Oligopole Vorlesung Mikroökonomik 8.1.2007 Plan der heutigen Vorlesung O O O Die Volkswirtschaft als oligopolistischer Markt Das Entscheidungsproblem des Oligopols 1. Cournot-Wettbewerb 2. Bertrand-Wettbewerb 3. Nash-Gleichgewicht Spieltheorie 1. Strategiespiele – das Gefangenendilemma 2. Anwendungen in Politik und Wirtschaft Wieso ist die vollständige Konkurrenz die ideale Marktform? · Paretooptimalität Maximierung der Produzenten- und Konsumentenrenten · Im Marktgleichgewicht gilt: Preis = Grenznutzen = Grenzkosten · Das freie und eigennützige Verhalten der Konsumenten und Unternehmen steuert die Wirtschaft. · Dank dieser dezentralen Organisation passt sich die Wirtschaft flexibel an neue Ereignisse, Produkte und Technologien an. Annahmen bei vollkommenem Wettbewerb Unternehmen nehmen Marktpreis als vorgegeben. Viele Anbieter. Markteintritt möglich. Keine Externalitäten. Alle Kosten bei Produktion und Konsum sind berücksichtigt. Privates Gut Gut kann nur von Käufer konsumiert werden. Rationalität. Anbieter und Nachfrager sind in der Lage zu verstehen, was die beste Entscheidung für sie wäre - und sie treffen diese Entscheidung. Perfekte Information Die Nachfrager kennen Marktpreis und Qualität der Güter, die sie kaufen. Formen von Wettbewerb O In der realen Wirtschaft befinden sich die Märkte zwischen den Extremen vollständige Konkurrenz und Monopol. O Die Unternehmen konkurrieren über: O · Entwicklung neuer Produkte und Differenzierung der bestehenden (Automodelle) · Entwicklung verschiedener Produktionstechniken Viele Unternehmen verfügen über eine gewisse Marktmacht: O O Wenn sie den Preis erhöhen, verlieren sie nur einen Teil der Kunden. Viele Märke sind über Zulassungsbewilligungen (Ärzte), Subventionen (Landwirte), Zölle usw. reguliert Oligopol O Einige wenige Anbieter verkaufen das gleiche Produkt. O Die Interdependenz zwischen Aktionen der einzelnen Anbietern ist von zentraler Bedeutung. · Wie reagieren die Konkurrenten auf eine Preissenkung? · Wie reagieren sie auf eine Werbekampagne? O Jeder Anbieter muss bei seinen Entscheidungen die Reaktionen der anderen Anbieter voraussehen. O (Polypol: verschiedene Anbieter verkaufen ähnliche Produkte) Kartelle O O Ausgangssituation · mehrere (j) Anbieter · alle sind Preisnehmer: Preiserhöhung eines Einzelnen führt zum Ausscheiden aus dem Markt Anreiz: Gewinnmaximierung · Strategie: koordinierte Preispolitik · Umsetzung: gemeinsames Auftreten als Angebotsmonopol (wie grosse Firma mit j Betriebsstätten) · gewinnmaximierender Preis ist durch den Cournotschen Punkt fixiert Grafische Analyse des Kartells (Cournot-Wettbewerb) Menge geht zurück Preis · Preis steigt · Gesamtwohlfahrt nimmt ab 50 · Konsumentenrente sinkt · aggregierter Gewinn steigt · 40 aggregierte Grenzkosten Cournot-Punkt 30 Marktgleichgewicht 20 10 Grenzertrag Nachfrage 0 0 5 10 Menge 15 20 Preis im Oligopol O Höchster Gewinn, wenn sich die Unternehmen gemeinsam wie ein Monopol verhalten, d.h. ein Kartell bilden. · Dilemma: Kurzfristig lohnt es sich, zu einem niedrigeren Preis anzubieten als die anderen Unternehmen, d.h. Kartelle sind instabil. Beispiel in Mankiw: Oligopol im Wasserangebot 2 Anbieter (A und B) · Grenzkosten = 0 · Fixkosten = 0 maximaler Gewinn: A Preis Menge Gewinn 60 30 1‘800 gewinnmax. Angebot im Oligopol = gewinnmax. Angebot im Monopol Preis 120 100 80 B 60 30 1‘800 3‘600 60 40 20 Nachfrage Grenzertrag 0 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Beispiel in Mankiw: Oligopol im Wasserangebot 2 Anbieter (A und B) · Grenzkosten = 0 · Fixkosten = 0 maximaler Gewinn: A Preis Menge Gewinn 60 30 1‘800 Preis 120 wenn A Preis senkt und B nicht 100 80 B 60 30 1‘800 3‘600 60 Wenn A 40 und B 30 produziert: 40 A Preis Menge Gewinn 50 40 2‘000 20 Nachfrage Grenzertrag 0 B 50 30 1‘500 3‘500 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Beispiel in Mankiw: Oligopol im Wasserangebot 2 Anbieter (A und B) · Grenzkosten = 0 · Fixkosten = 0 maximaler Gewinn: A Preis Menge Gewinn 60 30 1‘800 Preis 120 100 80 B 60 30 1‘800 3‘600 Wenn A und B 40 produzieren Preis Menge A 40 B 40 Gewinn 60 40 20 Nachfrage Grenzertrag 0 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Beispiel in Mankiw: Oligopol im Wasserangebot 2 Anbieter (A und B) · Grenzkosten = 0 · Fixkosten = 0 maximaler Gewinn: A Preis Menge Gewinn 60 30 1‘800 Wenn sich A und B gegenseitig unterbieten sinkt der Preis auf 0 = Preis im vollkommenen Wettbewerb (Bertrand-Wettbewerb) Preis 120 100 80 B 60 30 1‘800 3‘600 60 40 20 Nachfrage Grenzertrag 0 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Nash-Gleichgewicht O Nash-Gleichgewicht: Situation, in der niemand sein Verhalten verändern wird, solange der andere sein Verhalten nicht verändert. Preis Preis Menge Gewinn 120 A 60 30 1‘800 100 B 60 30 1‘800 80 Lohnt es sich für A die Menge auf 60 zu erhöhen, wenn er sicher ist, dass B weiterhin 40 anbietet? 3‘600 60 Wenn A und B 40 produzieren A B Preis Menge Gewinn 40 40 1‘600 40 1‘600 40 3‘200 40 20 Nachfrage Grenzertrag 0 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Nash-Gleichgewicht O Nash-Gleichgewicht: Situation, in der niemand sein Verhalten verändern wird, solange der andere sein Verhalten nicht verändert. Preis Wenn A 60 und B 40 produziert A Preis Menge Gewinn 20 60 1‘200 120 100 80 B 20 40 800 2‘000 Wenn A und B 40 produzieren Preis Menge Gewinn A 40 40 1‘600 B 40 40 1‘600 3‘200 60 Nash-Gleichgewicht 40 20 Nachfrage Grenzertrag 0 0 20 40 60 80 100 Liter Wasser / Woche 120 Aggregiertes Angebot im Oligopol O Wenn die Anbieter im Oligopol die Mengenentscheidungen zur Gewinnmaximierung wählen: · Angebot grösser als im Monopol und kleiner als im vollkommenen Wettbewerb · Marktpreis kleiner als im Monopol und grösser als im vollkommenen Wettbewerb Spieltheorie und Oligopol O O O O Spieltheorie: Analyse von Verhalten in strategischen Situationen. Analysiert Situationen, in denen das Ergebnis davon abhängt, wie sich die anderen verhalten Ich überlege mir: · Wie werden sich die anderen verhalten? · Wie werden die anderen auf meine Aktionen reagieren? Das Gefangendilemma zeigt den Konflikt zwischen Kooperation und individualistischem Verhalten. Gefangenendilemma: Die Tat gestehen oder nicht oder nicht? Soll ich gestehen? meine Strafe NEIN Strafe für meinen Komplizen nach 2 Tagen frei NEIN Wird mein Komplize gestehen? JA nach 2 Tagen frei 3 Monate Gefängnis sofort frei dominante Strategie JA dominante Strategie sofort frei 3 Monate Gefängnis 2 Monate Gefängnis 2 Monate Gefängnis Gefangendilemma O O O O Dominante Strategie: Unabhängig von dem was mein Komplize macht, ist es für mich am besten, wenn ich gestehe. Es folgt: beide werden gestehen! · Das Ergebnis ist nicht paretooptimal. · Wenn beide nicht gestehen würden, hätten beide einen höheren Nutzen. Gefangenendilemma als Ursache für Marktversagen · Externalisierung interner Kosten (Umweltverschmutzung). Gefangenendilemma als Ursache für Marktlösung · Instabilität von Kartellen Rüstungswettlauf im kalten Krieg: Aufrüsten und Atomkriegsrisiko USA aufrüsten UdSSR abrüsten aufrüsten abrüsten hohes Risiko hohes Risiko schwach stark stark schwach geringes Risiko geringes Risiko Beispiel OPEC: Produktion erhöhen oder nicht O O Niedrige Produktion wäre die beste Lösung für beide. Aber „Produktion erhöhen“ ist die dominante Strategie. Produktion Saudi-Arabien Gewinne hoch niedrig hoch 40 40 30 60 Produktion Iran niedrig 60 30 50 50 Beispiel Oligopol: Lebensmitteldetailhandel nach Umsätzen 2004 MIGROS + COOP = 72.6 % Quelle: Lebensmittel Zeitung Nr. 21, 26.5.2006. Beispiel Oligopol: Lebensmitteldetailhandel nach Umsätzen 2001 andere 17% Primo/visavis 5% Migros 39% Denner 5% Coop 34% Migros + Coop = 73% Quelle: Schweiz. Marketing Forum - Detailhandel Schweiz 2002/03 Preise senken - JA oder NEIN O Wenn beide die Preise senken, machen beide keinen Gewinn! Migros NEIN COOP JA NEIN JA 100 100 140 - 40 - 40 140 0 0 Wirtschaftspolitische Massnahmen O O O Herstellung der Bedingungen der vollständigen Konkurrenz · Internationale Marktöffnung: Freihandelsverträge, internationale Binnenmärkte (EU), EFTA · Zerschlagung von Kartellen: Strommärkte in der EU, Trennung Produktion und Verteilung (Strom: Netz ist natürliches Monopol und Komplement zum Strom, d.h. Monopol auf Netz=Monopol auf Stromproduktion) · Marktaufsicht: Eisenbahn(en) in der Schweiz Verhinderung der Oligopolbildung · Fusionskontrolle (WEKO Entscheid bei grossen Zusammenschlüssen wie z. Bsp. Denner+Migros) Abwägungsproblem · Eingriff in Eigentumsrechte · Kurzfristige und langfristige Effekte z.T. unerschiedliche (Patente) Zusammenfassung O O O O O O Oligopole sind Anbieter mit geringerer Marktmacht als Monopole und grösserer als unter vollständiger Konkurrenz. Oligopole stehen im Wettbewerb miteinander. · Kartelle (Cournot) · Vollständiger Wettbewerb (Bertrand) · Unvollständiger Wettbewerb (Nash-Gleichgewicht) Oligopole vermindern i.A. die soziale Wohlfahrt. Oligopole sind die vorherrschende Marktform. Spieltheorie ist geeignet, oligopolistischen Wettbewerb (und andere strategische, ökonomische Entscheidungen) zu analysieren. Wirtschaftspolitik kann unerwünschte Wirkungen teilweise begrenzen Übung: Zölle, hoch oder niedrig? Gewinne USA USA niedrig hoch 25 25 30 10 10 30 20 20 Gewinne Mexiko niedrig Mexiko hoch O O O Dominante Strategie für USA und Mexiko? Wo ist das Nash-Gleichgewicht? Ist es sinnvoll ein Freihandelsabkommen abzuschliessen? Übung: Wohlfahrtsverlust durch Monopole / Kartelle inverse Nachfragefunktion: p(q) = -2q + 12 Grenzkostenkurve: GRK(q) = 2q Berechnen Sie den Wohlfahrtsverlust gegenüber dem Marktergebnis bei vollständiger Konkurrenz (Hinweis: grafisch oder rechnen Sie aus)!