Pulsierende Sterne - Institut für Theoretische Astrophysik

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Vorlesung im SS 2012
Institut für Theoretische Astrophysik, Universität Heidelberg
H.-P. Gail
und andere Veränderliche
Pulsierende Sterne
Seite: 2.1
Zu Anfang erfolgte die Typeneinteilung naturgemäß nach gemeinsamen Eigenschaften der Lichtkurve. Wünschenswert wäre eine Einteilung
nach den verschiedenen Ursachen der Variabilität, die aber immer noch
nicht in allen Fällen unzweifelhaft feststeht. Die üblicherweise heute
verwendete Einteilung ist oftmals noch recht willkürlich.
Die veränderlichen Sterne werden nach bestimmten gemeinsamen Merkmalen klassifiziert und in Gruppen zusammengefaßt. Diese Typen werden meistens nach einem typischen Vertreter der Gruppe benannt.
• Extrinsische Veränderliche Hierunter werden alle Objekte zusammengefaßt, deren Helligkeitsvariationen auf Ursachen beruhen, die
außerhalb des veränderlichen Sterns liegen.
• Physische Veränderliche
Bei diesen ist der Zustand des Sterns zeitlich veränderlich auf Grund
von Prozessen, die im Inneren des Sterns ablaufen. Hierbei sind allerdings nicht die langsamen Veränderungen bei der Entwicklung des
Sterns durch Aufbrauch des nuklearen Brennmaterials gemeint.
Es gibt zwei prinzipiell verschiedene Arten von veränderlichen Sternen:
Typen veränderlicher Sterne
Seite: 2.2
Bei einer Reihe von eruptiven Veränderlichen liegt ist die Ursache
der Veränderlichkeit in dem Massenüberstrom von einem Begleitstern. Dies sind die kataklysmischen Veränderlichen. Diese Gruppen
werden aber nicht zu den Doppelsternveränderlichen gerechnet.
• Eruptive Veränderliche. Hierunter werden alle Beobachtungen
von einmaligen, eventuell auch gelegentlich wiederholten, Helligkeitsänderungen zusammengefaßt, die von dem Auswurf von Materie
begleitet werden.
• Pulsationsveränderliche. Dies sind Sterne, die mehr oder weniger
rhythmisch expandieren und kontrahieren. Die Expansion und Kontraktion kann rein radial oder auch nichtradial erfolgen.
Untergruppen der physischen Veränderlichen
Typen veränderlicher Sterne
Seite: 2.3
Die gebräuchliche Einteilung der Variablen ist in der Beschreibung des
General Catalogue of Variable Stars“ angegeben.
”
• Anisotrope Strahler. Das sind rotierende Objekte mit ausgesprochen
anisotroper Abstrahlung (wie Scheinwerfer).
• Rotationsveränderliche. Das sind Sterne, deren Oberflächenhelligkeit
ungleichmäßig verteilt ist und die bei Rotation dem Beobachter wechselnde Teile der Oberfläche präsentieren.
• Bedeckungsveränderliche. Das sind Objekte, bei denen regelmäßige
Helligkeitsänderungen durch eine wechselseitige Bedeckung der Sterne verursacht sind.
Untergruppen der extrinsischen Veränderlichen:
Typen veränderlicher Sterne
RV
SR
M
L
βC
δ Sc
α CV
ZZ
100–600 d
2.5–10
keine
0.2–2.0
0.1–0.5 d
< 0.2
0.05–0.2 d
<0.2
0.5–>100 d Spektrum Ap
1–15 m
<0.05
Eruptive Veränderliche
UV, BY
0.1–5
N
7–>15
SN
> 20
UG, Z
EA
EB
EW
RV Tauri
Halbregelmäßige
Mira
Irreguläre
β Canis Majoris
δ Scuti
α Canum Venaticorum
ZZ Zeti
Zwergnovae
Algol
β Lyrae
W Ursae Majoris
Flare Sterne
Novae
Supernovae
RR
C
RR Lyrae
Cepheiden
Amplitude
1.0–3.0
0.2–2.5
10–500 d
2–6
Bedeckungsveränderliche
0.1-10 000 d 0.1–3
0.5–200 d
0.1–1.5
0.2–1 d
0.2–1
30–150 d
20–500 d
Pulsationsveränderliche
0.2–1 d
0.5–1.5
1–50 d
0.2–2.0
Periode
Symbol
Typ
Tabelle 2.1: Die wesentlichen Typen der veränderlichen Sterne
Alle Spektraltypen
Riesen O, B, A
Zwerge F, G, K
Spektrum K, M
Explosion auf WZ Oberfläche
Explosion des Sterns
Mehrere Untertypen
Wiederholte Explosionen
Weiße Zwerge
Spektrum A, F
Spekrum F, G
Mehrere Untertypen
Spektrum G, K
Spektrum M, S, C
Mehrere Untertypen
Spektrum M, S, C
Spektrum M, S, C
Spektrum B0–B4
Spektrum A, F
Bemerkungen
Typen veränderlicher Sterne
Seite: 2.4
Seite: 2.5
Die Verteilung der Pulsationsveränderlichen im HRD zeigt Abb. 2.1
Die kühleren Variablen der Spektraltypen K, M, S und C bilden einen
zweiten Streifen, der die Mira Sterne, die halbregelmäßigen SR-Typen
und die irregulären L-Typen umfaßt.
Die Variablen der Spektraltypen A bis G bilden einen sog. Instabilitätsstreifen, der die δ Cephei Sterne, W Virginis Sterne, die RR Lyrae
Sterne und die δ Scuti Sterne umfaßt, und von Zwergsterne bis zu Riesen quer durch das Hertzsprung-Russell Diagramm läuft.
Die Pulsationsveränderlichen bilden eine große Gruppe von Sternen,
die sehr heterogen zusammengesetzt ist. Die Helligkeitsvariationen der
Sterne beruhen aber bei allen auf einer gemeinsamen Ursache, der
rhythmische Kontraktion und Expansion des Sterns. Im HertzsprungRussell Diagramm findet man diese Sterne in in zwei relativ eng begrenzten Bereichen.
2 Pulsationsveränderliche
Seite: 2.6
Abbildung 2.1: Verteilung der unterschiedlichen Typen pulsierender Veränderlicher im HertzsprungRussell Diagramm.
Pulsationsveränderliche
Seite: 2.7
Zwischen den verschiedenen Phänomenen gibt es jeweils eine kleine Phasenverschiebung.
(d) Die Variation der Radialgeschwindigkeit der Photosphäre. Diese zeigt
direkt, wie bei dem Stern sich durch die Pulsation die äußeren Schichten des Sterns auf den Beobachter zu oder von ihm weg bewegen. Die
Amplitude der Auf- und Abbewegung ist 40 km s−1.
(c) Die Variation des Sternradius zwischen 16 und 18 R.
(b) Die Variation der Effektivtemperatur: Im Maximum T = 6 600 K, im
Minimum T = 5 800 K. Der Spektraltyp variiert zwischen F5 Ib und
G1 Ib.
(a) Die Variation der visuellen Helligkeit V mit der Phase φ innerhalb
eines Pulszyklusses. Die Amplitude der Variationen in V ist mit
0.86 mag nicht besonders groß. Das entspricht einem Verhältnis der
Helligkeiten von Maximum zu Minimum von etwa einem Faktor zwei.
Als Beispiel für die Variationen, die ein pulsierender Stern aufweist,
zeigt Abb. 2.2 die Variationen bei δ Cephei, dem Prototypen einer Klasse von Pulsationsveränderlichen:
Pulsationsveränderliche
in Abhängigkeit von der
Phase.
(a) Lichtkurve,
(b) Effektivtemperatur,
(c) Radius,
(d) Radialgeschwindigkeit
Abbildung 2.2: Pulsation
von δ Cephei:
Pulsationsveränderliche
Seite: 2.8
Seite: 2.9
Vor den Arbeiten von Eddington überwogen Versuche, die Veränderlichkeit der Sterne und die große Vielfalt der Lichtkurven generell auf
Bedeckung in Doppelsternsystemen zu erklären, was aber nur bei den
Typen, die heute als Bedeckungsveränderliche betrachtet werden, in
konsistenter Weise gelang.
Die Interpretation der beobachteten Variationen als Pulsation des
Sterns kam erst relativ spät. Sie wurde zuerst von Shapley 1912 als
Hypothese ausgesprochen, und ab 1919 von Eddington und vielen anderen dann theoretisch ausgearbeitet und erst dann endgültig etabliert.
Untersuchungen von Ritter zur Pulsation selbstgravitierender Gaskugeln von 1879 wurden in der Astronomie nicht beachtet.
Pulsationsveränderliche
Seite: 2.10
Generell sind Cepheiden Überriesen mit Spektraltypen F – K und Perioden von 1 d bis etwa 50 d. Die Lichtwechsel wiederholen sich exakt in
allen Einzelheiten. Die Form der Lichtkurve ändert sich mit der Periodenlänge P (Abb. 2.3).
Die Periode beträgt 5 d 8 h 47 min 30 s. Der ansteigende Teil der Lichtkurve dauert 1 d 14 h 30 min, der absteigende Teil 3 d 18 h 17 min.
Der Stern ist ein Überriese vom Spektraltyp G2 im Minimum und F5
im Maximum und Mitglied in einem Doppelsternsystem. Der Begleiter
ist ein A0 V Stern.
Der Prototyp der Cepheiden, δ Cephei, ist bereits seit der Antike bekannt. Er erscheint bereits in dem Sternkatalog von Hipparchos von 126
v.Chr. Die Variabilität wurde 1784 von Goodricke erkannt und ist seitdem von unzähligen Astronomen untersucht worden.
2.1 Klassische Cepheiden
Seite: 2.11
Abbildung 2.3: Lichtkurven von acht δ Cephei Sternen unterschiedlicher Periode: R Tra (P = 3.3893 d),
V350 Sgr (P = 5.1542 d), RS Cas (P = 6.2957 d), U Vul (P = 7.9907 d), β Dor (P = 9.8420 d), RX
Aur (P = 11.6235 d), SZ Cyg (P = 35.5225 d).
Klassische Cepheiden
Seite: 2.12
Die Form der Lichtkurven unterscheidet sich bei δ Cephei Sternen und
W Virginis Sternen (Abb. 2.5).
• W Virginis Sterne. Sie sind Mitglieder des Halos in der Galaxis. Sie
finden sich bei hohen galaktischen Breiten, in Kugelhaufen und im
galaktischen Zentrum. Sie sind massearme, alte Objekte.
Die Lichtkurven der W Virginis Sterne sind im Mittel weniger konstant.
• δ Cephei Sterne. Sie sind Mitglieder der Scheibenkomponente in der
Galaxis. Sie sind massereiche, junge Objekte.
Es gibt zwei Untertypen:
Die Amplituden in V sind klein, selten größer als 2 mag. Die Amplituden sind im Blauen größer als im Roten.
Wegen der großen Leuchtkraft sind Cepheiden auch in weit entfernten
Kugelhaufen und anderen Galaxien bis zum Virgo-Haufen (d ≈ 20 Mpc)
zu beobachten. Sie sind wesentliche Standardkerzen und dienen der Entfernungsbestimmung im Kosmos.
Klassische Cepheiden
Seite: 2.13
Abbildung 2.4: Lichtkurven des δ Cephei Sterns SZ Aql (P = 17.138 d) und des W Virginis Sterns W
Vir (P = 17.274 d). Beide haben fast identische Perioden.
Klassische Cepheiden
Seite: 2.14
Be W Virginis Sternen gibt es ebenfalls zwei Gruppen, eine mit Perioden
von weniger als 2.5 d, und eine zweite mit Perioden 20–23 d, getrennt
durch eine Lücke zwischen 2.5 d und 10 d.
Bei δ Cephei Sternen gibt es zwei getrennte Gruppen: Eine Gruppe mit
Perioden zwischen 4–6 d und eine zweite mit Perioden 12–15 d, getrennt
durch ein Minimum bei 9 d.
Die Periodenverteilung ist bei δ Cephei Sternen und bei W Virginis
Sternen unterschiedlich.
Klassische Cepheiden
Abbildung 2.5: Periodenverteilung: (a) 423 δ Cephei Sterne, (b) 179 W Virginis Sterne.
Klassische Cepheiden
Seite: 2.15
Seite: 2.16
Die Form der Lichtkurven variiert auch hier etwas mit der Periodenlänge
(Abb. 2.6.)
Der Prototyp der W Virginis Sterne, W Vir, wurde 1866 von Schönfeld
entdeckt. Er wurde zunächst als δ Cephei Stern klassifiziert, trotz merklicher Unterschiede in den Lichtkurven und Spektren, und trotz seiner
hohen galaktischen Breite. Erst die Entdeckung eines fast gleichartigen
zweiten Veränderlichen im Kugelhaufen ω Cen zeigte, daß eine zweite
Gruppe von Cepheiden existiert, die sich im Halo und in Kugelhaufen
findet.
Klassische Cepheiden
Seite: 2.17
Abbildung 2.6: Lichtkurven von vier δ Cephei Sternen unterschiedlicher Periode: BL Her (P =
1.3075 d), VZ Aql Sgr (P = 1.66822 d), W Vir (P = 17.274 d), RU Cam (P = 22.159 d).
Klassische Cepheiden
Seite: 2.18
Diese wichtigen Zusammenhänge wurden – wie so oft – rein zufällig 1912
durch H. Leavitt entdeckt, als sie bei einer Studie über 25 Cepheiden in
der kleinen Magellanschen Wolke entdeckte, daß bei einer Anordnung
der Daten nach ansteigender Periode auch die Helligkeit streng monoton
anstieg. Da die Ausdehnung der kleinen Magellanschen Wolke klein im
Vergleich zu ihrer Entfernung von uns ist, sind alle ihre Sterne praktisch
in gleicher Entfernung. Ihre Größenklasse mV ist dann bis auf eine additive Konstante gleich ihrer absoluten Größenklasse MV . Auf diese Weise
fand Miss Leavitt die heute so wichtige Perioden-Leuchtkraft-Relation
der Cepheiden.
ˆ desto niedriger sind die Temperatur und die mittlere Dichte.
ˆ desto größer sind der Radius, die Helligkeit, und die Masse,
ˆ später der Spektraltyp,
Bei den Cepheiden bestehen relativ strenge Beziehungen zwischen den
Zustandsgrößen der Sterne und der Periode ihres Lichtwechsels. Je
länger P , desto
2.1.1 Korrelation zwischen Zustandsgrößen und Perioden bei Cepheiden
Seite: 2.19
Seitdem werden Cepheiden verwendet, um die Entfernungen der Galaxien zu bestimmen, in denen Cepheiden gefunden werden. Diese Tatsache
macht die Cepheiden so wichtig für die astronomische Forschung, da
sie die einzige Möglichkeit bieten, absolute Entfernungen bis zu relativ
weit entfernten Galaxien zu bestimmen. Das ist auch einer der Gründe,
warum von der Theorie immer viel Mühe darauf verwendet wurde, die
Ursachen und Eigenschaften der Pulsation möglichst gut zu verstehen.
Es musste allerdings noch gezeigt werden, daß diese Beziehung auch für
galaktische Cepheiden gilt. Das Problem ist in diesem Fall, daß die δ
Cephei Sterne zu den relativ seltenen Überriesen gehöre, die im Mittel
alle weit von der Erde entfernt sind, sodaß damals für die meisten keine
absoluten Entfernungen aus Messungen der Eigenbewegungen zu ermitteln waren. Immerhin konnte H. Shapley elf Cepheiden finden, deren
Eigenbewegungen bestimmbar waren. Damit konnten absolute Helligkeiten bestimmt und die Perioden-Leuchtkraft-Relation absolut geeicht
werden.
Korrelation zwischen Zustandsgrößen und Perioden bei Cepheiden
Seite: 2.20
Dies wurde offenbar, als W. Baade bei einer Untersuchung von RR
Lyrae Sternen in der Andromeda Galaxie feststellte, daß sie 1.5 mag
schwächer ware, als sie es auf Grund der Entfernungsbestimmung von
M 31 mittels Cepheiden und den bekannten absoluten Helligkeiten galaktischer RR Lyrae Sterne sein sollten. Als Grund dieser Diskrepanz
stellte Baade fest, daß die Eichung der Perioden-Leuchtkraft-Relation
der Cepheiden bis zu dem Zeitpunkt fehlerhaft war, weil eigentlich zwei
verschiedene Populationen existieren. Eine Neubestimmung des Nullpunktes der Relation durch Baade hatte die Konsequenz, daß damals
alle bis dahin bestimmten Entfernungen im Kosmos verdoppelt werden
mußten.
Die Bestimmung des Nullpunktes der Beziehung war allerdings sehr
ungenau, wie sich später herausstellte. Zum Zeitpunkt, als Shapley die
Eichung durchführte, war noch nicht festgestellt worden, daß die Population der klassischen Cepheiden aus zwei physikalisch verschiedenen
Gruppen besteht (δ Cep und W Vir Sterne), die jeweil ihre eigenen,
voneinander verschiedenen, Perioden-Leuchtkraft-Relationen folgen.
Korrelation zwischen Zustandsgrößen und Perioden bei Cepheiden
Abbildung 2.7: Perioden-Leuchtkraft Beziehung der klassischen Cepheiden.
Seite: 2.21
Korrelation zwischen Zustandsgrößen und Perioden bei Cepheiden
mag
mag
(2)
(1)
Seite: 2.22
Aber das sind mittlere Beziehungen. Die Cepheiden überdecken einen
Streifen im Hertzsprung-Russell-Diagramm, sodaß MV um ±0.5 mag
um den mittleren Wert streut. Es ist inzwischen auch klar, daß die
Beziehungen deutlich von der Metallizität der Sterne abhängen.
Die Periode P ist in Tagen.
MV = −0.08 − 1.75 log P
Population II: W Virginis Sterne (Massen 0.4 M bis 0.6 M)
MV = −1.43 − 2.81 log P
Population I: δ Cephei Sterne (Massen 1.5 M bis 15 M)
Derzeit meist verwendete Relationen für galaktische Cepheiden:
Seitdem wurde sehr viel Arbeit in eine möglichst genaue Bestimmung
der Korrelation zwischen den Zustandsgrößen der Sterne und ihrer
Schwingungsperiode gesteckt.
Korrelation zwischen Zustandsgrößen und Perioden bei Cepheiden
Seite: 2.23
Die Periodenvariationen sind von ganz unterschiedlicher Natur: Teils
nehmen sie kontinuierlich zu oder ab, teils ändern sich die Perioden
ziemlich abrupt.
Alle Veränderlichen Sterne, auch die Cepheiden, zeigen gewisse Variationen der Periode. Diese sind oft nur sehr gering, aber sie machen sich
bemerkbar durch eine schleichend anwachsende Differenz zwischen den
beobachten und vorausberechneten Minima und Maxima der Lichtkurve (Abb. 2.8).
2.1.2 Variation der Periode
Abbildung 2.8: Periodenvariation bei T Mon.
Variation der Periode
Seite: 2.24
Seite: 2.25
Die RR Lyrae Sterne gehören durchweg der Population II an. Man findet sie häufig in Kugelhaufen, im Halo und im Zentrum der Milchstraße.
Sie werden wegen ihres häufigen Auftretens in Kugelhaufen auch Haufenveränderliche genannt.
Generell sind RR Lyr Sterne rasch pulsierend Riesensterne der Spektraltypen B8 bis F2. Ihr Lichtwechsel ist dem der klassischen Cepheiden
sehr ähnlich, aber die Perioden sind mit 0.2 < P < 1 d deutlich kürzer.
Ein auffälliges Häufigkeitsminimum bei ≈ 1 d trennt beide Typen voneinander.
Der Prototyp, RR Lyr, ist der hellste Stern dieser Gruppe von Veränderlichen. Seine Helligkeit variiert zwischen den Größenklassen 7.07 und
8.12 mit einer Periode von 13 h 36 min (0.56682326 d). Die Lichtkurve
(Abb. 2.9) ist stark asymmetrisch. Der Anstieg zum Maximum dauert
2 h 35 min, der Abfall zum Minimum 11 h. Die Amplitude der Variation
nimmt zu kürzeren Wellenlängen hin zu: Von 1.06 in V zu 1.37 in B.
Das Spektrum variiert zwischen A8 im Minimum zu F7 im Maximum
und die Effektivtemperatur zwischen 7 200 K und 5 900 K
2.2 RR Lyrae Sterne
Seite: 2.26
Abbildung 2.9: Lichtkurven für drei Prototypen der verschiedenen Gruppen der RR Lyrae Sterne: RR
Lyr, RX Leo (RRab), RZ Cep (RRc).
RR Lyrae Sterne
Seite: 2.27
RRd Charakterisiert durch die Existenz von Moden. Form und Amplitude der Lichtkurve ändern sich dadurch von Zyklus zu Zyklus.
RRc Prototyp RZ Cep. Charakterisiert durch eine mehr sinusförmige
Lichtkurve mit Amplitude von etwa 0.5 mag und einer Periode
von 0.3 d.
Es hat sich aber herausgestellt, daß die ersten beiden Gruppen nicht
deutlich verschieden sind. Sie werden heute zur Gruppe RRab zusammengefaßt. Später wurde eine weitere Gruppe eingeführt
RRb Prototyp RX Leo. Charakterisiert durch eine Lichtkurve mit
Amplitude von 0.5–0.8 mag, einer Periode von > 0.7 d und mehr
gerundetem Maximum und geringerer Asymmetrie.
RRa Prototyp RR Lyr. Charakterisiert durch eine Lichtkurve mit
Amplitude von & 1 mag, einer Periode von ≈ 0.5 d und markanter Asymmetrie.
Die RR Lyrae Sterne wurden zunächst in drei Untergruppen eingeteilt:
RR Lyrae Sterne
Seite: 2.28
Abbildung 2.10: Lichtkurven von sechs RR Lyrae Sternen unterschiedlicher Periode: AA Aql (P =
0.36 d), XZ Cyg (P = 0.466 d), SW Boo (P = 0.513 d), TT CnC (P = 0.563 d), SS Leo (P = 0.629 d),
XX And (P = 0.722 d).
RR Lyrae Sterne
Die Form der Lichtkurven variiert mit der Periode (Abb. 2.10).
Seite: 2.29
Die RR Lyrae Sterne haben eine annähernd einheitliche Helligkeit von
MV = 0.5 ± 0.4 mag.
Die Massen der RR Lyrae Sterne sind etwa 0.6 M, ihre Radius ist typischerweise 4–5 R.
Die RR Lyrae Sterne liegen an einer eng begrenzten Stelle im
Hertzsprung-Russell Diagramm (Abb. 2.1), die einer Lücke im horizontalen Ast der Farben-Helligkeitsdiagramme der Kugelhaufen entspricht, in der keine stabilen Sterne liegen. Es gibt für sie keine deutliche
Perioden-Leuchtkraft Beziehung.
RR Lyrae Sterne
Abbildung 2.11: Häufigkeitsverteilung der Perioden für 4057 RRab und 319 RRc Sterne.
RR Lyrae Sterne
Seite: 2.30
Seite: 2.31
Die Perioden der RR Lyr Sterne können sehr genau bestimmt werden,
weil wegen ihrer Kürze sehr viele Perioden beobachtet werden können.
Beispiel: RZ Cep hat 1184 Maxima im Jahr. Eine Änderung der Periode
um 1 s würde nach einem Jahr zu einer Differenz im vorhergesagten
Zeitpunkt des Maximums von 20 m und nach 10 Jahren von 3 h führen.
So etwas ist klar beobachtbar. Deswegen haben Periodenangaben bei
RR Lyr Sternen oft sehr viele Dezimalstellen!
Bei den RRc Sternen sind die Perioden deutlich kürzer, im Mittel bei
0.34 d. Diese Typen sind relativ selten.
Die Grenze zwischen RR Lyrae und den Cepheiden ist etwas fließend.
Im Bereich um 1 d ist die Klassifikation eines Sterns als RR Lyr oder
W Vir oft nicht ganz eindeutig möglich.
Für die RRab Sterne sind die kürzesten Perioden etwa 0.22 d und das
Maximum der Häufigkeitsverteilung ist bei 0.55 d zu beobachten. Das
Maximum ist deutlich ausgeprägt; die Hälfte der Sterne hat Perioden
zwischen 0.50 und 0.63 d. Die längste Periode hat XX Vir mit 1.3482 d.
RR Lyrae Sterne
Seite: 2.32
Generell findet man Modulationen der Periode mit Perioden zwischen
etwa dem 50-fachen und etwa dem 200-fachen der primären Periode. Der
Blashko Effekt findet sich bei allen Typen pulsierender Sterne, aber vorzugsweise bei solchen mit kurzer Periode. Die Ursache dieses Effekts is
bis heute nicht richtig vertanden.
Ein typisches Beispiel ist AR Her (Abb. 2.12). Die Periode ist 0.4700 d,
die Amplitude der Variation 0.4 mag und die Asymmetrie der Lichtkurve variiert beträchtlich. Die Variationen der Lichtkurve sind zyklisch
und haben eine Periode von Pb = 31.5 d, sodaß sich das ganze Phänomen nach 67 d regelmäßig wiederholt.
Bei manchen Sternen lässt sich die Variation der Helligkeit als eine
Überlagerung mehrerer Perioden darstellen. Daraus resultiert eine fortschreitende Deformation der Lichtkurven, Dieser Effekt wird als Blashko Effekt bezeichnet (nach dem Autor der ersten genauen Beschreibung
des Phänomens).
2.2.1 Der Blashko Effekt
Seite: 2.33
Abbildung 2.12: Der Blashko Effekt bei AR Her. Oben: Mittlere Lichtkurve. Unten: Sechs verschiedene
Zyklen.
Der Blashko Effekt
Seite: 2.34
RR Lyrae Sterne gehörn zur Population II, sind also metallarm und
alt. Sie finden sich vorzugsweise im Halo (Abb. 2.13), im Bulge und
in Kugelhaufen. Ihre typischen Massen sind 0.43 M. bis 0.48 M. In
Kugelhaufen findet man sie in einer Lücke im Horizontalast, in der sonst
keine Sterne gefunden werden.
2.2.2 Galaktische Verteilung
Seite: 2.35
Abbildung 2.13: Verteilung der RR Lyrae Sterne in der Galaxis. Links Verteilung senkrecht zur galaktischen Ebene, Rechts Verteilung in der Galaktischen Ebene.
Galaktische Verteilung
Seite: 2.36
Auch hier findet man überlagerte längere Perioden mit Perioden etwa
20–50 mal länger als die Primärperiode. Z.B. hat δ Sct eine Periode
P = 0.1937 d und eine sekundäre Periode Pb = 5.2477 d (das 27-fache).
Die δ Scuti Sterne gehören zu Pop I und sind jung. Sie finden sich oft in
relativ jungen offenen Sternhaufen, wie in den Hyaden und Praesepe.
Das sind Pulsationsveränderliche mit Perioden von weniger als 0.3 d und
Spektraltypen zwischen A5 und F5. Die Helligkeit im Visuellen variiert
zwischen einigen tausendstel mag bis etwa 0.8 mag, die mittlere Variation ist 0.02 mag. Diese Sterne liegen auf dem gleichen Instabilitätsstreifen
wie die Cepheiden und liegen im Hertzsprung-Russell Diagramm an der
unteren Verlängerung des Cepheidenstreifens. Sie sind den Cepheiden
ähnlich, aber mit geringerer Helligkeit und kürzerer Amplitude.
2.3 δ Scuti Sterne
Seite: 2.37
Abbildung 2.14: Lichtkurven in U, B, V und in B-V von β Cas, ein Variabler vom δ Scuti Typ. Die
Helligkeiten sind relativ zu einem Vergleichsstern.
δ Scuti Sterne
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