Trainerbrief Nr. 12 1/2009 Gemeinsamer Trainerbrief von MOSES und famoses Vorwort Fast drei Jahre sind vergangen seit Sie einen MOSES-Trainerbrief in Händen halten konnten. Nun erhalten Sie erstmals einen Trainerbrief der gemeinsame von MOSES und famoses gestaltet wurde. MOSES: Warum kein Trainerbrief? Nun könnte man vermuten, dass in dieser Zeit wenig geschehen ist und daher kein Bedarf an einem Rundbrief an alle MOSES-Trainerinnen und Trainer bestand…. Doch das Gegenteil war der Fall: Es wurde eine Neuauflage auf den Weg gebracht, eine englischsprachige MOSES-Grundversion erstellt und das Verfahren der Kassenzulassung vorangetrieben. Zudem sprang sehr kurzfristig unser bisheriger Sponsor ab. Dies führte dazu, dass keine fi- nanziellen Mittel für Druck und Versand eines Trainerbriefes zur Verfügung standen. Nun – auch Dank unseres neuen Partners Eisai ist MOSES wieder in ruhigerem Fahrwasser angelangt. Um Ressourcen zu bündeln und möglichst breit zu informieren, erscheint der Trainerbrief zukünftig als gemeinsame Ausgabe von MOSES und famoses. MOSES: Neuer Sponsor Eisai Mit der Firma Eisai konnte ein neuer Sponsor für unser Moses-Projekt gewonnen werden. Eisai ist auf dem Weg, ein führendes Unternehmen in der Epilepsie-Therapie zu werden. Im 2. Quartal wird die Zulassung des neuen Antiepileptikums Zebinix® erwartet. Dies ergänzt das Portfolio an Antiepileptika von Eisai, das aus den Produkten Zonegran® (Zonisamid) und Inovelon® (Rufinamid) besteht. Die Firmenphilosophie von Eisai findet Ausdruck im Leitgedanken des „human health care“ (hhc). Denn das Ziel von Eisai ist es, neben innovativen, qualitativ hochwertigen Medikamente kompetent aufbereitete Informationsangebote in Form von praktischen Ratgebern und konkreten Hilfestellungen für Patienten, Pflegedienst und Ärzte gezielt anbieten zu können. Seite 1 Austausch aller Epilepsieschulungsprogramme auf den LigaTagungen Auf der Ligatagung in Rostock im Mai 2009 trafen sich zum ersten Mal Vertreter/innen aller Epilepsieschulungsprogramme zu einem Erfahrungsaustausch über Themen wie Gewinnung von Teilnehmern, Zielgruppen, thematische und methodische Schwerpunkte, Finanzierung und Evaluation unter der Moderation v. M. Pfäfflin. Beteiligt waren die Schulungsprogramme Pepe (Herr Dr. Huber), Flip & Flap (Frau Jantzen, Frau Hallfahrt, Herr Dr. Sperner), MOSES (Herr Dr. Dennig), und famoses (Herr Dr. Bettendorf, Frau Treiblmeier, Frau Dr. Wohlrab). In der verfügbaren Zeit haben sich die Schulungsprogramme in einem ersten Schritt vorgestellt. Auf der nächsten Liga-Tagung in Wiesbaden (28.04 bis 01.05.2010) soll die Runde fortgesetzt werden, dazu werden kurz vorher alle Trainerinnen und Trainer von MOSES und famoses eingeladen. famoses stellt sich vor Das Modulare Schulungsprogramm Epilepsie für Familien (famoses) ist aus der Gruppe der Epilepsieschulungen nicht mehr wegzudenken. Die ehemalige Projektgruppe, die das Schulungsprogramm entwickelt hat, hat sich inzwischen als gemeinnütziger, eingetragener Förderverein strukturiert. Dem Vorstand gehören in der Wahlperiode (2009-2011) Vorsitzende Heilwig Fischbach, Epilepsie-Zentrum Bethel; Schriftführerin Dagmar Rahn, Epilepsiezentrum Kork, Kassier Anne Hauser, Epilepsie-Zentrum Bethel an. Der Förderverein gestaltet alle Aufgaben rund um famoses und kümmert sich um die Weiterentwicklung des Schulungsprogramms. Seit 2006 gibt es systematische Trainer-the-Trainer- Angebote, in denen künftige Schulungsleiterinnen und -leiter in die Methoden und die Inhalte des Schulungsprogramms famoses sowohl für Kinder als auch für Eltern eingeführt werden. Im Frühjahr eines jeden Jahres (März oder April) findet ein Grundkurs statt und im November der Aufbaukurs. Dazwischen bestehen Möglichkeiten der Hospitation und Supervision. Alle Angebote sind über die gemeinsame Geschäftsstelle, Frau Hahn, zu erfahren. Nächste Termine: 20.-21.11.2009 Aufbaukurs 12.-14.03.2010 Grundkurs 19.-20.11.2010 Aufbaukurs www.famoses.de Hospitationsplätze für famoses gesucht Die Geschäftsstelle, Frau Hahn, bittet dringend, ihr alle Schulungen zu melden, damit wir einen Überblick über die Verbreitung von famoses haben. Außerdem gibt es ein großes Interesse an Hospitationsmöglichkeiten für die Trainerinnen und Trainer während der Ausbildung. Geschäftsstelle: Frau B. Hahn, Rußheider Weg 3, 33604 Bielefeld, Tel. 0521-2700127, [email protected] Seite 2 Finanzierung der famoses-Schulungen Wir möchten alle famoses Trainerinnen und Trainer ermutigen, für ambulante Schulungen Anträge auf Kostenerstattung bei den Krankenkassen einzureichen. Im Dezember 2008 wurde ein MDK-Gutachten zu famoses erstellt: Für Familien mit komplizierter Epilepsie des Kindes, schwieriger Eltern-Kind-Beziehung, Überforderung eines allein erziehenden Elternteils, schwierige psychosoziale Konstellation mit z.B. Integrationsproblemen in der Schule aufgrund der Epilepsie wird die Teilnahme an diesem indikationsspezifischen Schulungsangebot als sinnvoll bescheinigt. Die Kostenübernahme liegt weiter als Einzelfallentscheidung im Ermessen der Kasse. Bisher haben beispielsweise folgende Krankenkassen in patientenindividueller Entscheidung die Kosten übernommen: AOK, DAK, GEK, TKK und verschiedene BKKs. Vorlagen und Beispiele für Krankenkassenanträge und Rechnungen können über die Geschäftsstelle bei Frau Hahn bezogen werden. Sowie die unterstützende Stellungnahme der Dt. Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) und das MDK-Gutachten. Evaluation famoses-Schulungen Die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) hat dem Antrag von famoses und der Gesellschaft für Epilepsieforschung (GfE) stattgegeben, die Evaluation des Schulungsprogramms famoses auf eine breitere Datengrundlage zu stellen. famoses ist während des Entwicklungsprozesses in einer Machbarkeitsstudie von der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit der GfE erstmals evaluiert worden. [Publiziert: Rau J, May TW, Pfäfflin M, Heubrock D, Petermann F (2006). Schulung von Kindern mit Epilepsie und deren Eltern mit dem modularen Schulungsprogramm Epilepsie für Familien (famoses) - Ergebnisse einer Evaluationsstudie. Rehabilitation 45: 27-39]. Eine über die Machbarkeitsbestätigung hinausgehende Studie ist für die volle Anerkennung durch die Kassen wichtig. Sollten Sie in Bezug auf die Studienteilnahme angeschrieben werden, hoffen wir auf Beteiligung! Darüber hinaus wertet eine Studentin zurzeit die Trainerfragebögen aus, wir hoffen im nächsten Trainerbrief darüber ausführlicher berichten zu können. Änderungen im Schulungsprogramm famoses Seit der Fertigstellung des Programms vor etwa 4 Jahren haben sich die Schulungsmaterialien und die Trainerleitfäden in vielen Kursen bewährt. Nun ist es an der Zeit die gewonnen Erfahrungen für eine Ü- berarbeitung der Trainerleitfäden zu nutzen. Die über den Buchhandel oder den Bethel-Verlag vertriebenen Bücher für die Eltern und die Kinder bleiben vorerst unverändert. Seite 3 Elternprogramm: Als am schwierigsten und am wenigsten „flüssig“ wurde häufig das sechste Modul „Leben mit Epilepsie“ empfunden; es war zu lang, es kam zu inhaltlichen Wiederholungen und auch das methodische Vorgehen enthielt zu wenig Abwechslung. Wir haben deshalb mit der Überarbeitung des Leitfadens von hinten begonnen und im Frühjahr, pünktlich zu unserem diesjährigen Grundkurs, das Modul 6 „neu“ fertig gestellt. Dabei sind die Kernthemen erhalten geblieben. Wir haben das Modul gestrafft und einige Schritte weg gelassen oder vereinfacht. Als weitere Neuerung haben wir die Kennzeichnung von essentiellen und optionalen didaktischen Schritten eingeführt, so dass die Trainerinnen und Trainer abhängig vom Diskussionsprozess und von der Interessenlage der Gruppe eigene Schwerpunkte setzen können, ohne den Rahmen des Programms zu verlassen. Die Neufassung hat sich inzwischen in mehreren Kursen bewährt. Wer sie noch nicht bekommen hat, wende sich bitte an die Geschäftsstelle. Bis zum Aufbaukurs im November sollen auch die übrigen Module des Elternprogramms überarbeitet werden. Über Anregungen und Verbesserungsvorschläge würden wir uns freuen. Kinderprogramm: Den Trainerordner für die Kindertrainer/innen gibt es inzwischen auch in Farbe. In der Neuauflage hat sich gegenüber der Version vom September 2005, so wenig geändert (vorwiegend Korrektur von Schreibfehlern, die wir hier nicht aufführen), dass es sich für Sie nicht unbedingt lohnen würde, ein vollständig neues Exemplar zu bestellen. Folgende Änderungen wurden durchgeführt: Auf S.17 sind die Reiseregeln im Anschluss der „Ausrüstung“, d.h. die optionale Folie mit dem Motto: Ein Schiff im Hafen ist sicher ...“ kommt erst im Anschluss an die Reiseregeln. Auf S.31 ist auf der Matrosenfolie die zweite Zeile der Überschrift gelöscht worden, da man keine Frage stellen kann, wenn die Antwort schon auf der Folie drauf ist. Auf S.71 wird das Spiel deutlicher erklärt. Wir drucken die neue Seite hier im Anhang ab. Sie kann auch einzeln bei Frau Hahn bestellt werden. Drei verbesserungswürdige Probleme konnten noch nicht gelöst werden: 1. die fehlenden Elektroden auf der Folie mit den fokalen und generalisierten Anfällen. Im Kinderheft sind sie vorhanden, auf der Folie fehlen die Elektroden. Dies ist dann ein Problem, wenn die Folie über Beamer gezeigt wird und nicht ausgedruckt vorliegt. Im letzteren Fall kann sie ja mit Filzstift ergänzt werden, 2. auf der ersten Folie der Ferieninsel fährt das Schiff in die verkehrte Richtung und 3. der „Kiel“ beim Ratespiel ist für die Meisten zu schwierig zu erraten, die kleine Zeichnung ist zu kompliziert. Diese Mängel beheben wir bei der nächsten Auflage, wenn vielleicht sogar von Ihrer Seite weitere Hinweise kommen - Ihre Vorschläge und Hinweise sind gerne gesehen, scheuen Sie sich nicht diese an die Geschäftsstelle zu schicken, die diese dann weiterleitet. UNTERLAGEN / AKTIVITÄTEN DIDAKTISCHE HINWEISE • Folie (F4.2) Anfallserleben Der erste Teil der Schatzkarte ¾ Mit dem Auflegen der Folie begeben Sie sich auf den ersten Teil der Schatzsuche. 4.2 Einleitung: Sicher kennt ihr das Spiel „ich sehe was, was du nicht siehst“. Wenn wir über das Erleben eines Anfalls sprechen, heißt das Spiel etwas anders: „Ich _ _ _ _ _ (spüre) was, was du nicht siehst!“ Möglicherweise spürt ihr etwas vom Anfall, bevor andere etwas sehen können. Die Kinder werden aufgefordert, ein Bild von sich zu malen und darin anzumalen, was sie vom Anfall spüren. Ersatzweise kann auf das Körperschema im Kursheft zurückgegriffen werden. • Wo in deinem Körper spürst du den Anfall? • Male die Stellen an, wo du etwas davon merkst. • Überlege, welche Farbe zu der Empfindung passt. • Versuche das Gefühl zu beschreiben. Oft ist das gar nicht so leicht. • Wenn du außerdem noch weißt, wo du zuerst etwas spürst, dann markiere diese Stelle mit einem Pfeil. • Spiel Die Kinder erklären den anderen ihre Bilder. Alle Kinder dürfen Fragen stellen. ¾ Hängen Sie die Bilder im Raum auf. ¾ Erläutern Sie das Spiel anhand nebenstehender Einleitung. ¾ Teilen Sie die Papiervorlage aus. Es ist wichtig, dass die Kinder individuelle Eintragungen machen können. ¾ Fordern Sie die Kinder auf, ein Bild von sich zu malen / die Folie auszumalen und darin anzumalen, was sie vom Anfall spüren. Fragen Sie, ob das Kind etwas vor oder nach dem Anfall spürt und kennzeichnen Sie die Bilder mit vor oder nach. ¾ Kinder, die nichts spüren oder sich nicht erinnern, können das Körperschema ausmalen. • Folie (F4.3) Ich spüre was, was du nicht siehst ¾ Benützen Sie die Folie nur, wenn Sie keine Papiervorlage haben. Anhand der Folie können Kinder auf unterschiedliche Stellen deuten. 4.3 © FAMOSES Seite 5 Seite 71 von 122 Anerkennung von MOSES durch die Krankenkassen: Aktueller Stand Das Epilepsiezentrum Bethel verhandelt schon seit längerem mit dem zuständigen AOK - Landesverband über eine Anerkennung von MOSES. Bisheriges Ergebnis ist die Feststellung, dass das MOSES-Schulungsprogramm und der Qualitätsleitfaden nach Begutachtung durch den MDK Westfalen-Lippe die Voraussetzungen für Schulungsprogramme nach § 43 1 Nr. 2 SGB V erfüllen. Ein Vertrag konnte bisher jedoch, trotz bereits erfolgter Preisverhandlung, nicht geschlossen werden, wofür es zwei wesentliche Gründe gibt: Zunächst wurde unter der Voraussetzung, dass alle gesetzlichen Krankenkassen im Einzugsbereich des AOK-Landesverbandes sich einem solchen Vertrag anschließen würden, verhandelt. Es kam aber dann zum Rückzug einzelner Kassen, so dass einzig die AOK als Kasse, die bereit ist einen solchen Vertrag abzuschließen, übrig blieb. Seitens der AOK ergaben sich bei erneuten Verhandlungen dann Schwierigkeiten hinsichtlich der Ausbezahlung der Vergütung. Dieser Punkt soll in einer in Kürze stattfindenden Verhandlung geklärt werden. Wir hoffen zu einem Vertragsabschluss zu kommen, der günstiger als die reine Einzelbeantragung ist bzw. der eine klare Grundlage für Einzelanträge schafft. Das MOSES-Curriculum: Termine Die Qualifikation zum MOSESTrainer erfolgt nach einem festgelegten Curriculum in vier Ausbildungsblöcken, wobei Block I-III sukzessive durchlaufen werden: Block I: Seminar: Grundkurs Block II: Durchführung von zwei Schulungen unter Supervision Block III: Seminar: Aufbaukurs Block IV: Vertiefungskurse (a) "medizinisches Wissen“ (b) „psychosoziales Wissen" Mit Block IV soll dem unterschiedlichen Wissensstand der Berufsgruppen Rechnung getragen werden. Medizinisches Fachpersonal erhält im Kurs vertieftes „psychosoziales Wissen“, pädagogisch-therapeutisches Fachpersonal im Kurs vertieftes „medizinisches Wissen“. Ausnahmen sind möglich bei Nachweis des entsprechenden Fachwissens (z.B. das ärztliche Zertifikat „Epileptologie plus“ oder die von der „Deutschen Gesellschaft für Epileptologie“ (DGfE) zertifizierte „Zusatzausbildung Epilepsie“). Seite 6 Eine Befreiungsmöglichkeit von anderen Kursteilen des Curriculums für bestimmte Berufsgruppen besteht nicht. Medizinisches Fachpersonal, z.B. Arzthelferinnen, kann pädagogisch therapeutische Qualifikationen im Ergänzungskurs „Pädagogisch-therapeutische Qualifikation von MOSESTrainern“ erwerben. Ein Schwerpunkt der Trainerausbildung bildet die Arbeit in Kleingruppen, in denen wesentliche Bestandteile des Programms praktisch eingeübt werden. Termine Grundkurskurs 22. -23. Januar 2010 in Bielefeld Aufbaukurs 13.-14.November 2009 in Bielefeld Vertiefungskurse "medizinische Grundlagen“ und "psychosoziale Grundlagen" In diesen parallel angebotenen Kursen werden die aktuellen wesentlichen Wissensgrundlagen über die Epilepsien, deren Ursachen, Pathophysiologie, medikamentöse Behandlung und weitere medizinische Therapiebausteine einerseits, sowie psychosoziale Aspekte der Epilepsien andererseits sollen vermittelt, diskutiert und für die Schulung handhabbar gemacht werden. Termin: 14.11.2009, 14.00 – 17.00 Uhr in Bielefeld Ergänzungskurs „Pädagogischtherapeutische Qualifikation von MOSES-Trainern Durch den Kurs kann die Qualifikation des pädagogisch-therapeutischen Fachpersonals von medizinischem Fachpersonal erworben werden. In diesem Kurs werden Grundkenntnisse in Gruppendynamik und der Leitung von Gruppen erarbeitet werden. Es soll ein Verständnis für die Perspektive der von Epilepsie Betroffenen gegenüber ihrer Erkrankung entwickelt werden und darauf fußend die Grundlagen der psychosozialen Lerninhalte des MOSES Programms erarbeitet werden. Termin: 24.1.2010, 9.00-16.00 Uhr in Bielefeld Anmeldung Geschäftsstelle: Frau B. Hahn, Rußheider Weg 3, 33604 Bielefeld, Tel. 0521-2700127 [email protected] Benchmarking der eigenen MOSES-Schulung Im letzten halben Jahr konnten wir die im Rahmen der kontinuierlichen Evaluation der MOSES-Schulungen erfassten Teilnehmerbewertungen (Teilnehmer-Fragebogen) endlich in eine Datenbank eingeben. Nun liegen Bewertungen von über 1300 Schulungsteilnehmern vor. Deshalb wird es ab dem Jahr 2010 möglich sein, ein Benchmarking durchzuführen. Dies bedeutet, jede(r) Trainer/-in kann die Bewertung seiner Schulung durch die Teilnehmer mit dem gesamten Datensatz vergleichen lassen. So ist es für jede(n) Trainer(in) möglich, die eigene Schulungsqualität zu überprüfen. Wer ein solches Benchmarking möchte, vermerkt dies bitte bei der Einsendung der Evaluationsbögen Seite 7 der Teilnehmer Geschäftsstelle. an die MOSES- Besonderheiten der Evaluation bei kontinuierlicher Durchführung von MOSES: Bei der Durchführung von MOSES in Epilepsiezentren wird nach unserer Information MOSES häufig kontinuierlich, sozusagen als Endlosprogramm, angeboten. Die Teilnehmer beginnen mit dem Kapitel/Modul, das, wenn sie in’s Zentrum aufgenommen werden, gerade dran ist und beenden die Schulung mit dem Kapitel, das als letztes vor ihrer Entlassung angeboten wird. Zugleich wechseln die TrainerInnen regelmäßig nach einer bestimmten Zahl von Lektionen, was dazu führt, dass ein/e Patient/in von mehreren TrainerInnen geschult wird. In diesen Fällen sollte die Evaluation von den einzelnen Patienten für die gesamte Schulung vorgenommen werden. Anderenfalls füllt ein Patient mehrmals für die verschiedenen TrainerInnen den Bogen aus, wodurch Fehler in der patientenbezogenen Datenbasis entstehen (es werden mehr Patienten als tatsächlich geschult wurden ausgewiesen). Für solch eine abteilungsbezogene Evaluation muss die Frage im Evaluationsbogen „8 Wie hat Ihnen Ihr Trainer / Ihre Trainerin gefallen?“ in „8 Wie haben Ihnen Ihre Trainer / Ihre Trainerinnen gefallen?“ geändert werden und die Patienten vor ihrer Entlassung gebeten werden den Bogen für alle Schulungen, an denen sie teilgenommen haben, auszufüllen. Das Benchmarking bezieht sich dann auf alle in Ihrer Abteilung aktiven Trainer. Fortbildung: Gedächtnisstörungen bei Epilepsie 1. Definition Gedächtnis und Gedächtnisstörungen Unter Gedächtnis versteht man ganz allgemein die Fähigkeit des Nervensystems von Lebewesen, aufgenommene Informationen zu behalten, zu ordnen und wieder abzurufen. Die gespeicherten Informationen sind das Ergebnis von bewussten oder unbewussten Lernprozessen. Die Fähigkeit zur Gedächtnisbildung ist Ausdruck der Plastizität von neuronalen Systemen. Früher stellte man sich das Gedächtnis als verschiedene Speicherorte wie Kammern in einer Burg vor oder wie Schub- und Karteifächer in einem altmodischen Bibliothekskatalog. Man ging davon aus, dass es spezielle „Ablagerungsorte“ für spezi- fische Erinnerungsinhalte gibt. Heute wird die Abhängigkeit verschiedener Areale voneinander betont, im Sinne eines Netzwerks parallel-serieller Informationsverschaltung. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem limbischen System und den entsprechenden Schaltkreisen (Papez´scher Schaltkreis und basolateraler limbischer Schaltkreis) zu, über die die Interaktion verschiedener gedächtnisrelevanter Hirnstrukturen gesteuert ist. Gedächtnis wird nicht als eine einheitliche Funktion gesehen, sondern es wird angenommen, dass es mehrere Arten von Gedächtnisfunktionen gibt. Prinzipiell kann unterschieden werden zwischen der Aufnahme und Einspeicherung von Informationen, der Abspeicherung bzw. der Konsolidierung und dem Abruf. Seite 8 Außerdem kann nach der Art des Gedächtnismaterials (z.B. eher sprachliches Material wie Textinhalte, Zahlen, Namen oder eher figurales, bildliches Material wie Gesichter, Bilder, Wege). Eine weitere Einteilung erfolgt nach inhaltlichen Gesichtspunkten (siehe Abbildung 1) bzw. nach zeitlichen Aspekten (siehe Abbildung 2). Das Kurzzeitgedächtnis wird als Zwischen- oder Arbeitsspeicher mit einer begrenzten Aufnahmekapazität (5-7 Informationseinheiten) und einer Verweildauer der Gedächtnisinhalte von wenigen Sekunden bis zu ca. einer Minute betrachtet. Die Merkspanne charakterisiert dabei die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses. Der Begriff Arbeitsgedächtnis bezieht sich demgegenüber mehr auf die Zeitspanne, über die Informationen für kurzfristige kognitive Verarbeitungsprozesse zur Verfügung stehen (z.B. mehrere Zahlen und Rechenschritte beim Kopfrechnen behalten oder das Behalten eines längeren Satzes im Gespräch). Das Langzeitgedächtnis hat im Vergleich zum Kurzzeitgedächtnis eine weitgehend unbegrenzte Aufnahmekapazität. Die Inhalte zeigen meist eine hohe zeitliche Stabilität, d.h. sie verschwinden nicht wenn sich das Bewusstsein anderen Inhalten zuwendet. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass nur Inhalte ins Langzeitgedächtnis gelangen, die vorher im Kurzzeitgedächtnis gespeichert waren. Der Übertragungsvorgang vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis wird als Konsolidierung bezeichnet. Allgemeine Begriffe für die Beschreibung von Gedächtnisstörungen sind die anterograde Amnesie (Amnesie: Erinnerungslosigkeit, Gedächtnisschwund) und die retrograde Amnesie, wobei sich die Begriffe anterograd und retrograd auf den Zeitpunkt einer Erkrankung beziehen. Die anterograde Amnesie meint hier die Schwierigkeit, im Zeitraum nach einer Schädigung oder Krankheit neue Informationen zu speichern, die retrograde Amnesie bezieht auf den Verlust von Wissen, welches vor einer Erkrankung oder Schädigung erworben wurde. Eine Besonderheit bei Epilepsiepatienten ist, dass hier häufig kein plötzliches Schädigungsereignis die Gedächtnisstörungen hervorgerufen hat; insofern ist die Beschreibung der Gedächtnisstörung nicht so eindeutig der oben genannten anterograden oder retrograden Amnesie zuzuordnen und erfasst eher graduell Neugedächtnis- und Altgedächtnisinhalte. Ab wann überhaupt von einer Gedächtnisstörung oder Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung gesprochen wird ist nicht ganz klar definiert. Es existieren unterschiedliche Konventionen für die inhaltliche Interpretation von Gedächtnistests. Letztlich entscheidend sind jedoch die funktionellen Auswirkungen auf Alltag, Beruf und soziales Leben. Seite 9 Abbildung 1: Inhaltliche Einteilung von Gedächtnis. Aus: Gedächtnisstörungen nach Hirnschädigungen. Thöne und Markowitsch, Hogrefe 2004. Zeitliche Struktur der Gedächtnisfunktion Neugedächtnis – anterograde Prozesse • Kurzzeitgedächtnis Altgedächtnis – retrograde Prozesse • Episodisch • persönliches Leben • öffentliches Leben • Merkspanne (max. 60 Sekunden, begrenzte Kapazität) • Arbeitsgedächtnis (aktuelle Informationen halten, z.B. im Gespräch) • Langzeitgedächtnis • Semantisch • allgemeine Kenntnisse • Faktenwissen • Prozedural • Routinen (Handlung, Wahrnehmung, Denken) • explizit/intentional/deklarativ • implizit/inzidentell/prozedural Abb. 2: Zeitliche Einteilung von Gedächtnis Seite 10 2. Verschiedene Formen von Gedächtnisstörungen Entsprechend der zeitlichen und inhaltlichen Einteilung von Gedächtnisleistungen können auch verschiedene Aspekte von Gedächtnis beeinträchtigt oder gestört sein. Besonders häufig sind Störungen des Langzeitgedächtnisses bzw. der Speicherung neu aufgenommener Informationen. Patienten beschreiben meist Probleme mit dem „Kurzzeitgedächtnis“ und meinen damit, dass sie sich neue Dinge nicht gut über einen vermeintlich kurzen Zeitraum (z.B. einige Stunden oder Tage) einprägen können. Eigentlich betroffen wäre aber hier nicht das Kurzzeitgedächtnis (das nur einen Zeitraum von ca. 60 Sekunden betrifft, siehe Abbildung 2) sondern das längerfristige Behalten und somit das Langzeitgedächtnis. Eine Störung des Kurzzeitgedächtnisses im engeren Sinne, wie es mit der Merkspanne erfasst wird, ist selbst bei schwer amnestischen Patienten eher selten. Störungen des Kurzzeitgedächtnisses oder Arbeitsgedächtnisses, also tatsächlich Beeinträchtigungen sich Informationen über wenige Sekunden zu merken liegen häufig eher Aufmerksamkeitsstörungen zugrunde. Eine ausgeprägte Störung der längerfristigen Lern- und Merkfähigkeit kann zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Berufs- und Alltagsleben führen. Die Betroffenen sind nicht mehr oder nur eingeschränkt fähig, einzelne Eindrücke, Ereignisse und Erlebnisse zu behalten oder sich neues Wissen bewusst anzueignen. Der bewusst in Gang gesetzte Speichervorgang wird als deklarativer oder expliziter Gedächtnisprozess bezeichnet. Ebenso wenig wie das Erlernen neuer Informationen gelingt bei einer Störung des Langzeitgedächtnisses häufig das Behalten von z.B. Handlungsabsichten. Aufträge, die nicht sofort zu erledigen sind, Vereinbarungen oder Zeitpunkte einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme werden vergessen. Bei einer Störung des Neugedächtnisses in Folge einer Hirnschädigung sind prozedurale oder implizite Gedächtnisinhalte bzw. Gedächtnisfunktionen meist nicht beeinträchtigt. Hierzu gehört das Erlernen sensomotorischer und perzeptueller Fähigkeiten wie z.B. das Spielen eines Musikinstrumentes oder die Fertigkeit ein nur im Spiegelbild wahrzunehmendes Bewegungsmuster zu erlernen (z.B. Krawatte binden) oder Spiegelschrift zu lesen. Eine Störung des episodischen Altgedächtnisses bezeichnet die Unfähigkeit oder Schwierigkeit sich an persönliche, autobiographische Ereignisse und/oder an markante Ereignisse des öffentlichen Lebens zu erinnern. Meist weist die retrograde Amnesie einen zeitlichen Gradienten auf, d.h. die Gedächtniseindrücke sind umso stärker beeinträchtigt je kürzer ihr zeitlicher Abstand zum Eintritt der Schädigung ist. Eine Variante der episodischen retrograden Amnesie ist die sog. QuellenAmnesie. Hier werden Erlebnisse und Ereignisse zwar als Fakten erinnert, jedoch ohne den zeitlichörtlichen Ursprung der Erinnerung angeben zu können. Die Störung des semantischen Altgedächtnisses im engeren Sinne (Sprach- Fach- und Sachwissen) ist eher selten nach erworbenen Hirnschädigungen. Es wurden jedoch Patienten mit intakten autobiographischen Erinnerungen beschrieben, die große Teile des Schulwissens verloren hatten. Als amnestisches Syndrom werden schwere Störungen der Gedächtnisfunktionen bezeichnet, die nicht auf andere Funktionsbeeinträchtigungen Seite 11 wie z.B. eine Aufmerksamkeitsstörung zurückgeführt werden können. Ein amnestisches Syndrom ist in den meisten Fällen durch das gleichzeitige Bestehen anterograder und retrograder Gedächtnisstörungen gekennzeichnet. Ursache sind meist bilaterale Schädigungen des limbischen Systems (Hippocampus, Amygdala, Gyrus Cinguli, Mammillarkörper, Gyrus Parahippocampalis). Vom amnestischen Syndrom abzugrenzen sind materialspezifische Gedächtnisstörungen, die in der Regel nach unilateralen Hirnschädigungen der limbischen Strukturen auftreten. Materialspezifische Gedächtnisstörungen bezeichnen Beeinträchtigungen sich bestimmte Gedächtnisinhalte zu merken, z.B. sprachliche oder bildliche Inhalte. 3. sie Besonderheiten bei Epilep- Hinter dem Begriff Epilepsie verbirgt sich eine große Anzahl unterschiedlicher Krankheitsbilder bzw. ausprägungen. Ursachen von Epilepsien und die Behandlung sind sehr verschieden voneinander. Gedächtnisstörungen sind häufige Begleiterscheinungen bei Epilepsie und werden sehr häufig von Epilepsiepatienten als Problem angegeben. In Abhängigkeit von der Ätiologie und der Behandlung sowie von Begleiterkrankungen wie z.B. psychiatrischen Erkrankungen variieren die Gedächtnisleistungen von Menschen mit Epilepsie. Insbesondere bei fokalen Epilepsien des Temporallappens kommt es häufig zu Gedächtnisstörungen, da dem Temporallappen eine besondere Bedeutung für die Aufnahme und Speicherung neuer Informationen zukommt. Diese Gedächtnisstörungen sind oft materialspezifisch: ist der Temporallappen der nicht-sprachdominanten Hirn- hemisphäre betroffen, finden sich Gedächtnisprobleme eher in Bezug auf bildliche Informationen, beim sprachdominanten eher in Bezug auf sprachliche Informationen. Dennoch ist die Übereinstimmung von subjektiv berichteten Gedächtnisstörungen und den in psychologischen Tests messbaren Einschränkungen gering. Hier ergeben sich Abweichungen in allen möglichen Richtungen, d.h. Testergebnisse können eingeschränkt sein bei gleichzeitiger subjektiver Angabe des Patienten keine Gedächtnisprobleme bemerkt zu haben (siehe Abbildung 3). Genauso geben Patienten häufig Gedächtnisschwierigkeiten an, sind aber in den Testleistungen unauffällig. Es sind mehrere Gründe für die fehlende Übereinstimmung der Selbsteinschätzung und der Testleistungen denkbar. Ein Grund liegt in den unterschiedlichen Anforderungen von Alltag oder Beruf und den meist klar strukturierten Tests, die das Ziel haben möglichst spezifische Funktionen zu messen. So ist es durchaus denkbar, dass eine grundlegend intakte Gedächtnisleistung im Alltag für Patienten nicht abrufbar ist, da zu viele Anforderungen gleichzeitig bewältigt werden müssen und eine allgemeine Überforderung dazu führt, dass Informationen nicht gespeichert oder erinnert werden können. Ein weiterer Grund ist eine mangelnde Fähigkeit zur Selbsteinschätzung (Über- oder Unterschätzung der eigenen Leistungen) mancher Patienten. Zudem werden Schwierigkeiten im Alltag meist als Konzentrations- und/oder Gedächtnisproblem beschrieben, da diese Leistungseinschränkungen direkt wahrnehmbar sind und offensichtlich werden (auch für andere Personen). Die Vermittlung eines komplexeren Störungsbildes mit unterschiedlichen Seite 12 Einflussfaktoren auf die kognitiven Leistungen bzw. die Gedächtnisleistungen (siehe Abbildung 4) sollte dann neben der eigentlichen Erfas- sung der kognitiven Leistungen auch Ziel der neuropsychologischen Diagnostik und Therapie sein. Patient beklagt Störungen Patient beklagt keine Störungen Testleistungen Keine Übereinstimmung subÜbereinstimmung subjekunauffällig jektiv/testpsychologisch tiv/testpsychologisch Testleistungen Übereinstimmung subjek- Keine Übereinstimmung subjekauffällig tiv/testpsychologisch tiv/testpsychologisch Abb. 3: Abweichung subjektiver und testpsychologisch messbarer Leistungen. Hirnstruktur: ¾ Lokalisation ¾ Lateralisation ¾ primäre/sekundäre Läsion ¾ einzelne/multiple Läsionen Epilepsie: ¾ Anfallstyp ¾ Frequenz / Status ¾ inter-/ iktale Entladungen ¾ Ausbreitungsweg ¾ postiktale Störungen ¾ Beginn/Dauer Epilepsie Medikation: Psychosoziales: ¾ Primärpersönlichkeit ¾ Selbstvertrauen ¾ Bildung ¾ soziale Situation ¾ Depressivität ¾ Substanz ¾ Mono- vs. Polytherapie ¾ Serumspiegel Abb. 4: Mögliche Einflussfaktoren auf kognitive Leistungen. Nach Kwan & Brodie, Lancet 2001. 4. Therapie störungen von Gedächtnis- Es lassen sich grob zwei Therapieansätze unterscheiden: eher funktionsorientierte Ansätze, die die Verbesserung gestörter Gedächtnisfunktionen durch Übung oder kompensatorische Strategien anstreben und eher alltagsorientierte Ansätze, bei denen die Bewältigung individueller Alltagsanforderungen im Mittelpunkt steht. Es lassen sich interne Strategien und externe Gedächtnisstrategien unterscheiden. Zudem kann zwischen eher verbalen und eher visuellen Strategien unterschieden werden. Bei den externen Gedächtnisstrategien übernehmen elektronische und nichtelektronische Hilfsmittel die Speicherung von Informationen. Sie zielen auf die Entlastung der Anforderung an das Gedächtnis ab. Beispiele sind der Einsatz von Tagebüchern, Einkaufslisten, Terminkalendern usw. Externe Strategien spielen in der Ge- Seite 13 dächtnistherapie eine zentrale Rolle. Interne Gedächtnisstrategien zielen darauf ab, das Einspeichern und den Abruf von Informationen besser zu organisieren und dadurch zu erleichtern. In vielen Studien wurde die Wirksamkeit interner Gedächtnisstrategien in Bezug auf Testleistungen nachgewiesen. Die Nützlichkeit im Alltag ist jedoch fragwürdig, zumal Aufwand und Nutzen in einem ungünstigen Verhältnis stehen. Die Verwendung von Gedächtnisstrategien hängt wesentlich von der Akzeptanz der Gedächtnisstörung ab. Bevor diese nicht gegeben ist, ist die Vermittlung von Gedächtnisstrategien nicht sinnvoll. Die Auswahl spezieller Gedächtnisstrategien hängt vom jeweiligen Störungsbild ab, von der Motivation der Patienten und der intellektuellen Leistungsfähigkeit. Die Anwendbarkeit und der Nutzen im Alltag sollten die entscheidende Rolle bei der Auswahl der zu vermittelnden Gedächtnisstrategien spielen. Es sei noch erwähnt, dass es für Patienten mit Epilepsie keine speziellen Therapieverfahren gibt, sondern die hier genannten bei dieser Patientengruppe genauso wie bei Patienten mit anderen Störungs- und Krankheitsbildern eingesetzt werden können. Im Folgenden werden einige dächtnisstrategien vorgestellt: 4.1 Ge- Verbale Strategien: den größeren Nutzen eines solchen Vorgehens im Vergleich zu anderen Strategien. Geschichtentechnik Bei der Geschichtentechnik werden verschiedene Begriffe zu einer zusammenhängenden Geschichte verknüpft. Damit bekommen unzusammenhängende Informationen eine Bedeutung und können nachfolgend häufig besser abgerufen werden. PQRST-Technik Bei der PQRST-Technik soll die Aufnahme und Wiedergabe komplexer Textinformationen mit Hilfe von bestimmten Teilschritten verbessert werden. PQRST steht für: ¾ Preview - was weiß ich bereits zum Thema des Textes ¾ Question - Welche Fragen habe ich an den Text ¾ Read - aktives Lesen des Textes und Beantworten der Fragen ¾ State - Wiederholen der gelesenen Informationen ¾ Test - Fragen beantworten ohne Vorliegen des Textes Kategorisieren Bei der Technik des Kategorisierens werden Oberbegriffe gesucht, die Einzelinformationen zugeordnet werden können. Dabei kommt es zu einer Informationsreduktion. Das Lernen einer Einkaufsliste kann mit Hilfe des Kategorisierens erleichtert werden. 4.2 Üben oder Rehearsal Das Prinzip des „Rehearsal“ beruht auf der Vorstellung einer Verbesserung der Gedächtnisfunktion durch häufiges Wiederholen einer Information (z.B. Einkaufsliste auswendig lernen). Es fehlen Belege aus wissenschaftlichen Untersuchungen über Visuelle Strategien Imagery Bei der Imagery-Technik handelt es sich um die Verknüpfung verschiedener verbaler Gedächtnisinhalte mithilfe lebhaft vorgestellter visueller Bilder. Seite 14 Methode der Orte Diese Methode ist besonders geeignet bei Informationen, bei denen es auf die Reihenfolge ankommt (z.B. Kochrezepte). Die Informationen werden zu festen Punkten eines Weges assoziiert, die beim späteren Abruf als Hinweisreize dienen. Gesichter-Namen-Assoziationen Für das Erlernen neuer GesichterNamen-Assoziationen werden hier bildliche Vorstellungen mit dem Namen und Merkmalen des Gesichtes verknüpft. In mehreren Schritten wird dies vorzubereiten versucht. Literatur Gedächtnisstörungen nach Hirnschädigungen. Markowitsch &Thöne-Otto. Hogrefe 2004. Klinische Neuropsychologie. Hartje & Poeck. Thieme 2002. Lehrbuch der klinischen Neuropsychologie. Sturm, Herrmann, Wallesch. Swets & Zeitlinger 2000. Dr. Denise Lahr Diplompsychologin, Klinische Neuropsychologin GNP Rehabilitations-Abteilung, Epilepsie-Zentrum Bethel Krankenhaus Mara gGmbH Maraweg 21, 33617 Bielefeld E-Mail: [email protected] Fortbildung Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 18.8.2006 auch Antidiskriminierungsgesetz genannt Ziel des Gesetzes ist es Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. (§ 1) Für Menschen mit Epilepsie ist das Gesetz in mindestens 3 Bereichen, die auch in MOSES (Modul 8 Psychosoziale Aspekte) angesprochen werden relevant: - Verhinderung einer Benachteiligung wegen der Epilepsie bei der Bewerbung um ein Arbeitsverhältnis - Verhinderung des Ausschlusses oder der Benachteiligung auf Grund der Epilepsie beim Bemühen eine Versicherung abzuschließen. - Verhinderung des Ausschlusses von bestimmten Freizeit-/Sportangeboten Benachteiligung bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz Menschen mit Epilepsie befürchten häufig, dass sie, sofern sie bei einer Bewerbung über ihre Erkrankung und die möglicherweise damit verbundene Schwerbehinderteneigenschaft (GdB > 50 oder Gleichstellung bei GdB ≥ 30) informieren, bei der Bewerbung nicht berücksichtigt werden, ohne dass zuvor geprüft worden wäre, ob ihre Epilepsie tatsächlich die Ausführung der geforderten Tätigkeit unmöglich macht. Eine Möglichkeit dies zu vermeiden, ist das Verschweigen der Epilepsie und der Schwerbehinderteneigenschaft bei der Bewerbung und im Einstellungsgespräch. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit dies zulässig ist oder inwieweit der zukünftige Arbeitgeber nicht einen Anspruch hat über die Erkrankung und den Behindertenstatus informiert zu werden. Seite 15 Nach bisheriger Rechtsprechung war eine Person mit einer chronischen Krankheit nur dann verpflichtet die Frage des Arbeitgebers nach dem Vorliegen einer Krankheit/ Behinderung wahrheitsgemäß zu beantworten, wenn die Krankheit/ Behinderung ihr die Ausübung der geforderten Tätigkeit unmöglich machte z. B. ein Maurer, bei dem das Auftreten großer Anfälle noch wahrscheinlich ist. Daran hat sich durch das AGG nichts geändert. Weiterhin ist auch davon auszugehen, dass in solch einer Situation die Person ggf. auch ohne Frage des Arbeitgebers von sich aus über die Behinderung/ Erkrankung informieren muss. Nach der bisherigen Rechtsprechung war eine Person mit einer chronischen Erkrankung/Behinderung jedoch verpflichtet, die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung immer wahrheitsgemäß zu beantworten. Dies wurde damit begründet, dass die Beschäftigung einer schwerbehinderten oder ihr gleichgestellten Person für den Arbeitgeber mit zahlreichen dauerhaften und darüber hinaus nicht selten, kostenintensiven Pflichten verknüpft ist. Diese Argumentation ist aufgrund des AGG nicht mehr zulässig, d.h. die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderung bzw. einer Gleichstellung ist grundsätzlich unzulässig. Die behinderte Person hat in solchen Fällen ein Recht auf Lüge. Anderes gilt nur, wenn bestimmte Teile einer Arbeit aufgrund der Behinderung nicht geleistet werden können, z. B. Nachtschichten oder wenn bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden oder Hilfen organisiert werden müssen, für deren Organisierung /Finanzierung durch das Integrationsamt ein Schwerbehindertenausweis oder eine Gleichstellung vorliegen muss. Selbstverständlich können, sofern über das Vorliegen einer Schwerbehinderung nicht informiert worden ist, die entsprechenden Nachteilsausgleiche wie z. B. der zusätzliche Urlaub von 5 Tagen pro Jahr, nicht in Anspruch genommen werden. Nun stellt sich hier die Frage, ob in solch einem Fall der besondere Kündigungsschutz (Kapitel IV SGB IX) dennoch wirksam wird. Dies ist der Fall, sofern die behinderte/chronisch kranke Person spätestens binnen 3 Wochen nach Zustellung der Kündigung (früher betrug die Frist 4 Wochen) dem Arbeitgeber mitteilt, dass bei ihr eine Schwerbehinderung anerkannt oder dass sie einer schwerbehinderten Person gleichgestellt wurde. Ausschluss oder der Benachteiligung auf Grund der Epilepsie beim Bemühen eine private Versicherung abzuschließen In bestimmten Lebenslagen sind Menschen in unserer Gesellschaft darauf angewiesen eine private Kranken – oder eine Lebensversicherung abzuschließen. Wenn jemand z. B. eine Zusage für eine Ausbildung im mittleren Dienst (Inspektorenlaufbahn) erhalten hat, muss er sich um eine private Krankenversicherung, die ihn während der Ausbildung versichert, bemühen. Als Alternative bleibt ihm nur die freiwillige Versicherung in einer der gesetzlichen Krankenkassen. Dies ist allerdings mit dem (großen) finanziellen Nachteil verbunden, dass der Arbeitgeber nicht, so wie bei einem Angestellten oder Arbeiter, die Hälfte des Beitrages als Arbeitgeberanteil bezahlt. - Eine andere Situation, in der man auf den Abschluss einer Versicherung angewiesen ist, ist die einer jungen Familie, die ein Haus bauen und die erforderlichen Bankkredite, Seite 16 wie allgemein üblich, über eine Risikolebensversicherung absichern will. Wenn die Bewerber für solche Versicherungen anfallskrank sind und dies der Versicherung mitteilten, was dringend zu empfehlen ist, dann kam es im Bereich der privaten Krankenversicherungen bisher häufig zu Ausschlüssen und im Bereich der Lebensversicherung ebenfalls zu Ausschlüssen oder zu hohen Risikozuschlägen. Das AGG zielt auf eine Verbesserung in diesem Bereich ab. In AGG § 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot heißt es: „Eine Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die 1. …., 2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist unzulässig“. In § 20 Zulässige unterschiedliche Behandlung heißt es dann in Absatz 2 „ …. Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ist im Falle des § 19 Abs. 1 Nr. 2 nur zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen“. D. h. die Versicherung muss ihre Kalkulation offen legen. Aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf ergibt sich, dass statistische Erhebungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG nur solche sein sollen, die öffentlich zugänglich sind. Nach § 22 AGG Beweislast, liegt diese, wenn Indizien für eine Benachteiligung nachgewiesen werden, bei der ande- ren Partei, also beim Versicherungsunternehmen. Das Antidiskriminierungsgesetz sieht die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle des Bundes (§ 25) vor, an die sich jeder, der der Ansicht ist, wegen eines der in § 1 genannten Gründe benachteiligt worden zu sein, wenden kann. Diese Stelle ist eingerichtet worden (siehe unter http://www.antidiskriminierungsstelle.de/). U. E. werden die Möglichkeiten des Antidiskriminierungsgesetzes für zivilrechtliche Benachteiligungen, insbesondere den Abschluss privater Versicherungsverhältnisse noch viel zu wenig genutzt. Verhinderung des Ausschlusses von bestimmten Freizeit-/ Sportangeboten Für die Mehrzahl der Menschen gilt heutzutage wegen des allgemein günstigen Verlaufs der Erkrankung die Empfehlung, die allgemein zur Verfügung stehenden Sportangebote, z. B. von Sportvereinen, zu nutzen. Für die anfallskranke Person stellt sich dann die Frage: Muss ich über meine Anfälle informieren, wenn ja wen? Informieren muss die Person immer dann, wenn es wahrscheinlich ist, dass sie während des Sports Anfälle erleidet, die sie oder andere beeinträchtigt oder gefährdet. Sie macht sich, wenn sie nicht informiert und es zu einem Unfall kommt, einer Verletzung der Sorgfaltspflicht nach § 276 BGB (Fahrlässigkeit) schuldig und kann ggf. nach §823 BGB haftbar gemacht werden. Für den Fall, dass die anfallskranke Person selbst durch das Tun oder Unterlassen eines anderen verletzt wird, kann die unterlassene Information über ihre Epilepsie dann zu einem die Haftung des anderen deutlich einschränkenden Mitverschulden führen. Dem Seite 17 steht nicht entgegen, dass jemand für während eines Anfalls verursachte Schäden nicht verantwortlich gemacht werden kann, da er im Anfall nicht seiner Sinne mächtig oder/und seine Bewegungen nicht mehr kontrollieren kann. Dies gilt nicht sofern voraussehbar war, dass es zu einem Anfall kommen konnte. Möglicherweise zögert die anfallskranke Person ja deshalb über ihre Epilepsie zu informieren, weil sie befürchtet dann vom gewünschten Sportangebot ausgeschlossen zu werden. Es stellt sich die Frage, ob dies möglich ist: In AGG § 2 Anwendungsbereich heißt es in Absatz 1: „Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe des Gesetzes unzulässig in Bezug auf: 1., 2., …8. den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum. Zu den hier aufgezählten Dienstleistungen zählen auch Sportangebote von Vereinen und Fitnessstudios. Kann ein Anbieter dennoch mit Hinweis auf die Epilepsie die Teilnahme an einem Angebot ablehnen? Dies ist möglich, wenn es wahrscheinlich ist, dass es während des Sports zu einem Anfall kommt und die anfallskranke Person sich selbst oder andere im Falle eines Anfalls erheblich gefährdet, oder ein erheblicher Sachschaden wahrscheinlich ist, so dass die sich ergebenden Gefahren bzw. die in Aussicht stehenden Schäden das allgemeine Lebensrisiko erheblich überschreiten. Es liegen dann nach § 20 AGG sachliche, eine Ungleichbehandlung rechtfertigende Gründe vor. Hier stellt sich die Frage: Was kann die anfallskranke Person tun, damit es zu keiner ungerechtfertigten Ablehnung kommt, wenn sie Übungsleiter, Sportlehrer etc. über ihre Epilepsie informiert? Das Wichtigste ist, dass die Person gut über ihre Anfälle und die tatsächlich damit verbundenen Risiken Bescheid weiß (MOSES!!!). Dann kann sie rasch Befürchtungen über nur vermeintliche Risiken ausräumen. Bei der Beurteilung, wie stark gefährdend die jeweilige Sportart ist, sollte die Sichtweise eines objektiven Beobachters einbezogen werden, damit nicht der Vorwurf eines übertriebenen Sicherheitsbedürfnisses bzw. einer Bagatellisierung von Gefährdungen gemacht werden kann. Als objektives Kriterium kann eine genaue Beschreibung der Anfälle durch Betroffenen und Arzt genommen werden, aus der die in Hinblick auf die gewünschte Sportart möglichen Risiken hervorgehen und die eine Unbedenklichkeitserklärung bzw. konkrete Hinweise auf mögliche Vorkehrungen und Hilfen, durch die mit der Sportart verbundene Risiken gemindert werden, enthält. Rupprecht Thorbecke Bielefeld Impressum: Verein für Epilepsieschulungen & Förderverein famoses Geschäftsstelle Frau B. Hahn Rußheider Weg 3 33604 Bielefeld ViSdP: Rainer Wohlfarth & Margarete Pfäfflin Seite 18