der vetter aus dingsda - Theater für Niedersachsen

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Der Vetter
aus
Dingsda
Operette von Eduard Künneke
Spielzeit 2014/15
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Martina Nawrath (Julia).
Handlung
Die verwaiste Julia de Weert ist ein Wertobjekt, denn mit ihrer bevorstehenden
Volljährigkeit kann sie über eine große Erbschaft frei verfügen. Ihre beiden
Vormünder sind deshalb auf das Eifrigste bemüht, sich diesen dicken Fisch an
Land zu ziehen. Der eine, Josef Kuhbrot, genannt Josse, lässt es sich mit seiner Frau,
Wilhelmine im Hause de Weert bei Speis’ und Trank bereits gut gehen. Damit er das
bequeme Nest nicht verlassen muss, zitiert er schleunigst seinen (ihm unbekannten)
Neffen August Kuhbrot herbei der Julia ehelichen soll. Der andere Vormund, Landrat
von Wildenhagen, führt mit seinem Sprössling Egon das gleiche im Schilde.
Um Kuhbrot matt zu setzen und Julias Dank zu ernten, hat der Landrat die junge Frau
vorzeitig für mündig erklären lassen. Julia jedoch ist für jegliche Art von Heirats­anträgen ganz und gar unempfänglich. Sie liebt ihren Vetter Roderich, der vor sieben
Jahren nach „Dingsda“, nach Batavia in Indonesien, ausgewandert ist. Allabendlich
hält sie traute Zwiesprache mit ihrer Jugendliebe, wobei sie den Mond als eine Art
Nachrichtensatelliten benutzt.
Aus Freude und Übermut über ihre frisch attestierte Volljährigkeit bereiten
Julia und ihre Freundin Hannchen einem des Weges kommenden Wandergesellen
einen märchenhaften Empfang. Sie gaukeln ihm vor, er sei in einem Zauberpalast
gelandet, in dem ihm alle Wünsche erfüllt werden – vom Tischlein-deck-dich
bis zum weichen Himmelbett.
Der Fremde (es ist August Kuhbrot incognito) verliebt sich in Julia, erfährt
von ihrem Jugendschwarm Roderich und gibt sich kurz entschlossen als
dieser aus. Julia glaubt es und ist selig. Onkel Josse hingegen grollt, denn er
weiß ja nicht, dass der vermeintliche Rivale sein Neffe August selber ist.
Auch die von Wildenhagens geben sich nicht geschlagen. Telegrafische Rückfragen
in „Dingsda“ ergeben, dass der Fremde unmöglich Roderich sein kann. August
gibt seinen Schwindel zu und will weiterziehen, ohne sich zu erkennen zu geben.
Inzwischen taucht ein zweiter Fremder auf, dieses Mal der echte Roderich.
Er hat Julia längst vergessen und verliebt sich in Hannchen. Als die Wahrheit
herauskommt, glaubt Hannchen ihren Traummann bereits verloren, da Julia
die älteren Rechte an diesem „Vetter aus Dingsda“ besitzt. Durch eine erneut
inszenierte Verwechslung begreift Julia, dass ihre Liebe zu Roderich ein
Jugendtraum war, der ausgeträumt ist. Sie entscheidet sich für August, und
Hannchen darf Roderich behalten. Onkel Kuhbrot ist mit diesem Ausgang
natürlich höchst zufrieden. Und Egon – für ihn bleibt schließlich noch Batavia.
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Die Operette
als moralische Anstalt?
Julia träumt von Romeo. Das war noch nie anders. Und auch hier ist das so. In diesem
Fall heißt Romeo nicht Romeo, sondern Roderich. Jeden Abend, bevor Julia sich zur
Nacht bettet, singt sie den Mond an. Eben gerade noch hat Julia ihr „Lied an
den Mond“ gesungen, als sich der Mann ihrer Träume, fleischgeworden, durch
das Dickicht des de Weertschen Parks bricht und mitten in die keusche HöhereTochter-Idylle platzt. Zwar ist er nur ein „armer Wandergesell“, aber Julias Traum
Roderich sieht er ähnlich. Und deshalb verwechselt Julia denn auch prompt
den schönen Traum mit der viel schöneren Wirklichkeit: „Der oder keiner!“, fühlt sie;
aber denkt: „Roderich oder keiner!“
Im VETTER AUS DINGSDA geht es um Erwartungen, die zerstört werden müssen.
Denn Julia würde ihrem Kindertraum die Treue halten und den „armen Wander­gesell“ um ein Haar verstoßen, bloß weil er nicht Roderich heißt, käme nicht im
letzten Augenblick eben jener „Verlobte“ und würde diesen Kindertraum (Julia war
zehn Jahre alt, als Roderich nach Batavia ging) selbst zerstören; denn natürlich hat er
sich in jenen sieben Jahren so stark verändert, dass er mit Julias Wunschtraum
überhaupt nicht mehr identisch sein kann. Dass eine Operette Träume zerstört,
und nicht – wie sonst so oft – bestätigt, ist das Außergewöhnliche am VETTER AUS
DINGSDA. Diese Operette zeigt, dass die Realität – manchmal – viel schöner sein
kann als der Traum.
Romeo und Julia sind bekanntlich im Alter von 17 Jahren gestorben. Für solch
unermessliche und absolute Liebe ist eben kein Platz auf diesem Planeten. Auch
Tristan und Isolde musste das erkennen. Wer hingegen älter werden möchte als 17
und wer volljährig werden will (so wie Julia de Weert), der muss wohl oder übel
seine Ideale der Realität anpassen, weil es umgekehrt nicht geht. Diese oft so bittere
Erkenntnis (die in die Tat umzusetzen viel leichter gesagt als getan ist) ist die Moral
von Künnekes Operette DER VETTER AUS DINGSDA. Eine moralische Operette?
Etwas Komischeres kann es doch gar nicht geben. Und außerdem: Man sollte die
Operette getrost ernst nehmen, denn dadurch wird sie erst komisch. Weil Eduard
Künneke (1885 – 1953) um dieses Paradoxon wusste, war er einer der besten
Operettenkomponisten überhaupt.
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Neele Kramer (Hannchen) und Martina Nawrath (Julia)
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Peter Kubik (Zweiter Fremder) und Neele Kramer (Hannchen).
Martina Nawrath (Julia) und Dirk Konnerth (Erster Fremder)
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Zeitumstände
Die Uraufführung des VETTER AUS DINGSDA fand rund zweieinhalb Jahre
nach dem Ende des Ersten Weltkrieges statt – damals, als die Inflation einsetzte, die
reaktionären Strömungen sich verstärkten und das Elend der arbeitenden Massen
immer mehr zunahm. Für ausländische Währungen musste man schon zehn bis
fünfzehn Mal soviel wie früher zahlen, und die Besitzer etwa von holländischen
Gulden wurden beneidet und begannen mit dem vielbeschriebenen Ausverkauf
Deutschlands.
In dieser heiklen Situation wurde den Berlinern diese Operette gezeigt, die in
einer holländischen Stadt spielt – nur neunzig Kilometer südöstlich von dem
Ort, in dem der kurz zuvor geflohene Kaiser Wilhelm II. (1859 – 1941) im
Exil lebte – und in der ein sorgloses, von Kolonialwaren überquellendes Leben
vorgeführt wird. Vor diesem Hintergrund (das Leben einer reichen holländischen
Familie auf Kosten der Kolonien, das Aufwachsen einer höheren Bürgerstochter
in Weltfremdheit und Lebensunerfahrenheit) spielt Künnekes Operette.
Der Komponist entwickelte eine besondere Fähigkeit, zwischen den rhythmischtänzerischen Partien, etwa dem Batavia-Foxtrott („Sieben Jahre lebt’ ich
in Batavia“) einerseits und lyrisch-sentimentalen („Ich bin nur ein armer
Wandergesell“) andererseits geschickt die Waage zu halten. Darüber hinaus
verdankte Künneke den Riesenerfolg des VETTER AUS DINGSDA vor allem
seiner Spezialbegabung, Altes und Neues zu verbinden. So gelang es ihm viel
stärker als etwa seinen Zeitgenossen Lehár und Kálmán, die deutsche Form
der Operette aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zu entrümpeln.
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oben: Neele Kramer (Hannchen) und Martina Nawrath (Julia)
unten: Jan Kristof Schliep (Egon)
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Die Griechen, die so gut wussten,
was ein Freund ist,
haben die Verwandten
mit einem Ausdruck bezeichnet,
welcher der Superlativ
des „Freund“ ist.
Dies bleibt mir unerklärlich.
Friedrich Nietzsche
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Uwe Tobias Hieronimi (Josef Kuhbrot) und Carin Schenk-Schmidt (Wimpel)
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Der Vetter
aus Dingsda
Musik von Eduard Künneke
Text von Hermann Haller und Rideamus
15. April 1921
Premiere 6. Dezember 2014 im Großen Haus, Hildesheim
Aufführungsdauer 2 Stunden 20 Minuten, inklusive einer Pause
Aufführungsrechte DREIKLANG-DREIMASKEN Bühnen- und Musikverlag
GmbH vertreten durch G. Ricordi & Co. Bühnen- und Musikverlag GmbH, Berlin
Uraufführung
Leif Klinkhardt
Inszenierung Renate Rochell
Ausstattung Manfred Kaderk
Dramaturgie Christof Wahlefeld
Musikalische Leitung
Leif Klinkhardt
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Renate Rochell
Manfred Kaderk
Martina Nawrath
Julia de Weert Martina Nawrath
Hannchen, ihre Freundin Neele Kramer
Josef Kuhbrot, ihr Onkel Uwe Tobias Hieronimi
Wilhelmine (Wimpel) Kuhbrot, seine Frau Carin Schenk-Schmidt
Egon von Wildenhagen Jan Kristof Schliep
Erster Fremder Dirk Konnerth
Zweiter Fremder Peter Kubik
Hans, Diener Manuel Oswald
Karl, Diener Axel Wolloscheck
Statisterie des TfN
Orchester des TfN
Wir danken der Firma Bahlsen für die Keksspende für Josef Kuhbrot!
Neele Kramer
Uwe Tobias Hieronimi
Carin Schenk-Schmidt
Dirk Konnerth
Jan Kristof Schliep
Peter Kubik
Manuel Oswald
Axel Wolloscheck
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Regieassistenz und Abendspielleitung Natascha Flindt
Ausstattungsassistenz Elisabeth Benning
Musikalische Studienleitung Leif Klinkhardt
Musikalische Assistenz Kathryn Bolitho, Daniel Stratievsky
Inspizienz Konstanze Wussow
Soufflage Marina Brandenburger
Leitung Statisterie Joanna Sosna
Impressum
TfN ∙ Theater für Niedersachsen
Theaterstraße 6
31141 Hildesheim
www.tfn-online.de
Spielzeit 2014/15
Intendant Jörg Gade
Prokuristen Claudia Hampe, Werner Seitzer
Redaktion Christof Wahlefeld
Probenfotos Andreas Hartmann
Porträtfotos T. Behind-Photo­graphics, Felix Heidrich, privat
Literaturgrundlagen für die Textbeiträge Gleede Edmund „Die Operette und
die Moral“. Programmheft Der Vetter aus Dingsda Staatstheater am
Gärtnerplatz Spielzeit 2001/2002, Künneke Evelyn. Sing, Evelyn, sing – Revue
eines Lebens. Hamburg. 1982, Archiv des Mykenae-Verlags, Darmstadt
Gestaltung ProSell! Werbeagentur GmbH, Hannover
Layout Jolanta Bienia
Druck Gerstenberg Druck & Direktwerbung GmbH
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Technik/Werkstätten
Technische Direktion Guido aus dem Siepen*, Ringo Günther
Ausstattungsleitung Steffen Lebjedzinski*, Anne-Katrin Gendolla*
Technische Leitung Produktion Andrea Radisch*
Bühnentechnik Eckart Büttner*, Jenny Nobbe, Christoph Bormann
Beleuchtung Lothar Neumann*, Reinhold Bernhards, Karlheinz Kranz
Ton Thomas Bohnsack-Pätsch*, Attila Bazso, Indra Bodner, Dirk Kolbe
Maske Carmen Bartsch-Klute*, Martina Bruns, Ludmilla Nothdurft
Requisite Silvia Meier*, Eva Hertel
Schneidereien Annette Reineking-Plaumann*, Egon Voppichler*
Werkstättenleitung Werner Marschler*
Tischlerei Johannes Niepel*
Malsaal Thomas Mache*
Schlosserei Joachim Stief*
Dekoration Danja Eggers-Husarek, Anita Quade
* Abteilungsleiter/-in
Gefördert durch: Partner:
Sponsoren:
Freunde des
Theater für Niedersachsen e. V.
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„Kindchen, du musst nicht
so schrecklich viel denken!“
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