Chemie der Metalle - Einleitung 95 der bislang 118 bekannten Elemente sind Metalle! 1.1 Charakteristische Eigenschaften von Metallen Absolut charakteristisch für Metalle: Hohe isotrope elektrische Leitfähigkeit (Bereich 6.3×105 Ω-1 (Ag) bis 7.07×103 Ω-1 cm-1 (Pu)). Graphit ist entlang der Schichtebenen ein ebenso guter, Leiter wie typische Metalle, senkrecht zu den Schichtebenen jedoch ein Isolator. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Temperaturabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit: Mit steigender Temperatur nimmt die Leitfähigkeit von Metallen ab (Ohmsches Verhalten), während die von Nichtmetallen und Halbleitern zunimmt. 1.1 Charakteristische Eigenschaften von Metallen Weitere typische Eigenschaften: Optisches Verhalten: Hohe Reflektivität und Lichtundurchlässigkeit auch dünner Schichten. Grund dafür sind die hohe Energiedichte in den besetzten und unbesetzten Bändern und die Überlappung von Leitungsund Valenzband. Metalle sind auch in dünnen Schichten lichtundurchlässig: Durch Lichtabsorption angeregte Elektronen kehren unter Photonenabgabe sehr schnell wieder in den Grundzustand zurück. Daher wird Licht an einer Metalloberfläche fast vollständig reflektiert ⇒ metallischer Glanz. Metallischen Glanz findet man allerdings auch beim Iod, einigen Wolframoxiden (Wolframbronzen) und beim Pyrit. 1.1 Charakteristische Eigenschaften von Metallen Chemisches Verhalten: Metalle bilden typischerweise Ionenverbindungen, in denen das Element als Kation vorliegt und positive Oxidationsstufen annimmt. Ausnahmen sind Metallide der Alkalimetalle mit Ionen M-, Auride (Au- im CsAu), Platinide (Pt2im Cs2Pt) sowie metallorganische Komplexe mit π-Säureliganden, in denen das Metallatom negative Oxidationsstufen aufweist (z. B. Fe-II im Fe(CO)42-). Metalle sind in den typischen anorganischen und organischen Medien (physikalisch) unlöslich; nur in Metallschmelzen lösen sie sich. Dies gilt allerdings auch für Nichtmetalle wie Tellur und Bor. Typisch ist ferner die Bildung von Koordinationsverbindungen, in denen das lewis-saure Zentralatom mit mehreren Lewis-Basen wechselwirkt. Allerdings bilden auch Nichtmetalle komplexe Anionen. Beispiele sind BF4-, PF6-, AsF6-, SbF6-, SiF62. 1.1 Charakteristische Eigenschaften von Metallen Thermisches Verhalten (Wärmeleitfähigkeit): Metalle weisen eine hohe Wärmeleitfähigkeit auf, da leicht bewegliche Elektronen Wärme in Form von kinetischer Energie durch einen Metall-„Riesenkristall“ weiter transportieren. Aber: Auch Diamant, das Paradebeispiel eines Nichtmetalls, ist ein hervorragender Wärmeleiter (hochenergetische Schwingungsmoden). Mechanisches Verhalten: Duktilität. Ein einfaches, aber zutreffendes Modell sieht ein Metall als eine Art Salz, in welchem Metallionen in ein Meer aus leicht beweglichen und verschiebbaren Elektronen eingebettet sind (Elektronengasmodell). Im Metallgitter sind die Positionen von Metallatomen nicht so starr festgelegt wie in Salzen; Metalle sind elastisch verformbar und dehnbar (man denke an Au). Aber: Einige Übergangsmetalle, insbesondere Wolfram sind ausgesprochen spröde. Einleitung - Elektronengasmodell Schematische Darstellung des Elektronengasmodells der Elektronenstruktur von Metallen. Jede Kugel ist ein positiv geladenes Metall-Ion. Quelle: Brown, LeMay, Bursten Chemie, 10. Auflage, ISBN 3-8273-7191-0, Pearson Studium Einleitung -Elektronengasmodell Einleitung -Elektronengasmodell Einleitung – Bandstruktur eines Metalls Metall Leiter Nichtmetall Isolator Halbmetall Halbleiter 1.2 Einteilung der Metalle Hauptgruppen Nebengruppen -Alkalimetalle d-Block-Elemente (äußere Übergangsmetalle) -Erdalkalimetalle -„frühe“ Übergangsmetalle: Gruppen IV und V -Erdmetalle (Triele) -„mittlere“ Übergangsmetalle: Gruppen VI bis VIII -schwere Homologe -„späte“ Übergangsmetalle: Gruppen IX und X der Gruppen 14-16 -Münzmetalle: Cu, Ag, Au (Gruppe XI (Sn, Pb, Sb, Bi, Po) -Platingruppenmetalle: Ru, Os, Rh, Ir, Pd, Pt f-Block-Elemente (innere Übergangsmetalle) -Lanthanoide: Elemente 58 – 71 (Ce – Lu; sukzessive Besetzung von 4f-Orbitalen) -Actinoide: Elemete 80 – 103 (Th – Lr; sukzessive Besetzung von 5f-Orbitalen) -„Seltene“ Erden: Sc, Y, La + Lanthanoide 2. Gewinnung und Reindarstellung von Metallen 2.1 Vorkommen Als Quellen für Metalle kommen in Frage: -Metalle in elementarem (gediegenem) Zustand: Gold, Silber, Kupfer, Platin, die Platingruppenmetalle, vereinzelt sogar Eisen („himmlisches Eisen“ meteoritischen Ursprungs). - Die größten Metallvorkommen finden sich in der Natur in Form von Mineralen und Erzen. Mineral = in der Erdkruste vorkommende anorganische, homogene, meist kristalline Substanz; Erz = Mineral oder Mineralaggregat, aus dem ein Metall (oder mehrere Metalle) wirtschaftlich gewonnen werden kann. Diamant ist beispielsweise ein wertvolles Mineral, aber kein Erz. Magnetit (Fe3O4) ist dagegen ein wertvolles Eisenerz. 2.1 Vorkommen •Oxide: Magnetit (Fe3O4), Roteisenstein (Hämatit, Fe2O3), Korund (Al2O3), Pechblende (UO2) •Hydroxide: Brauneisenstein Fe2O3⋅x H2O (x ≈ 1.5), Limonit (Goethit, FeO(OH), Bauxit AlO(OH) •Sulfide (Spieße, Glanze, Kiese, Blenden): Kupferkies (CuFeS2), Kupferglanz Cu2S, Bleiglanz (Galena, PbS), Zinkblende (Sphalerit, ZnS), Wurtzit (ZnS), Zinnober (HgS) •Halogenide: Fluorit (CaF2), Steinsalz (NaCl) •Carbonate (Spate): Kalkspat (Calcit, CaCO3), Dolomit (CaMg(CO3)2), Malachit (CuCO3٠Cu(OH)2), Azurit 2 CuCO3٠Cu(OH)2 = Cu3(CO)3(OH)2 •Sulfate: Gips (CaSO4٠H2O), Schwerspat (Baryt, BaSO4) •Silikate: Olivin, (Mg,Fe)2SiO4, Zirkon: ZrSiO4 •Phosphate: Apatit Ca5(PO4)3(F, Cl, OH) •Salze mit komplexen, metallhaltigen Anionen: Borate (BO33-), Vanadate (VO43-), Molybdate (MoO43-), Wolframate (WO43-). 2.2 Gewinnung von Metallen aus Erzen Grundlegende Verfahren: Carbothermische Verfahren: MmOn + n C → m M + n CO. Dies ist möglich bei Metallen, die im Periodensystem rechts der Mangangruppe stehen (bzw. ein höheres Potenzial besitzen als Zn) Problem: Carbidbildung (MC, s. Eisen) Metallothermische Verfahren: MO+ M' → M + M'O. Anwendbar wenn M' unedler (elektropositiver) ist als M. Beispiel: Aluminothermie (Thermitverfahren) Fe2O3+ 2 Al → Fe+Al2O3. Auch werden elektropositive Metalle wie Ti, Zr, Ta, Th, U mit Na als Reduktionsmittel gewonnen. Reduktion mit Gasen (H2 oder CO): MO + H2 → M + H2O oder MO + CO → M + CO2. Ein Beispiel ist der Hochofenprozess zur Erzeugung von Roheisen: Nettoumsatz: 2 FeO + C →2 Fe + CO2 2.2 Gewinnung von Metallen aus Erzen Elektrolytisch: -aus wässrigen Lösungen: Cu (elektrolytische Raffination), Zn, Mn, Ni, Cd, Sn, Cr, ferner zur Reinigung von Gold und Silber. -aus Schmelzen: Alkali-, Erdalkali-, Lanthanidmetalle, Al, Ti, Zr, Cr, Th. Rösten von Sulfiden (Röstreduktion): z. B. Bleiglanz PbS: 1. 2 PbS + 3 O2 → 2 PbO + 2 SO2 2. 2 PbO + PbS → 3 Pb + SO2 Nettoreaktion: PbS+ O2 → Pb + SO2. Analog funktioniert die Röstreduktion bei Kupferglanz (Cu2S): Cu2S + O2→ 2 Cu + SO2. SO2 wird weiter zu Schwefelsäure verarbeitet. Nassmetallurgische Verfahren: Zementation (unedles Metall fällt edles aus der wässrigen Lösungs eines Salzes) Cu2+ + Zn → Cu + Zn2+. 2.3 Reinigungsverfahren Thermischer Transport und Zersetzung: Carbonyl-Verfahren (Mond-Prozess):Bei 60-80°C: Ni + 4CO → Ni(CO)4; bei 200°C: Ni(CO)4 → Ni + 4 CO Pyrophores Eisen: Fe(CO)5 → Fe + 5 CO van Arkel de Boer-Verfahren (chemischer Transport): Bei 500-600°C: Ti + I2 → TiI4; bei 1200°C: TiI4 → Ti + 2 I2 Elektrolytisch:Cu, Ag, Au, ... Zonenschmelzverfahren: Si ... Windfrischverfahren/Puddelprozeß: Kohlenstoff und Verunreinigungen wie Si, P... werden durch Zugabe von Sauerstoff oxidiert (Stahlherstellung) 3. Alkalimetalle 3. 1.1 NatürlicheVorkommen Natrium und Kalium gehören zu den häufigsten Elementen der Erdkruste (6., 7. Position). Entsprechend sind ihre Salze weit verbreitet. Die wichtigsten natürlich vorkommenden Verbindungen sind: Na+: Kochsalz (Halit, NaCl), Soda (Na2CO3 × 10 H2O), Tronasalz (Na2CO3 × NaHCO3 × 2 H2O), Chilesalpeter (NaNO3) und Borax (Na2B4O5(OH)4) . K+: Sylvin (KCl) und Carnallit (KCl × MgCl2 × 6 H2O). K+ ist in Gesteinen häufiger als Na+. Dagegen ist die Konzentration von Na+ in den Weltmeeren 30mal höher als die von K+. K+ Salze sind weniger löslich. Außerdem wirken alkalimetallhaltige Alumosilikate als Ionentauscher, da K+ stärker gebunden wird. Li+ ist wegen seiner chemischen Verwandtschaft zu Mg2+ (ähnliches Verhälnis q/r, Schrägbeziehung im PSE) oft mit letzterem vergesellschaftet. Wichtigstes Li-Mineral ist der Spodumen, ein Mineral der Pyroxenreihe mit polymeren Si2O64- Anionen (Abb. 1). Rb+, Cs+ sind weitaus seltener. Vom radioaktiven Francium gibt es weltweit nur ca. 50 g. 3.1. 2 Historisches Natrium- und Kaliumverbindungen sind der Menschheit seit dem Altertum bekannt. Natrium leitet sich von neter altägyptisch für Soda), Kalium von al kalja (= arabisch: Asche von Seepflanzen) ab. Lithium wurde 1817 erstmals von Arfvedson in Silikatmineralien als neues Element erkannt. Der Name (lithos = gr. Stein) erinnert an die erstmalige Gewinnung aus Gesteinen. Rubidium und Cäsium waren die ersten Elemente, die erstmals spektroskopisch anhand ihrer Spektrallinien nachgewiesen wurden (Bunsen und Kirchhoff, 1860/61 aus Bad Dürkheimer Mineralsalzen. Die Elementnamen (rubidos = tiefrot, caesius = himmelblau) bezeichnen die Farbe der prominenten Spektrallinien). Francium wurde von Marguerite Perey 1939 als eines der Zwischenprodukte beim radioaktiven Zerfall des Urans nachgewiesen und zu Ehren ihres Heimatlandes benannt. Es existieren nur radioaktive Isotope. Alkalimetale Polymeres kettenförmiges Si2O62- der Pyroxene 3.1.3 Gewinnung der Elemente Na: Gewinnung durch Schmelzflusselektrolyse. Analog Li aus LiCl/KCl – Schmelze. Smp. 580o C, reines NaCl: Smp. 801o C 3.1. 3 Gewinnung der Elemente K wird nur in geringem Umfang (ca 500 t/a) durch Reduktion von geschmolzenem KCl mit Na-Dampf im Gegenstrom gewonnen. Dabei entsteht zunächst eine Na/K-Legierung, die fraktioniert destilliert wird. Analoge Verfahren existieren für Rb und Cs. 3.1. 4 Verwendung der Elemente Na: •Reduktionsmittel, speziell zur Gewinnung anderer Metalle wie K, Ti, Zr, Ta und Th •Trocknungsmittel •Kühlmittel in schnellen Brütern •Produktion von Tetraethylblei gemäß 4 NaPb(s) + 4 C2H5Cl(g) → Pb(C2H5)4(l) + 3 Pb(s) + 4 NaCl(s) (Gl. 1). Früher die wichtigste Anwendung. Aufgrund des weitgehenden Verbots verbleiter Kraftstoffe ist die Na-Produktion stark rückläufig. Li ist ein wichtiger Bestandteil von Speziallegierungen. Die Legierung mit Al wird im Flugzeugbau, die mit Mg im militärischen Fahrzeugbau (Panzer, Panzerplatten) sowie bei der Raumfahrt verwendet. Die Legierung mit Pb dient für gehärtete Lager. 3.1. 4 Verwendung der Elemente Breite Verwendung findet Li auch im Li-Ionen Akku (Handy, Laptop, Camcorder). Als Li-Elektrode verwendet man ein Material, das Li reversibel einlagern und wieder als Li+ freisetzen kann, meist Graphit. Der positive Pol ist meist LiCoO2 (Co(III)). Beim Laden des Akkus kann etwa die Hälfte aller Co-Ionen oxidiert werden. Die freigesetzten Li+-Ionen werden zu Li reduziert und dieses als Interkalationsverbindung LiC6 an der Kathode gespeichert. Beim Entladen erfolgt die Gegenreaktion (Gl. 2). Li0,5CoO2 + LiCn ⇄ LiCoO2 + Cn (2) Der Li-Ionen Akku vereinigt geringe Masse, hohe Energiedichte und hohe Spannung auf sich. Graphit: Schichtabstand 335 pm Interkalationsverbindung LiC6: Schichtabstand 540 pm Kganyago, KR and Ngoepe, PE. Physical Review B, vol. 68(20), 205111 3. 2 Eigenschaften, Flammenfärbungen, Elektride Die Alkalimetalle bilden eine homogene Gruppe äußerst reaktiver Elemente. Beispielhaft sind hier Tendenzen zu sehen, wie sie durch die periodische Klassifizierung zu erwarten sind. •Alle sind niedrig schmelzende silbrig weiße oder blass goldene (Cs) Metalle, die im bcc-Gitter kristallisieren •Die Elemente haben nur geringe Dichte; Li hat mit 0,53 g/cm3 die geringste Dichte aller bekannten Feststoffe (Flugzeugbau) •Gemäß der Elektronenkonfiguration [Edelgaskonfiguration] ns1 Elemente ist die erste Ionisierungsenergie niedrig, die zweite dagegen hoch. Die Chemie in wässriger Lösung wird durch die Oxidationsstufe +I bestimmt. •Die Ionisierungsenergie sinkt mit wachsender Ordnungszahl (OZ) monoton. •Die Metalle reagieren explosionsartig mit Wasser, Säuren und Halogenen, heftig mit Alkoholen •Die M+ - Ionen weisen hohe Solvatationsenergien auf (s. Tabelle). Das Li+Ion hat den größten hydrodynamische Durchmesser und die geringste Ionenleitfähigkeit. Das kubisch raumzentrierte Gitter und das Koordinationspolyeder (Rhombendodekaeder) Innerhalb der Alkalimetalle nimmt Li eine gewisse Sonderstellung ein: •Es mischt sich nur mit Na oberhalb 380o C, mit den anderen Alkalimetallen nicht. •Es ist härter als andere Alkalimetalle. •Es reagiert wie die Erdalkalimetalle mit Stickstoff zum Nitrid Li3N. •Als einziges Alkalimetall reagiert es mit O2 zum Oxid Li2O. •Li2CO3 zersetzt sich genau wie Mg2CO3 leicht unter CO2-Freisetzung zum Oxid. 3. 2 Eigenschaften, Flammenfärbungen, Elektride Charakteristisch für die Alkalimetalle sind ihre Flammenfärbungen. Beim Erhitzen in der Flamme des Bunsenbrenners verdampfen die Salze . Die Metallkationen werden teilweise zum Element reduziert und thermisch in angeregte elektronische Zustände angehoben. Fällt das Elektron in den elektronischen Grundzustand zurück, wird die Energiedifferenz in Form von elektromagnetischer Strahlung abgegeben, die teilweise im Bereich des sichtbaren Lichtes liegt. So entspricht die gelbe Na-Linie beispielsweise dem Übergang 3p→3s eines Na-Atoms. Dieses Licht wird in NaDampflampen für Straßenbeleuchtungen genutzt. Zustandekommen von Flammenfärbungen und Spektrallinien der Alkalimetalle Elektride Alkalimetalle sowie Ca, Sr, Ba, Eu, Yb lösen sich mit tiefblauer, bei höherer Konzentration bronzener Farbe in Ammoniak oder anderen Aminen (blaue Lösungen). Diese Lösungen wirken stark reduzierend und leiten den elektrischen Strom. Die Leitfähigkeit der blauen Lösungen ist um etwa eine Größenordnung höher als die vollständig dissoziierter Salze, die bronzefarbenen Lösungen haben metallische Leitfähigkeit. Dieser Prozess geht mit starker Volumenzunahme einher. Man nimmt an, dass in diesen Lösungen überwiegend solvatisierte M+ Ionen und solvatisierte Elektronen vorliegen, letztere befinden sich in einem Solvenshohlraum von einem Durchmesser von ca. 300 – 340 pm. Ferner liegen im Gleichgewicht auch M- -Anionen vor (Na- = Natridion) (Gleichungen 3-5). Solche Metallidionen wurden z. B. per ESR Spektroskopie nachgewiesen. M + (n+m) NH3 ⇄ M(NH3)n + e- (NH3)m (3) M + e- (NH3)m ⇄ M- (NH3)m (4) M+ (NH3)n + M- (NH3)m ⇄ M2 (NH3)n+m (5) Reaktion von Na mit flüssigem NH3 Elektride Die Lösungen sind nur metastabil und zersetzen sich allmählich unter Bildung von M-Amid und H2: 2 M(NH3)n → 2 MNH2 + H2 + (2n-2) NH3 (6). Ihre Reduktionswirkung wird durch folgende Reaktionen exemplarisch beleuchtet: K2[Ni(CN)4] + 2 K(NH3)n → K4[Ni(CN)4] (Ni(0) ! (7) 9 Sn + 4 Na(NH3)n → Na4Sn9 (8) 2 RCCH + Na(NH3)n → 2 NaCCR + H2 (9) R2S + Na(NH3)n → 2 NaSR + R• (20) Birch-Reduktion von Aromaten zu Cyclohexadienen . Struktur der „Zintl-Anionen“ Sn94- bzw. Pb94- (einfach überkapptes quadratisches Antiprisma) Zintl-Anionen sind Anionen, in denen mehrere Hauptgruppenelementatome über Element-Element-Bindungen zu diskreten Einheiten verknüpft sind. Diese liegen entweder in Form von Ringen, polyedrischen Gerüsten wie in Sn94- oder als einoder mehrdimensional unendliche Baueinheiten vor. Letztere weisen dann häufig die gleichen Strukturen auf, die man bei dem entsprechenden isoelektronischen Hauptgruppenelement findet. So bildet die (B-)n – Teilstruktur im Magnesiumborid MgB2 die Struktur des Graphits und Si44- im Ba2Si bildet dem P4 entsprechende tetraedrische Baueinheiten. Die blauen Lösungen bzw. die Elektride oder Metallide werden durch bestimmte die Alkalimetallionen gut komplexierende Chelatliganden wie Kronenether und Cryptanden stabilisiert (Nobelpreise 1987 für Cram, Pedersen und Lehn). Kronenether: Li+ Na+ K+ K+ Cryptanden Mittlerweile konnten derartige Elektride auch kristallographisch charakterisiert werden (J. L. Dye). Struktur von [Cs(18-Krone-6)2]+ e- (Cs-Elektrid) Spektakulär war auch die Entdeckung der ersten kristallinen Metallide (11). Na + crypt-2.2.2 in EtNH2 → [Na(crypt-2.2.2)]+ Na- (11). Analog reagieren K, Rb, Cs. (Lit: J. L. Dye, Chem. Brit., 1990, 239). 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.1 Hydride Alle Alkalimetalle reagieren mit H2 zu salzartig gebauten Hydriden MH mit dem Hydridion H-, die meist im NaCl-Typ kristallisieren. Neben ionischen sind allerdings sind auch kovalente Bindungsanteile zu diskutieren. Belege für die Präsenz von Hydridionen sind der Zerfall bei der Schmelzflusselektrolyse des LiH (Li-Entwicklung an der Kathode, H2Entwicklung an der Anode) sowie deren heftige Reaktion mit protischen Agenzien unter H2-Entwicklung. Sie werden daher als Trocknungsmittel, Reduktionsmittel oder starke Basen eingesetzt (insbesondere LiAlH4: weitgehend luftbeständig, mit Wasser aber explosionsartige Reaktion ähnlich wie K). 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.2 Halogenide Die Halogenide kristallisieren in zwei verschiedenen Strukturen: NaCl-Typ: kubisch flächenzentrierte Packung der Anionen und Kationen, die einander durchdringende, identische (kommutative) Teilgitter bilden. Die Koordinationszahlen sind jeweils 6, die Koordinationspolyeder sind Oktaeder. CsCl, CsBr und CsI kristallisieren im CsCl-Typ mit der höheren Koordinationszahl 8. Die Kationen und die Anionen bilden jeweils ein kubisch primitives Teilgitter, d. h. gleichartige Ionen besetzen die Ecken eines Würfels. Die Teilgitter sind kommutativ und so gegeneinander verschoben, dass jedes Ion im Zentrum eines Würfels aus jeweils gegensinnig geladenen Ionen positioniert ist. 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.3 Nitride Li3N bildet sich als rotbraune Verbindung spontan aus den Elementen. Li kann daher nur unter Ausschluss von Luft und Stickstoff gelagert werden. Li3N hat eine eigenartige Struktur mit hexagonal bipyramidaler Umgebung der N3- - Ionen durch Li+-Ionen (CN = 8). Die hexagonalen Bipyramiden sind über je eine gemeinsame Kante der hexagonalen Ebene miteinander verknüpft. Die Koordinationszahl der Li+ - Ionen beträgt 8/3, d. h. es gibt zwei Arten von Li+ - Ionen im Gitter. Na3N konnte als zweites Nitrid der Alkalimetalle erst 2002 hergestellt werden, indem man Na-Dampf und N2 auf tiefgekühlten Saphir kondensierte und dann langsam auf Zimmertemperatur erwärmte. Es hat die anti-ReO3 – Struktur, in der Nichtmetall und Metall ihre Plätze tauschen. Die Nitridionen bilden ein kubisch primitives Gitter, während die Na+-Ionen jeweils auf den Kantenmitten liegen. 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.4 Oxide Nur Li reagiert mit O2 direkt zu Li2O; daneben entsteht wenig Li2O2. Na bildet beim Verbrennen an Luft das Peroxid Na2O2 mit dem diamagnetischen O22- Ion. Die O-O Bindungsordnung ist entsprechend dem MO-Schema 1,0 (isoelektronisch zum F2 !); die O-O Bindungslänge beträgt 149 pm. K, Rb und Cs bilden unter Normalbedingungen das Hyperoxid (Superoxid) MO2 mit dem paramagnetischen O2- -Radikalanion. Dessen Bindungsordnung beträgt 1,5; die O-O Bindung ist gegenüber dem Peroxidion auf 133 pm verkürzt. In der Tendenz neigen größere, polarisierbare (weichere) Kationen zur Bildung von Salzen mit ebensolchen Gegenionen (Pearson-Konzept). MO-Schema des Superoxidions Struktur von Na-Hyperoxid Alle Sauerstoffverbindungen reagieren heftig mit Wasser, wobei die Hydroxide gebildet werden. Aus den Peroxiden entsteht primär H2O2, das sich in alkalischem Milieu rasch zu H2O und O2 zersetzt (Disproportionierung). Im Falle der Superoxide wird neben H2O2 auch O2 freigesetzt (Disproportionierung). Na2O2 wird als technisches Bleichmittel (Papierherstellung), KO2 in Atemmasken bei der Feuerwehr, in Raumkapseln und U-Booten eingesetzt, da es mit CO2 unter O2-Freisetzung reagiert und viel CO2 bindet: Neben Oxiden, Peroxiden und Hyperoxiden kennt man noch Sesquioxide M2O3 und die Suboxide Rb6O und Rb9O2 sowie Cs7O und Cs11O3. Die Suboxide lassen sich durch Oxidation der Alkalimetalle mit stöchiometrischen Mengen an Sauerstoff bei tiefen Temperaturen herstellen. Rb6O besteht aus einem M6-Oktaeder, in dessen Zentrum sich das OAtom befindet. In M9O2 sind zwei solcher M6-Oktaeder über eine gemeinsame Fläche verknüpft. Im Cs11O3 sind drei Cs6O-Oktaeder jeweils über gemeinsame Dreiecksflächen miteinander verknüpft . Die Suboxide sind elektrisch leitend und verfügen über freie Elektronen (Cs11O3 = 11 Cs+, 3 O2- und 5 freie e-). Cs11O3 hat eine noch niedrigere Ionisierungsenergie als Cs (Cs: 2,0 eV, Cs11O3: 1,4 eV) und wird als IRSensor verwendet, da es schon bei der Einstrahlung von IR-Strahlung ionisiert wird (Simon, MPI Stuttgart). Flächenverknüpfte Bisoktaeder und Packung des Rb9O2 Drei über gemeinsame Dreiecksflächen verknüpfte Oktaeder und Elementarzelle des Cs11O3. 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.5 Hydroxide Die Hydroxide sind sehr hygroskopische, an feuchter Luft zerfließende Feststoffe, die mit CO2 zum Carbonat reagieren. NaOH (kaustisches Soda) nimmt mengenmäßig den sechsten Rang der meistproduzierten Chemikalien ein (1995: ca. 45 Mio t in der westlichen Welt). Zur Produktion bedient man sich der Chloralkalielektrolyse von Kochsalzsole. Es gibt drei verschiedene Verfahren : Diaphragmaverfahren: Anode: Vertikale parallele Platten aus Ti mit Ru(IV), Kathode: Hohlkörper aus Stahlgewebe. An der Anode wird Chlorid zu Chlor, an der Kathode Wasser zu Wasserstoff und Hydroxid umgesetzt. Anoden- und Kathodenraum werden durch ein Diaphragma (semipermeable Membran, für Na+ und Cl- durchlässig, nicht jedoch für OH-) getrennt. Dieses bestand früher aus Asbest, heute ist es meist aus fluorierten Polymeren wie Nafion gefertigt . Nach Absinken des NaClGehaltes wird die Zellenlauge (12% NaOH, 17% NaCl) abgepumpt, auf einen 50% Massenanteil von NaOH eingedampft. Dabei fällt NaCl bis zu einem Restgehalt von 1% aus. Zelle bei der Chloralkalielektrolyse nach dem Diaphragmaverfahren Aufbau von Nafion ® Amalgamverfahren: Flüssiges Hg wird als Kathodenmaterial eingesetzt, das langsam als Film über den Boden eines leicht schräg geneigten Stahltrogs fließt (Abb. 18). Wegen der hohen Überspannung für die Reduktion von Wasser an Hg bildet sich hier elementares Na, das sich mit Hg zu Na-Amalgam verbindet. Am unteren Ende wird ablaufendes NaHg abgepumpt und an Graphitkontakten (Katalysator) mit Wasser zersetzt: 2 NaHgx + H2O → 2 NaOH + 2x Hg + H2. Die nach diesem Verfahren gewonnene NaOH ist konzentriert und sehr rein. MOH-Pellets werden meist nach diesem Verfahren gewonnen. Verwendung: 30% organische Synthese (Phenol, Naphthol), 20% Papier- und Zelluloseindustrie, 20% Produktion anderer anorganischer Verbindungen (Hypochlorit etc.), Lebensmittelbereich (Verarbeitung von Kartoffeln, Einlegen von Oliven, Herstellung von Laugengebäck verwendet (Kleber, hält NaCl-Kristalle fest); LiOH: CO2 - Absorber in Raumkapseln oder U-Booten. Chloralkalielektrolyse nach dem Amalgamverfahren 3. 3 Die wichtigsten Verbindungen 3.3.6 Carbonate Na2CO3 wird heute nach dem Solvay-Verfahren aus Kochsalzsole hergestellt. In NaCl-Lösung wird zunächst Ammoniak eingeleitet und dann mit CO2 gesättigt. Es fällt NaHCO3 aus, das bei 50-100o C calciniert wird. NH3 wird durch Zugabe von Kalkmilch wieder freigesetzt, dient also nur als Reaktionsvermittler. Die Nettogleichung dieser Reaktion lautet: CaCO3 + 2 NaCl → CaCl2 + Na2CO3. Na2CO3 ist neben SiO2 das Ausgangsmaterial für die Glasherstellung. Gehärtete Gläser: Beimengung von Li2CO3 oder Eintauchen von Glas in die Schmelze eines Li-Salzes. Weitere wichtige Abnehmer sind die Seifen- und Waschmittelindustrie. Bei der Wasseraufbereitung wird es zum Entfernen der Ca2+ und Mg2+-Ionen verwendet (Wasserenthärtung). NaHCO3 wird in Pulverlöschern verwendet, da es beim Erhitzen unter Freisetzung von CO2 und Wasser zerfällt. Weiter wird es zusammen mit Ca(H2PO4)2 als Backtriebmittel verwendet . Li2CO3 ist Teil des Elektrolyten bei der Aluminiumherstellung (Senken des Schmelzpunkts, Bindung von eventuell freigesetztem HF). 3.3.7 Nitrate NaNO3 wird durch die Umsetzung von Soda mit HNO3 hergestellt. Es wird als Düngemittel und zur Herstellung von KNO3 verwendet. KNO3 ist in der Hitze leicht, in der Kälte schlechter löslich, bei NaCl nimmt die Löslichkeit mit steigender Temperatur ab. NaCl wird aus der heißen Lösung krisallisiert. Beim Abkühlen scheidet sich dann KNO3 ab. KNO3 ist ein noch besserer Dünger als NaNO3 und der Hauptbestandteil von Schießpulver. 3.3.8 Andere Verbindungen Stearate: Li-Stearat: Verdickungs- und Geliermittel zur Umwandlung von Ölen in wasserabweisende, temperaturbeständige Schmierfette (LiOH⋅8 H2O + Talg). Na-Stearat: Kernseife, K-Stearat: Flüssigseife (Napalm !). Halogenide: KBr: AgBr-Herstellung (Photographie). KClO3: Sprengstoffe, Zündhölzer KNO3: Düngung, Schwarzpulver, Sprengmittel Cs: Bestandteil von Photozellen, Atomuhr LiD: Bestandteil thermonuklearer Waffen (36Li als Neutronenfänger) Die meisten Salze der Alkalimetalle sind ausgesprochen leicht löslich. Ausnahmen sind Li2CO3, Li3PO4, LiF (Verwandtschaft zum Mg). Die schwereren Homologe bilden mit großen Anionen schwerer lösliche Salze KBPh4 (Kalignost), K3[Co(NO2)6], MClO4 (M = K, Rb, Cs).