Warum habe ich noch nie von Trichotillomanie gehört?

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Trichotillomanie
Es gibt leider wenig Info-Material über Trichotillomanie in deutscher Sprache, da diese
Krankheit hierzulande noch als selten gilt. Das meiste kommt aus den USA, wo es
inzwischen mehrere Anlaufstellen und viele Selbsthilfegruppen gibt (in den 80ern galt
Trichotillomanie noch als rar).
Es wird geschätzt, dass 5-8 Millionen Amerikaner, überwiegend Frauen, die Dunkelziffer der
Männer liegt wahrscheinlich höher, darunter leiden. Viele schämen sich zu sehr den
Haarverlußt selbstverschuldet zu haben und haben daher Angst, für eigenartig oder als
"unbeherrscht" abgestempelt zu werden. Dieses Problem ist kein Tick oder eine schlechte
Angewohnheit, sondern eine medizinisch anerkannte Zwangsstörung. Erst durch die Medien
und durch neue Behandlungsmöglichkeiten ist Trichotillomanie bekannter geworden.
Trichotillomanie beginnt am häufigsten in der Pupertät, aber Trich bei kleinen Kindern, sowie
ein Beginn im Erwachsenenalter, ist nicht selten. Oft ist ein traumatisches Erlebnis (Tod
eines Nahestehenden, Mißbrauch) oder eine stressige Zeit (z.B. Scheidung der Eltern) der
Auslöser. Meistens fängt das Haarezupfen in der Pupertät an. Es werden Kopfhaare,
Wimpern, Augenbrauen und nicht selten Schamhaare gezupft. Kahle Stellen und das
Wissen darum, daß man es einfach nicht schafft, sich unter Kontrolle zu haben, können zu
Depressionen, Scham, Frust und Minderwertigkeitsgefühlen und evt. daraus resultierender
Isolation führen. Auch das Haarezupfen und die anschließend verwendete Zeit zum
vertuschen der kahlen Stellen (Hut, Perücke, spezielle Frisuren) nehmen einen so sehr in
Anspruch, daß oft nicht mehr viel Kraft verbleibt für Kontakte. Oft meint man der Einzige mit
dieser komischen Veranlagung zu sein und ist dann sehr erleichtert zu hören, daß es
Menschen mit der gleichen Krankheit gibt, und daß es nicht einfach nur mangelnde Disziplin
ist. Und daß diese Krankheit zu behandeln ist!
Es gibt die Verhaltenstherapie und die medikamentöse Therapie. Wobei die medikamentöse
Therapie mit Nebenwirkungen verbunden ist. In den Fällen, wo die Verhaltenstherapie
alleine nicht helfen kann, weil der Drang sich die Haare auszureißen so stark ist, kann eine
kombinierten Behandlung aus Verhaltenstherapie und medikamentöser Therapie helfen. Zur
Zeit soll Clomipramin (Anafranil) das einzige Medikament sein, daß sich in der Behandlung
von Trichotillomanie bewährt haben soll (lt. Lee Bear, Dosierung und Nebeneffekte siehe
Kapitel 8). Ausführlicheres zu Trich siehe unten!
Eva
Warum habe ich noch nie von Trichotillomanie gehört?
von Dr. Carol Novak
Carol Novak
Frau Dr. Novak ist Verfasserin des weit verbreiteten Faltblattes "Trichotillomanie –
Zwanghaftes Haareausreißen – Es heißt Trichotillomanie, aber Sie sind nicht verrückt". Sie
hat
2
Videobänder
mit
allgemeinen
Informationen
und
Informationen
über
Verhaltensmethoden hergestellt. Die Bänder sind vielseitig in den USA und Kanada benutzt
worden. Sie ist Vorstandsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Trichotillomanie
Learning Centers und hat auf jeder jährlichen Versammlung einen Vortrag gehalten. Zur Zeit
arbeitet sie am ersten Buch über Trichotillomanie für den Laien mit – "Kann einfach nicht
aufhören!". Sie ist geprüfte Psychiaterin und stellvertretende klinische Professorin an der
Universität von Minnesota; sie hat in weiten Kreisen vor Profis und Publikum Vorträge über
Trichotillomanie und Zwangsstörungen gehalten.
WARUM HABE ICH NOCH NIE VON TRICHOTILLOMANIE GEHÖRT?
Trich
ist
keine
neue
Krankheit,
sondern
wird
erst
seit
kurzem
durch
neue
Behandlungsmethoden und die Medien bekannt. Trich wurde eigentlich vor ca. 100 Jahren
zum ersten Mal in der Fachliteratur erwähnt. (Es gibt sogar Hinweise über das
Haarausreißen in der Bibel) . Erst in den letzen Jahren wurde die Aufmerksamkeit erweckt,
da bislang die Krankheit als sehr rar galt. Trich wurde in psychologischen und
psychiatrischen Lehrgängen als eine Seltenheit dargestellt, der man höchstwahrscheinlich
nie begegnen würde. Bis vor kurzem suchten Betroffene eher Dermatologen als Psychiater
für Rat auf. Die Ratsuchenden schämten sich zu sehr davor, um zuzugeben, daß sie selber
am eigenen Haarverlust verantwortlich waren, und als "verrückt" oder außer Kontrolle
abgestempelt zu werden.
Die Verbreitung von Trich ist unbekannt. Es galt bis vor einigen Jahren als rar, weil die
Betroffenen in einer Welt von Verschwiegenheit lebten und nur sehr selten Hilfe suchten.
Epidemiologische Studien werden jetzt gemacht, und sie weisen darauf hin, daß Trich gar
nicht selten ist. Medienberichte bringen immer wieder Leute dazu, erneut Hilfe zu suchen.
WAS IST TRICH?
Zur Zeit wird Trich in der Psychiatrie als eine Störung der Impulskontrolle wie Pyromanie,
Kleptomanie und Spielsucht klassifiziert. Laut dem jetzigen psychiatrischen diagnostischen
Handbuch (DSM-III R)*
A. Sich wiederholende und unwiderstehliche Impulse, die eigenen Haare auszureißen, mit
der Folge sichtbaren Haarverlustes.
B. Verstärktes Gefühl von Spannung unmittelbar vor dem Haarausreißen.
C. Eine Befriedigung oder Erleichterung während des Haarausreißens.
D. Kein Zusammenhang mit einer vorher vorhandenen Hautentzündung und keine Reaktion
auf Wahnvorstellungen oder Halluzinationen.
Als mehr über all diese Störungen bekannt wird, könnte jede evtl. als Zwangsstörung
umklassifiziert werden. Der anzunehmende Unterschied sind die "angenehmen Gefühle" der
Handlung und, von den lang anhaltenden Folgen abgesehen, der ausbleibende Wunsch
aufzuhören. Nach der Beschreibung von Impulsen in der DSM-III R sind sie möglicherweise
mit Zwängen verwandt und nicht Gegensätze.
* Diagnostisches und Statistisches Manual Psychiatrischer Störungen. (Dritte Auflageüberarbeitet. American Psychiatric Association. Seiten 326-328).
WAS SIND DIE SYMPTOME?
Es geht fast immer Unruhe oder Spannung mit dieser Störung einher. Viele Betroffene
beschreiben das Haarausreißen als eine Entspannung. Hinterher, nach einer Periode des
Haarausreißens, kann die Angst vor einer Glatze und das Gefühl, außer Kontrolle zu
geraten, die Angst und Spannung wieder verstärken.
Viele haben die Gewohnheit nach dem Ausreißen mit dem Haar zu spielen. Manche
streichen die Wurzel über die Lippen, durch den Mund oder durch die Finger. Viele beißen
die Wurzel ab und einige essen das ganze Haar (Trichophagie), was in ganz seltenen Fällen
zu unverdaulichen Haarknäueln im Bauch führt, die dann nur operativ entfernt werden
können.
Manche Betroffenen beschreiben Haare die sich "anders fühlen", und verbringen viel Zeit
damit, das richtige Haar zu finden, um es dann auszureißen. Andere suchen sich eine
"bevorzugte Stelle" am Kopf (oder anderswo) zum Zupfen, die sich im Laufe der Zeit
verschieben kann. Alle behaarten Körperteile, zum Beispiel Augenwimpern, Brauen, Bart,
Brust, Bein und Schamhaare können betroffen sein.
Das Haarausreißen ist üblicherweise nicht schmerzhaft. Mann kann sich Minuten oder
Stunden lang täglich damit beschäftigen, und es wird normalerweise allein gemacht. Die
Mehrheit, die sich gemeldet haben, sind Frauen, aber es gibt keinen Beweis, daß Frauen
häufiger betroffen sind.
WIE UND WANN FÄNGT ES AN?
Das durchschnittliche Anfangsalter beträgt 12-13 Jahre, obwohl es auch früher oder auch
viel später anfangen kann. Bei einigen ist der Auslöser ein Trauma-Erlebnis oder eine
stressige Zeit, z.B. Mißbrauch oder Tod einer/s Nahestehenden der Auslöser. Ob solche
Fälle Ursache oder Zufälle sind, ist unbekannt, weil den meisten Betroffenen keine
auslösenden Momente bekannt sind. Da das typische Anfangsalter in der Pubertät ist, sind
möglicherweise hormonelle Änderungen verantwortlich.
Im Laufe der Jahre erleben manche Leute eine Verminderung oder Verschwinden der
Symptome - manchmal in weniger stressigen Zeiten - und dann die Wiederkehr in erneuten
Streßsituationen.
GIBT ES SÄUGLINGE UND KLEINKINDER, DIE IHRE HAARE AUSREISSEN?
Babys können haarzupfendes Verhalten entwickeln, sobald sie nach ihren Haaren greifen
können. Es gibt neue Studien über zwanghaftes Haarausreißen bei Säuglingen und
Kleinkindern, die auf eine andere "Art" von Trich hinweisen, als die, die später anfangen.
Wenn die Störung unter 6 Jahren anfängt, gibt es scheinbar genauso viele Jungen wie
Mädchen. Die Symptome verschwinden öfter spontan als bei Menschen, die in der Pubertät
angefangen haben.
Bei einigen Säuglingen, die die Haare ausreißen und dann essen, wurde Eisenmangel
diagnostiziert, und die Symptome verschwanden, sobald dieser Eisenmangel behoben
wurde. Dies ist wahrscheinlich eine seltene Ursache. Es ist unbekannt, ob das Verhalten
durch Streß in der Familie verursacht wird. Es gibt aber Fälle, wo Kleinkinder geheilt
wurden, nachdem sie kurze oder intensive tägliche Aufmerksamkeit von einem Elternteil
erhalten hatten. Mehr Forschung ist erforderlich, um festzustellen, ob es wirklich zwei
deutlich verschiedene Arten von Trich gibt: die in früher Kindheit und die, die viel später
anfängt.
Es gibt wenige systematische Studien über Trich bei Kindern unter 6 Jahren. Bei Säuglingen
und Kleinkindern wäre eine Verhaltenstherapie, wenn überhaupt, Medikamenten wegen
unbekannter Risiken und Vorteile vorzuziehen. Eine Behandlung sollte nur von einem
Therapeuten durchgeführt werden, der umfassende Erfahrung mit Verhaltenstherapie für
Kinder hat. Vielleicht wäre es sinnvoller familiäre Schwierigkeiten sowie ernährungsbedingte
Mängel auszuschließen, dann das Verhalten so lange zu ignorieren, bis offensichtlich ist,
daß das Problem nicht verschwindet, bevor das Kind gehänselt wird. Das Bestrafen des
Haarausreißens
sollte
unbedingt
unterbunden
werden,
da
lebenslange
Minderwertigkeitsgefühle die Folge sein können. Man muß bedenken, daß eine Entwicklung
des Kindes insgesamt viel wichtiger ist als kahle Stellen im Kindergartenalter.
KANN ES ZU ANDEREN PROBLEMEN FÜHREN?
Es werden fast immer Versuche gemacht, das Haarausreißen zu stoppen. Zum Beispiel
Handschuhetragen, Fingernägel kurzschneiden oder selbst die Haare ganz kurz zu
schneiden. Leider versagen meistens diese Versuche, und das kann zu Gefühlen von
Niederschlagenheit führen. Eltern und andere Familienmitglieder verstehen selten, wie
zwanghaft dieses Leiden ist. Sätze wie " Warum hörst du einfach nicht damit auf?" können
nur Minderwertigkeitsgefühle hervorrufen.
Das Gefühl, die Kontrolle verloren zu haben, verursacht Scham und kann durch Hänseleien
von Familienmitgliedern, Freunden und Schulkameraden während der Pubertät ebenfalls
verstärkt werden. Gerade in dieser Zeit entwickeln sich das Selbstvertrauen, Körpergefühl
und Beziehungen zu beiden Geschlechtern. Auch eine kleine kahle Stelle kann eine
verheerende Auswirkung auf die Entwicklung in der Pubertät haben, die lebenslänglich
anhalten kann. Obwohl viele Menschen mit Trich später heiraten und ein "normales" Leben
führen, gibt es andere, die intime Beziehungen meiden, aus Angst, ihr peinliches Geheimnis
könnte entblößt werden.
Die meisten Betroffenen können ihre Symptome verbergen, in dem sie Haarspangen,
Perücken, falsche Wimpern, Augenbrauenstift und/oder Brillen tragen. Dieses Verbergen
gibt oft das Gefühl, unecht zu sein und resultiert meistens in einer Reduzierung oder sogar
einer Eliminierung vieler normaler Aktivitäten, z.B. Schwimmen.
WAS IST DIE URSACHE?
Trich hat keine einzelne Ursache. Möglicherweise sind eine Kombination von Faktoren, z.B.
genetische Veranlagung und erschwerender Stress (die es bei anderen Krankheiten gibt),
verantwortlich. Das Problem könnte heterogen sein d.h., Trich ist ein Symptom, verursacht
durch verschiedene Faktoren in verschiedenen Menschen. (Vergleichen kann man das
Symptom mit einem Hautausschlag, welcher in verschiedenen Fällen von einer Reizung
oder einer allergischen Reaktion verursacht werden könnte.) Mehr Forschung ist
erforderlich, um die Ursache(n) zu finden.
Psychoanalytiker haben in der Vergangenheit die Symptome in Zusammenhang mit Onanie,
Kastration, oder anderen psychosexuellen Entwicklungsproblemen gebracht. Andere
glaubten, Trich sei eine selbstbestrafende Handlung verursacht durch die Identifizierung mit
einer strafenden Mutter. Psychoanalyse ist nur selten hilfreich gewesen und keine
Forschungsarbeiten existieren.
Die gegenwärtige Meinung betrachtet Trich (und viele andere psychische Störungen) als
eine medizinische Krankheit. Eine biologische These, die noch tiefer erforscht werden
müßte, ist, daß Trich auf ein chemisches Mißverhältnis im Gehirn zurückzuführen ist.
IST TRICH MIT ANDEREN KRANKHEITEN VERWANDT?
Manche
Trich-Betroffene
leiden
auch
an
Obsessive
Compusive
Disorder
(OCD)
(=Zwangsstörungen), z.B. zwanghaftes Zählen, Waschen oder Kontrollieren. Es gibt so viele
Ähnlichkeiten zwischen dem Haarausreißen und OCD, daß Trich zunehmend als eine Art
(Sub-group) von OCD betrachtet wird. Diese Idee wird durch die Häufigkeit anderer
Zwangsstörungen und Trich in anderen Familienmitgliedern bestätigt und weil die gleichen
Medikamente für beide oft sehr hilfreich sind. Auf der anderen Seite, wenn Trich lediglich ein
Symptom von OCD ist, dann würde man eine etwa gleiche geschlechtliche Teilung der
Betroffenen erwarten, wie bei anderen Arten von OCD.
Die Depression ist eine sehr übliche Begleiterscheinung von Trich. Manchmal gibt es eine
direkte neurobiochemische Beziehung zu Trich und manchmal ist die Depression durch
ständige Hänseleien und Minderwertigkeitsgefühle, die man oft hat, verursacht.
Manche Leute mit Trich haben zahlreiche frühe Traumata erlebt, z.B. sexueller oder
körperlicher Mißbrauch, Scheidungsprobleme, oder mehrere Verluste nahestehender
Personen. Sie haben manchmal auch viele andere Symptome außer dem Haarausreißen:
Drogen, Alkoholprobleme, Selbstverstümmelung, unstabile Beziehungen, wechselnde
Launen und sogar Selbstmordversuche. Welche Rolle Trich dabei spielt, ist unbekannt.
Es gibt Menschen, die Halluzinationen und Wahnvorstellungen im Zusammenhang mit
Haarausreißen haben, aber es ist zweifelhaft, ob sie an der gleichen Störung leiden. Genau
gesehen, nach der DSM-III R leiden sie nicht an Trich.
Andere, evtl. verwandte Symptome sind Nagelkauen, Daumenlutschen, Kopfschlagen oder
zwanghaftes Kratzen.
Anmerkung: Wir sind vielleicht voreilig, wenn wir Trich mit OCD gleichstellen. Es ist vielleicht
mit OCD verwandt in ähnlicher Weise wie das Tourette-Syndrom. Tourette ist eine Störung
mit zwanghaften Zuckungen oder Äußerungen mit OCD-ähnlichen Symptomen. So wie Trich
ist auch Tourette oft in mehreren Familienmitgliedern zu beobachten. Obwohl die OCDMedikamente auch manchmal bei Tourette zum Teil hilfreich sind, wirken die effektivsten
Medikamente für beide jeweils auf ganz verschiedene biochemische Systeme im Gehirn. Sie
gelten zwar als verwandt, aber verwandte Störungen.
WELCHE BEHANDLUNGSMETHODEN GIBT ES?
Da die genaue Ursache oft nicht erkennbar ist, müssen manchmal verschiedene
Behandlungen ausprobiert werden, bevor man eine wirksame findet. Weil jeder Versuch
mehrere Wochen oder länger braucht, ist Geduld nötig, um Erfolge zu erzielen.
Viele Betroffene glauben lebenslang, sie seien die einzigen mit dieser komischen Störung
und sind sehr erleichtert, wenn sie durch die Medien davon erfahren. Dieses Wissen allein
hilft vielen aus der Isolation und Selbstbeschuldigung. Es ist auch ein Trost zu wissen, daß
es effektive Behandlungen gibt.
Bis jetzt ist die häufigste Behandlungsmethode für Trich Verhaltenstherapie. Der Patient
erhält
eine
strukturierte
Methode,
die
Symptome
und
die
zusammenhängenden
Verhaltensweisen aufzuzeichnen, sowie ein Ersatzverhalten, das dem Haarausreißen
entgegenwirkt. Obwohl Verhaltenstherapie im allgemein für effektiv gehalten wird, gibt es
noch keine großen Studien, die dies belegen.
Verhaltenstherapie bietet eine Behandlung ohne Nebenwirkungen und mögliche Risiken von
Medikamenten. Rückfälle können immer mit den gleichen Methoden behandelt werden. Der
Nachteil von Verhaltenstherapie ist das Widerstreben vieler Betroffenen, es zu probieren,
weil sie meinen, genau die gleichen Methoden mehrmals selbst probiert zu haben. Das
Gefühl, diesen Zwang überhaupt nicht kontrollieren zu können, schreckt viele vor erneutem
Versagen und Selbstbeschuldigungen zurück.
Die Hypnose ist in einzelnen Fällen hilfreich gewesen. Da es keine kontrollierten Studien
gibt, sind Erfolgschancen für Betroffene unbekannt.
Z.Zt. wird am meisten nach Medikamenten geforscht. Es gibt große Studien auch mit mehr
Patienten als bei Verhaltenstherapien. Viele Studien sind aber noch nicht veröffentlicht
worden. Es gibt auch noch keine langfristigen Nachstudien, um festzustellen, wie effektiv die
Medikamente über Jahre hinweg sind. Bei den meisten Betroffenen dürfte man erwarten,
daß die Symptomen beim Absetzen der Medikamente wieder erscheinen.
Medikamente helfen, den Drang zum Ausreißen zu unterdrücken; in vielen Fällen bei guter
Verträglichkeit der Medikamente verschwindet dieser Drang ganz (evtl. mit gelegentlichen
milden Rückfällen). Das Medikament wird nicht als Heilung gesehen und muß, wie bei
anderen chronischen Krankheiten, wahrscheinlich lebenslänglich eingenommen werden. Die
Vorteile von Medikamenten sind: die Bequemlichkeit der Behandlung, Reduzierung von oft
vorhandenen Depressionen und anderen OCD-Symptomen und die Einstellung, daß Trich
eine medizinische Krankheit ist. Diese Ansicht, daß Trich eine medizinische Krankheit und
nicht einfach eine unkontrollierte Gewohnheit ist, kann sehr hilfreich gegen negative Gefühle
sein. Zu den Nachteilen zählen mögliche Nebenwirkungen und theoretische Risiken der lang
anhaltenden Medikamenteneinnahme. Die Medikamente, die am häufigsten in der TrichBehandlung verwendet werden, sind:
* Anafranil * Fluctin * Lithium * Sertraline (nur USA)
Es gibt andere Antidepressiva, die auch effektiv gegen OCD sind, die wahrscheinlich
zukünftig eingesetzt werden.
Meistens, wenn das Haarausreißen aufhört, wachsen die Haare ganz normal nach.
Ausnahmen sind bei zurückgebliebenen Narben oder manchmal bei übertriebenem Zupfen
der Augenbrauen. In solchen Fällen ist eine Veränderung der Haarfarbe oder -struktur
möglich.
Auch wenn eine Verhaltens- oder medikamentöse Behandlung gegen das Haarausreißen
erfolgreich ist, sind die psychologischen Komplikationen (wie oben erwähnt) noch mit evtl.
Gruppen- und/oder Einzelpsychotherapie erforderlich. Selbsthilfegruppen sind eine sehr
hilfreiche Methode, Schamgefühle und die Isolation zu bekämpfen.
Übersetzt von Ann Tomica
FÜR WEITERE INFORMATIONEN:
Obsessive Compulsive Foundation
P.O Box 70
Milford, CT 06460
USA
Tel. (203) 878-5669
The Trichotillomamia Learning Centre
1215 Mission St. Suite #2
Santa Cruz, CA 95060
USA
Tel.(408) 457-1004
Infostelle Trichotillomanie
Antonia Peters,
Papenstr. 63 B,
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Telefon: (040) 200 61 39,
Mo. - Mi 10-12 Uhr und Mo 18-22 Uhr und nach Vereinbarung!
Nur telefonische Beratung!
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