SIRT - am Klinikum Augsburg

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Was bedeutet SIRT?
SIRT ist die Abkürzung für „Selektive Interne Radio-Therapie“. Dies ist
eine relativ neue Behandlungsform von Lebertumoren. Sie kommt dann
in Betracht, wenn eine Chemotherapie nicht mehr wirksam ist und
andere lokale Therapieoptionen (z.B. operative Entfernung, lokale
Chemotherapie, Radiofrequenzablation usw.) aus bestimmten Gründen
ausscheiden.
Wie ist das Prinzip der SIRT?
Die SIRT ist eine nuklearmedizinische
Behandlung, deren Wirkung durch das
Einbringen von winzigen, radioaktiv
markierten Kügelchen („Mikrosphären“,
Produktname: SIR-Spheres®) in das
Tumorgewebe der Leber vermittelt
wird. Mehrere Millionen dieser kleinen
Kügelchen werden über einen kleinen
Katheter, der nach Punktion einer
Leistenarterie in die Leberarterie
vorgeschoben
wird,
im
Tumor
deponiert.
Die einzelnen Mikrosphären haben einen
Durchmesser von ca. 35 µm (etwa halb
so dick wie ein menschliches Haar). Die
Partikel werden über den Katheter
langsam eingespritzt und bleiben dann
quasi in den kleinen Tumorgefäßen
stecken.
Die Kügelchen sind mit dem
radioaktiven Element Yttrium-90
beladen, welches über mehrere
Tage hinweg eine Strahlung mit
maximal
11
Millimeter
Reichweite aussendet und so
das umgebende Tumorgewebe
deutlich schädigt. Bereits im Jahr
1987 wurde in Australien diese
Art radioaktiv markierter Partikel
entwickelt. In Europa ist die
Behandlungsform seit 2003 als
Medizinprodukt
mit
CEZertifizierung zum Gebrauch
zugelassen. Bisher wurden mehrere tausend Patienten mit diesem
Verfahren behandelt.
Was ist der Unterschied zwischen
herkömmlichen Strahlentherapie?
der
SIRT
und
einer
Mit Strahlung können Krebszellen sehr wirksam zerstört werden. Eine
Strahlentherapie wird deshalb vielfach bei der Behandlung bösartiger
Tumore eingesetzt. Jedoch gilt es zu berücksichtigen, dass normales
Körpergewebe auch empfindlich mitreagieren, bzw. Schaden nehmen
kann. Nachdem die Leber ein eher strahlenempfindliches Organ ist,
werden bösartige Tumore in der Leber nicht regelhaft von außen
bestrahlt.
Die SIRT erlaubt eine zielgenauere Tumorbehandlung, wobei man sich
die „doppelte“ Blutversorgung der Leber zunutze macht: Das normale
Lebergewebe wird vorwiegend durch nährstoffreiches Blut aus der
Pfortader versorgt, das gefäßreiche Tumorgewebe in der Leber
hingegen durch arterielles (sauerstoffreiches) Blut aus der Leberarterie.
Da die Leberarterie mit dem Katheter gezielt sondiert wird, reichern sich
die radioaktiven Mikrosphären bevorzugt im Tumor an. Die Strahlung,
die von den Mikrosphären ausgeht, schädigt und zerstört damit in erster
Linie das (umgebende) Tumorgewebe bei weitgehender Schonung des
normalen Lebergewebes.
Für die Behandlung welcher Krebsarten eignet sich die SIRT?
Behandlungserfolge der SIRT sind insbesondere für folgende Krebsarten
in der Leber belegt:
• Hepatozelluläres Karzinom (Leberzellkrebs), CCC (Gallengangskrebs)
• Lebermetastasen beim Mammakarzinom (Brustkrebs)
• Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom (Dickdarmkrebs)
• Lebermetastasen bei neuroendokrinen Tumoren
Neben diesen Tumoren liegen auch bei einer Reihe weiterer Krebsarten
vielversprechende Ergebnisse vor.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine SIRT
durchgeführt werden kann?
Eine SIRT kommt nur dann in Frage, wenn andere lokale oder
systemische Therapien nicht mehr möglich sind oder keinen
Behandlungseffekt mehr zeigen. Neben der systemischen Chemotherapie sind damit die operative Entfernung des Lebertumors bzw. der
Lebermetastasen, die Radiofrequenzablation (-Verkochung) und die
lokale Chemotherapie gemeint.
Auch sollte sich die Tumorerkrankung auf die Leber beschränken, d.h.
es sollten keine oder nur wenig aktive Metastasen außerhalb der Leber
vorhanden sein (da diese von der SIRT nicht erreicht werden). Im
Einzelfall sind Ausnahmen möglich. Zudem muss eine ausreichende
Leberfunktion vorhanden sein, was anhand der Laborwerte überprüft
werden kann.
Die Empfehlung, eine SIRT durchzuführen, wird im sogenannten
tumorboard erarbeitet, einem Gremium onkologisch versierter Ärzte aus
den Fachgebieten Nuklearmedizin, interventionelle Radiologie, Chirurgie,
Onkologie und Gastroenterologie.
Wie stellt man fest, ob die SIRT sinnvoll und möglich ist?
Anhand vorab zuzustellender Unterlagen wird geprüft, ob die wichtigsten
Einschlusskriterien für eine SIRT erfüllt sind. Hierzu bitten wir um
Zusendung folgender Informationen:
1.
2.
3.
4.
5.
Krebsart (z.B. Pathologiebericht, Arztbriefe)
Zusammenstellung der bisher erfolgten Behandlungen (möglichst
exakte Aufstellung der durchgeführten Chemotherapien mit den
entsprechenden Behandlungszeiträumen und den Behandlungsergebnisssen)
Aktuelle Computertomographie und/oder Magnetresonanztomographie (Bilddaten auf CD/DVD inkl. Befundkopie).
Aktuelle Laborwerte (v.a. Leberprofil, Blutbild, Nierenwerte & TSH)
Wünschenswert ist darüber hinaus eine Begründung des
betreuenden Arztes, warum eine SIRT gewünscht wird.
Bei der Beschaffung dieser Unterlagen ist in der Regel der Hausarzt
oder der behandelnde Facharzt behilflich (Anmeldeformular für den Arzt:
s.u.).
Vorbereitung der Behandlung
Eine SIRT ist dann angebracht, wenn sichergestellt ist, dass andere
Therapieverfahren (s.o.) nicht mehr in Betracht kommen. Darüber hinaus
gelten folgende Voraussetzungen:
• ausreichende Leberfunktion • kein oder nur geringer Nachweis eines Aszites (von Bauchwasser) • keine vorherige Bestrahlung der Leber von außen
• kein zu erwartendes, erhöhtes Komplikationsrisiko • kein Nachweis eines Aktivitätsabstroms in andere Organe
• die SIRT muss technisch durchführbar sein • kein Nachweis von Metastasen außerhalb der Leber (im Einzelfall
kann hiervon abgewichen werden).
Stellt sich nach Sichtung der Unterlagen heraus, dass die SIRT eine
erfolgversprechende Option ist, sind weitere Untersuchungen nötig:
Während eines in der Regel zwei- bis dreitägigen stationären
Aufenthalts wird die Gefäßversorgung der Leber mittels einer
Angiographie sichtbar gemacht. Dies geschieht durch das Einführen
eines kleinen Katheters über die Leistenarterie, der dann bis in die
Leberregion vorgeschoben wird. Gefäße, die von der Leber weg zu
anderen Organen führen und damit für die SIRT ein Problem darstellen,
können so erkannt und ggf. verschlossen werden. Zudem wird im
Rahmen dieser Untersuchung die eigentliche Therapie durch Einspritzen
eines radioaktiven Stoffes mit ähnlichen Eigenschaften wie die
therapeutischen Mikrosphären simuliert. Diese Substanz enthält jedoch
keine schädigende Strahlung. Es können somit die Verteilung der
eigentlichen Therapiesubstanz im Vorfeld abgeschätzt und eine
Kurzschlussverbindung in die Lunge ausgeschlossen werden. Dies wird
mit einer sogenannten Verteilungsszintigraphie überprüft.
Wie erfolgt die eigentliche Therapie?
Wenn sich in der Vordiagnostik keine Kontraindikationen für die
Durchführung der Therapie ergeben, erfolgt die eigentliche Behandlung
während eines erneuten stationären Aufenthaltes auf unserer
nuklearmedizinischen Therapiestation. Die Kollegen aus der interventionellen Radiologie führen zur Vorbereitung der Behandlung erneut
eine Gefäßdarstellung der Leber durch und verschließen je nach
Erfordernis kleine Gefäßäste, um mit einem hohen Maß an Sicherheit
einen Abstrom der Therapiesubstanz in andere Organe auszuschließen.
Dann verabreicht der Nuklearmediziner über den liegenden Katheter
langsam und portionsweise die Therapiesubstanz unter Prüfung der
jeweiligen
Flussverhältnisse
durch
den
Kollegen
aus
der
interventionellen Radiologie.
Nach der Verabreichung der Mikrosphären wird der Katheter entfernt; im
Anschluss sollte der Patient mehrere Stunden Bettruhe einhalten, um
eventuellen Nachblutungen aus der Leiste vorzubeugen. Nach der
Therapie wird die Verteilung der radioaktiven Substanz mit einer
speziellen Aufnahme (Yttrium-PET) dokumentiert.
Dokumentation der Verteilung der Therapiesubstanz:
„Zucker“ (FDG)-PET (links) und Yttrium-PET (rechts): Die stoffwechselaktiven Tumorherde, sichtbar in der Zucker-PET (links) als
Anreicherungen in der Leber (in gelb), reichern auch deutlich die
Therapiesubstanz an.
Zur Vermeidung eventueller Nebenwirkungen werden bei der SIRT
Begleitmedikamente wie Cortison, Magenschutzmittel, Schmerzmittel
oder auch Antibiotika verabreicht.
Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland ist nach der
Therapie ein mindestens 2-tägiger stationärer Aufenthalt auf einer
nuklearmedizinischen Therapiestation vorgeschrieben. Eine ambulante
Durchführung dieser Therapie ist aufgrund der Gesetzeslage nicht
möglich. Die Entlassung erfolgt in Abhängigkeit vom körperlichen
Zustand in der Regel 3-4 Tage nach der Therapie. Zu diesem Zeitpunkt
haben sich die unten genannten möglichen akuten Nebenwirkungen
meist wieder rückgebildet.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Meist wird die Behandlung gut vertragen. Bei einigen Patienten treten
allerdings kurzzeitig (manchmal bereits während der Behandlung)
Oberbauchschmerzen, Übelkeit und Fieber auf, die sich aber in der
Regel gut medikamentös behandeln lassen und meist binnen weniger
Tage abgeklungen sind. Häufig bestehen nach der Behandlung noch im
weiteren Verlauf mit 2-3 Wochen Verzögerung über einige Zeit Müdigkeit
und verringerter Appetit.
Sehr selten können schwerwiegendere Nebenwirkungen auftreten, z.B.
wenn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Mikrosphären in andere Organe
(z.B. den Magen, die Bauchspeicheldrüse, die Lunge) abfließen sollten.
Auch kann in seltenen Fällen die Strahlenexposition des normalen
Lebergewebes zu einer zeitweiligen oder bleibenden Verschlechterung
der Leberfunktion (Strahlenhepatitis) führen. Dieser Effekt ist in der
Regel erst ca. 2 Monate nach der Therapie zu beobachten.
Welche Erfolge sind zu erwarten?
Die Behandlung dient dazu, das Tumorwachstum einzudämmen und
dadurch eine Lebensverlängerung und eine Verbesserung der
Lebensqualität zu erzielen. Eine vollständige, dauerhafte Heilung ist
nicht zu erwarten. Im Einzelfall kann durch die SIRT aber eine so starke
Abnahme des Tumorvolumens erzielt werden, dass die restlichen
Tumorzellen operativ entfernt oder durch andere lokale Verfahren
behandelt werden können.
Bildgebung vor und nach der SIRT-Behandlung:
CT (links) und FDG-PET (rechts): Nach der Behandlung zeigt sich eine
gering rückläufige Größe (CT) und ein deutlich reduzierter Tumorstoffwechsel (PET) im behandelten Lebertumor (siehe Pfeil).
Wie geht es nach der Therapie weiter?
Nach der Behandlung sollte eine regelmäßige Nachsorge durch den
betreuenden Facharzt erfolgen. Dieser ist der erste Ansprechpartner für
Fragen zum weiteren Vorgehen. Die Nachsorge wird unsererseits durch
regelmäßige klinische, bildgebende (PET/CT, MRT) und Laborkontrollen
begleitet.
Wer übernimmt die Kosten für die Behandlung?
Die SIRT ist eine aufwendige und teure Behandlung, bei der in einzelnen
Zentren, so auch im Klinikum Augsburg, die Kosten von den
Krankenkassen übernommen werden.
Wie erfolgt die Anmeldung zu einer SIRT?
Zunächst prüfen wir, ob die Voraussetzungen für eine Behandlung erfüllt
sind (siehe oben). Senden Sie dafür bitte die entsprechenden Unterlagen
mit Überweisungsschein an die Klinik für Nuklearmedizin zu Händen
Herrn Dr. M. Kreißl oder Frau Dr. V. Blodow bzw. an das Institut für
klinische und interventionelle Radiologie Herrn PD Dr. Kröncke.
Nuklearmedizin:
Fax: 0821/400-3309 (Anmeldung)
Tel: 0821/400-2068 (Anmeldung)
-2051 (Ltd. OA Dr. Michael Kreißl)
Radiologie (Chefsekretariat PD Dr. Kröncke):
Fax: 0821/400-3312
Tel: 0821/400-2441
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