Statistische Thermodynamik Inhalt Theorie Anwendungen

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Statistische Thermodynamik
Prof. Dr. W.S. Veeman
Inhalt
Theorie
I.
II.
III.
IV.
V.
A. Einleitung
B. Molekular-Dynamik Berechnungen
Die Energieniveaus der Moleküle
Moleküle ohne Wechselwirkung
A. Verteilungen
B. Die wahrscheinlichste Verteilung; das Boltzmann’sche Gesetz
Moleküle mit Wechselwirkung;
A. Die kanonische Gesamtheit
B. Die kanonische Zustandssumme für unabhängigen Teilchen
Die statistische Entropie
A. Das Teilchen in einem Kasten
B. Die Entropie
Anwendungen
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
XII.
XIII.
XIV.
XV.
XVI.
Literatur
Informationstheorie
Die Maximum-Entropie-Methode
Ein ideales, einatomiges Gas
Die Clausius-Clapeyron’sche Gleichung
Ein ideales mehratomiges Gas
A. Translation
B. Rotation
C. Schwingungen
Der Gleichverteilungssatz
Die thermodynamischen Größe
Die Zustandsgleichung eines idealen Gases
Die Gleichgewichtskonstante
Der ideale Kristall
A. Einstein’sche Modell
B. Debye’sche Modell
Flüssigkeiten
A. Zellentheorie
B. Radiale Verteilungsfunktion
P.W. Atkins, Physikalische Chemie
J.B.Ott und J. Boerio-Goates, Chemical Thermodynamics: Principles and Applications, Kap. 10
Zu den Kapiteln XV und XVI:
B. J. McLelland, Statictical Thermodynamics, Moore-Hummel: Physikalische Chemie, Kap. 21
und Kap.22.1 und 2.
1
I. Einleitung
_______________________________________________________________________________________
Theorie
I. Einleitung
Das Hauptproblem der Physikalischen Chemie besteht in der Berechnung von makroskopischen
Eigenschaften eines Systems aus den Eigenschaften der Atome und Moleküle, aus welchen das
System zusammengesetzt ist. Die makroskopischen Eigenschaften von Systemen beschreiben
wir mit thermodynamischen Variablen. Bisher ist bei dieser thermodynamischen Beschreibung
nicht unsere Kenntnis von den einzelnen Molekülen benützt worden, z.B. daß man im Prinzip
mit quantenmechanischen Methoden die Struktur und Eigenschaften eines Moleküls und die
Wechselwirkungen zwischen Molekülen ausrechnen kann.
Die Statistische Mechanik beschreibt und erklärt das Verhalten makroskopischer Systeme auf
Grund der Eigenschaften der Mikroteilchen (Atome, Moleküle, Ionen, usw.), aus denen die
Systeme zusammengesetzt sind und auf Grund der zwischen den Teilchen wirkenden Kräfte. Es
ist gebräuchlich, zwischen der Statistischen Mechanik des Gleichgewichtzustandes und des
Nichtgleichgewichtzustandes zu unterschieden. Erstere wird gewöhnlich Statistische
Thermodynamik genannt und befaßt sich mit Systemen im thermodynamischen Gleichgewicht.
Wir werden uns nur mit der Statistischer Thermodynamik beschäftigen.
Die Statistische Thermodynamik versucht also eine Verknüpfung herzustellen zwischen
mikroskopischen
Moleküleigenschaften
(Quantenmechanik)
und
makroskopischen
thermodynamischen Eigenschaften (Thermodynamik).
Das Problem ist natürlich, daß jedes makroskopische System eine sehr große Anzahl von
Teilchen, Atomen oder Molekülen enthält. Ein Gramm Sauerstoff besteht aus 1,88 x 1022
Sauerstoff Molekülen. Sicherlich kann man heutzutage die unterschiedenen Energiezustände
eines Moleküls Sauerstoff ausrechnen und auch die Wechselwirkungen zwischen zwei oder drei
Molekülen. Wahrscheinlich kann man eben für 1000 Moleküle mit zur Zeit t=0 gegebene
Ortskoordinaten xi , yi , zi , Massen mi und Impulse pxi , pyi , pzi diese Koordinaten für eine
spätere Zeit t ausrechnen (dieses Wissenschaftsteilgebiet wird Molekulare Dynamik genannt).
Aber für 1022 Teilchen ist eine solche Berechnung bisher, auch angenähert, nicht möglich.
Jede Theorie, die versucht das Verhalten makroskopischer Systeme durch die Eigenschaften von
Molekülen zu deuten, muß sich auf statistischen Methoden stützen. In der Thermodynamik geht
es um gemittelte Eigenschaften. Unter dem Druck eines Gases verstehen wir z.B. das zeitliche
Mittel der Kraft pro Flächeneinheit, die die Gasteilchen bei ihre Stößen an die Wand ausüben.
Dabei ist es nicht so wichtig zu wissen welche Teilchen in einem bestimmten Augenblick an die
Wand stoßen.
2
I. Einleitung
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Molekular-Dynamik Berechnungen, eine Einführung
Wie in der Einführung gesagt, ist es für eine beschränkte Zahl von Molekülen möglich
bestimmte makroskopischen Eigenschaften zu berechnen. Obwohl die Molekular-Dynamik
Berechnungen nicht zu dem Gebiet der Statistischen Thermodynamik gehören, zeigen wir hier
mit einem einfachen Beispiel doch wie das im Prinzip geht. Lass uns als Beispiel versuchen zu
berechnen, wie groß der Druck eines Gases ist.
Ausgegangen wird von einem System mit N identischen Molekülen. Wir nehmen an,
dass am Zeitpunkt t=t0 die Raumkoordinaten xi, yi, zi und die Geschwindigkeiten vxi, vyi, vzi von
allen N Teilchen gegeben sind. Eine logische Annahme für die Raumkoordinaten am t=t0 wäre,
dass die Teilchen einheitlich in einem Volumen verteilt sind (homogene Dichte). Die
Geschwindigkeit ist eine Vektorgröße mit Richtung und Größe. Für die Größen der Vektoren am
t=t0 ist eine vernünftige Annahme, dass sie das Maxwell’sche Gesetz entsprechen, siehe Abb.
I.1.
Anzahl
niedrige
Temperatur
hohe
Temperatur
Geschwindigkeit
Abb. I. 1
Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung
Für die Richtungen der Geschwindigkeitvektoren nehmen wir an, dass sie wieder einheitlich
über allen Richtungen verteilt sind (Abb. I.2).
Abb. I.2
3
I. Einleitung
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Mit diesen Annahmen sind für alle Teilchen am t=t0 die drei Raumkoordinaten xi(t0), yi(t0), zi(t0)
und die Geschwindigkeiten vxi(t0), vyi(t0), vzi(t0) gegeben.
Wir können jetzt die Koordinaten und Geschwindigkeiten für spätere Zeiten berechnen, z.B. für
t=t0+∆t. Hier muss ∆t kleiner sein als die Zeit zwischen den möglichen Stößen zwischen
Teilchen, z.B. ∆t=10-15 s. Dann:
x i (t 1 ) = x i (t 0 ) + v xi (t 0 ) ∆t
y i (t 1 ) = y i (t 0 ) + v yi (t 0 ) ∆t
z i (t 1 ) = z i (t 0 ) + v zi (t 0 ) ∆t
Für jeden nächsten Zeitintervall muss für alle Teilchen berechnet werden, ob zwei Teilchen in
diesem Intervall stößen werden oder nicht. Mit der gegebenen Durchmesser der Teilchen und
den Positionen und Geschwindigkeiten der Teilchen ist es ein einfaches geometrisches Problem
zu berechnen ob die Teilchen i und j im Zeitintervall tk+1-tk stößen oder nicht.
Beim Stößen ändern sich die Richtungen der Geschwindigkeitsvektoren der beiden beteiligten
Teilchen und müssen diese beide Vektoren neu berechnet werden. Dafür gibt es mehrere
Möglichkeiten. Man kann z.B. annehmen, dass die Teilchen sich als harte Kugel verhalten
(Billiardballe), oder man bringt die Abstandsabhängigkeit der Wechselwirkung in Rechnung mit
z.B. dem Lennard-Jones Modell (Abb. I.3).
Energie
R
Abb.I.3
Die Wechselwirkungsenergie zweier Molekülen als Funktion ihrer Entfernung R.
Wenn die Rechnung fortgesetzt wird und man betrachtet für jedes Intervall die möglichen Stöße
und die Folgen für die Geschwindigkeitsänderungen, dann ist der Druck des Gases, bestehend
aus N Moleküle, auf dem Wand zu berechnen.
4
I. Einleitung
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Unter der Annahme, dass die Teilchen elastisch mit der Wand stößen, ist die Kraft auf der Wand
gleich an der Summe der Änderungen der Impulse pro Zeiteinheit (Impuls = mv, wobei m die
Masse der Teilchen ist). Wie das geht, kann man vereinfacht im folgenden Beispiel sehen. Die
Vereinfachung besteht darin, dass wir annehmen, alle Teilchen haben die gleiche vx. Die Abb.
I.4 zeigt, dass für allen Teilchen in dem Volumen Ovx∆t, wofür vx nach rechts gerichtet ist, in
der Zeit ∆t die Wand erreichen (∆t wurde so kurz gewählt, dass in ∆t keine Stöße, die vx ändern
können, auftreten!).
V
Fläche=O
vx∆t
Abb. I.4
Nur die Moleküle innerhalb einem Zylinder mit dem Volumen Ovx∆t haben die
Möglichkeit mit der Wand zu stößen
Wenn im Volumen V sich n Mol Moleküle befinden, dann befinden sich im Volumen Ovx∆t:
nN A
Ov x ∆t
V
Teilchen (NA = Avogadro’sche Zahl), wovon die Hälfte sich nach rechts bewegt. Die Zahl der
Moleküle, die mit der Wand stößen, ist deshalb:
1 nN A
Ov x ∆t
2 V
Für elastischen Stößen gilt, dass bei einem Stoß die Geschwindigkeitskomponente vx von
Vorzeichen ändert, so dass die Änderung der Impuls gleich 2mvx ist. Für allen Molekülen, die in
∆t mit der Wand stoßen ist die Änderung des Impulses an der Wand pro Zeit ∆t deshalb:
1 nN A
nN A Ov 2x m
Ov x 2mv x =
2 V
V
5
I. Einleitung
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Damit ist der Druck auf der Wand:
Druck =
nMv 2x
Kraft
=
Fläche
V
I.1
wenn M=mNA, die molare Masse.
Im obigen Beispiel wurde angenommen, dass alle Geschwindigkeiten gleich sind, in der
Molekular-Dynamik Berechnung muß für jeden Zeitintervall berechnet werden, wie viel
Teilchen mit der Wand stößen und wie groß die Impulsänderung ist. Der Druck ist dann der
Mittelwert für allen Teilchen und viele Zeitintervalle. Mit wie viel Teilchen man solche
Rechnungen durchführen kann, hängt von der Geschwindigkeit und Speicherkapazität des
Rechners ab. In der Praxis können im Augenblick solche Berechnungen durchgeführt werden für
ca. 10.000 Teilchen und bis 105-106 Schritten.
Beobachte, dass unsere einfache Betrachtung, die zu der Gl. I.1 geführt hat, schon für ideale
Gase richtig ist, falls wir in Gl. I.1 die mittlere quadratische Geschwindigkeit v x2 einsetzen:
p∝
nM v 2x
V
(vergleiche mit Atkins I.3)
6
II. Die Energieniveaus der Moleküle
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_
II. Die Energieniveaus der Moleküle
Der Zustand eines Moleküls wird so vollständig wie möglich beschrieben durch die
Wellenfunktion Ψ, deren Änderung mit der Zeit gegeben ist durch die zeitabhängige
Schrödinger Gleichung:
ih
∂Ψ
=ĤΨ
∂t
(II.1)
wobei Ĥ der Hamiltonoperator ist (siehe Theoretische Chemie). Ĥ ist einen Differentialoperator,
der auf der Raumkoordinaten der Teilchen operiert.
Die Wellenfunktion Ψ kann geschrieben werden als Produkt ψ(q)φ(t), wo ψ abhängig ist von
den Koordinaten q und φ von der Zeit t. Für den Fall, daß der Hamilton Operator Ĥ nicht von
der Zeit abhängt, gibt einsetzen in (II.1):
Ĥψ(q)φ(t)=φ(t)Ĥψ(q)=ihψ(q)
dϕ
dt
(II.2)
Oder:
1
1 dφ
Ĥψ(q) =ih
ψ(q)
φ(t) dt
(II.3)
In dieser Gleichung stehen links nur Terme, die von der Variablen q abhängen, auf der rechten
Seite erscheint lediglich die Variable t. Gleichung (II.3) kann für beliebige und unabhängige
Werte von q und t nur erfüllt sein, wenn beide Seiten gleich einer Konstanten sind. Diese
Konstante nennen wir E und erhalten zwei neue Gleichungen:
1
Ĥψ(q) =E
ψ(q)
und
1 dφ
=E
φ(t) dt
(II.4)
Ĥψ=Eψ
 i 
φ(t)=Cexp − Et 
 h 
(II.5)
ih
Oder:
und
Die Lösung der zeitunabhängige Schrödinger Gleichung
Ĥψ=Eψ
(II.6)
gibt für ein isoliertes Molekül die Eigenfunktionen (molekulare Wellenfunktionen) ψ0 , ψ1 ,....
und Eigenwerte (molekulare Energiewerte) ε0 , ε1 ,.........dieses Moleküls. Es kann auch sein,
daß gi Zustände gleiche Energie εi haben, man sagt dann, daß das Energieniveau εi gi -fach
entartet ist.
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III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
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III.
Ein System von N Molekülen ohne Wechselwirkung (das Boltzmann’sche Gesetz)
A. Verteilungen
Wir betrachten ein System mit N identischen Teilchen und jedes Teilchen (Molekül, Atom,..) hat
die Energieniveaus ε0 , ε1 ,....., εi .... . Die Teilchen haben keine Wechselwirkung, aber können
trotzdem durch Stöße Energie austauschen. Die Gesamtenergie des Systems ist einfach die
Summe der Energien εi der individuellen Teilchen, aber wir wissen noch nicht wie die
Gesamtenergie über die Moleküle verteilt ist. Für die Anzahl der Teilchen, die im Zustand mit
der Energie εi sind, schreiben wir ni , ni ist die Besetzungszahl des Zustandes i mit Energie εi .
Die Verteilung der Teilchen über die Zustände i charakterisiert das System mit N Teilchen und
wird die Konfiguration genannt.
Es gibt viele Konfigurationen, nehmen wir z.B. 4 unterscheidbare Moleküle a, b, c und d und
jedes Molekül hat 6 Energiezustände. Die vier möglichen Verteilungen mit der Gesamtenergie E
= 3 ε0 + ε2 sind:
ε5
ε4
ε3
ε2
ε1
ε0
---------------------------------------d----------------a--b--c--
------------------------------------------c-------------------a--b--d---
-------------------------------------------------b-----------------------a--c--d----
----------------------------------------------------a--------------------------b--c--d---
Abb. III.1
Jede Verteilung in Abb. III.1 hat die gleichen Besetzungszahlen n0 = 3, n1 = 0, n2 =1, n3 = 0,
n4= 0 und n5 = 0 oder schematisch {3, 0, 1, 0, 0, 0}. Die Konfiguration {4, 0, 0, 0, 0, 0} kann
man nur auf eine Weise erreichen:
ε5
ε4
ε3
ε2
ε1
ε0
----------------------------------------------------------------------------a--b--c--d--
Abb. III.2
Die Anzahl der Möglichkeiten einer Konfiguration {n0 , n1 ,........}, mit N = n0 + n1 +.... zu
erreichen, nennen wir ihr Gewicht W. Für W kann man ableiten (Intermezzo 1):
W=
N!
n 0 ! n1 ! n 2 !................
(III.1)
8
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
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Intermezzo 1: Permutationen und Kombinationen
In wieviel unterscheidbaren Reihefolgen kann man drei Buchstaben a, b, c schreiben?
a, b, c
a, c, b
b, a, c
b, c, a
c, a, b
c, b, a
Diese 6 Möglichkeiten werden die Permutationen dieser Gruppe von drei Elementen genannt.
Im algemeinen Fall mit N Elementen kann man die Zahl von Permutationen ausrechnen durch
das folgende Verfahren:
Für die erste Stelle in der Reihefolge kann man aus N Elementen wählen, für die zweite Stelle
nur aus N-1 Elemente, weil ein Element schon zugewiesen ist, usw. Das Zahl von möglichen
Reihefolgen ist darum: N(N-1)(N-2)(N-3)..........2.1 = N! (N Fakultät). Für 3 Elementen findet
man dann 6!=1.2.3 = 6 Möglichkeiten.
Jetzt möchten wir wissen wieviel Möglichkeiten es gibt, um vier Moleküle a, b, c, d gleichmäßig
zu verteilen über zwei Energieniveaus ε1 und ε2. Erstens geben wir die 24 (=4!) Permutationen
von a, b, c, d an:
abcd
bacd
cabd
dabc
abdc
badc
cadb
dacb
acbd
bcad
cbad
dbac
acdb
bcda
cbda
dbca
adbc
bdac
cdab
dcab
adcb
bdca
cdba
dcba
Wenn wir voraussetzen daß die ersten zwei Moleküle in jeder Reihe in ε1 sind (also a und b für
"abcd") und Moleküle 3 und 4 in ε2 , dann bleiben nur 6 unterschiedliche Verteilungen über,
weil z.B. abcd, bacd, abdc und badc alle korrespondieren mit Molekül a und b in ε1 und c und d
in ε2 .
Im allgemeinen Fall will man N Moleküle verteilen über k Energieniveaus, so daß die Besetzung
von ε0 n0 ist, von ε1 n1 , usw.; N = n0 + n1 + n2 + .............
Die Zahl der Permutationen ist wieder N! , aber es gibt weniger Möglichkeiten um die
erwünschte Verteilung zu erreichen weil n0 Moleküle auf n0! unterschiedene Weise geordnet
werden können, n1 auf n1! Weisen, usw. Die Anzahl der Kombinationen ist darum:
W=
N!
n 0 ! n1 ! n 2 !................
(III.1)
Beachten Sie, dass 0!=1 ist!
-----------------------------------------------------Für das oben besprochene Beispiel der Konfiguration {3,0,1,0,0,0} ist das Gewicht:
W=
4!
=4
3! 0!1! 0! 0! 0!
(III.2)
9
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
und für die Konfiguration {4,0,0,0,0,0}:
W=
4!
=1
4!0!0!0!0!0!
(III.3)
Mit diesem Beispiel haben wir festgestellt, dass unterschiedliche Konfigurationen
unterschiedliche Gewichte haben können, auch Konfigurationen mit der gleiche Gesamtenergie:
E = ∑ niε i .
i
Jetzt setzen wir voraus, daß jede Verteilung, die die gleiche Gesamtenergie entspricht, die
gleiche Wahrscheinlichkeit hat. Die Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Konfiguration an zu
treffen ist dann proportional zu dem Gewicht dieser Konfiguration. Man kann sich dann auch
vorstellen, daß es eine Konfiguration gibt, die wahrscheinlicher ist als alle anderen
Konfigurationen. Wenn es eine solche dominante Konfiguration oder Verteilung gibt, kann man
erwarten, daß das System die meiste Zeit diese Konfiguration hat.
B. Die wahrscheinlichste Verteilung, die Boltzmann’sche Verteilung
Wenn wir die wahrscheinlichste Konfiguration bestimmen wollen, müssen wir nach denjenigen
Werten von ni suchen, die zu einem Maximum von W führen. Weil W eine Funktion von allen ni
ist, könnte man denken daß man das Maximum von W finden kann durch W nach ni zu
differenzieren (wie immer bei der Bestimmung des Maximums einer Funktion):
und
∂W
dW = ∑
dn i = 0
∂
n
i
i
(III.4)
∂W
=0
∂n
i
(III.5)
Dass es so nicht geht, kommt weil die ni nicht unabhängig sind. Erstens ist die Gesamtenergie E
des Systems gegeben, und deshalb gilt:
∑ niε i = E
i
oder
∑ ε i dn i = 0
i
(III.6)
Eine zweite Beschränkung wird gegeben durch das Kriterium, daß
∑ ni = N
i
oder
∑ dn i = 0
i
(III.7)
Gleichungen (III.6) und (III.7) zeigen daß in der Gleichung (III.4) zwar µ Variablen dni sind,
aber nur µ-2 sind unabhängig, wenn µ die Zahl der Energieniveaus ist (µ kann unendlich groß
sein).
10
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
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Um dieses Problem zu lösen, ist es erstens einfacher um nicht das Maximum von W zu suchen,
sondern das Maximum von ln W:
d(ln W) =
∑
i
∂ ln W
dn i = 0
∂ ni
(III.8)
Mit der Methode der unbestimmten Multiplikatoren von Lagrange können wir eine Gleichung
mit nur µ-2 Variablen herstellen.
Intermezzo 2: Methode der unbestimmten Multiplikatoren von Lagrange,
(siehe auch Zachmann, Mathematik für Chemiker, S. 352)
Beispiel: Für drei Variablen x,y,z ist gefunden worden, dass die Änderungen ∆x, ∆y, ∆z die
folgenden Bedingungen erfüllen:
a∆x + b∆y + c∆z = 0
(vergleiche
mit der Nebenbedingung
∑
∂ (ln W )
dni = 0)
∂ni
∆x + ∆y + ∆z = 0
Eine direkte Lösungsmethode ist:
∆x = − ∆y − ∆z
a (− ∆y − ∆z ) + b∆y + c∆z = 0
(b − a )∆y + (c − a )∆z = 0
jetzt sind ∆y and ∆z völlig unabhängig, deshalb, wenn ∆y und ∆z ≠ 0,
b = a und c = a
Eine andere Lösungsmethode ist:
a∆x + b∆y + c∆z + δ (∆x + ∆y + ∆z ) = 0, wo δ eine beliebige Konstante ist;
(a + δ )∆x + (b + δ )∆y + (c + δ )∆z = 0;
Weil δ eine beliebige Konstante ist, darf man δ=-a setzen, dann:
(b − a )∆y + (c − a )∆z = 0
mit der Lösung: a=b=c.
Eine Gleichung mit Nebenbedingungen kann man also lösen, wenn man die mit einer beliebigen
Konstante multiplizierten Nebenbedingungen zur Hauptgleichung addiert. Durch eine geschickte
11
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
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Wahl der Konstanten kann man genau so viel Variablen eliminieren wie es Nebenbedingungen
gibt. Das ist die Methode der unbestimmten Lagrangeschen Multiplikatoren.
Nach dieser Methode addieren wir die Gleichungen (III.6), (III.7) und (III.8), wobei (III.6) und
(III.7) multipliziert werden mit den Konstanten γ und -β:
d(ln W) =
 ∂ ln W
∑ 
i
∂ ni

− β ε i + γ  dn i = 0

(III.9)
Es ist klar, daß unabhängig der Werte von γ und β, (III.9) immer richtig sein muß, aber (III.9)
hat noch immer µ Variablen dni, wovon µ-2 unabhängig. Wir können aber γ und β so bestimmen
daß die Koeffizienten von dnk und dnl in (III.9) gleich 0 werden:
∂ ln W
− β ε k + γ = 0 und
∂ nk
∂ ln W
− β εl + γ = 0
∂ nl
(III.10)
Jetzt hat (III.9) nur noch µ-2 unabhängige Variablen und d(lnW) = 0 für jede Änderung dni
wenn:
∂ ln W
i ≠ k, l
− β εi + γ = 0
(III.11)
∂ ni
Kombination von (III.10) und (III.11) gibt:
∂ ln W
− β εi + γ = 0
∂ ni
für alle i
(III.12)
Um diese Gleichungen lösen zu können, müssen wir lnW ausrechnen mit (III.1):
W=
N!
n1 ! n 2 !....................
(III.1)
12
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
Intermezzo 3: Stirlingsche Formel
f
f(x)
x
a
xi-1 xi
b
xi-xi-1=∆x und b=a+n∆x
Falls n sehr groß oder ∆x sehr klein, dann:
n
∑
i =1
b
f ( xi )∆x ≈ ∫ f ( x)dx
a
oder:
n
∑
i =1
b
b
1
1
f (a + i∆x) ≈
f ( x)dx =
f ( y )dy
∫
∆x a
∆x ∫a
(III.13)
Gl. (III.13) anwenden auf ln x! :
x −1
ln( x!) = ln 1 + ln 2 + ln 3 + ....... ln x = ∑ ln(1 + i )
(III.14)
i =1
Vergleicht man Gl. (III.14) mit der linken Hälfte der Gl.(III.13) zeigt, dass: a=1, ∆x=1 und n=x1. Also:
x −1
x
i =1
1
ln( x!) = ∑ ln(1 + i ) ≈ ∫ ln ydy = y ln y
x
1
x
− ∫ y (d ln y ) = x ln x − x + 1
1
Die Qualität der Näherung hängt davon ab, daß x groß ist! Wenn x sehr groß ist, dann:
ln(x!)=xlnx-x
(Stirling)
13
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
x
10
20
50
100
150
lnx!
15,1
42,3
148,5
363,7
605,0
xlnx-x
13,0
39,9
145,6
360,5
601,6
In den Fällen worüber wir sprechen ist x∼1022!
_____________________________________________________________________________
Mit der Stirlingschen Formel findet man:
ln W = ln N !− ln n0 !− ln n1!−.... = ln N !−∑ ln ni ! ≈
i
≈ N ln N − N − ∑ ( n i ln n i − n i ) = N ln N − ∑ n i ln n i
i
(III.15)
i
Differentiation nach ni liefert (N ist konstant und nj unabhängig von ni):
(
)
∂ n j ln n j
∂ ln W
∂n
∂ ln n i
= −∑
= − i ln ni − n i
= − ln n i − 1
∂ ni
∂ ni
∂ ni
∂ ni
j
(III.16)
Das gefundene Extremum ist wirklich ein Maximum, weil weitere Differentiation gibt:
∂ 2 ln W
∂ n i2
=−
1
ni
Die Werte von ni wobei lnW maximal ist, nennen wir ni*.
Kombinieren von (III.12) und (III.16) gibt:
− ln n*i + α − β ε i = 0
(III.17)
wobei α= γ-1 ist.
Mit gegebener Gesamtenergie E ist dann die wahrscheinlichste Besetzung des Zustandes mit der
Energie εi :
(III.18)
n ∗i = e α −βε i
Aus
N = ∑ n*i = ∑ eα e −β ε i = eα ∑ e − β εi
i
folgt:
α
e =
N
i
∑ e −β ε i
i
(III.19)
i
14
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
Kombination von (III.18) und (III.19) führt zu der Boltzmann-Verteilung, wobei die
wahrscheinlichste Besetzung ni* des Zustandes εi gegeben ist durch:
n*i = N
e −β ε i
(III.20)
∑ e −β ε i
i
Später werden wir noch β bestimmen!
Jetzt behaupten wir, daß alle Verteilungen, die abweichen von der wahrscheinlichsten
Verteilung, so unwahrscheinlich sind, daß man diese Verteilungen völlig vernachlässigen kann.
Als stark vereinfachtes Beispiel betrachten wir im Intermezzo 4 zwei Verteilungen.
Intermezzo 4.
2. 107 Elemente werden in 2.104 Gruppen aufgeteilt. Man vergleicht nun die Zahl der
möglichen Anordnungen für den Fall, daß
a. in jeder Gruppe 1000 Elemente sind,
b. sich in einer Hälfte der Gruppen 1001 Elemente und in der anderen Hälfte 999 Elemente
befinden.
Die Zahl der mögliche Anordnungen im Falle a. ist:
Wa =
2.10 7 !
2.10 7 !
=
10 3 !10 3 !.................... 10 3 ! 20000
(
)
und im Falle b.:
Wb =
2.10 7 !
(1001!)10000 (999!) 10000
Das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten beider Verteilungen ist
Wa  1001! 999 ! 
=
Wb 1000!1000!
10000
 1001 1000! 999 ! 
=

1000 1000! 999 !
10000
≈ 22000
Die Verteilung a ist 22000 -mal wahrscheinlicher als die sehr ähnliche Verteilung b. Sehr
ähnliche Verteilungen können stark unterschiedliche Gewichte haben! Dabei beträgt die Zahl der
Elemente nur 2.107; die Zahl der Gruppen ist 2.104. In Systemen, mit denen sich die Statistische
Mechanik befaßt, ist die Zahl der Elemente (Moleküle) und Gruppen (Energien) wesentlich
größer (1020 und mehr). Deshalb ist die Methode, das System mit der wahrscheinlichsten
Verteilung zu beschreiben, gerechtfertigt.
C.
Die molekulare Zustandssumme
15
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
Die Summe im Nenner der Gleichung (III.20) heißt die Zustandssumme Z oder molekulare
Zustandssumme (engl. molecular partition function) wenn man über Moleküle redet:
Z = ∑ e−β ε i
(III.21)
i
Diese Summe kann man auch etwas anders formulieren. In (III.21) wird über Zustände
summiert, aber es kann sein, daß es gi Zustände i mit der gleichen Energie εi gibt (Entartung).
Wir können (III.21) dann auch schreiben:
Z=
Energie
∑ gi e −β ε i
(III.22)
i
wobei nur über die Energiewerte der Niveaus summiert wird. Diese zwei Beschreibungen sind
völlig äquivalent:
Z=
Zustände
∑
e −β ε i =
i
Energie
∑ gi e −β ε i
(III.23)
i
Man sieht auch warum Z die Zustandssumme genannt wird.
Die Zustandssumme ist wichtig, weil sie alle thermodynamischen Informationen über ein System
aus unabhängigen Teilchen im thermischen Gleichgewicht enthält.
Wenn wir die Besetzungszahlen der Energieniveaus kennen, ist es zum Beispiel möglich, die
Gesamtenergie des Systems
E = ∑ niε i
i
anzugeben, indem wir anstelle aller Verteilungen einfach die wahrscheinlichste Verteilung
einsetzen:
E = ∑ n*i ε i =
i
N
∑ ε i e −βε i
Z i
(III.24)
Man kann die Summe (I.28) so umformen, daß sie nur noch Z enthält. Mit
∂ −β ε i
e
= − ε i e −βε i
∂β
ergibt sich:
E=
N ∂Z
N  ∂  −β ε i
=−
−  e
∑
Z ∂β
Z
 ∂β 
(III.25)
Wenn wir definitionsgemäß ε0 = 0 wählen, ist E die thermodynamische innere Energie U relativ
zu ihrem Wert bei T=0; deshalb:
16
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
U = U( T = 0) + E = U( 0) −
∂
N ∂Z
= U( 0) − N (ln Z)
∂β
Z ∂β
(III.26)
Zur Berechnung der inneren Energie U-U(0) braucht man nur die Zustandssumme.
Später werden wir sehen, daß man, wenn man die Zustandssumme kennt, alle
thermodynamischen Funktionen berechnen kann.
Später werden wir auch beweisen daß:
β=
1
kT
(III.27)
wobei k eine Konstante, die Boltzmann-Konstante, ist und T die Temperatur in Kelvin.
Mit (III.28) kann man die Temperaturabhängigkeit der Zustandssumme betrachten:
Z=∑
ε
− i
kT
e
(III.28)
i
Für T⇒0 ist 1/kT unendlich groß, und alle Terme in (III.33) verschwinden bis auf einen, wenn
man ε0 = 0 wählt. Für den Fall, daß dieser Grundzustand ε0 g0-fach entartet ist, gilt:
Z ⇒ g0
für T ⇒ 0
(III.29)
Für T⇒ ∞ wird die Summe gleich der Anzahl der Zustände des Moleküls:
Z ⇒ ∞ für T ⇒ ∞
Die Zustandssumme gibt also an, wieviele Zustände bei einer gegebenen Temperatur für ein
Molekül thermisch zugänglich sind. Bei T=0 ist nur der Grundzustand besetzt, bei sehr hohen
Temperaturen sind praktisch alle Zustände erreichbar.
Beispiel
Die Schwingungsenergieniveaus eines zweiatomigen Moleküls (harmonischer Oszillator) sind
gegeben durch:
k
, wobei
(III.30)
ε ν = ( ν + 21 ) hω mit ω =
µ
k = Kraftkonstante und µ = reduzierte Masse = m1m2/(m1+m2)
Schwingungsquantenzahl mit den Werten ν=0,1,2,........; ε = ħω.
Dann:
Z = ∑e
ν
− β εν
∞
= ∑e
ν =0
− β ε (ν + 12 )
=e
− 12 βε
(1 + e
und
ν
die
−1 βε
−β ε
+e
−2 β ε
+e
−3 β ε
e 2
+ .......) =
1 − e −β ε
(III.31)
17
III. Moleküle ohne Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
-----------------------------------------------------------------------------------------------Für r<1 und die unendlich vielen Terme einer geometrische Reihe gilt:
a
a + ar + ar 2 + ar 3 +............. =
1− r
-----------------------------------------------------------------------------------------------Die Besetzungszahl des Energieniveaus εm ist deshalb:
nm* = N
e −β εm
= N (1 − e − β ε )e − β mε
Z
(III.32)
Für I2 gilt ε = 0.4317 10-20 J und dann findet man bei 300 K
n4*
n3*
n2*
n1*
n0*
0
=
=
=
=
=
0,010
0,029
0,081
0,229
0,645
N
N
N
N
N
(β = 2.4 1020 J-1 ):
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------->
ε4
ε3
ε2
ε1
ε
n*
18
IV. Moleküle mit Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
IV.
Moleküle mit Wechselwirkungen
A.
Die kanonische Gesamtheit
Jetzt wollen wir die in Kap. III hergeleiteten Ergebnisse so verallgemeinern, daß sie auch für
Systeme gelten, deren Teilchen untereinander in Wechselwirkung stehen. Dazu führen wir den
Begriff Gesamtheit (Eng. ensemble) ein.
Wir haben zuerst ein geschlossenes System mit N Teilchen (Molekülen), dessen Volumen V und
Temperatur T gegeben sind. Jetzt stellen wir uns eine Gesamtheit vor, die besteht aus NG dieser
Systeme, wobei durch thermischen Kontakt alle Systeme die gleiche Temperatur haben. Deshalb
können die Systemen untereinander Energie austauschen aber die Gesamtenergie EG soll
konstant sein. Diese Gesamtheit wird die kanonische Gesamtheit genannt.
kanonische Gesamtheit:
Gesamtenergie EG
Zahl der Teilsysteme NG
Jedes Teilsystem hat N Teilchen, Volumen V und Temperatur T
Eine Gesamtheit ist nicht ein physikalisch existierendes System, es ist nur ein Produkt unserer
Vorstellung und wir können, wenn wir wollen, NG unendlich groß wählen. Der Begriff
Gesamtheit wird aus dem folgenden Grund eingeführt. Alle thermodynamische Größen eines
Systems sind zeitliche Mittelwerte. Zeitliche Mittelwerte lassen sich schwer berechnen und
darum formuliert die statistische Mechanik das Postulat:
------------------------------------------------------Das Zeitmittel einer dynamischen Eigenschaft eines wirklichen Systems ist gleich dem
Gesamtheitsmittel (NG⇒ ∞) dieser Eigenschaft in einem bestimmten Augenblick
------------------------------------------------------Die Gesamtenergie EG der Gesamtheit ist über alle Glieder der Gesamtheit verteilt und der
durchschnittliche Energiewert eines Gliedes ist dann EG / NG. Diese Größe können wir mit der
inneren Energie identifizieren, wenn NG , und darum auch EG , gegen unendlich geht. Zwischen
allen Gliedern besteht ein thermischer Kontakt, so daß sie untereinander Energie austauschen
können. Die Anzahl der Glieder einer Gesamtheit mit Energie Ei bezeichnen wir mit Ni , und
wir können dann, in vollständiger Analogie zur Beschreibung eines Systems, von der Gesamtheit
sprechen mit den Begriffen einer Konfiguration und einer Verteilung mit dem Gewicht WG. Wir
können wieder voraussetzen, daß es Konfigurationen gibt, die sehr viel wahrscheinlicher sind als
andere. Es ist z.B. absolut unwahrscheinlich daß sich die ganze Energie EG in einem System
(einem Glied der Gesamtheit) anhäufen wird.
Es gibt also wieder eine dominierenden Konfiguration der Gesamtheit mit der Zusammensetzung
N0*, N1*, N2*,....... und Gewicht WG*, womit wir die thermodynamischen Eigenschaften des
Systems ausreichend genau berechnen können, indem wir einfach die Mittelwerte der
betreffenden Größen über die wahrscheinlichste Konfiguration berechnen.
WG =
NG!
N 0 ! N 1! N 2 !...........
19
IV. Moleküle mit Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
Genau so wie in IIb, mit Nebenbedingungen
∑N E
i
i
= EG
und
i
∑N
= NG
i
i
findet man:
N *j = N G
e
− βE j
∑e β
− Ei
= NG
e
− βE j
(IV.1)
Q
i
wobei
Q = ∑ e −β E i die kanonische Zustandssumme ist.
i
Nj* ist eine exponentiell abnehmende Funktion der Energie Ej . Aber, je größer Ej, desto mehr
gibt es Möglichkeiten aus den Energien der Moleküle Ej zusammenzustellen.
Zum Beispiel für 4 Moleküle mit Energien ε0 , ε1 , ε2 , ... gibt es nur eine Möglichkeit E = 4ε0
zu machen (Konfiguration {4,0,0,.....} und Gewicht 4! / (4! 0! 0! ....) = 1), aber für die Energie: E
= ε0 + ε1 + ε2 + ε3 gibt es schon 4! / (1! 1! 1! 1! 0!....) = 24 Möglichkeiten. Deshalb nimmt die
Zustandsdichte, die Zahl der Zustände pro Energieeinheit, schnell zu mit Ej.
Besetzung
Energieverteilung
Zustandsdichte
Energie
Abbildung 3
Abb. 3 zeigt die Energieabhängigkeit des Ni* und der Zustandsdichte. Das Produkt Nj*.
Zustandsdichte gibt die Energieverteilung der Glieder des Gesamtheit. Es ist nur eine schmale
Bande mit einem scharfen Maximum bei der mittlere Energie. Fast alle Glieder der Gesamtheit
haben gerade diese Energie. Wie die molekulare Zustandssumme, enthält auch die kanonische
Zustandssumme alle für die Thermodynamik bedeutsame Informationen über ein System, aber
sie ist eine allgemeinere Größe, als sie nicht mehr die Unabhängigkeit der einzelnen Teilchen
voraussetzt.
Die innere Energie für die kanonische Gesamtheit wird zu:
U − U ( 0) =
EG
1
=
NG NG
∑N
U − U( 0) = i
Q
Ei für N G ⇒ ∞
(IV.2)
i
∑ E i e − βE i
und
*
i
=−
∂ ln Q
1 ∂Q
=−
∂β
Q ∂β
(IV.3)
20
IV. Moleküle mit Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
B.
Die kanonische Zustandssumme für unabhängigen, nicht-wechselwirkenden
Teilchen.
Die kanonische Zustandssumme ist allgemeiner als die molekulare Zustandssumme:
kanonische Zustandssumme
molekulare Zustandssumme
Q = ∑ e − βE i
Z = ∑ e−β ε i
für Teilchen mit Wechselwirkung
für unabhängige Teilchen
mittlere Systemenergie E ≠ Σ ni εi
E = Σ ni εi
i
i
Jetzt versuchen wir für unabhängige Teilchen die kanonische Zustandssumme zu berechnen.
Dann kann man schreiben für die Energie:
E j = p j0ε 0 + p j1ε1 +......... p ji ε i +........
(IV.4)
wobei pji die Zahl der Moleküle mit Energie εi ist im System mit Energie Ej. Dieses System hat
die Konfiguration:
{pj0 , pj1 , pj2 ,..........., pji ,.... } und: ∑ p ji = N . Es gibt
N!
Möglichkeiten um die Energie Ej zusammenzustellen.
p j0 ! p j1 !..... p ji !.......
i
-------------------------------------------------------------------------------------------------Beispiel:
System mit 2 Molekülen mit 3 möglichen Energien ε0 , ε1 , ε2:
Konfiguration
Systemenergie
E1 = ε0 + ε0
E2 = ε 0 + ε 1
E3 = ε 0 + ε 2
E4 = ε 1 + ε 1
E5 = ε 1 + ε 2
E6 = ε 2 + ε 2
Deshalb:
{2,0,0}
{1,1,0}
{1,0,1}
{0,2,0}
{0,1,1}
{0,0,2}
Q=
Zustä nde
− βE j
∑e
j
=
Gewicht = Anzahl
1
2
2
1
2
1
Energie
∑
j
N!
− β p ε + .......p ji ε i + ......)
e ( j0 0
p j0 ! p j1 !........
(IV.5)
Man kann beweisen (Intermezzo 4):
21
IV. Moleküle mit Wechselwirkungen
___________________________________________________________________________________________
Q=
Energie
∑
j
N

N!
− β p ε + .......p ji ε i + ......)
− βε 
e ( j0 0
= ∑ e j  =
p j0 ! p j1 !........
 j

= ZN
für unterscheidbaren Teilchen
(IV.6)
= ZN / N!
für ununterscheidbaren Teilchen
(IV.7)
Für identische Atome oder Moleküle in einem Gas müssen wir (43) berücksichtigen, für Atome
oder Moleküle in einem Kristallgitter, immer (42) weil die Teilchen durch ihre Gitterplatz
unterscheidbar sind.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------Intermezzo 4
Um Gl. (IV.6) und (IV.7) im allgemeinen Fall zu beweisen ist nicht so leicht, wir prüfen Gl.
(IV.7) darum nur für ein einfaches Beispiel.
Für das oben diskutierten Beispiel (2 Moleküle und 3 Energiewerte) gibt Gl. (IV.5):
Q = ∑e
− βE j
= e − β ( ε 0 + ε 0 ) + e −β ( ε1 + ε1) + e − β ( ε 2 + ε 2 ) + 2e − β ( ε 0 + ε1 ) + 2e − β ( ε 0 + ε 2 ) + 2 e −β ( ε1 + ε 2 ) =
j
2
= e − βε 0 + e − βε1 + e −βε 2
(IV.8)
Es ist wichtig einzusehen, daß wir die Termen mit der Energie ε0+ε1 , ε0+ε2 und ε1+ε2 zweimal
gezählt haben, weil wir angenommen haben, daß die Situation mit Molekül 1 in ε0 und Molekül
2 in ε1 unterschieden werden kann von Molekül 1 in ε1 und Molekül 2 in ε0. Wenn, aber,
Moleküle 1 und 2 ununterscheidbar sind, gibt es kein unterschied zwischen diesen beiden
Zustände. In diesem Fälle haben wir in (44) alle Kreuzterme zweimal (=2!) zuviel gezählt. Für N
Moleküle ist diese Faktor gleich N!. Leider gibt es in (44) auch Terme, wobei beide Teilchen im
gleichen Zustand sind ("Diagonalterme"). Man kann deswegen für nur zwei ununterscheidbare
Moleküle und 3 Zustände nicht einfach sagen:
Q=
Z2
2!
Für 2 Moleküle und 1000 Molekülzustände, aber, gibt es 106 Möglichkeiten die beiden Teilchen
zu verteilen, mit nur 1000 Diagonalterme. Bei gewöhnlichen Temperaturen stehen Moleküle so
viele Zustände zu Verfügung, daß man in guten Annäherung für ununterscheidbaren Teilchen
schreiben kann:
ZN
Q=
N!
V. Die statistische Entropie
22
V. Die statistische Entropie
___________________________________________________________________________________________
V. A. Das Teilchen in einem Kasten
Ein Teilchen mit der Masse m bewegt sich eindimensional entlang x. Die Energie des Teilchens
kann geschrieben werden als die Summe der kinetischen und potentiellen Energie:
E = 12 mv 2 + V =
1
2
p2
+V
m
(V.1)
r
Hier ist V die potentielle Energie und p der Impuls des Teilchens p=mv; p ist einen Vektor mit
den Komponenten (px,0,0).
Die Wellenfunktion Ψ des Teilchens wird durch die Schrödinger Gleichung gegeben:
ĤΨ = EΨ
(V.2)
Hier ist Ĥ der Hamiltonoperator, der aus den klassischen Ausdruck für die Energie gefunden
h ∂
dx
→
.
wird mit der Substitution p x = m
dt
i ∂x
Also:

 h 2  ∂  2
ˆ
(V.3)
HΨ = −
  + V Ψ = EΨ

 2m  ∂x 
Das Teilchen bewegt jetzt frei (d.h. V=0) zwischen zwei Wänden bei x=0 und x=L, Abb. 4.
x
x=0
x=L
Abb. 4 Eindimensionale Bewegung zwischen x=0 und x=L
 h 2  ∂  2 
   Ψ = EΨ
−
 2m  ∂x  
(V.4)
Als Randbedingungen gelten Ψ=0 für x ≤ 0 und x ≥ L , weil das Teilchen nicht ausserhalb der
Wände gefunden wird.
Die allgemeine Lösung der Gl. (V.4) ist:
Ψ = A sin kx + B cos kx
(V.5)
23
V. Die statistische Entropie
___________________________________________________________________________________________
Mit der Randbedingung Ψ=0 für x=0 finden wir sofort B=0 und mit der zweiten Randbedingung:
oder: kL=nπ, n=0,1,2,3,4,…….
A sin kL = 0 ,
Einsetzen der Lösung (V.5) in der Gl. (V.4):
−
h2 ∂2Ψ
h2
=
−
− Ak 2 sin kx = EA sin kx
2m ∂x 2
2m
(
)
liefert:
E=
h2k 2
2m
mit k =
nπ
, n=0,1,2,……..
L
Oder:
En =
n2h2
8mL2
(V.6)
Die Gl. (V.6) zeigt daß die Energie des Teilchens gequantelt ist, Ursachen der Quantelung sind
die Randbedingungen.
Für L=1 cm liegen die Energieniveaus sehr dicht zueinander, z. B. für ein Xe Atom mit
m=2.10-25 kg:
h2
h2
−38
=
0
,
25
x
10
J
,
aber
für
L=1
nm
= 0,25 x10 − 24 J
2
2
8mL
8mL
Für eine eindimensionale Bewegung ist En abhängig von (L)-2, für eine dreidimensionale
Bewegung in einem Kasten mit Längen L1,L2, L3 ist En abhängig von (L1L2L3)-2=(Volumen)-2:
E∝
1
V2
(V.7)
V. B. Die statistische Entropie
Bisher haben wir uns mit dem Zusammenhang zwischen der Zustandssumme und der Energie
beschäftigt (erster Hauptsatz der Thermodynamik). Jetzt möchten wir den Zusammenhang der
Zustandssumme und die Entropie diskutieren.
U − U ( 0) =
EG
1
=
NG NG
∑N
*
i
Ei für N G ⇒ ∞
(V.8)
i
und:
dU =
1 
*
*
∑ N i dEi + ∑ Ei dN i 
NG  i
i

24
(V.9)
V. Die statistische Entropie
___________________________________________________________________________________________
Gl. (V.9) zeigt, daß eine Änderung dU entstehen kann durch eine Änderung der Energieniveaus
Ei oder durch eine Änderung der Besetzungszahlen Ni*.
Die Kombination der ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik führt zu der
Fundamentalgleichung:
dU = TdS - pdV
(V.10)
Bei Erwärmen eines Systems bei konstantem Volumen ändern sich nur die Besetzungen Ni*,
weil sich bei der Änderung des Volumens eines Gases bei konstanter Temperatur die
Energieniveaus ändern müssen (Gl. V.7). Deshalb kann man stellen:
1
NG
1
dS =
TN G
TdS =
oder:
∑ E dN
*
i
∑ E dN
*
i
i
(V.11)
i
i
(V.12)
i
Wir definieren jetzt:
S=
k
*
ln WG
NG
(V.13)
wobei k eine Konstante ist und WG* ist das Gewicht der wahrscheinlichsten Konfiguration, und
beweisen jetzt, dass diese Definition zu der Gl. (V. 13) führt.
Im Allgemein ist WG eine Funktion der Besetzungszahlen Ni:
WG = F ( N 1 , N 2 , N 3 ,.......)
(V.14)
Nach Differenzierung der Gl. (V.13) bekommt man:
dS =
k
k
d (ln WG ) =
NG
NG
∑
i
∂ (ln WG )
dN i
∂N i
Bei der Ableitung der Boltzmann Gleichung haben wir gefunden (Gl. III.12):
∂ ln W
− β εi + γ = 0
∂ ni
für alle i
Ebenso kann man für die Gesamtheit ableiten:
∂ ln WG
− β Ei + γ = 0 für alle i
∂ Ni
25
(V.15)
V. Die statistische Entropie
___________________________________________________________________________________________
dS =
Also:
Weil
∑ dN
i
k
NG
∑ (β E
kβ
NG
∑ E dN
i
− γ )dN i =
i
kβ
NG
∑ E dN
i
i
−
i
kγ
NG
∑ dN
i
(V.16)
i
= 0 gilt:
i
dS =
i
(V.17)
i
i
Die Gleichungen (V.12) und (V.17) stimmen überein wenn ß = 1 / kT ist, und damit ist die Gl.
(V.13) eine sinnvolle Definition der Entropie:
S=
k
*
ln WG
NG
(V.13)
Die Gl. (V.13) zeigt dass für die wahrscheinlichste Konfiguration die Entropie maximal ist.
Die Formel für die Entropie (V.13) läßt sich umwandeln, da sie als Funktion der Zustandssumme
auftritt:
S=


N !
k
k 
k

ln WG* =
ln  * *G
ln N G !−∑ ln N i* ! =
=

NG
N G  N 0 ! N 1 !......... N G 
i

k 

*
*
*
*
*
 N G ln N G − N G − ∑ N i ln N i + ∑ N i  = N  N G ln N G − −∑ N i ln N i  =
i
i
i



G 
*
*
 Ni

N
k 
*
*
*
=
ln N G − i ln N i*  =
 ∑ N i  ln N G − −∑ N i ln N i  = k ∑ 
N G  i
NG
i  NG
i



=
k
NG
N i*  N i* 

= −k ∑
ln
N
i NG
 G
(V.18)
N i*
, wobei Pi der Bruchteil der Glieder der Gesamtheit ist, die die Energie Ei haben,
NG
dann wird (V.18):
Mit Pi =
S = − k ∑ Pi ln Pi
(V.19)
i
Jetzt versuchen wir S in Q aus zu drücken:
e − β Ei
e − βEi
und Pi =
und ln Pi = − βEi − ln Q
N i* = N G
Q
Q
26
V. Die statistische Entropie
___________________________________________________________________________________________
S = k ∑ Pi (βEi + ln Q ) = kβ ∑ Pi Ei + k ln Q ∑ Pi
i
i
(V.20)
i
Auch wissen wir:
U − U ( 0) =
EG
1
=
NG NG
∑N
i
*
i
Ei = ∑ Pi Ei
(V.8)
i
Die Kombination der Gl. (V.20) und (V.8) bringt:
S=
U − U (0)
1 ∂Q
+ k ln Q = −
+ k ln Q
T
QT ∂β
27
(V.21)
VI. Informationstheorie
___________________________________________________________________________________________
VI. Informationstheorie
Es gibt eine Beziehung zwischen der Entropie und dem Begriff Informationsinhalt in der
Informationstheorie. Nach Shannon wird der Informationsinhalt I einer Kode definiert als:
I = ν 2 log λ
(Einheit=bit)
(VI.1)
wobei ν die Zahl der „Plätze“ in der Kode ist und λ die Anzahl der Möglichkeiten pro Platz.
Beispiel: Würfel werfen (einmal): ν=1 und λ=6; I = 2 log 6 = 2,58 bit.
1
und:
6
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
S = −k ∑ Pi ln Pi = − k  ln + ln + ln + ln + ln + ln  = k ln 6
6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6
i
Die Wahrscheinlichkeit eine Zahl zu werfen ist 1/6 → Pi=
S und I sind proportional! ( a log x =
b
b
log x
)
log a
Beispiel 1. Der Informationsinhalt eines Wurfes mit dem Würfel ist 2,58 bit und das bedeutet,
dass man gemittelt 2,58 Fragen stellen muss um zu raten was geworfen wurde:
1. Frage
≤3?
Antwort:
ja
≤2?
2. Frage
Antwort:
Antwort:
Ja
3. Frage
ja
1!
nein
≤5?
nein
3!
ja
1?
nein
6!
4?
nein
2!
ja
4!
nein
5!
Beispiel 2. Binäre Zahlen
Dezimale Zahl
Binäre Zahl
0
1
2
3
4
5
6
7
000
001
010
011
100
101
110
111
28
VI. Informationstheorie
___________________________________________________________________________________________
Der Informationsinhalt der obenstehenden binären Zahl I = 3 2 log 2 = 3 bit; ich brauche 3
Fragen zur raten einer 3-bit binären Zahl:
1. Frage
≤ 011?
Ja
000,001,010,011
2. Frage
nein
100,101,110,111
≤ 001?
Ja
000,001
3. Frage
Ja
000!
000?
nein
001!
≤101?
nein
010,011
010?
ja
nein
010! 011!
ja
100,101
100?
ja
nein
100! 101!
nein
110,111
110?
ja
mein
110!
111!
Beispiel 3: DNS besteht aus eine Reihefolge von 4 Basen: Adenine (A), Uracil (U), Cytosine
(C) und Guanine (G). Es gibt 20 Aminosäure und eine Reihefoge von drei Basen kodiert für eine
Aminosäure.
Die Reihefoge von 20 Aminosäuren entspricht eine Informationsinhalt I = 1 2 log 20 = 4,3 bit;
eine Reihefolge von zwei Basen würde einen Informationsninhalt von nur I = 2 2 log 4 = 4 bit
haben, dass ist zu wenig! Deshalb kodieren drei Basen für eine Aminosäure.
29
VII. Die Maximum Entropie Methode
___________________________________________________________________________________________
VII. Die Maximum Entropie Methode
An Hand des folgenden Beispiels wird die Methode demonstriert, sie kann natürlich auch für
andere ähnliche Probleme angewandt werden.
In Polymermaterialien sind die Polymerketten oft in einer bestimmten Richtung mehr oder wenig
orientiert, z.B. in Fasern durch das Verstrecken bei der Produktion oder in Bauteile, wo man sich
in einer Richtung bessere mechanischen Eigenschaften wünscht.
Die Orientierung der Ketten kann mittels einer Orientierungverteilungsfunktion P(θ) festgelegt
werden (Abb. VII.1.):
P(θ)
0o
θ
90o
Abb. VII.1 Eine mögliche Orientierungverteilungsfunktion
Es ist im Allgemeinen nicht möglich P(θ) für viele Werte von θ zu messen. Relativ einfach ist es
mit IR, NMR oder Doppelbrechungsmethoden die folgende Größe zu bestimmen:
N
N
i =1
i =1
P2 = ∑ P(θ i )(3 cos 2 θ i − 1) ≡ ∑ Pi (3 cos 2 θ i − 1) für diskrete Werte θi,
(VII.1)
wobei Pi die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Molekülkette die Richtung θi hat:
∑P =1
(VII.2)
i
i
Mit den Gleichungen (VII.1) und (VII.2) verfügen wir über zwei Gleichungen für N unbekannte
Werte Pi, es fehlen N-2 Gleichungen. Wir suchen jetzt die Werte Pi, für die die Gl. (VII.1) und
(VII.2) erfüllt werden und wofür:
N
S = −k ∑ Pi ln Pi
(VII.3)
i =1
maximal ist, oder:
30
VII. Die Maximum Entropie Methode
___________________________________________________________________________________________
N
dS = ∑
i
N
∂S
dPi = − k ∑ (ln Pi + 1)dPi =0
∂Pi
i
(VII.4)
Mathematisch gesehen ist dieses Problem identisch zum Problem bei der Ableitung des
Boltzmann’schen Gesetz. Die Gl. (VII.1) und (VII.2) erfüllen hier die Rolle der
Nebenbedingungen. Die Addition der Gl. (VII.1), (VII.2) und (VII.4) mit den Lagrange’schen
Konstanten λ und µ erbringt:






− k (ln Pi + 1) + λ + µ  3 cos 2 θ i − 1 + Pi − 3 sin 2θ i  dPi = 0

 ∂P  

 



 ∂θ  i 

(
)
(VII.5)
P − Pi
 ∂P 
Wenn wir für   = i +1
in der Gl. (VII.5) einsetzen, haben wir N+2 gekoppelten
 ∂θ  i θ i +1 − θ i
Gleichungen mit N+2 unbekannten (Pi, λ und µ) und sind die Pi zu bestimmen. Das würde
bedeuten, dass wir mit nur einem Messwert die wahrscheinlichste Orientierungsverteilungsfunktion bestimmen können!
31
VIII. Die Entropie eines einatomigen idealen Gases, die Zustandssumme der Translation
___________________________________________________________________________________________
VIII. Die Entropie eines einatomigen Gases, die Zustandssumme der Translation
Für ein ideales, einatomiges Gas kann man die Entropie berechnen. In solch einem Gas sind die
Atome unabhängig und ununterscheidbar, deshalb:
S=
U − U (0)
+ k ln Q
T
(VII.1)
Q=
ZN
und ln Q = N ln Z − ln N != N ln Z − N ln N + N
N!
(VII.2)
und:
Mit N = n NA ( NA = Avogadrosche Konstante, n die Substanzmenge in Mol) und R = k NA,
wird Gl. (VII.1):
U − U ( 0)
+ nR(ln Z − ln N + 1)
T
Für die innere Energie gibt Gl.(IV.3):
S=
U − U ( 0) = −
1 ∂Q
N ! ∂Q ∂Z
N ! N N −1 ∂Z
N ∂Z
=− N
=−
=− N
Z
∂β
Q ∂β
Z ∂β
Z ∂Z ∂β
Z N!
Wir können jetzt S ausdrücken in Z:
S =−
N ∂Z
+ nR (ln Z − ln N + 1)
TZ ∂β
(VII.3)
Um S zu berechnen müssen wir jetzt die molekulare Zustandssumme Z für ein perfektes Gas in
einem Behälter mit Volumen V bestimmen. Dafür brauchen wir die Energien dieses Gases:
Z = ∑ e − βε i
i
Im allgemeinen wird die Gesamtenergie eines atomaren Systems gegeben durch die
Translationsenergie, die Rotationsenergie, die Schwingungsenergie und die elektronische
Energie. Für Atome bei Raumtemperatur kann man voraussetzen daß nur der elektronische
Grundzustand besetzt ist und dafür der Beitrag der Elektronenenergie zu der Gesamtenergie
gleich null ist. Weiterhin können Teilchen die bestehen aus ein Atom keine Rotationen und
Schwingungen haben. Die (atomaren ) Energien εi eines einatomigen Gas werden deshalb nur
durch die Translationbewegungen der Atome bestimmt. Wenn das Volumen ein Parallelepiped
mit Längen X,Y,Z ist kann man die Translationsenergie schreiben wie ein Summe der
Translationsenergien in der drei Richtungen:
ε i = ε x + ε y + ε z = ε j ( x) + ε k ( y ) + ε l ( z )
32
VIII. Die Entropie eines einatomigen idealen Gases, die Zustandssumme der Translation
___________________________________________________________________________________________
Hierbei repräsentieren j, k und l die mögliche Energiewerte für die Bewegung entlang x, y oder
z; diese Bewegungen sind unabhängig von einander und die Kombination j, k und l bestimmt i.
Z = ∑ Exp[− βε i ] =
i
∑ Exp[− β {ε
j
]
( x) + ε k ( y ) + ε l ( z )} =
k , j ,l




= ∑ Exp − βε j ( x) ∑ Exp[− βε k ( y )]∑ Exp[− βε l ( z )] = Z x Z y Z z
 l

 k
 j
[
]
Unter Benützung der Ergebnisse des Teilchen in einem Kasten finden wir für die Energieniveaus
eines Teilchens der Masse m in einem Behälter mit der Länge X:
ε j ( x) =
j 2h2
8mX 2
; ε k ( y) =
k 2h2
8mY 2
; ε l ( z) =
l 2h2
8mZ 2
und dann gibt es für Zx:
∞
 − βj 2 h 2  ∞
 − βj 2 h 2 
π
≈
dj = X
Exp
Z x = ∑ Exp 

2 
2 
∫
2
j =0
 8mX  0
 8mX 
8m
βh 2
und Z:
3
3
3
 8m   π 
 2mπ  2 V
Z = Z x Z y Z z = XYZ 
 =V 2  = 3
2  
Λ
 βh 
 βh   4 
Λ=
h
2πm
β
(VII.4)
1
2
Jetzt benützen wir die Gl.(VII.4) um die Entropie eines idealen Gases, Gleichung (VII.3), weiter
zu berechnen:
S =−

 3kN
 V 
 V 
NΛ3 − 3V
+ nR ln 3  − ln N + 1 =
+ nR ln 3  − ln N + 1 =
3
TV 2Λ β
2


 Λ 
 Λ 
 52

 e V 
 eV 
3
 = nR ln
= nR + nR ln
Sackur − Tetrode Gleichung
3 
3 
2
 nN A Λ 
 nN A Λ 


(VII.5)
Mit diesem Sackur-Tetrode-Gleichung können wir eine Verbindung mit dem klassischen
Thermodynamik herstellen.
33
VIII. Die Entropie eines einatomigen idealen Gases, die Zustandssumme der Translation
___________________________________________________________________________________________
Die Fundamentalgleichung der klassischen Thermodynamik besagt:
dU=TdS-pdV
(nur Volumenarbeit).
Bei der Expansion eines idealen Gases ist dU=0, oder TdS=pdV und:
∆S =
Ve
∫
Va
V
V
e
e
V
pdV
nRTdV
dV
=∫
= nR ∫
= nR ln e
T
TV
V
 Va
Va
Va



Nach der Sackur-Tetrode Gleichung ändert sich bei der isothermischen Expansion eines ideales
Gas von Va nach Ve, die Entropie um:
  5

 52

2
V
e
V
 e V a 
 
e 
∆S = nR ln 
− ln 
= nR ln e
3
3 
nN Λ
 Va
 nN A Λ 
  A 


wie die Gl.(VII.5) in der klassischen Thermodynamik
34

 ;

IX. Die Clausius-Clapeyron Gleichung
___________________________________________________________________________________________
IX. Die Clausius-Clapeyron Gleichung
Die Grenzlinie zwischen zwei Phasen wird durch die Clausius-Clapeyron’sche Gleichung
gegeben:
∆H Übergang
dp ∆S
=
=
dT ∆V TÜbergang ∆V
Für den Übergang flüssig-Dampf gilt:
∆V ≈ V Dampf und
dp ∆H Verdampfung
(weit weg vom
=
dT
TS V Dampf
kritischen Punkt).
Wir betrachten zwei gleiche Volumina Dampf und Flüssigkeit mit ND Dampfmolekülen und NF
flüssige Molekülen. In einer ganz einfachen Beschreibung nehmen wir an, dass alle ND
Dampfmoleküle das Energieniveau mit der Energie εD besetzen und die Moleküle in der flüssige
Phase das Niveau mit der Energie εF. Für den Dampf haben wir gesehen, falls es ein ideales Gas
ist, dass die Energie pro Molekül:
U − U (0) = 32 kT
Deshalb gilt: ε D ≈ kT und wir setzen ε F = − E ; wir beweisen später, dass E>>kT ist.
εD=kT
ND
εF=-E
NF
Das Boltzmann’sche Gesetz besagt:
ND
 − (ε D − ε F ) 
 E
weil εD-εF ≈ E
≈ Exp −
= Exp 

NF
kT
 kT 


Der Dampf ist ideal:
p=
n D RT N D RT
RT
RT
 E
 E
=
=
= nF
N F Exp −
Exp −

V
NA V
N AV
V
 kT 
 kT 
dp n F R
E  nF R
 E  E 
 E 
Exp −
Exp −
=
  weil E>>kT
≈
1 +

dT
V
V
 kT  kT 
 kT  kT 
35
IX. Die Clausius-Clapeyron Gleichung
___________________________________________________________________________________________
dp n D R  E  N D E
=
 =
dT
V  kT  VT
Für 1 Mol Dampf gilt: ND = NA und V = VDampf :
∆H Verdampfung
N AE
dp
=
=
dT VDampf T
TV Dampf
Ist E wirklich viel größer dann kT?
Für Wasser bei 298 K: ∆H Verdampfung = N A E = 44016 J , dann:
E=
44016
≈ 7,3 x10 − 20 J
23
6,022 x10
und
kT bei 298 K =4x10-21 J
→
E 73
≈
kT
4
36
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
X
Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
Jetzt versuchen wir mit der kanonischen Zustandssumme die thermodynamischen Funktionen
eines Gases von mehratomigen Molekülen zu berechnen. Unter der Voraussetzung, daß die
Moleküle identisch und ununterscheidbar sind, gilt wieder:
Q=
ZN
N!
und wir brauchen nur die molekulare Zustandssumme zu bestimmen.
Der erste Schritt ist festzustellen daß die Energie eines Moleküls sich verteilen läßt in die
kinetische Translationsenergie εT (Translationen des Massenschwerpunkts) und die Energie der
inneren Freiheitsgrade des Moleküls, wie Rotationen, Schwingungen und Elektronenübergänge.
Die Energie innerer Zustände läßt sich mit guter Näherung als Summe der Energieanteile der als
unabhängig betrachteten Rotationen, Schwingungen und Elektronenübergänge darstellen:
ε =εT +ε R +εS +ε E
(X.1)
Diese Energien kann man versuchen theoretisch zu berechnen (Quantenmechanik) oder
spektroskopisch zu bestimmen (Mikrowellen Spektroskopie, Infrarot Spektroskopie, UV und
sichtbares Licht Spektroskopie) und damit die Zustandssumme Z erhalten:
Z = ∑ Exp[− βε i ] =
i
∑ Exp[− β (ε
T
j
+ ε kR + ε lS + ε mE
)]
(X.2)
j , k ,l , m
In guter Annäherung sind diese Energien unabhängig voneinander, nur die Trennung der
Rotations- und Schwingungsenergie ist problematisch, es gibt z.B. molekulare Übergänge wobei
sich gleichzeitig der Rotations- und Schwingungszustand eines Moleküls ändert (Atkins 18.3d)).
Die Trennung der Kernbewegungen (Translation, Rotation und Schwingung) und
Elektronenbewegungen wird die Born-Oppenheimer-Näherung genannt.
Wenn wir trotzdem die vier Beiträge der Energie als unabhängig betrachten, können wir
schreiben:
Z = ∑ Exp[− βε i ] =
i
∑ Exp[− β (ε
T
j
)]
+ ε kR + ε lS + ε mE =
j , k ,l , m





= ∑ Exp − βε Tj ∑ Exp − βε kR ∑ Exp − βε lS ∑ Exp − βε mE  = Z T Z R Z S Z E

 m
 l
 j
 k
[
]
[
]
[
]
[
]
(a) Translationsanteil ZT
Für die molekulare Zustandssumme eines Teilchens mit der Masse m in einem Behälter mit
Volumen V haben wir schon gefunden:
37
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
ZT =
1
V
β
, β=
, wobei Λ = h
und m jetzt die Gesamtmasse des Moleküls ist.
3
2πm
kT
Λ
(b) Rotationsanteil ZR
Klassisch wird die Energie eines rotierenden Körpers gegeben durch:
ε R = 12 I α ω 2
(X.3)
wobei ω die Drehungsgeschwindigkeit ist (in Radialen/s) und Iα das Trägheitssmoment des
Körpers ist für eine Rotation um die Achse α (Abb. X.3):
I α = ∑ mi Ri2
i
α
Ri
mi
Abb. X.1 Das Trägheitsmoment
Mit der Definition des Drehimpulses J=Iω (J und I sind Vektoren!) wird die Gl. (X. 3):
εR =
1
2
J2
I
(X.4)
Um den quantenmechanische Ausdruck von (X.4) zu finden, wird J 2 ersetzt durch J ( J + 1)h 2 :
ε JR =
J ( J + 1)h 2
= BJ ( J + 1)
I
(X.5)
wobei die Rotationsquantenzahl J die Werte 0,1,2,…. annehmen kann. Die Quantenmechanik
zeigt auch, dass der Rotationszustand mit der Quantenzahl J 2J+1-fach entartet ist. Nur der
Grundzustand J=0 ist nicht entartet.
38
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
___________________________________________________________________________
Rotations- und Schwingungsenergien werden oft in cm-1 („Wellenzahlen“) ausgedruckt, für die
Umrechnung Joule ↔ cm-1 kann man die folgenden Beziehungen verwenden:
E = hν =
hc
λ
oder
E 1
=
hc λ
Falls die Wellenlänge λ in cm ausgedruckt wird, ist
ε JR (in cm −1 ) =
ε JR (in Joule)
hc
E
in cm-1:
hc
= B ' J ( J + 1)
wobei
B
hc
______________________________________________________________________________
B' =
Ein Körper hat unendlich viele und unterschiedliche Trägheitsmomente, weil es unendlich viele
mögliche Drehachsen gibt. Alle mögliche Trägheitsmomente können als eine Funktion von nur
drei Hauptträgheitsmomenten IA, IB und IC geschrieben werden. Diese Hauptträgheitsmomente
gehören zu drei senkrechten Hauptachsen A, B und C. Im Allgemeinen, falls das Molekül eine
gewisse Symmetrie hat, sind die Hauptachsen parallel zu den Symmetrieachsen
Man spricht von einem sphärischen Kreisel wenn IA= IB = IC ist (z.B. CH4 und SF6) , von
einem symmetrischen Kreisel wenn IA = IB= I⊥, IC = I// ist (z.B. NH3) und von einem linearen
Kreisel wenn IA = IB =I⊥= I und IC =I//= 0 sind (z.B. OCS).
Für die Berechnung eines Trägheitsmomentes wählen wir das Molekül 16O12C32S (Abb.X.2).
O
C
S
x
Den Ursprung eines Koordinatensystems legen wir zunächst ins Zentrum des S-Atoms (xS=0)
und die x-Achse durch das C (x=xC) und O (x=xO) Atom. Ein Trägheitsmoment wird immer
definiert in Bezug auf das Massenzentrum. Diese Massenzentrum des OCS Moleküls liegt
irgendwo auf die OCS Achse, bei der Koordinate x=xM. Wir finden xM aus der Bedingung für
den Massenschwerpunkt:
( x O − x M ) m O + ( x C − x M ) mC + ( x S − x M ) m S = 0
39
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
Für das Trägheitsmoment I⊥ des OCS gilt:
I ⊥ = mO ( x O − x M ) 2 + m C ( x C − x M ) 2 + m S ( x S − x M ) 2
Mit rCO =xO-xC= 0,1165 nm, rCS=xC-xS= 0,1559 nm und die atomare Masseneinheit = 1,66056 .
10-27 kg finden wir xM = 0,1038 nm, IOCS = 1,384 . 10-45 kg m2 und B’ = 20,28 cm-1.
Für einen sphärischen (Trägheitsmoment I) oder linearen Kreisel (Trägheitsmoment I=I⊥) gilt
also:
ε JR =
J ( J + 1)h 2
= BJ ( J + 1)
I
(X.5)
wobei das Niveau (2J+1)-fach entartet ist.
Für einen symmetrischen Kreisel hat man:
ε JR, K = BJ ( J + 1) + ( A − B ) K 2
h
h
,B =
2
8π cI //
8π cI ⊥
Das Niveau J eines symmetrischen Kreisels hat eine (2J+1)-fache Entartung für K=0 und eine
2(2J+1)-fache Entartung für K≠0.
wobei J=0,1,2,3,… und K=0, ±1, ±2, ……,±J und A =
2
Für homonukleare, zwei-atomige Moleküle wird ein zusätzliches Problem gegeben durch die
Symmetrie des Moleküls. Für das Molekül Wasserstoff H2 zum Beispiel, sind die zwei Protonen
Fermionen mit einer Kernspinquantenzahl I=1/2. Sie unterliegen deshalb das Pauli-Prinzip, was
sagt daß die Gesamtwellenfunktion ihr Vorzeichen ändern muß, wenn man die beide Kerne
vertauscht bei eine Drehung um 180o. Jetzt ist die Orientierung der Kernspins wichtig, es gibt
Wasserstoff mit paralllelen Ausrichtung der Kernspins (Ortho-Wasserstoff) und Wasserstoff mit
antiparallelen Ausrichtung (Para-Wasserstoff). Durch Drehung um 180o werden die beiden
Wasserstoffkerne vertauscht. Für Ortho-Wasserstoff muß dann die Rotationswellenfunktion sein
Vorzeichen ändern, d.h. dass nur ungerade Werte von J erlaubt sind. Für Para-Wasserstoff ändert
sich bei Drehung um 180o die Kernspinwellenfunktion und bleibt das Vorzeichen der
Rotationswellenfunktion gleich, d.h. nur gerade J-Werte sind erlaubt.
40
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
Für sphärische und lineare Kreisel können wir jetzt einen einfachen Ausdruck für den
Rotationsanteil der molekularen Zustandssumme finden:
ZR =
Zustände
[
]
∑ Exp − βε Rj =
j
[
Energiewerte
]
∞
∑ (2 J + 1)Exp − βε JR = ∑ (2 J + 1) Exp[− βBJ ( J + 1)]
J
J
Für T hoch sind viele Energiezustände besetzt und:
∞
∞
J
0
Z R = ∑ (2 J + 1) Exp[− βBJ ( J + 1)] ≈ ∫ (2 J + 1) Exp[− βJ ( J + 1)]dJ =
kT
1
=
βB B
(X.6)
(c) Schwingungsanteil ZS
Für ein zweiatomiges Molekül kann man in erster Näherung die Schwingung als einen
harmonischen Oszillator beschreiben. Nach der Quantenmechanik sind auch die
Schwingungsenergien gequantelt:
ε nS = (n + 12 )hω mit Schwingungsquantenzahl n=0,1,2,…..
Oft werden wir die Energie des Schwingungsgrundzustand (n=0) gleich null setzen, d.h. wir
ziehen von jeder Energie 12 hω ab:
ε nS = nhω
(X.7)
Mit der Gl. (X. 7) finden wir für die Zustandssumme die unendliche geometrische Reihe:
∞
∞
n =0
n =0
Z S = ∑ Exp[− βnhω ] = ∑ (Exp[− βhω ]) = 1 + (Exp[− βhω ]) + (Exp[− βhω ]) + ..... =
n
2
1
=
1 − Exp[− βhω ]
3
(X.8)
Mehratomige (mehr als zwei) Moleküle haben mehrere Schwingungen. Ähnlich zu den
Trägheitsmomenten
kann
man
auch
für
Schwingungen
Hauptschwingungen
(Normalschwingungen genannt) definieren. Eine beliebige Schwingung kann als eine lineare
Kombination von Normalschwingungen geschrieben werden. Ein N-atomiges Molekül verfügt
über 3N Positionskoordinaten, 3 Koordinaten sind für die Festlegung des ganzen Moleküls, 2,
bzw. 3 für die Festlegung der Rotation des ganzen Moleküls. Also resultieren:
41
X. Die Zustandssumme eines mehratomigen Gases
___________________________________________________________________________________________
3N-5 Normalschwingungen für lineare Moleküle
3N-6 Normalschwingungen für nicht-lineare Moleküle
Beispiel: Wasserdampf hat drei Normalschwingungen:
hω1 = 3656 cm-1
hω 2 = 1594 cm-1
hω 3 = 3755 cm-1
Die molekulare Zustandssumme für Schwingungen ist jetzt:
ZS =
1
1
1
1 − Exp[− β hω1 ] 1 − Exp[− βhω 2 ] 1 − Exp[− βhω 3 ]
(X.9)
Bei Raumtemperatur ist kT=208 cm-1 und für Wasserdampf:
(
)(
)(
)
Z S ≈ 1 + 2,3.10 −8 1 + 4,7.10 −4 1 + 2,4.10 −8 ≈ 1
d.h. nur der Grundzustand ist besetzt.
(d) Elektronenanteil ZE
In der Regel ist kT << ε E , z.B. für ein Molekül mit einer UV-Absorption bei 250 nm ist
ε E = 40.000 cm-1. Dies bedeutet:
[
]
Z E = ∑ Exp − βε iE ≈ Exp[− βε G ] = 1
(X.10)
i
falls wir εG=0 setzen. Es könnte natürlich so sein, dass der Grundzustand entartet ist mit dem
Entartungsgrad g, dann ZE=g.
Zusammenfassend haben wir jetzt die Zustandssumme eines mehratomigen Moleküls:
Z = ZT Z RZ SZ E =

1
V kT 
∏
g
3
Λ B  i 1 − Exp[− β hω i ]
(X.11)
Der Ausdruck (X.11) ist richtig für Temperaturen hoch genug, so dass viele Rotations- und
Schwingungsniveaus besetzt sind, aber nur den elektronischen Grundzustand ist besetzt. Wenn
auch nur den Schwingungsgrundzustand besetzt ist, verschwindet das Produkt Π in (X.11).
42
XI. Der Gleichverteilungssatz
___________________________________________________________________________________________
XI. Der Gleichverteilungssatz
Wir versuchen jetzt abzuleiten, wie im Gleichgewicht die Gesamtenergie eines Moleküls über
die Freiheitsgraden Translation, Rotation und Schwingungen verteilt ist. Dazu fangen wir mit
dem Ausdruck für die Gesamtenergie U-U(0) an:
U − U ( 0) = −
∂ ln Q
ZN
1 ∂Q
=−
mit Q =
oder Q = Z N .
∂β
N!
Q ∂β
Unabhängig davon ob man unterscheidbare oder nicht-unterscheidbare Teilchen hat, gilt
∂ ln Q
∂ ln Z
=N
∂β
∂β
Dann:
U − U ( 0) = − N
N ∂Z
N
∂ ln Z
∂
=−
=− T R S E
ZT Z RZ SZ E =
∂β
Z ∂β
Z Z Z Z ∂β
(
)
[
 1 ∂Z T
1 ∂Z R
1 ∂Z S
1 ∂Z E 
T
R
S
E
− S
− E
= N − T
− R
=N ε + ε + ε + ε
∂
∂
∂
∂
β
β
β
β
Z
Z
Z
 Z

]
wobei <ε> die mittleren Energien pro Molekül darstellen:
Translation
 ∂Z T ∂Λ 
1

 = − T
Z
 ∂Λ ∂β 
εT = −
1 ∂Z T
1
=− T
T
Z ∂β
Z
εR =−
−1
1 ∂Z R
1
= − βB
= = kT
2
R
β
Z ∂β
Bβ
 − 3V
h
−1 
 4 .
. 12 β 2  = 32 kT
2πm
 Λ

(XI.1)
Rotation
(XI.2)
Schwingung
εS =−
∂
1 ∂Z S
= −(1 − Exp[− β hω ])
S
∂β
Z ∂β

 hωExp[− βhω ]
1

 =
 1 − Exp[− βhω ]  1 − Exp[− βhω ]
Hierfür kann man schreiben, falls kT>>ħω:
εS =
hωExp[− βhω ] 1
= = kT
1 − Exp[− β hω ] β
(XI.3)
Die Translationsenergie stellt sich nach der klassischen Physik aus drei Beiträge zusammen:
2
2
2
1
1
1
. Pro quadratische Term in dem klassischen Energieausdruck für die
2 mv x + 2 mv y + 2 mv z
kinetische Energie gibt es im Mittel eine Energie
43
1
2
kT . Genauso für die Rotation, pro
XI. Der Gleichverteilungssatz
___________________________________________________________________________________________
Rotationsachse gibt es eine mittlere Energie pro Molekül von 12 kT . Die Schwingungsenergie
besteht aus kinetische und potentielle Energie, jeder bringt im Mittel eine Energie 12 kT .
Die Gesamtenergie verteilt sich also gleichmäßig über die zur Verfügung stehenden
Bewegungsmoden oder Freiheitsgraden.
44
XII. Die thermodynamischen Größe
___________________________________________________________________________________________
XII Die thermodynamischen Größe
Wir haben in den vorgehenden Kapiteln gesehen, dass wir die Innere Energie U und die Entropie
S in Q ausdrucken können:
U − U ( 0) = −
S=
1 ∂Q
∂ (ln Q )
=−
Q ∂β
∂β
(XII.1)
U − U ( 0)
+ k ln Q
T
(XII.2)
Mit den Gl. (XII.1) und (XII.2) können wir auch den anderen theromodynamischen Größe in Q
ausdrucken:
Die Freie Energie:
U − U (0)

+ k ln Q  = kT ln Q (XII.3)
F = U − TS → F (0) = U (0) → F − F (0) = U − U (0) − T 
T


Der Druck p:
dF = dU − TdS − SdT = TdS − pdV − TdS − SdT = − pdV − SdT 

 ∂F 
 ∂ ln Q 
 ∂F 
 ∂F 
 = kT 

 → p = −
dF = 
 dV + 
 dT
 ∂V  T
 ∂V  T

∂
∂
V
T

T

V

(XII.4)
F
∂
(
0
)


Bei der Herleitung der Gl. (XII.4) haben wir angenommen, dass: 
 = 0 , was nur richtig
V
∂

T
ist für ideale Gase. Deshalb zeigt die Gl. (XII.4), dass für T=0 auch p=0 sein muss.
Die Enthalpie:
H = U + pV
→ H (0) = U (0) → H − H (0) = U − U (0) + pV = −
(nur ideale Gase)
1 ∂Q
 ∂ ln Q 
+ kTV 

Q ∂β
 ∂V  T
(XII.5)
Die freie Enthalpie:
G = H − TS
→ G (0) = H (0)
G − G (0) = H − H (0) − TS = H − H (0) − U + U (0) − kT ln Q = pV − kT ln Q =
 ∂ ln Q 
= kTV 
 − kT ln Q
 ∂V  T
(XII.6)
45
XIII. Die Zustandsgleichung eines idealen Gases
___________________________________________________________________________________________
XIII. Die Zustandsgleichung eines idealen Gases
kTV  ∂Q 
 ∂ ln Q 
pV = kTV 
 =


Q  ∂V  T
 ∂V  T
Für ein monoatomiges ideales Gas gilt: Q =
(XIII.1)
V
ZN
und Z = 3 , dann:
N!
Λ
kTVN! N N −1 1
N N −1 1
∂Q ∂Q ∂Z
Z . 3 und pV =
Z
= NkT = nRT
=
=
∂V ∂Z ∂V N !
Z N N!
Λ3
Λ
Man kann die Zustandsgleichung für ideale Gase mit den Methoden der statistische
Thermodynamik herleiten!
46
(XIII.2)
XIV. Die Gleichgewichtskonstante
___________________________________________________________________________________________
XIV. Die Gleichgewichtskonstante
In PCIII haben wir gesehen, dass man für eine Gasgleichgewichtsreaktion AΦB eine Beziehung
zwischen der standard freien Reaktionsenthalpie ∆ R G° und der Gleichgewichtskonstante K
ableiten kann, wenn A und B ideale Gase sind:
p 
p 
p 
∆ R G = µ B − µ A = µ ° B + RT ln B  − µ ° A − RT ln A  = ∆ R G ° + RT ln B  = ∆ R G ° + RT ln K
 p° 
 p° 
 pA 
(XIV.1)
Im Gleichgewicht ist ∆ R G = 0 und
∆ R G° = − RT ln K
(XIV.2)
Für die allgemeinere Gasreaktion: (− ν A )A + (− ν B )B ⇔ ν C C + ν D D
gilt:
νC
νD
 pC   p D 

 

p°   p° 

K=
νA
νB
 p A   pB 

 

 p °   p° 
Wir können K berechnen, weil wir ∆ R G berechnen können.
 ∂ ln Q 
G − G (0) = kTV 
 − kT ln Q = pV − kT ln Q = nRT − kT ln Q
 ∂V  T
ZN 
 = N ln Z − ln N !
ln Q = ln
 N! 
G − G (0) = nRT − NkT ln Z + kT ln N != nRT − nRT ln Z + kT ( N ln N − N ) =
(XIV. 3)
Z
Z
= − nRT ln  = −nRT ln
N Avo
N
Für die Reaktionskomponente J kann man die Gl. (XIV.2) schreiben als:
 Z °J
G ° J − G ° J (0) = − RT ln
 N Avo



(XIV. 4)
Hier ist Z ° J die molare molekulare Zustandssumme von J in dem Standardzustand bei p=1 bar.
 Z °J
Im Gleichgewicht ist: ∆ R G° = ∑ν J G ° J =∑ν J G ° J (0) − RT ∑ν J ln
J
J
J
 N Avo
47



XIV. Die Gleichgewichtskonstante
___________________________________________________________________________________________
Hier ist der Ausdruck
∑ν
J
G ° J (0) die mit den stöchiometrischen gewichteten molare freie
J
Enthalpiedifferenz zwischen den Edukten und den Produkten der Reaktion bei T=0. Bei dem
absoluten Nullpunkt gilt für ideale Gase G(0)=H(0)=U(0). Deshalb ist ∑ν J G ° J (0) die
J
gewichtete Differenz zwischen den Nullpunktsenergieniveaus ∆E0. Dann:
 Z °J
∆ R G° = ∆E 0 − RT ∑ ln
J
 N Avo
νJ



 ∆E
 Z °J
0
= − RT −
+ ln ∏ 
J  N Avo
 RT
νJ





 ∆E 0   Z ° J
∏ 
 = − RT ln  Exp −

 RT  J  N Avo

(XIV.5)
Die Kombination der Gl. (XIV.2) und (XIV.5) führt zu:
 Z °J
 ∆E 0 
K = Exp −
 ∏ 
 RT  J  N Avo
νJ



(XIV.6)
Na2 (Gas) Φ2 Na (Gas)
Beispiel (Atkins):
 ∆E 0
K = Exp −
 RT
 Z ° Na

 N Avo



2
 Z ° Na2

 N
 Avo




−1
ν Na = −1 , ν Na = 2
 Z ° Na 2
=
 N Avo Z ° Na
2

2

 Exp − D0 

 RT 

(XIV.7)
wobei D0 die Dissoziationsenergie 2U(Na)-U(Na2) ist.
Im Allgemeinen gilt Z J = Z JT Z JR Z JS Z JE . Für die Na-Atome brauchen wir nur die Translation zu
betrachten und den elektronischen Entartungsgrad des Grundzustandes g=2:
Z ° Na = 2Z T ° Na = 2
und für Na2:
Z ° Na2 =
V ° Na
β
mit Λ Na = h
3
2πm Na
Λ
V ° Na2 1
1
3
Λ Na2 β B 1 − Exp(− β hω )
Damit enthalten wir:
4 Λ Na2 V °
K=
β B(1 − Exp[− βhω ])
1 Λ6Na N A
3
(XIV.8)
48
νJ






XV. Der ideale Kristall
___________________________________________________________________________________________
XV. Der ideale Kristall
In den vorgehenden Kapitel haben wir uns eigentlich nur mit (idealen) Gasen beschäftigt, jetzt
werden wir mit der vorgehender Theorie Festkörper beschreiben. Die einfachsten Festkörper
sind die ideale Kristallen. Ein Vergleich zwischen idealen Gasen und idealen Kristallen:
Ideales Gas: unabhängige, identische, ununterscheidbare Teilchen ohne Wechselwirkungen;
keine regelmäßige Anordnung
Idealer Kristall: identische, unterscheidbare Teilchen (weil man im Prinzip die Lage der Teilchen
unterscheiden kann) mit starken Wechselwirkungen und regelmäßigen räumlichen Anordnung.
In einem idealen Kristall mit N Atomen gibt es 3N Ortskoordinaten die die Positionen der Atome
festlegen und deshalb 3N Bewegungsfreiheitsgraden. Davon werden 3 für die Translation des
Kristalls benutzt und auch 3 für die Rotation des ganzen Kristalls. Also bleiben 3N-6 für
Schwingungen der Atome im Kristall übrig. Aber, weil N so groß ist, ist 3N-6 ≈ 3N.
Nach der Definition der kanonischen Zustandssumme gilt:
Q = ∑ Exp[− βEi ]
i
wobei Ei die Energieniveaus des Kristalls repräsentieren. Diese Energieniveaus entstehen durch
Atom-Atom-Wechselwirkungen im Kristall und durch die kinetische Energie der Atome, weil
die Atome Schwingungen ausführen können. Mann kann die Gesamtenergie aufteilen in eine
potentielle Energie U0 und die Schwingungsenergie ES. Im Allgemeinen sind U0 und ES nicht
unabhängig von einander, die Wechselwirkungsenergie ändert sich, wenn die Atome schwingen.
Wenn die Schwingungsamplituden klein genug sind, könnte man annehmen, dass U0 und ES
unabhängig von einander sind, also:
[
]
Q = Exp[− βU 0 ]∑ Exp − βEiS = Exp[− βU 0 ] Q S
i
Für die Berechnung von QS gibt es zwei Modelle:
Modell 1 (nach Einstein): Die Amplituden der Schwingungen sind so klein, dass die
Schwingungen von Nachbaratome einander nicht beeinflüssen. Dann habe wir im Kristall 3N
(eigentlich 3N-6) unabhängige, identische Schwingungen; d.h. die Schwingungen haben die
gleiche Frequenz ω. Wenn die Schwingungen unabhängig sind und als harmonische Oszillatoren
dargestellt werden können, gilt:
(
Q S = Z harmonischeOszillator
)
3N
(XV.1)
wobei wir angenommen haben, dass durch ihre Lage im Kristall die Oszillatoren unterscheidbar
sind. Weil wir die Energieniveaus eines harmonischen Oszillators im Kapitel X schon verwendet
haben, können wir Zharmonische Oszillator berechnen:
49
XV. Der ideale Kristall
___________________________________________________________________________________________
∞
∞
n=0
n =0
Z harmonischeOszillator = ∑ Exp[− βε n ] = ∑ Exp[− β (n + 12 )hω ] =
Exp[− β 12 hω ]
1 − Exp[− βhω ]
(XV.2)
Im Kapitel X sah die Zustandssumme etwas anders aus, weil wir da ε 0 ≡ 0 gesetzt hatten. Jetzt
nehmen wir als die Energienullpunkt die Situation, in der die Teilchen unendlich weit
voneinander entfernt sind.
Wir versuchen jetzt mit diesem Ergebnis die Wärmekapazität CV zu berechnen.:
∂ ln Q
 ∂U 
CV = 
 und U − U (0) = −
∂β
 ∂T V
[
( )
ln Q = ln Exp(− β U 0 ) Z S
−
3N
] = − βU
0
+ 3N {− 12 β hω − ln[1 − Exp(hωβ )]}
hωExp(− hωβ )
∂ ln Q
= U − U (0) = U 0 + 32 Nhω + 3 N
1 − Exp(− hωβ )
∂β
CV =
∂U ∂U ∂β
∂U
=
=
= − kβ 2
∂β ∂T
∂T
∂β
= −3Nhωkβ 2
(1 − Exp(− hωβ ))(− hωExp(− hωβ )) − Exp(− hωβ ).hωExp(− hωβ ) =
(1 − Exp(− hωβ ))2
= 3 N (hω ) kβ 2
2
Exp(− hωβ )
(1 − Exp(− hωβ ))
2
2
(XV.3)
 Θ 
Exp − E 
 T 
Θ 
= 3kN  E 
 T  
 Θ
1 − Exp − E
 T


 

2
hω
wird die Einstein’sche Temperatur genannt und ist eine Eigenschaft des Festkörpers.
k
Für eine Temperatur weit oberhalb ΘE gilt:
ΘE =
2
 ΘE 
 + .....
2 1− 
T 
 ΘE 

CV = 3kN 
≈ 3kN = 3nR

2
 T   Θ E 

 + .....

 T 

(XV.4)
Die Gl. (XV.4) stimmt überein mit den experimentellen Bestimmungen von Dulong und Petit.
50
XV. Der ideale Kristall
___________________________________________________________________________________________
Auch für eine ganz niedrige T ist die Gl. (XV.3) richtig:
Für T→0 findet man, dass auch CV→0 geht. Im Zwischengebiet 0<T<ΘE stimmt das
Einstein’sche Modell nicht sehr gut.
Das Modell von Debye geht auch von harmonischen Oszillatoren aus, nur nimmt er an, dass die
Oszillatoren gekoppelt sind. In einem Netzwerk von 3N Federn, in dem die Netzwerkpunkte von
Atomen besetzt sind, können kollektive Bewegungen der Atome auftreten, die als lineare
Kombinationen von 3N Normalschwingungen geschrieben werden können. Diese
Normalschwingungen haben 3N verschiedene Frequenzen ωi in einem Bereich von 0 Hz bis
einem Maximumwert ωmax. Die Schwingungen werden auch Phonone genannt und der Bereich
der Schwingungsfrequenzen als Phononspektrum gedeutet.
Die kanonische Zustandssumme QS kann dann geschrieben werden als:
Q S = Q1Q2 .........Q3 N
wobei:
Qi = Q(ω i ) =
Exp(− 12 hωβ )
die Zustandssumme des Oszillators mit der Frequenz ωi
1 − Exp(− hωβ )
ist. Damit können wir die Zustandssumme Q schreiben als:
ln Q = − βU 0 + ln Q1 (ω1 ) + ln Q2 (ω 2 ) + ....... + ln Q3 N (ω 3 N ) =
= − βU 0 +
ω max
(XV.5)
∫ N (ω ) ln Q(ω )dω
0
Der Integral (XV.5) kann berechnet werden, weil man beweisen kann, dass N (ω ) ∝ ω 2
51
XVI. Flüssigkeiten
___________________________________________________________________________________________
XVI. Flüssigkeiten
Ein Vergleich zwischen einem Gas, einem idealen Kristall und einer Flüssigkeit zeigt:
Kristall:
sehr hohe Teilchendichte, strenger Ordnungszustand, starke Wechselwirkungen,
die Bewegung der Teilchen sind hauptsächlich Teilchenschwingungen,
hauptsächlich potentielle Energie;
Gas:
niedrige Teilchendichte, loser Ordnungszustand, schwache Wechselwirkungen,
fast freie Teilchenbewegungen, hauptsächlich kinetische Energie;
Flüssigkeit:
Teilchendichte wie in einem Kristall, Teilchenbewegungen fast so frei wie in
einem Gas, wenig Ordnung, starke Wechselwirkungen, kinetische und potentielle
Energie.
Für die kanonische Zustandssumme Q braucht man die Energieniveaus der Teilchen. Die
kinetische Energie ist relativ einfach allgemein zu schreiben:
E kin =
(
1
p xi2 + p yi2 + p zi2
∑
2m i
)
wobei pxi der Impuls des Teilchens i in der Richtung x ist: p xi = mi v xi .
Für die potentielle Energie kann man annehmen, dass ein Teilchen sich in einem Potentialfeld
r
bewegt, dass von der Position seinen Nachbarn, festgelegt durch den Positionsvektoren r und
von der Wechselwirkung mit den Nachbarn bestimmt wird:
r r
r
E pot = U (r1 , r2 ,...........rN )
r r
r
Die wichtigste Frage ist hier, wie bestimmt man U (r1 , r2 ,...........rN ) ?
In der Zellentheorie verteilt man die Flüssigkeit in Zellen und man nimmt an, dass ein teichen
sich in einer Zelle befindet und diese Zelle nicht verlassen kann. In diesem Quasi-Gitter verteilt
man die potentielle Energie in einer Wechselwirkungsenergie U0, wofür alle Teilchen sich in der
r
r
Mitte der Zelle (Rj=0) befinden, und einen Beitrag ∑ Φ R j − Φ (0) , wobei R j die Position des
{( )
}
j
Teilchens j im Bezug auf der Mitte der Zelle festlegt. Diese sehr alte Beschreibung ist nicht sehr
genau, weil die Teilchen die Zelle nicht verlassen dürfen. Die Entropie des Systems, z.B., wird
zu niedrig sein.
Obwohl man sich Methoden ausgedacht hat die Zellentheoretische Beschreibung zu verbessern,
werden heutzutage Flüssigkeiten auf anderer Weise beschrieben, mit der Radiale
Verteilungsfunktion.
52
XVI. Flüssigkeiten
___________________________________________________________________________________________
Wir betrachten in einem Koordinatensystem x, y, z, in dem die Position des Teilchens j durch
r
r
den Positionsvektor r j festgelegt ist und ein Elementarvolumen dxdydz durch dr repräsentiert
r
wird. Die Wahrscheinlichkeit W1 im Volumen dr1 das Teilchen 1 anzutreffen, sollte proportional
r
zum Volumen dr1 sein:
r r
W1 = n (1) (r1 )dr1 ,
r
wobei n (1) (r1 ) die lokale Dichte ist.
In dieser Sprache können wir auch die kombinierte Wahrscheinlichkeit W1,2 definieren das
r
r
Teilchen 1 in dr1 anzutreffen und gleichzeitig das Teilchen 2 in dr2 :
r r r r
r
r
r r r
W1, 2 = n ( 2 ) (r1 , r2 )dr1 dr2 ≡ n (1) (r1 )n (1) (r2 ) g (r1 , r2 − r1 )
r r r
wobei g (r1 , r2 − r1 ) die Zwei-Teilchen-Korrelationsfunktion ist.
In einer homogenen, isotropen Flüssigkeit gilt:
r
n (1) (r ) = n (1) , unabhängig von der Position,
und
{ }
2
r r
r r
n ( 2 ) (r1 , r2 ) = n ( 2 ) ( r1 − r2 ) = n ( 2 ) (r ) = n (1) g (r ) ,
wo g(r) die radiale Paar-Verteilungsfunktion ist.
Die radiale Paar-Verteilungsfunktion g(r) gibt an, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, wenn sich
am Ort 0 ein Teilchen befindet, an einem Ort r noch ein Teilchen anzutreffen. g(r) kann mittels
Röntgen oder Neutronenstreuung direkt gemessen werden.
Man kann die folgenden Situationen unterscheiden:
Keine Ordnung:
g(r)=1: die Wahrscheinlichkeit ein Teilchen anzutreffen ist unabhängig von r;
g(r)
r
Kristall: strenge Ordnung, Nah- und Fernordnung
53
XVI. Flüssigkeiten
___________________________________________________________________________________________
g(r)
r
Flüssigkeit:
Nur Nahordnung
g(r)
r
Mit der experimentell bestimmten Paarverteilungsfunktion kann man im Prinzip die potentielle
Energie in einer Flüssigkeit berechnen:
{ }
2
r r
r
r r
r r r r
r r
U (r1 , r2 ,.......rN ) = ∫∫ n ( 2 ) (r1 , r2 )Φ ( r1 − r2 )dr1 dr2 = ∫∫ n (1) g (r12 )Φ(r12 )dr1 dr2 ,
wobei Ф(r) die Wechselwirkung zwischen zwei Teilchen mit der Entfernung r darstellt. Für Ф
könnte man z.B. die Lennard-Jones 12-6 Potentialfunktion (Abb. I.3) nehmen:
 σ
Φ (r12 ) = 4ε 
 r12
12
6
σ  

 −   
 r12  

54
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