CRM & Vertrieb → Roundtable Einkauf vs. Vertrieb Halten Partnerschaften nur bei gutem Wetter? Autoren: Vera Hermes und Christoph Berdi, Fotos: Bernd Hegert Einkäufer und Verkäufer – sind sie Partner oder Gegner? Beim Roundtable von absatzwirtschaft, VDI und Mercuri International wurde darüber kontrovers diskutiert. Der kleinste gemeinsame Nenner: Nachholbedarf in punkto Verständnis herrscht auf beiden Seiten. Zwischen Einkauf und Vertrieb tun sich oft Gräben auf. Warum? WOLFGANG F. BUSSMANN: In der Vergangenheit hat der Vertrieb oft zu­ erst die Fachabteilungen kontaktiert und sich erst im zweiten Schritt an den Einkauf gewandt. Zwischenzeitlich haben sich die Machtkonstellationen im Buying Center verändert: Der Einkauf hat eine starke Aufwertung erfahren. Vielen Verkäufern fehlt aber eine ad­ äquate Story für den Einkauf. einen Lehrstuhl. Viele Leute im Vertrieb sind davon noch geprägt und haben die Einkäufer gar nicht auf ihrem Radar. MICHAEL NENNINGER: Es hat ein Rol­ lenwechsel stattgefunden. Früher war Einkauf das Aufgeben einer Bestellung und damit eine Sachbearbeiteraufgabe. Während Marketing und Vertrieb schon lange Wissenschaften waren, gibt es für den Einkauf erst seit wenigen Jahren NENNINGER: Das hängt von Material­ feldern und Fachabteilungen ab. Bei der Beschaffung von Gebrauchsgütern geht es um den Preis. Bei Investitionsgütern ist die Sicht auf den Lieferanten eine ganz andere, und der Preis rückt in den Hintergrund – denn dort sind auch 82 absatzwirtschaft 4/2009 DIRK ZUPANCIC: Viele Vertriebler klagen hingegen, dass Einkäufer nicht die Interessen der Fachabteilungen vertreten, sondern immer nur den güns­ tigsten Preis im Blick haben. Sie seien für gute Argumente und Mehrwerte nicht offen und ließen die Total Cost of Ownership unberücksichtigt. Qualität, Innovation, Strategie oder Logistik relevante Kriterien. JULIA KEHL: In den letzten Jahren ha­ ben in der Einkauf-Vertrieb-Beziehung bei Investitionsgütern oft Innovations­ kraft und strategische Partnerschaften im Vordergrund gestanden. Es gab Eng­ pässe bei wichtigen Rohmaterialien, die aufgefangen werden mussten. Seit sich der Markt in Richtung Käufermarkt dreht, sagt sich mancher, dass die Zu­ sammenarbeit so partnerschaftlich nun doch nicht sein muss. In guten Zeiten sind Vertrieb und Einkauf Partner, in den schlechten geht es nur noch um Kosten? KEHL: So kurz darf man nicht springen. Manche Unternehmen treibt derzeit die Sorge, dass ihnen die Nischenlie­ feranten einbrechen – da ist die Ver­ sorgungssicherheit wichtiger als die Preisargumentation. Heute muss ein Einkäufer ein sehr viel breiteres Port­ folio beherrschen als früher, er muss zum Beispiel Finanzkennzahlen ana­ lysieren und technisches Verständnis entwickeln. CRM & Vertrieb → Roundtable Einkauf vs. Vertrieb © Bernd Hegert »Viele Vertriebler klagen, dass Einkäufer nicht die Interessen der Fachabteilungen vertreten, sondern immer nur den günstigsten Preis im Blick haben.« Prof. Dr. Dirk Zupancic ist Head Business-to-Business Marketing and Sales an der Universität St. Gallen und Professor für Management und Executive Education an der Heilbronn Business School. Keine grundsätzliche Einigkeit: Einkaufs- und Vertriebsexperten diskutieren beim Roundtable über Erwartungen an den jeweils anderen. Antworten bekommen. doch ZUPANCIC: Ein Teil Man der muss Einkäufer erwarten können, zu diesen ent­ hat aber noch nichtdass die Qualifikation, scheidungsrelevanten Parametern, um die Komplexität des Portfoliosdie zu die Vorteilhaftigkeit der Investition durchdringen. Ich habe mal einen maßgeblich bestimmen, Einkaufsleiter gefragt, wieverbindliche viele seiner Aussagen werden!tatsächlich Einkäufergetroffen die Lieferanten strategisch managen. Die Antwort: ZUPANCIC: Da sprechen Sie überHälfte Value Knapp die Hälfte. Die andere Added Services. Es müsste Vertriebsstra­ entspricht immer noch dem Bild des tegie sein, diese Informationen zu lie­ klassischen Einkäufers. fern, weil es für einen Lösungsanbieter genau richtige Weg ist.Oft Andererseits WILLIder MUSCHINSKI: wird be­ muss man sagen: Es gibt viele Vertrieb­ hauptet, der Einkauf sei ausschließlich ler, die diese Informationen haben, dass aber preisfokussiert. Abgesehen davon, der will siewenn gar nicht diesEinkäufer ein verkürztes, nichthören. sogar verzerrtes Abbild der Realität ist, be­ NENNINGER: Neben Einkauf und Ver­ tonen umgedreht gerade die Verkäufer trieb kommt noch ein dritter Faktor den Preis in den Verhandlungen. Bei­ hinzu: das Controlling. Es ist Fakt, spiel Stahlmarkt: Als Versorgungs­ dass vieleherrschten, Konditionen nicht engpässe setzte dernach­ Ver­ gefragt werden, entgegen weil das bestehenden Controlling trieb – teilweise Vereinbarungen – Messgrößen Preiserhöhungen die entsprechenden nicht berücksichtigt oder berücksichtigen mit brachialer Gewalt durch. Ein stra­ kann. Es reicht nicht, nur nachwar Erkennt­ tegisches Vertriebshandeln dabei nistechniken bei Vertrieb und nun Einkauf kaum erkennbar. Wenn sich die Marktmachtverhältnisse ändern und der Einkauf die Preiserhöhungen rück­ gängig macht, wirft ihm der Vertrieb zu suchen, sondern sind Argumen­ auch neue Preisdrückerei vor. es Diese Controllingtechniken um sie tation entbehrt nichtgefordert, einer gewissen am Ende messbar zu machen. Scheinheiligkeit. Was der Vertrieb der Studie Krise tun? Herrsollte Bussmann, laut in Ihrer hat BUSSMANN: Er sollte intensiv mit auf Einkäuferseite einesehr Akademisierung seinen Kunden sprechen, die Anzahl stattgefunden, auf der um Vertriebsseite der zu reduzieren, und aberÜberraschungen nicht. Ist der Einkäufer dem Verer sollte prüfen, ob es Branchen gibt, die triebler intellektuell überlegen? nicht so stark Das betroffen sind,ausgelegt. auf die er BUSSMANN: ist gewagt sich fokussieren kann.war Vertriebsleiter In der Vergangenheit der Einkauf sollten auch für auf High den Potentials. Mindset ihrer keine Station Das Truppe achten. Es geändert. ist davon Natürlich die Rede, hat sich gravierend hat im inzwischen auch eine dass wirVertrieb zwei Prozent unseres Brutto­ Akademisierung stattgefunden. sozialprodukts verlieren – also sindDer 98 Vertriebnoch hat aber Nachholbedarf, Prozent da. Der Vertrieb musswas ge­ nauer hingucken,der seine Argumentation sein Verständnis Wertschöpfungs­ anpassen die betriebswirtschaft­ kette des und Kunden betrifft. Die Zahl der Value Selling Trainings hat zwar lichen Vorteile seines Lösungspakets sprunghaftinzugenommen, bis es aber intensiver die Waagschale werfen. Realität wird, vergeht noch viel Zeit. Wie können Einkauf und Vertrieb ihre MANFRED BENDER: Sie haben er­ Zusammenarbeit verbessern? wähnt, dass Ich sich würde der Vertrieb früher ZUPANCIC: dem Einkauf empfehlen, Verständnis zuerst an die ein Technik und dannfür erstdie an den Einkauf gewandt hat. Das ist auch heute noch notwendig. Der Vertrieb muss in Abstimmung mit dem Einkauf Nutzenargumentation zu entwickeln immer zuerst mit der Technik sprechen. und sich darauf einzulassen, dass Er muss sich als Netzwerker begreifen. diese Dinge rechenbar gemacht als werden Gerade wenn der Vertriebler Lö­ müssen. Der Vertrieb sollte tatsächlich sungsanbieter tätig werden will, muss Added verkaufen. Viele er sehrValues früh die Probleme desVertrieb­ Kunden ler schreiben den Lösungsverkauf verstehen, sie sich analysieren und mit dem auf die Fahnen, aberLösungsansätze die wenigsten Kunden zusammen handeln danach. entwickeln. Dann erst wird ein Budget gesetzt. Der Vertrieb kann nicht warten, bis eine AnfrageGenerell vom Einkauf kommt MUSCHINSKI: wünsche ich und vom danach ein Angebot ausarbeiten – mir Vertrieb mehr Zahlen, Daten, dann istund es eigentlich zu spät. Fakten weniger ein rhetorisches Abfackeln von Gesprächskünsten. Dem Einkauf ist zuVöllig empfehlen, seinen BUSSMANN: richtig.in Aber der Vertrieb muss berücksichtigen, dass Entscheidungskriterien transparenter dersein. Einkauf auch eine Agenda hat. zu Und deshalb darf der Vertrieb seine Story nicht nurPositionen an der Fachabteilung KEHL: Beiden ist ein dif­ ausrichten, sondern auch an Vorgehen der Agen­ ferenziertes und überlegtes zu Gerade jetzt der Krise da empfehlen. des Einkäufers. Das tuninVerkäufer gilt es, nicht vielfach nicht.in Extreme zu verfallen, sondern Intelligenz mitzubringen, genau nicht KEHL:hinzuschauen Die Strategie und des sich Vertriebs, am Einkauf vorbei zu agieren, ist ver­ mit Pauschalrezepten abfertigen zu ständlich. Er muss ja versuchen, seine lassen. ← Produkte bestmöglich an den Mann zu bringen und nicht Einkaufsversteher zu sein. »In der Vergangenheit war der Einkauf »Die Strategie des keine Station für High Potentials. Das Vertriebs, am Einkauf hat sich vorbei zugravierend agieren, geändert.« ist verständlich.« NENNINGER: Ein Problem an dieser Stelle ist sicherlich, dass ein Liefe­ rant oft verschiedene vertriebliche An­ sprechpartner hat. Dabei muss immer die Gesamtkostensituation betrachtet werden, und der Lieferant sollte hel­ fen. Diese Partnerschaft sollte gelebt werden, denn nur dann führt sie zu einer erfolgreichen, mittelfristigen Strategie diesem Prozess Wolfgang F. Bussmann ist Partner von Mercuri International Deutschland in Meerbusch. Mit Prof. Dr. Zupancicfür hat alle er diean Studie „Verkäufer imBe­Spiegel des Informationen zur Studie unter www.imh.unisg.ch Julia Kehl istEinkaufs“ Partnerinverfasst. der H&ZMehr Unternehmensberatung in München und Düsseldorf. teiligten. 86 absatzwirtschaft 4/2009 absatzwirtschaft 4/2009 83 CRM & Vertrieb → Roundtable Einkauf vs. Vertrieb »Einkauf und Vertrieb vertreten grundsätzlich gegensätzliche Interessen. Insofern sind Partnerschaften zumindest schwierig.« Prof. Dr. Willi Muschinski lehrt Einkauf und Logistik sowie Operation Research im Fach­ bereich Wirtschaft der Hochschule Niederrhein. BENDER: Ich plädiere ja nicht dafür, am Einkauf vorbei zu taktieren! Der Einkauf ist sehr oft der Verbündete des Vertriebs, denn er hilft mir sogar, den Zugang zum Techniker zu bekommen. Häufig sind die Techniker nicht offen für neue Wege, die dem Unternehmen Kosten sparen. Da hilft der Einkauf mit. ZUPANCIC: Eigentlich haben beide Sei­ ten den gleichen Qualifizierungsbedarf: Im Vertrieb geht es darum, Added Value Services zu verkaufen. Dafür brauchen die Verkäufer Fachkompetenz, Netz­ werkkompetenz, und sie müssen auf un­ terschiedlichen Ebenen argumentieren können. Spiegelbildlich hat der Einkauf die gleichen Herausforderungen zu bewältigen, zumindest wenn wir über strategische Partnerschaften sprechen und nicht über Commodity-Geschäfte. Beide haben einen Lernprozess vor sich. BENDER: Ich glaube schon, dass man als Partner agiert. Es geht nicht ums Pro­ dukt, es geht um eine maßgeschneiderte CRM & Vertrieb → Roundtable Einkauf vs. Vertrieb »Viele Vertriebler dass Einkäu»Der Vertrieb kannklagen, nicht warten, bis fer die Interessen derkommt Fachabteieinenicht Anfrage vom Einkauf lungen vertreten, sondern immer nur und dann ein Angebot ausarbeiten.« den günstigsten Preis im Blick haben.« Prof. Dr. Dirk Zupancic ist Head Business-to-Business Marketing and Sales an der Universität St. Gallen und Professor für Management und Executive an der HeilbronnMesstechnik Business School. Manfred Bender ist Leiter Vertrieb EuropaEducation bei Carl Zeiss Industrielle in Oberkochen. Antworten bekommen. Man muss hilft, doch Lösung, die dem Unternehmen erwarten können, dass zu diesen ent­ seine Prozesse zu optimieren, damit es scheidungsrelevanten Parametern, kostengünstiger produzieren kann.die die Vorteilhaftigkeit der Investition maßgeblich bestimmen, verbindliche KEHL: Was der Einkauf sucht, ist ein Aussagen getroffen werden! er will ein Preferred-Customer-Status, bevorzugter Kunde sein. ZUPANCIC: Da sprechen Sie über Value Added Services. Es müsste BENDER: Das kommt vonVertriebsstra­ alleine, wenn tegieden sein, diese aufzeigen, Informationen zu mit lie­ wir Kunden dass sie uns langfristig können und dass fern, weil es fürrechnen einen Lösungsanbieter genau Weg ist. ausarbeiten. Andererseits wir fürder sierichtige gute Lösungen muss man sagen: Es gibt viele Vertrieb­ ler, die diese Informationen haben,wenn aber MUSCHINSKI: Es ist zu begrüßen, der Vertrieb Einkäufer willgute sie und gar nicht hören. eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Kunden an­ NENNINGER: Neben Einkauf undstellt Ver­ strebt. Dieser Sachverhalt alleine trieb kommt nochkeine ein dritter Faktor aber für mich noch Partnerschaft hinzu: Controlling. Es ist Fakt, dar. Erstdas durch das Gewähren einer ge­ dass Konditionen nicht wissenviele Exklusivität wird für michnach­ eine gefragt werden, weil das Controlling strategische Partnerschaft generiert. die entsprechenden Messgrößen nicht berücksichtigt berücksichtigen BENDER: Dannoder suchen Sie keinen kann. Es reicht nicht, nur nach Partner, sondern müssen ein Erkennt­ Tochter­ nistechniken Vertrieb und Einkauf unternehmenbei gründen. zu suchen, sondern es sindkann aucheinen neue BUSSMANN: Der Vertrieb Controllingtechniken gefordert, umauf­ sie sehr hohen strategischen Vorteil am Ende messbar zu machen. bauen, wenn er versteht, wie der Einkauf tickt. Wer in der Lage ist, sich darauf individuell auszurichten, derKrise hat einen Was sollte der Vertrieb in der tun? BUSSMANN: Er sollte sehr intensiv mit Vorteil. seinen Kunden sprechen, um die Anzahl der Überraschungen zu reduzieren, Welche Anforderungen hat denn und der er sollte prüfen, es Branchen gibt, die Vertrieb an denob Einkauf ? nicht so stark sind, auf die er BENDER: Derbetroffen hoch verständnisvolle, kompetente Einkäufer ist die Ideal­ sich fokussieren kann. Vertriebsleiter sollten auch Man auf den Mindset vorstellung. wünscht sichihrer auf Truppe achten. Es ist davon die Rede, Unternehmensseite einen Partner, der nichtwir nurzwei den Preis sieht, sondern tiefer dass Prozent unseres Brutto­ blickt und beispielsweise den After sozialprodukts verlierenauch – also sind 98 Sales Support, Prozent noch da.die DerLanglebigkeit Vertrieb mussund ge­ nauer hingucken, des seineInvestitionsguts Argumentation Nachrüstbarkeit anpassen und die betriebswirtschaft­ berücksichtigt – das findet man leider lichen seines Lösungspakets nicht soVorteile oft. intensiver in die Waagschale werfen. MUSCHINSKI: In einem aktuellen Projekt sollenEinkauf drei CNC-Bearbeitungs­ Wie können und Vertrieb ihre zentren beschafftverbessern? werden. Als Ent­ Zusammenarbeit scheidungskriterium zurdem Lieferanten­ ZUPANCIC: Ich würde Einkauf empfehlen, ein Verständnis für die auswahl wurden die Stückkosten je Nutzenargumentation entwickeln Fertigteil festgelegt. Umzudie Teilekos­ und darauf benötigten einzulassen, ten zusich ermitteln, wir dass vom diese Dinge rechenbar gemacht werden Vertrieb folgende Angaben: Wie viele müssen. Der Vertrieb Betriebsstunden läuftsollte eine tatsächlich Maschine? Added Values Viele Vertrieb­ Wie hoch sindverkaufen. die Ausschussquoten bei ler schreiben sich den Teil? Lösungsverkauf einem vordefinierten Wie lassen auf Fahnen, aber dieoptimieren? wenigsten sich die Zykluszeiten weiter handeln Wie hochdanach. sind die Instandhaltungs­ kosten im Zeitablauf ? Darüber haben MUSCHINSKI: wünsche ich wir vom VertriebGenerell keine verbindlichen mir vom Vertrieb mehr Zahlen, Daten, Fakten und weniger ein rhetorisches Abfackeln von Gesprächskünsten. Dem Einkauf ist zu empfehlen, in seinen Entscheidungskriterien transparenter zu sein. KEHL: Beiden Positionen ist ein dif­ ferenziertes und überlegtes Vorgehen zu empfehlen. Gerade jetzt in der Krise gilt es, nicht in Extreme zu verfallen, sondern Intelligenz mitzubringen, genau hinzuschauen und sich nicht mit Pauschalrezepten abfertigen zu lassen. ← »In der Vergangenheit war der Einkauf »Es sind auch neue keine Station für High Potentials. Das Controllingtechniken hat sich gravierend geändert.« gefordert.« Wolfgang F. Bussmann ist Partner von Mercuri International Deutschland in Meerbusch. Mit Prof. Dr. Zupancic hat er die Studie „Verkäufer im Spiegel Einkaufs“istverfasst. Mehr Procurement InformationenServices zur Studie www.imh.unisg.ch Michaeldes Nenninger Leiter Global der unter Siemens AG. 86 absatzwirtschaft 4/2009 absatzwirtschaft 4/2009 85 CRM & Vertrieb → Roundtable Einkauf vs. Vertrieb »Viele Vertriebler klagen, dass Einkäufer nicht die Interessen der Fachabteilungen vertreten, sondern immer nur den günstigsten Preis im Blick haben.« Prof. Dr. Dirk Zupancic ist Head Business-to-Business Marketing and Sales an der Universität St. Gallen und Professor für Management und Executive Education an der Heilbronn Business School. Antworten bekommen. Man muss doch erwarten können, dass zu diesen ent­ scheidungsrelevanten Parametern, die die Vorteilhaftigkeit der Investition maßgeblich bestimmen, verbindliche Aussagen getroffen werden! ZUPANCIC: Da sprechen Sie über Value Added Services. Es müsste Vertriebsstra­ tegie sein, diese Informationen zu lie­ fern, weil es für einen Lösungsanbieter genau der richtige Weg ist. Andererseits muss man sagen: Es gibt viele Vertrieb­ ler, die diese Informationen haben, aber der Einkäufer will sie gar nicht hören. NENNINGER: Neben Einkauf und Ver­ trieb kommt noch ein dritter Faktor hinzu: das Controlling. Es ist Fakt, dass viele Konditionen nicht nach­ gefragt werden, weil das Controlling die entsprechenden Messgrößen nicht berücksichtigt oder berücksichtigen kann. Es reicht nicht, nur nach Erkennt­ nistechniken bei Vertrieb und Einkauf zu suchen, sondern es sind auch neue Controllingtechniken gefordert, um sie am Ende messbar zu machen. Was sollte der Vertrieb in der Krise tun? BUSSMANN: Er sollte sehr intensiv mit seinen Kunden sprechen, um die Anzahl der Überraschungen zu reduzieren, und er sollte prüfen, ob es Branchen gibt, die nicht so stark betroffen sind, auf die er sich fokussieren kann. Vertriebsleiter sollten auch auf den Mindset ihrer Truppe achten. Es ist davon die Rede, dass wir zwei Prozent unseres Brutto­ sozialprodukts verlieren – also sind 98 Prozent noch da. Der Vertrieb muss ge­ nauer hingucken, seine Argumentation anpassen und die betriebswirtschaft­ lichen Vorteile seines Lösungspakets intensiver in die Waagschale werfen. Wie können Einkauf und Vertrieb ihre Zusammenarbeit verbessern? ZUPANCIC: Ich würde dem Einkauf empfehlen, ein Verständnis für die Nutzenargumentation zu entwickeln und sich darauf einzulassen, dass diese Dinge rechenbar gemacht werden müssen. Der Vertrieb sollte tatsächlich Added Values verkaufen. Viele Vertrieb­ ler schreiben sich den Lösungsverkauf auf die Fahnen, aber die wenigsten handeln danach. MUSCHINSKI: Generell wünsche ich mir vom Vertrieb mehr Zahlen, Daten, Fakten und weniger ein rhetorisches Abfackeln von Gesprächskünsten. Dem Einkauf ist zu empfehlen, in seinen Entscheidungskriterien transparenter zu sein. KEHL: Beiden Positionen ist ein dif­ ferenziertes und überlegtes Vorgehen zu empfehlen. Gerade jetzt in der Krise gilt es, nicht in Extreme zu verfallen, sondern Intelligenz mitzubringen, genau hinzuschauen und sich nicht mit Pauschalrezepten abfertigen zu lassen. ← »In der Vergangenheit war der Einkauf keine Station für High Potentials. Das hat sich gravierend geändert.« Wolfgang F. Bussmann ist Partner von Mercuri International Deutschland in Meerbusch. Mit Prof. Dr. Zupancic hat er die Studie „Verkäufer im Spiegel des Einkaufs“ verfasst. Mehr Informationen zur Studie unter www.imh.unisg.ch 86 absatzwirtschaft 4/2009