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PETROLOGISCHE UNTERSUCHUNG EINES RÖMISCHEN MAHLSTEINFRAGMENTES AUS ZWINGENDORF, NIEDERÖSTERREICH
Erich Draganits
Beschreibung
Flachseite des Stücks ist relativ gerade und eben , zeigt aber
Unter der Fundnununer Zw 87/96 si nd mehrere Ge-
keine auffilligen Bearbeitun gsspuren, die zweite Flachseite
steinsbruchstü cke aus identischem M aterial zusarnmen-
ist leicht konkav und deutlich glatter als di e übrigen Flächen
gefaßt. M akroskopisch handelt es sich dabei um einen mit-
und läßt einige kleine abgeschliffene Stellen erkennen. Zu-
telgra uen, relativ wenig alteri erten Vulkanit mit hellgrauer
sätzlich find en sich fleckenhaft auftretende schwarze Verun-
Verwitterun gsfarb e. Das Gestein weist bis 3 mm groß e Pla-
reinigunge n, di e makroskopisch nicht auflösbar sind.
'
gioklas Phenoleristen auf sowie zahlreiche, oblate, unregel-
Im Dünnschliff (Abb. 1, 2) zeigt sich eine hypokristalline
mäßige Vesikel (Gasblasen). Das größte, erhaltene Fragment
Ausbildung des Vulkanites. Idiomorphe bis hypidiomorphe,
unter diesen Gesteinsbruchstücken zeigt unregelmäßig ge-
manchmal zo nierte Plagioklase befinden sich in einer M atrix
brochene Schmalseiten; die beiden Flachseiten , die normal
aus kleinen Plagioklas Leisten und hell- bis mütelbraunem
zur Orientierung der Längsachse der Vesikel ausgerichtet
Glas. Die Plagioklas Phenokristen haben häufig Glasein-
sind, bieten Hinweise auf intentioneile Bearbeitung. Eine
schlüsse. Pyroxen ist sehr selten , dort, wo er auftritt, ist er
Abb. 1: Dünnschliffbilder von den untersuchten Mahlstein-
Abb . 2: In der Vergrößerung sind die winzigen Plagioklas-
fragmenten im Lichtmikroskop. Die porphyrische Gesteins-
leisten in der M atrix zu erkennen; die Vesikelränder zeigen
struktu r zeigt große, manchmal zoni erte Plagioklase (PI) und
R eakti onssä ume, die im Lichtmikroskop nicht aufzulösen
Überreste von sehr stark umgewandelten Pyroxenen (Px) in
sind. M aßstab entspricht 0,25 mm.
einer M atrix (M ) aus w inzigen Plagioklasen und Glas. Im
rechten, unteren Bildrand ist ein Vesikel (V, Gasblase) teilweise zu sehen. Maßstab entspricht 1 rnm.
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Die ur- und frühgeschichtliche Fundstelle von Zwingendoif, Niederösterreich
sehr stark umgewandelt. Er zeigt gerade Auslöschung und
Obwohl Vulkanite in Mitteleuropa relativ weit verbreitet
einen schwachen Pleochroismus von blaß grau bis blaß hell-
sind, läßt sich der Ursprung des Rohmaterials etwas ein-
braun. Die Vesikel zeigen randliehe dunkle Überzüge, die
grenzen. Der modale Mineralbestand bei der Probe aus
wegen ihrer Feinkörnigkeit im Lichtmikroskop nicht auf-
Zwingendorf deutet auf einen Vulkanit mit andesitisch-
lösbar sind.
dazitischer Zusammensetzung hin (LEMAITRE 1989), eine
Interpretation
gesteinsanalyse allerdings nicht möglich. Es handelt sich also
exakte Gesteinsansprache ist ohne chemische GesamtDie Form der Vulkanitbruchstücke mit jeweils einer
um ein stark differenziertes, saures vulkanisches Gestein, das
leicht konkaven, relativ ebenen Flachseite mit Schleifspuren
sehr häufig in Subduktionszonen zu finden ist. Vergleich-
bietet Hinweise ftir eine Interpretation dieser Gesteine als
bare andesitisch-dazitische Vulkanite in der Art von Zw 87 I
Fragmente von Mahlsteinen. Vulkanite mit relativ hohem
96 finden sich in den ungarischen Karpaten, Mittel- und
Anteil an Vesikel haben bei einer längeren Verwendung als
Süditalien und in geringen Mengen im Grazer Becken2
Mahlsteine den Vorteil, daß sie auch bei starkem Abrieb
Diese drei Gebiete stellen die wahrscheinlichsten Her-
eine relativ hohe Rauhigkeit beibehalten und so ein länger-
kunftsgebiete des Rohmaterials für die Mahlsteine aus
fristiges, effektives Mahlen ermöglichen.
Zwingendorf dar. Die Tatsache, daß der Vulkanit nur wenig
In der unmittelbaren Umgebung des Fundortes kommen
alteriert ist, könnte ein Hinweis auf eine Herkunft aus dem
keine vulkanischen Gesteine vor, deshalb stellt sich die
auch im Quartär noch aktiven mittel- und süditalienischen
Frage nach der Herkunft der Mühlsteinfragmente . Nach
Vulkangebiet sein, muß aber nicht. Eine genauere Eingren-
WrLLIAMS-THORPE (1988) wurden in römischer Zeit Mühl-
zung ist nur mit zeit- und kostenintensiven Altersbestim-
steine zum Teil über mehrere hundert Kilometer transpor-
mungen und chemischen Analysen möglich.
tiert. Beispielsweise wurden bei einer archäologischen Ausgrabung in Wien, beim Bau der Parkgarage auf der Freyung,
Literatur
aus Süditalien stammende Leucit-Tephrite in römischen
EMBEY-lsznN, A. & KuRAT, G. 1996: Young alkali basalt
Abfallgruben gefunden 1
volcanism from the Graz Basin to the Eastern Carpathians.
Es ist sehr unwahrscheinlich, daß das Gestein fluviatil
In: DuDICH, E. & LOBITZER, H. (Hrsg.): Advances in
nach Zwingendorf gelangte, dafür ist das Gestein zu frisch
Austrian-Hungarian Joint Geological Research. Occasional
und durch die große Zahl an Vesikeln, würde das Gestein
Papers Geol. Inst. Hung, 189, 159-175.
keinen längeren fluviatilen Transport überstehen. Die nur
HENNINGSEN, D. & KATZUNG, G. 1992: Einführung in die
geringen Alterationserscheinungen deuten auf ein relativ
Geologie Deutschlands. Enke (Stuttgart) , 228p.
niedriges Alter des Vulkanites hin, ein tertiäres bis quartäres
LEMAITRE, R .W. 1989: A classification of igneous rocks and
Alter ist sehr wahrscheinlich. Wichtige Vorkommen mit
glossary of terms. Blackwell (Oxford), 193p.
tertiären Vulkaniten in Mitteleuropa sind Chaine Des Puys,
PECSKAY, Z., LExA, J., SzAKACS, A ., BALOGH, K. , SEGHEDI,
Oberrhein-Graben, Hunsruck, Taunus, Eifel, Westerwald,
I., KüNECNY, V. , KüVACS, M. , MARTON, E., KALICIAK, M .,
Hessische Senke, Rhön, Eger-Graben, Duppauer Gebirge,
SzEKY-Fux, V., PoKA, T., GYARMATI, P., EDELSTEIN, 0.,
Böhmisches Mittelgebirge, Mittelburgenland, Grazer Bek-
Rosu, E. & ZEc, B. 1995: Space and time distribution of
ken, Plattensee, Karpaten , Colli Euganei, mittel- und süd-
Neogene-Quaternary volcanism in the Carpatho-Panno-
italienische Vulkangebiete, kleine Gebiete am Balkan sowie
nian Region. Acta Vulcanologica, 7/2, 15-28.
einige griechische Inseln (PICHLER 1970, HENNINGSEN &
PrcHLER, H. 1970: Italienische Vulkan-Gebiete I. Gebrüder
KATZUNG 1992, PECSKAY et al. 1995, EMBEY-lSZTIN & Ku-
Bornträger (Berlin-Stuttgart), 258p .
RAT 1996). Der Vulkanismus im. Quartär konzentriert sich
WILLIAMS-THORPE, 0. 1988: Provenancing and archaeolo-
auf die Chaine Des Puys, Olot Vulkanfeld, westliche Eifel,
gy ofRoman millstones from the Mediterranean area. Jour-
Eger-Graben, Mittel- und Süditalien und Griechenland.
nal of Archaeological Science. 15 /3, 253-305.
Abbildungsnachweis:
Abb. 1, 2: Erich Draganits
1
Freundliche mündliche Mitteilung F. Koller 1999.
2
Freundliche mündliche Mitteilung F. Koller und T. Ntaflos 1999.
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