kel` - Schönbergs ironische Glos

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SCHÖN BERG UND SCHENKER
Die Auseinandersetzung zwischen Arnold Schönberg und Heinrich Schenkel' - Schönbergs ironische Glosse in der "Harmonielehre ft (HL, 1911,
355 f. ) und Schenkers heftige Polemik in Band II von "Das Meisterwerk
in der Musik" (MW, 1926, 30 ff.) - ist in erster Instanz ein Streit über
die Bedeutung harmoniefremder Töne, über einen Gegenstand also, der
harmlos genug erscheint. Und es wäre kaum lohnend, den Disput zu
analysieren, wenn nichts anderes zu zeigen wäre, als daß jeder der
Streitenden den anderen schlecht verstand und daß beide die Sache verfehlten, über die sie zu reden behaupteten. Unter der Oberfläche einer
Diskussion über technische Details verbirgt sich jedoch eine Auseinandersetzung über tragende Prinzipien musikalischer Denkformen : Denkformen, die sich keineswegs auf die Cliches vom "progressiven Komponisten" und vom "konservativen Theoretiker" reduzieren lassen.
Nach der traditionellen Theorie, die aus dem 18. Jahrhundert stammt,
unterscheiden sich harmonie fremde Töne - Vorhalte, Durchgänge, Wechselnoten und Antizipationen - dadurch von Akkorddissonanzen, daß die
Auflösung einer harmoniefremden Dissonanz nicht mit einem Harmoniewechsei, einem Fundamentschritt verbunden ist. Um grob zu simplifizieren: Die Dissonanz c' über dem Bezugston d ist ein harmoniefrem·der Vorhalt oder Durchgang, wenn bei der Auflösung nach h der Bezugston d liegenbleibt, dagegen eine Akkorddissonanz, wenn er nach g oder
e fortschreitet. Akkorddissonanzen, deren Auflösung das Korrelat ei~·
nes Harmoniewechsels bildet, die also den Fundamentgang beeinflussen,
gelten als "wesentlicheil Dissonanzen, harmoniefremde Töne
als "zufälligeil Dissonanzen. Ob eine Dissonanz zur Harmonie
oder nicht, hängt demnach weniger von der Struktur des einzelnen Ak···
kords als von dessen [i'unkUon irn Zusammenhang der Akkorde ab: Der
Terminus I'harmoniefremd ft besagt, daß ein dissonierender Ton in den
als Fundamentgang verstandenen Akkordzusarnmenhal;lg nicht
er ist melodisch motiviert und hat einen klanglIchen Momentan··l.i:ffekt,
ohne daß eine harmonische .. harmonisch zusammenhangbildende .e Wir···
kung von ihm ausgeht.
Die tradi.tionelle Theorie wurde sowohl von Schenkel' als auch von Schön·berg verworfen, aber aus entgegengesetzten Gründen: Schenh.er leugne
te den Begriff der "wesentlichen!!, Schönberg elen der I! zufälligen" Disso··
nanz. In Schenkers Schi.chtenlehre ist !!Durchgang" eine fundarnentale
Kategorie: Das System von ItZügen", in das Schenkel' ein rnusikaliscbef3
Werk auflöst, ist ein System von Durchgängen. Die Verfestigung einer
Septirne oder None zur Akkorddissonanz ist nach Schenker bloßer Schein:
ein Vordergrund-Phänomen, als dessen Wesen ein Hörer, der elen Mittel·· und Hintergrund zu erfassen vermag, einen Durchgang erkennt
(MW 34 f.). Durchgänge aber sind in Schenkers Theorie harmoniefremde Töne in des Wortes extremster Bedeutung: l1Es ist, wie wenn zwi··,
sehen dem dissonanten Durchgang und dem ruhenden cantus -firmus ..
Ton ein luftleerer Raum wäre" (MW 25). Die akustische Di.f3sonanz ist
musikalisch irrelevant.
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Dagegen versucht Schönberg gerade umgekehrt zu zeigen, da[3 der Ter ..
minus "harmoniefremd' ! verfehlt sei (HL 355). Erstens bleibe, minde ..
stens in einem Meisterwerk, kein Ton ohne Einfluß auf den harmonischen Fortgang (BL 346 f., 385 ff.): Die harmonische - harmonisch
zusammenhangbildende - Wirkung sei zwar manchmal schwach ausge ..
prägt, fehle aber niemals gänzlich. Unel zweitens müsse der dissonie ..
rende Zusammenklang, der durch einen Vorhalt oder Durchgang entstehe, .durchaus als Akkord: als essentielles, nicht als akzidentelles
Phänomen aufgefaßt werden (HL 344 ff. ): Die Verbrämung als Vorhalt
oder Durchgang sei ein bloßer Rechtfertigungsgrund, elie Dissonanz
selbst aber stelle den eigentlichen Zweck dar, auf den der Komponist
ziele (HL 360 ff.). Und auf die Legitimation durch kontrapunktische lVra ..
nieren könne man verzichten, sobald man fähig sei, die Dissonanz für
sich, als ttelnanzipierte Dissonanz ' ! zu erfassen.
Über die Tatsachen, die sich bei gewöhnlichem Hören zeigen, setzten
sowohl Schenkel' als auch Schönberg sich hinweg. Schönberg war von
der Idee besessen, daf3 nichts, was sich musikal.isch ereignet, ohne
Bedeutung für den Zusammenhang, die musikalische Logik sei oder
sein dürfe: Seine Behauptung, dat.l es harmoniefremde, harmonisch
einflußlose 'Töne nicht gebe, ist streng genoInmen eher ein ästhetisches
Postulat .. das in der Absage an Ornamentales, Funkt:Lonsloses wurzelt ~
als eine Beschreibung der musikalischen Wirklichkeit. Schenker ande."
rerseIts zog aus den:l Phänomen, daß bei manchen Durchgängen das ver.~
tikale Moment gleichgültig und nahezu unmerklich ist (MW 31), die spekulative Konsequenz, daß sämtliche Durchgänge im Vorder- wie im
Hinter·· oder Mittelgrund eines musikalischen Werkes ausschließlich
horizontal zu hören seien< .Forderte also Schönberg, daß rnan noch bei
der f:tüchtigsten Dissonanz deren Bedeutung für den harmonischen .Fort ..,
gang wö.hrnehlnen rnüsse, so postulierte Schenke I'
Hl.an solle vom Dissonanzcbarakter auch. der härtesten Zusamm.enklün".
ge
um ohne A
durch die
die 110.·
rizontalen
erfaf3f3en zu
auf denen derm.usikalische Zusam
beruht.
in einem
in der Musik erklären soll, al",
so eihe Antwort auf die Frage
warum ein musikalischer Pro··
der sich über Hunderte von 'fakten
als
Einheit und nicht als
AugenblIcke
wird, Schenker andererseits
seinen
Durchgangsbegriff zu,um mit geringer Mühe
zu können, daß Schönberg das
erst von Schenkel' entdeckte -, W'esen des
nicht verstanden
habe (MW 35), Schenkers
; daß seine eigene '1'heo1'1e die
Natur der Sache treffe und in
fasse, ist so ungebrochen, daß
er
jeder
Musiker müsse in einem Satz, dem eine
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Quintschrittsequenz des Baßfundaments zugrundeliegt (g-c-f-b-es-ad-g), einen Quartzug (g-f-es-d) als Gerüst erkennen, neben dem die
übrigen Töne zu füllenden Durchgängen verblassen (MW 32).
Schönbergs und Schenkers Behauptungen über harmoniefremde Töne resultieren - methodologisch betrachtet - aus dem fragwürdigen Verfahren, Extremfälle zu Paradigmen zu erklären, von denen das Wesen der
Sache ablesbar sein soll. Das von Schenkel' zitierte Phänomen, daß der
Dissonanzcharakter eines Durchgangs bei Palestrina nahezu unmerklich
ist, dürfte ebenso unbestreitbar sein wie Schönbergs Ausgangspunkt,
daß beim Tristan-Akkord gerade umgekehrt die ttRechtfertigung durch
das Melodische tt - durch den Vorhalt - ein Mittel zu dem Zweck ist,
die Dissonanz als Klang zu exponieren. (Ohne daß allerdings geleugnet
werden soll, daß der Drang des Vorhalts nach Auflösung, also eine geschichtliche Implikation des Akkords, zu dessen Ausdruckscharakter
gehört.) Von den Phänomenen, deren Wahrnehmung sie mit gewöhnlichen Hörern gemeinsam haben, gehen jedoch sowohl Schönberg als auch
Schenker rasch zu Spekulationen über; und es ist nicht ausgeschlossen,
daß sie den Einwand, das empirische Fundament ihrer Theorien sei zu
schwach, als Versuch empfunden hätten, in der Musiktheorie eine Dik··
tatur der Unbegabten zu errichten.
Andererseits ist die Berufung auf Extremfälle bei Schönberg wie bei
Schenkel' keineswegs eine bloße Übertreibung, die man zurechtrücken
könnte, um auf einem Mittelweg der wissenschaftlichen Wahrheit habhaft zu werden, sondern gehört zur Substanz der - einander entgegengesetzten - Theorien. Daß er ein peripheres Phänomen zur Norm der
Musik schlechthin erhebe, muß Schenkel' leugnen, denn das Zugeständ ..
nis, daß er den empirischen Durchgangsbegriff, von dem er ausgeht,
nach wenigen Gedankenschritten mit einem spekulativen vertausche,
würde den Sinn und den logischen Status des ganzen Systems tiefgrei.,·
fend verändern. Schenkel' beharrt auf der Behauptung, daß der Mittelund der Hintergrund keine bloßen Konstruktionen, sondern
einer - von Intuition durchsetzten - Wahrnehm.ung seien. Als
Hypothesen hätten das System von ttZügentt im Mittelgrund und der
r··
satz" im Hintergrund die Funktion, eine Wahrnehmungstatsache ,. den
Eindruck eines zwingenden musikalischen Zusammenhangs über
Strecken - zu erklären und begreiflich zu machen, ohne daß sie bean·,
spruchen, selbst Wahrnehmungstatsachen zu sein. Schenkel' aber ver"
steht seine Theorie als Anweisung zum musikalischenH.ören: als Beschreibung einer musikalischen Rezeption, wie sie implizit in den Mei,·
sterwerken als Forderung an den Hörer vorgezeichnet sei.
n
Schönbergs Gegenthese, daß der Terminus "harmoniefremder Ton in,·
sofern verfehlt sei, als noch vom flüchtigsten Durchgang ein - v"enn
auch geringer - Einfluß auf den harmonischen Prozeß ausgehe, ist zu'·
gleich einleuchtend und fragwürdig: einleuchtend, weil sie einem musikalischen Gefühl entspricht; fragwürdig, weil die traditionelle Theorie
- in einer Reduktion des Ernpfundenen auf das Demonstrierbare - unter
!!harmonischem Prozeß!! ausschlief3li.ch den Gang der Fundamentschritte und die Auflösung der mit Fundamentschritten korrelierenden Disso",
nanzen verstand '" eine Einschränkung des Begriffs, die Schönberg dadurch akzeptierte, daß er (allerdings vergeblich) eine Rechtfertigung
harmoniefremder Töne durch latente Fundamentschritte versuchte
(HL 354).
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Einen Text verstehen, heißt nach Collingwood: die Frage rekonstruieren, auf die er eine Antwort darstellt. Und angesichts des Kapitels
über harmonie fremde Töne kann man sogar behaupten, daß di.e Probleme des Komponisten Schönberg um 1910 berücksichtigt werden müssen,
wenn man den Thesen des Theoretikers Schönberg, in denen scheinbar
von einem Stück toter Vergangenheit die Rede ist, gerecht zu werden
versucht. Der Ausdruck ttharmoniefremder Tont! erweist sich bei ge·"
nauerer Analyse als Chiffre.
Ein flüchtiger Betrachter könnte allerdings meinen, es hätte für Schön,,,
berg" nach der Preisgabe der Tonalität - naheliegen müssen, statt der
harmonischen Funktion von Dissonanzen deren motivisch-kontrapunktische Begründung zu betonen. Die ttRechtfertigung durch das Melodische!!
war jedoch für Schönberg eine Selbstverständlichkeit, die er voraussetzte, nicht ein Problem, das ihn beschäftigte. Was er dagegen suchte " ohne sicher zu sein, daß er es finden werde", war eine Möglichkeit, die harmonische Bedeutung harmoniefremder Töne zu demonstrieren und nicht bloß zu empfinden. Und wenn er von den harmonie fremden
Tönen in der traditionellen Theorie sprach, so meinte er zugleich" anders ist die Emphase seiner Argumentation nicht erklärbar" die eman,·
zipierten Dissonanzen in der eigenen, atonalen kompositorischen
Praxis.
Die Schwierigkeit, in die Schönberg durch die Emanzipation der Dissonanz geraten war, wird durch Unklarheiten in der Behauptung, daß
emanzipierte, unaufgelöste Dissonanzen unmIttelbar "faßlich'! seien,
verdeckt. Der Ausdruck !!Faßlichkeit" ist äquivok. Er bedeutet entwe,,·
der, daß ein dissonierender Akkord für sich, ohne Rückhalt an einer
Konsonanz, einleuchtend wirken kann; oder er besagt, daß ein disso,,,
nierender Akkord auch auf3erhalb des traditionellen Systems der Fundamentschritte und' Dissonanzauflösungen eine FunktIon in einem harmonischen Zusammenhang erfüllen kann, statt auf einen Momentaneffekt
beschränkt zu bleiben. Die harmonische Evidenz emanzipierter Disso,,,
nanzen war für Schönberg eine Tatsache, an der er nicht zweifelte, die
harmonische Funktionalität dagegen ein Problem, das er rnindestens
einstwe:iJ.en " nicht zu lösen ver:mochte.
Der Begriff des harmoniefremden Tons ist demnach in
Ar,,·
gumentation ein Deckname für den der emanzipierten Dissonanz. Wenn
Schönberg sagt, daß ein harmoniefremder Ton, den die traditionelle
Theorie" und am entschiedensten Schenkel' - aussch1i.eßlich melodisch
motivierte, durchaus auch in den harmonischen Fortgang eingreife, so
meint er zugleich oder sogar primär, daß eine emanzipierte Dissonanz
weder allein melodisch begründet sei noch in ihrer harmonischen Evidenz auf den Augenblick beschränkt bleibe, sondern auch harmonischen
Zusammenhang stiften könne. Und so fragwürdig Schönbergs These, daß
bei einem Durchgang die Dissonanz der Zweck und die melodische Manier lediglich ein Mittel oder Hechtfertigungsgrund sei, als Behauptung
über die musikalische Vergangenheit sein mag, so deutlich verrät sie,
daß Schönberg, wenn er die harmonische Funktionalität harmoniefremder Töne zu demonstrieren versucht, insgeheim an die emanzipierten
Dissonanzen denkt, deren Bedeutung für den harmonischen Zusammen,"
hang das Problem darstellte, das ihn in der Periode der freien Atonalität bedrängte und für dessen Lösung er später - wohl zu Unrecht 157
die Dodekaphonie hielt. Schönberg, der die Tonalität auflöste, sträubte sich dagegen, auch die Funktion preiszugeben, die sie erfüllt hatte.
Schönberg, der es verabscheute, als Revolutionär bezeichnet zu werden, hätte die Vermutung, daß er in der Pietät gegenüber den Meister-werken der Vergangenheit hinter Schenker zurückbleibe, zweifellos
als kränkend empfunden. Er fühlte sich als Vollstrecker der Tradition,
und die theoretischen Entwürfe, die er hinterließ, umkreisen ein Problem, das auch Schenkel' als zentral- erkannte: das Problem, wie musikalischer Zusammenhang begründet werden kann. Zwischen den Antworten aber, die Schönberg und Schenkel' auf dieselbe Frage gaben,
besteht ein Gegensatz, wie er tiefer kaum vorstellbar ist. Und ein Historiker, dem es einerseits widerstrebt, eine der Theorien einfach als
Irrtum abzutun, der andererseits aber auch der Folgerung ausweichen
möchte, daß Musik nichts als ein akustisches Substrat sei, dem man
willkürlich extrem verschiedene kategori.ale FormUngen aufprägen kön,ne - ein Historiker also, der sich weder dem Dogmatismus noch dem
Skeptizismus ausliefern will, muß zu erklären versuchen, wie das Nebeneinander der Schönbergsehen und der Schenkersehen Interpretation
der musikalischen Überlieferung sinnvoll möglich ist.
Daß Schenkel', wenn er von Zusammenhang spricht, primär den tona,len meint, während Schönberg an den motivischen denkt, ist offenkundig. Und der Konflikt der Auffassungen kann durch Historisierung verringert werden: Er erscheint gemildert, wenn man gelten läßt, daf5
sich in den Instrumentalformen des 18. und 19. J'ahrhunderts ,- obwohl
tonale und motivische Entwicklungen eng verknüpft waren ,. der Akzent
allmählich von der tonalen Struktur auf die motivische verlagerte.
Schenkel' und Schönberg zielen also, während sie von derselben Sache zu reden scheinen, auf verschiedene gesehiehtliche Stufen, Sehenkers Ursatz ist eine :F'ormel für den Weg von der Tonika zur Dorninan"
te und zurüek zur Tonika. Als zentrale
in
kaHsehern Denken erseheint dagegen - sei es, daß
in
fremden Werken erklärt oder in eigenen konstituiert werden sollen
der Begriff der entwickelnden Variation, der als
der:;
zips der thematisch-motivischen Arbeit zu verstehen
zwar in,,,
r:;ofern, als er außer Ableitungen von fest urnrissenen Theme:n oder Mo"
tiven auch diastematische und rhythmische Beziehungen umfai5t, die
nicht durch motivische Prägnanz auffällig hervortreten, r:;ondern halb
verborgen bleiben.
Schönberg versteht den mur:;ikal:lr:;chen Zusammenhang, dessen .F'rinzipien er zu erfar:;sen sucht, als tönende Logik. Ihm erscheint ein Werk
im kompositorischen Prozeß oder in dessen hörendem Nachvollzug aIr:;
Diskurs, der mit zwingender Konsequenz aus der besonderen, indivi",
duellen Beschaffenheit des zu Anfang exponierten Materials hervorgeht"
als Diskurs, in dem noch dar:; geringste Detail eine Notwendigkeit, da
zu sein, mit sich führt. Dagegen ist der Ursatz, auf den Schenkel' zu
rückgeht, ein unveränderliches Gesetz, das Erfüllung fordert, wenn
der innere Zusammenhalt eines Werkes gewahrt bleiben solL Mur:;ika,·
lischer Zusammenhang ist in Schenkers Theorie, anders als bei Schönberg, nicht der Inbegriff der Konsequenzen, die aus einer unwiederhol··,
baren Thematik gezogen werden, sondern ein immer gleicher Nomos,
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der die wechselnden Gestaltungen des Vordergrundes - der einzelnen
Werke - beherrscht. Schenker, für den das Wesen einer Sache in deren Urr:;prung beschlossen ist, sucht nach dem Gesetz, das sich hinter
den Erscheinungen verbirgt. Schönberg dagegen, der eher Zielen nachstrebt, als daß er sich in Ursprünge verliert, verfolgt die Konsequen",
zen, die aus einem musikalischen Gedanken hervorgehen. Sein Traditiorlalismus besteht weniger darin, in der Gegenwart die Vergangenheit,
als in der Vergangenheit die Zukunft zu entdecken.
Aus: Proceedings of the Royal Musical Association, Volume 100, 1973-74 (in engl. Sprache). Mit frdl. Genehmigung der RMA, London.
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