Wiederholung der letzten Vorlesungsstunde: Atomistischer Aufbau der Materie, historische Entwicklung des Atombegriffes Atome Thema heute: Aufbau der Materie, Atommodelle Teil 2 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 25 Atommodelle 1. Dalton: Atome sind kleine, kugelförmige, gefüllte, elastische Gebilde erklärt: Masse „Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen“, Aggregatzustand erklärt nicht: Elektronen, Protonen, Radioaktivität, Farbe, Spektren, Erscheinungen der Elektrolyse 2. Thomson: Feststellung: Es existieren negativ geladenen Elektronen ⇒ Atome sind kleine Kugeln, die mit Masse mit positiver Ladung gefüllt sind: darin sind Elektronen auf festen Plätzen eingebettet („Rosinenbrötchen“). 3. Rutherford: Physiker Lenard (1862 – 1947) ⇒ Kathodenstrahlen H. Hertz (1857 – 1894) E. Rutherford (1871 – 1937) Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 26 Der Rutherford-Versuch Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 27 Rutherford: ⇒ Die gesamte positive Atomladung + fast die gesamte Masse sind auf einen Bereich von ca. 10-14 – 10-15 m im Mittelpunkt eines jeden Atoms konzentriert (Atomkern, Atomkerndurchmesser). ⇒ Die Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen um den Atomkern herum. 1 (Radius ca. 10-10 m, Atomdurchmesser, Durchmesser des Atomkerns ist ca. 10000 des gesamten Atoms) In den Atomen ist daher viel Leerraum; Größenvergleich: Stecknadelkopf, 3 mm Ø als Atomkern Atomdurchmesser 30 Meter Schwächen des Modells: Bewegte Elektronen erzeugen ein veränderliches Magnetfeld / elektrisches Feld ⇒ Abstrahlung von Energie ⇒ Elektronen würden in den Kern stürzen (in ca. 10-6 Sekunden)! Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 28 Zwischen positiven und negativen Ladungen, elektrisch geladenen Teilchen oder Körpern wirken elektrostatische Kräfte. Gleichgeladene Teilchen stoßen sich ab; entgegengesetzt geladene Teilchen ziehen sich an. Die Kraft, die zwischen einzelnen Ladungen wirkt, die elektrostatische Kraft F, lässt sich mit dem Coulomb-Gesetz berechnen. Ladung 1 Coulomb (Elektrizitätsmenge) 1 Coulomb = Elektrizitätsmenge, die während der Zeit 1 s bei einem zeitlich gleichen elektrischen Strom der Stärke 1 A durch einen elektrischen Leiter fließt. C=A*s Q1 ⋅ Q2 ⋅ Fc = 4πε o r2 1 Fc = Coulomb-Kraft εo = elektrische Feldkonstante, 8,854 ⋅ 10 Q1, Q2 = Ladungen; Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling −12 A2 ⋅ s 4 m 3 ⋅ kg r = Ladungsabstand 29 Rutherford'sches Atommodell: Elektronen fliegen um den Atomkern Es existiert viel Platz und ein positiv geladener Atomkern Elementarteilchen (Grundbausteine der Materie) für Chemie: Elektron Neutron Proton m (e⊝) e– no p+ Masse ~ 1u (unit) Name : Nukleonen 1 ≈ m (p⊕) 2000 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 30 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 31 Der Atomaufbau Ladung eines Teilchens: Anzahl Protonen – Anzahl Elektronen; Beispiel: Atom mit 6 Protonen: Kernladungszahl = 6 + 6 Neutronen ⇒ Nukleonenzahl = 12 (Massenzahl) Zahl der Elektronen = Zahl der Protonen = 6 Symbole für die einzelnen Atomsorten p⊕ = 6 Symbol C Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling Element Kohlenstoff, 32 Unterschiedliche „Nuklide“ sind möglich, wenn bei gleicher Ordnungszahl (gleiches Element!) eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen vorhanden ist. Massenzahl 12 C 6 Kohlenstoff-12 Symbol Ordnungszahl Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 33 Nukleonenzahl Elementsymbol Protonenzahl Anzahl Neutronen: Nukleonenzahl – Protonenzahl 1H 1 Wasserstoff 2H 1 Deuterium 3 1 H Tritium (radioaktiv) Isotope: Nuklide (Atomkerne) mit gleicher Protonenzahl (= Elemente) aber verschiedener Neutronenzahl (und damit unterschiedlicher Nukleonenzahl). Insgesamt existieren ca. 340 natürlich vorkommende Nuklide, 270 sind stabil, 70 radioaktiv. Es existieren 92 natürlich vorkommende Elemente Die meisten Elemente sind Mischelemente Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 34 Teilchen Symbol Masse Ladung Neutron n 1 u; 1,67 10-27 kg neutral Proton p+ 1 u; 1,67 10-27 kg +1,6 10-19 C Elektron e- 0,00055 u; 0,91 10-30 kg -1,6 10-19 C 1 Die atomare Masseneinheit u ist definiert als der Masse eines Atoms des 12 Kohlenstoffnuklids 12C 12 C ⇒ 12 u 1 u = 1,6606 · 10-27 kg 6 1 cm3 Materie ~ 1023 Atome Protonenzahl = Kernladungszahl Protonenzahl = Elektronenzahl Nukleonenzahl =Protonenzahl + Neutronenzahl Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 35 118 bekannte Elemente: lückenlose Folge der Protonenzahl 1 bis 118. (= Ordnungszahl) Mischelemente: Mischungen aus verschiedenen Isotopen Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 36 Schematische Skizze eines Massenspektrometers Experimenteller Nachweis von Isotopen: Massenspektroskopie: Isotope unterscheiden sich in der Anzahl der Neutronen und damit in der Masse. Gasteilchen – Ionisation: Ablenkung durch ein elektrisches und ein magnetisches Feld. Ablenkung ist abhängig von dem Quotienten aus Ladung und Masse Trennung nach Masse Genauigkeit ~ 10-6 u Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 37 Schematische Skizze eines Massenspektrometers Experimenteller Nachweis von Isotopen: Massenspektroskopie: Isotope unterscheiden sich in der Anzahl der Neutronen und damit in der Masse. Gasteilchen – Ionisation: Ablenkung durch ein elektrisches und ein magnetisches Feld. Ablenkung ist abhängig von dem Quotienten aus Ladung und Masse Trennung nach Masse Genauigkeit ~ 10-6 u Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 38 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 39 Vergleich der Massen von Atomen mit der Summe der Massen der Protonen und Neutronen: 4He = 4,0026 u 2 p⊕ + 2 n 4,0319 u 4He um 0,0293 u leichter! „Die Masse eines Nuklids (bei Nukliden mit Ordnungszahlen kleiner der des Eisens) ist kleiner als die Summe der Masse seiner Bausteine.“ E=m· Einstein: Masse-Energie-Äquivalenz c2 c: Lichtgeschwindigkeit ~ 3 · 108 m/s Gesetz von der Äquivalenz von Masse und Energie! 4,0026 g 4He Massendifferenz 0,03 g Kernbindungsenergie E ~ 2,7 · 1012J (Tera-Joule) chemische Reaktion: ~ 20 – 1000 kJ ~ 106 J Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 40 2 1 D +13 T → 42 He +10 n Kernfusion: (Kernverschmelzungen) (Tritium) 1 kg He + 17,6 MeV (1 eV = 1,6 · 10-19J) 200 Millionen kWh Energie! Aber: Kernfusion funktioniert ab einer Temperatur von ca. 106 Kelvin! Temperaturskala Bewegungsenergie + Schwingungsenergie bei T = 0 K (Kelvin) keine Bewegungs- und Schwingungsenergie der Teilchen K = °C + 273,15 Bei Kernreaktionen wird Masse in Energie (und umgekehrt) umgewandelt; es werden Atomkerne verändert. Dabei spielt die Elektronenhülle keine Rolle. Der Energieumsatz ist ca. 106 mal größer als bei chemischen Reaktionen. Dabei treten messbare Masseveränderungen auf. Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 41 Kernfusion in Sternen 1. Wasserstoffbrennen 2 1 D + T → He + n 3 1 4 2 1 0 Dauer je nach Sternenmasse 107 bis 1010 Jahre Unsere Sonne: 7 ⋅ 1014 g Wasserstoff/s 4 ⋅ 1023 kJ, (7 ⋅ 108 t) 2. Heliumbrennen bei 108 K zu 12 16 20 6 C, 8 O, 10 Ne Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 42 Element – Kernumwandlungen: Radioaktivität Instabile Atomkerne wandeln sich unter Ausstoßung von Elementarteilchen oder kleinen Kernbruchstücken in andere Nuklide um. Bei solchen Kernreaktionen werden große Energiemengen freigesetzt. 1896 1898 1903 Becquerel: Uranverbindungen senden „Strahlen“ aus. Pierre u. Marie Curie: Radium entdeckt, aus Pechblende (Uranerz) isoliert. Rutherford/Soddy: Radioaktivität beruht auf Zerfall von Atomkernen "natürliche Radioaktivität" Aussendung von Strahlung Strahlenaussendung lässt sich nicht durch äußere Einwirkung beeinflussen. Radioaktive Präparate sind immer wärmer als Umgebung 3 unterschiedliche Arten von Strahlen Strahlen wirken auf Umgebung ionisierend Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 43 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 44 Radioaktivität - 3 Arten radioaktiver Strahlung Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 45 A ZE α-Strahlung: He2⊕ α-Zerfall 226 88 Ra β-Strahlung: Elektronen → → A ZE A-4 Z -2 E' 222 86 Rn → Das Elektron stammt aus dem Atomkern; Zerfall eines Neutrons: n p⊕ + e⊝ + γ 4 2He + + A Z+1E' 4 2He + 40 19 K + Energie Gleichung für Kernreaktionen e⊝ + Energie → 40 20 Ca + e⊝ γ-Strahlung: Abgabe hochenergetischer elektromagnetischer Strahlung Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 46 Die radioaktive Zerfallsgeschwindigkeit Radioaktive Zerfallsprozesse verlaufen 1) statistisch und 2) nach einem exponentiellen Zerfallsgesetz Nt = No ⋅ e −kt K: Zerfallskonstante Halbwertszeit 238 92 U : 214 84 Po : t1/2 = 4,5 109 Jahre t1/2 = 1,6 10-4 Sekunden Altersbestimmung "biologischer" Materialien: Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 47 Altersbestimmungen Altersbestimmung "biologischer” Materialien 14C-Methode (Libby 1947) 14 14 7 N + n → 6 C * + 11p Bei konstanter Neutroneneinstrahlung (kosmische Strahlung) besteht ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Zerfall von 14C in der Atmosphäre. Die Halbwertszeit von 14C beträgt 5730 Jahre. Alter von Mineralien Die größte Halbwertszeit einer Zerfallsreihe bestimmt die Geschwindigkeit des Zerfalls. 238 9 92 U t = 4,5 • 10 Jahre 1 2 238 Berechnung des Alters aus den Verhältnissen 206 Pb / 82 92 U andere Methoden: 87 87 38 Sr / 37 Rb oder Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 40 40 18 Ar / 19 bzw. 4 238 He / 2 92 U K 48 Nachweis/Messung radioaktiver (ionisierender) Strahlung Ionisationskammer/Geiger-Müller-Zählrohr Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 49 Szintillationszähler Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 50 Natürliche, radioaktive Zerfallsreihen 1) Uran-Radium-Reihe (238U) 2) Thorium-Reihe 3) Uran-Actinium-Reihe (235U) 4) Neptunium-Reihe Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 51 Vorlesung Allgemeine Chemie, Prof. Dr. Martin Köckerling 52