der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Oktober erstmals seit April wieder leicht verbessert und sein Pendant für den
Dienstleistungsbereich beginnt sich zu stabilisieren. Zudem liegen die Einkaufsmanagerindizes aus beiden Sektoren unverändert über
der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Auch die von der EU-Kommission ermittelten Indizes zum Industrie- und Verbrauchervertrauen haben sich zuletzt verbessert und untermauern damit unsere Erwartung, dass eine vorübergehende Wachstumsdelle sehr viel
wahrscheinlicher ist als eine ernsthafte Krise.
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