Der Barbier von Sevilla Komische Oper von Gioacchino Rossini Spielzeit 2014/15 Die Handlung 1. Akt Graf Almaviva hat sich unsterblich in Rosina verliebt. Um auszuschließen, dass sich seine Angebetete nur wegen seines Titels in ihn verliebt, ist er unter dem Namen Lindoro nach Sevilla gereist, wo Rosina unter der strengen Vormundschaft des ältlichen Doktor Bartolo lebt. Nachdem ein erstes Ständchen unerhört verklungen ist, begegnet er Figaro, dem Barbier von Sevilla. Der Haarkünstler erklärt sich – gegen eine üppige Gratifikation – bereit, den Grafen bei seinem Vorhaben zu unterstützen, und rät ihm, sich in Verkleidung Zutritt zu Bartolos Haus zu verschaffen. Im Hause Doktor Bartolos wird Rosina von ihrem Vormund eifersüchtig überwacht. Längst hat dieser – ihre Mitgift im Blick – beschlossen, sein Mündel selbst zu ehelichen. Steigbügelhalter seiner sinistren Ränkespiele ist der windige Musiklehrer Don Basilio, dessen Spezialität Intrigen und Verleumdungen sind. Frühzeitig warnt der Intrigant den Doktor, dass dessen Rivale um Rosinas Gunst, Graf Almaviva, in der Stadt sei und die Zeit daher dränge. Während die beiden bereits über Bartolos Ehevertrag mit Rosina sinnieren, gelingt es Figaro unbemerkt mit dem Mädchen zu sprechen. Dabei muss der Barbier verblüfft feststellen, dass „Lindoros“ Werben nicht nur auf fruchtbaren Boden gefallen, sondern auch das erwünschte Briefchen bereits geschrieben ist. Nur wenig später erscheint Lindoro als betrunkener Soldat verkleidet und fordert mittels eines Einquartierungsschreibens Einlass. Zwar können die Liebenden Briefchen austauschen, doch zu ihrem Leidwesen kann Doktor Bartolo ein amtliches Schreiben vorweisen, wonach er von Einquartierungen befreit ist. Nicht einmal dem alarmierten Figaro gelingt es, den daraufhin ausbrechenden Streit zwischen den Kontrahenten zu schlichten. Als die herbeigerufene Polizei den betrunkenen Ruhestörer verhaften will, lässt dieser seine Beziehungen spielen. In allgemeiner Verwirrung endet der erste Akt. 2 Konstantinos Klironomos (Graf Almaviva) und Peter Kubik (Figaro) 3 4 Peter Kubik (Figaro) und Neele Kramer (Rosina). 2. Akt Don Bartolo ist beunruhigt. Was haben die vormittäglichen Ereignisse zu bedeuten? Wiederum klopft es. Wiederum steht Graf Almaviva vor der Tür – diesmal jedoch in der Verkleidung eines Schülers von Don Basilio. Unter der Behauptung, dass dieser erkrankt sei, solle er Rosina Gesangsunterricht geben. Doch Bartolo ist misstrauisch und wittert ein Täuschungsmanöver. Erst als der verkleidete Graf dem Hausherrn Rosinas Brief ausliefert, schöpft dieser Vertrauen und holt das Mädchen zur Musikstunde. Etwas später gesellt sich auch Figaro dazu. Mit List gelingt es ihm, den Schlüssel zum Balkon in seinen Besitz zu bringen, als plötzlich der krank geglaubte Basilio im Zimmer steht. Dank einer diskreten finanziellen Zuwendung ist es zwar möglich, ihn abzuwimmeln, doch Bartolo lässt sich nicht so leicht einseifen: Er enttarnt den falschen Musiklehrer und wirft diesen mit Figaro hinaus. So schnell wie möglich will Bartolo seine Hochzeit unter Dach und Fach bringen! Während er Basilio nach dem Notar schickt, nutzt er das in seine Hände gespielte Briefchen zu einer Verleumdung: Er macht Rosina glauben, ihr Geliebter betrüge sie. Tief enttäuscht stimmt Rosina der Ehe mit Bartolo zu und offenbart ihm ihre für Mitternacht geplante Flucht. Alarmiert eilt Bartolo zur Polizei, um die Einbrecher auf frischer Tat verhaften zu lassen. Tatsächlich steigen Graf und Figaro während eines Gewitters über den Balkon ein. Der Graf gibt sich zu erkennen und schnell ist Bartolos Intrige aufgeklärt. Als der Doktor endlich zurückkehrt, ist der Ehevertrag zwischen Rosina und dem Grafen Almaviva bereits unterzeichnet ... Georg Blüml Ihre Auszeit im TfN! Viel um die Ohren? Entspannen Sie sich mit dem TfN · Musiktheater! 6 Musiktheater-Vorstellungen im Abonnement ab 45 €! www.tfn-online.de/abos/ 5 Gedanken zu Rossinis „Barbier“ Mit leichter Hand goss der damals vierundzwanzigjährige Gioacchino Rossini eine Überfülle an Melodien über die agierenden Figuren und pointierte die komischen Momente der Handlung mit spritzigen musikalischen Einfällen. Dabei scheint das Absurde, die Selbstironie der pulsgebende Motor jenes spätklassischen Swings zu sein, der Rossinis Musik champagnerhaft perlen lässt. So wurde gerade sein Barbier zum Ideal der Commedia per musica – der Komödie durch die Musik. Anders als Beaumarchais’ Komödie zweiter Teil, die von Mozart vertonte „Hochzeit des Figaro“, die vor dem revolutionsschwangeren Hintergrund eines abgewirtschafteten Ancien Régime mit politischem Sprengstoff zündelt, bleibt deren Vorläufer unschuldige Liebeskomödie. Garniert mit temporeichen Szenen und schnellen Wechseln zwischen Dialog und heimlich geflüsterten A parts. Die Personen der Handlung sind dabei den ewig gültigen Typen der commedia dell’arte entschlüpft und es ist der gewitzte Figaro, der die notwendigen kupplerischen Dienste leistet, so dass die Liebenden zusammenkommen können und der Dottore das Nachsehen hat. Charaktere, in deren Teilaspekten sich letztlich ein jeder irgendwie wiederfinden kann, sofern er mit Rossini die Gabe teilt, über sich selbst lachen zu können. Ewig wie ihre Leidenschaften, ihre Schwächen und Stärken sind auch die Begehrlichkeiten der Handelnden, selbst der Nebenfiguren: „Geld hat magische Gewalt“ heißt es bereits im Chor der stückbeginnenden Introduktion. Und damit ist der Schlüsselbegriff des Dramas frühzeitig und unmissverständlich ausgesprochen, bleibt doch die Antriebskraft dieses Schmiermittels unserer Gesellschaft solange unerschöpflich, wie nur genügend davon vorhanden! Geld ist die Energiequelle für Figaros Geistesblitze, die geldwerte Mitgift Rosinas der Grund für Bartolos Heiratsgelüste und des Grafen Geldspritze ist die „Pille“, mit der Basilio gefügig gemacht wird. Bestechlichkeit im Amt darf hinter dem Einquartierungsschreiben vermutet werden, mit dem sich der Graf Zutritt zu Rosina verschaffen will und die Aussicht auf Schmiergeld wird auch Polizist und Notar bewegen, ihre Bedenken beiseite zu wischen. Unbestechlich und treu bleiben nur die wahrhaftig Liebenden. Im Barbier sind dies Rosina und Marcellina, womöglich des Grafen Diener Fiorello. Ein ewiges Thema also – zum Heulen traurig, wenn’s nicht so komisch wäre ... Georg Blüml 6 Peter Frank (Bartolo) und Neele Kramer (Rosina) 7 8 Levente György (Basilio) und Peter Frank (Bartolo). „Der Barbier von Sevilla ist eine ausgezeichnete Oper; ich habe sie mit Vergnügen gelesen und mich darüber gefreut. Solange es italienische Opernhäuser gibt, wird man sie spielen. In der komischen Oper kann niemand euch Italienern gleichkommen. Eure Sprache und die Lebhaftigkeit eures Temperamentes bestimmen euch hierzu.“ (Ludwig van Beethoven im Gespräch mit Gioacchino Rossini) „Ich muss gestehen, dass ich Il Barbiere di Siviglia mit seinem Überfluss an Ideen, seinem heiteren Schwung und seiner Ehrlichkeit der Deklamation für die herrlichste opera buffa halte, die es gibt.“ (Giuseppe Verdi in einem Brief an den französischen Musikkritiker Camille Bellaigue) „Sagen Sie Ihrem Freund Wagner in meinem Namen Dank für die Zusendung seiner Nibelungen, allein er sollte die Musik an den Nagel hängen, er hat mehr Genie zum Dichter! Ich, Schopenhauer, bleibe Rossini und Mozart treu.“ (Arthur Schopenhauer in einem Brief an einen Freund) „Wie ist Rossini, dieser ungemein begabte Melodiker, zum überlegenen und meisterlichen Musiker geworden? Durch das unablässige Studium der Vorbilder aller Zeiten, durch die Beschäftigung zumal mit Haydn und Mozart, für die er Zeit seines Lebens eine große Verehrung hegte, verwuchs dieses Genie organisch mit der wertvollen Tradition und erwarb sich jenes Gefühl für das Schöne, jenes Wissen um die Form, um die großen Linien und den architektonischen Bau, aus dem die unsterblichen Werke wachsen.“ (Der französische Komponist Ambroise Thomas in seiner Gedenkrede am Grabe Rossinis) „Gleich Mozart, gleich Rossini: nur die überreichen Quellen springen und tanzen.“ (Friedrich Nietzsche, aus den nachgelassenen Fragmenten) 9 Rossini im Gespräch mit Richard Wagner „… ich hatte eine leichte Hand und viel Instinkt. Da ich keine tiefe musikalische Bildung besaß, so habe ich das wenige, das ich wusste, aus deutschen Partituren gelernt. Ein Musikliebhaber in Bologna besaß einige davon: „Die Schöpfung“, „Die Hochzeit des Figaro“, „Die Zauberflöte“… Er lieh sie mir, und da ich mit fünfzehn Jahren nicht die Möglichkeit hatte, mir die Werke aus Deutschland gedruckt kommen zu lassen, so kopierte ich sie selbst mit Heißhunger. Meist habe ich erst die Singstimme allein geschrieben, ohne mir die Orchesterbegleitung anzusehen. Dann komponierte ich auf einem losen Blatt selbst nach meinem Geschmack eine Begleitung, die ich drauf mit der von Haydn oder Mozart verglich. Schließlich vervollständigte ich meine Kopie, indem ich die Original­ begleitung abschrieb. Mit Hilfe dieses Arbeitssystems habe ich viel mehr gelernt als in allen Unterrichtsstunden des Bologneser Konservatoriums. Allerdings habe ich immer mehr Begabung für die komische Oper besessen; ich behandle viel lieber komische Stoffe als ernste. Aber ich durfte meine Libretti nicht selbst wählen, sondern sie wurden mir von einem Impresario aufgezwungen. Wie oft habe ich da nur einen Teil des Szenariums erhalten, immer nur einen Akt, zu dem ich die Musik schreiben musste, ohne die Fortsetzung oder den Schluss des Stoffes zu kennen! Man bedenke: ich musste den Lebensunterhalt für mich, meine Mutter und meine Großmutter verdienen! Von Stadt zu Stadt wandernd wie ein Nomade, schrieb ich drei, vier Opern im Jahr. Und glauben sie mir, selbst mit dem Geld, das ich mir damit verdiente, konnte ich keineswegs als großer Herr leben. Ich habe für den Barbier 1200 Francs ein für allemal bekommen und außerdem noch einen braunen Rock mit Goldknöpfen, den mir mein Impresario schenkte, damit ich anständig im Orchester auftreten konnte. Dieser Rock hatte vielleicht einen Wert von 100 Francs, im Ganzen erhielt ich also 1300 Francs. Ich habe nur dreizehn Tage für die Niederschrift der Partitur dieses Werkes gebraucht, und so rechnete ich mir aus, dass ich 100 Francs für den Tag erhalten hätte. Sie sehen, dass ich trotzdem eine ziemlich hohe Gage bezog. Ich war auch darauf stolz, denn mein Vater verdiente nur zweieinhalb Francs am Tag, als er Posaunenbläser in Pesaro war.“ (1860) 10 Konstantinos Klironomos (Graf Almaviva) und Neele Kramer (Rosina) 11 Der Barbier von Sevilla Komische Oper von Gioacchino Rossini Libretto von Cesare Sterbini nach der Komödie „La Barbier de Séville ou La Précaution inutile“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais Deutsche Fassung von Günther Rennert, eingerichtet von Georg Blüml am 20. Februar 1816 in Rom Premiere am 16. Mai 2015 in Hildesheim Aufführungsdauer ca. 2 Stunden 45 Minuten, inklusive einer Pause Aufführungsrechte Ricordi, Mailand Uraufführung Jens Troester Georg Blüml Bühne und Kostüme Hannes Neumaier Chor Achim Falkenhausen Dramaturgie Ivo Zöllner Musikalische Leitung Inszenierung Jens Troester 12 Georg Blüml Hannes Neumaier Neele Kramer Graf Almaviva Konstantinos Klironomos Dr. Bartolo, Arzt Peter Frank/Uwe Tobias Hieronimi Rosina, sein Mündel Neele Kramer Figaro, Barbier Peter Kubik Basilio, Musiklehrer Levente György Marcellina, Haushälterin Franziska Blaß/Constanze Meijer Fiorello, Almavivas Diener Jan Kristof Schliep Ein Polizist Jan Kristof Schliep Ein Notar Daniel Chopov Herren des Opernchores des TfN Orchester des TfN Konstantinos Klironomos Peter Kubik Peter Frank Uwe Tobias Hieronimi 13 Regieassistenz/Abendspielleitung Natascha Flindt Ausstattungsassistenz Elisabeth Benning Musikalische Studienleitung Leif Klinkhardt Musikalische Assistenz Daniel Stratievsky, Kathryn Bolitho Inspizienz Konstanze Wussow Soufflage Marina Brandenburger Impressum TfN · Theater für Niedersachsen Theaterstr. 6, 31141 Hildesheim www.tfn-online.de Spielzeit 2014/15 Intendant Jörg Gade Prokuristen Claudia Hampe, Werner Seitzer Redaktion Ivo Zöllner Probenfotos Andreas Hartmann Porträtfotos T.Behind-Photographics, Andreas Hartmann, privat, photo-ed Texte Originalbeiträge von Georg Blüml (Handlung und Gedanken zu Rossinis „Barbier“); Komische Oper Berlin (Hg.), Programmheft „Der Barbier von Sevilla“, Spielzeit 2001/2002 (Rossini im Gespräch mit Richard Wagner, Zitate) Gestaltung ProSell! Werbeagentur GmbH, Hannover Layout Jolanta Bienia Druck Gerstenberg Druck & Direktwerbung GmbH Levente György 14 Franziska Blaß Constanze Meijer Jan Kristof Schliep Technik/Werkstätten Technische Direktion Guido aus dem Siepen*, Ringo Günther Ausstattungsleitung Hannes Neumaier* Technische Leitung Produktion Andrea Radisch* Bühnentechnik Eckart Büttner*, Jenny Nobbe, Christoph Bormann Beleuchtung Lothar Neumann*, Reinhold Bernhards, Karlheinz Kranz, Mario Potratzki, Lars Neumann Ton Thomas Bohnsack-Pätsch*, Attila Bazso, Dirk Kolbe Maske Carmen Bartsch-Klute*, Martina Bruns, Ludmilla Nothdurft, Julia Rüggeberg Requisite Silvia Meier*, Eva Hertel Schneidereien Annette Reineking-Plaumann*, Egon Voppichler*, Wiebke Fichte Werkstättenleitung Werner Marschler* Tischlerei Johannes Niepel* Malsaal Thomas Mache* Schlosserei Joachim Stief* Dekoration Danja Eggers-Husarek, Anita Quade *Abteilungsleiter/-in Gefördert durch: Partner: Sponsoren: Freunde des Theater für Niedersachsen e. V. 15 „Ja, Ja, Ja, Ja, Ja, ...“