UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen 4.1. Verfügbare erneuerbare Ressourcen (1) Natürliche Prozesse in unserer Umwelt können alle biologischen Abfälle und manche der “menschlichen” Abprodukte permanent aufarbeiten, reinigen und wieder verfügbar machen. UW - 4/1 Für die nachhaltige Nutzung zählen nicht die Vorräte, sondern nur die auf Dauer ohne Umweltbeeinträchtigung erzielbaren Durchsätze. Diese werden letztlich durch die Sonneneinstrahlung begrenzt. Erinnerung: effektive Sonneneinstrahlung 100 W/m2 NPP Pflanzen um 1 W/m2 intensiver Pflanzenanbau 4 W/m 2 Vergleich: techn. Nutzung der Sonnenenergie 30W/m2 Zersetzerketten: zerlegen organische Abfälle in ihre mineralischen Bestandteile und machen sie für Pflanzen erneut verfügbar vom Menschen neu geschaffene chemische Verbindungen: in der Regel nicht abbaubar, deshalb Ansammlung als belastende Schadstoffe (2) Die natürliche Energiebindung in der Photosynthese ist eine dauerhafte “Quelle” sowohl von Energie als auch von Rohstoffen. - Energie: Nahrungsmittel (alle) Energieträger (Holz, Holzkohle, Biogas, Treibstoffe) - Rohstoffe: → Werkstoffe (Holz, Spanplatten, Papier, Pappe) → Faserstoffe (Wolle, Seide, Baumwolle, Leinen, Zellwolle) → Chemiestoffe (Zucker, Alkohol, Stärke, Öle, Fette, Eiweiße) → Wirkstoffe (Pharmaka, Farben, Arzneimittel, Gifte) Von allergrößter Bedeutung ist gerade die Leistungsfähigkeit der “unberührten” Natur, da dort lebenswichtige Abbau-, Reinigungs-, Rückführungs- und Stabilisierungsprozesse ablaufen! (5) Bei Nahrungsmitteln, Wasser, Luft und der Entsorgung organischer Abfälle sind wir ausschließlich auf ökologische Prozesse angewiesen. (3) Nachhaltige Nutzung erneuerbarer Ressourcen erfordert einen geschlossenen Stoffkreislauf und führt deshalb auch bei einem hohen Durchsatz nicht zur Umweltbelastung. Beispiel: Die Verbrennung von Biomasse bei der energetischen Nutzung setzt nur so viel CO 2 wieder frei, wie vorher von den Pflanzen aus der Atmosphäre gebunden wurde. Beispiel: Raumschiffe, Ökostation “Biosphäre 2” → nur mit viel technischem Aufwand realisiert, nicht großtechnisch umsetzbar (6) Die weitere Entwicklung der Menschheit (sowohl Bevölkerungsgröße als auch Energie- und Rohstoffverbrauch) muß sich der Leistungsgrenze der Ökosphäre anpassen. Nachhaltige Nutzung erfordert deshalb nicht die Isolierung abbaubarer Abfälle, sondern deren Rückführung in die Umwelt! (4) Die Verfügbarkeit erneuerbarer Ressourcen wird von der Durchsatzleistung natürlich ablaufender Prozesse bestimmt und ist deshalb nur bis zu einer maximalen ökologischen Tragfähigkeit möglich. Beispiel Ernährung: begrenzte Produktionsmöglichkeiten → bei pflanzlicher Nahrung wegen geringerer Verluste in der Nahrungskette weit mehr Menschen ernährbar Weltproduktion an Getreide 2200 Mill. Tonnen (2005) → sollte ca. 11 Mrd. Menschen ernähren, wird aber zu 40 % an Vieh verfüttert (in Industrieländern sogar zu 80 % !) → mehr als 800 Mill. Menschen sind unterernährt UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/2 Industrieländer: hohe Produktivität (Maschinen, Dünger !), z.Z. hohe Subventionierung → Überfluß an Nahrungsmitteln Entwicklungsländer: Monokulturen für Export (Kaffe, Kakao, Zuckerrohr u.a.) statt Anbau von Nahrungsmitteln, Export landwirt-schaftlicher Rohstoffe, geringe Kaufkraft (und diese sehr ungleich verteilt) → Nahrungsmangel !! (2) Bei einem weltweitem mittleren Getreideertrag von 2200 kg/ha (das entspricht einer extensiven u. damit nachhaltigen Nutzung) sind bei rein pflanzlicher Ernährung etwa 1000 m2 Anbaufläche pro Person nötig. Im übrigen haben sich die Erträge seit 1950 - trotz einer Verfünffachung der Mineraldüngergabe (!) - nur etwa verdoppelt und stagnieren jetzt bei Maximalwerten um 12 000 kg/ha. Quellen menschlicher Nahrungsenergie (Anteile): Getreide davon: Reis Weizen Mais Wurzelfrüchte davon: Kartoffeln, Yams Früchte, Nüsse, Gemüse Zucker Fette und Öle Tierprodukte und Fisch 56 % 21 % 20 % 8% 7% 5% 10 % 7% 9% 11 % 4.2. Nutzung der Landfläche (1) Die für die Landwirtschaft verfügbare Fläche bleibt annähernd konstant, aber die pro Kopf zur Verfügung stehende Fläche nimmt ständig ab. potentiell landwirtschaftlich nutzbar: 3.2 Mrd. ha = 25% des eisfreien Landes, davon bereits 1.6 Mrd. ha landwirtschaftlich genutzt (für Getreide: 0.7 Mrd. ha), der Rest ist Wald oder Weide → dies ergibt knapp 2400 m2 Anbaufläche pro Person (aber: Industrieländer: > 5000 m2, Entwicklungsländer: < 2000 m2 ! ) Dies ergibt in grober Abschätzung eine Obergrenze von etwa 16-17 Milliarden Menschen für die nachhaltige Ernährungskapazität dieser Erde. Produktion: 1.5 Mrd. ha * 2.2 t/(ha a) = 3.3 Mrd. t/a, Bedarf: 200 kg/(a P) = 0.2 t/(a P) → (3.3 Mrd. t/a) / (0.2 t/(a P)) = 16.5 Mrd. Personen Dabei ist allerdings keine Nutzung als Tierfutter und keine Energie- und Rohstofferzeugung berücksichtigt ! Somit stellt die Zahl nur eine grundsätzliche obere Schranke dar, während die tatsächliche Tragfähigkeit aus vielerlei Gründen deutlich darunter liegt. UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/3 4.3. Moderne Landwirtschaft (1) Die Dreifelderwirtschaft (= Abfolge von Wintergetreide, Sommergetreide und Brache (später Hackfrucht)) bestand – später modifiziert - bis ins 19. Jh. und orientierte sich deutlich an den Funktionsprinzipen natürlicher Ökosysteme. Insbeondere waren die Stoffkreisläufe weitgehend geschlossen. Die Dreifelderwirtschaft war die seit dem Mittelalter um etwa 800 n.Chr. in Europa weit verbreitete Bewirtschaftungsform in der Landwirtschaft. Im jährlichen Wechsel wurde ein Feld mit Wintergetreide (Roggen, Emmer) und eines mit Sommergetreide (Hafer, Hirse, Gerste) bestellt. Das dritte Feld blieb als sogenannte Brache ackerbaulich ungenutzt. Es diente jedoch als Viehweide. (3) Die Anbaufläche verringert sich ständig als Folge nichtnachhaltiger Nutzung, sie führt zur Zerstörung der Pflanzendecke und der Wälder und zum Anwachsen der Wüstengebiete. Die Dreifelderwirtschaft bedeutete gegenüber früheren Anbauformen einen deutlich höheren Ertrag. Durch den Anbau von Rotklee auf der Brache im 18. Jh. (später auch Kartoffeln, Rüben, Hülsenfrüchtler) wurden die Bodenstruktur durch zusätzlichen Stickstoff verbessert und die Erträge dadurch gesteigert. Hauptquellen der Verluste: Straßenbau / urbane Entwicklung / Industrie, Bodenerosion, Versalzung, Desertifikation (4) Der Wald hat grundlegende Bedeutung für die Kreisläufe von Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasser. Er ist wesentlicher Regulator des Wasserhaushalts, des Lokalklimas und der Nährstoffbereitstellung, und er sichert die Sauberkeit von Luft und Gewässern sowie die Artenvielfalt. Darüber hinaus schützt er landwirtschaftliche Flächen vor Wind und Bodenerosion und besitzt einen hohen Erholungswert. Der deutsche Wald ist fast ausschließlich Kulturwald, der durch die Aufforstungen der letzten Jahrhunderte geprägt wird. (5) In den Entwicklungsländern ist - bei einem bereits geringen Waldbestand pro Person - der jährliche Waldverlust sehr hoch. Tropische Waldböden sind aber wegen des engen Nährstoffkreislaufs in den Tropen nicht für eine dauerhafte landwirtschaftliche Nutzung geeignet. Der jährliche Verlust an tropischem Wald wird auf etwa 12 Mill. ha geschätzt, dürfte aber vermutlich noch darüber liegen. (6) In den Industrieländern finden wir eine ständig fortschreitende Beeinträchtigung und Zerstörung von Böden, Gewässern, Wäldern und anderen Ökosystemen vor allem durch Luftschadstoffe aus der Verbrennung (aber auch landwirtschaftlicher und anderer industrieller Nutzung). Die sog. “neuartigen” Waldschäden haben in Deutschland (und anderen europäischen Ländern) seit 1980 stark zugenommen und sind eindeutige Folge von Luftschadstoffen, vor allem SO2 (aus Kraftwerken und Heizungen) und Stickoxiden (von Fahrzeugen). Seit Mitte der 90er Jahre stagniert der geschädigte Waldanteil. Flächennutzung in Deutschland: etwa 30% Felder, 20% Grünland, 30% Wald, dazu 5% unkultiviertes Land, 5% Verkehrsflächen, 6% Gebäude und 4% Gewässer Bei 77 Mill. Einwohnern und 10.9 Mill. ha Feldfläche ergibt dies etwa 1400 m2 Feldfläche pro Person. Allerdings gehen jährlich über 50 000 ha Landwirtschaftsfläche verloren, das sind etwa 150 ha pro Tag! - Nährstoffe wurden durch organischen Dünger zurückgeführt, im Brachejahr konnte sich der Boden erholen, Verluste wurden durch Einbringen von Wald- und Heidestreu oder Grassoden ausgeglichen - Beweidung in der Allmende, als Gemeinschaftswald nicht gepflegt, degradierte den Wald - Schädlingsbefall war durch Fruchtfolge erschwert - Erträge lagen um 2000 kg Getreide pro Hektar (2) Durch den Strukturwandel zur modernen Landwirtschaft wurde der Nährstoffkreislauf aufgebrochen, es erfolgt keine (oder kaum noch) Rückführung von Nährstoffen in organischen Abfällen. Verluste werden deshalb durch Verwendung von mineralischem Industriedünger ausgeglichen, der zugleich der Ertragssteigerung dient. UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen Anfangs des 19. Jh. wurde die Dreifelderwirtschaft durch die Fruchtwechselwirtschaft abgelöst: - Waldweide wurde verboten, Acker und Grünland mußten Viehfutter liefern - nach 1840 (J. v. Liebig) beginnt anorganische Düngung → Folge: bis 1890 vervierfachen sich durchschnittliche Flächenerträge bei Winterweizen, Roggen und Spätkartoffeln - Anzahl der in der Landwirtschaft Tätigen nimmt stark ab - Spezialisierung in reine Pflanzenproduktion (ohne Tierhaltung) und intensive Tierzucht → Mist und Gülle fallen in der Massentierhaltung in großer Menge an, werden nicht zurück-geführt u. verseuchen die Landschaft (u.a. Grundwasser !) Großbetriebe: mehr als 5 Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar (1 GVE = 1 Rind = 5 Schweine = 60 Hühner) ausgewogener Viehbesatz im ökologischen Landbau: 1 GVE/ha (3) Moderner Anbau verlangt heute hohe Gaben an mineralischem Dünger zur Ertragssteigerung und zur Kompensation von Nährstoffverlusten. Der mittlere Düngereinsatz liegt allerdings weit über dem Nährstoffentzug durch gute Ernten. Die Nährstoffüberschüsse belasten die Umwelt (Grundwasser, Atmosphäre). Bei Überdüngung kann sogar ein Ertragsabfall erfolgen. UW - 4/4 überwiegend als Nitrat (z.T. auch als Ammoniak) verloren. Agrarökosysteme produzieren in erheblichem Maße organische Abfälle, vor allem als Tierexkremente, als Siloabwässer und als Reinigungsabwässer. Die heute weit verbreitete Form der Intensivtierhaltung erzeugt enorme und hochkonzentrierte (punktförmige) Quellen der Nitrat- und Phosphatbelastung. Der Grad der Verschmutzung des Abwassers aus der intensiven Rin-derhal-tung wird je Tier auf etwa zehn Einwohneräquivalente geschätzt. Eine direkte Verschmutzung von Oberflächenwasser ist jedoch kontrollierbar, problematisch ist der Austrag über den Boden. (4) Moderner Anbau erfolgt heute auch durch massive Verwendung von chemischen Mitteln zur Schädlingsund Unkrautbekämpfung sowie Wachstumssteuerung. Vor allem Herbizide (gegen Unkräuter; rund 60%) und Fungizide (gegen Pilze; rund 25%) ergeben mehr als 85% aller eingesetzten Biozide. Dies ergibt eine mittlere jährliche Belastung von rund 2.5 kg Wirkstoffen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Dabei führen chemische Biozide oft schon nach wenigen Generationen zur Resistenzbildung, was die Entwicklung neuer Mittel erfordert. → Folge: hohe Betriebskosten, aber seit 1950 trotz fünffacher Düngermenge (Stickstoff) nur Verdopplung der Erträge erreicht, Nitratbelastung des Grundwassers Probleme: - trotz gewaltigen Einsatzes an Bioziden haben sich die Ertragsverluste in der Landwirtschaft kaum verringert (welweit geschätzt: 10 - 30%) - mit jedem neuen Mittel bilden sich auch wieder resistente Stämme, vor allem bei Insekten mit kurzen Generationsfolgen - dichte Monokulturen bewirken oft konzentrierten Schädlingsbefall - durch Biozide häufig auch natürliche Feinde vernichtet Nährstoffentzug und mittlerer Düngereinsatz Nährstoffentzug von Weizen in kg/ha (bei Körnerertrag 5 t/ha) Düngereinsatz in kg/ha (Durchschnitt je ha LNF) Bis 1940 wurden organische Derivate, wie Nikotin u. a., und nur in geringen Mengen eingesetzt. Seitdem wird eine breite Vielfalt komplexer synthetischer Stoffe verwendet, zuerst Insektizide, seit den fünfziger Jahren auch immer mehr Fungizide und Herbizide. Die meisten Pestizide gelangen mit den Pflanzen in den Kreislauf des Agrarökosystems (mit Blättern und Wasser aufgenommen). Sie können über große Entfernungen transportiert werden und dort andere Ökosysteme belasten. - Heute werden 70% aller Pestizide in den USA und Westeuropa eingesetzt. mineral D. Stalldünger Summe Stickstoff Phosphat Kali Kalk Magnesium 150 60 110 30 15 132 55 80 123 70 35 95 70 202 90 175 193 Lösliche anorganische Düngemittel - insbesondere Stickstoff -, die im Überschuß ausgebracht und nicht von den Pflanzen aufgenommen oder im Boden fixiert werden, verlassen das System, indem sie ausgewaschen werden. Während Phosphor stärker in Form schwerlöslicher Komplexe gebunden wird, geht Stickstoff (5) Hochertragssorten sind problematisch, da sie ihre hohen Erträge nur unter optimalen Bedingungen erreichen (d.d. Bewässerung, Düngung, Schädlingsbekämpfung, Einsatz von Maschinen). Durch die Verwendung von immer weniger Hauptsorten geht auch die genetische Vielfalt verloren, die zur Anpassung an Umweltveränderungen und zur Züchtung nötig ist. UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen Frucht: Mais Kartoffeln Zuckerrüben Weizen Zahl der Sorten: Hauptsorten: 197 82 16 269 6 4 2 9 UW - 4/5 Beispielsweise ging die erfolgreiche Ertragssteigerung bei den neuen, genetisch einförmigen Reis-Stämmen mit dem Fehlen von Resistenz gegenüber Krankheit und Dürre einher (die bei den traditionellen Varietäten vorhanden war). Als „Grüne Revolution“ wird der Versuch der Weltbank bezeichnet, seit den 1960ern in Asien (speziell Indien), Afrika und Lateinamerika durch damals moderne Agrartechnik die Armut zu bekämpfen und die Ernährungssicherheit bei stark wachsender Bevölkerung sicherzustellen. Die Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft erfolgten durch die Umstellung auf Monokulturen und die gezielte Kreuzungszüchtung (Hybridisierung) verschiedener Getreidearten etc. Die Bauern wurden dabei durch professionelle Züchter beraten und setzten vermehrt neu gezüchtetes Saatgut ein. Die Züchtung führte teilweise zur Entwicklung von sogenanntem "hungrigen" Saatgut, also solchem, das nur durch verstärkten Input (Dünger, Wasser und Pestizide) höheren Ertrag erbringt. Die Zahl der angebauten Sorten ging in diesem Prozeß stark zurück. In Indien ging die Zahl der Reissorten von etwa 50.000 um 1960 auf etwa 50 Sorten Ende der 90er Jahre zurück. Positiv muss vermerkt werden, dass sich die Erträge durch die Grüne Revolution bei gleicher genutzter Fläche stark erhöhten. Die Bevölkerung wäre mit traditionellen Anbaumethoden nur durch eine starke Ausweitung der Anbauflächen zu versorgen gewesen, was in einigen Ländern kaum möglich gewesen wäre und darüber hinaus zu massiven Umweltproblemen geführt hätte. Probleme: - etwa 90% der Erntemenge dient der Erzeugung tierischer Produkte - intensive Landwirtschaft verbraucht zehnmal so viel fossile Energie wie in der produzierten Nahrung selbst enthalten ist (7) Traditionelle landwirtschaftliche Verfahren sind wesentlich energieeffizienter, allerdings bei geringeren Hektarerträgen. Die unrationelle Energienutzung läßt sich somit nur durch die höheren Hektarerträge rechtfertigen. Beispiel Reisanbau (Energiegehalt 15 MJ/kg): So hat die “Grüne Revolution” zwar zur Ertragssteigerung beigetragen, aber zugleich die sozialen Spannungen auf dem Lande weiter verschärft. Die Kosten für Dünger, Wasser, Herbizide und Insektizide übersteigen bei weitem die finanziellen Möglichkeiten der kleinen Landwirte. Damit waren die neuen Varietäten nur für die reichen Großgrundbesitzer von Vorteil, nicht aber für die Subsistenzbauern, die als Selbstversorger dringender auf Nahrung angewiesen sind. Außerdem belasten die jetzt verwendeten Methoden die Umwelt und zerstören ökologische Abläufe, die z.B. zukünftige Bodenfruchtbarkeit garantieren. (6) Die moderne Nahrungsmittelversorgung besitzt (wenn man alle direkten und indirekten Aufwendungen bzw. Verluste verrechnet) einen extrem niedrigen Wirkungsgrad von wenigen Prozent. Für die 3.6 GJ Jahresbedarf eines Menschen an Nahrungsenergie werden etwa 80 GJ Biomasseproduktion und zusätzlich 35 GJ fossile Energie gebraucht. Traditioneller Anbau: Philippinen - Energieaufwand (Maschinen, Geräte): 0.173 GJ/ha - Ernteertrag: 1250 kg/ha - Energiegehalt des Ertrags: 18.75 GJ/ha - Verhältnis Nahrungsenergie zu Energieaufwand: 108:1 “Moderner” Anbau: USA - Energieaufwand (Maschinen, Geräte, Treibstoff, Dünger, Bewässerung, Biozide, Trocknung, Transport): 64.9 GJ/ha - Ernteertrag: 5800 kg/ha - Energiegehalt des Ertrags: 87 GJ/ha - Verhältnis Nahrungsenergie zu Energieaufwand: 1.34:1 UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/6 → Landwirtschaft kann mit geschlossenen Nährstoffkreisläufen auch bei intensiver Nutzung ohne Bodenerschöpfung betrieben werden (Beispiel: Reisfelder Südostasiens) (8) Die Ertragsmaximierung der modernen Landwirtschaft geht auf Kosten der Stabilität des landwirtschaftlichen Ökosystems, die durch hohem Mittelaufwand künstlich aufrecht erhalten werden muß. Nachhaltigkeit ist deshalb auf Dauer nicht gegeben (u.a. durch Grundwasserverseuchung, Verbrauch fossiler und mineralischer Ressourcen, Verlust der Bodenfruchtbarkeit, Resistenzbildung bei Schädlingen). (2) Gut geführter ökologischer Landbau kann ähnlich hohe Erträge bringen wie konventionelle Betriebe. Der Arbeitsaufwand ist zwar um etwa 20% höher (vor allem im Hackfruchtanbau) als im konventionellen Gemischtbetrieb, dafür entfallen viele Ausgaben für Handelsdünger, Chemikalien und Futterzusatzstoffe. Allerdings müssen weitere ökonomische Anreize geschaffen werden, den ökologischen Landbau umfassender zu fördern (z.B. Agrarpolitik der EG!). Als Folge ist eine ökologisch bedrohliche, nicht nachhaltig durchführbare Produktionsform entstanden, die ohne geschlossene Nährstoffkreisläufe mit unrationell hohen Rohstoff- und (fossilem) Energieeinsatz auf Kosten sich rasch erschöpfender Ressourcen (Phosphat, Energie) wirtschaftet und gleichzeitig weltweit enorme soziale Probleme geschaffen hat (Bauernsterben, Verarmung, Abwanderung und Elend in den Städten). Übrigens: In Mitteleuropa ist die Landwirtschaft der größte Umweltverschmutzer !! 4.4. Nachhaltige Landwirtschaft (1) Methoden des alternativen Landbaus erfordern vor allem eine Schließung der Nährstoffkreisläufe, Verzicht auf Industriedünger und Biozide, eine Förderung des Bodenlebens sowie insgesamt eine ganzheitliche Betrachtung der landwirtschaftlichen Produktion Beispiele für mögliche Verfahren: - Rückführung der Nährstoffe (→ Gemischtbetriebe mit Pflanzenanbau und Viehzucht) - Ausbringen von Gesteinsmehl (mit P, K, Ca, Mg) - Stickstoffbindung durch Bodenorganismen (Anbau von Leguminosen, Gründüngung) - Fruchtwechsel - biologische Schädlingsbekämpfung, Pestizide nur bei Überschreiten der wirtschaftlichen Schadensschwelle - mechanische Unkrautbekämpfung - Förderung von Abwehrkräften, keine Hochleistungssorten - Verzicht auf übliche Qualitätsanforderungen (3) a) Die notwendige Stickstoffdüngung ist vor allem durch das Ausbringen von Stallmist und den Anbau von Leguminosen erreichbar. b) Ein Fruchtwechsel führt zu ständig wechselnden Umweltbedingungen und verhindert deshalb die Ausbreitung von Schädlingen und Unkräutern. c) Biologische Verfahren des Pflanzenschutzes nutzen die natürlichen Regelkreise in Ökosystemen und vermeiden damit chemische Mittel weitgehend. UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/7 Integrierter Pflanzenschutz: Kombination von biologischen Verfahren, kulturtechnischen Pflegemaßnahmen und einem Minimum an chemischen Maßnahmen 4.5. Waldnutzung durch Forstwirtschaft (4) Auch durch die Einbeziehung künstlicher Teiche in die Landwirtschaft lassen sich die Nährstoffkreisläufe besser schließen: Die Abfälle von Mensch und Tier werden im Teich zersetzt, liefern Nährstoffe für Wasserpflanzen, diese dienen als Fisch- und Tierfutter, und Schlamm dient als Dünger auf den Feldern. Vorbild: Teichlandwirtschaft in Südostasien (5) In tropischen Gebieten ist eine Kombination von Wald-, Feld- und Futterbau günstiger, da sie die dortigen ökologischen Bedingungen besser nutzt. Brandrodung darf nur in ausreichendem zeitlichen und räumlichen Abstand erfolgen. (1) Der Wald besitzt in Mitteleuropa eine große ökologische Bedeutung (durch Windbremsung, Wasserhaltung, Reinigung von Luft und Wasser, als Artenreservoir u.a.), er ist aber auch ein wichtiger ökonomischer Faktor (Holzlieferant; Erholungswert) (2) Obwohl die Nutzung der Wälder überwiegend nachhaltig geschieht, d.h. kaum irreversible Eingriffe erfolgen, hat sie doch - und zwar nicht nur aus der Sicht des Naturschutzes (!) - zu einer deutlichen Wertminderung der Wälder geführt. Die Forstwirtschaft der letzten Jahrzehnte hat sich vor allem einseitig auf den Anbau weniger bevorzugter Baumarten konzentriert und durch die Schaffung von Altersklassenbeständen die Strukturvielfalt der Wälder (und damit deren Artenreichtum) stark verringert. Das ist kritisch, weil Wälder die einzigen terrestrischen Großraumbiotope sind, in denen ökosystemare Prozesse noch relativ ungestört ablaufen können. (3) Problematisch sind insbesondere folgende Maßnahmen der Forstwirtschaft: - Bevorzugung weniger Baumarten in Monokulturen - Anpflanzung gleichaltriger Bestände - Unterdrückung früher Sukzessions- und Zerfallsstadien - kurze Umtriebszeiten (mit schnellwüchsigen Baumsorten) - Aufgabe alter Wirtschaftsweisen - Entwässerung von Feucht- und Naßwäldern - Düngung ertragsschwacher Standorte - Einsatz von Pestiziden (6) Biomasse liefert nicht nur Nahrung und Futter, sondern ist ebenso Rohstoff und Energieträger, der über Gärung, Verbrennung und Verschwelung in der Zukunft sehr viel stärker genutzt werden kann. Gebraucht werden deshalb: - nachhaltige Anbauverfahren (Feldanbau, Wald, Gehölze in Plantagen) - bessere Aufschließungsverfahren (z.B. Stroh und Holz als Futter) - Züchtung besserer Sorten (mehr Photosynthese, höhere Stickstoff-Fixierung) - Weidewirtschaft mit Wildtieren (weil keine Konkurrenz zu Ackerflächen) (4) Weitere Belastungen des Waldes ergeben sich aus den neuartigen Waldschäden (als direkte Folge von Luftschadstoffen) und deren sekundären Wirkungen durch die Schwächung der Bäume (Windbruch, Massenvermehrung von Schädlingen). Baumsterben ist letzlich eine komplexe Wirkung von Schadstoffimmissionen. SO2 und Ozon beeinträchtigen die Funktion der Spaltöffnungen und reduzieren damit die Photosynthese. Die Bodenversauerung schädigt die Neubildung von Feinwurzeln, erschwert die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen und erhöht damit (vor allem in trockenen Jahren) den Wasserstreß. UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/8 Seefischerei: bei 60 Mill. t/a (Max. 1971 bei 70 Mill. t) → maximal bis ca. 100 Mill. t/a steigerbar Alternative(?): Krill ( ökologische Folgen unklar !) → eigentliche Alternative ist nur eine moderne Aquakultur ! 4.7. Aussterben von Arten (1) Als Folge menschlicher Eingriffe sterben heute viel mehr Arten aus, als durch den evolutionären Prozeß ersetzt werden. “normal”: Aussterben von weniger als 1% der Arten in etwa 10000 Jahren heute: mehr als 100 mal höher (bei 500 - 1000 Arten pro Jahr)! (2) Das Aussterben von Arten ist bedrohlich, weil - genetische Vielfalt (und damit potentiell nützliche Information) verlorengeht und - Ökosysteme durch den Verlust von Schlüsselarten gefährdet sind. in Deutschland sind nur folgende Sortenzahlen von Bedeutung: bei Getreide 5, bei Hackfrüchten 2, bei Gemüse 10, bei Obst 13, bei Gras 5, für Fleischerzeugung 2, Bäume für Holzproduktion 2 → insgesamt höchstens 300 ... 500 Arten, die uns nutzenswert erscheinen 4.6. Nahrung aus Gewässern (1) Wegen Nährstoffmangel, der nur oberflächlichen Sonneneinstrahlung und der langen Nahrungsketten ist die Produktivität des Meeres gering. Mittlere Nettoprimärproduktivität: offenes Meer: Küsten: Riffe, Mündungen: um 2 000 kJ/m2 a 6 000... 10 000 kJ/m2 a über 30 000 kJ/m2 a vor allem Tierarten erfüllen oft wichtige “Schalterfunktionen”: blütenbestäubende Hautflügler, Zweiflügler und Schmetterlinge; Verbreitung von Samen durch Vögel, Säugetiere, Ameisen; holzbewohnende und tote Pflanzenteile aufschließende Insekten und Pilze wichtigste Ursachen des Artensterbens: Zerstörung von Lebensräumen (Landwirtschaft → siehe (5), Waldzerstörung in den Tropen) (3) Typische Beispiele für die Gefährdung von Arten: - viele Großsäuger - mehr als 50% der Wirbeltierarten in Deutschland - etwa 75% aller Arten in Feuchtbiotopen - etwa 30% aller Farn- und Blütenpflanzen. (2) Die Ernährung aus Fischzucht erfordert (wegen der höheren trophischen Ebenen) 10 bis 1000 mal mehr Fläche als die pflanzliche Ernährung. Nettoproduktivität der Fischzucht (in kJ/m2 a): Weltfischfang Nordsee ungedüngter Fischteich gedüngter Fischteich gedüngter Fischteich (mit Zusatzfütterung) 1.2 20 40 ... 200 200 ... 1 000 1 000 ... 10 000 Mensch braucht 10 000 kJ/d = 3 600 MJ/a → bei Fischzucht mit NPP von 1000 kJ/m2 a erfordert dies 3600 m2 Fischteich (3) a) Der Ertrag aus der Hochseefischerei ist nachhaltig nicht wesentlich steigerbar. (4) Das Verschwinden von Arten kann auch den Umweltzustand dokumentieren (d.h. Tiere und vor allem Pflanzen als Bioindikatoren). b) Im Binnenland ist dagegen die Fischzucht zusammen mit Abwasserklärung, Algenanbau, Biogasproduktion und der Landwirtschaft im geschlossenen Kreislauf weiter entwickelbar. Beispiel: Flechten reagieren sensitiv auf SO2 und verschwinden mit zunehmender Belastung → “Flechtenwüste” im Zentrum emissionsgefährdeter Großstädte bzw. Flechtenrückkehr bei Rückgang der Emissionen UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/9 Etwa 70% der Fälle von Artenrückgang sind durch die Landwirtschaft bedingt!! Ursachen: Wegfall von Feldrainen und Feldgehölzen, Beseitigung oder Zerstückelung von Habitaten, Anwendung von Bioziden u.v.a. 4.8. Wassernutzung (1) Wasser ist eine wichtige Ressource, die durch den Wasserkreislauf ständig erneuerbar genutzt werden kann. Allerdings muß die Nutzung eines Wassereinzugsgebietes am Jahresniederschlag orientiert sein und darf diesen auf Dauer nicht überschreiten. (5) In Deutschland ist die Landwirtschaft der Hauptverursacher des Artenrückgangs. Probleme: - Nutzung greift stark auf Grundwasser zurück, mit genutztem Wasser gelangen viele Schadstoffe in Ökosysteme - wasserbauliche Maßnahmen, Versiegelung von Oberflächen → belasten Gewässer ebenfalls - Nutzung für Bewässerung übersteigt in vielen Gebieten den Niederschlag → führt zu Grundwassersenkungen (2) Die Wasserversorgung stammt aus Niederschlägen, dem Grundwasser und vom Oberflächenwasser. Niederschläge: sehr viel wird wieder am Boden und von Pflanzen verdunstet → Rest geht zu je 50% ins Grundwasser und ins Oberflächenwasser Problem: Unstetigkeit der Niederschläge → Speicher nötig! (3) Die wichtigsten Wassernutzer sind Industrie, Landwirtschaft und Haushalte. in Industrieländern: weitaus größter Anteil ist der Industriebedarf (Landwirtschaft braucht u.U. viel Wasser für Bewässerung) von ökologischer Relevanz: die Hälfte des Industriewassers und das Wasser aus Haushalten ist stark mit Schadstoffen belastet UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 4. Nutzung erneuerbarer Ressourcen UW - 4/10 (4) Die Belastung des Wassers im Verlaufe seiner Nutzung erfolgt durch - Verbrauch (Landwirtschaft, Industrie) - Verschmutzung (Industrie, Haushalte) und - Erwärmung (Kraftwerke, Industrie). Verbrauch → Verringerung der verfügbaren Menge Verschmutzung → Belastung von Ökosystemen u. Trinkwasser Erwärmung → verringerter Sauerstoffgehalt (v.a. in Flüssen !) (5) Nach der Elektrizitätswirtschaft ist die Industrie der zweitgrößte Wassernutzer (vor den Haushalten und Kleinverbrauchern). Die Industrie nutzt vorwiegend Oberflächenwasser (vor allem als Kühlwasser), entnimmt aber aus Grundwasser und Quellen etwa die gleiche Menge wie die Haushalte. Folge: Industrie tritt in direkte Konkurrenz mit der öffentlichen Versorgung, braucht aber meist nur mindere Qualität öffentliche Wasserversorgung (= 6.2 Mrd. m3/a): zu 75% aus Grundwasser und Quellen, zu 25% aus Oberflächenwasser (d.h. aus Uferfiltrat) (7) Der effektive Gesamtverbrauch an Wasser liegt in Deutschland bei etwa 2000 Liter pro Person und Tag. Davon werden über 60% für Kühlzwecke, 30% durch die Industrie und knapp 10% durch die Haushalte verwendet. Folge: pro Person und Tag werden etwa 800 l Wasser verschmutzt, die Ökosysteme belasten und kostenaufwendig wieder gereinigt werden müssen → Ziele: wassersparende Technologien, Entwicklung neuer Kühlverfahren (mit Luft!) Kreislaufnutzung, (8) Bedrohliche und zum Teil nicht mehr umkehrbare Gefährdungen des Grundwassers entstehen durch verschiedene wasserbauliche Maßnahmen (Bergbau, Kiesabbau), aber auch durch sonstige Industrie, Landwirtschaft und Unfälle. Folgen: allerdings: Industrie nutzt Wasser durch eigene Reinigung mehrfach (etwa jeden Kubikmeter fünfmal) (6) In Deutschland werden heute in jedem Haushalt im Mittel etwa 150 Liter Trinkwasser pro Person und Tag verbraucht. Nur für etwa 10 Liter wäre allerdings Trinkwasserqualität nötig. → Wassereinsparung ohne Komfortverluste möglich !! außerdem: Haus mit 100 m2 Grundfläche → bei nur 600 mm Niederschlag pro Jahr (= Jena) sind 60 m3 Wasser pro Jahr “kostenlos” nutzbar (= 160 Liter pro Tag) - Grundwassergefährdung - Gefährdung von Arten und Ökosystemen