7 Rauschen ∫

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7 Rauschen
7.1 Rauscharten
7.1.1 Thermisches Rauschen (Johnson noise)
Temperatur ist Bewegung der kleinsten Teilchen. Bei 0K  -273,15°C käme diese Bewegung
vollständig zur Ruhe. Mangels eines hinreichend kalten Gefäßes ist 0K nicht erreichbar. Die
schwingenden Teilchen verursachen nicht nur die Brown'sche Molekularbewegung und die
Wärmedehnung fester Körper, sondern auch ein Rauschen für prinzipiell jeden Widerstand.
Wir berechnen im Folgenden die Rauschleistungsdichte Pn ' ( f ) in W/Hz=AVs, mit deren
f 
Hilfe sich die gesamte Rauschleistung zu Pn 
 P ' ( f )df
in W=AV ergibt.
n
f 0
Ein Widerstand liefert die thermische Rauschleistungsdichte Pn ' ( f , T )  4kT .
Die Boltzmann-Konstante ist gegeben mit k=1,38066210-23Ws/K. Diese Dichte ist konstant
über der Frequenzachse. Beispiele gemäß Bild 7.1(a):
Pn ' ( f , T1  300 K )  4 1,38065 10 23 ( AVs / K )  300 K  1,6568 10 20 AVs
Pn ' ( f , T2  600 K )  3,3136 10 20 AVs
Pn ' ( f , T3  900 K )  4,9704 10 20 AVs
 Bild 7.1.1(b) zeigt einen rauschenden Widerstand.
 Bild 7.1.1(c) zeigt als Ersatzschaltbild einen rauschfreien Widerstand in Serie mit einer
Rauschspannungsquelle. Spannungsquellen lassen sich umrechnen in Stromquellen.
 Bild 7.1.1(d) zeigt als Ersatzschaltbild einen rauschfreien Widerstand parallel mit einer
Rauschstromquelle.
(a)
Pn'(f,T)
10-20 VAs
4,970
(b)
(c)
T3=900K
3,314
T2=600K
1,657
T1=300K
(d)
2
Un
R
R
R
0
0
1K
1M
f / Hz
Bild 7.1.1: (a) Rauschleistungsdichte eines Widerstandes für drei Temperaturen,
(b) rauschender Widerstand und Ersatzschaltbilder: (c) mit Rauschspannungsquelle,
(d) mit Rauschstromquelle.
- SC / Seite 6-1 -
2
In
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Beispiel: Welche thermische Rauschleistung P liefert ein Widerstand in dem Frequenzband
von 10 KHz bis 11 KHz bei einer Temperatur von T1=300K?
Antwort: Die Bandbreite beträgt B=11KHz-10KHz=1KHz, und somit:
11KHz
 P '( f ,T
Pn 
n
1
 300 K ) df  Pn 'B  4kTB  1,657  10 20 VAs  1000 Hz  1,657  10 17 VA
10 KHz
Da die Rauschleistungsdichte über der Frequenzachse konstant ist ("weißes Rauschen"),
reduziert sich die Integration auf eine einfache Multiplikation.
Merke: Wäre P’ wirklich für f-> konstant, dann wäre diese Fuktion unendlich breit.
Unendlich ist nichts in der realen Welt, nicht einmal das Universum. Wäre die P| wirklich
konstant für B   , dann wäre auch die Rauschleistung Pn  4kTB eines Widerstandes
unendlich und dieser unendlich heiss. Die Näherung Pn  4kTB gilt aber für alle technisch
relevanten Frequenzen, da die Tiefpasscharakteristik realer Systeme in der Regel sehr viel
schmalbandiger ist, als die Bandbreite, für die B als konstant angenommen werden kann.
Wegen Pn  U n2,th ,eff / R  I n2,th ,eff R ist diese Leistung messbar als Rauschspannungsquelle
U n ,th ,eff  Pn ,th R  4kTBR oder als Rauschstromquelle / n ,th ,eff  Pn,th / R  4kTB / R .
Die vom Widerstand abgegebene Rauschleistung ist als Rauschspannung meßbar: Es ist
Pn  U ' n2 ,th / R , wobei gemäß Bild 4.1(c) u n ,th die mittlere thermische Rauschspannung des
Widerstandes R ist. Daraus ergibt sich
u n2,th  Pn  R  4kTBR
Der Efektivwert ist die Wurzel aus dem quadratisch Mittelwert des Quadrates:
u n ,th ,eff  u n2,th  4kTBR  129 pV 
BR
Hz  
Die Rauschspannungsquelle u n ,th in Serie zum Widerstand R in Bild 4.2(c) kann in eine
Rauschstromquelle mit Innenwiderstand R umgerechnet werden:
i
2
n ,th

u n2,th
R
2

4kTBR 4kTB

R2
R
 in ,th , eff  in2,th 
4kTB

B
 129 pA 

R Hz
R
7.1.2 Stromrauschen
Wasser strömt leise durch eine glatte Rinne und rauscht in einem felsigen Bachbett. Jeder
kann die Auswirkungen einer winzigen Nadel ausprobieren, welche diese im glatten
Wasserstrom eines Schlauches bewirkt. Ähnlich werden Ladungsträger an Nichtidealitäten im
Leiter gestreut. Wegen Streuung des Stromes an Korngrenzen erzeugt ein Kohleschicht-
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widerstand mehr Stromrauschen, als ein Metallfilmwiderstand. Aus dem gleichen Grund
erzeugt polykristallines Silizium ("Poly") mehr Stromrauschen als monokristallines Silizium,
hochdotiertes Silizium bewirkt Streuung mittels Ablenkung durch elektrische Felder.
Stromrauschen hängt von der Größe des fließenden Stromes und der physikalischen
Beschaffenheit des Bauelementes ab. Simulations-Modelle für Stromrauschen sind rar.
7.1.3 1/f – Rauschen (Rosa Rauschen)
Besonders in Halbleitern finden wir das sogenannte 1/f-Rauschen. Weil die hohen
Frequenzanteile fehlen, nennt man es in Anlehnung an das Licht auch "rosa Rauschen".
Bild 7.1.3(a) skizziert, wie man sich dieses Rauschen über der Frequenzachse qualitativ
vorstellen muß. Andere Bezeichnungen für dieses Phänomen sind Funkelrauschen, Flackerrauschen, oder Flicker Noise.
Man beachte, dass im Bode-Diagramm in Bild 7.1.3(b) die Neigung der Geraden -10dB/dec
und nicht -20dB/dec beträgt, da es sich um eine Leistung handelt, nicht um eine Spannung
oder einen Strom. Quantitativ ist das 1/f - Rauschen stark vom Bauelement abhängig.
Simulations-Modelle für 1/f-Rauschen sind für viele Bauelemente schwer oder überhaupt
nicht zu bekommen.
Die Frequenz, bei der das 1/f-Verhalten in die konstante Leistungsdichte des thermischen
Rauschens übergeht, bezeichnet man als 1/f-Eckfrequenz (engl.: Noise Corner Frequency)
fNCF. Sie liegt bei Allzweckoperationsverstärkern im 100Hz-Bereich, bei speziellen Typen im
Hz-Bereich. Bei MOSFETs setzt das 1/f-Rauschen bereits unterhalb von 100KHz ein.
[Hau99]
(a)
Pnoise
(b)
1/f-Rauschleistung
30
1/f-Eckfrequenz
20
(Pnoise/P0) / dB
1/f-Rauschleistung
(-10dB/dec)
therm. Rauschen
1/f-Eckfrequenz
0
0
Bild 7.1.3:
f
0,1
1
10
log(f/Hz)
(a) Verlauf des 1/f-Rauschens über der linearen Frequenzachse.
(b) Verlauf des 1/f-Rauschens über der logarithmischen Frequenzachse.
Pn,1/f(f) = PNCF/f
für das rosa Rauschen und der Bedingung
Mit dem Ansatz
Pn,1/f(f=fNCF) = 4kT für die 1/f-Eckfrequenz bekommt man die Beziehung
PNCF = 4kT·fNCF.
- SC / Seite 6-3 -
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Bild aus [Böd07]:
Messung des 1/fRauschens
über
der Frequenzachse
Offset. Der Offset z.B. von Operationsverstärkern wird oft als niederfrequenter Anteil des
1/f-Rauschens betrachtet. Eine Frequenz 0 Hz kann es nicht geben, weil man diese über einen
unendlich langen Zeitraum messen müsste. Daher gibt es nur niederfrequente Anteile. Der
Offset unterliegt einer Offset-Drift, denn er hängt u.a. von Alterungsprozessen und der
Temperatur eines Bauelementes ab.
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7.1.4 Quantisierungsrauschen
Um das Zustandekommen des Quantisierungsrauschen deutlich zu machen, zeigt Bild 7.1.4-1
das Prinzip eines A/D-Wandlers (ADC) mit sukzessiver Approximation. Es ist eines der am
weitesten verbreiteten Prinzipien für einen ADC und verlangt folgende Sequenz:
1. Initialisieren: (i) Alle Bits werden auf Null gesetzt; (ii) Indexzähler auf das MSB: i=imax.
2. (a) Bit i wird von 0 auf 1 gesetzt und das Ergebnis dem DAC zugeführt -> dieser liefert xr.
(b) Ist xr  xin,analog bleibt Bit i gesetzt, andernfalls wird Bit i wieder auf 0 zurückgesetzt.
3. i dekrementieren: i <= i-1. Wenn i<0 -> Konversion fertig, sonst: gehe zu Punkt 2(a).
a
b
xin,analog
a
b
a
b
xr
a
b
bit 3
yout,digital = 1011
bit 2
bit 1
bit 0
time
(a) Prinzip der sukzessiven Approximation (SAR: Successive Approximation Register)
xin,analog
Comp.
xr
Sukzessive Logik
......
a1
......
an-1
yout,digital
a0
DAC
(b) Mögliche Realisierung des Prinzips der sukzessiven Approximation
Bild 7.1.4-1: ADC mit sukzessiver Approximation: Der Komparator sorgt für
xDAC,out=xr  xin,analog und damit für einen Offset von ½ LSB.
Der in Bild 7.1.4-1 dargestellte ADC mit sukzessiver Approximation erzeugt gemäß
Bild 7.1.4-2 einen Offset von ½ LSB. Daher benutzt man das letzte Bit häufig als
„Korrekturbit“ zum Runden. Das Quantisierungsrauschen hat dann die doppelte Amplitude,
aber keinen Mittelwert. Ein Bit mehr zu entwicklen vermeidet die doppelte Amplitude.
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(b)
UADC,out
Bild 7.1.4-2:
(a) Es ist
UADC,out 
UADC,in.
UADC,in
e(f) = UADC,err
= UADC,out - UADC,in
(c)
(b) Dadurch ist
das
Quantisierungs
rauschen mit
einem Offset
von ½ LSB
behaftet.
UADC,in
Beachte: Die Theorien der Nachrichtentechnik und Regelungstechnik verlangen Linearität,
also y[c1x1(t)+c2x2(t)]=c1y[x1(t)]+c2y[x2(t)]. Diese Forderung enthält die Forderung nach
Proportionalität, also y[ax1(t)] = ay[x1(t)]. Proportionalität erlaubt keinen Offset!
Das auf diese Weise entstehende Rauschen ist nur von der Eingangsspannung Uin abhängig,
nicht aber von der Frequenz. Daher muss Quantisierungsrauschen über der Frequenzachse
konstant sein, so dass man das Quantisierungsrauschen als weißes Rauschen annimmt.
Erstens gilt dies nur, wenn das Eingangssignal hinreichen bewegt (engl. sufficiently busy) ist.
Zweitens wird weißes Quantisierungsrauschen in den seltensten Fällen gemessen (man findet
z.B. die Tastefrequenz im Spektrum), die Annahme liefert aber mathematisch gute Resultate
[Woo95, All87].
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7.1.5 Äquivalentes Rauschen
Die äquivalente Rauschquelle existiert nur im Modell, nicht in der Realität. Dabei wird eine
Rauschleistung, die sich aus vielen Anteilen zusammensetzen kann, als konzentrierte Rauschspanungsquelle dargestellt.
So kann man eine rauschende Baugruppe wie in Bild 7.1.5(a) gemäß Bildteil (b) durch eine
rauschfreie Baugruppe und eine äquivalente Rauschquelle am Ausgang ersetzen. Diese wird
so berechnet, dass die gesamte Ausgangsrauschleistung der Baugruppe unverändert bleibt.
Diese Rauschquelle darf man über lineare Baugruppen hinweg verschieben, wenn man die
Übertragungsfunktion H(jω) der Baugruppe berücksichtigt:

Uout = H(jω) Uin
Uin = Uout / H(jω)
Eine effektive Rauschspannung u (s ) ist immer positiv zu nehmen. Daher wir in folgenden
Gleichungen die Verstärkung AV(s) als Betrag genommen:
u n ,out ,equiv ( s ) | AV ( s ) | u n ,in ,equiv ( s )
u n ,in ,equiv ( s ) 
(7.1.5-1)
u n ,out ,equiv ( s )
| AV ( s ) |
(a)
(7.1.5-2)
(b)
(c)
un,out,equiv
AV
AV
un,in,equiv
AV
Bild 7.1.5: (a) Rauschender Verstärker, (b) rauschfreier Verstärker, Ausgangs-Rauschleistung zusammengefasst in äquivalenter Ausgangsrauschquelle, (b) rauschfreier
Verstärker, gesamte Rauschleistung zusammengefasst in äquiv. Eingangsrauschquelle.
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7.2 Signal-Rauschleistungs-Verhältnis
7.2.1 Definition des Signal-Rauschleistungs-Verhältnisses
Das Signal-Rausch-Verhältnis (SRV) wird in der angelsächsischen Literatur mit Signal-toNoise Ratio (SNR) bezeichnet. Es ist das Verhältnis von Signalleistung zu Rauschleistung:
SRV  SNR 
p signal
pnoise

2
u signal
2
u noise

2
isignal
2
inoise
7.2.2 Rauschzahl und Zusatzrauschzahl
Der Signal-Rausch-Abstand (SNR), oft auch bezeichnet als Signal-Rausch-Verhältnis SRV,
ist der Quotient aus Signalleistung Ps und Rauschleistung Pn an einer gegebenen Last.
Die Rauschzahl F einer Baugruppe beschreibt das Verhältnis der Signal-Rauschabstände am
Eingang und am Ausgang.
F
Ps ,in / Pn ,in
Ps ,in Pn ,out
SNRin


1
SNRout Ps ,out / Pn ,out Ps ,out Pn ,in
Bisweilen arbeitet man mit der Zusatzrauschzahl Fz, die definiert ist durch
F  1  Fz
Nur mit einer völlig rauschfreien Baugruppe könnte man den theoretischen Wert F=1 bzw.
Fz=0 erreichen. Mit einer realen Baugruppe, die dem Signal eigenes Rauschen hinzufügt, ist
der SNR am Eingang immer größer, als am Ausgang. Daher ist
F  1 bzw. Fz  0 .
Das Arbeiten wird an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnt, aber nicht empfohlen,
da es viele Detailprobleme aufwirft. Die Rauschzahl kann nur für ein genau definiertes
Eingangsrauschen sinnvoll ermittelt werden und hängt daher u.a. von Details wie dem
Ausgangswiderstand des Generators ab.
Es wird empfohlen, mit Rauschspannungen und Rauschströmen zu arbeiten statt mit
der Rauschzahl F.
- SC / Seite 6-8 -
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7.3 Summation korrelierter und nicht-korrelierter Signale
7.3.1 Was ist Korrelation?
Verständnis der folgenden Formeln wird für die Prüfung Schaltungstechnik nicht erwartet.
Ein Verständnis der zusammenden Aussagen am Ende ist essentiell.
Gegeben seien zwei mittelwertfreie Signale x(t) und y(t)=u(t) + ax(t), wobei a eine Konstante
ist. Für a=0 sind die Signale x und y unkorreliert. Für a≠0, u(t)=0 sind die beiden Signale zu
100% korreliert. Die Korrelationsformel fasst diese Aussage mathematisch:
1
T   2T
 xy ( )  lim
T
 x(t ) y(t   )dt
(7.3.1-1)
T
In dieser Formel werden die beiden Signale x(t) und y(t) gegeneinander um τ Verschoben,
multipliziert und anschließend der Mittelwert errechnet. Ist dieser Mittelwert Null, dann sind
die Signale nicht korreliert. Die Verschiebung τ ist z.B. dann nützlich, wenn wir feststellen
wollen, ob zwei Sender in unterschiedlicher Entfernung gleiche oder unterschiedliche
Sendesignale aussenden.
Ein Spezialfall der Korrelationsfunktion ist die Autokorrelationsfunktion
1
 xx ( )  lim
T  2T
T
 x(t ) x(t   )dt
(7.3.1-2)
T
Das Quadrat der mittleren oder effektiven Spannung, die uns vor allem beim Rauschen
interessiert, erhalten wir mit τ=0 und u(t) statt x(t):
2
1
T  2T
u   uu (0)  lim
T
u
2
(t ))dt
(7.3.1-3)
T
2
Da u 2 (t )  0 ist, muss auch u  0 sein.
Volkstümlich formuliert gilt:
Korrelierte Signale sind voneinander funktional abhängig, d.h. man kann von einem Signal
auf das andere in irgeneiner Weise schließen. M korrelierte Signale ...
 addieren sich in der Amplitude,
 können sich gegenseitig bis zur Auslöschung abschwächen,
 gleicher Signalleistung P1 können sich zu einer Gesamtleistung PN=M2P1. summieren.
Nicht korrelierte Signale sind voneinander unabhängiger als die Lottozahlen, von denen
man bekanntlich weiß, dass eine bereits gezogene Zahlt nicht noch einmal vorkommt. M
unkorrelierte Signale ...
 addieren sich in der Leistung,
 gleicher Signalleistung P1 können sich bis zu einer Gesamtleistung Pges=MP1 summieren.
- SC / Seite 6-9 -
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7.3.2 Verbesserung des Signal-Rauschleistungs-Verhältnisses
Situation 1: Zur Aufnahme von Vogelstimmen richten Sie ein Mikrophon auf die weit
entfernte Schallquelle. Sie stellen fest, dass aufgrund des Eigenrauschens des Mikrophons nur
ein Signal-Rausch-Abstand von SNR1=Psignal,1/Pnoise,1=20dB erzielt wurde, obwohl Ihr
Aufzeichnungsgerät mehr als 60 dB ermöglicht. (Der Index „signal“ steht für das empfangene
Nutzsignal, der Index „noise“ kennzeichnet das Rauschsignal.)
Im obigen Beispiel beträgt das Verhältnis der mittleren Spannungen Usignal,1/Unoise,1
U signal ,1 / U noise ,1  10
log10 ( SNR1 / 20 )
 10 log10 ( 20/ 20)  101  10 .
Das Verhältnis der mittleren Signalleistungen SNR1 = Psignal,1/Pnoise,1 ist
SNR10 
Psignal ,1
Pnoise ,1
 10log10 ( SNR1 /10)  10 log10 ( 20/10)  10 2  100 .
Situation 2: Für die nächste Aufzeichnung fertigen Sie ein Array aus 10 x 10 gleichartigen
Mikrophonen, welche so angeordnet sind, dass jedes die gleiche Signalinformation Usignal,1
und somit die gleiche Signalleistung Psignal,1 empfängt.
Das Verhältnis der mittleren Spannungen Usignal,100/Unoise,100 ist dann
U signal ,100
U noise ,100

100U signal ,1
100U noise ,1
 10
U signal ,1
U noise ,1
SNR-Verbesserung Us/Un bei 100 Sensoren im Vergleich zu 1 Sensor: Faktor 10 oder 20dB.
Das Verhältnis der mittleren Signalleistungen Psignal,100/Pnoise,100 als Funktion von SNR1 ist nun
SNR100 ( SNR1 ) 
Psignal ,100
Pnoise ,100

2
100 2 U signal
,1
100U
2
noise ,1
 100
Psignal ,1
Pnoise ,1
 100  SNR1
SNR-Verbesserung Ps/Pn bei 100 Sensoren im Vergleich zu 1 Sensor: Faktor 100 oder 20dB
Wenn man von einem Mikrophon (oder einem Sensor) zu einem Array von m gleichartigen
Mikrophonen (Sensoren) übergeht, verbessert sich der Signal-Rausch-Abstand um den Faktor
2
SNRm Psignal ,m / Pnoise ,m m Psignal ,1 / mPnoise ,1 m 2



m
Psignal ,1 / Pnoise ,1
Psignal ,1 / Pnoise ,1
m
SNR1
Das ist ein im Beispiel Verbesserung von 10 log10(m) dB. Auf diesem Prinzip beruhen
Antennenarrays, die durch Phasenverschiebungen Richtcharakteristik erzielen können. Man
kann auch Mikrofon-Arrays auf einen Sprecher im Publikum fokussieren, ohne dass ein
Mikrofon herumgereicht werden muß. Dies eröffnet neue Dimensionen des Belauschens eines
Gespräches in einer rauschenden Umgebung (z.B. Menschenmenge).
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7.3.3 Berechnung des Rauschens einer Schaltung mit OP
(a)
(b)
Un,R
R
Un,OPu
R
R
In,OPin
In,R
In,OPip
Bild 7.3.3-1:
(a) Umwandlung eines rauschenden Widerstandes in einen rauschfreien Widerstand und eine
Rauschspannungsquelle oder Rauschstromquelle, und
(b) Umwandlung eines rauschenden OPs in einen rauschfreien OP sowie eine Rauschspannungsquelle und zwei Rauschstromquellen an dessen Eingang.
Bild 7.3.3-1 illustriert die Umwandlung eines rauschenden Widerstandes und eines
rauschenden OP in rauschfreie Bauelemente mit externen Rauschquellen.
Das thermische Rauschen (Johnson Noise) für einen Widerstand gemäß Bild 7.3.3-1(a) kann
dargestellt werden als U n, R  U n,1,1Hz RB . Wegen U n, R  4 kTRB  4 kT  RB  U n,1,1Hz  RB
und k=1,3810-23VAs/K ist die spektrale Rauschspannungsdichte pro  und Hz
U n ,1 ,1Hz  4 kT  4  300 K  1,38  1023VAs / K  129 pV / Hz
Da Rauschen von Natur aus eine spektrale Energiedichte ist, erhält man für die auf einen
Widerstand bezogene Spannung die physikalische Dimension 1 / Hz .
Gemäß Bild 7.3.3-1(a) kann die Rauschspannungsquelle umgerechnet werden in eine
Rauschstromquelle. Mit
In, R 
U n, R
R
I n ,1 ,1Hz  4 kTB / R  4 kT B / R  129 pA  / Hz
erhält man den Faktor In,1,1Hz für die spektrale Rauschstromdichte zu
I n ,1 ,1Hz  129 pA  / Hz
.
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Das Rauschen für den Invertierer in Bild 7.3.3-2 soll im folgenden beispielhaft berechnet
werden. Die interessierende Bandbreite betrage B=10KHz. (Die Rechnung folgt im Prinzip
dem Vorgehen des Analyseprogrammes Spice.)
Ue
R1
Bild 7.3.3-2:
R2
1K
Operationsverstärker beschaltet als
Invertierer. Es wird eine sehr hohe
Verstärkung
AV
des
OP
vorausgesetzt.
Ua
10K
AV
909
R3
Bei OPs mit bipolarem Eingang schaltet man zur Kompensation des DC-Offset-Stromes einen
Widerstand vor den positiven Eingang, z.B. den Widerstand R3 in Bild 7.3.3-2. Dieser beträgt
aus Symmetriegründen
R3  R1 || R2 .
Ue
Bild 7.3.3-3:
Un,R1
Wirkung des Rauschens des
Widerstandes R1 auf den Ausgang
Ua.
R1
1K
R2
10K
Ua
AV
909
R3
Die effektive thermische Rauschspannung Un,R1 des Widerstandes R1 für B=10KHz beträgt
U n , R1  U n ,1 ,1Hz R1B / Hz  129 pV  1K  10 KHz / Hz  0,408V
Un,R1 addiert sich zum Eingangssignal Ue und wird wie dieses verstärkt. Daher beträgt die
Wirkung dieses Rauschens auf den Ausgang gemäß Bild 7.3.3-3
U n , a , R1  
R2
 U n , R1  10  0,408V  4,08V
R1
Beachte: Widerstand und Spannungsquelle in Serie dürfen vertauscht werden. Es spielt in
Bild 7.3.3-3 daher keine Rolle, ob die Spannungsquelle Un,R1 am Eingang der Schaltung oder
vor dem invertierenden Eingang des OPs eingezeichnet wird.
- SC / Seite 6-12 -
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Bild 7.3.3-4:
Ue
Wirkung des Rauschens des
Widerstandes R2 auf den Ausgang
Ua.
FH Regensburg
1K
10K
R1
R2
Un,R2
Ua
Uinn
AV
909
R3
Die effektive therm. Rauschspannung Un,R2 des Widerstandes R2 in Bild 7.3.3-4 beträgt
U n , R 2  U n ,1 ,1Hz R2 B / Hz  129 pV  10 K  10 KHz / Hz  1,29 V
Ströme und Spannungen innerhalb der Schaltung bleiben unverändert. Daher muß Un,R2 durch
die Ausgangsspannung ausgeglichen werden. Man kann auch die Maschengleichungen
aufstellen:
Un,e=0 -> In.R1=0 -> In.R2=In.R1=0
Un,a = Uinn - In,R2R2 - Un,R2 = 0 - 0 - Un,R2 = - Un,R2
Daher ist die Wirkung des Rauschens des Widerstandes R2 auf den Ausgang
U n ,a , R 2  U n , R 2  1,29 V
Ue
Bild 7.3.3-5:
R1
1K
Wirkung des Rauschens des Widerstandes R3 auf den Ausgang Ua.
R3
909
R2
10K
Ua
AV
Un,R3
Die effektive therm. Rauschspannung Un,R3 des Widerstandes R3 gemäß Bild 7.3.3-5 beträgt
U n , R 3  U n ,1 ,1Hz R3 B / Hz  129 pV  909  10 KHz / Hz  0,389 V
Un,R3 betreibt den OP als Nicht-Invertierer. Daher ist
U n ,a , R 3 
R1  R2
10  1
U n, R 3 
 0,389 V  4,28V
R1
1
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Ue
Bild 7.3.3-6:
Wirkung
der
äquivalenten
Eingangsrauschspannung
Un,OPu
des OPs auf den Ausgang Ua.
FH Regensburg
R1
1K
R2
10K
Ua
AV
R3
909
Un,OPu
Gegeben ist für den bipolaren OP027 von Analog Devices U n,OP ,1Hz  3,0nV / Hz . Die
effektive Rauschspannung Un,OPu gemäß Bild 7.3.3-6 ergibt sich damit für B=10KHz zu
U n ,OPu  U n ,OP ,1Hz  B / Hz  3nV  10 KHz / Hz  0,3V
Un,OPu betreibt den OP als Nicht-Invertierer. Daher berechnet sich die Wirkung des
äquivalenten Eingangsrauschens Un,OPu des OPs auf den Ausgang auf den Ausgang zu
U n ,a ,OPu 
R1  R2
10  1
U n ,OP 
 0,3V  3,30V
R1
1
Ue
Bild 7.3.3-7:
Wirkung des Rauschens des
äquivalenten
Eingangsrauschstromes In,OPip auf den Ausgang Ua.
R1
R2
Un,OPip
In,OPip
Ua
AV
R3
Gegeben ist für den bipolaren OP027 von Analog Devices In,OP ,1Hz  0,4 pA / Hz für beide
Eingänge. Der Eingangsrauschstrom berechnet sich für B=10KHz zu
I n ,OPip  I n ,OP ,1Hz  B / Hz  0,4 pA  10 KHz / Hz  40 pA
Gemäß Bild 7.3.3-7 verursacht der Rauschstrom In,OPip am positiven Eingang des OPs in
Bild 7.3.3-7 eine Rauschspannung von
U n ,OPip  I n ,OP ,1Hz  B / Hz  R3  0,4 pA  10 KHz / Hz  909  36,4nV
Un,OPip betreibt den OP als Nicht-Invertierer. Daher berechnet sich
äquivalenten Eingangsrauschstromes In,OPip des OPs auf den Ausgang zu
U n ,a ,OPip 
10  1
R1  R2
U n ,OPip 
 36,4nV  0,400V
1
R1
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die Wirkung des
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Ue
Bild 7.3.3-8:
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R1
R2
Ua
Uinn
Wirkung des Rauschens des
äquivalenten
Eingangsrauschstromes In,OPin auf den Ausgang Ua.
AV
In,OPin
R3
Gegeben ist für den bipolaren OP OP027 von Analog Devices In,OP ,1Hz  0,4 pA / Hz für beide
Eingänge. Der effektiven Rauschstrom In,OPin für B=10KHz ergibt sich somit ebenfalls zu
I n ,OPin  I n ,OP ,1Hz  B / Hz  0,4 pA  10 KHz / Hz  40 pA
In,OPin kann nur über R2 abfließen, denn Uinn wird durch den virtuellen Kurzschluss zwischen
den Eingängen des OPs konstant gehalten, wodurch sich der Strom durch R1 unabhängig von
In,OPin zu IR1=(Uinn-Ue)/R1 berechnet. Damit erhält man gemäß Bild 7.3.3-8 die Wirkung des
äquivalenten Eingangsrauschstromes In,OPin auf den Ausgang zu
U n ,a ,OPin   R2  I n ,OPin  10 K  40 pA  0,4 V
Um die gesamte effektive Ausgangsrauschspannung U n,a der Schaltung zu erhalten,
müssen alle einzelnen Beiträge quadratisch addiert werden:
U n2,a  U n2,a , R1  U n2,a , R 2  U n2,a , R 3  U n2,a ,OPu  U n2,a ,OPip  U n2,a ,OPin
 (4,082  1,29 2  4,282  3,302  0,402  0,402 ) V 2  47,84 V 2
U n ,a  6,92V
Dieser Wert kann mit Hilfe eines Analyseprogrammes Spice mit dem Schlüsselwort ONOISE
berechnet werden.
Diese Spannungsquelle kann man dann an einen Beliebigen Punkt der Schaltung verschieben,
z.B. an den Eingang der Schaltung oder den Eingang OPs. Da man Spannungsquelle und
Widerstand vertauschen darf, liefern in diesem Fall beide Möglichkeiten das gleiche
Ergebnis. Diese Umrechnung ist in Spice optional und wird mit dem Schlüsselwort INOISE
angefordert.
Die Schaltung hat eine Verstärkung von AV=-R2/R1=-10. Daher ergibt sich die äquivalente
Eingangsrauschspannungsquelle zu
U n ,i 
U n,a
AV

6,92 V
 0,692 V
 10
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7.4 Berechung der mittleren Rauschleistung
7.4.1 Berechnung mittlerer und effektiver Spannungen

Der Mittelwert Ux,DC einer Spannung Ux ist eine Gleichspannung, welche den
Gleichanteil von Ux angibt.
Der Effektivwert Ux,eff einer Spannung Ux ist eine Gleichspannung, welche im zeitlichen
Mittel die gleiche Leistung an einen Widerstand abgibt wie die Spannung Ux.

Mittelwertbildung kann man mit Hilfe von Tiefpässen erreichen. Wegen der Unwägbarkeiten
möglicher Spannungsverläufe ist die numerische Integration von Effektivwerten schierig.
Hochwertige
Effektivertmessgeräte
erwärmen einen Referenzwiderstand R2
mit einer Gleichspannung Ux,eff so, dass
Ux
1 U'x
R1
R2
Ux,eff
er geauso warm wird wie der
Messwiderstand
R1=R2
an
der
Spannung U'x. (Die Pufferung von Ux
Bild 7.4.1-1: Messung von Ux,eff durch Erwärauf U'x=Ux entkoppelt die Meßgröße Ux
men des Referenzwiderstandes R2.
von dem Meßwiderstand R1.)
Mittelwert
einer Spannung u(t)
u
1
T
t 0 T
 u(t )  dt
t0
Mittelwert des Quadrates u2(t) Effektivwert von u(t) und für die
einer Spannung u(t)
Summe unkorrelierter ui(t)
u2 
1
T
t0 T
u
2
(t )  dt
u eff  u 2 , u eff , ges 
u
2
eff ,i
i
t0
Bild 7.4.1-2 illustriert die Effektivwerte der wichtigsten Spannungsformen. Bei der 50:50Rechteckform hilft einfaches Gleichrichten, um die Lösung zu verdeutlichen. Die Sinuskurve
verdeckt deutlich weniger Fläche als die Rechteckkurve und mehr als die Dreieckkurve.
u(t)
A
t
-A
Recheckform 50%:50%:
A/ 1 =A
Sinusform:
A/ 2
Dreieckform:
A/ 3
Bild 7.4.1-2: Wellenformen u(t): 50%:50%Rechteck-, Dreieck-, Sinusform
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7.4.1.1 Effektivwerte sinusförmiger Spannungen
Mittelwert von u(t)=û cos(2πt/T)
u =
1
T
t 0 T
 u(t )  dt 
t0
(gleich Mittelwert über eine Periode t=0...T).
T
1
uˆ  cos(2t / T )  dt  uˆ sin(2 )  sin(0)   uˆ (0  0)  0
T 0
Mittelwert von u2(t) in der Periode t=0...T unter Nutzung der Beziehung cos2x=½(1+cos 2x).
uˆ 2
uˆ 2
1 uˆ 2
1 uˆ 2
1 uˆ 2
u =  1  cos(4t / T )   dt   dt   cos(4t / T )dt 
0
T 0 2
T 0 2
T 0 2
2
2
T
T
T
2
Effektivwert ueff von u(t)=û cos(t).
u eff =
u2 
uˆ 2
uˆ

2
2
Mittelwert von uges(t)=û1 cos(ω1t) + û2 cos(ω2t) für ω1≠ω2.
u = uˆ1 cos(1t )  uˆ 2 cos( 2 t )  0  0  0
Mittelwert von uges2(t) unter Nutzung der Beziehung (a+b)2=a2+2ab+b2.
2
u ges
= (uˆ1 cos 1t  uˆ 2 cos  2 t ) 2
= uˆ12 cos 2 (1t )  2uˆ1uˆ 2 cos(1t ) cos( 2 t )  uˆ 22 cos 2 ( 2 t )
= uˆ12 cos 2 (1t )  2uˆ1uˆ 2 cos(1t ) cos( 2 t )  uˆ 22 cos 2 ( 2 t )
= uˆ12 / 2  (uˆ1uˆ 2 (cos(1   2 )t  cos(1   2 )t )  uˆ 22 / 2
= uˆ12 / 2  uˆ1uˆ 2 (cos(1   2 )t  uˆ1uˆ 2 cos(1   2 )t  uˆ 22 / 2
| ω1≠ω2! => cos(1   2 )t  0
= uˆ12 / 2  0  0  uˆ 22 / 2
2
2
= uˆ1 / 2  uˆ 2 / 2 => Unterschiedliche Frequenzen summieren sich in der Leistung!
Mittelwert von utot2(t)=(û1 cos(ω1t) + û2 cos(ω2t) + ... + + ûm cos(ωmt))2, ωi≠ωj wenn i≠j:
2
u
2
tot
m
uˆ i2

 m
ˆ
=   u i cos i t   
i 1 2
 i 1

Leistung P'(f) im Frequenzband f...f+df: P ' ( f )  df 
Gesamtleistung im Frequenzband f1...f2: P 
u2( f )
df ,
R
f2
u2( f )
f R df
1
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
u eff 
f2
u
f1
2
( f )  df
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7.4.1.2 Effektivwert dreieckförmiger Spannungen
(a)
3
Bild 7.4.1.2-1:
u(t)
(a) Analoges
Signal
u(t)
vor
und
quantisiertes Signal
d(t) nach einem
A/D-Wandler mit
ΔLSB << û.
(b) Quantisierungsfehl
er eq(t)=u(t)-d(t).
d(t)
2

0
t
0
eq(t)
(b)
eq=u-d
/2
0
t
/2
Bild 7.4.1.2-1 (a) zeigt ein analoges Signal u(t) vor und das zugehörige quantisierte Signal
d(t) nach einem A/D-Wandler. Die Amplitude û des zeitkontinuierlichen Signals u(t) ist sehr
viel größer, als der kleinstmögliche Sprung Δ des A/D-Wandlers. Bildteil (b) veranschaulicht,
dass das Quantisierungsrauschen eq(t)=d(t)-u(t) bei hinreichend bewegtem Signal u(t)
überwiegend dreieckförmig ist. Daher nimmt man für das Quantisierungsrauschen
hinreichend bewegter (engl.: sufficiently busy) Signale Dreiecksform mit Amplitude Δ/2 an.
(a)
(b)
A
A
0
0
T
2T
0
3T t
0
T1
T2
T
2T t
Bild 7.4.1.2-1: (a) Sägezahnspannung mit rechtwinkligen Dreiecken der Höhe A;
(b) periodisches Signal mit beliebigen Dreiecken der Höhe A.
Bild 7.4.1.2-1(a) zeigt ein periodisches Signal aus dreieckförmigen Rampen. deren Steigung
m im Bereich t=0...T beträgt m = A / T. Der Mittelwert u dieser Sägezahnspannung
kann durch Anwendung der oben angegebenen Formel zur Mittelwertbildung auf u(t)=m·t
über dem Intervall t=0...T berechnet werden:
T
T
1
1
1
u =  u (t )  dt   m  t  dt 
T 0
T 0
T
T
A 1 2
A
 A 1 2
2
 T 2 t   T 2 2 (T  0 )  2
0
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(Wer die Formel für den Flächeninhalt eines Dreiecks kennt, kann sich diese Rechnug auch
sparen.) Wichtig: Der Flächeninhalt und somit der Mittelwert hängt nicht von der Breite und
auch nicht von der Form des Dreiecks ab, sondern allein von dessen Höhe. Bild 7.4.1.2-1(b)
illustrieft, das sich beliebige Dreiecke der Höhe A lassen sich in zwei rechtwinklige Dreiecke
der Höhe A unterteilen; ein jedes hat den Mittelwert A/2.
Die Rauschleistung u 2 / R dieser dreieckförmigen Spannung ist proportional zum Mittelwert
von u2(t), der durch Anwendung der oben angegebenen Formel auf u(t)=m·t über dem
Intervall t=0...T berechnet werden kann:
T
T
T
A2
A2
1
1 A2
1  A2 
u =  (m  t ) 2  dt   2 t 2 dt   2 t 3   3 (T 3  03 ) 
T 0
T 0T
T  3T
3
 0 3T
2
Der Effektivwert ergibt sich aus dessen Quadratwurzel:
u eff =
u2 
A
3
Wenn sich Dreiecke mit positiver und negativer Amplitude abwechseln, ändert sich zwar der
Mittelwert, nicht aber der Effektivwert des Signals, da das Quadrat in u eff = u 2 das
Vorzeichen löscht.
Bild 7.4.1.2-1 (b) zeigt ein überwiegend dreieckförmiges Quantisierungsrauschen im
Spannungsbereich ±½Δ und mit dem Mittelwert 0. Der Effektivwert eq,eff liegt also nah beim
Effektivwert für ein dreieckförmiges Rauschen und beträgt mit A=Δ/2.
eq ,eff =
A
3
=
/2

=
3
12
Dies ist ein Wert, den man überll in der Literatur findet, selbst dort, wo er nicht erlaubt ist,
weil z.B. der 1-Bit-Quantisierer der Pulsweitenmodulation (PWM) mit ΔLSB>>û kein
dreieckförmiges Rauschen erzeugt.
Hinweis: Das gleiche Ergebnis könnte man erreichen, indem man die Sägezahnspannung
nach Fourier in ihre Grund- und Oberwellen zerlegt und diese anschliessend in der Leistung
summiert.
Erinnerung: Der Mittelwert des A/D-gewandelten Signals ist das gesuchte Nutzsignal, der
Effektivwert des Rauschens ist das zu unterdrückende Störsignal. Tiefpässe dienen in der
Regel dazu, diese beiden Signale voneinenader so weit wie möglich zu trennen, indem die
unerwünschten Frequenzanteile ausserhalb der benötigten Bandbreite unterdrückt werden.
Die Bandbreite darf also nicht größer als unbeding nötig sein.
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7.4.1.3 Effektivwert rechteckförmiger Spannungen
(a)
(b)
1
1
1/4
0
0
t
T
0 ton
T
2T
t
0 D
1
2
Bild 7.4.1.3: (a) Rechteckförmiger Spannungsverlauf eines periodischen Signals mit DutyCycle D=ton/T; (b) Quantisierungsrauschen eines Signals mit Pulsweitenmodulation.
Der Mittelwert u des periodischen Signals in Bild 7.4.1.3(a) berechnet sich unter
Anwendung der oben angegebenen Formel zu
u =D
im obigen Beispiel also zu
u =1/4.
In Bild 7.4.1.3(a) ist Mittelwert als blau gestrichelte Linie eingezeichnet. Dieser Mittelwert ist
bei übertastenden Modulatoren das zu transportierende Nutzsignal. Das Quantisierungsrauschen ist davon durch Tiefpassfilterung zu trennen.
Bild 7.4.1.3(b) zeigt das Quantisierungsrauschen eq(t)= u (t) - DA. Was uns interessiert ist die
Rauschleistung, die sich als Mittelwert von eq2 mit x'=x/T berechnet zu
eq2 =D(1-D),
bzw. die effektive Rauschspannung
eq ,eff =
eq2 =
D(1  D) . Für eine
Amplitude A statt 1 erhalten wir entsprechend eq2 =A2D(1-D) und eq ,eff = A
D(1  D) .
Bild 7.4.1.3(c) zeigt, dass die Rauschleistung für ein 50:50-Rechteck (D=½) maximal ist.
Eingezeichnet ist auch 1 / 12  0,2887 , der Wert für dreieckförmige Rauschspannungen.
D
(eq,eff/A)2
D
(eq,eff/A)2
2
(eq,eff /A) = D(1-D)
0
0
1
0
0,5
0,1
0,3
0,9
0,3
0,2
0,4
0,8
0,4
0,3
0,458
0,7
0,458
0,4
0,490
0,6
0,490
0,5
0,5
0,5
0,5
0,289
0
0
0,5
1
D
Bild 7.4.1.3: (c): Effektive Rauschspannung eq,eff
als Funktion von D=ton/T gem. Bild 7.4.1.3.
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Mathematischer Nachweis obiger Formel:
Behauptung: eq2 =D(1-D), wobei Duty-Cycle D=ton / T.
Beweis:
T
eq2
=
1 2
eq (t ) dt
T 0
1
=
T
=
t on
2
 (1  D) dt 
0

T
1
( D) 2 dt

Tt
on
1
(1  D) 2 ton  D 2 (T  ton )
T

= (1  D) 2 D  D 2 (1  D)
= D(1  D)
Erinnerung: Der Mittelwert des Signals ist das gesuchte Nutzsignal, der Effektivwert des
Rauschens ist das zu unterdrückende Störsignal. Tiefpässe dienen in der Regel dazu, diese
beiden Signale voneinenader so weit wie möglich zu trennen, indem die unerwünschten
Frequenzanteile ausserhalb des Basisbandes unterdrückt werden.
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7.5 Arbeiten mit spektralen Rauschleistungsdichten
Erinnerung: Alle Größen über der Frequnzachse, also Funktion von f, ω oder der LaplaceVariablen s bzw. p, sind spektrale Dichtewerte, z.B. U ( jf ) . Diese Größen müssen vor der
Summation oder Integration quadriert werden, um einen quadratischen Mittelwert, z.B. U 2 ,
oder einen Effektivwert, z.B. U eff  U 2 , zu liefern.
Die Multiplikation zweier komplexer Zahlen U 1  Uˆ 1e j1 und U 2  Uˆ 2 e j2 liefert mit
U 1U 2  Uˆ 1Uˆ 2 e j (1 2 ) ein Ergebnis, welches die Beträge der Zahlen multipliziert und die
Phasen addiert. Interessiert uns nur die Leistung oder der Effektivwert eines Signals, ist die
Phaseninformation irrelevant. Der Ausdruck
U out ( j )  H ( j ) U in ( j ) oder U out ( jf )  H ( jf ) U in ( jf )
vereinfacht sich zu
| U out ( jf ) || H ( jf ) |  | U in ( jf ) | .  | U out ( jf ) |2 | H ( jf ) |2  | U in ( jf ) |2
Man beachte, das bei komplexen Zahlen U 2 ( jf )  Uˆe j 2 | U ( jf ) | 2 .
In Bild 7.5-1 wird das thermische, weiße Rauschen des Widerstandes R als Eingangssignal
für den dargestellten RC-Tiefpass verwendet. Seine Übertragungsfunktion ist gegeben mit
H RC ( j ) 
1
1
1


1  jRC 1  j /  g 1  j 2f / 2f g
oder H RC ( jf ) 
1
1  jf / f g
mit ωg=2πfg=1/RC. Damit ergibt sich |HRC(f)|2 zu
2
H RC ( f ) 
1
1 ( f / f g )2
Angewendet auf das vom Widerstand R erzeugte Rauschspektrum | U n , R ( f ) |2  4kTR an der
Kapazität C in Bild 7.5-1 liefert dies eine spektrale Rauschsspannungsverteilung von
2
2
2
U n ,C ( f )  H RC ( f )  U n , R ( f ) 
1
 4kTR .
1  ( f / f g )2
Bild 7.5-1:
Berechnung des durch thermisches Rauschen
des Widerstands verursachtes Rauschspektrum am Ausgang des RC-Tiefpasses
R
2
un,R
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C
2
un,C
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Die gesamte Ausgangsrauschspannung über der Kapazität C ergibt sich also zu

U
2
n ,C


1
df
  U n ,C ( f )  df  
 4kTR  df  4kTR 
2
2
f 0
f 0 1  ( f / f g )
f 0 1  ( f / f g )
2
2
wobei U n , R ( f )  4kTR . Dieses Integral lässt sich exakt und näherungsweise lösen.
Exakte Rechnung mit
U 22

dx
 1  ( x / a)


f 0
f 0
2
 | U n,C ( f ) | df 
2
 a  arctan
2
x
und U n , R ( f )  4kTR :
a

1
 4kTR  df
2
0 1 ( f / fg )
2
2
 | H RC ( f ) |  | U n,R ( f ) | df  

1
f
 4kTR  
df  4kTR  f g arctan
2
1 ( f / fg )
fg
0
f 
f 0


0 
 4kTR  f g  arctan  arctan 

fg
f g 




0 


 4kTR  f g  arctan
 arctan
 4kTR  f g   0   4kTR  f g

2
fg
f g 
2


 kTR  2f g  kTR  6,28 f g
1


f g2
Rechnung mit der Asymptotennäherung | H RC ( f ) |  
1
( f / f )2  f 2
g

für
f  fg
für
f  fg
2
U 22
2



 fg
2
2
2
 1  df  f g df 
|
U
(
jf
)
|
df
|
H
(
jf
)
|
|
U
(
f
)
|
df
4
kTR




n
C
RC
n
R
,
,

0
 2 
 0
f 0
fg f




 1 1 

1 
 4kTR  ( f g  0)  f g2     4kTR   f g  f g2  0    4kTR  f g  f g
  f 

f g 


g 






 kTR  8 f g
Vergleich: Die Asymptotennäherung, welche die Absenkung der Kurve in fg um –3dB nicht
berücksichtigt, liefert ein um den Faktor 4/π ≈ 1,27 zu großes Ergebnis.
Beispiel: Exakt gelöstes Integral mit R=1KΩ, fg=1KHz. Die messbare, effektive
Rauschspannung Un,C,eff über der Kapazität C ergibt sich zu (man achte auf die Dimensionen):
Un,C,eff =
U 22  kTR  2f g  1,38  10  23
VAs
V
1
= 161nV
 300 K  1000  2  1000
K
A
s
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7.6 Literatur zum Thema Rauschen
[Hau99]
Hausherr, B., "Flicker-Rauschen: Eigenschaften und Simulation", Elektronik,
Heft 7, p. 64-69, 7. April 1999.
[Ver98]
Verhoeven, H.: Präzision eingebaut (OpAmp ohne 1/f-Rauschen). Elektronik
1998, Heft 22, p. 48ff.
[Tie91]
Tietze, U.; Schenk, Ch.: Halbleiter-Schaltungstechnik, 9. Auflage, Kapitel 4.10,
Springer Verlag, 1991.
[Woo95]
Woodward, P.: My Own Right Time; An Exploration of Clockwork Design.
Oxford University Press, 1995.
[All87]
Allan, D. W.: Time and Frequency Characterization, Estimation and Prediction of
Precision in Clocks and Oscillators. IEEE Transactions on Ultrasonics and
Frequency Control 34, (6), p. 647-658, Nov. 1987.
[Man83]
Mandelbrot, B. B.: The fractal geometry of nature, Chapter 27. W. H. Freeman
Publications, New York 1983.
[Bak88]
Bak, P.; Tang, C.; Wiesenfeld, K.: Self-Organized Criticality. Physical review A,
38, (1), p. 364-374, July 1988.
[Böd07]
Bödiger, Wolfgang, "Rauschen ausgeblendet – Genaue OPVs durch AutozeroTechnik“, Design & Elektronik, Heft 09, September 2007, pp. 18-20.
- SC / Seite 6-24 -
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