Weniger Nebenwirkungen bei gleichbleibend hoher Effektivität?

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Original- und Übersichtsarbeiten ó CME-Schwerpunkt: Kardiologie óó
Aktuelle Entwicklungen in der Antiarrhythmikatherapie
Weniger Nebenwirkungen
bei gleichbleibend hoher Effektivität?
JAN WILKO SCHRICKEL1
Abstract
óó Die verfügbaren Pharmaka zur Behandlung kardialer
Arrhythmien besitzen aufgrund ihres relevanten Nebenwirkungsrisikos eine in der Langzeittherapie limitierte Einsetzbarkeit. Neue Antiarrhythmikaentwicklungen haben daher neben hoher antiarrhythmischer
Effektivität eine Reduktion der Nebenwirkungsrate
zum Ziel.
Innovationen in der pharmakologischen Therapie finden sich aktuell in der Hauptsache bei der Behandlung
von Vorhofflimmern. Angriffspunkte sind die spezifische Beeinflussung atrialer Ionenkanäle, Gap-Junction-Modulation sowie antifibrotische und antiinflammatorische Mechanismen. Zudem sind neue
Klasse-III-Substanzen mit reduziertem Nebenwirkungsspektrum auf dem Weg.
óó Schlüsselwörter Antiarrhythmika ó atriales Remodeling ó Vorhofflimmern ó atriale Ionenkanäle ó Dronedaron
óóóó Bei der chronischen Behandlung lebensbedrohlicher ventrikulärer Rhythmusstörungen spielt aufgrund der herausragenden Effektivität der ICD-Therapie [1] die Pharmakotherapie
heutzutage eine flankierende Rolle. Der Fokus der aktuellen
Forschung liegt auf der Entwicklung neuer Antiarrhythmika zur
Behandlung des Vorhofflimmerns, welches als häufigste Arrhythmie mit einem hohen Grad an Morbidität und Mortalität
von großer epidemiologischer Bedeutung ist [2]. Insbesondere
vor dem Hintergrund des zunehmenden Einsatzes interventioneller ablativer Verfahren [3] wird an neu entwickelte Antiarrhythmika ein besonderer Anspruch bezüglich der Effektivität
und Sicherheit gestellt.
Pharmakologische Therapie des Vorhofflimmerns
Es werden zwei Ansätze der Therapie des Vorhofflimmerns
verfolgt: Die Frequenzkontrolle steht der Rhythmuskontrolle
gegenüber. Beide Regimes zeigten in großen Studien (AFFIRM,
SPAF, RACE, PIAF) keine Unterschiede bezüglich der kardiovaskulären Prognose. Der Erhalt des Sinusrhythmus ist hier aber
mit einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität verbunden [4, 5]. Daher zielen neuere Entwicklungen in der Pharmakotherapie auf Substanzen, die den Sinusrhythmus wiederherstellen und erhalten können.
Nachteile „traditioneller“ Antiarrhythmika
Die hohe Nebenwirkungsrate und auch eine eingeschränkte
Effektivität der vorhandenen Antiarrhythmika limitieren häufig
deren Einsatz. An relevanten Nebenwirkungen sind die teilweise ausgeprägte Proarrhythmogenität, aber auch Organschädigungen von Bedeutung. So waren Klasse-I- und -III-Antiarrhythmika bei struktureller Herzerkrankung mit einer erhöhten
Mortalität assoziiert [6, 7]. Das effektivste antiarrhythmische
Medikament Amiodaron weist das weiteste Nebenwirkungsspektrum auf.
óó 1Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn
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Amiodaron
Als Klasse-III-Antiarrhythmikum nach Vaughan-Williams wirkt
Amiodaron hauptsächlich auf IK- und Ito-Kaliumkanäle; es weist
jedoch weitere Eigenschaften auf:
ó Reduktion des schnellen Natriumeinstroms (Klasse I),
ó Blockade von Kalziumkanälen (Klasse IV),
ó Beta-Rezeptor-blockierende Eigenschaften (Klasse II).
47
óó Original- und Übersichtsarbeiten ó CME-Schwerpunkt: Kardiologie
Tabelle 1
Relevante Nebenwirkungen von Amiodaron
Extrakardiale Nebenwirkung [10]
Häufigkeit
Schilddrüse
•Hypothyreose
•Hyperthyreose
•Thyreotoxische Krise
Bis zu 5%
Bis zu 3,3%
Bis zu 4%
Leber
•Transaminasenanstieg
•Hepatitis, teilweise
fulminanter Verlauf
Lunge (Alveolitis, Pneumonitis,
Lungenfibrose)
Bis zu 40%
Selten (< 1/1000)
5–10%
Auge
• Korneaablagerungen
• Optikusneuritis
Bis zu 90%
Selten, Einzelfälle
Niere: Anstieg des Kreatinins,
üblicherweise moderat, reversibel
Gelegentlich
(< 1%)
Neurologisch (Tremor, Ataxie,
Kopfschmerzen)
Max. 1%
Haut (Photosensibilität)
Max. 1%
Kardiale Nebenwirkung [10]
Sinusbradykardie
Proarrhythmie, Torsade de pointes
Bis zu 2,4%
Insg. ca. 1%
Nach den aktuellen Leitlinien ist es aufgrund seiner niedrigen
proarrhythmogenen Wirkung (Tab. 1) [9–11] das Mittel der Wahl
bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung [8]. Die Mortalität wird allerdings nicht günstig beeinflusst [11], was auf der
hohen Rate extrakardialer Nebenwirkungen (Tab. 1) beruht. Die
extrakardialen Nebenwirkungen von Amiodaron machen in bis
zu 26% der Fälle eine Terminierung der Therapie erforderlich
[10].
Wirkweise von modernen Antiarrhythmika
Die zellulären Angriffspunkte der meisten Antiarrhythmika sind
kardiomyozytäre Ionenkanäle; sie bewirken meist eine Verlängerung des Aktionspotenzials (Abb. 1). Im Gegensatz zu den
häufig unselektiven klassischen Antiarrhythmika (Klasse I:
Natriumkanäle; Klasse III: Kaliumkanäle; Klasse IV: Kalziumkanäle) beeinflussen neuere Antiarrhythmika spezifisch einzelne Ionenkanäle oder anatomisch determinierte Ionenkanalgruppen. Hierdurch könnte im Idealfall eine gezielte Beeinflussung
der elektrophysiologischen Eigenschaften in einem spezifischen
Kompartiment, z. B. auf Vorhofebene, gelingen. Insbesondere
das ventrikuläre proarrhythmogene Risiko kann hierdurch reduziert werden. Eine Übersicht über ausgewählte Substanzen
und deren Zielstrukturen zeigen Tabelle 2 und Abbildung 2.
Vorhofspezifische Wirkstoffe
Im Gegensatz zum Ventrikelmyokard besitzt das Vorhofaktionspotenzial ein negativeres Ruhemembranpotenzial und eine
kürzere Plateauphase bei langsamerer Repolarisation. Hierfür
sind hauptsächlich drei vorherrschende Kanalsysteme verant-
Tabelle 2
Übersicht über neue spezifische Antiarrhythmika
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Substanz
Wirkung
VorhofKlinische Studien zu
spezifität Vorhofflimmern
AZD7009
Blockade von IKur, Ito, IKr, IKs, INa; selektive Verlängerung der
atrialen Refraktärzeit
Relativ
Phase II
AVE1232
Blockade atrialer Kaliumkanäle (IJv1.5, IKv4.3, IKChIP2.2b, IK(Ach);
geringer Effekt auf IKr, IKs, IKATP, ICa, INa)
Relativ
Nein
Vernakalant
(RSD1235)
Blockade von IKur, Ito, IKr, INa; spannungs- und
frequenzabhängiger Effekt
Relativ
Phase III abgeschlossen
(i. v. Applikation)
RS-100302
Blockade des 5-HT4-Rezeptors; Beeinflussung von ICa(L) und
verminderte Kalziumüberladung; weniger getriggerte Aktivität
Nein
Nein
Rotigaptid
(ZP-123)
Wiederherstellung/Verbesserung der interzellulären elektrischen
Verbindung via Gap-Junction-Modulation
Nein
Nein, Phase II bei struktureller Herzerkrankung
Pirfenidon
Blockade der TNF-α-induzierten Fibroblastenproliferation und
Kollagensynthese; dadurch antifibrotisch
Nein
Nein, Lungenfibrose
Nephropathie, MS
Azimilid
Klasse-III-Antiarrhythmikum, prädominant Blockade von IKr, IKs
Nein
Phase III
Tedisamil
(KC-8857)
Blockade diverser Ionenströme (IKr, IKs, IKATP, Ito, INa)
Nein
Phase III
Cevilaron
Amiodaronderivat; Blockade von IK(Ach), IKr, IK, ICa(L); Inhibition von
(SSR149744C) Kalziumströmen; Alpha-1- und Beta-1-Blockade; Stimulation des AT1-Rezeptors
Nein
Phase II/III
Dronedaron
Nein
Phase III abgeschlossen
Amiodaronderivat; Blockade von INa, IKr, IK, ICa(L) und IK1; antiadrenerg
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Abbildung 1
Typisches Aktionspotenzial eines
Kardiomyozyten
Phase 1 I to
Phase 2 I
CaL
0
mV
ß 80
I kur
I Na
I Ks
I Kr
Phase 3
Phase 0
I KACh
IK1
I KACh
IK1
If
Schrittmacherpotenzial
Phase 4
NCX
200 ms
IK1
I Na
I to
I Kur
I CaL
I Kr
I Ks
dung [15]. Piboserod ist ein selektiver 5-HT4-Rezeptor-Antagonist,
der in einer Phase-II-Studie in Patienten mit Herzinsuffizienz
eine Verbesserung der linksventrikulären Pumpfunktion (1,4%)
zeigte (unveröffentlicht, Heart Failure 2008). Die antiarrhythmische Wirksamkeit wurde nicht untersucht, Studien hierzu
bleiben abzuwarten.
NCX
If
I KACh
wortlich (Abb. 1, 2): Ito (Phase 1), IKur (Phase 2) und IK1 (Phase
3). Eine vorhofspezifische Blockade dieser Kanäle hat potenziell
den Vorteil der Vermeidung ventrikulärer Proarrhythmien. Allerdings existiert bisher noch keine Substanz ohne Residualeffekt
auf ventrikuläre Kanalsysteme.
Vernakalant (RSD1235)
Vernakalant ist ein vorhofspezifischer Wirkstoff, der selektiv
atriale Ionenkanalsysteme blockiert (Tab. 2, Abb. 2). Seine Effizienz in der Konversion von Vorhofflimmern konnte in mehreren
Phase-II- und -III-Studien nachgewiesen werden (CRAFT, ACT
I–IV; [12]). Die Konversionsrate lag unter i.v. Gabe bei 51,7%
gegenüber 4% in der Plazebogruppe (p < 0,001) bei Behandlung
innerhalb von sieben Tagen und bei 37,6% versus 2,6% (p < 0,001)
bei Episoden zwischen 8 und 45 Tagen. Bisher wurde keine
ventrikuläre Proarrhythmie gesehen [13]. Vernakalant liegt
aktuell zur intravenösen Applikation vor, allerdings noch ohne
Zulassung in Deutschland [14]. Eine Phase-III-Vergleichsstudie
(Konversion von Vorhofflimmern versus Amiodaron, AVRO-Studie) befindet sich in der Rekrutierungsphase. Die orale Darreichungsform (300 mg/d vs. 600 mg/d) wird in einer Phase-IIStudie geprüft.
Serotonin-Rezeptorantagonisten
Ein noch experimenteller Ansatz ist die spezifische Antagonisierung des über den atrialen 5-HT4-Serotonin-Rezeptor induzierten
L-Typ-Kalziumstroms (Tab. 2, Abb. 2). Die Stimulation dieses
Rezeptors führt über sarkoplasmatische Kalziumfreisetzung zu
einer Erhöhung der atrialen Chronotropie und Inotropie. Im
Tiermodell konnte durch Hemmung des 5-HT4-Rezeptors mit
dem spezifischen Antagonisten RS-100302 eine Konversion von
persistierendem Vorhofflimmern in > 80% gezeigt werden, a. e.
über eine Verminderung der kardiomyozytären Kalziumüberla-
CARDIO VASC
Abb. 1 Die grünen Kästen zeigen einen nach auswärts gerichteten
Ionenfluss über den bezeichneten Kanal an, die weiß unterlegten einen
Einwärtsstrom. In der Ruhephase (Phase 4) fließen langsam positiv
geladene K+-Ionen aus der Zelle; dies hält das negative Ruhemembranpotenzial (um –80 mV) aufrecht. Erreicht das Ruhemembranpotenzial
einen kritischen Schwellenwert, strömen positive Na+-Ionen massiv
in das Zellinnere (INa) und depolarisieren die Zelle (Phase 0). Hierauf
kommt es zum Ca2+-Einstrom über den L-Typ-Kalziumkanal (ICal): Plateauphase (Phase 2). Bei der Repolarisation werden auswärts gerichtete Kaliumkanäle aktiviert: initial schnell aktivierte Ito und IKur (Phase 1).
Die finale Repolarisation auf das Niveau des Ruhepotenzials erfolgt
durch IKr und IKs (Phase 3). Intrazelluläres Na+ und Ca2+ werden dann
von ATP verbrauchenden Na2+-K+- und Na+-Ca2+-Pumpen wieder gegen
extrazelluläres K+ ausgetauscht. Schrittmacherzellen haben einen
Kaliumstrom (If ), der zur spontanen Depolarisation führt (Phase 4). Der
dominante Effekt von Ito, IKur und IK1 im Vorhof führt zu einem gegenüber dem Ventrikel negativeren Ruhemembranpotenzial bei kürzerer
Plateauphase und Aktionspotenzialdauer. Mod. nach [37].
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Gap-Junction-Modulation
Eine Verbesserung der interzellulären Leitfähigkeit von GapJunction-Proteinen wird durch Gap-Junction-modifizierende
antiarrhythmische Peptide bewirkt, welche 1980 erstmals beschrieben wurden [16]. Rotigaptide als wichtigster Vertreter
dieser Substanzklasse ist ein synthetisches Gap-Junction-modifizierendes Peptid [17]. Es verbessert die interzelluläre elektrische Kopplung atrialer und ventrikulärer Kardiomyozyten
[18]. Ferner reduziert es eine durch Azidose, Wandspannung
oder hohe Frequenzen verursachte Dezeleration der atrialen
Leitung und verhindert somit primär Reentry-Phänomene [19,
20]. Fokale Ektopien werden nicht beeinflusst [21]. Im Tiermodell mit chronischer atrialer Dilatation reduziert Rotagaptide
das Auftreten und die Dauer von Vorhofflimmerepisoden signifikant [17]. Die Daten dieser experimentellen Studien weisen
aktuell auf einen Effekt von Rotigaptide insbesondere im strukturell veränderten Myokard hin. Es befindet sich in der frühen
klinischen Erprobung, Daten liegen noch nicht vor; ein limitierender Faktor ist die geringe Bioverfügbarkeit [18].
Dronedaron
Aufgrund der hohen Effektivität von Amiodaron liegt ein Schwerpunkt der Antiarrhythmikaentwicklung auf neuartigen KlasseIII-Antiarrhythmika mit vermindertem Nebenwirkungsprofil.
Dronedaron ist ein durch eine Vielzahl von Studien untersuchtes
Antiarrhythmikum. Wie Amiodaron zeigt das ioddeprivierte
Benzofuranderivat Effekte aller vier Antiarrhythmikaklassen
nach Vaughan-Williams. Durch eine kürzere Halbwertszeit (ca.
48 h) ist die Steuerbarkeit gegenüber Amiodaron (ca. 30–55
Tage) verbessert. Es zeigte in allen bisherigen Studien ein geringeres extrakardiales Nebenwirkungsprofil und weniger proarrhythmische Ereignisse als Amiodaron.
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óó Original- und Übersichtsarbeiten ó CME-Schwerpunkt: Kardiologie
KC hl P2.2
minK
KCR1
MiRP1
ACh
zeigte im Tierversuch eine ähnliche Kanalwirkung wie AmiodaDie Phase-II-Studie DAPHNE zeigte ein signifikant längeres
ron [26]. Die MAIA-Studie war eine Phase-II-Studie bei Patienten
Intervall im Sinusrhythmus nach Konversion von Vorhofflimmit akutem Vorhofflimmern und -flattern und evaluierter Simern unter Dronedaron 800 mg täglich (Median: 60 d) gegenüber
cherheit und Effektivität im Er-halt des Sinusrhythmus von
Placebo (5,3 d; p = 0,001) [22]. EURIDIS (Europa) und ADONIS
Celivaron 50 mg/d gegen Placebo. Die Vorhofflimmerrezidivrate
(amerikanischer Kontinent, Australien, Südafrika) als analoge
war in der Verumgruppe signifikant niedriger (52,1% versus
Phase-III-Studien zeigten eine Verringerung des primären End67,1% unter Placebo), es traten keine relevanten Proarrhythmien
punktes (Dauer bis zum Rezidiv von Vorhofflimmern) durch
oder Schilddrüsenfunktionsstörungen auf (unpubliziert, Heart
Dronedaron 800 mg/d im Vergleich zu Placebo (EURIDIS: 96 d
Rhythm 2007). Die doppelblinde, randomisierte CORYFEE-Studie
versus 41 d, p = 0,01; ADONIS: 158 d versus 59 d, p = 0,002). Es
war eine Dosisfindungsstudie (Konversion in Sinusrhythmus
gab hier weder Proarrhythmien noch relevante Organtoxizität
unter 300 mg/d versus 600 mg/d Celivaron p. o.). Die Ergebnisse
[23].
wurden bisher noch nicht präsentiert, eine abschließende BeurIm Gegensatz zu diesen guten Ergebnissen musste die ANteilung ist daher noch nicht möglich.
DROMEDA-Studie wegen Übersterblichkeit in der Dronedarongruppe abgebrochen werden. Untersucht wurde hier ein Hochrisikokollektiv (moderate bis schwere Herzinsuffizienz NYHA
Antiinflammatorische und antifibrotische Therapie
III–IV, LVEF < 35%). Es kam zu einer Verschlechterung der
Inflammation und assoziierter fibrotischer Umbau sind arrhythprimären Endpunkte (Hospitalisation, Tod) unter Dronedaron.
mogene Substratfaktoren und Charakteristika des atrialen Re25 Patienten in der Donedarongruppe verstarben (8,1%) gegenmodeling, die die Entstehung und Perpetuierung von Vorhofüber zwölf Patienten in der Placebogruppe (3,8%); p = 0,03. Es
flimmern begünstigen [27, 28]. Antiinflammatorische und -fiwurde postuliert, dass dies auf ein Absetzen von ACE-Hemmern
brotische Substanzen werden aktuell bereits in der Behandlung
und AT1-Rezeptor-Antagonisten aufgrund eines moderaten Ander Lungenfibrose, multiplen Sklerose und Nephropathie klinisch erprobt. Pirfenidon als kombinierter TNF-α-Synthesehemstiegs der Retentionsparameter in der Dronedarongruppe zumer und TNF-α-Rezeptorblocker zeigte im Tiermodell mit Herzrückzuführen sei [24].
insuffizienz und chronischem Vorhofflimmern eine VermindeDie im Anschluss veröffentlichte ATHENA-Studie [25] schloss
rung atrialer Kollagenablagerungen und eine deutlich vermin4628 Patienten > 75 Jahre mit Vorhofflimmern sowie Patienten
derte Fibrosierung. Dies führte zu einer signifikanten Substrat> 70 Jahre mit mindestens einem Risikofaktor (Hypertonie, Diamodifikation mit drastischer Verkürzung von induzierten Vorbetes mellitus, Z. n. TIA oder Schlaganfall, LA > 50 mm oder LVEF
< 40%) ein. Dronedaron (2 x 400 mg/d)
versus Placebo zeigte eine signifikante
Abbildung 2
Reduktion des primären Endpunktes sowie
Ionenströme, Ionenkanäle und Rezeptoren als Ziele
dreier sekundärer Endpunkte (Abb. 3).
antiarrhythmischer Therapie
Dronedaron ist mit den Ergebnissen dieser
Studie ein vielversprechendes neues AntiI Kr
I Ks
I to
I Kur
IK1
I KACh
arrhythmikum bei Patienten ohne hochgradig reduzierte LV-Funktion oder symptomatische Herzinsuffizienz. Die Zulassung wird in Deutschland in den nächsten
Wochen erwartet (Handelsname MulK+
K+ G-Protein
K+
K+
K+
K+
taq®).
Blocker:
Blocker:
– AZD 7009 – AZD 7009
– Vernakalant – Tedisamil
– Tedisamil
Celivaron (SSR149744C)
Auch bei Celivaron handelt es sich um ein
Amiodaronderivat ohne Iodanteil. Es
Blocker:
Blocker:
– AVE 1232 – AZD 7009
– Vernakalant
– Tedisamil
Blocker:
Blocker:
– AZD 7009
– Xen-D0101
– Vernakalant
Ca2+
Ca2+
SR
Ca2+
Ca2+
50
Blocker:
Blocker:
– Vernakalant – Ivabradine
– Tedisamil
Blocker:
– RS-100302
Agonist:
+ Rotagaptide
Ca2+
+
Na
PKA P
ß
ß
G-Protein
MiRP1
Abb. 2 Das Schema zeigt einen Kardiomyozyten mit Ionenkanälen und Rezeptorsystemen als Angriffspunkte antiarrhythmischer
Substanzen. Die sukzessiven Blocker bzw.
Antagonisten sind dem betreffenden Ionenkanal zugeordnet. Ivabradine wird aktuell
bei KHK zur Frequenzoptimierung eingesetzt.
Ein Einsatz als spezifisches Antiarrhythmikum, z. B. bei inadäquater Sinustachykardie
ist aktuell nur off-label möglich. M: Muscarinrezeptor; ACh: Acetylcholin; SR: Sarkoplasmatisches Retikulum; PKA: Proteinkinase A; P:
Phosphat; 5-HT4: 5-HT4-Serotoninrezeptor.
Mod. nach [37].
5-HT4
+
+
K
Na
I Na
If
Serotonin
2+
Ca
I CaL
Gap-junction
{
Zytosol
Connexon
Extrazellulärraum
Connexon
Connexin
CARDIO VASC
Zytosol
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Original- und Übersichtsarbeiten ó CME-Schwerpunkt: Kardiologie óó
Abbildung 3
Ergebnisse der ATHENA-Studie
Prozent nach 3 Monaten (%)
40
p < 0,001
RR
24%
p < 0,001
RR
26%
Placebo
Dronedaron
30
20
p = 0,18
RR
16%
p = 0,03
RR
29%
10
0
Primärer
Endpunkt
Hosp.
Mortalität
Kardiovask.
Mortalität
Abb. 3 Das Balkendiagramm zeigt den primären und die sekundären
Endpunkte der ATHENA-Studie nach 30 Monaten. Der primäre Endpunkt war stationäre Aufnahme wegen kardiovaskulärer Ursachen
und Gesamtmortalität, sekundäre Endpunkte waren die Einzelevaluation von stationärer Aufnahme wegen kardiovaskulärer Ursachen
(Hosp.), kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität. ATHENA
konnte eine Verminderung des primären Endpunktes um 24% unter
Dronedaron zeigen. Alle sekundären Endpunkte außer der Gesamtmortalität zeigten eine signifikante Reduktion unter Therapie mit
Dronedaron [26]. RR: Relative Risikoreduktion.
hofflimmerepisoden [27] und zeigt exemplarisch die potenzielle
Effektivität einer solchen Therapie. Eine klinische Anwendung
ist derzeit noch nicht absehbar.
ACE-Hemmer/AT1-Rezeptorantagonisten, Statine,
Omega-3-Fettsäuren
Die vorhofflimmerpräventive Wirkung der Beeinflussung des
Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) durch ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten wurde aufgrund von Beobachtungsstudien postuliert. Der propagierte Wirkmechanismus
ist die Verminderung der Vorhoffibrose und eine Reduktion der
Vorhofdehnung [28]. Eine signifikant verminderte Inzidenz von
Vorhofflimmern unter Enalapril bei Herzinsuffizienz zeigte die
randomisierte TRACE-Studie (5,4% versus 24% unter Placebo;
p < 0,0001) sowie analog retrospektive Analysen der SOLVD(Risikoreduktion 55% unter Enalapril versus Placebo; p < 0,01)
und Val-HeFT-Studie (Risikoreduktion unter Valsartan 36% versus Placebo; p = 0,002) [29–31]. Ein analoger Effekt konnte für
Patienten nach aortokoronarer Bypassoperation gezeigt werden
[32].
Vor dem Hintergrund dieser positiven Ergebnisse wurde die
GISSI-AF-Studie aufgelegt. Untersucht wurden 1442 Patienten
mit paroxysmalem Vorhofflimmern im Sinusrhythmus mit zwei
dokumentierten Vorhofflimmerepisoden innerhalb der letzten
sechs Monate. Die primären Endpunkte waren Zeit bis zum
ersten Vorhofflimmerrezidiv und Anteil der Patienten mit mehr
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als zwei Rezidiven innerhalb eines Jahres. Valsartan zeigte in
dieser großen, randomisierten und placebokontrollierten Studie
keinen signifikanten Vorteil (relative Risikoreduktion 3% für
Vorhofflimmerrezidive versus Placebo) [33].
Die antiarrhythmische Potenz der Statine zeigte die ARMYDA-3-Studie mit Reduktion des Risikos für Vorhofflimmern nach
einem kardiochirurgischen Eingriff um ca. 60% unter Atorvastatin 40 mg/d [34]. Statine scheinen somit insbesondere bei
Patienten mit struktureller Herzerkrankung antiarrhythmische
Wirkung zu entfalten, der exakte Mechanismus ist noch ungeklärt. Prospektive Studien fehlen.
Es gibt einen experimentellen Anhalt dafür, dass Fischöl zu
einer Modulation von Connexinen führt und so eine antiarrhythmische Wirkung entwickeln kann [35]. Die Gabe von 2 g/d
mehrfach ungesättigte Fettsäuren gegenüber Placebo verminderte das Risiko für das Auftreten von postoperativem Vorhofflimmern nach einer Bypassoperation um 54%. Laufende Studien befassen sich prospektiv mit der Wirkung von Omega-3-Fettsäuren auf Vorhofflimmern [36]. Eine abschließende Empfehlung
ist noch nicht möglich.
Perspektiven
Die klinische Studienlage neuer Klasse-III-Antiarrhythmika und
auch der selektiven atrialen Kanalblocker lässt auf die klinische
Einführung weiterer Substanzen nach Dronedaron in naher
Zukunft hoffen. Die Verbesserung der Gap-Junction-Kopplung
mit Rotagaptide ist ein fortgeschrittener Ansatz; hier sind vor
einer breiten Anwendung aber noch weitere klinische Studien
abzuwarten. Tierexperimentelle Studien mit spezifischeren
Gap-Junction-Modulatoren (z. B. von Connexin40 als prädominantes atriales Connexin) oder mit Fokus auf antifibrotische
sowie antiinflammatorische Mechanismen mit positiver Beeinflussung des atrialen Remodeling liefern aktuell Grundlagendaten für die Entwicklung neuer und innovativer Pharmakotherapien der Zukunft.
Die Entwicklung von Antiarrhythmika wurde lange durch
das erhebliche Risiko von Nebenwirkungen unter klassischer
Antiarrhythmikatherapie gebremst. Das Verständnis der Mechanismen kardialer Arrhythmien auf molekularer, biophysiologischer und Organebene haben aktuell die Grundlage für die
Generierung innovativer und vielversprechender neuer Substanzen gelegt. Vor diesem Hintergrund besteht die begründete
Hoffnung, dass das pharmakologische Armentarium im Kampf
gegen Herzrhythmusstörungen zukünftig durch effektive und
sichere Antiarrhythmika erweitert werden kann.
Literatur unter www.cardiovasc.de
Korrespondenzanschrift:
Dr. med. Jan Wilko Schrickel
Medizinische Klinik und Poliklinik II
Universitätsklinikum Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
D-53105 Bonn
E-Mail: [email protected]
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