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3. Vom Wasserstoffatom zum Periodensystem der
Elemente
Im vorangegangenen Kapitel haben wir uns mit den grundlegenden Konzepten der
Quantenmechanik auseinandergesetzt. Ein weiteres Ziel dieser Vorlesung ist es, mit
Hilfe der Theorie aus den Kapiteln 1 und 2 ein Grundverständnis vom Aufbau der
Materie und vor allem die den Ingenieur interessierenden Eigenschaften
verschiedener Stoffe wie Leitfähigkeit oder optische Eigenschaften zu gewinnen. Die
in diesem Kapitel am Beispiel des Wasserstoffatoms gewonnenen Einsichten führen
uns zur Systematik des Periodensystems der Elemente (PSE).
3.1. Quantenmechanische Probleme in drei Dimensionen
3.1.1. Schrödingergleichung in drei Dimensionen
Die einführenden Kapitel haben sich der Einfachheit halber meistens auf eine
Dimension beschränkt. Für relevante physikalische Situationen muss man dagegen
oft dreidimensional rechnen. Es ergeben sich dadurch keine prinzipiell neuen
Phänomene, die mathematische Beschreibung wird aber deutlich aufwändiger. Die
Schrödingergleichung ändert sich von
3.1-1
=2 ∂ 2
ψ ( x ) + V ( x )ψ ( x ) = Wψ ( x )
−
2m ∂x 2
im Eindimensionalen zu
−
G
G
∂2
∂2  G
=2  ∂ 2
+
+
ψ (r ) + V (r )ψ (r ) = Wψ (r )
 2
2
2 
∂y
∂z 
2m  ∂x
2
=∇ =∆
3.1-2
in drei Dimensionen. Normalerweise erschwert die Dreidimensionalität die Lösung
der Schrödingergleichung erheblich, in einigen Fällen kann man aber die
dreidimensionalen Probleme wieder geschickt aufspalten. Wir betrachten hierzu ein
Potential der Form
G
3.1-3
V (r ) = f ( x ) + g ( y ) + h( z ) ,
es besteht also aus einer additiven Überlagerung von drei Komponenten, die nur von
einer kartesischen Koordinate abhängen (in der Folge farblich gekennzeichnet).
Wenn man nun den Ansatz für die Wellenfunktion
G
ψ (r ) = u( x )v ( y )w ( z )
3.1-4
- 56 -
in die dreidimensionale Schrödingergleichung 3.1-2 einsetzt, erhält man folgenden
Ausdruck:
−

=2  ∂ 2
∂2
∂2
+
+
+ f ( x ) + g ( y ) + h( z )  u( x )v ( y )w ( z ) = W u( x )v ( y )w ( z )
 2
2
2
∂y
∂z
2m  ∂x

3.1-5
Löst man die Klammer auf und teilt durch u( x )v ( y )w ( z ) erhält man
C
A
B
2
2
2
2
2
2
=
1 ∂ u( x )
=
1 ∂ v (y )
1 ∂ w (z)
=
−
+ f (x) −
+ g(y ) −
+ h( z )
2m u( x ) ∂x 2
2m v ( y ) ∂y 2
2m w ( z ) ∂z 2
3.1-6
= W ( = W x + W y + Wz ) .
Wir sehen, dass die Terme auf der linken Seite alle nur von einer Variable abhängen,
Die rechte Seite ist sogar konstant. Nun verändern wir den x-Wert. Nur die von x
abhängigen Terme (A) werden davon beeinflusst. Wenn sich der gesamte Ausdruck
(A) aber mit x ändert, müsste diese Änderung von den Termen (B) oder (C)
kompensiert werden, damit die rechte Seite der Gleichung konstant bleibt. Da (B)
und (C) jedoch gar nicht von x abhängen, ist das unmöglich. Als Folgerung bleibt,
dass die einzelnen Teile (A) zwar in sehr komplizierter Weise von x abhängig sein
können, in der Summe aber immer konstant sind. Gleiches gilt für die anderen
beiden Koordinaten. Damit kann man Gleichung 3.1-6 in drei unabhängige
Gleichungen zerlegen:
=2 ∂ 2
u( x ) + f ( x )u( x ) = Wx u( x )
2m ∂x 2
=2 ∂ 2
−
v ( y ) + g ( y )v ( y ) = Wy v ( y )
2m ∂y 2
3.1-7
=2 ∂ 2
w ( z ) + h( z )w ( z ) = Wzw ( z )
2m ∂z 2
3.1-9
−
−
3.1-8
Diese drei Gleichungen beschreiben wieder jeweils ein eindimensionales
quantenmechanisches System, können somit mit unserem vorhandenen
Handwerkszeug gelöst werden. Die Energieeigenwerte des Gesamtsystems erhält
man dann durch Addition der Lösungen der eindimensionalen Probleme
( WGesamt = Wx + Wy + Wz ), die Wellenfunktionen in drei Dimensionen durch
Multiplikation der Einzelwellenfunktionen (Gleichung 3.1-4).
- 57 -
3.1.2. Beispiel Quantenpunkt
Das Vorgehen im letzten Unterabschnitt soll anhand eines Beispiels verdeutlicht
werden, das erstens analytisch zu lösen ist und zudem eine zentrale Rolle in der
Opto- und Nanoelektronik-Forschung spielt. Als Quantenpunkte bezeichnet man
Systeme, die in allen drei Raumdimensionen sehr kleine Ausdehnungen (einige
Nanometer) haben. Die reproduzierbare Herstellung von nanometergroßen
Quantenpunkten stellt hierbei eine anspruchsvolle technologische Aufgabe dar
(Abbildung 3.1-1) (siehe z.B. auf der Homepage des Dortmunder StartupUnternehmens Nanosemiconductor http://www.nanosemiconductor.com/).
Abbildung 3.1-1:
Elektronenmikroskopische Aufnahme
sogenannter Quantenpunkte (Quelle:
Infineon).
Abbildung 3.1-2: Herstellung von Quantenpunkten (Quelle:
J. Reithmaier, Uni Würzburg)
Was haben nun diese winzigen Objekte mit unserem Problem zu tun? In erster
Näherung kann sich ein Elektron im Quantenpunkt frei bewegen, ihn aber nicht
verlassen. Diese Situation entspricht einem Potentialkasten in drei Dimensionen mit
unendlich hohen Wänden. In Kapitel 2 erhielten wir die Wellenfunktionen für den Fall
des eindimensionalen unendlichen Potentialtopfs:
3.1-10
 nxπ x 
 ,mit nx = 1,2,3,..
 L 
ψ nx = An sin 
Als Energieeigenwerte haben wir
Wnx =
3.1-11
=2π 2 2
nx
2mL2
berechnet. Damit erhält man für das dreidimensionale Problem:
- 58 -
ψn
 n x π x   n y π y   nz π z 
=
(
,
,
)
sin
x
y
z
A
 sin 
nx ,ny ,nz
 sin 


x ,ny ,nz
 L   L   L 
3.1-12
Und
Wnx ,ny ,nz = Wnx + Wny + Wnz
3.1-13
Abbildung 3.1-3 zeigt das Schema der untersten Energieniveaus für einen solch
idealisierten Quantenpunkt mit unendlich hohen Wänden. Die Niveaus werden durch
die drei Quantenzahlen nx , ny und nz bezeichnet. Man erkennt, dass für viele
Energieniveaus mehrere verschiedene Wellenfunktionen existieren. Einen solchen
Energieeigenzustand, für den es mehr als eine Realisierungsmöglichkeit gibt, nennt
man entartet.
W (W0)
( 2 +2 +2 )W
2
2
2
0
12
11
9
6
3
(nx =ny =nz =2)
= 12W0 (nicht entartet)
( 3 +1 +1 )W = (1 +3 +1 )W = (1 +1 +3 )W
0 = 11W0 (dreifach entartet)
(nx =3;ny =nz =1);(nx =1; ny =3; nz =1);(nx =1; ny =1; nz =3)
2
2
2
2
2
2
0
2
2
2
0
( 2 +2 +1 )W = ( 2 +1 +2 )W = (1 +2 +2 )W
0 = 9W0 (dreifach entartet)
(nx =ny =2;nz =1);(nx =2; ny =1; nz =2);(nx =1; ny =2; nz =2)
2
2
2
2
2
2
0
2
2
2
0
( 2 +1 +1 )W = (1 +2 +1 ) = (1 +1 +2 ) = 6W
2
2
2
2
2
2
2
2
2
0 (dreifach entartet)
(nx =2; ny =nz =1);(nx =1; ny =2; nz =1);(nx =1; ny =1; nz =2)
0
(1 +1 +1 ) W
2
2
2
0
= 3W0 (nx =ny =nz =1) (nicht entartet)
0
Abbildung 3.1-3: Schema der niedrigsten Energieniveaus eines dreidimensionalen Quantenpunkts.
Die meisten Zustände sind entartet, das heißt durch mehr als eine Kombination von Quantenzahlen
erreichbar. Da jede Kombination von Quantenzahlen eine Eigenfunktion des Problems repräsentiert,
ist das gleichbedeutend mit mehreren Eigenfunktionen zu einem Energieeigenwert.
3.1.3. Die Sache mit dem Spin
Im Jahr 1922 zeigten Stern und Gerlach mit genialem experimentellen Geschick,
dass die bisherige Beschreibung des Elektrons nicht komplett war. Sie ließen
Silberatome durch ein inhomogenes Magnetfeld fliegen (siehe Abbildung 3.1-5).
Nach dem Durchgang durch dieses spaltete sich der Atomstrahl in zwei Teilstrahlen
auf. Erklärbar ist dies durch die im inhomogenen magnetischen Feld auftretenden
Kräfte der Form
- 59 -
G
G
G
3.1-14
F = − pm ⋅ ∇B ,
wobei pm das magnetische Dipolmoment bezeichnet. Das magnetische Dipolmoment
kann mit dem Drehmoment eines geladenen Teilchens auf einer Kreisbahn oder der
Eigendrehung eines ausgedehnten, geladenen Objekts in Verbindung gebracht
werden (siehe Abbildung 3.1-4). Auf dem Schirm hinter dem inhomogenen
Magnetfeld erkennt man im Stern-Gerlach-Versuch zwei diskrete Linien. Daraus
können zwei Schlüsse gezogen werden. Erstens besitzen die Silberatome ein
Gesamt-Drehmoment, also ein von Null verschiedenes magnetisches Dipolmoment.
Man kann jedoch zeigen, dass es sich bei dem Drehmoment nur um ein
Eigendrehmoment des äußersten Elektrons handeln kann. Dieses Eigendrehmoment
wird als Spin bezeichnet. Veranschaulichen kann man sich diesen Spin als die
Drehung eines kugelförmigen Körpers (z.B. ein Fußball) um seine Achse, wobei man
sich der Grenzen dieser Analogie bewusst sein muss (trotz extrem hochauflösender
Streuexperimente konnte dem Elektron noch keine Ausdehnung nachgewiesen
werden).
Die zweite Folgerung bezieht sich auf die diskreten Linien, die im Experiment
beobachtet werden. Zunächst könnte man annehmen, dass der Spin des Elektrons
gleich verteilt über alle Raumrichtungen auftritt. Dann müsste aber auch die
Ablenkung in Richtung des Gradienten des Magnetfelds kontinuierlich Verlaufen
(keine Ablenkung für senkrecht auf dem Gradienten stehendes Dipolmoment,
maximale für parallele Ausrichtung). Die diskreten Linien zeigen jedoch, dass nur
zwei verschiedene Einstellungen des Spins bezüglich der z-Achse möglich sind. Für
das Elektron bezeichnet man die beiden Spineinstellungen mit +1/2 und -1/2, das
rührt davon her, dass die Komponenten des Spins in Magnetfeldrichtung die Werte
3.1-15
1
sz = ± =
2
annehmen können, also antiparallel zueinander stehen. Quantenmechanisch findet
man für alle Drehimpulse, also auch für die Bahndrehimpulse, nur diskrete Werte.
Die Bahndrehimpulse können jedoch nur ganzzahlige Vielfache von = annehmen,
der Spin auch halbzahlige.
- 60 -
G
ω
G
L
pos.
Ladung
R
neg. Ladung
Abbildung 3.1-4: Visualisierung von magnetischen Dipolmomenten – sowohl ein geladenes Teilchen
auf einer Kreisbahn als auch eine gleichmäßig geladene, rotierende Kugel erzeugen ein magnetisches
Dipolmoment. Das Dipolmoment zeigt in Richtung des Drehimpuls und hängt proportional von diesem
ab. Im ersten Fall bezeichnet es Bahndrehimpuls, im zweiten Fall als Eigendrehimpuls oder Spin.
Abbildung 3.1-5: Stern-Gerlach-Versuch – ein ausgerichteter Strahl von Silberatomen fliegt durch ein
inhomogenes Magnetfeld. Atome mit einem von Null verschiedenen Dipolmoment werden von der
geraden Bahn abgelenkt. Das Dipolmoment nimmt allerdings nicht alle möglichen Orientierungen zum
Magnetfeld ein, sonst ergäbe sich eine gleichmäßige Verteilung der Atome (classical prediction). Man
findet stattdessen zwei getrennte Punkte, die auf zwei antiparallele Orientierungen des Dipolmoments
hinweisen. Weitere Überlegungen ergeben, dass das Valenzelektron Träger des Dipolmoments sein
muss. Diese Eigenschaft wurde Spin genannt.
Die Richtung und Größe des Spins bezeichnet die Spinquantenzahl s , mit ihr ist die
Beschreibung des quantenmechanischen Zustands des Elektrons komplett. Da der
Spin in der Schrödingergleichung nicht enthalten ist, kann dies berücksichtigt
werden, indem man die Wellenfunktion des Elektrons als zweidimensionalen
Spaltenvektor, dem so genannten Spinor, darstellt.
- 61 -
G
 ψ 1 (r , t ) 
G


ψ (r , t ) →  2 G 
ψ − 1 (r , t )
 2

3.1-16
Zur vollständigen Beschreibung eines elektronischen Zustands, zum Beispiel in
einem Quantenpunkt, brauchen wir also vier Quantenzahlen nx, ny, nz und s.
3.1.4. Pauli-Prinzip und Entartung
Wie eben erwähnt können Elektronen die beiden Werte -1/2 und +1/2 für den Spin
aufweisen. Teilchen, die halbzahlige Werte für den Spin zeigen, nennt man
Fermionen. Außer den Elektronen gehören auch Protonen und Neutronen zu dieser
Gruppe. Hat ein Teilchen einen ganzzahligen Spin (z. B. +1, 0, -1), so gehört es zur
Gruppe der Bosonen, wie zum Beispiel das Photon. Die Zugehörigkeit zu einer
dieser beiden Gruppen hat für Vielteilchensysteme dramatische Folgen. Für
Fermionen gilt nämlich das Pauli-Prinzip, das besagt, dass sich Fermionen in
mindestens einer Quantenzahl unterscheiden müssen. Dieser nur durch eine
relativistische Betrachtung der Quantenmechanik zu verstehende Sachverhalt
müsste eigentlich noch als weiteres Postulat eingeführt werden.
Für Systeme mit mehreren Elektronen hat das Pauli-Prinzip weit reichende
Konsequenzen. Es verbietet nämlich zwei Elektronen, denselben Zustand
einzunehmen. Nimmt man außerdem an, dass jedes Mehrelektronensystem im
Grundzustand minimale Gesamtenergie aufweist, ergeben sich so die Regeln zur
Behandlung dieser Systeme. Wir berechnen die möglichen Energieniveaus,
bestimmen die Anzahl der vorhandenen Elektronen im System und füllen dann die
Energieniveaus von „unten nach oben“1 auf. Neben unseren Quantentöpfen gilt
dieses Prinzip auch für Atome und Moleküle und ebenso, wenn sich diese zu einem
Festkörper zusammenschließen. Das Pauli-Prinzip wird speziell bei der Behandlung
von Elektronen im Kristall in den Kapiteln 4 und 5 noch eine wichtige Rolle spielen.
3.2.
Das Wasserstoffatom
3.2.1. Die Wellenfunktionen
Genau wie für die abstrakten Potentialtöpfe des letzten Kaptitels muss man für das
Wasserstoffatom zunächst die passende Schrödingergleichung aufstellen und diese
dann lösen. Im einfachsten Fall besteht unser System aus zwei Teilchen, einem
Proton und einem Elektron.
1
Später wird sich zeigen, dass sich die Elektronen bei endlichen Temperaturen nicht nur in den
niedrigstmöglichen Zuständen befinden.
- 62 -
Abbildung 3.2-1 zeigt die Situation.
y
Elektron
me
Proton
Abbildung 3.2-1: Das Wasserstoffatom besteht aus
einem Proton (roter Kreis, Masse mK) und einem
Elektron (blauer Kreis, Masse me). Bei exakter
Behandlung des Problems hängt die Lösung von
G
G
den Ortsvektoren r und r der beiden Teilchen ab.
r
mK
re
e
rK
z
K
Nimmt man den schweren Kern als ortsfest an oder
separiert Schwerpunktsbewegung und
Relativbewegung, so reicht es aus, den Abstand r
zwischen beiden Komponenten zu betrachten.
x
Das Aufstellen der Gleichung ist noch einfach, wir erhalten:
−
G G
G G
G G
=2
=2
e2 1 G G
∆ eψ (re , rK ) −
∆ Kψ (re , rK ) −
ψ (re , rK ) = Wψ (re , rK )
2me
2mK
4πεε 0 r
3.2-1
V(r)
Die ersten beiden Terme bezeichnen die kinetische Energie des Elektrons
beziehungsweise des Kerns. Da beide Teilchen die Elementarladung e tragen, wird
für das Potential ein Coulombpotential angesetzt, das nur vom Abstand vom Elektron
zum Kern abhängt.
Da der Kern viel schwerer ist als das Elektron (mK=1837me), kann man die
langsamen Bewegungen des Kerns gegenüber der schnellen Elektronenbewegung
vernachlässigen. Diesen Vorgehen wird Born-Oppenheimer-Näherung genannt und
ist besonders für Systeme aus drei oder mehr Teilchen geeignet, die ohne
Näherungen analytisch unlösbar sind. Unser Problem reduziert sich so in eine
Bewegungsgleichung des Elektrons in dem Potential des ortsfesten Protons, dessen
Aufenthaltsort wir in den Ursprung des Koordinatensystems legen (Abbildung 3.2-2).
- 63 -
y
Elektron
0
Potential
-20
Proton
z
-40
-60
-80
10
x
5
0
-5
y
Abbildung 3.2-2: In der Born-OppenheimerNäherung wird die langsame Bewegung des
schweren Kerns vernachlässigt. Als Ursprung des
Koordinatensystems kann der Aufenthaltsort des
Kerns gewählt werden.
-10
-10
0
-5
5
10
x
Abbildung 3.2-3: Darstellung des Potentials in
zwei Dimensionen. Der Kern sitzt im Ursprung,
so dass das Coulomb-Potential
Rotationssymmetrie um diesen besitzt.
Mit diesen Näherungen vereinfacht sich die Gleichung 3.2-1 zu einer
Schrödingergleichung für ein Elektron im zentralsymmetrischen Coulombpotential:
3.2-2
G
G
e0 2 1 G
=2
−
∆ψ ( r ) −
ψ ( r ) = Wψ ( r )
2me
4πεε 0 r
V (r )
Der erste Schritt zur Lösung dieser Gleichung besteht in der Wahl eines passenden
Koordinatensystems. Da es sich um ein zentralsymmetrisches Potential handelt, das
also nur vom Radius abhängt, stellen wie bei zentralsymmetrischen Problemen in der
Elektrodynamik die Kugelkoordinaten (r, θ, φ) eine gute Wahl dar. Eine kleine
Erinnerung zum Thema Kugelkoordinaten enthält die Abbildung 3.2-4:
- 64 -
Abbildung 3.2-4: Der Punkt P in Kugelkoordinaten.
Die Umrechnung der Koordinaten erfolgt gemäß:
x1 = r sinθ cos ϕ
x2 = r sinθ sin ϕ
x3 = r cosθ
bzw.
r = x12 + x2 2 + x3 2
θ = arc cot
x3
x + x22
2
1
x1

für y ≥ 0
 arccos 2
2
+
x
x

1
2
ϕ=
x
1
2π − arccos
für y < 0
2
2

+
x
x
1
2

Nach einigen mühsamen Umformungen erhalten wir für den Laplace-Operator in
kartesischen Koordinaten
∂2
∂2
∂2
∆=
+
+
∂x12 ∂x2 2 ∂x3 2

∂2
∂2
∂2 
+
+
 bzw.

∂x 2 ∂y 2 ∂z 2 

3.2-3
den Ausdruck in Kugelkoordinaten:
∆=
1 ∂2
1 1 ∂ 
1 ∂2 
∂ 
r
sin
+
θ
+

.
r ∂r 2
r 2  sinθ ∂θ 
∂θ  sin2 θ ∂φ 2 
3.2-4
Damit können wir die Schrödinger-Gleichung 3.2-2 zu folgendem Ausdruck
umschreiben:
1 ∂2
1
(rψ ) + 2
2
r ∂r
r
 1 ∂ 
∂ψ

 sinθ
∂θ
 sinθ ∂θ 
e2 1 
1 ∂ 2ψ 
2m 

= − 2 W +
ψ
+
2
2 
= 
4πε r 
 sin θ ∂φ 
3.2-5
Auf den ersten Blick scheinen wir mit den durchgeführten Umformungen nicht viel
erreicht zu haben, die Gleichung sieht auch in Kugelkoordinaten nicht sonderlich
erquicklich aus. Wir können allerdings jetzt eine Lösung mit einem Separationsansatz
suchen. Das heißt, dass wir unsere Wellenfunktion als die Produktwellenfunktion
zweier Komponenten ansetzen, die erste hängt nur vom Radius, die zweite nur von
den Winkelkoordinaten ab:
ψ (r ,θ ,φ ) = f (r )Y (θ ,φ )
3.2-6
- 65 -
Es ergeben sich nun genau wie beim dreidimensionalen Quantenpunkt wieder
verschiedene Zustände mit bestimmten Energieeigenwerte und Quantenzahlen und
es tritt auch wieder Entartung auf.
Die mathematische Ableitung der genauen Wellenfunktionen ist im Anhang I
dargestellt.
Die Eigenzustände ψ n,l ,m,s (r ,θ ,φ ) lassen sich nach den verschiedenen Quantenzahlen
n,l,m klassifizieren. Für die erlaubten Quantenzahlen gelten die folgenden
Einschränkungen:
n = 1,2,3,… (Hauptquantenzahl)
l = 0,1,2, …n-1 (Nebenquantenzahl, Drehimpulsquantenzahl)
m = -l,-l+1,..0,..l (Magnetquantenzahl)
s = -½,½
Die Energieeigenwerte hängen hierbei nur von der Hauptquantenzahl ab:
Wn = −
W
1
e4m
= − Ryd
2
2
2
2= (4πε 0 ) n
n2
3.2-7
.
Hierbei ist die Rydbergkonstante WRyd = 13.6 eV.
Alle Zustände sind wiederum entartet. Für die ersten beiden Hauptquantenzahlen
ergeben sich z.B. die folgenden Möglichkeiten für die Wahl der anderen
Quantenzahlen.
Hauptquantenzahl Drehimpulsquanten- Magnetquantenzahl Spinquantenzahl
n
zahl l
m
s
1
0
0
-½
½
2
0
0
-½
½
1
-1
-½
½
1
0
-½
½
1
1
-½
½
- 66 -
3.2.2. Interpretation der Ergebnisse
In Abbildung 3.2-5 findet man die ersten Energieniveaus in einen Schnitt durch das
Coulombpotential aufgetragen.
Abbildung 3.2-5: In Übereinstimmung mit dem
Bohrschen Atommodell findet man für das
zentralsymmetrische Potential des
Wasserstoffatoms quantisierte Energiewerte.
Abbildung 3.2-6: Das optische Spektrum des
Wasserstoffatoms kann durch die diskreten
Energieniveaus erklärt werden. Beim Übergang
von einem Zustand Wn1 auf einen
niederenergetischen Wn2 wird ein Photon der
Frequenz f2→1 = (Wn 2 − Wn1 ) / h ausgesendet
werden.
Die räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Wasserstoffatom ergibt
sich als Absolutquadrat der Wellenfunktion |ψ(r,θ,φ)|2, die von den Parametern n, l
und m abhängt.
Höhere Drehimpulsquantenzahlen bedeuten eine größere
Abweichung von einer kugelsymmetrischen Elektronenverteilung. Die Abbildung
3.2-7 illustriert einige Wellenfunktionen.
- 67 -
s-Orbital
d-Orbitale
p-Orbitale
Abbildung 3.2-7: Schema einiger Orbitale(s-Orbital: l=0, p-Orbital: l=1, d-Orbital: l=2)
Bei der Bezeichnung der Wellenfunktionen oder Orbitale haben sich kleine
Buchstaben
anstelle
der
Drehimpulsquantenzahl
eingebürgert.
Der
Hauptquantenzahl wird in der Bezeichnung des Zustands der Buchstabe
entsprechend der Drehimpulsquantenzahl nachgestellt, ein 2p Zustand hat also n=2
und l=1. Auch die Magnetquantenzahl wird meistens durch Buchstaben angegeben.
So werden die in Abbildung 3.2-7 dargestellten p-Orbitale meistens entsprechend
ihrer Ausrichtung entlang einzelner Koordinatenachsen als px,py und pz-Orbitale
bezeichnet.
Im Energiediagramm in Abbildung 3.2-8 sind die untersten Energieniveaus des
Wasserstoffatoms aufgetragen.
Im realen Wasserstoffatom ist bei genauem Hinschauen die Entartung der
Energieniveaus aufgehoben. Dieses rührt von Prozessen her, die wir in unserer
vereinfachten Darstellung für das Wasserstoffatom vernachlässigt haben. So
müssen zum Beispiel relativistische Korrekturen durchgeführt werden, die sowohl
von der Hauptquantenzahl, als auch von der Drehimpulsquantenzahl abhängen. Im
Energieschema des Wasserstoffs fällt des Weiteren die Spin-Bahn-Kopplung, eine
Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld, das durch die Bahnbewegung des
Elektrons erzeugt wird und dem Spin, ins Gewicht. Weitere Effekte wie die Kopplung
des magnetischen Moments des Kerns mit Bahnmoment und Spin sind ebenfalls nur
mit speziellen Vorrichtungen messbar.
- 68 -
W
Abbildung 3.2-8: Die untersten
Energieniveaus des Wasserstoffatoms.
-WI
- 69 -
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