5.8. Konvergenzbegriffe in der Wahrscheinlichkeitstheorie.

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5.8. Konvergenzbegriffe in der Wahrscheinlichkeitstheorie. In der Wahrscheinlichkeitstheorie werden etliche unterschiedlich starke“ Konvergenzbegriffe be”
nutzt. In diesem Abschnitt werden die wichtigsten beschrieben 1.
(a) Stochastische Konvergenz 2. Seien X und Xn , n ∈ N, reellwertige Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Die Folge Xn , n ∈ N, konvergiert
stochastisch oder in Wahrscheinlichkeit gegen X, wenn
lim P[|Xn − X| > ǫ] = 0,
n→∞
Man schreibt dann auch
3
ǫ > 0.
P
Xn → X.
(b) Fast-sichere Konvergenz 4. Seien X und Xn , n ∈ N, reellwertige Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Die Folge Xn , n ∈ N, konvergiert
fast sicher (f.s.) gegen X, wenn 5
hn
oi
P ω ∈ Ω : lim Xn (ω) = X(ω) = 1.
n→∞
f.s.
Man schreibt dann auch Xn → X, f.s., oder Xn → X.
Wie durch die beiden folgenden Resultate belegt wird, ist im Vergleich zum
stochastischen der fast-sichere Konvergenzbegriff der stärkere 6.
Beispiel. Sei (Ω, F, P) = ([0, 1), B([0, 1)), λ), wobei λ das Lebesguemaß auf [0, 1)
bezeichnet. Sei Xk (ω) = I[m2−n ,(m+1)2−n ) (ω), ω ∈ [0, 1), falls k = 2n + m mit
n ∈ N0 und m = 0, 1, . . . , 2n − 1. Der Graph dieser Zufallsvariablen ist eine Recht”
ecksfunktion“, die mit wachsendem n immer enger“ wird und mit steigendem m
”
von 0 nach rechts“ gegen 1 wandert und dann wieder nach 0 zurückspringt. Die
”
Folge Xn , n ∈ N, konvergiert stochastisch 7 aber nicht f.s. 8 gegen 0.
Satz 1. 9 Eine f.s. gegen eine Zufallsvariable X konvergente Folge von Zufallsvariablen Xn , n ∈ N, konvergiert auch stochastisch gegen X. Umgekehrt existiert zu
einer stochastisch gegen eine Zufallsvariable X konvergierenden Folge Xn , n ∈ N,
von Zufallsvariablen eine Teilfolge Xnk , k ∈ N, die f.s. gegen X konvergiert.
(c) Konvergenz in Verteilung 10. Die in (a) und (b) vorgestellten Konvergenzbegriffe beziehen sich auf Zufallsvariablen Xn , n ∈ N, die alle auf dem gleichen
Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) definiert sind. Wenn die Zufallsvariablen Xn ,
n ∈ N, verschiedene Wahrscheinlichkeitsräume als Definitionsbereiche besitzen, ist
das Konzept der Konvergenz in Verteilung nützlich.
1
Die vorgestellten Konvergenzbegriffe sind genau diejenigen, die im schwachen Gesetz der
großen Zahlen, beim starken Gesetz der großen Zahlen, bzw. im Zentralen Grenzwertsatz verwendet werden.
2
Dieser Konvergenzbegriff wird z.B. beim schwachen Gesetz der großen Zahlen verwendet, vgl.
Abschnitt 6.1.
3Diese Notation erinnert an die englische Bezeichnung Convergence in Probability“.
”
4Dieser Konvergenzbegriff tritt u.a. beim starken Gesetz
der großen Zahlen in Erscheinung,
vgl. . . . .
5Es kann nachgewiesen werden, daß die Menge {ω ∈ Ω : lim
ˆ˘
¯˜ n→∞ Xn (ω) = X(ω)} meßbar ist.
Damit ist insbesondere P ω ∈ Ω : limn→∞ Xn (ω) = X(ω) wohldefiniert.
6Damit sind die Bezeichnungen schwaches, bzw. starkes Gesetz der großen Zahlen gerechtfertigt, vgl. Fußnoten 2 und 4.
7λ[{ω ∈ [0, 1) : |X (ω)| > ǫ}] = 2−n , falls k = 2n + m mit m = 0, 1, . . . , 2n − 1 und ǫ ∈ (0, 1).
k
8
Zu einem festen ω ∈ [0, 1) gibt es beliebig große k, so daß Xk (ω) = 1, nämlich k = 2n + ⌊ω2n ⌋,
n ∈ N. Ebenso ist Xk (ω) = 0 für beliebig große k.
9
Vgl. [2], Lemma 4.2.
10Dieser Konvergenzbegriff findet z.B. beim Zentralen Grenzwertsatz Verwendung, vgl. Kapitel . . . .
1
2
Für n ∈ N sei Xn eine reellwertige Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ωn , Fn , Pn ). Die Folge Xn , n ∈ N, konvergiert in Verteilung gegen eine
Zufallsvariable X, wenn 11 12
lim E[h(Xn )] = E[h(X)],
n→∞
Man schreibt dann auch
13
h ∈ Cb (R).
d
Xn → X.
Zur Verifizierung der Konvergenz in Verteilung kann in speziellen Fällen der
folgende Satz 2 verwendet werden. In diesem Resultat werden insbesondere auch
charakteristische Funktionen benutzt, wobei für eine reellwertige Zufallsvariable Y
deren charakteristische Funktion ψY : R → C durch 14 15
ψY (z) = E[exp(izY )],
definiert ist
16
z ∈ R,
.
17
Satz 2.
Für reellwertige Zufallsvariable X, Xn , n ∈ N, sind die folgenden Aussagen äquivalent:
d
(1) Xn → X.
(2) limn→∞ FXn (y) = FX (y), y ∈ R, FX stetig in y
(3) limn→∞ ψXn (y) = ψX (y), y ∈ R.
18 19
.
Das nächste Resultat verdeutlicht den Zusammenhang zwischen stochastischer
Konvergenz und Konvergenz in Verteilung.
Satz 3 20. Eine stochastisch gegen eine Zufallsvariable X konvergente Folge von
Zufallsvariablen Xn , n ∈ N, konvergiert auch in Verteilung gegen X.
Satz 1 und Satz 3 lassen sich zusammenfassen in
f.s.
Xn → X
P
Xn → X
=⇒
=⇒
d
Xn → X.
Literatur
[1] G. Grimmett, D. Stirzaker. Probability and Random Processes, 3rd Edition. Oxford University Press, 2003.
[2] O. Kallenberg. Foundations of Modern Probability, 2nd Edition. Springer, 2002.
11Mit C (R) wird der Raum der stetigen, beschränkten, reellwertigen Funktionen auf R
b
bezeichnet.
12
Für eine nicht-stetige Funktion h braucht diese Konvergenz nicht zu gelten.
13Diese Notation erinnert an Convergence in Distribution“.
”
14Offensichtlich ist exp(izY ) =
cos(zY ) + i sin(zY ) eine beschränkte C-wertige Zufallsvariable.
Für beliebige integrable, C-wertige Zufallsvariable Z = Z1 + iZ2 mit dem Realteil Z1 und dem
Imaginärteil Z2 definiert man unter Verwendung der Linearität des Erwartungswerts E[Z] =
E[Z1 ] + iE[Z2 ].
15
Wenn die Verteilung PY der Zufallsvariablen Y eine Dichte f bzgl. des Lebesguemaßes
besitzt, so folgt aus Abschnitt 5.4 die Darstellung
Z
dx exp(izx)f (x), z ∈ R,
ψY (z) =
R
von ψY . Die charakteristische Funktion der Zufallsvariablen Y entspricht somit der Fouriertransformierten der Dichte ihrer Verteilung.
16In Kapitel . . . werden charakteristische Funktionen als wesentliches Hilfsmittel beim Beweis
des Zentralen Grenzwertsatzes in Erscheinung treten. Insbesondere wird die Äquivalenz zwischen
(1) und (3) in Satz 2 verwendet werden.
17Vgl. [2], Theorem 4.25, und [1], Section 5.9, Theorem (5).
18F ist die Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen Y , vgl. Abschnitt 2.3.
Y
19
Die hier beschriebene Konvergenz muß nur in den Stetigkeitspunkten von FX gelten.
20Vgl. [2], Lemma 4.7.
20. Dezember 2007
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