Untersuchung zur geschlechtsspezifischen Rangordnung bei Hausmeerschweinchen (cavia porvellus L.) Seminararbeit Einführung in wissenschaftliches Arbeiten An der Universität für Bodenkultur Wien Irene Bichlwagner (1. Semester) Betreuer: Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Siegfried Pöchtrager Wien, am 01.11.2008 -2- Danksagung Diese Arbeit entstand Ende April des Jahres 2008 und beschäftigt sich mit der Frage, ob bei Hausmeerschweinchen eine gemischtgeschlechtliche oder eine nach Geschlechtern getrennte Rangordnung besteht. Ohne die Unterstützung meiner Familie wäre es mir nicht möglich gewesen, eine solche Studie durchzuführen. Besonders danken möchte ich meinen Eltern, welche dieses Projekt finanziell unterstützt haben und mir immer mit Ratschlägen zur Seite standen. Desweiteren möchte ich Professor Pöchtrager danken, welche diese Arbeit betreut und mir das Wesen einer wissenschaftlichen Seminararbeit nähergebracht hat. -3- Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ......................................................................................................................................... 4 2 Rangordnung ................................................................................................................................... 4 3 2.1 Funktion einer Rangordnung ................................................................................................... 4 2.2 Untersuchungen zur Rangordnung bei Hausmeerschweinchen ............................................. 4 2.3 Ermittlung der Rangordnung ................................................................................................... 4 Versuchsaufbau und -auswertung .................................................................................................. 5 3.1 Versuchstiere ........................................................................................................................... 5 3.2 Protokollierung ........................................................................................................................ 5 3.3 Versuchsauswertung ............................................................................................................... 6 4 Diskussion ........................................................................................................................................ 7 5 Zusammenfassung ........................................................................................................................... 7 Literaturverzeichnis ................................................................................................................................. 8 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................. 8 Tabellenverzeichnis ................................................................................................................................. 8 Anhang .................................................................................................................................................... 9 -4- 1 Einleitung Meerschweinchen 2,3 Sonstige 18,9 Hunde 21,3 Katzen 55,0 Kaninchen 2,4 Abbildung 1 Prozentuelle Verteilung der Haustiere in Österreich 2006 Hausmeerschweinchen sind in Österreich sehr weit verbreitete Haustiere. So lebten im Jahr 2006 ca. 64.000 Hausmeerschweinchen in österreichischen Haushalten, das macht insgesamt einen Anteil von knapp 2,35 Prozent aller Haustiere in Österreich aus (vgl. INFOPLATTFORM WISSENSWERTES.AT). Aufgrund ihrer starken Popularität, welche besonders bei Kindern weit verbreitet ist, ist die Erforschung von Hausmeerschweinchen äußerst wichtig, um Haltungsfehler und damit einhergehende mögliche Verhaltensstörungen zu vermeiden. 2 Rangordnung 2.1 Funktion einer Rangordnung Bei vielen Wirbeltieren, zu denen auch die Hausmeerschweinchen gehören, haben sich individualisiert-geschlossene Gruppen gebildet, welche durch Rangordnung und ansatzweisen Cliquenbildungen fast immer konfliktgeladen sind (vgl. STORCH und WELSCH, 2003, 154). Rangordnung ist folglich ein Kernelement des Sozialsystems von in Gruppen lebenden Tieren (vgl. HOFMANN, 2007). Die Rangordnung reduziert aggressive Auseinandersetzungen und gewährt allen Gruppenmitgliedern vielfältige Vorteile, wobei die Gruppenmitglieder in Abhängigkeit von ihrem Rang unterschiedliche Rechte und Pflichten haben (vgl. MEYERS LEXIKON, 2007). Rangordnungen können gemischtgeschlechtlich oder nach Geschlechtern getrennt sein und sind dynamisch, d.h. jedes Individuum kann in der Rangordnung auf- oder absteigen (vgl. STORCH und WELSCH 2003, 154). Das Tier, welches in der Rangordnung ganz oben steht und als „Alphatier“ bezeichnet wird, ist meist das stärkste, manchmal aber auch (besonders bei weiblichen Tieren) das älteste, geschickteste oder intelligenteste Individuum der Gruppe. Ernste Verletzungen werden in der Rangordnung durch teils ritualisierte Droh- bzw. Demutsgebärden vermieden (vgl. HOFMANN, 2007). 2.2 Untersuchungen zur Rangordnung bei Hausmeerschweinchen Bei Meerschweinchen ist die Rangordnung von männlichen Hausmeerschweinchen in heterogeschlechtlichen Kleingruppen (2 bis 5 Böcke und 1 bis 5 Weibchen) linear, in größeren Gruppen (ca. 20 geschlechtsreife Tiere) bildet sich eine komplexe Organisationsform von stabilen Untergruppen mit jeweils 1 bis 5 Männchen und 1 bis 7 Weibchen, wobei hier wiederum in jeder Untergruppe eine lineare Rangordnung bei den Männchen vorliegt. Bei Hausmeerschweinchen darf sich nur das ranghöchste Männchen fortpflanzen; bei weiblichen Hausmeerschweinchen herrscht wie bei den Männchen eine lineare Rangordnung (vgl. SACHSER, 1994, 27 f.). 2.3 Ermittlung der Rangordnung Die Rangordnung kann mittels eines Rangindexes festgestellt werden. Er gibt den relativen Erfolg an, welches ein Tier bei agonistischen Interaktionen (d.h. Verhaltensweisen, welche mit kämpferischen -5Auseinandersetzungen zu tun haben) hat und wird nach folgender Formel berechnet (nach BEER 1999): Rangindex = ( Ag+ ) / ( ( Ag+ ) + ( Ag- ) ) + Ag : Häufigkeit, mit der das Tier andere Tiere dominierte - Ag : Häufigkeit, mit der das Tier von anderen dominiert wurde Der Index reicht von 0 (vollständige Unterlegenheit) bis zu 1 (vollständige Dominanz). 3 Versuchsaufbau und -auswertung 3.1 Versuchstiere Es wurden vier Hausmeerschweinchen beobachtet, welche hier zur Erleichterung mit den Buchstaben A bis D bezeichnet werden. Insgesamt bestand die Gruppe aus drei adulten Weibchen und einem adulten kastrierten Männchen. Tier A war ein ca. drei Jahre altes Glatthaarmännchen, welches vor der Geschlechtsreife kastriert wurde (Frühkastration). Tier Abbildung 2 Tier A, B, C und D (v.l.n.r.) B war ein ca. drei Jahre altes Rosettenweibchen (Rosetten = mehrere, über den ganzen Körper verteilte Haarwirbel). Tier C war ein ca. eineinhalb Jahre altes Sheltieweibchen (Sheltie = Meerschweinchenrasse mit glattem, langem Fell). Tier D war ein ca. 6 Jahre altes Rosettenweibchen, welches das Muttertier von Tier B war. Somit waren Tier B und Tier D miteinander verwandt, während zwischen allen anderen Hausmeerschweinchen keine Verwandtschaft bestand. Alle vier Tiere waren aneinander gewöhnt und lebten seit einem halben Jahr gemeinsam in einem drei m² großen, gut strukturierten Gehege, sodass sie genügend Platz hatten, um agonistischen Übergriffen auszuweichen. 3.2 Protokollierung Es wurden über einem Zeitraum von einer Woche alle agonistischen Übergriffe mittels einer Tabelle protokolliert. Insgesamt wurden 100 Interaktionen erfasst, wobei nur solche erhoben wurden, welche eine eindeutige Aussage bezüglich des Dominanzverhältnisses der beiden involvierten Tiere zuließen. Desweiteren mussten sich beide Tiere der Auseinandersetzung bewusst sein, d.h. wenn ein Tier seinen Angreifer vorher gar nicht bemerkt hatte, wurde dies nicht gewertet. Die zahlreichen Definitionen von Dominanz lassen sich meist auf folgende beiden Grundfragen zusammenfassen: Wer bewegt wen? Und Wer schränkt wen ein? Es wurde somit angenommen, dass immer nur der Ranghöhere das Recht hat, den Rangniederen zu bewegen oder einzuschränken. -6Folgende Verhaltensweisen wurden hierbei als Indiz für Dominanz ausgelegt: Beißen Vorstoßen (Tier x stößt mit geöffnetem Maul in Richtung von Tier y, ohne dieses jedoch zu berühren; es ist quasi ein „Leerlauf-Beißen“) Vertreibungsnachlaufen (Tier x verfolgt aktiv Tier y) In Verbindung zu diesen Verhaltensweisen konnten folgende Verhaltensweisen auftreten: Zähneklappern/-wetzen (Tier schlägt die Zähne aufeinander oder bewegt sie waagrecht zueinander; beides ist als Drohung bzw. Einschüchterung zu werten) Imponieren (Tier bewegt sich langsam, wie in Zeitlupe, streckt den Kopf nach oben und gibt meistens brommselnde Laute vor sich) Rumba (Tier steht mit den Vorderpfoten fest am Boden, tritt jedoch mit den Hinterpfoten abwechselnd auf der Stelle auf, sodass das Hinterteil schwankt) Brommseln (Tier gibt tiefe, monotone Laute mit niedriger Frequenz von sich; diese Lautäußerung zählt sowohl zum Imponier- als auf zum Drohgehabe) Folgende Verhaltensweisen dienten als Merkmale der Subdominanz: Erstarren Flucht 3.3 Versuchsauswertung Tier A Tier B Tier C Tier D Tier A - 7 17 25 Tier B 5 - 14 13 Tier C 2 0 - 17 Tier D 0 0 0 - Tabelle 1 Horizontal kann abgelesen werden, wie oft Tier x gegenüber Tier y dominant war; vertikal sieht man, wie oft Tier x von Tier y dominiert wurde Berechnung des Rangindexes (auf 3 Dezimale gerundet): Rangindex für Tier A = 0,875 (49/56) Rangindex für Tier B = 0,821 (32/39) Rangindex für Tier C = 0,38 (19/50) Rangindex für Tier D = 0 (0/55) Tier A, das kastrierte Männchen, war folglich am ranghöchsten, während Tier D vollständig dominiert wurde. Die folgende Grafik gibt einen Überblick über das Rangordnungsgeflecht zwischen den vier Hausmeerschweinchen: -7A B C D Abbildung 3 Rangordnungsgeflecht 4 Diskussion Die vorliegenden Ergebnisse stimmen mit den bisherigen Beobachtungen überein, dass bei Hausmeerschweinchen eine nach Geschlechtern getrennte Rangordnung besteht. Diese Annahme wird durch folgende Punkte bekräftigt: Der geringe Unterschied im Rangindex zwischen dem männlichen Tier und dem ranghöchsten Weibchen weist darauf hin, dass die ranghöchsten Tiere des jeweiligen Geschlechts gleichgestellt sind. Die Interaktionen zwischen dem Männchen und den Weibchen (mit Ausnahme des rangniedrigsten Weibchens) sind nicht einseitig, sondern beruhen auf Gegenseitigkeit. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Rangordnung bei Männchen und Weibchen nicht linear aufgebaut ist, sondern parallel abläuft. Da die Studie jedoch nur mit vier Hausmeerschweinchen durchgeführt wurde, sind diese Ergebnisse nicht ausreichend, um die Hypothese von getrenntgeschlechtlicher Rangordnung zu untermauern. 5 Zusammenfassung Es wurde die Rangordnung einer Gruppe von Hausmeerschweinchen untersucht, um herauszufinden, ob bei dieser Art eine gemischt- oder eine getrenntgeschlechtliche Rangordnung vorliegt. Über einen Zeitraum von einer Woche wurden insgesamt 100 Interaktionen erfasst und ausgewertet. Die Ergebnisse stimmen mit der bisherigen Annahme überein, dass es bei Hausmeerschweinchen eine getrenntgeschlechtliche Rangordnung gibt. Jedoch ist die Studie nicht aussagekräftig genug, da die Anzahl der Versuchstiere zu klein gewählt wurde. -8- Literaturverzeichnis BEER, R. (1999): Stress und Life-History weiblicher Hausmeerschweinchen in instabiler sozialer Umwelt (Inaugural-Dissertation). Bayreuth: Books on Demand GmbH HOFMANN, A. (2007): Rangordnung (Verhaltensforschung): Artikel in: Microsoft® Encarta® OnlineEnzyklopädie: http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_1201551038/Rangordnung_(Verhaltensforschung).html (06.05.2008) Infoplattform Wissenswertes.at: Haustiere-Statistik: http://www.wissenswertes.at/index.php?id=haustiere-statistik (01.11.2008) Meyers Lexikonverlag: Rangordnung: Meyers Lexikon online 2.0: http://lexikon.meyers.de/meyers/Rangordnung (06.05.2008) SACHSER, N. (1994): Sozialphysiologische Untersuchungen an Hausmeerschweinchen. Gruppenstrukturen, soziale Situation und Wohlergehen: Schriftenreihe Versuchstierkunde 16, 24-27 STORCH, V.; WELSCH, U. (2003): Kurzes Lehrbuch der Zoologie (7. Auflage). Berlin: Spektrum Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Prozentuelle Verteilung der Haustiere in Österreich 2006 ................................................ 4 Abbildung 2 Tier A, B, C und D (v.l.n.r.) .................................................................................................. 5 Abbildung 3 Beziehungsgeflecht………………………………………………………………………………………………………..7 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Horizontal kann abgelesen werden, wie oft Tier x gegenüber Tier y dominant war; vertikal sieht man, wie oft Tier x von Tier y dominiert wurde ............................................................................. 6 -9- Anhang Protokoll zur Datenerhebung der Rangordnung Legende: d=dominant s=subdominant A=Tier A B=Tier B C=Tier C D=Tier D 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 d B B B C A C B A A A A A A A A C A A C B A A B B A s D C C D D D D C C D D D C D D D B D D C D B A C D 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 d A A B B A C B A A A B C A C C A A A A C A A A C B s D C C C D D C C D B A D C D A D C D D D C C D D D 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 d A A C C A B B B B B B C A A A B B B A B B A B A A s B B D A C D A D D C D D C D D D D A D C C C D D D 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 d A A B C B B A C C B A B B A A A B C C A A B A A C s D C D D A C C D D D B D C C C B C D D D C C D D D