Gestörter Schlaf

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Gestörter Schlaf
Wenn ich nur schlafen könnte
Manche können nicht einschlafen, manche nicht durchschlafen,
manche wachen sehr früh auf und wälzen sich im Bett herum, bis sie
„endlich“ aufstehen dürfen. Wenn ein Mensch subjektiv das Gefühl
hat, schlecht zu schlafen und am Morgen nicht erholt aufzuwachen,
spricht man von Schlafstörungen. Schlafhygiene, eine behagliche
Schlafumgebung und der Weg zum Arzt können helfen.
Dr. Siegfried Hartmann ist Arzt für Allgemeinmedizin und betreibt
eine Praxis Rankweil. Im Interview spricht er über die vielfältigen
Ursachen, die zu Schlafstörungen führen können, was Betroffene
dagegen machen können und was man im Schlafzimmer alles tun
bzw. vielmehr lassen sollte.
Herr Dr. Hartmann, warum leiden manche Menschen unter Schlafstörungen?
Dafür kann es viel Ursache geben. Ein paar Beispiele wären etwa Stress, Konflikte oder
schlafstörende Verhaltensweisen, wie lange Mittagsschläfchen, Fernsehschlaf, Übergehen der
inneren Schlafsteuerung, üppige Abendmahlzeiten. Aber auch äußere Einflüsse, wie Lärm, ein
schnarchender Partner, Kälte, Wärme, trockene Luft, ungünstige Betten, Medikamente, Alkohol,
aufputschende Getränke (Kaffee, Tee, Cola, etc.), Störung des Schlafrhythmus durch Schichtarbeit
oder auch durch Kinder und Pflegebedürftige, können zu Schlafstörungen führen.
Können auch Krankheiten Schlafstörungen bedingen?
Ja und zwar sowohl psychische als auch körperliche Erkrankungen. Zu nennen wären hier
beispielsweise Depressionen, Manien oder auch neurologische Erkrankungen, wie etwa das
sogenannte Restless Legs Syndrom (Anm.: Syndrom der ruhelosen Beine – eine neurologische
Erkrankung mit Gefühlsstörungen und Bewegungsdrang in den Beinen, Füßen und weniger häufig
auch in den Armen, oftmals einhergehend mit unwillkürlichen Bewegungen). Bei den körperlichen
Erkrankungen können chronische Schmerzen, das Schlafapnoe Syndrom (Anm.: Atemstillstände
während des Schlafs) oder Blasenentleerungsstörungen, das heißt, wenn man zu gehäuftem
Harndrang in der Nacht neigt, Schlafstörungen hervorrufen.
Und wie äußern sich diese Schlafstörungen dann?
Auch hier gibt es eine Vielzahl verschiedenster Formen. Manche Patienten klagen über
Einschlafstörungen, manche über Durchschlafstörungen. Wieder andere wachen sehr früh auf und
können in der Folge nicht mehr einschlafen. An welcher Form auch immer man leidet, wenn ein
Mensch subjektiv das Gefühl hat, schlecht zu schlafen, am Morgen nicht erholt aufzuwachen, kann
man von einer Schlafstörungen sprechen. Übrigens: Wir Ärzte sprechen eigentlich nicht von
Schlafstörungen, sondern von „Nicht erholsamen Schlaf“.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Wenn eine Schlafstörung schwerwiegend ist oder länger andauert, der Grund dafür nicht erkennbar ist
und die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt ist. Die Krankheitswertigkeit ergibt sich nämlich aus
seinen Konsequenzen. Ein nicht erholsame Schlaf, der einer schweren Insomnie zugrunde liegt, kann
zu starken Beeinträchtigungen der sozialen und beruflichen Leistungsfähigkeit führen und mit
Unruhegefühlen, Reizbarkeit, Angst, Depressivität, Erschöpfung und Müdigkeit verbunden sein. In
weiterer Folge kann es aufgrund des nicht erholsamen Schlafes zu einer schweren Schläfrigkeit
tagsüber – der sogenannten Hyersomnie – kommen. Diese hat zur Konsequenz, dass die Betroffenen
mitunter an beträchtlichen Schlafepisoden (in der Fachsprache Vigilanzbeeinträchtigungen genannt)
leiden, die in starkem Maß mit der sozialen oder beruflichen Leistungsfähigkeit interferieren und
zudem bei bestimmten Krankheitsbildern die körperliche Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen.
Und an was für einen Arzt soll man sich wenden?
Nun, der erste Weg führt wahrscheinlich zum Hausarzt. Es gibt aber natürlich auch Spezialisten auf
diesem Gebiet, Neurologen und Psychiater mit schlafmedizinischen Fachkenntnissen. Diese können
viele Diagnosen unmittelbar und ohne Zuhilfenahme spezifischer, apparativer Diagnostik, also
ausschließlich klinisch und anamnestisch, das heißt aufgrund der gesundheitlichen Vorgeschichte,
stellen. Wenn ein psychischen Leiden die Schlafstörung verursacht, sind eher Psychotherapeuten für
die Therapie zuständig, Übrigens können die Betroffenen auch oft selbst durch Verhaltensänderung
zur Verbesserung beitragen und einer Chronifizierung vorbeugen. Vorausgesetzt natürlich, sie kennen
die Zusammenhänge und können Aussagen darüber treffen, wann die Schlafstörungen etwa zum
ersten Mal aufgetreten sind, was sich zu diesem Zeitpunkt geändert hat in ihrem Leben bzw. was sich,
seit sie über Schlafstörungen klagen, verändert hat.
Ist der Griff zur Schlaftablette eine gute „Heilungsmethode“?
Die Schlaftablette an sich gibt es nicht mehr. Meist werden bei Schlafstörungen sogenannte
Benzodiazepine verschrieben. Diese haben eine schlafanstoßende, Angst und Spannung lösende
Wirkung. Leider haben aber alle diese Medikamente ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Entweder
kann ohne diese dann gar nicht mehr geschlafen werden, oder es kommt zu Dosissteigerung und
allen anderen Zeichen einer manifesten Sucht. Gegen eine kurzfristige Einnahme, zum Beispiel auf
Reisen oder bei kurzen absehbaren Problemen, ist hingegen nicht viel einwendbar. Dies sollte jedoch
stets mit dem zuständigen Arzt besprochen und abgeklärt werden.
Was kann man, abgesehen von oder vielmehr statt den genannten Medikamenten, gegen
Schlafstörungen unternehmen?
Ganz klar: Die Ursachen suchen und diese Störungen beheben. Dabei können die bereits erwähnten
Ärzte, Psychiater und Psychotherapeuten mit schlafmedizinischen Fachkenntnissen helfen.
Abgesehen davon sollte man auf eine gute Schlafhygiene achten.
Was versteht man unter einer guten Schlafhygiene?
Nun, man sollte kurz vor dem Schlafengehen keine großen Mahlzeiten zu sich nehmen und wenig
Alkohol konsumieren. Apropos Alkohol: Diesen als Schlafhilfe zu verwenden, ist keine gute Idee.
Erstens ist in vernünftigen Mengen nur Bier leicht schlaffördernd, andere alkoholischen Getränke sind
nämlich eher schlafstörend. Und zweitens besteht bei Alkoholkonsum im Zusammenhang mit
Problemen immer ein erhöhtes Abhängigkeitspotential.
Um aber auf die Schlafhygiene zurückzukommen: Probleme oder Konflikte sollten noch vor dem zu
Bett gehen gelöst werden. Wenn dies nicht möglich ist, dann gilt es, den Lösungsversuch ganz
bewusst auf einen nächsten Zeitpunkt, etwa den nächsten Tag, zu verschieben bzw. festzulegen.
Probleme mit ins Bett zu nehmen, sollte demnach tunlichst vermieden werden.
Außerdem helfen Schlafrituale, allerdings nur, wenn diese auch eingehalten werden. Der Mensch ist
nun mal ein Gewohnheitstier und Schlafrituale geben Sicherheit.
Und auch die innere Uhr spielt eine ganz wesentliche Rolle. Als Impulsgeber dient unter anderem das
Licht. Viele lassen sich vor allem vom Fernseher den Schlafrhythmus diktieren. Dies ist definitiv falsch.
Laut Schlafforschern ist das Fernsehen, aber auch das Lesen im Schlafzimmer bzw. im Bett nicht
schlaffördernd. Im Schlafzimmer soll man sich lieben und schlafen, mehr nicht.
Das haben Sie schön gesagt. Doch was ist, wenn man im Bett liegt, aber partout nicht
einschlafen kann?
Erstens sollte man natürlich nur dann zu Bett gehen, wenn man auch wirklich müde ist. Wenn man
nach zehn Minuten immer noch wach ist, steht man auf, geht in ein anderes Zimmer und erst, wenn
man sich wirklich müde fühlt, wieder ins Bett. Sollte man dann immer noch nicht einschlafen können,
wiederholt man diesen Schritt. Außerdem empfiehlt es sich, wenn man Schlafstörungen hat, jeden
Morgen zur gleichen Zeit aufzustehen – auch an den Wochenenden. Und tagsüber sollte man, wenn
möglich, nicht schlafen.
Gibt es auch Tipps für ein gesundes Schlafumfeld?
Ja. Beispielsweise sollte man auf günstige Schlafbedingungen im Schlafzimmer. Zu einer behaglichen
Schlafumgebung gehören etwa die richtige Temperatur (zwischen 15 und 18 Grad), ausreichend
Luftfeuchtigkeit sowie das Vermeiden von Lärm und Licht. Bei Vollmond sollte man beispielsweise
ausreichend abschatten. Außerdem sollte man elektronische Geräte im Schlafzimmer auf ein
Mindestmaß beschränken.
Und wie schaut das optimale Bett aus?
Es sollte gut und ausreichend groß sein. Überdies einen qualitativ hochwertigen Lattenrost haben. Die
Matratze sollte eher mittelweich sein, damit sie sich dem Körper gut anpassen kann. Ob exklusive
„Superbetten“ und Schlafsysteme die Lösung für viele Schlafprobleme sind bezweifle ich.
Wie schaut es mit sportlicher Betätigung aus? Verhelfen Sport und Bewegung am Abend zu
einem besseren Schlaf?
Sport und Bewegung können sicherlich zu einem besseren Schlaf beitragen. Allerdings weniger, wenn
sie am Abend in intensiver Form ausgeführt werden. Da sollte eher nur mit niedriger Intensität trainiert
werden. Wie zum Beispiel ein Abendspaziergang. Auch Entspannungsübungen, wie Autogenes
Training, Meditation, Yoga, Chi Gong und ähnliches, können helfen.
Gibt es bewährte Hausmittel gegen Schlafstörungen?
Gegenfrage: Was versteht man unter Hausmittel?
Na ja, „Oma’s Hausmittel“ bzw. natürliche Heilmittel für die kleinen Krankheiten und
Schmerzen.
In wissenschaftlichen Untersuchungen konnte zum Beispiel für Baldrian keine besonders
schlaffördernde Wirkung gefunden werden. Deshalb kann für eine längerfristige Verwendung keine
Empfehlung abgegeben werden. Kurzfristig und bei leichten Störungen können aber pflanzliche
Medikamente mit Hopfen, Baldrian usw. helfen. Da jedoch oft ein größeres Problem dahinter steckt
oder die Schlafstörung erst einen Leidensdruck macht, wenn es ein Problem ist, helfen diese Mittel
wenig.
Manchen Menschen hilft es übrigens auch, wenn sie die in Bezug auf die Schlafstörung negativen
Gedanken auflösen.
Wie meinen Sie das?
Angenommen man wacht in der Nacht auf und kann nicht wieder einschlafen. Je negativer dieses
„nicht wieder Einschlafen-können“ empfunden wird, umso eher wird dieses verhindert. Diese
Gedanken gilt es, umzukehren bzw. eben aufzulösen. Man kann sich beispielsweise sagen: „Es ist
angenehm im Bett. Ich ruhe mich auch aus, wenn ich wach bin. Ich muss noch nicht aufstehen, um zu
arbeiten.“ Durch solch positive, angenehme Gedanken, kommt der Schlaf fast wie von selbst wieder.
Lässt sich sagen, ob mehr Männer oder Frauen von Schlafstörungen betroffen sind?
Das kann man nicht wirklich sagen. Wobei ich schon sagen muss, dass ich in der Praxis mehr Frauen
mit Schlafproblemen sehe als Männer. Das mag aber auch daran liegen, dass sich Frauen eher an
den Arzt wenden, wenn sie (Schlaf-)Probleme haben. Männer sprechen über schlechten Schlaf im
Rahmen von anderen Problemen. Eines kann man jedoch sagen: Schlafstörungen werden im Alter
häufiger.
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