Programmheft Ronja Räubertochter

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Materialien für
Pädagoginnen und Pädagogen
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Den Vorstellungsbesuch planen ………………………………………………..
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Die Handlung ……………………………………………………………………………..
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Herausgegeben vom Theater Dortmund
Geschäftsführende Direktorin:
Bettina Pesch
Intendant der Oper:
Hintergrundinformationen
Zur Auftragskomposition – Biographien ………………………………………..
Zur Inszenierung – Biographien ………………………..………………………..
Fantasie ohne Grenzen - Ein Gespräch mit Tatjana Ivschina ………….
Astrid Lindgren erzählt über sich ………………………………………………..
Jens-Daniel Herzog
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Redaktion Oper Dortmund:
Heike Buderus, Mattis Krems (Mitarbeit)
Redaktion Deutsche Oper am Rhein:
Für den Unterricht
Auszüge aus dem Roman „Ronja Räubertochter“ ………………………….
Die Singstimme in der Oper …………………………………………………………
Die Figuren ………………………………………………..………………………………..
Fantasiereise durch den Mattiswald …………………………………………..
Wir sind Räuber …………………………………………………………………………..
Ein Wiegenlied …………………………………………………………………………..
Angst im Mattiswald …………………………………………………………….……..
Kostüme entwerfen ……………………………………………………………………..
Zur Nachbereitung: Streit in der Mattisburg …………………………………
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Für den Theaterbesuch
Wo werde ich meine Jacke los und warum geht das Licht aus? ……..
Anfahrt ………………………………………………..………………………………………
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Dr. Bernhard Loges (Dramaturgie), Anna- Mareike Vohn
(Leitende Musiktheaterpädagogin), Anja Fürstenberg,
Krysztina Winkel
Die Junge Oper Rhein-Ruhr ist eine Kooperation
der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg,
der Oper Dortmund und des Theater Bonn
Dieses Materialheft finden Sie auch auf unserer
Website: www.tdo.li/ronja
Textnachweise:
Astrid Lindgren erwählt über sich selbst:
Verlag Rabén & Sjögren
www.planet-wissen.de/raeuber
Bildnachweise:
Portraitfotos der Künstler
Johannes Schmid – Foto: Bettina Sporrer
Tatjana Ivschina – Foto: Mara Monetti
Astrid Lindgreen – Foto: Ceyla de Wilka (CC BY-SA 3.0)
Jörn Arnecke – Foto: Michael Wagener
Holger Potocki – Foto: Alfredo Mena
Anna Holter – Foto: privat
Kostüm- und Bühnenbild-Entwürfe – Tatjana Ivschina
Titelillustration:
Kveln, Hamburg
CI-Konzept:
xhoch4, München
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Den Vorstellungsbesuch planen
Vorstellungen
So, 22.05.2016, 16.00 Uhr (Premiere)
Do, 26.05.2016, 16.00 Uhr
Di, 31.05.2016, 11.00 Uhr
Mi, 01.06.2016, 11.00 Uhr
Do,02.06.2016, 11.00 Uhr
So, 05.06.2016, 16.00 Uhr
Di, 07.06.2016, 11.00 Uhr
Mi, 08.06.2016, 11.00 Uhr
Di, 14.06.2016, 11.00 Uhr
So, 19.06.2016, 18.00 Uhr
Di, 21.06.2016, 11.00 Uhr
Mi, 22.06.2016, 11.00 Uhr
Di, 28.06.2016, 11.00 Uhr
Mi, 29.06.2016, 11.00 Uhr
D0, 30.06.2016, 11.00 Uhr
Preise
Für Schulgruppen kosten die Karten je 6,00 € (je 10 Schüler eine erwachsene Begleitung zum Schülerpreis).
Erwachsene bezahlen 11,00 € pro Karte. Dies gilt für alle Veranstaltungen inklusive der Premiere.
Kartenbuchung
Karten für Ihre Schülergruppe erhalten Sie über unseren Aboservice (Di- Fr 11.00-17.00 Uhr)
Tel.
0231 / 50 22 442
Fax:
0231 / 50 22 443
E-Mail: [email protected]
Lehrerfortbildung*
Do, 28.04.2016, 17.00 — 20.00 Uhr
Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine
theaterpädagogische und dramaturgische Einführung in das Stück.
Öffentliche Probe*
Do, 12.05.2016, 19.00 Uhr
Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine dramaturgische Einführung in das Stück und
besuchen im Anschluss die öffentliche Probe. Karten für diese Probe erhalten Sie an der Hauptkasse.
Themenabend*
Do, 19.05.2016, 16.30 Uhr
Bei dieser kostenlosen Veranstaltung erhalten Pädagogen und Erzieher eine
theaterpädagogische und dramaturgische Einführung in das Stück und besuchen im Anschluss die Hauptprobe mit Kostüm,
Originallicht und Maske und Orchester.
Beratung
Unsere Theaterpädagogin Heike Buderus berät Sie gerne, was die Vorbereitung des Stückes im Unterricht betrifft. Sie kommt
auch zu Ihnen in die Schule und kann Extras wie Blicke hinter die Kulissen vor oder nach dem Vorstellungsbesuch vermitteln.
* Bitte melden Sie sich vorab bei der Theaterpädagogin Heike Buderus per Mail unter
[email protected] oder unter der Telefonnummer 0231 / 50 22 413 an.
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Handlung
Am Höllenschlund
Am Höllenschlund stehen sich die wütenden Räuberbanden
knurrend und kampfbereit gegenüber. Birk möchte seinen
Sohn zurück haben, doch Mattis gibt nicht nach und erpresst ihn. Während die beiden Männer streiten, springt
Ronja über den Höllenschlund auf die Seite der Borkafeste.
Borka schnappt sich die Räubertochter und schlägt Mattis
einen Tausch vor: „Du bekommst dein Kind zurück, wenn
du mir meines gibst.“ Doch Mattis ist entsetzt, er sagt, er
habe kein Kind mehr und geht enttäuscht zurück zur Burg.
Während einer fürchterlichen Gewitternacht
Während über der Mattisburg ein schreckliches Unwetter
tobt, kommt Ronja, die Tochter des Räuberhauptmanns
Mattis zu Welt. Das zarte Kind verzaubert die wilden
Räubermänner. Diese müssen jedoch voller Entsetzen
feststellen, dass ihre Räuberburg durch einen gewaltigen
Blitzschlag zerteilt wurde. Mattis wird bitterböse und regt
sich so sehr auf, dass Ronja zu weinen beginnt. Doch ihre
Mutter Lovis kann sie mit dem Wolfslied trösten.
Einige Jahre später
Auf der Mattisburg tobt und tanzt Ronja mit den Räubern.
Mattis ist ganz fasziniert von seiner wunderbaren Tochter,
nur wenn er auf Borka angesprochen wird, wird er bitterböse. Der alte Glatzen-Per erzählt Ronja, dass Borka der
größte Feind ihres Vaters ist. An der Räuberschlucht, die
den Mattiswald vom Borkawald trennt, werden seit Jahrhunderten grausame Kämpfe ausgetragen. Ronja ist nun alt
genug, um die Burg zu verlassen und den Mattiswald zu
erkunden. Mattis warnt sie vor den Gefahren des Waldes
und Lovis gibt ihr den Rat, dass man im Mattiswald am
sichersten ist, wenn man sich nicht fürchtet.
Im Frühlingswald
Ronja und Birk haben beschlossen, ihre Familien zu verlassen und von nun an im Wald zu leben. Inzwischen sind
sie beste Freunde geworden und genießen die gemeinsamen Frühlingstage. Dennoch vermisst Ronja ihre Familie
und ist traurig, dass ihr Vater nicht mehr mit ihr sprechen
will. Um sich und Birk zu trösten, singt sie das Wolfslied.
Danach verwandelt sich der Wald in eine zauberhafte
sommerliche Idylle.
Im Herbstwald
Inzwischen ist es kalt geworden. Ronja und Birk fürchten
sich vor dem kommenden Winter. Birk beschuldigt Ronja,
das Messer verloren zu haben, dass sie zum Überleben
dringend benötigen. Ronja ist wütend und schickt ihn weg.
Allein im Wald bemerkt sie die Stimmen der Unterirdischen
und folgt ihnen in den Nebel. Inzwischen hat sich Mattis auf
den Weg gemacht, um sich bei Ronja zu entschuldigen.
Mattis und Birk finden Ronja im Nebel und retten sie vor
den Unterirdischen. Die drei versöhnen sich und Mattis lädt
beide ein, mit ihm zurück in die Mattisburg zu kommen.
Bei den Rumpelwichten
Ronja bewundert den duftenden und sonnigen Mattiswald.
Plötzlich erschrickt sie vor dem Schrei einer Wilddrude und
bricht mit ihrem Fuß in die Höhle einer Rumpelwicht-Familie
ein. Während die Wilddrude immer näher kommt und die
ängstliche Ronja bedroht, bauen die Rumpelwichte mit
Ronjas Fuß eine Wiege für ihr Rumpelkind. In letzter Minute
taucht Birk auf und befreit sie. Ronja ist dankbar, aber
entsetzt, dass sich ein Borkaräuber in ihrem Wald herumtreibt und auch noch behauptet, die Borkaräuber wären in
die Nordburg eingezogen. Obwohl die beiden sich streiten,
führt Ronja Birk aus dem dunklen Mattiswald.
Zurück in der Mattisburg
Freudig wird Ronja von ihrer Räuberfamilie empfangen,
doch der alte Glatzen-Per liegt im Sterben. Er rät Mattis,
sich mit Borka zusammenzutun und den Anführer der gemeinsamen Bande im Zweikampf zu ermitteln. Glatzen-Per
stirbt und die Räuber verabschieden sich von ihm.
In der Mattisburg
Von Mattis und Glatzen-Per erfährt Ronja, was die Aufgaben
eines Räubers sind und dass sie eines Tages Räuberhauptmann werden soll. Währenddessen wird Birk von den
Mattisräubern in den Burgsaal geführt. Birk berichtet
Mattis, dass die Borkasippe seit kurzem in der Nordburg
hause. Daraufhin bekommt Mattis einen Wutanfall und er
schmiedet den Plan, Birk in das Burgverlies zu stecken und
ihn Borka erst zurückzugeben, wenn dieser die Nordburg
verlässt. Ronja ist entsetzt und beschließt, niemals ein
Räuberhauptmann zu werden. Als Mattis wütend wird, weil
Lovis sich um den verletzten Birk kümmern möchte,
schmeißt Lovis alle Räuber aus der Burg und tröstet Ronja
mit dem Wolfslied.
Der große Kampf
Mattis gewinnt den Kampf gegen Borka, schlägt ihm aber
vor, von nun an gemeinsam und gleichberechtigt gegen die
Landsknechte zu kämpfen. Die Räuberbanden versöhnen
sich und tanzen. Mattis beschließt, dass Birk eines Tages
der nächste Räuberhauptmann werden soll. Doch auch Birk
lehnt ab und möchte niemals Räuber werden. Ronja und
Birk sind sich sicher, dass sie ein anderes Leben führen
können, wenn sie zu einander halten. Endlich sehen die
Eltern ein, dass sie sich dem Willen der Kinder fügen sollten.
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Zur Auftragskomposition
JUNGE OPER RHEIN-RUHR
Familienopern in Düsseldorf-Duisburg,
Dortmund und Bonn
Seit der Spielzeit 2013/2014 setzt sich die
deutschlandweit einzigartige Kooperation Junge Oper
Rhein-Ruhr zwischen der Deutschen Oper am Rhein, dem
Theater Dortmund und dem Theater Bonn für eine Stärkung
des Bereichs der Kinder- und Jugendoper ein. Dazu sollen
Kinderopern mit umfangreicher Besetzung für die großen
Bühnen der vier Spielstätten produziert werden. Im Rahmen
der Kooperation wurden bereits zwei Kompositionsaufträge
vergeben: Am 14. Februar 2014 feierte Vom Mädchen, das
nicht schlafen wollte Uraufführung im Theater Duisburg.
Ronja Räubertochter nach Astrid Lindgren setzte im
Februar 2015 die Reihe fort – Verlag und Erben von Astrid
Lindgren konnten dafür erstmals von einem Opernprojekt
überzeugt werden und haben die Genehmigung zur Vertonung durch den Komponisten Jörn Arnecke erteilt und
das Libretto von Holger Potocki lizenziert. Auch diese
Uraufführung wird an allen drei Instituten in vier Städten
gespielt. In der Spielzeit 2015/16 folgt mit Marius Felix
Langes „Die Schneekönigin“ eine dritte
Auftragskomposition.
Komposition: Jörn Arnecke
Jörn Arnecke, 1973 in Hameln
geboren, studierte Komposition und
Musiktheorie bei Volkhardt Preuß
und Peter Michael Hamel an der
Hochschule für Musik und Theater
Hamburg. Zuvor spielte er in der
einzigen Zivildienstmusikgruppe Deutschlands in München
und hatte Kompositionsunterricht bei Wilfried Hiller.
1997/98 war er einer der letzten Schüler von Gérard
Grisey am Pariser Conservatoire National Supérieur. 1997
wurde er als Preisträger des Kompositionswettbewerbs der
Freien und Hansestadt Hamburg zum Brahmsjahr
ausgezeichnet, 1998 errang er den Förderpreis des
Göttinger Symphonie Orchesters. Jörn Arnecke war
Stipendiat der „Studien-stiftung des deutschen Volkes“. Er
schrieb Werke im Auf-trag der Münchener Biennale, der
Expo Hannover, der Ton-halle Düsseldorf und des
Brucknerhauses Linz. Am Pariser IRCAM-Institut war er
angestellt für das Internet-Projekt „Studio en ligne“. Von
2001 bis 2009 war er Teilzeitpro-fessor für Musiktheorie an
der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Die Freie
und Hansestadt Hamburg verlieh ihm 2003 das Bach-PreisStipendium. Im Februar und März 2004 lebte Jörn Arnecke
mit einem Stipendium der Bundeskünstlerförderung im
Deutschen Studienzen-trum Venedig. Von 2004 bis 2008
wurde er bei der Edition Gravis, bad Schwalbach (Inhaber:
Dr. Rudolf Lück) verlegt. Inzwischen erscheinen seine
Werke, auch die älteren, bei den Internationalen
Musikverlagen Hans Sikorski, Hamburg. 2007 war er
Stipendiat an der Casa Baldi/Villa Massimo in Olevano
Romano. Von April bis September 2009 lebte und arbeitete
er am Internationalen Künstler-haus Villa Concordia
Bamberg. Zum 1. Oktober 2009 erhielt er einen Ruf an die
Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar. Als Professor für
Musiktheorie und Gehörbildung leitet er dort das Zentrum
für Musiktheorie.
Weitere Informationen: www.arnecke.de
Libretto: Holger Potocki
Holger Potocki ist in Berlin geboren
und aufgewachsen. An der
Humboldt-Universität zu Berlin
studierte er Musik-, Kulturwissenschaft und Geschichte. Anschließend folgte ein Diplom in
Musik- und Theatermanagement an
der Ludwig-Maximilian-Universität München. Er inszenierte
bislang über fünfzig Regiearbeiten in Deutschland sowie in
Japan und Südkorea. Es folgten Festanstellungen als Spielleiter und Operndirektor am Theater Magdeburg. Seit 2009
lebt und arbeitet er als freier Autor und Regisseur in Berlin.
Weitere Informationen: www.potocki.de
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Zur Inszenierung
Regie: Johannes Schmid
Johannes Schmid, geboren 1973 in
Niederbayern, studierte Theaterund Filmwissenschaft, Germanistik,
Kunstgeschichte und Musikwissenschaft in Erlangen und München.
Seit 2000 ist er als freischaffender
Regisseur tätig, u.a. für das
Bayerische Staatsschauspiel, die
Oper Dortmund, die Salzburger Festspiele, das Theater
Sankt Gallen, das Nationaltheater Mannheim, das Theater
Konstanz, das Theater Münster und die Münchner Schauburg. Er führte Regie im Musik- und Sprechtheater, u.a. bei
Tirso de Molinas „Don Gil von den grünen Hosen“,
Donizettis „Don Pasquale“, dem Tiger Lillies-Kultstück
„Shockheaded Peter“, Cervantes’ „Don Quijote von der
Mancha“, Robert Walsers „Jakob von Gunten“, Purcells „The
Fairy Queen“ und dem Erfolgsmusical „Anatevka – Fiddler
on the Roof“. Bei den Salzburger Festspielen 2013 inszenierte er „Die Entführung aus dem Serail“ in einer eigenen
Fassung für Kinder, 2014 hat er mit Mozarts Singspiel in
einer Neuproduktion in St. Gallen Premiere gefeiert.
Johannes Schmids Inszenierung „Eine Odyssee“ nach
Homer erhielt den „Rosenstrauß des Jahres 2007“ als beste
Münchner Theaterproduktion. Neben seiner Theaterarbeit
dreht Schmid Filme. Sein Kinodebüt „Blöde Mütze!“ wurde
mehrfach national und international ausgezeichnet. Sein
zweiter Kinospielfilm, die deutsch-polnische Co-Produktion
„Wintertochter“ erhielt u.a. den Deutschen Filmpreis 2012
in der Kategorie Kinderfilm. Weitere Filme sind in
Vorbereitung. An der Deutschen Oper am Rhein inszenierte
er die Uraufführung der Familienoper „Vom Mädchen, das
nicht schlafen wollte“ von Marius Felix Lange nach einem
Libretto von Martin Baltscheit, 2014/15 folgte die
Uraufführungsinszenierung „Ronja Räubertochter“ vorn Jörn
Arnecke (Libretto: Holger Potocki nach Astrid Lindgren)
Nürnberg. Sie arbeitet regelmäßig mit Regisseuren wie
Christine Mielitz, Ragna Kirck, Svenja Tiedt, Michiel
Dijkema und vor allem Anthony Pilavachi. Für ihn stattete
sie zuletzt u.a. Jean-Philippe Rameaus „Platée“, Verdis
„Falstaff“ und Strauss’ „Rosenkavalier“ aus. Weitere
Projekte waren Wagners „Parsifal“ an der Oper Lübeck und
Verdis „Rigoletto“ in Leipzig. Neben ihrer Theaterarbeit
widmet sich die vielseitige junge Künstlerin regelmäßig
diversen Ausstellungsprojekten, u.a. in Marburg, Frankfurt
am Main, Berlin und Dresden. Für die Kooperation Junge
Oper Rhein-Ruhr stattete Tatjana Ivschina bereits 2010/11
„Der gestiefelte Kater“ (Montsalvatge) aus. 2013/14 folgte
die Uraufführung „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“
(Lange) und 2014/15 die Uraufführung „Ronja
Räubertochter“ (Arnecke). In Dortmund stattete sie zuletzt
„Hänsel und Gretel“ (Pertersen) aus.
Choreographie: Anna Holter
Die Choreographin Anna Holter lebt
in ihrer Heimatstadt Stockholm und
München. 1997 schloss sie ihr
Studium an der Iwanson Schule für
zeitgenössischen Tanz in München
ab. Seither arbeitet Anna Holter
international als Tänzerin und
Choreographin. Als Tänzerin war sie
u.a. am Theater Basel, am Tanzquartier Wien, im Dansens Hus
Stockholm, der Queen Elizabeth Hall London und in
München am Prinzregententheater, an der Schauburg –
Theater der Jugend, der Bayerischen Staatsoper und am
Bayerischen Staatsschauspiel zu erleben. Dabei arbeitete
sie u.a. mit den Choreographen Amir Hosseinpour, Marco
Santi, Rosemary Butcher, Michael Keegan-Dolan, Mia
Lawrence, Itztok Kovac, Charlotta Öfverholm und Milli
Bitterli. Seit 2001 choreographiert sie mit ihrer eigenen
Company ANNA HOLTER + COMPANY Tanzstücke, unterstützt u.a. vom Kulturreferat der Landeshauptstadt
München, dem Fonds Darstellende Künste und der
Bayerischen Landeszentrale für Zeitgenössischen Tanz.
Ihre Produktionen wurden zu zahlreichen Gastspielen
eingeladen. Mit „Meeting with Oneself“ wurde sie u.a. als
Repräsentantin für Deutschland zum Tanzfestival Danse à
Lille eingeladen. Neben den eigenen Tanzstücken choreographiert Anna Holter auch für Sprechtheater und Oper, so
u.a. für das Theater Konstanz, das Bayerische Staatsschauspiel, die Junge Oper am Nationaltheater Mannheim sowie
bei den Salzburger Festspielen. Nach der Familienoper
„Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ (Lange) folgte
2014/15 „Ronja Räubertochter“ (Arnecke) für die
Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg.
Bühne und Kostüm: Tatjana Ivschina
Tatjana Ivschina wurde in Taschkent, Usbekistan geboren und
studierte Bildende Künste in ihrer
Heimatstadt und an der Hochschule
für Gestaltung in Offenbach bei
Rosalie, Hans-Jürgen Drescher und
Hans Hollmann. Bereits während
ihrer Studienzeit arbeitete sie als
Bühnen- und Kostümbildnerin und
ist seit 2000 selbstständig. Tatjana Ivschina arbeitete u.a.
am Schlosstheater Rheinsberg, am Theater Bremen,
Theater Dortmund, Landestheater Linz, Stadttheater St.
Gallen und den Staatstheatern Oldenburg, Darmstadt und
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Phantasie ohne Grenzen
Ein Gespräch mit Tatjana Ivschina von Dr. Bernhard Loges
Wer kennt nicht Astrid Lindgrens wilde Räubertochter, die seit 1981 Kinder in der ganzen Welt mit ihren Abenteuern fesselt?
Es wimmelt von Räubern, Rumpelwichten, Wilddruden und unheimlichen Gestalten im Mattiswald – für die Bühnen- und
Kostümbildnerin Tatjana Ivschina eine wunderbare Gelegenheit, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Seit 2009 hat sie alle
großen Kinderopern der Jungen Oper Rhien-Ruhr ausgestattet und für jede Geschichte eine ganz eigene Bildsprache gefunden.
Deine Bühnenbilder und Kostüme zeichnet aus, dass sie
nicht nur einfach eine praktische Funktion haben. Ihnen
wohnt häufig zugleich auch noch eine zweite Ebene inne.
Der Wald ist die Rückseite der Burgmauern, zugleich lebt
er auch und Figuren sind Teil des Bühnenbildes.
Die Unsichtbaren oder die Geister des Waldes sind ein
Symbol dafür, wie Kinder beginnen, die Natur wahrzunehmen und merken, dass hier alles lebt. Es kann für Ronja
und Birk auch erschreckend und gruseligsein, nachts allein
im Wald zu sein. Eine Frage war auch, wie sich der Wald mit
den Jahreszeiten verändert.
„Ronja Räubertochter“ ist in Deiner Heimat nicht so
bekannt, wie in Deutschland.
Die Geschichte kannte ich gar nicht. Das Buch habe ich
dann natürlich zur Vorbereitung auf unsere Uraufführung
gelesen. Später dann auch gemeinsam mit meinem Sohn,
der genau wie ich von der Geschichte begeistert war. Von
der Vielfalt der Charaktere und der Menschlichkeit der
Räuber, die innerhalb einer Familie sehr viele unterschiedliche Seiten hat. Ein junges Mädchen, das beginnt
erwachsen zu werden, ein Vater, der ganz weiche Knie
bekommt, wenn er die Tochter heranwachsen sieht, die
starke Mutter, das ist eine unglaubliche schöne Beschreibung der Familie. Natürlich sind – vor allem für Kinder –
auch die Abenteuer spannend, wie erlebt man Natur –
Wald, Berge. Ich bin ein sehr naturbezogener Mensch und
kann mich hierin durchaus wiederfinden.
Was bedeutet es für Dich, ein Bühnenbild und Kostüme
für Kinderopern zu entwickeln? Unterscheidet sich Deine
Arbeit von der an Werken des Opernrepertoires?
Bei Kinderopern kann ich meiner Phantasie freien Lauf
lassen und mich wieder in ein Kind hineinversetzen, in eine
Welt ohne Grenzen. Man darf Kinder nie unterschätzen, sie
haben viel mehr Phantasie als Erwachsene und es braucht
oft nicht viel, um diese anzuregen. Natürlich versuche ich in
Bildern die Geschichte zu erzählen, aber parallel auch viel
Freiraum für die eigene Phantasie zu lassen. So bleibt auch
Raum für Gesprächsstoff, es werden nicht unbedingt alle
Fragen beantwortet und nach dem Opernbesuch können
sich die Kinder untereinander oder mit ihren Eltern oder
Großeltern über das Erlebte austauschen.
Viele Zuschauer haben Bilder des berühmten Films von
1984 im Kopf. Wie schaffst Du es, Dich davon zu
befreien und eine eigene Bildwelt zu entwickeln?
Ich habe den Film bewusst nicht zur Vorbereitung gesehen.
Viele Menschen aus meiner Generation kennen ihn und
verbinden damit eigene Erinnerungen und Assoziationen.
Mir war wichtig nachdem ich das Buch gelesen hatte,
meiner eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen und diese
Bildwelt unabhängig zu entwickeln. Erst danach habe ich
mir den Film angesehen. Er hat Erwartungen von „Ronja
Räubertochter“ geprägt, mit denen Zuschauer auch in die
Oper kommen werden und es ist wichtig, diese nicht zu
ignorieren oder bewusst dagegen anzugehen.
Deine Bühnenbildmodelle baust Du immer selber und
bemalst sie liebevoll mit allen Details, die nachher auf
die große Bühne übertragen werden. Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Werkstätten aus, die Deine Ideen
ausführen?
Da ich ein haptischer Mensch bin, ist mir sehr wichtig, alles
bereits im Vorfeld erfühlend zu verstehen und mit meinen
Händen zu erschaffen. Gemeinsam mit der Kreativität der
Menschen in den Werkstätten entsteht dann das endgültige
Bühnenbild. Dieser Weg mit gemeinsamem Austausch ist
mir sehr wichtig, alle können gemeinsam ihre Phantasie
sprießen lassen und dadurch entstehen die besten Ideen.
Wenn schließlich bei der technischen Einrichtung alles, was
vorher im Kleinen, im Modell angelegt war, im Großen auf
der Bühne steht und lebendig werden kann, ist das der
Höhepunkt der gemeinsamen Arbeit und die Kunst der
Werkstätten die Ideen auf den großen Raum zu übertragen.
Welche Form hast Du für die unterschiedlichen Spielräume, die Mattisburg und den Wald mit der Behausung
der Rumpelwichte und der Bärenhöhle gefunden?
Bei der Lektüre waren die Illustrationen von Ilon Wikland
wichtig für mich, sie haben sicher alle, die das Buch gelesen haben geprägt. Ich bin von Illustrationen ausgegangen und dem Graphischen, der zweidimensionalen, schwarzweiß gezeichneten Räuberburg. Hierin wird Ronja von ihren
Eltern zunächst von den Gefahren des Waldes ferngehalten.
Diese zweidimensionale Welt bricht dann auf zur dreidimensionalen Tiefe des Waldes. Der Wald entsteht aus
mehreren einzelnen Bühnenelementen, die sich auf unterschiedliche Weise zusammenfügen können. Es war mir
wichtig, dass dieser Wald lebt und Ronja und Birk darin
auch herumtoben können und Abenteuer erleben.
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Darstellern Spielmöglichkeiten bieten. Mir ist wichtig, für
Sänger individuell zu arbeiten und die Kostümidee auch auf
den Menschen zuzuschneiden. Ronjas und Birks Mäntel
haben Wolfskapuzen, welche sie beispielsweise als Tiere
des Waldes tarnen, sie eins mit dem Wald und der Natur
werden lassen, so dass sie sich dort verstecken können.
Zugleich nehmen sie etwas von zu Hause mit, eine Art
Kuscheltier, das sie auch als schützend empfinden. Durch
die unterschiedlichen Farben werden die beiden auch in
ihrer Zugehörigkeit zu den jeweiligen Räuberbanden
charakterisiert.
Bei allen großen Kinderopern an der Deutschen Oper am
Rhein warst Du seit 2009 nicht nur für den Spielraum,
sondern auch für Kostüme zuständig. In Rückschau auf
„Robin Hood“, „Der gestiefelte Kater“, „Die Nachtigall“,
„Die Prinzessin auf der Erbse“ und „Vom Mädchen, das
nicht schlafen wollte“ fällt auf, dass Du deinen eigenen
Stil hast, sich aber nichts wiederholt. Wie findest Du die
Figuren und damit auch ihre Kostüme?
Mir ist wichtig, jede Geschichte neu wahrzunehmen und
dafür eine eigene Ästhetik und Phantasie zu finden. Ich
arbeite gerne mit liebevollen Details und habe große Freude
daran, Neues zu erfinden und Überraschungseffekte
einzubauen: Sessel, die aufgeklappt zu Schminkkästchen
werden oder Buchsbäume, die umgedreht wie Elefanten
aussehen.
Was entsteht zuerst, das Bühnenbild oder die Kostüme?
Dadurch, dass ich immer Bühne und Kostüme entwickele,
kann ich quer einsteigen. Manchmal sind es Situationen,
die ich vor mir sehe, manchmal Farben, Bilder, Fotos oder
einfach eine Situation auf der Straße. Insofern denke ich
nie nur über Bühne oder nur über Kostüme nach, das eine
beeinflusst das andere, es ist ein Gesamtprozess.
Was ist für Dich das wichtigste, wenn Du Deine Kostüme
entwirfst?
Die Kostüme müssen immer den Charakter der Figuren
unterstützen und gleichzeitig funktional sein und den
—8—
Astrid Lindgren erzählt über sich selbst
.
mich nicht getraut, zu schreiben, obwohl ich irgendwo tief
in mir drin spürte, dass mir das Schreiben Spaß machen
könnte.
Doch diese Frage kehrt immer wieder: Wie kam es eigentlich, dass Sie anfingen zu schreiben? Und daher möchte ich
erzählen, wie alles begann, obwohl ich dies schon so furchtbar oft getan habe.
1941 lag meine 7-jährige Tochter Karin mit einer Lungenentzündung im Bett. Jeden Abend, wenn ich an ihrem Bett
saß, quengelte sie auf typisch kindliche Art: „Erzähl' mir
was!" Und als ich sie eines Abends ziemlich erschöpft
fragte: „Was soll ich dir denn erzählen?“, da antwortete sie:
„Erzähl’ mir was von Pippi Langstrumpf!“ Sie hatte den
Namen gerade in dem Augenblick erfunden. Ich fragte sie
nicht, wer Pippi Langstrumpf war, sondern fing einfach an
zu erzählen. Und da dies ein so komischer Name war,
bekam auch das Mädchen eigenartige Züge. Karin und
später auch ihre Spielkameraden zeigten von Anfang an
eine bemerkenswerte Zuneigung für Pippi. Ich musste
immer und immer wieder von Ihr erzählen. Und das ging
mehrere Jahre so weiter.
Lassen Sie mich mit meinen Lebensstationen beginnen, da
in der Regel alle danach fragen.
Alles begann so: Im November 1907 erblickte ich in einem
alten, roten Haus, das von Apfelbäumen umgeben war, das
Licht der Welt. Ich wurde als zweites Kind des Landwirts
Samuel August Ericsson und seiner Frau Hanna, geb.
Jonsson, geboren. Der Hof, auf dem wir lebten, hieß - und
so heißt er noch heute - Näs, und er liegt ganz in der Nähe
einer kleinen Stadt in Småland namens Vimmerby. Näs ist
seit 1411 Pfarrhof, und so ist es immer noch. Mein Vater
war allerdings kein Pfarrer, sondern nur Pfarrhofpächter auf
Näs - wie sein Vater vor ihm und sein Sohn nach ihm.
In dem roten Haus - im 18. Jahrhundert Pfarrhof, später
Pächterhaus - wurden nach mir noch zwei weitere Kinder
geboren. Wir waren also vier Geschwister: Gunnar, Astrid,
Stina und Ingegerd.
Eines Tages im März 1944 schneite es in Stockholm. Als
ich am Abend am Vasapark entlang ging, lag auf dem
Bürgersteig Neuschnee, darunter jedoch eine glatte
Eisschicht. Ich rutschte aus und verstauchte mir den Fuß so
stark, dass ich eine Zeit lang das Bett hüten musste. Um
mir die Zeit zu vertreiben, fing ich an, die Pippi-Geschichten
in Steno aufzuschreiben. Seit meiner Bürozeit bin ich gut im
Stenografieren, und noch heute schreibe ich meine Bücher
zunächst als Stenogramm. Im Mai 1944 wurde Karin 10
Jahre alt. Da kam mir die Idee, die Pippi-Erzählung ins Reine
zu schreiben und ihr das Manuskript zum Geburtstag zu
schenken. Und dann beschloss ich, eine Kopie an einen
Verlag zu schicken. Nicht, weil ich auch nur eine Sekunde
lang glaubte, dass sie die Erzählung in Buchform herausgeben würden. Nein, einfach nur so! Da Pippi mich selbst
auch sehr bewegt hat, schloss ich meinen Brief an den
Verlag folgendermaßen: „In der Hoffnung, dass Sie nicht
das Jugendamt alarmieren“. Denn ich hatte ja selbst zwei
Kinder, und was sollte aus denen werden - mit einer Mutter,
die solche Bücher schrieb!
Wir lebten ein glückliches Bullerbü-Leben auf Näs - im
Grunde genau wie die Kinder in den Bullerbü-Büchern. Wir
gingen in Vimmerby zur Schule, die nur eine Viertelstunde
entfernt war. Aber wie auch die Bullerbü-Kinder wurden wir
irgendwann einmal erwachsen, und es wurde Zeit, in die
Welt hinauszuziehen.
Ich ging nach Stockholm und machte eine Ausbildung als
Sekretärin. Ich bekam dort eine Anstellung, heiratete und
bekam zwei Kinder - Lars und Karin. Die beiden wollten
immer, dass ich ihnen Geschichten erzähle. Und ich
erzählte Geschichten. Doch ich schrieb keine Bücher, nein.
Denn ich hatte schon früh beschlossen, dies nicht zu tun.
Die meisten Menschen, die nie Bücher schreiben, fassen
vermutlich keine förmlichen Beschlüsse, dies nicht zu tun.
Ich jedoch fasste so einen Beschluss. Als ich zur Schule
ging, bekam ich immer zu hören „du wirst bestimmt mal
Schriftstellerin, wenn du groß bist“. Und einmal wurde ich
sogar ein wenig spöttisch „Vimmerbys Selma Lagerlöf“ genannt. Ich glaube, das hat mir Angst gemacht. Und ich habe
Genau wie ich es mir gedacht hatte, bekam ich das Manuskript zurück. Doch während ich darauf wartete, schrieb ich
ein weiteres Buch. Denn jetzt hatte ich festgestellt, wie viel
Spaß das Schreiben macht. Es war ein Mädchenbuch mit
dem Titel Britt-Mari lättar sitt hjärta („Britt-Mari erleichtert
ihr Herz“). Dieses Buch schickte ich an den Verlag Rabén &
Sjögren, der 1944 einen Mädchenbuchwettbewerb
—9—
ausgeschrieben hatte. Und dann geschah etwas
Denkwürdiges. Ich erhielt den zweiten Preis in dem
Wettbewerb. Nie war ich wohl glücklicher als an diesem
späten Herbstabend 1944, als ich die freudige Nachricht
erhielt.
Im folgenden Jahr, 1945, veranstaltete derselbe Verlag
einen Wettbewerb zum Thema Kinderbücher. Ich schickte
das Pippi-Manuskript in etwas umgearbeiteter Form ein ...
und gewann den ersten Preis! Da war der Stein ins Rollen
gekommen. Pippi wurde ein Erfolg, obwohl es natürlich
auch Leute gab, die das Buch schockierend fanden und
Scheidungskind in Farsta zu sein. Wahrscheinlich läuft in
Farsta gerade ein Kind herum, das später einmal darüber
schreiben wird.
glaubten, dass sich in Zukunft alle Kinder so aufführen
würden wie Pippi. „Kein normales Kind isst beim Kaffeekränzchen eine ganze Torte auf“, schrieb jemand entrüstet.
Und das stimmt ja auch. Ein normales Kind hebt aber auch
kein Pferd hoch. Doch wer dazu in der Lage ist, kann vielleicht auch eine ganze Torte verdrücken.
Haargenau weiß ich selbst nur, wie es ist - oder besser
gesagt, wie es war - ein Bauernkind in Småland und ein
Kind in einer Kleinstadt zu sein. Daher spielen die meisten
meiner Bücher in diesen Umgebungen. Die Kinder von
Bullerbü, Michel von Lönneberga, Rasmus und die
Sunnanäng-Kinder wohnen auf dem Lande. Pippi Langstrumpf, Kalle Blomkvist, die Kinder aus der Krachmacherstraße und Madita dagegen leben in einer Kleinstadt.
Erst nachdem ich etwa 30 Sommer in den Stockholmer
Schären verbracht hatte, wagte ich mich an ein Buch, das
dort spielt: Ferien auf Saltkrokan.
1946 veranstaltete Rabén & Sjögren einen neuen Wettbewerb. Diesmal ging es um Detektivgeschichten für
Jugendliche. Da schrieb ich Kalle Blomkvist und bekam
dafür einen geteilten ersten Preis. Das war das letzte Mal,
dass ich an einem Wettbewerb teilnahm. Doch geschrieben
habe ich weiter. An die 40 Bücher, daneben unzählige
Bilderbücher sowie einige Theaterstücke und Lieder. Auch
mehrere Filme, Radio- und TV-Serien habe ich gemacht.
Von 1946 bis 1970 war ich Leiterin der Kinderbuchabteilung bei Rabén & Sjögren.
Und Karlsson vom Dach fliegt ja im Stockholmer Stadtteil
Vasastan umher. Diese Gegend kenne ich auch gut, denn
schließlich habe ich 60 Jahre dort gelebt.
Seit 1952 bin ich Witwe. Meine beiden Kinder sind verheiratet, mein Sohn ist jedoch im Sommer 1986 gestorben.
Ich habe sieben Enkelkinder und acht Urenkel. Ja, ja, all
dies wollen ja die meisten von mir wissen.
Doch wie sieht es mit Mio, mein Mio, den Brüdern Löwenherz und Ronja aus? Weiß ich mehr über das „Land in der
Ferne“, über Nangijala und den Mattiswald als über den
Stockholmer Vorort Farsta? Die Antwort lautet: Ja, das tue
ich. Doch woher ich das weiß, verrate ich nicht. Oft werde
ich auch gefragt, ob ich von meinen eigenen Kindern und
Enkeln beim Schreiben inspiriert werde. Und darauf kann
ich nur antworten, dass das Kind, das ich einst war, das
einzige ist, das mich inspirieren kann. Man muss gar keine
eigenen Kinder haben, um Kinderbücher schreiben zu
können. Man muss nur selbst einmal Kind gewesen sein und sich dann erinnern können, wie das ungefähr war.
Die bisherigen Fragen ließen sich relativ leicht beantworten.
Schwieriger wird es dann schon, wenn Fragen anderer Art
kommen: Was beabsichtigen Sie mit Ihren Büchern?
Welche Message wollten Sie mit der Figur der Pippi Langstrumpf rüberbringen? Wie kann man Kinder mit Hilfe von
Kinderbüchern beeinflussen und erziehen? Wie muss ein
gutes Kinderbuch sein? Und so weiter, und so weiter.
Darauf möchte ich nur antworten, dass ich überhaupt
nichts beabsichtige. Weder bei Pippi noch bei sonst einem
Buch.
Wie gesagt: Ich versuche nicht bewusst, die Kinder, die
meine Bücher lesen, zu erziehen oder zu beeinflussen.
Doch hoffe ich, mit meinen Büchern ein ganz klein wenig zu
einer menschenfreundlichen, lebensbejahenden und demokratischen Grundeinstellung der Kinder beitragen zu
können. Schließlich muss es auch Bücher geben, die nichts
anderes als reines Leseerlebnis vermitteln möchten.
„Danke, dass Sie eine düstere Kindheit erhellt haben“,
stand auf einem kleinen Zettel, den mir eine unbekannte
Frau einmal zusteckte. Das reicht mir. Wenn ich auch nur
eine einzige düstere Kindheit erhellen konnte, bin ich
zufrieden ...
Ich schreibe, um das Kind in mir selbst zu unterhalten und
hoffe, dass auf diese Weise auch andere Kinder ein wenig
Spaß haben. Ich weiß nicht, wie ein gutes Kinderbuch sein
soll. Aber warum fragt eigentlich niemand, wie ein gutes
Buch für Erwachsene aussehen soll? Ich bemühe mich,
beim Schreiben im künstlerischen Sinne „aufrichtig“ zu
sein. Das ist meine einzige Richtschnur. „Warum schreiben
Sie eigentlich nie ein Buch über ein Scheidungskind in
Farsta zum Beispiel“, hat mich mal jemand gefragt. Und
darauf kann ich nur antworten: Ich kann nur über etwas
schreiben, das ich selbst kenne. Ich weiß nicht, wie es ist,
Tipps zum Weiterlesen: Biographie für Kinder: Kerstin Ljunggren, Besuch bei Astrid Lindgren, Hamburg 1994
Mechthild Winkler Jordan, Ausgewählte Frauengestalten aus Astrid Lindgrens Kinderbüchern. In:
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/astrid-lindgren/
— 10 —
Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter
Auszüge aus dem Roman
Ronja erblickt das Licht der Welt
In der Nacht, als Ronja geboren wurde, rollte der Donner
über die Berge, ja, es war eine Gewitternacht, dass sich
selbst alle Unholde, die im Mattiswald hausten, erschrocken in ihre Höhlen und Schlupfwinkel verkrochen.
Nur die wilden Druden liebten Gewitter mehr als jedes
andere Wetter und flogen mit Geheul und Gekreisch um die
Räuberburg auf dem Mattisberg. Das störte Lovis, die dort
lag, um ein Kind zu gebären, und sie sagte zu Mattis:
„Scheuch diese Grausedruden weg, damit es hier still ist,
sonst höre ich nicht, was ich singe!“
Es war nämlich so, dass Lovis sang, als sie ihr Kind gebar.
Es gehe dann leichter, behauptete sie, und wahrscheinlich
werde das Kind auch von heiterer Natur, wenn es bei Gesang zur Welt kam.
Kapitel 1/Seite 5
Ein wenig entfernt, jenseits der Kluft, saß jemand. Jemand,
der etwa so groß war wie sie selber, und er baumelte mit
den Beinen über dem Höllenschlund.
Ronja wusste, dass sie nicht das einzige Kind auf der Welt
war. Nur auf der Mattisburg war sie es und im Mattiswald.
Aber Lovis hatte ihr gesagt, dass es anderswo viele Kinder
gab, und von zweierlei Art, solche, die zu Mattisen wurden,
wenn sie groß waren, und solche, die zu Lovisen wurden.
Ronja selbst würde eine Lovis werden. Und irgendwie
spürte sie, dass der dort drüben, der die Beine über Höllenschlund baumeln ließ, ein Mattis werden würde.
Noch hatte er sie nicht entdeckt. Ronja schaute ihn sich an,
wie er dort saß, und sie lachte leise, weil es ihn gab.
Kapitel 2/Seite 30
Ronja trifft Birk Borkasohn
Da sah er sie und lachte auch.
„Ich weiß, wer du bist“, sagte er. „Du bist die Räubertochter, die immer im Wald rumrennt. Ich hab dich da mal
gesehen.“
„Wer bist du denn?“, fragte Ronja. „Und wie um alles in der
Welt bist du hierhergekommen?“
„Ich bin Birk Borkasohn, und ich wohne hier. Wir sind heute
Nacht hier eingezogen.“
Ronja starrte ihn an.
„Wer wir?“
„Borka und Undis und ich und unsere zwölf Räuber.“
Es dauerte eine Weile, bis sie das Unerhörte begriff, das er
da gesagt hatte. Schließlich sagte sie: „Willst du etwa behaupten, dass die ganze Nordburg voller Hosenschisser
ist?“
Er lachte.
„Nein, hier gibt es nur rechtschaffene Borkaräuber. Aber da
drüben, wo du wohnst, da ist es knüppelvoll von Hosenschissern, das hat man ja immer gehört.“
So, also das hatte man immer gehört! Was für eine unglaubliche Unverschämtheit! Es begann in ihr zu kochen.
Aber es sollte noch schlimmer kommen.
„Im Übrigen“, sagte Birk, „ist das hier nicht länger eine
Nordburg. Von heute Nacht an heißt sie die Borkafeste.
Versuch dir das zu merken!“
Ronja schnappte nach Luft, so fuchsteufelswild war sie. Die
Borkafeste! Das war doch wahrhaftig, um daran zu ersticken! Was für Schurken sie waren, diese Borkaräuber!
Und dieser Lümmel, der dort saß und grinste, war einer von
ihnen!
„Potz Pestilenz!“, rief sie. „War nur, bis das Mattis zu Ohren
kommt, dann fahren alle Borkaräuber mit einem Furz zum
Donnerdrummel!“
Ronja ist nicht das einzige Kind auf der Welt
Oft hatte sie davon gehört, wie die Mattisburg in jener
Nacht zerbarst, als sie geboren wurde. Mattis wurde es nie
leid, davon zu erzählen.
„Potz Pestilenz, was für ein Mordsknall! Den hättest du
hören sollen, ach, den hast du ja gehört, du kleines neugeborenes Würmchen, das du damals warst. Einfach rums!,
und da hatten wir zwei Burgen statt einer und einen Abgrund dazwischen. Aber vergiss nie, was ich dir gesagt
habe. Hüte dich davor, in den Höllenschlund zu fallen!“
Und sich davor hüten, genau das hatte Ronja vor. Es war
das Beste, was sie tun konnte, jetzt, wo die wilden Druden
über dem Wald tobten.
Sie war schon oft beim Höllenschlund gewesen, aber noch
nie dem gefährlichen Abgrund nahe gekommen, der sich
dort jäh und ohne schützende Mauerkrone auftat. Jetzt
kroch sie auf dem Bauch bis zum Rand vor und äugte hinab
in die Tiefe. Hu, das war grausiger, als sie gedacht hatte!
Sie griff nach einem der losen Steine, die dort am Rand
lagen, und ließ ihn hinabfallen. Und als sie dann den Aufschlag tief unten hörte, schauderte ihr. Es klang so dumpf
und klaftertief, ja, dies war wirklich ein Schlund, vor dem
man sich hüten musste! Aber so besonders breit war die
Kluft, die die beiden Burghälften trennte, eigentlich nicht.
Mit einem tüchtigen Sprung müsste man wohl hinüberkommen? Doch so verrückt war wohl keiner! Nein, vielleicht
wäre es aber trotzdem gerade die richtige Art, sich wie
gewohnt zu hüten und zu üben. Wieder spähte sie in die
Kluft hinab, hu, welche Tiefe! Dann sah sie sich um, um
festzustellen, von wo aus man den Sprung am besten
wagen konnte. Und da sah sie etwas. Vor lauter Verblüffung
wäre sie fast in den Höllenschlund gefallen.
— 11 —
Wieder kam Birk ihr über die Schlucht entgegengeflogen,
und wieder setzte auch sie zum Sprung an. Zum wievielten
Mal, wusste sie nicht. Ihr war, als hätte sie nie etwas
anderes getan als über Abgründe springen, um Borkalümmeln zu entkommen.
Da sah sie, wie Birk, gerade als er aufsetzte, auf einem
Stein ausrutschte, der lose am Rande lag. Und sie hörte
seinen Aufschrei, bevor er in der Tiefe verschwand.
Danach hörte sie nur noch die Krähen. Sie schloss die
Augen und wünschte, diesen Tag hätte es nie gegeben. Sie
wünschte, diesen Birk hätte es nie gegeben! Und sie
wünschte, dass sie beide nie gesprungen wären.
Schließlich kroch sie bäuchlings bis an den Rand vor und
spähte hinab in die Schlucht. Und da sah sie Birk. Er stand
unmittelbar unter ihr auf einem Stein oder Balken oder was
es nun war, das aus der geborstenen Mauer ragte. Nur
gerade so weit, dass seine Füße dort Platz fanden, aber
auch nicht mehr. Dort stand er, den tiefen Höllenschlund
unter sich, und seine Hände suchten verzweifelt nach
einem Halt, nach irgendetwas, woran er sich festhalten
konnte, etwas, das ihn davor bewahrte, in den Abgrund zu
stürzen. Und er wusste und auch Ronja wusste es, dass er
ohne Hilfe nicht herauskommen konnte. Er würde dort
stehen müssen, bis seine Kräfte versagten, das wussten
beide, und danach würde es keinen Birk Borkasohn mehr
geben.
„Bleib da stehen!“, rief Ronja, und er antwortete mit einem
kleinen Grinsen:
„Ja, was anderes kann man hier schlecht tun!“
Aber Angst hatte er, das sah sie ihm an.
Ronja riss sich den geflochtenen Lederriemen ab, den sie
stets zu einem Knäuel zusammengerollt am Gürtel trug. Er
hatte ihr in ihrem Waldleben bei allem Klettern und Hangeln
oft gute Dienste getan. Jetzt machte sie eine große
Schlinge in das eine Ende des Riemens und knotete sich
das andere um den leib. Danach ließ sie den Riemen zu Birk
hinab, und sie sah es in seinen Augen aufleuchten, als die
Schlinge zu ihm hinuntergebaumelt kam. Ja, der Riemen
reichte gerade so weit, wie es nötig war, stellte sie fest, und
das war ein rechtes Glück für diesen Borkalümmel.
„Streif dir die Schlinge über, wenn du kannst“, sagte sie.
„Aber klettre erst los, wenn ich rufe! Nicht früher!“
Der Blitz, der in jener Nacht ihrer Geburt eingeschlagen
hatte, hatte auch einen Steinblock aus der Mauerkrone
gerissen. Nun lag dieser Brocken recht günstig nur ein
kleines Stück vom Rand der Schlucht entfernt. Ronja warf
sich dahinter platt auf den Bauch, und dann rief sie:
„Los jetzt!“
Gleich darauf spürte sie, wie sich der Riemen um ihren
Bauch schnürte. Es tat weh. Jeder Ruck am Riemen, wenn
Birk höher kletterte, ließ sie aufstöhnen.
„Das glaubst du!“, sagte Birk.
Aber Ronja dachte an Mattis, und ihr grauste. Sie hatte ihn
schon vor Wut ganz von Sinnen erlebt und wusste, wie das
war. Doch diesmal würde die Mattisburg wohl noch einmal
zerbersten, das war ihr klar. Und sie wimmerte bei dem
Gedanken daran.
„Was ist los mit dir?“, fragte Birk. „Geht’s dir nicht gut?“
Ronja antwortete nicht. Sie hatte jetzt genug, genug von
dem Lümmelgeschwätz und den Frechheiten. Jetzt musste
gehandelt werden. Bald würden die Mattisräuber heimkommen, und dann, potz Pestilenz, würde auch der letzte
kleine Hosenschisser von einem Borkaräuber schneller aus
der Mattisburg verschwinden, als er reingekommen war!
Sie stand auf und wollte gehen. Doch da sah sie, was Birk
vorhatte. Wirklich und wahrhaftig, dieser Lümmel machte
Anstalten, über den Höllenschlund zu springen! Er stand
dort ihr gegenüber auf der anderen Seite, und jetzt nahm er
einen Anlauf. Da schrie sie: „Kommst du her, dann hau ich
dir eins aufs Maul, dass dir die Nase abfliegt!“
„Haha!“, rief Birk, und mit einem Satz war er über die Kluft
hinweg. „Mach’s nach, wenn du’s kannst“, sagte er mit
einem kleinen Grinsen.
Das hätte er nicht sagen dürfen, das war zu viel. Es reichte,
dass er und seine Hosenschisser sich eine Feste in der
Mattisburg verschafft hatten, aber kein Borkaräuber sollte
hier irgendwelche Sprünge machen, die ein Mattisräuber
nicht nachmachen konnte!
Und sie tat es. Sie wusste selbst nicht recht, wie es zuging,
aber plötzlich flog sie über den Höllenschlund und landete
auf der anderen Seite.
„Du bist gar nicht so ungelenk“, sagte Birk und sprang ihr
sofort nach. Aber Ronja wartete nicht auf ihn. Mit einem
neuen Sprung flog sie zurück über die Kluft. Da konnte er
stehen und ihr nachglotzen, so viel er wollte!
„Du wolltest mir doch eins aufs Maul hauen, warum tust du
es denn nicht?“, rief Birk. „Jetzt komme ich!“
„Das seh ich“, sagte Ronja. Und er kam wirklich. Aber auch
diesmal wartete sie nicht auf ihn. Wieder sprang sie, und
springen würde sie, um ihm zu entkommen, so lange, bis ihr
der Atem ausging.
Danach sagte keiner von beiden mehr etwas. Sie sprangen
nur. Verbissen und wie besessen sprangen sie über den
Höllenschlund hin und her. Außer ihrem Keuchen war
nichts zu hören. Nur die Krähen, die auf den Zinnen hockten, krächzten ab und zu. Sonst war alles schauervoll still.
Es war, als halte die ganze Mattisburg auf ihrem Berg den
Atem an vor etwas Grauenvollem und Entsetzlichem, das
gleich geschehen würde.
Ja, gleich landen wir wohl im Höllenschlund, wir beide,
dachte Ronja. Aber dann hat dieses ewige Gehopse wenigstens ein Ende!
— 12 —
Bald breche ich wohl mittendurch wie die Mattisburg,
dachte sie und biss die Zähne zusammen, um nicht zu
schreien.
Plötzlich ließ der Druck nach, und da stand Birk und sah auf
sie hinunter. Sie war liegen geblieben, um auszuprobieren,
ob sie noch atmen konnte. Er sagte:
„Aha, hier liegst du also!“
„Ja, hier liege ich“, sagte Ronja. „Bist du jetzt fertig mit dem
Gehopse?“
„Nein, einmal muss ich noch springen. Um auf die richtige
Seite zu kommen. Ich muss ja heim in die Borkafeste, ist
doch klar!“
„Nimm aber erst meinen Lederriemen ab“, sagte Ronja und
sprang auf. „Mit dir will ich nicht länger als unbedingt nötig
zusammengebunden sein.“
Er schlüpfte aus der Schlinge.
„Nein, versteht sich“, sagte er. „Aber von jetzt an bin ich
vielleicht trotzdem an dich gebunden. Auch ohne Riemen.“
„Rutsch mir doch den Buckel runter“, schrie Ronja. „Du
mitsamt deiner Borkafeste! Scher dich zum Donnerdrummel!“
Sie ballte die Faust und schlug zu, genau auf seine Nase.
Er lächelte.
„Mach das nicht noch mal, das rat ich dir! Aber dass du mir
das Leben gerettet hast, war nett von dir. Nimm dafür
meinen Dank!“
„Scher dich zum Donnerdrummel, hab ich gesagt!“, schrie
Ronja und lief davon, ohne sich umzuschauen. Doch gerade
als sie an der Steintreppe angekommen war, die von der
Mauerkrone zur Mattisburg hinabführte, hörte sie Birk
rufen:
„Du, Räubertochter, wir sehen uns wohl mal wieder!“
Sie drehte den Kopf und sah, wie er einen Anlauf zu seinem
letzten Sprung nahm. Da schrie sie:
„Hoffentlich fällst du wieder rein, du Hosenschisser!“
Kapitel 3/Seite 33-41
hatte Mattis gesagt. Und der Weiher lag dort schwarz
zwischen dunklen Tannen, nur die Seerosen auf dem
Wasser leuchteten weiß. Ronja wusste nicht, dass es Seerosen waren, aber sie sah sie lange an und lachte leise, weil
es sie gab.
Dort am Weiher blieb sie den ganzen Tag und tat vieles,
was sie noch nie ausprobiert hatte. Sie warf Tannenzapfen
ins Wasser und lachte, als sie merkte, dass sie davonschaukelten, wenn sie nur mit den Füßen plätscherte. So
viel Spaß hatte sie noch nie gehabt! Ihre Füße fühlten sich
so froh und frei an beim Plätschern und noch froher beim
Klettern. Um den Weiher lagen große, bemooste Findlinge
zum Hinaufklettern, und dort standen Fichten und Kiefern
zum Hangeln. Ronja kletterte und hangelte, bis die Sonne
über den waldigen Bergrücken zu sinken begann. Da aß sie
das Brot und trank Milch aus der Holzflasche, die sie in
einem Lederbeutel mitgenommen hatte. Danach legte sie
sich ins Moos, um eine Weile auszuruhen, und hoch über
ihr rauschten die Bäume. Sie guckte hinauf und lachte leise,
weil es sie gab. Dann schlief sie ein.
Als sie erwachte, war es schon dunkler Abend, und sie sah
die Sterne über den Baumwipfeln glühen. Da begriff sie,
dass die Welt noch viel mehr war, als sie geglaubt hatte.
Aber es betrübte sie, dass man die Sterne nicht erreichen
konnte, wie sehr man sich auch danach streckte.
Kapitel 2/Seite 19
Ronja streunte im Wald herum, wie sie es immer tat. Dort
war es jetzt so still geworden, aber auch im Herbstwald
fühlte sie sich wohl. Das Moos auf dem Boden war feucht
und grün und weich unter ihren bloßen Füßen. Es roch so
gut nach Herbst, und die Äste glänzten vor Nässe. Oft regnete es. Aber sie saß gern zusammengekauert unter einer
dichten Fichte und hörte dem leisen Tröpfeln zu. Manchmal
schüttete es vom Himmel herab, dass der ganze Wald von
Regen rauschte, und auch das gefiel ihr. Tiere ließen sich
kaum noch blicken. Ihre Füchse hatten sich im Bau verkrochen. Nur hin und wieder sah sie in der Dämmerung
Elche vorüberstelzen und ab und zu Wildpferde zwischen
den Bäumen grasen. Sie wollte sich so gern ein Wildpferd
fangen und hatte es schon oft versucht, aber nie war es ihr
gelungen. Sie waren zu scheu und bestimmt auch schwer
zu zähmen. Dabei war es doch wirklich an der Zeit, dass sie
ein Pferd bekam. Das hatte sie auch zu Mattis gesagt.
Kapitel 5/Seite 69
Der Mattiswald
Vom Wald hatten sie gesprochen. Aber erst als sie ihn so
dunkel und verwunschen mit all seinen rauschenden
Bäumen sah, begriff sie, was Wälder waren.
Und sie lachte leise, weil es Flüsse und Wälder gab. Es war
kaum zu glauben – wahr und wahrhaftig, es gab große
Bäume und große Gewässer, und alles war voller Leben,
musste man da nicht lachen!
Sie folgte dem Pfad geradewegs hinein in den wildesten
Wald und kam zum Weiher. Weiter durfte sie nicht gehen,
— 13 —
Die Singstimmen in der Oper
Die Singstimmen und Stimmlagen werden bis auf wenige Ausnahmen nach dem Geschlecht in Frauen- und Männerstimmen
unterschieden. Die jeweiligen geschlechtsspezifischen Stimmlagen werden untereinander durch tonale Bandbreiten
unterschieden, sind aber keine festen und unüberwindbare Abgrenzungen. Zudem gibt es innerhalb einer Singstimme, z.B.
Sopran, Einordnungen hinsichtlich der Rolle, der Liedart und des Darstellungsgegenstandes des Sängers (z.B. lyrischer,
dramatischer, Koloratursopran).
Ausbildung und Training der menschlichen Stimme für einen gekonnten Gesang ist ein langwieriger und intensiver Prozess.
Deswegen ist eine Spezialisierung auf eine Singstimme notwendig, die auch von körperlichen und physischen Gegebenheiten
abhängt (z.B. Brust, Kehlkopf, Stimmbänder, Lunge).
Die weiblichen Singstimmen
Die Kombination von Stimmen
Sopran ist die hohe Frauenstimme oder Knabenstimme.
Der Tonumfang geht von „h bis f´´“. Sopran ist die
meistgesungene Frauenstimme, daher ist die
rollenspezifische Unterscheidung in lyrischen, jugendlichdramatischen, dramatischen, hochdramatischen und
Koloratursopran vielfältig.
Neben Solo-Arien von Stimmen wird der musikalische
Ausdruck erst dann besonders schön, wenn
unterschiedliche Stimmen in gemeinsamen Arien und
Auftritten dargeboten werden. Die klassische Kombination
von Sopran und Tenor findet man z.B. in Verdis „La
Traviata“, in Puccinis „La Boheme“; Sopran und Bariton in
Wagners „Der fliegende Holländer“.
Es gibt eine einzige Oper mit ausschließlich weiblichen
Stimmen (5 x Sopran, 3 x Mezzosopran, 1 x Alt): Giacomo
Puccini, „Suor Angelica“ (Schwester Angelica). Ist die
weibliche Stimme in einer Oper Protagonist, die herausragende Rolle, und ist eine Opernsängerin weltweit erfahren
und berühmt, eine Könnerin auf ihrem Gebiet, dann spricht
man von „Primadonna“ oder gar von „Primadonna
assoluta“. „Seconda donna“ ist eine weitere, die zweite
wichtige Frauenstimme und –rolle neben der Primadonna.
Bei Männern spricht man von „Primo uomo“, „Secondo
uomo“.
Mezzosopran (ital. „mezzo“ = halb) ist die mittlere
Frauenstimme zwischen Sopran und Alt. Der Umfang geht
von „g bis c´´“. Man unterscheidet lyrischen, dramatischen
und Koloratur-Mezzosopran.
Alt (lat. „altus“ = hoch) bezeichnete früher die mittlere
Tonlage von Frauen, heute ist das die tiefe Frauenstimme,
vergleichbar mit dem männlichen Bass. Der Stimmumfang
geht von „e bis a´´“.
Die männlichen Singstimmen
Koloratur
Tenor ist die hohe männliche Stimme und reicht von „a bis
d´“. Wie der Sopran bei Frauen ist der Tenor die meistgesungene Männerstimme. Tenöre kombinieren Kopf- und
Bruststimme. Man unterscheidet in Spieltenor, lyrischen
Tenor, Helden- und Charaktertenor.
Koloratur (lat. „color“ = Farbe) ist die Ausschmückung,
“Färbung” einer Stimme durch Triller, schnelle Läufe oder
Sprünge. Seit dem 17. Jahrhundert sind Koloraturarien,
insbesondere des Sopran, unverzichtbarer Bestandteil
italienischer Opern. Zu unterscheiden sind virtuose und
dramatische Koloratur. Erstere ist die individuelle Darstellung der sängerischen und stimmlichen Fähigkeiten
einer Sängerin (man gibt der Rolle und Stimme eine
persönliche und brillante „Farbe), zweitere ist der in der
Rolle und der Komposition vorgesehene Ausdruck einer
Rolle, z.B. „dem Wahnsinn verfallen“ (in Donizettis „Lucia di
Lammermoor“). In der Sopran-Stimmlage gibt es das
Stimmfach eines Koloratur-Soprans.
Bariton ist die mittlere Männerstimme und liegt zwischen
Tenor und Bass. Der Tonumfang geht von „F bis b´“.
Tendiert der Bariton hin zu Bass so spricht man Bassbariton. Es gibt lyrische, Kavalier-, Helden-, Charakterbaritone.
Bass (lat. „bassus“ = tief) ist die tiefe Männerstimme und
die tiefste Stimme einer Komposition mit dem Umfang von
„C bis g´“. Man unterscheidet Bassbuffo, Charakterbass,
seriöser Bass, Basso cantante.
Quellen/Literatur:
- Harenberg Opernführer, Harenberg Kommunikation, Dortmund 2001
- Hans Koeltzsch, Der neue Operführer, Deutscher Bücherbund, Stuttgart o.J. (~1961)
- Musiklexikon, Brockhaus Riemann, Schott/Piper Verlag, Mainz 1989
— 14 —
Figuren
Ronja
lyrischer, junger Mezzosopran
Ileana Mateescu
Birk
leichter Sopran
Tamara Weimerich
Mattis
seriöser Bass
Karl-Heinz-Lehner
Lovis
Alt
Maria Hiefinger
Borka
Tenor
Marvin Zobel
Sopran
Ashley Thouret
Undis
Glatzen-Per
Sprechrolle
Andreas Beck
Wilddrude
Sopran
Rumpelwichte
Sopran
Die Unterirdischen
Damenchor
Mattisräuber, Borkaräuber Männerchor
Klein-Klipp
Tenor
Tjegge
Bass
— 15 —
Für den Unterricht – Fantasiereise durch den Mattiswald
Diese Fantasiereise eignet sich als Einstieg in das Thema „Wir sind Räuber“. Musikalisch kann sie untermalt werden
durch die Musik zu Beginn des zweiten Teils (Sommermusik). Der Lehrer bittet seine Schüler, die Augen zu schließen
oder den Kopf auf die Armbeuge auf den Tisch vor sich zu legen und beginnt mit dem Lesen zur Musik.
Stell dir vor, du würdest durch ein großes, hölzernes Tor
treten. Vor dir liegt ein schmaler Weg, welcher in den tiefgrünen Wald führt. Du spürst unter deinen Füßen kleine
Steine und wie sie sich zwischen deinen Zehen bewegen,
während du den Pfad langsam entlang gehst. Du atmest tief
ein, genießt die frische Luft, die dir um die Nase weht und
gehst weiter. Am Ende des Weges drehst du dich um und
siehst eine riesige Burg mit hohen Mauern aus Stein. Nur
an einer Stelle klafft ein großer Spalt, der Höllenschlund,
der sich bis zum Fels unter der Burg bohrt.
ihnen entgegen, dass sie verschwinden sollen! Die Graugnome verziehen sich wieder und du hörst sie noch
murmeln: „Graugnome alle, Mensch hier, Mensch hier im
Graugnomenwald! Doch lauft, lauft alle, mutig ist er!“
Doch da siehst du ein paar Rumpelwichte, welche sich dir
neugierig nähern. „Wiesu rufst du su?“, fragen sie dich.
„Wiesu tust du su?“ Sie kommen dir näher, ihre struppigen
Haare kitzeln dich und du fühlst dich eingeengt zwischen
ihren breiten Hinterteilen, doch sehr gut aufgehoben bei
diesen netten Wesen.
Im Wald schaust du dich um, und du kannst nichts als
Bäume sehen. Starke Eichen mit saftig grünen Blättern,
Fichten und Tannen, deren Nadeln im Wind rascheln und
noch viele Baumarten, deren Namen du nicht kennst.
Schließlich verabschiedest du dich, denn du merkst, dass
sehr viel Zeit vergangen ist. Du machst dich auf den Rückweg und auf einmal fängt es fürchterlich an zu schneien.
Schön anzusehen, aber leider auch ziemlich kalt. Zum
Glück hast du deine dicken Schuhe dabei, die du dir rasch
überziehst. Der ganze Mattiswald ist plötzlich verschneit
und wunderschön weiß. Die Bäume sind vereist und von
oben fällt dir ein bisschen Schnee auf den Kopf. Ziemlich
kalt. Du frierst sehr und deine Schritte werden langsamer.
Du gehst vom Weg ab und spürst, wie die matschige Erde
sich zwischen deinen Zehen nach oben drückt. Du atmest
tief ein und riechst das Gras, die feuchte Erde, die Bäume
und die Blumen. Deine Hände legst du auf einen Baumstamm vor dir, welchen du flink erklimmst. Von dort aus
kannst du in der Ferne ein paar Wildpferde sehen, wie sie
sich spielerisch jagen und dabei über umgefallene Bäume
springen. Du kletterst den Baum hinunter und läufst zu den
Pferden und weichst dabei Ästen aus, die in deinem Weg
hängen. Du gelangst schließlich an einen kleinen See, der
so faszinierend ist, dass du die Wildpferde vergisst.
Auf dem Weg zurück zur Burg siehst du die freundlichen
Rumpelwichte, mit denen du dich unterhalten hast. Sie
kommen auf dich zu und umarmen dich und du fühlst dich
wieder ganz warm. Warm genug, um schnell zur Burg zu
eilen.
Die Rumpelwichte verkriechen sich in ihren Bau, wo es ganz
wohlig warm ist und Mutter Rumpelwicht den kleinen Rumpelwichten etwas vorsingt. Der kleinste Rumpelwicht liegt
in seiner Wiege liegen und lauscht dem Gesang der Mutter.
Am Rand des Sees siehst du große Steine, die mit Moos
bewachsen sind und auf dem See selber schwimmen weiße
Seerosen. Das Wasser ist klar und das Licht, das sich durch
die vielen Nadelbäume gekämpft hat, funkelt auf der Oberfläche. Du wagst dich vorsichtig an die Steine, denn du
möchtest keine Graugnome anlocken. Vom Boden hebst du
ein paar Fichtenzapfen auf, bevor du einen der Steine erklimmst. Vom Stein wirfst du die Fichtenzapfen weit auf
den See. Nach einer Weile kletterst du wieder hinunter,
setzt dich an den See und lässt die Beine in das kalte
Wasser baumeln. Du kannst dabei beobachten, wie die
Fichtenzapfen, die du ins Wasser geworfen hast, auf der
Oberfläche tanzen.
Dein Weg ist nicht mehr lang, aber steil und steinig. Oben
auf der Burg siehst du einen der Räuber Wache halten. Nie
würde hier ein Landsknecht hereinspazieren können. Aber
dafür ein Räuber, wie du es bist. Du schreitest den Pfad
entlang, siehst schon das Flackern des Feuers in der Steinhalle, hörst die Räuber singen und riechst das gute Essen.
Der Räuber auf der Burg ruft dir zu: „Komm schnell rein,
sonst verpasst du alles! Wir öffnen dir das Tor!“ Du betrittst
das Tor zur Burg, öffnest die Augen und befindest dich
wieder im Klassenzimmer zwischen den Räuberkumpanen.
Aber was ist das? Du kannst ein leises Gemurmel um dich
herum hören, es kommt vom Stein links von dir. Immer
mehr Gemurmel. Und immer näher. Es sind zottelige Graugnome, die dich anknabbern wollen, jetzt wo du so schön
saubere Füße hast. Doch keine Furcht! Graugnome kommen dir nicht zu nahe, wenn du mutig bist! Laut rufst du
Die im Kopf entstandenen Bilder können großformatig auf
Tapetenrollen in Gruppen gemalt werden und als Kulissen
für die Spielszenen „Wir sind Räuber“ und „Angst im
Mattiswald“ dienen.
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Für den Unterricht – Wir sind Räuber
„Rauben sollt ihr was ihr wollt, aber Menschen darfst du niemals rauben!“ (Ronja)
Die Mattisräuber und die Borkaräuber sind zwar raue aber doch eigentlich nette Gesellen. In der Literatur werden Räuber oft
verklärt dargestellt, als Symbole für den Kampf der Unterdrückten gegen eine ungerechte Obrigkeit. Der Schinderhannes und
Robin Hood sind bekannte Beispiele hierfür. Ihr Leben im Wald wird als die wahre Freiheit beschrieben und hatte wenig mit
dem wirklichen Räuberleben zu tun.
Einige Fakten:
Räuberleben wie es wirklich war
Im 17. und 18. Jahrhundert, waren Räuber meist in einer Räuberbande organisiert. Sie bestand aus einem Räuberhauptmann
und seinen Gefolgsleuten, die mit einem Schwur auf den Tod miteinander verbunden waren. Räuber wurde man nicht so
einfach. Räuberei galt als eigenes Handwerk, das man erst erlernen musste. In den Räuberbanden fanden sich viele ehemalige
Soldaten, Kriegsverletzte, Männer, die nicht für ihren Herrn in den Krieg ziehen wollte, verschuldete Bauern und Waisen.
Die Banden hatten fast nie einen festen Wohnsitz, zogen umher, um der Verhaftung zu entkommen.
Räuber und Gauner hatten eine eigene Sprache, das Rotwelsch. So konnten sie sich untereinander verständigen, ohne dass
die Landsknechte sie verstehen konnten.
Ein kleines Rotwelsch-Wörterbuch
Rotwelsch
Deutsch
Sori
Dützer
Kohldampf
fechten
kaspern
Latsche
schoren
Breitfuß
Herterich
baldowern
Bock
petzen
schnodderig
Moos
Kies
Tschor
Ware, Diebesgut
Almosenbettler
Hunger
betteln
reden
Milch
stehlen
Gans oder Ente
Messer oder Degen
etwas auskundschaften
Lust, Hunger
etwas verraten
frech, unverschämt
Geld
Kleingeld
Dieb, Räuber
Kennst du einige dieser Wörter aus unserer Umgangssprache? Markiere diese Wörter in der „Rotwelsch – Liste“
Und was bedeutet der Satz: „Er hat die Platte geputzt.“?
— 17 —
Und das erfahren wir aus dem Roman „Ronja Räubertochter“ über die Mattisräuber und die Borkaräuber
Räuber sind schmutzig. Aber das kommt halt davon, wenn man den ganzen Tag auf Raubzüge geht, im Wald auf der Lauer
liegt, ausgiebig und laut feiert oder sich um die Tiere kümmern muss. Da werden sie eben mal schmutzig. Trotzdem wird jeden
Samstag gebadet. Aber auch nur samstags!
Zumindest im Sommer, denn im Winter liegt zu viel Schnee. Der ganze Wolfsklamm ist dann zugeschneit und es gibt niemanden, den sie überfallen können. Aber das heißt nicht, dass sie sich weniger waschen. Sie baden nur nicht mehr, sie
springen einfach nackt in den Schnee und machen sich so sauber. Frieren tun sie dabei, aber dafür lassen sie ihre Haare und
Bärte wachsen, damit es nicht ganz so schlimm ist. Am Ende des Winters werden sie aber gestutzt und ordentlich gekämmt,
damit sie die Läuse, die sich im Winter dort eingenistet haben, los werden.
Wenn sie nicht schon ihre Zähne verloren haben, dann essen Räuber am liebsten Hammelbraten, Brot, Pökelfleisch, geräucherte Lammkeulen, Graupen, Rüben und Haselnüsse. Sollten die Zähne jedoch bereits ausgefallen sein, dann bleiben
ihnen immer noch Bier, Grütze (gerne zum Frühstück), Milch, Ziegenkäse und –butter, Eier, Erbsen, Honig, Blätter, Kräuter,
Hühnersuppe, Wasser, Mehl, Salzheringe und Lachs.
Für eine Räuberszene sammle aus der Beschreibung
Benehmen der Räuber
Lieblingsessen der Räuber
- mit Zähnen
- ohne Zähne
Kleidung der Räuber
Waschgewohnheiten der Räuber
Die Sammlung kann gemeinsam an der Tafel entstehen oder jedes Kind notiert sie auf dem Blatt. Die Gruppe teilt sich in zwei
Hälften und die Kinder verwandeln sich in Borkaräuber und Mattisräuber. Zur Einstimmung helfen folgende Hinweise:
Überlegt, ob es Winter oder Sommer ist, wie ihr gekleidet seid, was ihr gerade gegessen habt. Ist es Wochenbeginn, habt ihr
gerade gebadet oder tragt ihr schon seit Wochen das gleiche Hemd? Schreibt einen Steckbrief für Eure Gruppe, sucht euch
Namen aus. Erfindet für eure Räubergruppe einen Schlachtruf und einen Klatschrhythmus dazu.
z.B. „Borka wird siegen!“ „Mattis wird gewinnen!“
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Nun stellen die beiden Banden sich gegenüber auf.
Ein Kind aus jeder Bande wechselt in die andere Gruppe.
Die Räuberbanden beschimpfen sich, aber das Kind ruft immer das Gegenteil hinterher.
Dabei wird es von der eigenen Bande unterstützt.
Beispiel:
Mattisräuber:
Borkakind:
Borkaräuber sind Banditen!
Borkaräuber sind ehrliche Räuber!
Hier sind einige Beschimpfungen, die die Räuber sich an den Kopf werfen:
Feige Ratte
Hosenschisser
Otterngezücht
Untier
Morgenfurz
Streithammel
Auerochse
Strauchdieb
Schafskopf
Gesindel
Der Streit endet mit einem kräftigen gemeinsamen „Zum Donnerdrummel!“
Dann beginnt der gemeinsame Räubertanz
Zunächst proben die Kinder mit Begleitinstrument die Melodie des Räuberliedes. In einem zweiten Durchgang wird der Text
durch die Bodypercussion ersetzt, in einem dritten Durchlauf Melodie, Text und Bodypercussion zusammengefügt.
Sollte kein Begleitinstrument zur Verfügung stehen, kann der Text des Liedes auch rhythmisch gesprochen und durch die
Bodypercussion begleitet werden. Er endet mit „Hoch Mattis!“ „Hoch Borka!“
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Ein Wiegenlied für „das schönste Kind, das je in einer Räuberburg geboren“
(Mattis)
Einstieg in das Gespräch ist die Frage, wann Wiegenlieder gesungen und warum sie gesungen werden. Erinnert ihr euch an ein
Wiegenlied? Wer hat es für euch gesungen? Stell uns dein Wiegenlied vor. Wie fühlst du dich, wenn das Lied gesungen wird?
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Angst im Mattiswald
„Ich kann keinen Lachs mehr sehen!“ (Birk)
Ronja und Birk verleben einen unbeschwerten Sommer im Wald, doch als der Herbst naht und das Wetter kühler wird, wird
auch ihr Leben komplizierter und dann verschwindet auch noch ihr Messer.
Birk:
Ronja!
Ronja:
Scht!
Birk:
(geflüstert)
Ronja? Wo ist das Messer?
Ronja:
Nein! Sei still! Ah, verdammt, jetzt ist er weg! Sooo ein großer Lachs!
Birk:
Ich kann keinen Lachs mehr sehen. Seit Wochen jeden Tag Lachs!
Ronja:
Mir hängt er auch zum Hals raus. Aber wenn wir nichts anderes fangen…..
Birk:
Ja, das Messer!
Ronja:
Das Messer, das hast du!
Birk:
Nein du hast es zuletzt gehabt. Gib’s her!
Ronja:
Ich habe kein Messer! Hörst du nicht, was ich Dir sage?
Birk:
Jetzt ist es weg. Wie sollen wir nur überleben?
Ronja:
Das fragst du mich? Bald kommt der Winter………
Spielanweisung:
Aus der Gruppe finden sich je zwei Partner zusammen. Um sich auf die Szene einzustimmen, stellen sich die Partner
gegenüber. Der eine wird zum Spiegel des anderen. Person 1 gibt eine Bewegung vor, Person 2 imitiert und folgt dieser
Bewegung. Dann werden die Rollen getauscht und Person 2 gibt die Bewegung vor.
Die Partner schlüpfen in die Rollen von Birk und Ronja und erfinden einen Szenenschluss.
Jedes Paar stellt den anderen spielerisch seine Idee vor.
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Kostüme entwerfen
Hier siehst du die Kostümentwürfe von Tatjana Ivschina für Ronja und die Mattisräuber und für Birk. Du kannst nun die
Kostüme für die Borkaräuber entwerfen und zeichnen.
— 22 —
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Zur Nachbereitung der Vorstellung
Streit in der Mattisburg
„Ich habe kein Kind!“ (Mattis)
Mattis liebt seine Tochter Ronja sehr. Sie ist für ihn das schönste Kind, das je in einer Räuberhöhle geboren wurde. Aber er hat
sehr genaue Vorstellungen, wie sich Ronja zu verhalten hat und als sie sich anders entscheidet ist er sehr enttäuscht.
Wie stellt sich Mattis „seine Ronja“ vor?
Mein Kind ist
Mattis ist enttäuscht, weil
Mattis sucht Ronja im Wald, weil
Ronja ist glücklich, weil
Spielaufgabe:
Die Kinder bilden vier Gruppen, die sich in den vier Ecken des Raumes aufstellen.
Jede Gruppe stellt ein Gefühl dar:
zornig – enttäuscht – traurig – glücklich
Auf Zuruf des Lehrers wechseln die Gruppen im Uhrzeigersinn die Positionen und nehmen eine andere Gefühlshaltung ein.
Dies ermöglicht einen Einstieg in das „Wechselbad“ der Gefühle und kann Gesprächsanlass für das Thema „Mein Vater und ich
sein“.
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„Wo werde ich meine Jacke los und warum geht das Licht aus?“
Liebe LehrerInnen,
wir freuen uns, dass Sie mit Ihrer Schulklasse eine Vorstellung im Opernhaus besuchen möchten, und dass Sie sich der
verantwortungsvollen Aufgabe stellen, die Kinder bei ihrem vielleicht ersten Opernbesuch zu begleiten. Gerade Kinder, die zum
ersten Mal ins Opernhaus kommen und denen das große Haus noch nicht vertraut ist, wissen oft nicht, was sie erwartet und
dass einige Regeln zu beachten sind, die Zuschauern und Ensemble eine gelungene Vorstellung gewähr-leisten.
Wir möchten deshalb anregen, dass Sie mit der Gruppe über die Besonderheiten eines Besuchs im Opernhaus sprechen.
Manchmal ist es den Kindern nicht bewusst, dass eine Opernaufführung im Gegensatz zu Film und Fernsehen ein gemeinsames Erlebnis zwischen den Zuschauern und den Künstlern auf der Bühne ist. Große Unruhe im Zuschauerraum
beeinträchtigt dieses Erlebnis.
Ihre Oper Dortmund
Ankommen
Es ist gut, 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Opernhaus anzukommen. Jacken und Taschen kann man in den dafür
vorgesehenen Schränken einschließen, dafür braucht man ein 10 Cent Stück, das man beim Aufschließen wieder zurückbekommt.
Im Foyer
Das Foyer des Opernhauses ist geräumig und weitläufig aber kein Schulhof. Rennen, rempeln und schreien gehören hier nicht
hin. Auf einem Übersichtsplan im Foyer kann man schon einmal schauen, wo man im Zuschauerraum sitzen wird. Auf den
Eintrittskarten stehen neben Datum und Uhrzeit der Vorstellung auch Reihe und Platznummer. Die Damen und Herren des
Foyerdienstes helfen gern bei Fragen.
Im Zuschauerraum
15 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden die Türen zum Zuschauerraum geöffnet. Letzte Chance noch einmal zur Toilette zu
gehen. Spätestens beim dritten Gong sollten sich alle im Zuschauerraum einfinden. Essen und Trinken während der Vorstellung ist nicht erlaubt. Alles, was piepst, brummt, klingelt oder sonstige Geräusche von sich gibt, muss spätestens jetzt
ausgeschaltet sein. Vor Vorstellungsbeginn erlischt im Zuschauerraum das Licht – kein Grund panisch aufzuschreien. Es geht
sofort danach auf der Bühne wieder an. Dort ist jetzt unsere ganze Aufmerksamkeit. Während der Vorstellung besser nicht mit
dem Nachbarn reden, das stört die anderen Zuschauer und auch die Sänger auf der Bühne. Auch wenn das Bühnenbild noch
so schön ist – fotografieren und filmen (auch mit dem Handy und ohne Blitz) ist aus urheberrechtlichen Gründen verboten. Wir
haben besonders schöne Fotos für das Materialheft und die Website des Theaters ausgesucht. Mit Klatschen zeigt man den
Künstlern auf der Bühne und im Orchestergraben, dass einem die Vorstellung gefällt. Pfeifen gehört nicht ins Opernhaus, Fans
rufen „Bravo“. Und wenn es einem nicht gefällt, obwohl alle ihr Bestes geben, dann kann man ein Nickerchen machen und
einfach nicht klatschen.
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Die Anfahrt
Opernhaus Dortmund, Platz der Alten Synagoge (Hansastraße/ Ecke Hiltropwall) Der U-Bahnhof Stadtgarten ist zwei Stationen
vom Hauptbahnhof Dortmund entfernt. Es ver-kehren von dort aus die Linien U41 (Richtung Clarenberg), U45 (Richtung
Westfalenhallen), U47 (Richtung Aplerbeck) und U49 (Richtung Hacheney). Der Beschilderung „Theater Dotmund“ in der UBahn-Station folgen. Bei Überquerung der Hansastraße gehen Sie direkt auf den Eingang des Opernhauses zu.
Elektronische Fahrplanauskunft: www.vrr.de
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