Giftpflanzen im Garten? (Teil 1) Juni 2011 Einführung: Im Frühling und Sommer umgeben uns zahlreiche Pflanzen, deren üppige Blütenpracht nicht daran denken lässt, dass diese Pflanzen auch Stoffe enthalten können, die der Gesundheit des Menschen oder der von Tieren nicht zuträglich sind. Wir wissen andererseits, dass viele Pflanzen seit Menschengedenken genutzt werden, um unser Wohlbefinden zu erhöhen, Schmerzen zu lindern oder sogar Krankheiten zu heilen. So nutzen wir Pfefferminze, Kamille oder Salbei als Teepflanzen. Salbei, Majoran, Oregano, Thymian oder Bohnenkraut auch als Gewürzpflanzen, Blauer Eisenhut, Roter Fingerhut oder Mohn spielen in der Homöopathie ebenso eine Rolle wie in der klassischen Medizin, sie sind Heilpflanzen aber die drei letztgenannten Pflanzen sind zugleich auch Giftpflanzen. Der Übergang vom Heilmittel zum Gift fließend ist- wie schon Paracelsus sagte – nur von der aufgenommenen Dosis abhängig. Es soll nachfolgend auf einige einheimische Pflanzen hingewiesen werden, die wir im Garten aufgrund ihrer Schönheit nicht missen möchten, die aber durchaus gefährlich sind und die zu Vergiftungen, auch mit tödlichem Ausgang geführt haben. Diese Pflanzen sollen keineswegs verteufelt werden, aber Kinder und Jugendliche sollten über die Gefährlichkeit aufgeklärt, Klein- und Kleinstkinder müssen von diesen Pflanzen ferngehalten werden. Was ist eine Vergiftung? Von einer Vergiftung sprechen wir immer dann, wenn es nach der Aufnahme des Giftes (hier eines Pflanzenteils) zu einer Erkrankung gekommen ist, evtl. auch mit tödlichem Verlauf. Wurde ein Giftstoff aufgenommen, ohne, dass es zu einem Schaden gekommen ist, spricht man von einer Ingestion. Wie erkennt man eine Vergiftung? Das ist nicht so einfach zu beantworten: denn einerseits ist die Giftempfindlichkeit von Mensch zu Mensch verschieden, damit sind auch die Symptome, die auf die Vergiftung schließen lassen, unterschiedlich stark ausgeprägt, andererseits schwankt der Giftgehalt der Pflanzen in Abhängigkeit von der Pflanzensorte, vom Standort und von den klimatischen Bedingungen, d.h. damit auch von Jahr zu Jahr. Es gibt aber eine Reihe von Symptomen, die bei vielen Vergiftungen auftreten, die jedoch nicht spezifisch für den jeweiligen Giftstoff sind. Wir sprechen in dem Fall von den sogenannten „unspezifischen“ Vergiftungserscheinungen. Zu ihnen gehören: Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Zittern, Durchfall, Benommenheit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Hitze- oder Kältegefühl, Krämpfe, Schmerzen im Magen-Darm-Trakt oder auch starke Reizungen der Haut oder der Augen. Bei der nachfolgenden Beschreibung der Giftpflanzen werden diese Symptome nicht wiederholt, sondern es wird nur auf diejenigen Symptome hingewiesen, die zusätzlich auftreten, ggf. spezifisch für den Giftstoff oder die jeweilige Giftpflanze sind. Worin besteht die Erste Hilfe? Wenn beobachtet wurde oder sicher bekannt ist, dass eine Person giftige Pflanzenteile aufgenommen hat, oder wenn die o.g. Symptome beobachtet werden, sollte zunächst versucht werden, Erbrechen auszulösen. Dazu muss die betreffende Person oder das Kind aber bei vollem Bewusstsein sein. In jedem Fall ist der Arzt zu rufen oder der Arzt aufzusuchen, auch bei Erwachsenen sollte unbedingt eine Begleitperson mitgehen. Die Giftpflanze oder Teile von ihr, sollten dem Arzt ebenso wie evtl. bereits Erbrochenes vorgelegt werden, das hilft bei der Diagnose sehr viel weiter, insbesondere dann, wenn mit verzögerten Wirkungen zu rechnen ist. Bei Reizungen oder Verätzungen des Auges (durch spritzende Pflanzensäfte) ist unbedingt mit Wasser zu spülen und in jedem Fall ist ein Augenarzt aufzusuchen! Mehr kann man im Allgemeinen als Laie nicht tun! Sofern Tiere Giftpflanzen aufgenommen haben, sollte unbedingt ein Tierarzt aufgesucht werden. Je schneller das Gift entfernt werden kann, umso günstiger sind die Chancen zu überleben! Daher nicht zögern, den Notarzt zu rufen oder den Augenarzt aufsuchen! Maiglöckchen (Convallaria majalis L.), Familie: Liliengewächse, Liliaceae Herkunft/ Standort: in Europa verbreitet, bevorzugte Standorte sind lichte Laub- und Mischwälder, Gebüsche und Bergwiesen, in Gärten als Zierpflanze. Merkmale: ca. 30 cm hohe Pflanze mit kriechendem Wurzelstock, Stängel mit 2 elliptischen. parallelnervigen Blättern, glockenförmige, weiße stark duftende Blüten, die an einem blattlosen Stängel in einseitswendiger Traube angeordnet sind, Beeren: rot, ca. erbsengroß, Blüte: April-Mai; Beeren: Juli-August. Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders die Blüten und Früchte (Beeren). Hauptwirkstoffe: Digitalisglycoside (s.a. Roter Fingerhut), Convallatoxin, Convallamarin, Convallosid, sowie Saponine und Carotin. Vergiftungserscheinungen: Koliken und Durchfälle, Absinken der Pulsfrequenz, Herzrhythmusstörungen, Kollaps Herzstillstand. Es ist zu tödlichen Vergiftungen gekommen, so z.B. durch das Trinken von Wasser aus einer Blumenvase, in der ein Maiglöckchenstrauß gestanden hatte. Bei Kindern treten Vergiftungen meist nach dem Essen der roten Beeren auf oder nach dem Lutschen und Kauen der Blätter /Stiele. Roter Fingerhut (Digitalis purpurea L.) Gelber Fingerhut (Digitalis lutea L.) Familie: Rachenblütler, Scrophulariaceae Herkunft/Standort: in Westeuropa verbreitet. In lichten Wäldern, an buschigen Abhängen, auf Lichtungen und Kahlschlägen, häufig auch als Gartenpflanze kultiviert. Merkmale: zweijährige, 40-140 cm hohe Pflanzen, wechselständige lanzettliche Stängelblätter, Blüten 4-5 cm lang, bauchig-glockig purpurrot (bzw. gelb), stehen einseitswendig als Trauben, Kapselfrüchte. Blüte: Juni-August. Hauptwirkstoffe: Digitalin, Digitoxin, Gitatoxin, Gitarin, Gitoxin. Wirkung auf die Herzmuskulatur und auf die Reizbildungszentren. Vergiftungserscheinungen: Das Kauen der Fingerhutblätter führt zu Entzündungen der Mundschleimhaut, grasgrünes Erbrechen, vorübergehende Sehstörungen mit Halluzinationen, Herzrhythmusstörungen, auch Ödembildung („Herzwassersucht“) mit Verzögerung möglich, größere Dosen können nach starker Pulsverlangsamung zum Herzstillstand führen. Das Trinken eines „alternativen Tees“, einem Aufguss von Digitalisblättern in heißem Wasser, war für die Betreffenden tödlich. Die Vergiftungserscheinungen durch den Gelben Fingerhut oder durch den wolligen Fingerhut (Digitalis lanata) oder durch den geschützten großblättrigen Fingerhut (Digitalis grandiflora) sind nach Art und Schwere des Verlaufs die gleichen. Goldregen (Laburnum anagyroides L.), Familie: Schmetterlingsblütler, Fabaceae Herkunft/Standort: ursprüngliche Heimat ist Süd -und Südosteuropa, wurde jedoch bereits vor Jahrhunderten kultiviert und ist inzwischen bereits auch in Südschweden zu finden. Merkmale: baumähnlicher bis 7 m hoher Strauch mit glatter Rinde. Blätter büschelig, dreizählig, kleeähnlich, an der Oberseite glatt, an der Unterseite schwach behaart. Blüten goldgelb in hängenden Trauben. Früchte: Samen in knotigen, bohnenähnlichen Hülsen, anfangs grün und seidig behaart, dann fast kahl und bräunlich/grau; Blüte: Mai - Juni, Früchte: Juli - Winter. Infolge seiner Anspruchslosigkeit und seiner herrlichen Blüten wird Goldregen gern in Anlagen, Gärten, Freibädern und in der Umgebung von Schulen und Kindergärten angebaut und hat daher schon mehrmals zu Massenvergiftungen geführt. Die meisten Vergiftungsfälle ereignen sich mit Kindern im Vorschulalter (durch Essen der Samen). Alle Pflanzenteile sind giftig, für Kinder sind 3-4 Schoten tödlich, d.h. 15-20 Samen. Hauptwirkstoff: Cytisin Vergiftungserscheinungen: nach dem Kauen der Samen, der Blüten und Blätter oder an der nach Süßholz schmeckenden Wurzel zunächst anregende, später lähmende Wirkung. Ca. ¼ - 1 Stunde nach Giftaufnahme Brennen im Mund und im Rachen, Übelkeit, Erbrechen, starker Durst, Magen-Darm-Krämpfe, Kreislaufkollaps, Tod durch Atemlähmung. Besenginster (Cytisus scoparius L.), Familie: Schmetterlingsblütler, Fabaceae Herkunft/Standort: in West- und Südeuropa verbreitet, auf sonnigen, felsigen Plätzen, an Wegrändern, auf Sand- und Heidegebieten, an Bahndämmen, in Gärten kultiviert. Merkmale: im Frühjahr blühender 1-2 m hoher Strauch mit binsenförmigen, spärlich belaubten, stielrunden Zweigen. Blüten gelb, sitzen z.T. zu zweit am Stängel, die Frucht ist eine schwarzbraune Hülse, die zahlreiche Samen enthält. Hauptwirkstoff: das Alkaloid Spartein. Vergiftungserscheinungen: Spartein wirkt auf das Zentralnervensystem, erst erregend, dann lähmend, es sind schwere Störungen der Herztätigkeit zu erwarten, Tod durch Herzstillstand. Der Spanische Ginster (Spartium junceum L.), der zur gleichen Familie gehört, enthält als Hauptwirkstoff in den Blüten Cytisin, das Vergiftungsbild ähnelt daher dem des Goldregens. Blauer Eisenhut, Sturmhut (Aconitum napellus L.), Familie: Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae Herkunft/Standort: Europa, Hauptvorkommen im Mittelgebirge und in den Alpen, an schattigen Plätzen, auf feuchten Böden, an Gebirgsbächen, auch in Gärten verbreitet. Merkmale: ausdauernde krautige Pflanze, rübenartige Wurzel, Pflanze überwintert auch bei strengen Frösten, der aufrecht stehende Stängel wird 50-150 cm hoch, trägt dunkelgrüne, gefingerte, 5-7-fach eingeschnittenen Blätter. Die Pflanze blüht von Juni bis September mit dunkelblauen bis dunkelvioletten Blüten, die helmartig aussehen, die Früchte sind mehrsamige Balgkapseln. Hauptwirkstoff: das Alkaloid Aconitin. Eisenhut wird oft als giftigste Giftpflanze Europas bezeichnet: alle Pflanzenteile: Blätter, Wurzeln und die Blüten enthalten Aconitin. Dieses Gift kann bei direktem Hautkontakt mit der Pflanze (z.B. beim Vermehren, Umsetzen oder auch beim Abpflücken der Blätter oder Stängel) in den Körper eindringen. Berührung mit dem Pflanzensaft kann zu Hautreizungen und Hautentzündungen führen. Tödliche Vergiftungen sind bekannt geworden durch Verwechslungen mit Sellerie- bzw. mit Meerrettichwurzeln sowie durch die fälschliche Verwendung in Salaten bzw. als Tee. Vergiftungserscheinungen: Bereits 10-20 Minuten nach der Giftaufnahme kann es zunächst zur Erregung, später zu Lähmungen der sensiblen Nervenendigungen kommen (typisches Taubheitsgefühl, Kribbeln in den Fingern, später am ganzen Körper, kolikartige Durchfälle, Sehstörungen (Gelb-Grün-Sehen), vermehrter Harnfluss, in schweren Fällen Atembeschleunigung, dann Herz-Atemlähmung und Untertemperatur, Tod bei erhaltenem Bewusstsein. Neben dem blauen Eisenhut gibt es den gelben Eisenhut, auch Wolfseisenhut genannt (Aconitum vulparia Rchb.), dieser enthält kein Aconitin, ist aber durch die Wirkstoffe Lycoconitin und Lycoctonin ebenfalls sehr giftig. Die Blüten sind schwefelgelb, vielblütige etwas verästelte Traube. Die Pflanze steht unter Naturschutz. In Gärten findet sich auch der blau-gelbgefleckte Eisenhut, auch er ist stark giftig. Scharfer Hahnenfuß (Ranunculus acris L.), Familie: Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae (In manchen Gegenden auch als Butterblume bezeichnet, in anderen Gegenden bezeichnet man Löwenzahn als Butterblume) Herkunft/Standort: in Europa weit verbreitet, sehr häufig auf Wiesen in der Ebene und im Gebirge. Merkmale: bis zu 1 m hohe Pflanze, stark verästelter Stängel, stark handförmig geteilte Blätter, 5-7 teilig, langgestielt, nach oben kürzer werdend. Blüten langgestielt, fettglänzend, 5-blättrig, Blütezeit: Mai bis September, Frucht: einsamige Nüsschen. Hauptwirkstoffe: alle Pflanzenteile sind giftig, besonders die Wurzeln enthalten Saponine, Protoanemonin, Anemonin und Ranunculin. Vergiftungen beim Menschen sind selten, aber sie sind, auch mit tödlichem Verlauf, vorgekommen durch Essen von Wurzeln und Trinken von Pflanzensaft! Vergiftungserscheinungen: Brennen im Mund, Übelkeit, Magenund Leibschmerzen, Schock, Krämpfe, Abnahme der Leistung des Herzens, Atemnot, Tod. Vergiftungen bei Weidetieren nur bei massenhaftem Auftreten der Hahnenfußgewächse. Weitere gelbblühende Hahnenfußgewächse mit ähnlicher Wirkung sind: Knolliger Hahnenfuß (R.bulbosus), Brennender Hahnenfuß (R.flammula), Gift-Hahnenfuß (R. sceleratus), Wolliger Hahnenfuß (R. lanuginosus) und Wald-Hahnenfuß (R. nemorosus) Schlafmohn (Papaver somniferum L.,) Familie: Mohngewächse, Papaveraceae Herkunft/Standort: in Mitteleuropa als Zierpflanze, ursprünglich verbreitet im Mittelmeergebiet, Zentralasien, Kleinasien, früher häufig als Ölpflanze angebaut. Merkmale: 40 - 150cm hohe einjährige Pflanze mit weißem Milchsaft; Blätter länglich eiförmig, buchtig, gezähnt, stängelumfassend, Unterseite blaugrün bereift. Die großen Blüten sind weiß bis lilafarben, mit violettem Fleck am Grund, 4-blättrig, vielkammerige Kapsel, mit Streulöchern, enthält die Mohnsamen Blütezeit: Juni-August, Früchte: Juli-September. Wirkstoffe: in allen milchsaftführenden Pflanzenteilen sind die typischen Opiumalkaloide enthalten: Morphin, Codein, Thebain, Papaverin und Narcotin, das Spektrum variiert. In reifen Mohnsamen sind nur noch 0,01% der Alkaloide enthalten (daher stimmt nicht: „Mohnkuchen macht dumm“, der Slogan kommt daher, dass man in früheren Zeiten, vor allem auf dem Lande und bei Heimarbeitern (besonders bei Webern!), den kleinen Kindern Tee aus unreifen Mohnsamen gab, damit sie einschlafen und die Eltern arbeiten konnten, statt Tee gab man den Kindern auch unreife Mohnsamen in Leinenbeuteln zum Kauen mit der gleichen Einschlafwirkung. Vergiftungserscheinungen: ca. ½ Stunde nach Aufnahme der Giftstoffe in den Körper kommt es zu einer Schwere im Kopf, Schwindelgefühl, Erbrechen, zunehmende Benommenheit, allgemeine Erschlaffung, Schlaf, tiefe Bewusstlosigkeit und zunehmende Atemschädigung, dazu extreme Pupillenverengung, Störung der Herztätigkeit, Absinken der Körpertemperatur, nach Stunden Tod durch Atemlähmung. Die ebenfalls milchsaftführende Gartenzierpflanzen Papaver orientale L. (Gartenmohn, Türkischer Mohn) und Papaver bracteatum Lindl. (Armenischer Mohn), Riesenmohn mit zinnoberroten großen Blüten (ebenfalls dunkler Fleck am Grund) enthalten die Alkaloide Isothebain, Glaucidin, aber auch sie sind giftig und das Vergiftungsbild entspricht dem des Schlafmohnes. Schöllkraut, Schellkraut, Warzenkraut (Chelidonium majus), Familie: Mohngewächse, Papaveraceen Herkunft/Standort: Europa, insbesondere Mitteleuropa, Nordasien, weite Verbreitung: Wegränder, Raine, Hecken, Gebüsch, an Zäunen, Gemäuern, auf Schutt und in Laubwäldern Merkmale: bis zu 70 cm hohe krautige Pflanze mit orangefarbenem Milchsaft, Blätter einfach gelappte und gekerbte Teilblättchen, oben grün, unten blaugrün/hellgrün, zerstreute Behaarung, aufrechte, innen hohle Stängel, an den Knoten verdickt, Blüten goldgelb, 4-teilig in langgestielten Dolden. Blüte von Mai bis Oktober. Früchte schotenähnliche Kapseln, aufspringend, beinhalten eiförmige, schwarze Samen. Wirkstoffe: alle Pflanzenteile sind giftig und enthalten 10 verschiedene Alkaloide, darunter Chelerytrin, Chelidonin, Chelidoxanthin, Spartein und Sanguiarin. Vergiftungserscheinungen: bei äußerlicher Einwirkung, d.h. bei direktem Kontakt mit der Haut können sich Blasen und Geschwüre bilden. Nach Verschlucken /Kauen von Pflanzenteilen kommt es zu heftigen Reizerscheinungen im gesamten Verdauungskanal, Erbrechen, blutige Durchfälle, Harndrang, Schwindel, Benommenheit, Tod im Kollaps. Haustiervergiftungen sind selten. Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum L.) Familie Nachtschattengewächse, Solanaceae Herkunft/Standort: ursprünglich Mittelmeergebiet, inzwischen in Mitteleuropa verbreitet, Wegränder, Zäune, Hecken, Schuttplätze, Gärten, Äcker (als „Unkraut“) Merkmale: einjähriger, krautige bis zu 75 cm hohe Pflanze, Blätter gestielt, eiförmig, zugespitzt, ganzrandig oder gezähnt, dunkelgrün. 5-zählige, weiße Blüten, die kurzgestielt in seitenständiger Trugdolde hängen , gelbe Staubblätter, Früchte: schwarze, erbsengroße Beeren. Blütezeit: Juli bis Oktober, Früchte: September, Oktober. Hauptwirkstoff: Solanin, ein Alkaloidgemisch aus 6 Bestandteilen, dazu Saponine, ist in allen Pflanzenteilen, vor allem in den Samen und damit in den Beeren enthalten. Der Alkaloidgehalt hängt vom Entwicklungsstand der Pflanze ab. Die Aufnahme von 6-10 Beeren kann bereits für Kinder tödlich sein. Vergiftungserscheinungen: erste Anzeichen sind ein hochroter Kopf, stark erweiterte Pupillen, durch die Saponine Kratzen und Brennen im Mund und Rachen, Übelkeit, schmerzhafte Durchfälle. Solanin hat erregende, später lähmende Wirkungen, Angstzustände, Fieber, Krämpfe, Atemleistung fällt ab, Koma, Tod. Ähnlich wirkt der ebenfalls verbreitete Bittersüße Nachtschatten (Solanum dulcamara L.), der zur gleichen Familie gehört, auch als Bittersüßer Nachtschatten oder Waldnachtschatten bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Halbstrauch mit unten verholzten, oben krautigen Stängeln. Er wächst entweder niederliegend oder rechts bzw. linksrankend in die Höhe, wobei die Triebe bis zu 1,5 m lang werden. Die Blätter sind gestielt, spitzoval und haben am Grund 1-2 buchtig abgetrennte Seitenblätter. Die violetten Blüten bilden Rispen, an denen dann die Früchte, rote, eiförmige etwa erbsengroße glänzende Beeren hängen. Gift und Vergiftungserscheinungen entsprechen dem Schwarzen Nachtschatten. Gemeiner Stechapfel (Datura stramonium L.), Familie: Nachtschattengewächse, Solanaceae Herkunft/Standort: ursprünglich war der Stechapfel in Zentralamerika heimisch, er wurde im 16. Jahrhundert nach Europa eingeführt und kommt nun in Süd- und Mitteleuropa verwildert vor: an Waldrändern, auf Weinbergen, Dämmen und Schuttplätzen, als attraktive Pflanze wird er auch in Gärten kultiviert. Merkmale: einjährige bis zu 1 m hohe krautige Pflanze. Die Blätter sind eiförmig zugespitzt, Oberseite dunkelgrün, unten heller, buchtig gezähnt und gestielt. Blüten trichterförmig, fünfzipflig, weiß, achsel- oder endständig. Fruchtkapsel stachelig, 4fächrig, Samen braun-schwarz bis zu 3,5 mm lang. Hauptwirkstoff: die Alkaloide L-Hyoscyamin, Atropin, LScopolamin, es sind alle Pflanzenteile giftig, besonders die Wurzel und die Samen. Vergiftungserscheinungen: nach Aufnahme in den Körper zunächst allgemeine Erregung von Heiterkeit bis Tobsucht, Sinnestäuschungen, starke Hautreizung, Übelkeit, weite Pupillen, Sehstörungen, Benommenheit, Atemlähmung, Tod. Wird die Vergiftung überlebt und kommt es mehrmals zur Aufnahme von StechapfelPflanzenteilen, so können die Folge Geistesstörungen sein (Verblödung). Auch für Pferde und Rinder sind Vergiftungen beschrieben durch Futter, das mit Stechapfelsamen kontaminiert war. Engelstrompete (Datura suaveolens Humb.et.Bonpl.exWilld.; Brugmansia), Familie: Nachtschattengewächse. Solanaceae Herkunft/Standort: Heimat: Brasilien, bei uns als sehr attraktive Kübelpflanze, kann nicht im Freien überwintern. Merkmale: Strauch bis zu 5 m hoch, Blätter wechselständig, grün, eiförmig mit gewelltem Rand, Blüten 20-30 cm lang weiß (auch rot oder gelb) trompetentrichterförmig. Früchte: spiralig, lang. Blütezeit: August bis Oktober. Eine andere Zierpflanze ist Datura sanguinea, die von Januar bis März blüht. Hauptwirkstoffe: Die Alkaloide Scopolamin, Hyoscyamin und Atropin. alle Pflanzenteile sind giftig. Vergiftungserscheinungen: wie bei Stechapfel beschrieben (s.o.), schon der Duft der Blüten soll narkotisierende Eigenschaften haben und Kopfschmerzen und Benommenheit hervorrufen. Auch Vergiftungen, die überlebt werden, dauern sehr lange, das am längsten bestehende Symptom sind die weiten Pupillen. Die Aufnahme der Pflanzenteile (auch als Tee) hat zum Teil zu tödlichen Vergiftungen geführt. Liguster (Ligustrum vulgare L.), Familie: Ölbaumgewächse, Oleaceae Herkunft/Standort: Europa, in Mitteleuropa weit verbreitet, Wälder, Waldränder, verbreitet als Schnitthecken gepflanzt. Strauch von 4-5m Höhe, Blätter länglich-lanzettlich, gegenständig, kurzgestielt. Blüten klein, weiß in endständigen Rispen, stark riechend, Blütezeit: Juni/Juli, Früchte September bis zum Winter. Die Früchte sind kugelige, etwa erbsengroße Steinbeeren, die glänzend schwarz werden, sie schmecken unangenehm bitter. Hauptwirkstoffe sind der Farbstoff Ligulin, in den Blättern und in der Rinde das Glycosid Ligustrin, in der Rinde, ferner die Bitterstoffe Syringopicrin und Ligustron. Vergiftungserscheinungen: Durch Aufnahme der Beeren sind Kinder zu Tode gekommen. Nach dem Essen der Beeren oder anderer Pflanzenteile kommt es zu schweren Magen-Darm-Beschwerden mit heftigen Erbrechen, starken Durchfällen, Krämpfen und Kreislauflähmung. Lokal kann es zu Hautreizungen kommen. Erklärungen: Alkaloide: Bezeichnung für vorwiegend im Pflanzenreich vorkommende alkalisch reagierende Naturstoffe mit einem oder mehreren stickstoffhaltigen Ringsystemen im Molekül. Sie haben meist eine stark ausgeprägte pharmakologische oder toxische Wirkung, z.B. Nicotin, Aconitin, Chelidonin. In den Pflanzen liegen sie nicht in freier Form vor, sondern sie bilden entweder Salze mit typischen Pflanzensäuren, wie Weinsäure, Äpfelsäure, oder Zitronensäure oder sie gehen eine Bindung mit Zuckern und bilden die sog. Glycoside Glucoside: s. Glycoside Glycoside : Bezeichnung für Pflanzenstoffe, die in echter chemischer Bindung (meist über ein Sauerstoffatom) an einen Pflanzenzucker gebunden sind. Die sog. Glucoside sind Pflanzeninhaltsstoffe, die an Glucose gebunden sind (Glucose: Traubenzucker) Hämolyse: Auflösung der roten Blutkörperchen Koma: tiefe Bewusstlosigkeit, aus der der Patient nicht erweckt werden kann Kollaps: Physischer oder psychischer Zusammenbruch, Kreislaufkollaps: Zusammenbruch des Herz-Kreislaufsystems (mit oder ohne Bewusstlosigkeit) Saponine: Bezeichnungen für eine Gruppe von pflanzlichen Glycosiden, die mit Wasser seifenartige Lösungen bilden. Einige von ihnen sind starke Pflanzengifte, da sie in der Blutbahn zur Auflösung der roten Blutkörperchen führen (Hämolyse). Literatur 1) Giftpflanzen (Giftliste), ecomed verlagsgesellschaft, Landshut, jährliche Ergänzungslieferungen, Hrsg. Roth /Daunderer 2) Habermehl, G. und P. Ziemer, Mitteleuropäische Giftpflanzen und ihre Wirkstoffe, 2. erweiterte Auflage, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1999 3) Altmann, H., Giftpflanzen, Gifttiere (Merkmale, Giftwirkung, Therapie), BLV Verlagsgesellschaft mbH, München, Wien, Zürich, 1995 Der Verband bedankt sich bei unserem Einzelmitglied Frau Prof. Dr. Ursula Stephan aus Halle für die Zusammenstellung der „Giftpflanzen im Garten“ – Teil 1(Teil 2 erscheint im Herbst 2011) aktiv – stark – engagiert für Haus, Garten und Freizeit Unser Verband möchte mit dieser Broschüre seinen Mitgliedern und Freunden einen Ratgeber für den Gartenbereich in die Hand geben, um unliebsame Schädigungen im Vorfeld zu vermeiden. Es ist gut, Mitglied in unserem Verband zu sein, denn MITGLIEDER WISSEN MEHR! MITGLIEDER SIND BESSER BERATEN! MITGLIEDER HABEN VIELE VORTEILE! Verband Wohneigentum Sachsen-Anhalt e.V. (vormals Deutscher Siedlerbund, LV Sachsen-Anhalt e.V.) Schleiermacherstraße 15, 06114 Halle (Saale) Telefon/Fax: 0345 5220114 www.verband-wohneigentum.de/sachsen-anhalt eMail: [email protected]