Nervensystem und Sinnesphysiologie 14. Nervensystem und Sinnesphysiologie 14. 1. Einleitender Versuch Bestimmung der Reaktionszeit: Vorgehen: Um die Reaktionszeit zu bestimmen gehen Sie vor, wie im neben stehenden Bild dargestellt. Die Versuchsperson setzt sich so an den Tisch, dass sie den linken (bzw. den rechten) Unterarm entspannt auf die Tischkante legen kann. Die Hand ragt über die Tischkante hinaus. Anschliessend hält der Versuchsleiter den Massstab zwischen den Daumen und den Zeigfinger der Versuchsperson. Die 0Markierung so genau zwischen den um 2 cm geöffneten Daumen und Zeigfinger zu liegen kommen. Die Versuchsperson konzentriert sich auf das untere Ende des Massstabs, nicht auf die Hand des Versuchsleiters, und versucht den Massstab so schnell wie möglich aufzufangen. Der Versuch wird mindestens 10 Mal wiederholt. Die Reaktionszeit kann mit der Beschleunigungsformel ausgerechnet werden. a = g = ∆v/∆t = ∆s/∆t2 = 9.81 m/s2 Diese Gleichung können Sie nun ableiten und nach der Zeit auflösen. Also: Reaktionszeit t = √2s/g a) Berechnen Sie die Reaktionsgeschwindigkeit. b) Berechnen Sie die Leitgeschwindigkeit der Nervenfasern. Schätzen Sie dazu die Länge der Strecke, die zurückgelegt werden muss. c) Überlegen welchen Weg die gemacht werden muss. Wie laufen die Impulse. Welche Organe sind beteiligt? d) Versuchen Sie die folgenden Fachbegriffe zuzuordnen: Reiz, Sinneszelle, Nerv, ausführendes Organ, Reaktion. Nervensystem und Sinnesphysiologie Schematische Darstellung des Ablaufs einer Reaktion im Nervensystem: Reiz Sinnesorgan: wandelt einen chemischen, physikalischen Umweltreiz in eine nervöse Erregung um (elektrisches Potential) Sensorisches Neuron: Leitet die Erregung Zentralnervensystem (ZNS = Gehirn und Rückmark): Verarbeitet, speichert, plant, gibt Befehle Motorisches Neuron: Leitet Erregung Zielorgan (i. d. R. ein Muskel oder eine Drüse): führt den Befehl aus. (z.B. zieht sich zusammen) Die einfachsten Reaktionen, die unbewusst und stereotyp ablaufen, nennt man Reflexe (Lidschlussreflex uvm.). Nervensystem und Sinnesphysiologie 14. 2. Ein exemplarisches Sinnesorgan – Das Ohr a) Was ist ein Sinnesorgan, oder wie viele Sinne hat der Mensch? Die fünf ‚Klassischen Sinne’: Chemische Sinne: Riechen Riechzellen in der Nasenschleimhaut (> 400 verschiedene Rezeptoren!) Schmecken Geschmackszellen auf der Zunge (5 Geschmäcker -> 5 Rezeptorentypen) Physikalische Sinne: Lichtsinn: (elektr.magn. Wellen) Sehen Stächen und Zäpfchen der Retina Mechanisch: Hören Sinneszellen im Innenohr Druckrezeptoren der Haut Tastsinn Weitere Sinne?: Chemisch: Physikalisch: Atemregulation Chemorezeptoren z.B. in Aorta Konstanthalten des Inneren Milieus Chemorezeptoren (z.B. für Salz, Glucose, pH) Vestibulärorgan im Innenohr Propriorezeptoren z.B. in Gelenken Muskelspindeln Sinneszellen auf Haut Nozirezeptoren Gleichgewichtsorgan Körperhaltung Physiologisch/chemisch: Muskelspannung Temperatur Schmerz Bei Tieren findet man noch weitere Sinne: Elektrischer Sinn (Wahrnehmung elektr. Felder) (Zitteraal) Magnetsinn (Vögel) Wärmesinn (Klapperschlange) Nervensystem und Sinnesphysiologie b) Bau des Ohrs Nervensystem und Sinnesphysiologie c) Schallwellen: Ein kurzer Exkurs in die Physik: Um zu verstehen, wie das Gehör funktioniert, müssen wir uns vorgängig kurz mit Schallwellen beschäftigen. 1. Lesen Sie den Text. 2. Stellen Sie sicher, dass Sie folgende Begriffe verstanden haben: Schalldruck, Lautstärke und Tonhöhe 3. Was sind die physikalischen Eigenschaften und die Einheiten von: Tonhöhe, Lautstärke und Schalldruck? 4. Beantworten Sie die Fragen am Ende des Textes. Nervensystem und Sinnesphysiologie d) Schallübertragung im Mittelohr 1. Betrachten Sie die unten stehende Detailansicht des Mittelohrs. Versuchen Sie sich zu orientieren, und ziehen Sie dazu die Abbildung von vorher zu Hilfe. 1 2 3 4 Trommelfell Hammer Amboss Steigbügel 5 6 7 8 Ovales Fenster Rundes Fenster Paukenhöhle Ohrentrompete 2. Schematisch dargestellt könnte man das Mittelohr auch so darstellen. 3. Versuchen Sie die Schallübertragung im Mittelohrmodell nachzuvollziehen. Übertragen Sie die Überlegungen auf das Mittelohr. Notieren Sie Schritt für Schritt was geschieht, wenn ein Ton (eine Schallwelle) auf das Trommelfell trifft. Nervensystem und Sinnesphysiologie e) Bau und Funktion des Innenohrs Nervensystem und Sinnesphysiologie Ablauf des Hörvorgangs: Im Original sieht es dann oft etwas schwieriger aus: Interpretieren Sie diesen histologischen Schnitt durch die Cochlea: Nervensystem und Sinnesphysiologie f) Richtungshören: Für den Menschen ist es wichtig wahrzunehmen, von wo ein Schall kommt. Das geschieht durch die Interpretation der versetzt bei den Ohren ankommenden Schallwellen. 1. Zeichnen Sie von den Punkten (stehen für Schallquellen) die Schallwellen ein. 2. Sie können das in einem Versuch nachvollziehen: Untersuchen Sie folgende Punkte: 1. Können Sie bestimmen, wo ihr Kollege klopft? 2. Wo ist die Grenze der Wahrnehmung? Bestimmen Sie die minimale Distanz zur Schlauchmitte. 3. Bestimmen Sie die Auflösung der Wahrnehmung. Das heisst wie gross der Zeitunterschied der versetzten Wellen ist, der das Hirn noch auswerten kann. Die Schallgeschwindigkeit ist 340 m/s. Ohrmuschel: Die Ohrmuschel unterstützt das Richtungshören durch seine Trichterform. Nervensystem und Sinnesphysiologie g) Lage- und Bewegungssinn Aufgabe gemäss Postenblatt; Textquelle: Humanbiologie 2, Compendio Verlag Nervensystem und Sinnesphysiologie Nervensystem und Sinnesphysiologie Notizen zum Vergleich von Lage und Bewegungssinn: Notizen zur Frage 7: (Warum ist es für eine Eiskunstläuferin schwierig nach der Pirouette gerade aus zu fahren?) h) Literaturstudium zu ausgewählten Themen: Kurzzusammenfassung Artikel Wirkung von Alkohol: Kurzzusammenfassung Wahlartikel Nervensystem und Sinnesphysiologie 14. 3. Nervenzelle (Neuron) a) Bau einer Nervenzelle Wir verfügen über eine Menge von ca. 100 Ma. Nervenzellen. Sie sind zuständig für die Bildung, Weiterleitung und Verarbeitung nervöser Erregung und für die Speicherung von Informationen. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Nervensystem und Sinnesphysiologie Gliazellen: Zellen des Nervensystems: Unterstützen, Halten, Umgeben Nervenzellen Z.B.: Schwannzelle (Funktion folgt in einem späteren Kapitel) Nerv: Efferenz / Afferenz: Nervensystem und Sinnesphysiologie b) Elektrische Impulsleitung Teil 1: Das Ruhepotential Repetition Transportvorgänge an Membranen: Für das Verständnis der Erregungsleitung entlang eines Axons brauchen wir einige Mechanismen aus den Biologiegrundlagen. Bei der Bildung des Ruhepotentials und dann auch vom Aktionspotential spielen verschiedene Membrantransporte eine Rolle. Repetieren Sie in 3erGruppen 1. Klären Sie folgende Begriffe (in den alten Biologieunterlagen bzw. im Natura): Diffusion, Osmose, aktiver Transport, erleichterte Diffusion, Kanalproteine, Carrier. 2. Betrachten Sie das Schema und erklären Sie: Für das weitere Verständnis der Reizleitung sind folgende Punkte wichtig. Stellen Sie sicher, dass Sie diese verstanden haben: 1. Ionen können nicht frei durch Membrane diffundieren. 2. Es gibt Ionenkanäle, und diese sind spezifisch. 3. Kanäle können durch Botenstoffe oder durch Spannungsänderungen geöffnet werden. 4. Ionenpumpen oder Carrier können bestimmte Ionen aktiv gegen das Konzentrationsgefälle befördern. Wichtig bei Nerven (auch anderswo…) sind K/Na-ATPasen. Nervensystem und Sinnesphysiologie Nervenimpulse sind elektrische Impulse. Die Verteilung von Ionen entlang der Zellmembran des Axons bilden das Spannungspotential. Damit eine Nervenzelle Informationen in Form von elektrischen Impulsen übertragen kann, benötigen wir zwei Zustände. Einen Ruhezustand und einen aktivierten Zustand. Das Ruhepotential: Beteiligte Ionen: Beteiligte Membranproteine: Spannungsdifferenz: Nervensystem und Sinnesphysiologie Fragen: 1. Warum wandern Kalium-Ionen aus der Zelle? Weshalb bleiben die Konzentrationen trotzdem konstant? (= Fliessgleichgewicht) 2. Weshalb kann man sagen, das Ruhepotential ist gespeicherte Energie? 3. Weshalb spricht man von einem elektrochemischen Gradienten? 4. Bei einer Durchblutungsstörung (Infarkt o. a.) oder bei Sauerstoffmangel ist in der Regel das Nervensystem das erste was aussteigt. Symptome wie Schwindel, Bewusstlosigkeit etc. Warum ist das Nervensystem so anfällig? 5. Was geschieht auf dem obigen Bild, wenn sich die geschlossenen spannungsabhänigen Natriumkanäle öffnen? Nervensystem und Sinnesphysiologie c) Elektrische Impulsleitung Teil 2: Das Aktionspotential Sinneszellen reagieren auf bestimmte Reize mit der Bildung nervöser Erregung. Der Reiz löst in der Sinneszelle Reaktionen aus, die zum öffnen von spannungsabhängigen Natriumkanälen führen. Dies führt zu einer Veränderung des Membranpotentials. Grundsätzlicher Ablauf: 1. Spannungsabhängige Na-Kanäle werden geöffnet. 2. Als Folge: Na strömt in Zelle ein. (Konz.-Gradient) 3. Als Folge: Membranpotential steigt. Bis + 30V (Depolarisation) 4. Die Natriumkanäle schliessen wieder. 5. Die Kaliumkanäle öffnen sich verzögert. 6. K strömt aus der Zelle. Das Membranpotential sinkt wieder. 7. Es stellt sich nach einer gewissen Zeit wieder das Ruhepotential ein. 8. Die Na/K-ATPase stellt die Ionenverteilung wieder her. Nervensystem und Sinnesphysiologie Übung: 1. Lesen Sie die Texte durch. 2. Ordnen Sie die Bilder den Texten zu. 3. Interpretieren Sie die Grafen. Ordnen Sie die Nummer 1 – 5 den Bildern oben (Aufgabe 2) zu. 4. Beachten Sie die Zeitachse der Graphen! Nervensystem und Sinnesphysiologie Repetitionsaufgaben: Nervensystem und Sinnesphysiologie Reizweiterleitung: Kontinuierliche Weiterleitung: Modellvorstellung: Geschwindigkeit: 3 – max. 30 m/s Saltatorische Weiterleitung: Modellvorstellung: Geschwindigkeit: ca. 150 m/s Multiple Sklerose Nervensystem und Sinnesphysiologie d) Chemische Informationsübertragung: Die Synapsen Die Übertragung des Impulses von Neuron zu Neuron findet an der sogenannten Synapse statt: Grundaufbau: Detailschema: b c a f d g Nervensystem und Sinnesphysiologie Vorteile und Nachteile der chemischen Informationsübertragung: - viel, viel langsamer! + + Hausaufgabe: Lesen Sie im Natura den Text über Synapsen (Seite 290) und beantworten Sie die folgenden Fragen. 1. Wie wird die Ausschüttung von Neurotransmittern ausgelöst? 2. Was löst ein Neurotransmitter postsynaptisch aus? 3. Was ist die Funktion der Acetylcholinesterase (im Bild 1 dargestellt)? 4. Für Clevere: wo werden die Neurotransmitter gebildet? Typ: die meisten Neurotransmitter sind Proteine: Zellbiologie dahinter: Exocytose: Nervensystem und Sinnesphysiologie Multiple Choice zur Repetition: Was passiert, wenn die Membran eines Neurons depolarisiert wird? a. Es kommt zu einem Nettoausstrom von Na aus der Zelle. b. Die Membranspannung wird positiver c. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aktionspotential entsteht wird kleiner. d. Die Innenseite des Neurons wird im Vergleich zur Aussenseite negativer. Warum pflanzen sich die Aktionspotentiale im Axon nur in eine Richtung fort? a. Der Ranvier-Schnürring kann Potentiale nur in eine Richtung leiten. b. Die Refraktärzeit verhindert ein erneutes Öffnen der spannungsgesteuerten Natriumkanäle. c. Ionen können in einem Axon nur in eine Richtung fliessen. d. Spannungsgesteuerte Natrium- und Kaliumkanäle öffnen sich nur in eine Richtung. Welches ist das direkt folgende Ereignis als Folge der Depolarisation der präsynaptischen Membran? a. Spannungsabhänige Ca-Kanäle öffnen. b. Synaptische Vesikel verschmelzen mit der Membran c. Ligandengesteuerte Kanäle öffnen sich und erlauben Neurotransmitter in den den synaptischen Spalt zu diffundieren. Wo liegen Neurotransmitterrezeptoren? a. In der Kernmembran b. auf den Ranvier-Schnürringen c. in der postsynaptischen Membran d. in der Membran der synaptischen Vesikel Nervensystem und Sinnesphysiologie Neurotransmitter: Glutamat: Im Hirn und Rückenmark, erregend Acetylcholin: Übertragung von Nervenzellen auf Muskeln. Auch im vegetativen Nervensystem, erregend Noradrenalin: Im Hirn und RM erregend (Aufmerksamkeit, Wachheit), aktivierend im Körper (chemisch gleich wie Hormon Adrenalin) Serotonin: Reguliert im Hirn Temperatur, Schlaf und Teile des Gefühls (> Migräne, Depressionen) Dopamin: Erregend im Hirn (-> ADHS, Alzheimer, Parkinson). GABA: hemmend im Hirn Wirkungen von Giften an Synapsen: Botox: Tetanustoxin: Stychnin: Latrotoxin: Sarin: Curare / Atropin: Nervensystem und Sinnesphysiologie Pharmakologie an den Synapsen: 3 Beispiele Nervensystem und Sinnesphysiologie c) Botox Nervensystem und Sinnesphysiologie 14.4. Organisation des Nervensystems Zentralnervensystem: Peripheres Nervensystem: Somatisches (animales) Nervensystem: Vegetatives (autonomes) Nervensystem: Nervensystem und Sinnesphysiologie Parasympathikus vs. Sympathikus - Teile des vegetativen Nervensystems Sympatikus steigert unmittelbare Leistung im Körper. (Flucht- oder Kampfverhalten; Fight or flight) Parasympathikus fördert Regeneration und Aufbau von Reserven Sympatikus und Parasympathikus sind Antagonisten Teil des Sympathikus ist auch das Nebennierenmark (Verknüpfung mit Hormonsystem) Neurotransmitter des Parasympathikus: Noradrenalin (Adrenalin) Neurotransmitter des Sympathikus: Acetylcholin Funktion von Parasympathikus und Sympathikus: Aufgaben: 1. Lösen Sie die Aufgabe auf der Rückseite. 2. Gewisse geflügelte Wörter enthalten mit diesem Wissen eine ganz neue Bedeutung. Wie Interpretieren Sie: Angstschweiss, Die Haare stehe zu Berge, Mir läuft das Wasser im Munde zusammen ... 3. Weshalb kann eine andauernde körperliche Belastung zu Verdauungsstörungen? (Aufgabe aus Natura S. 297 -> Lösung im Buch) 4. In Stresssituationen wird durch den Sympathikus die Leistungsfähigkeit gefördert. Zivilisationskrankheiten wie z.B. erhöhtes Infarktrisiko, Vergrösserung der Nebennieren, Störungen des Sexualverhaltens (Stichwort Potenzprobleme) werden auf auch auf Dauerstress zurückgeführt. Zeigen Sie den Zusammenhang auf. Nervensystem und Sinnesphysiologie