Tagungsband Christian Thielscher 1. Jahrestagung der DGFM 2012 Düsseldorf | 14. November 2012 Führung und Marktorientierung in Medizin und Pflege in Kooperation mit 1. Jahrestagung der DGFM 2012 Führung und Marktorientierung in Medizin und Pflege Essen 2013 © 2013 by MA Akademie Verlagsund Druck-Gesellschaft mbH Leimkugelstraße 6, 45141 Essen Tel.0201 81004-351 Fax0201 81004-610 Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne Zustimmung der MA Akademie Verlags- und DruckGesellschaft mbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Oft handelt es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind. Jahrestagung der DGFM 2012 Vorwort Die 2011 gegründete Deutsche Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung e. V. (DGFM) hat sich zum Ziel gesetzt, das Marketing im Gesundheitswesen zu erforschen und zu verbessern. Die Mitglieder der DGFM sind Praktiker und Wissenschaftler aus dem Bereich des Gesundheitswesens, die zusammen Konzepte und Strategien entwerfen und somit praxisnahe Lösungen zur Gestaltung optimierter Führungs- und Marketingprozesse im Gesundheitswesen entwickeln. Auf der 1. Jahrestagung der DGFM Im Rahmen der MEDICA 2012 wurden Ergebnisse und Forschungsansätze der einzelnen Forschungsfelder von Vertretern der DGFM aus Wissenschaft und Praxis erstmals vorgestellt und diskutiert. Dabei standen Themen wie Akquise von geeignetem Personal, Web 2.0 bzw. Einsatz von Social Media, Krankenhausmarketing sowie die Möglichkeiten des Einsatzes von IT im Krankenhaus im Vordergrund. Dabei arbeitet die DGFM eng mit der FOM Hochschule sowie mit weiteren Wissenschaftsund Wirtschaftspartnern zusammen, deren Akteure wesentliche Anteile in die Forschungsleistung mit einbringen. Auf Basis des im Juni 2012 geschlossenen Kooperationsvertrags verfolgen DGFM und FOM gemeinsam das Ziel, den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis über gesundheitswirtschaftliche Themen zu fördern. Hierzu initiiert der Vorstand der DGFM, dem unter anderen Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher (Wissenschaftlicher Leiter des KCG KompetenzCentrum für Management im Gesundheits- und Sozialwesen an der FOM) angehört, Veranstaltungen und Publikationen und überträgt so die Expertise in die Lehre der FOM. Der FOM Hochschule ist es ein Anliegen und eine große Freude zugleich, mit diesem Tagungsband die ersten Ergebnisse gemeinsamer Forschungsprojekte vorstellen zu können. Es ist mir eine angenehme Pflicht, in diesem Zusammenhang Herrn Prof. Dr. Dr. Thielscher stellvertretend für alle an diesem Band beteiligten Akteure herzlich für ihr Engagement zu danken. Wir freuen uns auf die Fortsetzung der wissenschaftlichen Kooperation, die sicher auch Niederschlag in weiteren Publikationen finden wird und laden die interessierte Fachöffentlichkeit herzlich ein, an dem begonnen Fachdialog teilzunehmen und zu partizipieren. Prof. Dr. Thomas Heupel Prorektor Forschung der FOM Hochschule Die Referenten Die Referenten Dipl.-Kfm. Horst Defren ist seit 1990 Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte Evang. Huyssens-Stiftung/Knappschaft GmbH. In dieser Zeit leitete er die Fusion von zwei Krankenhäusern und die Kooperation mit Niedergelassenen und Einrichtung einer Klinik für Naturheilkunde. Heinz D. Diste ist seit 2007 Geschäftsführer der Contilia Gruppe und der Contilia Management GmbH in Essen. Zudem ist er Hauptgeschäftsführer der St. Elisabeth Stiftung e. V. Darüber hinaus ist er Fachhochschul-Dozent und vielfacher Referent im Bereich Marketing. Prof. Dr. Dr. Wilfied von Eiff Im Anschluss an das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Gießen war Prof. von Eiff als Projektleiter am Institut für Industriewirtschaft der Universität Tübingen tätig. Von 1977 bis 1980 war Prof. von Eiff Verwaltungsdirektor und Vorstandsmitglied am Klinikum Gießen. In den Jahren 1980 bis 1994 hatte er diverse Führungspositionen im Bereich Organisation und Informations-Management in der Automobilindusrie inne und war Chefberater eines internationalen ConsultingUnternehmens. Berufsbegleitend habilitierte er sich an der Universität Würzburg. Seit 1994 ist er Professor für Krankenhausmanagement an der Universität Münster und leitet das Centrum für Krankenhaus-Management, das 1994 von der Bertelsmann Stiftung Gütersloh gegründet wurde als Geschäftsführer. III Die Referenten Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke studierte Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft in Münster und promovierte dort auf der Schnittstelle der beiden Wissenschaften. Im Anschluss daran war er 18 Jahre selbstständiger Einzelhändler in einem mittelständischen Betrieb. Seit 2002 ist Prof. Dr. Flocke selbstständiger Berater für betriebliche Altersversorgung und Gesamtstudienleiter der FOM in Essen. Er lehrt Allgemeine Betriebswirtschaft, Sozialversicherungsrecht, Europarecht und Medical Management Compact. Prof. Dr. Andreas Goldschmidt ist geschäftsführender Leiter des Internationalen Health Care Management Instituts sowie Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Gesundheitsökonomie (ZfG) der Universität Trier und Director der School of Health and Social Sciences der FOM Hochschule für Oekonomie & Management. Der Gesundheitsökonom, Medizininformatiker und Biostatistiker kam aus der Industrie als Quereinsteiger in die Medizin. Seit 2003 lehrt und forscht er im Bereich Gesundheitsmanagement und Logistik an der Universität Trier und hat dort die gleichnamige Professur inne. In seinen Forschungsprojekten geht es vor allem um die Zukunft der Gesundheitsversorgung und deren Optimierung. Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger studierte Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Arbeit, Personal und Organisation an der Universität Trier und an der Universität Paul Valéry in Montpellier. Seit 2012 ist sie Doktorandin am IHCI. Ihre Forschungsinteressen liegen vor allem in der Personalentwicklung im Gesundheitswesen, der Qualifizierung und Weiterbildung sowie den neuen Berufsprofilen in der Gesundheitswirtschaft. IV Die Referenten Prof. Dr. Thomas Jäschke ist Medizin- und Wirtschaftsinformatiker. Er lehrt unter anderem ITSecurity, mobile Computing sowie Informations- und Wissensmanagement Netzwerke und Sicherheitsmanagement an der FOM Hochschule in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik und IT Management. Außerdem ist er als Berater sowie als Datenschutzbeauftragter im Gesundheitswesen tätig. Als Gründer der ISPRO GmbH im Jahre 1996 hat Prof. Dr. Jäschke maßgeblich an der Erfindung und Markteinführung der Zuweiserportale mitgewirkt. Seit Ende 2010 unterstützt er den Fachbeirat der ZTG GmbH und gehört seit 2011 zum Vorstand der DGFM e.V.. Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff absolvierte ein Interdisziplinäres Studium (Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Sozialwissenschaften und Jura) mit Diplom in Betriebswirtschaftslehre in Hamburg sowie vier Semestern Medizin in Düsseldorf. Nach unterschiedlichen leitenden Positionen in der Unternehmensentwicklung, Beschaffung und der Unternehmenskommunikation, ist er gegenwärtig Leiter der Unternehmenskommunikation des Universitätsklinikums Düsseldorf. Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Christian Thielscher studierte an der Universität Bonn Humanmedizin. Nach seiner Approbation als Arzt absolvierte er zudem das Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Volkswirtschaftlehre an der Universität Hagen, wo er zum Thema „Wo werde ich ordentlich behandelt? Messung und Kommunikation der Qualität deutscher Krankenhäuser“ promoviert wurde. Nach einigen Berater und Geschäftsführerposten ist Prof. Dr. Dr. Thielscher Gründungsgesellschafter bei der Mednovum GmbH. V Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1 2 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger 17 3 Praxis des Krankenhausmarketings Dipl.-Kfm. Horst Defren 27 4 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt 35 5 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Heinz D. Diste 43 6 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff 51 7 Geringe Korrelation von Krankenhausführern kann zu verwirrenden Ergebnissen führen Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher 59 8 Innovationen im Logistik-Management Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff 71 9 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke 83 10 Darstellung der Projektpartner - Deutsche Gesellschaft für Führung und Marketingorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung (DGFM) e. V. - FOM Hochschule 101 Anhang: Auszug aus dem Tagungsprogram VII Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten 1 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Das in bestimmten Berufen wie Ingenieur oder Arzt schon heute ein Mangel an Arbeitskräften herrscht, pfeifen die Spatzen bereits von den Dächern. Die demografische Entwicklung auf die im zweiten Kapitel in der gebotenen Kürze noch einmal eingegangen wird, lässt aber schon deutlich absehen, dass dieser Personalengpass in den nächsten 10 bis 20 Jahren sich nicht nur allgemein auf Fach- und Führungskräfte, sondern auch auf alle Arten von Arbeitskräften erstrecken wird. Ähnlich wie vor ca. 40 Jahren die Unternehmen auf den enger werdenden Absatzmärkten sich durch den damals neuen Begriff des Marketings darum bemühen mussten, ausreichend Kunden für ihr Unternehmen zu gewinnen, werden die nächsten Jahre davon gekennzeichnet sein, auf dem enger werdenden Arbeitsmarkt in hinreichender Menge das erforderliche Personal für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Dazu muss das Unternehmen aber zunächst einmal im Arbeitsmarkt präsent und sichtbar sein. Es muss also eine Arbeitgebermarke etablieren. 1.2 Ziel dieser Arbeit Dass angesichts der zunehmenden Vernetzung in sozialen Netzwerken von immer größeren Kreisen der Bevölkerung die Stimmung im Personal im eigenen Betrieb einen entscheidenden Einfluss auf die nach außen wirkende Markenbildung des Unternehmens hat, wird an dieser Stelle nicht näher begründet. Das Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, eine empirische Erhebung vorzustellen, die untersucht hat, in welchen Bereichen sich Mitarbeiter eine Unterstützung durch den Arbeitgeber vorstellen könnten. Im Lichte der Untersuchung sind allerdings weitere Fragen deutlich geworden, die durch zukünftige Untersuchungen geklärt werden sollten, um insgesamt für Arbeitgeber eine bessere Empfehlung geben zu können, welche innerbetrieblichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ein erfolgreiches Employer Branding zu untermauern. 1.3 Aufbau Im Kapitel 2 werden die drei zentralen Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung, ihre Beeinflussbarkeit und eine Prognose für die jeweilige Entwicklung dargestellt. Das Kapitel 3 enthält das Ergebnis dieser demografischen Entwicklung für die Unternehmen. Der Kern der Arbeit, nämlich die Ergebnisse der Untersuchung, werden in Kapitel 4 und zwar aufgeteilt auf den betrieblichen und den privaten Bereich dargestellt, um daraus im 5. Kapitel die Möglich1 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten keiten von Arbeitgebern abzuleiten. Die Arbeit schließt mit einem kurzen, hoffnungsvollen aber auch anspornenden Fazit. 2 Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung 2.1 Geburtenrate Die Geburtenrate liegt in Deutschland aktuell bei ca. 1,4 Kindern pro Frau und ist ein wenig dadurch geschönt, dass Frauen mit Migrationshintergrund aus der jüngeren Vergangenheit einen leicht höheren Wert aufweisen, als Frauen ohne Migrationshintergrund oder solche, die schon längere Zeit, gegebenenfalls auch in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland sind. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung liegt auch inzwischen weltweit die Geburtenrate kaum auf Erhaltungsniveau. In Europa nimmt Deutschland einen Mittelplatz ein und nur die Türkei, soweit man sie zu Europa zählen will, hat eine Geburtenrate auf bestandserhaltendem Niveau. Aber selbst dort gilt das nicht für die wirtschaftlichen Entwicklungszentren wie Istanbul und Ankara. Lediglich in Afrika gibt es noch Geburtenraten von weit über 2 Kindern pro Frau, allerdings auch dies nur in den Bevölkerungsteilen, die für unsere wirtschaftliche Entwicklung aktuell mangels Ausbildung keine Rolle spielen könnten. Auch in Afrika wird deutlich, dass mit zunehmender Bildung und wirtschaftlicher Entwicklung die Geburtenrate stark abnimmt. 2.2 Lebenserwartung In 2010 hat die durchschnittliche Lebenserwartung aller Einwohner in Deutschland 80 Jahre überschritten und wächst – und das seit mehreren Jahrzehnten relativ konstant – um ca. 2 bis 3 Monate pro Jahr. Das bedeutet, das für die heutigen Berufseinsteiger, wenn sie sich dann dem Ruhestand nähern – wann immer der dann sein mag – von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von über 90 Jahren ausgehen können. Schon die heutige Entwicklung zeigt, dass auch die dann Alten keineswegs alle pflegebedürftig sein werden, sondern überwiegend bis ins hohe Alter ein selbstbestimmtes Leben führen können, wollen und werden. Bei dieser eigentlich erfreulichen Tatsache darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass das Verhältnis von produktiven Leben zu „Freizeit“ - Lebensabend – nicht ungünstiger als heute werden darf. Die Alten benötigen Güter und Dienstleistungen, die nur von den Erwerbstätigen hergestellt werden können und daher wird die Beteiligung am Erwerbsleben auch länger sein müssen. Die Einführung der Rente mit 67, die ja erstmalig in 2031 einen Menschen betreffen wird, war daher schon ein Schritt in die richtige Richtung und die Einführung des § 38 EStG VI zum 1. Januar 2012 mit der diese Maßnahme praktisch zurückgenommen wurde, war ein ausgesprochener Fehler. Danach können nämlich alle, die 45 Jahre Beitrags- oder Zusatzzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung haben, also praktisch alle, die mit oder vor ihrem 20. Lebensjahr eine Ausbildung oder eine Arbeitsstelle begonnen haben, mit 65 Jahren die ungekürzte Rente erhalten. Die Rente mit 67 ist also zunächst wieder herzustellen und ferner ist darauf zu achten, dass das Renteneintrittsalter für die Zukunft dynamisch wei2 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten ter angehoben wird, um das Verhältnis von produktiver Lebensarbeitszeit zu Gesamtlebensarbeitszeit nicht weiter zu verschlechtern. 2.3 Wanderungssaldo Deutschland ist seit mehr als einem Jahrhundert ein Einwanderungsland. Allerdings nahm diese Tendenz in den 80er Jahren ab und wurde erst durch die Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ zu Beginn der 90er Jahre noch einmal verstärkt. Aber auch die Wirkung der Ostöffnung ist mittlerweile Vergangenheit, so dass wir in den Jahren 2008 und 2009 bereits einen negativen Wanderungssaldo hatten. Der leicht positive Saldo in den vergangenen 3 Jahren ist ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass etliche attraktive Zielländer in Süd- und Westeuropa im Anschluss an die Finanzkrise unter erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten leiden. Daher ist absehbar, dass der Wanderungssaldo wieder negativ wird, wenn diese Länder wirtschaftlich wieder Tritt fassen. Aus Osteuropa ist auf Dauer auch nicht mit einem nennenswerten Arbeitskräfteaufwuchs zu rechnen, denn die dortigen Geburtenraten sind noch deutlich niedriger als in Deutschland. Schon heute wird da ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften erkennbar. Es wird hohe Anstrengungen in unserem Land bedürfen, um die vergleichsweise geringen Migrationsrinsale jedenfalls teilweise nach Deutschland zu leiten. 3 Ergebnis der demografischen Entwicklung Basis der nachfolgenden Zahlen ist die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes, korrigiert um die Ergebnisse aus dem Zensus 2011. Zugrunde gelegt wurde der obere Korridor, weil die Vorausberechnung keine dynamisierten Prognosedaten enthält, also beispielsweise nicht die weiter ansteigende Lebenserwartung beinhaltet. Danach wird die Gesamtbevölkerung von 2010 bis 2060 von 80,5 Mill. auf 70,1 Mill. und davon um 10,4 Mill. abnehmen. Diese Zahl als solche kann nicht als besorgniserregend angesehen werden. Problematisch ist, dass im gleichen Zeitraum der Anteil der Erwerbsfähigen von 49,1 auf 36,9 Mill. mithin also um 12,2 Mill. fällt. Dabei ist schon unterstellt, dass als Erwerbsfähig alle diejenigen gelten, die bis 70 Jahre alt sind. Der Anteil der Nichterwerbsfähigen, also der jungen unter 20 Jahre und der alten über 70 Jahre, wird trotz der deutlich schrumpfenden Bevölkerung sogar von 31,4 Mill. auf 33, 2 Mill. also um 1,8 Mill. ansteigen. Nachdem also heute jeder Erwerbsfähige außer sich selber noch ungefähr 0,64 weitere Personen versorgen muss, wird er in 2060 außer sich selber noch 0,9 weitere Personen versorgen müssen. Diese Zahlen veranschaulichen, warum das Angebot an Fachkräften immer knapper wird. In den nächsten 15 Jahren gehen ständig mehr Menschen in den Ruhestand als neu auf den Arbeitsmarkt kommen. In diesem engeren Arbeitsmarkt werde ich als Arbeitsplatz anbietendes Unternehmen nur erfolgreich rekrutieren können, wenn ich einerseits wahrgenommen werde und andererseits diese Wahrnehmung auch bei den Anbietern von Arbeitskraft positiv 3 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten aufgenommen wird. Letzteres wird aber nur gelingen, wenn insbesondere in den sozialen Medien deutlich wird, dass meine aktuellen Arbeitnehmer zufrieden sind. 4 Empirische Erhebung 4.1 Design der empirischen Erhebung In einem Fragebogen wurden zu 56 Problemstellungen Fragen erhoben, wie zufrieden der Mitarbeiter mit der Unterstützung durch seinen Arbeitgeber in diesem Punkt ist. Grundlage der Befragung waren etwa 10 Unternehmen, davon 50 % aus dem Gesundheitswesen, 30 % aus dem sonstigen öffentlichen Dienst und 20 % gewerblich oder sonstige privat gemeinnützig. Bei allen Unternehmen wurde die Befragung sowohl durch die Geschäftsführung als auch die Personalleitung aber auch durch die Mitarbeitervertretungen ausdrücklich begrüßt und persönlich unterstützt. Der Fragebogen wurde an 7.000 Mitarbeiter persönlich verteilt und im Laufe der 3-monatigen Rücklauffrist mehrfach an die Rückgabe erinnert. Mit 889 auswertbaren Antwortbögen, das entspricht etwa 13 %, blieb der Rücklauf zwar deutlich unter den Erwartungen der beteiligten Unternehmen, kann aber im Vergleich mit anderen ähnlichen empirischen Erhebungen als ausgesprochen positiv betrachtet werden und hat abgesehen von verschiedenen statistischen Mängeln der Erhebung zumindest eine starke indizielle Wirkung. Die Mitarbeiter hatten für jeden einzelnen Punkt 6 Antwortmöglichkeiten von - voll zufrieden - überwiegend zufrieden - eher zufrieden - eher unzufrieden - überwiegend unzufrieden - voll unzufrieden. Für diese Auswertung wurden die Antworten von eher unzufrieden bis voll unzufrieden zusammengefasst und im Folgenden die Punkte betrachtet, bei der etwa die Hälfte oder mehr der Mitarbeiter unzufrieden war. Die Unzufriedenheitswerte für die einzelnen Unternehmen und damit auch die betrachteten Branchen wichen nicht nennenswert voneinander ab, so dass hier nur die Gesamtwerte dargestellt werden. 4.2 Zufriedenheit mit der persönlichen Arbeitssituation In der folgenden Tabelle 1 sind in absteigender Prozentzahl die Punkte aus dem persönlichen Arbeitsbereich aufgeführt. 4 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Mit den Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen sind sicher nicht nur hierarchische Aufstiege sondern auch fachliche Entwicklungen gemeint. Bei der Arbeitsbelastung ist wohl zu berücksichtigen, dass die Erhebung im ersten Teil des Jahres stattfand, in der die Belastung in Einrichtungen des Gesundheitswesens aus bestimmten Gründen immer überproportional ist. Wenn in Unternehmen, die sich so engagiert an dieser Erhebung beteiligt haben, eine nachhaltige Personalförderung bemängelt wird, scheint das vor allem auf eine mangelnde Kommunikation hinzudeuten. Das gleiche gilt sicherlich auch für die Einbindung in den Informationsfluss. Hier spielt allerdings die Einrichtung in den sonstigen öffentlichen Dienst eine stärkere Rolle, bei der im Zusammenhang mit einer Untersuchung zum Employer Branding festgestellt wurde, dass die Mitarbeiter nach dem Grundsatz leben: Wissen ist Macht und Macht gib ich nicht ab. Auch bei der Unzufriedenheit über die Unterstützung bei einem Studium scheint die zentrale Frage weniger zu sein, dass der Arbeitgeber das Studium anbietet oder bezahlt, als mehr, dass er dazu ermutigt, gegebenenfalls fallweise Freiräume bietet und insgesamt die Bemühungen beispielsweise auch in der Karriereplanung anerkennt. Zur Unzufriedenheit mit der Essensversorgung sind sicherlich weitere Untersuchungen erforderlich und die Unzufriedenheit mit den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten überschneidet sich sicherlich teilweise mit der Unzufriedenheit mit den Aufstiegsmöglichkeiten. 4.3 Zufriedenheit bei der Unterstützung in allgemeinen Lebensfragen In der nachfolgenden Tabelle 2 sind die Punkte mit abfallender Prozentzahl aufgeführt, bei denen die Arbeitnehmer mehrheitlich durch die Unterstützung durch den Arbeitgeber unzufrieden waren. 5 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Natürlich sind die Aussagen dieser Tabelle eher vorsichtig zu interpretieren. Aber wenn ein Mitarbeiter ankreuzt, dass er mit der Unterstützung durch seinen Arbeitgeber in einem bestimmten Punkt eher unzufrieden, eher unzufrieden oder sogar voll unzufrieden ist, kann doch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass er dieses Problem für sich einerseits sieht und andererseits ein Unterstützungsangebot seines Arbeitgebers mindestens in Erwägung gezogen hätte. Die hier aufgeführten Themen gehen auch sehr weit über die inzwischen schon gelegentlich vorhandenen Unterstützungsangebote bei der Kinderbetreuung oder der Versorgung von zu pflegenden Angehörigen hinaus und beinhalten sowohl Themen wie Miete und Eigentum, die für die Arbeitnehmer in der Regel Ausnahmesituationen sind, in denen sie deshalb ja auch keine Kompetenz entwickeln können, aber auch Fragen der allgemeinen oder Gesundheitsvorsorge, die dem Arbeitnehmer durchaus häufiger beschäftigen könnte, die aber so komplex sind, dass eine Unterstützung durchaus hilfreich wäre. 5 Möglichkeiten von Arbeitgebern Schon in der Vergangenheit haben Personalabteilungen gelegentlich die Funktion eines Kummerkastens oder eines Lebensberaters jedenfalls teilweise mit übernommen. Daneben beinhaltet ein patriarchalischer Führungsstil eines Inhaberunternehmens als positiven Aspekt auch die Fürsorge und daraus folgend Unterstützung für seine Mitarbeiter. Insbesondere der letzte Aspekt ist aber schon rein zahlenmäßig nur bei kleineren und kleinen mittelständischen Betrieben möglich. Die insbesondere in den Tabellen 1 und 2 angesprochenen Punkte können und sollen aber auch nicht notwendig vom Unternehmer oder Unternehmen selbständig unterstützt werden. Es wäre schon ausgesprochen hilfreich und würde auch als Unterstützung durch das Unternehmen angesehen, wenn das Unternehmen einen Zugang zu den vielfältigen schon vorhandenen Unterstützungsangeboten vermitteln würde, bei denen für die meisten Arbeitnehmer entweder nicht deutlich ist, das und wo es die überhaupt gibt oder wie sie aus der Fülle der Angebote die guten Angebote herausfinden sollen. 6 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Hier könnten die Unternehmen ihre Routine in der Verschaffung eines Marktüberblicks und sachliche Auswahlkriterien zur Verfügung stellen. Sie könnten eine Vielzahl ähnlicher Probleme zusammenfassen und damit möglicherweise Nachfragemacht bündeln. Diese Nachfragemacht muss nicht immer in besseren Preise resultieren, sondern kann beispielsweise für Beratungsangebote den Zugang zu deutlich höher wertigen Beratungen eröffnen. Soweit sich innerhalb eines Unternehmens noch nicht eine hinreichende Vielzahl von Problemen ergibt, die erfolgreich gebündelt werden könnten, könnte sich das Unternehmen mit anderen Unternehmen zusammenschließen, etwa in Berufsverbänden, Kammern oder freien Kooperationen und dazu auch die bestehenden Kontakte einsetzen. Eine konkrete Möglichkeit könnte auch darin bestehen, eine qualifizierte Person oder ein entsprechendes Unternehmen generell damit zu beauftragen, die Wünsche Probleme und Nöte der Arbeitnehmer aufzunehmen und an entsprechende Stellen weiterzuleiten. Derartige Einrichtungen existieren bereits und werden zukünftig noch größere Verbreitung finden. Die Konsequenzen aus einem solchen Angebot sind vielfältig. - Ein Mitarbeiter ohne Sorgen kann sich besser auf seine Arbeit konzentrieren - Ausfallzeiten wegen persönlicher Probleme werden verringert - Vorgesetzte müssen sich weniger mit Ausreden von Mitarbeitern auseinandersetzen - Gehaltsforderungen können sachlicher behandelt werden und verlieren ihren ultimativen Charakter - Die Mitarbeiter fühlen sich vom Unternehmen ernst genommen - Die Mitarbeiter sind gerne Botschafter ihres Unternehmens 6 Schluss Die Welt ist in den vergangenen Jahrzehnten komplexer geworden und der Komplexitätsgrad wird weiter steigen. Auch wenn unser Leben in vielerlei Hinsicht angenehmer, weniger körperlich belastend und wesentlich stärker durch Freizeit gekennzeichnet ist als in den vergangenen Generationen, ist die gefundene Belastung des Einzelnen vor allem durch die unüberschaubare Fülle von Möglichkeiten sehr stark gestiegen und Beratung wird in allen Lebensbereichen immer wichtiger. Diese Beratung und damit Unterstützung den Arbeitnehmern zu bieten, ist zweifellos keine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitgebers. Aber ebenso wie ein Unternehmen rechtlich oder moralisch nicht verpflichtet ist, sich um seine Kunden zu kümmern, es aber trotzdem tut, um sie als Kunden zu behalten, sollte das Unternehmen sich um seine Mitarbeitern kümmern, um sie für sein Unternehmen zu gewinnen, zu binden und gegebenenfalls auch rückgewinnen zu können. Die Parallelen zum modernen Customer Relationship Management sind nicht nur zufällig. Gute Mitarbeiter in für das Unternehmen ausreichender Zahl wird es auch in Zukunft immer geben, dem einzelnen Unternehmen muss es lediglich gelingen, diese Menschen auch gerade für dieses Unternehmen zu begeistern. 7 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Zur Arbeitgebermarke - durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten MEDICA – Jahrestagung der DGFM e.V. 14. November 2012 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke FOM Hochschule für Oekonomie & Management Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1 Inhalte des Vortrags 1. 2. 3. 4. 5. 6. Entwicklung der Erwerbsbevölkerung Herausforderung für Arbeitgeber Beispiel aus der empirischen Forschung Möglichkeiten für Arbeitgeber Konsequenzen Gute Mitarbeiter wird es auch in Zukunft geben Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 8 2 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Entwicklung der Erwerbsbevölkerung Drei Einflussfaktoren auf die Bevölkerungsentwicklung Geburtenrate • aktuell bei ca. 1,4 Kindern pro Frau in Deutschland auch weltweit kaum auf Erhaltungsniveau Lebensdauer • in 2010 für Deutschland 80 Jahre überschritten1900 ca. 46 Jahre • fernere Lebenserwartung eines 60jährigen 23 Jahre Wanderungssaldo • 2008 und 2009 negativ • 2010 -2012 kleiner Überschuss nicht genug für Ausgleich Geburtenrückgang Langfristiges Ergebnis auf folgender Folie 3 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke Entwicklung der Erwerbsbevölkerung 2010 2060 Differenz Bevölkerung 80,5 Mio 70,1 Mio 10,4 Mio Erwerbsfähige 49,1 Mio 36,9 Mio 12,2 Mio Nichterwerbsf. 31,4 Mio 33,2 Mio + 1,8 Mio Quelle: Statistisches Bundesamt 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, korrigiert um Zensus 2011 Erwerbsfähige 2000: 20 bis 65 Jahre 2060: 20 bis 70 Jahre Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 4 9 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Entwicklung der Erwerbsbevölkerung Kurzfristiges Ergebnis Das Angebot an Fachkräften wird weiter knapper schon in den kommenden 5 Jahren erreichen 5,1 Mio das Rentenalter aber nur 4 Mio kommen neu auf den Arbeitsmarkt die geburtenstarken Jahrgänge der 60er und 70er Jahre gehen in den nächsten 15 Jahren in den Ruhestand Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 5 Herausforderung Mitarbeiterzufriedenheit und Personalgewinnung: Ergebnis einer Diplomarbeit zum Thema „Employer Branding“: Wenn die aktuellen Mitarbeiter sich nicht wohl fühlen, sind alle nach außen gerichteten Maßnahmen wirkungslos. Die Stimmung im Betrieb hat entscheidenden Einfluss auf die Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. 27. September 2011 10 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 66 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Beispiel aus der empirischen Forschung 1. Ein überzeugendes System der betrieblichen Altersvorsorge ist Standard 2. Viele Mitarbeiter haben oft ganz andere Sorgen 3. Gute Lösungsmöglichkeiten - durch Organisationsfähigkeit - auch für mittelständische Unternehmen 27. September 2011 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 77 Bedürfnisse von Mitarbeitern Design der empirischen Erhebung ca. 7.000 Fragebögen á 56 Fragen ca. 10 Unternehmen ca. 50% Gesundheitswesen ca. 30% sonstiger öffentlicher Dienst ca. 20% gewerblich privat 889 auswertbare Antwortbögen 27. September 2011 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 88 11 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Bedürfnisse von Mitarbeitern Auf einer Skala mit den Werten - voll zufrieden - überwiegend zufrieden - eher zufrieden - eher unzufrieden - überwiegend unzufrieden - voll unzufrieden waren die Mitarbeiter mit folgenden Angeboten des Arbeitgebers „eher unzufrieden“ bis 27. September 2011 „voll unzufrieden“ 99 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke Bedürfnisse von Mitarbeitern Hinsichtlich der persönlichen Arbeitssituation waren es vor allem folgende Punkte %-Wert Aufstiegsmöglichkeit im Unternehmen 57,6 Arbeitsbelastung 56,6 Nachhaltige Personalförderung 51,2 Möglichkeit eines Studiums 50,4 Einbindung in den Informationsfluss 49,2 Essensversorgung Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen 27. September 2011 12 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 49 48,4 1010 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Bedürfnisse von Mitarbeitern Unterstützung bei allgemeinen Lebensfragen Beratung zu Miete oder Eigentum 68,5 Ausbildung der Kinder 66,2 Kinderbetreuung 66,1 Partnerprobleme 60,5 Beratung zur Berufsunfähigkeitsvorsorge 59,6 Beratung zum Hinterbliebenenschutz 54,5 Beratung für Risiko im privaten Bereich 50,6 Beratung zur Vorsorge 50,3 Gesundheitsvorsorge 48,1 27. September 2011 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1111 Möglichkeiten von Arbeitgebern - Kenntnisse und Fähigkeiten der Personalabteilung - Routine in der Verschaffung eines Marktüberblicks - Sachliche Auswahlkriterien - Bündelung einer Vielzahl ähnlicher Probleme - Bündelung von Nachfragemacht - Zugang zu höherwertigen Beratungsangeboten - Zusammenschluss mit anderen Unternehmen - Kontakte über Verbände und ähnliche Einrichtungen - und vieles mehr 27. September 2011 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1212 13 Zur Arbeitsgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Konsequenzen - ein Mitarbeiter ohne Sorgen kann sich besser auf seine Arbeit konzentrieren - Ausfallzeiten werden verringert - Ausreden wegen privater Probleme entfallen - Gehaltsforderungen können sachlicher behandelt werden und ihren ultimativen Charakter verlieren - der Mitarbeiter fühlt sich von seinem Unternehmen ernst genommen - die Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen steigt - der Mitarbeiter ist gerne Botschafter seines Unternehmens 27. September 2011 Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 1313 Die Welt wird komplexer Durch die erforderliche Spezialisierung wird Beratung in allen Lebensbereichen wichtiger - in der Technik - in der Kommunikation - in der Lebensplanung und - in vielen anderen Bereichen Das ist nicht meine Pflicht als Arbeitgeber – aber ich will die Leute doch haben Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 14 14 Zur Arbeitgebermarke – durch Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten Gute Mitarbeiter wird es auch in Zukunft geben Ich muss sie nur für mein Unternehmen begeistern Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke 15 15 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus 2 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus – Empirische Analyse der Präferenzen von Fachkräften in den Bereichen Med. Dokumentation und Med. Informatik sowie im Bereich der Pflege in Krankenhäusern Dipl.-Kffr. Maria Huggenberger Die Akquise und Bindung von Fachkräften spielen für Gesundheitseinrichtungen eine immer wichtigere Rolle. Die Prognosen zeigen, dass der Bedarf an Fachpersonal weiter steigen wird und sich die Arbeitssituation insbesondere von Pflegekräften in den letzten 15 Jahren zunehmend verschärft hat. Diese Entwicklung kann als kritisch bewertet werden, wenn mit einbezogen wird, dass der Krankenhausmarkt zu großen Teilen eine Dienstleistungsbranche darstellt und damit besonders personalintensiv ist. Dementsprechend entfallen fast zwei Drittel der Kosten für die stationäre Patientenversorgung auf die Personalkosten. Nach Angaben der Gesundheitsberichterstattung (www.gbe-bund.de) sind davon rund ein Drittel den Pflegekräften und etwa ein Viertel dem ärztlichen Dienst zuzuordnen. Somit ist es notwendig, den Personalbestand in den einzelnen Einrichtungen zu sichern. Dazu muss einerseits die Attraktivität der Berufe verbessert werden, um den Nachschub an qualifiziertem Personal zu sichern und andererseits die Zufriedenheit der Fachkräfte gesteigert werden, um diese weiterhin im Unternehmen zu halten. Essentiell zur Erreichung dieser Ziele ist es, die Bedürfnisse der Gesundheitseinrichtungen, der Fachkräfte sowie der Patienten besser miteinander in Einklang zu bringen. Dazu führte das Internationale Health Care Management Institut (IHCI) der Universität Trier drei Umfragen mit verschiedenen Berufsgruppen durch. Die erste Kurzumfrage 2011 in Kooperation mit der Zeitschrift mdi sowie eine weitere Erhebung 2012 in Kooperation mit den Berufsverbänden BVMI und DVMD bezogen sich auf den Bereich der Med. Dokumentation sowie der Med. Informatik. Eine dritte Umfrage in Kooperation mit der Zeitschrift ‚Die Schwester Der Pfleger’ von April bis Juli 2012 bezog sich auf die Fachkräfte der Pflege in deutschen Krankenhäusern. Alle Umfragen beschäftigten sich mit der aktuellen Arbeitssituation und den Präferenzen der Zielgruppen in Bezug auf deren Arbeitssituation mit dem Fokus, die Personalbindung in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen zu optimieren. 17 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Bereich der Med. Dokumentation und Med. Informatik An der ersten Kurzumfrage 2011 nahm insgesamt ein auswertbarer Teilnehmerkreis von 123 ‚Befragten’ teil. Diese stammten aus unterschiedlichen Institutionen der Gesundheitswirtschaft darunter u. a. stationäre Gesundheitseinrichtungen, Hochschulen, das Segment Dienstleistung und Beratung sowie Produzenten. Essentiell für die weitere Untersuchung der Berufsgruppen waren die Ergebnisse der Abfrage folgender Aussagen: Auf einer sechsstufigen Skala von ‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft überhaupt nicht zu’ wurde die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Kenntnisse in den Einrichtungen abgefragt. Dabei stimmten über die Hälfte der Befragten den Aussagen ‚voll und ganz zu’, dass die Kenntnisse der Med. Dokumentation und Med. Informatik im Gesundheitswesen immer wichtiger werden und in ihren Unternehmen absolut notwendig sind. Zusätzlich gaben über 80 Prozent der Befragten (N=86) an, dass Personal mit IT- und Dokumentationskenntnissen im Gesundheitswesen ‚Mangelware’ ist. Zusätzlich zu diesen Einschätzungen gaben 54,7 Prozent (N=64) an, Stellenbesetzungsprobleme im Bereich der Med. Informatik zu haben. Im Bereich der Med. Dokumentation waren es 40,3 Prozent (N=67). Des Weiteren war von Interesse, welche Personalbindungsmaßnahmen in den einzelnen Einrichtungen eingesetzt werden. Hauptsächlich wurden Arbeitszeitflexibilität, ein gutes Betriebsklima, ein vielfältiges Aufgabenspektrum sowie Weiterbildungsangebote genannt. Besonders selten, also weniger als 30 Prozent der Befragten nannten Entlohnungsgerechtigkeit, Karriereperspektiven, leistungsabhängige Vergütung und ein überdurchschnittliches Grundgehalt. Dazu wurde die Wichtigkeit der Maßnahmen für die Fachkräfte erhoben, um einen Vergleich zwischen Angebot und Präferenzen zu realisieren. Es stellte sich heraus, dass z. B. im Bereich der Arbeitszeitflexibilität, des vielfältigen Aufgabenspektrums und der Weiterbildungsmaßnahmen die Präferenzen hoch waren, aber diese Maßnahmen auch weitgehend von den Einrichtungen angeboten wurden. In den Bereichen leistungsabhängige Vergütung und überdurchschnittliches Grundgehalt war das Angebot an Maßnahmen eher niedrig, jedoch auch die Wichtigkeit der Maßnahmen wurde als eher niedrig eingeschätzt. Optimierungspotenziale der Personalbindung zeigten sich insbesondere dort, wo die Präferenzen hoch und das Angebot niedrig waren. Dies zeigte sich v. a. für die Bereiche Entlohnungsgerechtigkeit, Karriereperspektiven und Betriebsklima. Bei Serviceleistungen war das Angebot der Einrichtungen relativ hoch, die Präferenzen der Befragten jedoch eher niedrig. Hier könnten Gesundheitseinrichtungen somit Einsparungen erzielen. Eine weitere Studie wurde 2012 für den Krankenhausbereich durchgeführt. An dieser Umfrage nahmen 204 Befragte aus dem Bereich der Fachkräfte und 156 Befragte aus dem Bereich der Arbeitgeber in Krankenhäusern teil. Die Fachkräfte der Med. Dokumentation und Med. Informatik gaben insgesamt an, mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation ‚eher zufrieden’ zu sein (vgl. Abb. 1). 18 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Gesamtzufriedenheit (N=194, k.A.=10) 60% 45% 30% 15% 0% sehr zufrieden zufrieden eher zufrieden eher nicht zufrieden nicht zufrieden überhaupt nicht zufrieden Abb. 1: Gesamtzufriedenheit mit der derzeitigen Arbeitssituation Die Fachkräfte zeigten sich insbesondere mit der Vielseitigkeit der Aufgaben, dem selbstständigen Arbeiten, der Arbeitszeitflexibilität, den Arbeitsinhalten, der Sicherheit des Arbeitsplatzes sowie der Übernahme von Verantwortung zufrieden. Eher unzufrieden waren sie mit der variablen Vergütung, der Anerkennung von Leistung, der Entlohnungsgerechtigkeit, den Karriereperspektiven und der Kommunikationspolitik. Dabei gaben ca. ein Drittel der Befragten (N=167) an, dass sie beabsichtigen in den nächsten zwei Jahren das Unternehmen zu wechseln. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass Nachhol- und Anpassungsbedarf bei den Maßnahmen der Gesundheitseinrichtungen im Bereich der Personalbindung besteht und dass die Präferenzen der Fachkräfte zum Teil nicht mit den Angeboten der Arbeitgeber übereinstimmen. Obwohl in der zweiten Erhebung herausgestellt wurde, dass die Fachkräfte mit ihrer Arbeitssituation ‚eher zufrieden’ waren, besteht jedoch eine Wechselintension für die nächsten zwei Jahre und es existieren bereits unbesetzte Stellen. Dabei ergeben sich Optimierungspotenziale zur Personalbindung dieser Fachkräftegruppen. Es lässt sich herausstellen, dass insbesondere die Karriereperspektiven sowie die variablen Vergütungsbestandteile ausgebaut und die Anerkennung der Leistung verbessert werden sollte. Pflegeumfrage des IHCI Die dritte Umfrage beschäftigte sich mit den Präferenzen und der Arbeitssituation von Fachkräften der Pflege in deutschen Krankenhäusern. Insgesamt nahmen daran 961 Personen teil, wovon 855 Fragebögen ausgewertet werden konnten. Die auswertbaren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Umfrage werden im Folgenden als ‚Befragte’ bezeichnet. Von den Befragten waren 41 Personen in der Ausbildung und 779 Personen als examinierte Pflegekräfte tätig. Weitere 35 Personen (‚Sonstige’) waren Studierende, Lehrkräfte, pflegerische Hilfskräfte usw. Im Durchschnitt waren die Befragten 41,15 Jahre alt und 17,74 Jahre in 19 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus ihrem Beruf tätig. 49,4 Prozent der Befragten arbeiteten in öffentlichen Krankenhäusern, 10,1 Prozent in privaten und 15,4 Prozent in frei-gemeinnützigen Häusern. 41,1 Prozent der Befragten gaben an, auf Normalstation, 19,5 Prozent auf Intensivstation oder Intermediate Care, 7,0 Prozent im OP, 10,1 Prozent im Bereich der Lehre und 6,7 Prozent in der Verwaltung tätig zu sein. 20,9 Prozent waren sonstigen Bereichen, darunter Ambulanzen, Anästhesiologie, Psychiatrie, Notaufnahmen und Palliativstationen zuzuordnen (vgl. Abb. 2). 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Normalstation Intensivstation/ Intermediate Care OP Lehre Verwaltung Sonstiges Abb. 2: Einsatzorte (N=855, k. A.=4) Quelle: Eigene Erstellung. Anmerkung: Mehrere Einsatzorte pro Befragte/r möglich. Zehn Prozent der examinierten Pflegekräfte (N=770) arbeiteten wöchentlich durchschnittlich bis zu 20 Stunden, 13,5 Prozent bis zu 30 Stunden, 55,6 Prozent bis zu 40 Stunden und knapp 21 Prozent über 40 Stunden. Der Großteil der Auszubildenden (ca. 70 Prozent) gab an, die normale tariflich vereinbarte Arbeitszeit von bis zu 40 Stunden zu arbeiten. Von den befragten examinierten Pflegekräften (N=746) verdienten 5,5 Prozent bis 1.200 Euro, 17,2 Prozent zwischen 1.201 und 2.000 Euro, 15,2 Prozent zwischen 2.001 und 2.300 Euro, 19,2 Prozent zwischen 2.301 und 2.600 Euro, 17,6 Prozent zwischen 2.601 und 3.000 Euro und 25,4 Prozent über 3.001 Euro. Fast alle Auszubildenden gaben an, gemäß normal tariflicher Vergütung bis zu 1.200 Euro zu verdienen. Die Gehälter der examinierten Pflegekräfte zeigten einen signifikanten Zusammenhang mit der wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. Abb. 3). 20 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Abb. 3: Trend der Gehaltsverteilung (brutto) in Abhängigkeit von der 1 Arbeitszeit (N=816) Nur 4,9 Prozent der Befragten (N=855, k.A.=32) waren mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation ‚sehr zufrieden’, 44,2 Prozent ‚zufrieden’ bis ‚eher zufrieden’, 39,5 Prozent ‚eher unzufrieden’ bis ‚unzufrieden’ und 7,6 Prozent der Befragten waren ‚sehr unzufrieden’. Kleinere Zufriedenheitsunterschiede zeigten sich zwischen den verschiedenen Hierarchien und Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereichen der Pflegkräfte. Während 47,5 Prozent der Pflegedienstleitungen ‚sehr zufrieden’ bis ‚zufrieden’ waren, waren dies unter den Stationsleitungen 27,7 Prozent, unter den Bereichsleitungen 23,7 Prozent und unter den Personen ohne Leitungsfunktion nur 23,1 Prozent. Ähnlich waren 37,5 Prozent der Personen in der Verwaltung ‚sehr zufrieden’ bis ‚zufrieden’, 30,9 Prozent im OP-Bereich, 23,3 Prozent auf Intensivstationen oder Intermediate Care und nur 19,4 Prozent auf Normalstation. Auch wenn somit die Zufriedenheit der befragten Fachkräfte durchschnittlich auf einem mittleren Niveau lag, gaben 68,8 1 Hier zeigen sich die Trends der Bruttogehaltsverteilung in Abhängigkeit von der Arbeitszeit: Ähnlicher Lohn bei vergleichbarer Leistung, Arbeitszeit, Erfahrung, Ausbildung und Zusatzqualifikation ist ein wichtiges Maß für das Gerechtigkeitsempfinden, weshalb dieser Aspekt bei Zufriedenheitsuntersuchungen nicht unterschätzt werden darf. BLAU: Die relativ niedrigen Monatsgehälter (das sind die bis 1.200 Euro und die zwischen 1.201 bis 2.000 Euro) erhalten erwartungsgemäß zu etwa 94% aller Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 20 Stunden Arbeitszeit sowie die Azubis. BRAUN: Immerhin noch 41% aller Teilzeitbeschäftigten mit bis zu 30 Stunden Arbeitszeit erhalten ebenfalls nur diese relativ niedrigen Monatsgehälter, aber fast alle anderen (58%) verdienen mittelhohe Gehälter zwischen 2.001 und 2.600 Euro. ROT und GRÜN: Vollzeitbeschäftigte (ohne oder mit Überstunden) bekommen nur zu einem geringen Anteil die genannten relativ niedrigen Monatsgehälter, in einem Viertel bis zu einem Drittel der Fälle liegen deren Gehälter im mittelhohen Bereich zwischen 2.001 und 2.600 Euro und bei jedem siebten bis vierten im gehobenen Bereich zwischen 2.601 und 3.000 Euro. Relativ hohe Monatsgehälter von über 3.000 Euro werden dagegen nur von etwa jedem vierten Vollzeitbeschäftigten in der regulären Arbeitszeit bzw. mit bis zu 40 Stunden erzielt, aber immerhin von der Hälfte der Vollzeitbeschäftigten mit Überstunden bzw. über 40 Stunden (Trend = Polynom 3. Grades der in Klassen aufgeteilten Häufigkeitsverteilungen). 21 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Prozent an, dass Stellen in ihrer Abteilung unbesetzt sind. Zusätzlich würden sich laut Umfrage nur 54,4 Prozent derzeit wieder für ihren Beruf entscheiden. Zudem vermuteten allerdings 74,2 Prozent der Befragten einen steigenden Bedarf in ihrer Abteilung in den nächsten fünf Jahren. In Bezug auf die einzelnen Tätigkeitsaspekte der Pflegekräfte waren die Befragten im Durchschnitt ‚eher unzufrieden’ mit der Arbeitsbelastung, dem Gehalt, der Unternehmenskultur sowie der Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie und Freizeit. Mit der Anerkennung von Leistung durch Kollegen, dem Betriebsklima, der beruflichen Weiterbildung, der flexiblen Arbeitszeitgestaltung, den Karriereperspektiven, der Teamarbeit und der Verantwortungsübernahme waren sie dagegen ‚eher zufrieden’. ‚Zufrieden’ zeigten sich die Befragten nur mit der Anerkennung von Leistung durch Patienten, der Arbeitsplatzsicherheit und der Aufgabenvielfalt. Gerade die ‚Arbeitsbelastung’ wurde im Vergleich zu den anderen Aspekten schlecht bewertet. Dazu gaben 46,2 Prozent der Befragten an, dass sie sich mit ihrer Arbeit oft überfordert fühlen (‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft eher zu’). 51,6 Prozent hatten Angst vor Fehlern bei ihrer Tätigkeit und 69,3 Prozent fühlten sich bei ihrer Arbeit oft körperlich belastet (‚trifft voll und ganz zu’ bis ‚trifft eher zu’). Hingegen stimmten nur 29,5 Prozent der Aussage zu, ausreichend Zeit zu haben, um ihre Aufgaben qualitativ gut zu erfüllen. Positiv ist jedoch, dass 56,4 Prozent angaben, dass sie sich mit ihrem Krankenhaus identifizieren, dass 83,6 Prozent ihre fachlichen Kenntnisse in die Arbeit einbringen können und dass 85,7 Prozent stolz auf ihre Arbeit sind. Bedenklich ist allerdings, dass für 84,5 Prozent der Befragten die Dokumentation einen Großteil der Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Um die Personalbindung der Fachkräfte zu verbessern, reicht es nicht aus, die aktuelle Situation der Fachkräfte zu kennen, sondern es ist auch notwendig, deren Präferenzprofil zu analysieren. Erst mit der Übereinstimmung zwischen Maßnahmen und Präferenzen wird eine effiziente Bindung von Personal möglich. Dazu wurde zunächst abgefragt, welche Kriterien zur Berufswahl für die Befragten wichtig waren: Als ‚sehr wichtig’ wurde die Arbeit am Menschen angesehen, als ‚wichtig’ die Aufgabenvielfalt, die beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten, das Interesse an der Medizin, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die sozialen Aspekte der Tätigkeit, das Tätigkeitsspektrum sowie die Verantwortungsübernahme. ‚Eher wichtig’ waren das Ansehen des Berufsbilds, das Gehalt und die Karriereperspektiven. In Zusammenhang mit der Arbeitssituation wurden insbesondere das Betriebsklima, die Vereinbarkeit der Arbeit mit Familie und Freizeit sowie Teamarbeit als ‚wichtig’ angesehen. An zweiter Stelle standen die Anerkennung von Leistung durch Patienten, die Arbeitsplatzsicherheit, die Aufgabenvielfalt, die berufliche Weiterbildung, die flexible Arbeitszeitgestaltung, das Gehalt sowie die Verantwortungsübernahme. Eher mittlere Wichtigkeit hatten die Unternehmenskultur, die Karriereperspektiven sowie die Anerkennung der Leistung durch Kollegen. Im Vergleich zwischen Wichtigkeit (‚sehr wichtig’ und ‚wichtig’) und Zufriedenheit (‚sehr zufrieden’ und ‚zufrieden’) lässt sich erkennen, wo Optimierungspotenziale für die Einrichtungen liegen (Abb. 4). 22 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Abb. 4: Vergleich von Zufriedenheit und Wichtigkeit der verschiedenen Aspekte der Arbeitstä2 tigkeit (N=855) Es lassen sich drei verschiedene Zusammenhänge zwischen den Präferenzen der Fachkräfte und der Zufriedenheit mit den verschiedenen Aspekten erkennen. Zunächst diejenigen Aspekte, bei denen die Wichtigkeit hoch und die Zufriedenheit bereits gewährleistet ist. Dazu gehörten die Anerkennung der Leistung durch Patienten, die Arbeitsplatzsicherheit, die Aufgabenvielfalt sowie auch auf einem mittleren Zufriedenheitsniveau die berufliche Weiterbildung, die Verantwortungsübernahme sowie die Arbeitszeitgestaltung. Gleichfalls war beispielsweise Unternehmenskultur für die befragten Fachkräfte nicht sehr wichtig, wobei dann die geringe Zufriedenheit nicht als Hauptaufgabe im Unternehmen gesehen werden sollte. Karriereperspektiven und Anerkennung von Leistung durch Kollegen wurden nur als ‚eher wichtig’ klassifiziert und zeigten eine mittlere Zufriedenheit. Optimierungspotenziale ergeben sich an den Stellen, an denen größere Differenzen in den Zusammenhängen auftreten: Das Betriebsklima und die Teamarbeit wurden von den Fachkräften als besonders wichtig bewertet, zeigten aber nur ein mittleres Zufriedenheitsniveau. Insbesondere die Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie und Freizeit wurde als sehr wichtig angesehen, jedoch waren die Fachkräfte damit sehr unzufrieden. Dies gilt auch, nur in geringerem Maße, für die Aspekte Gehalt und Arbeitsbelastung. Somit wären geeignete Optimierungspotenziale im Bereich der Personalbindung in der Stärkung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Freizeit, der Verringerung der Arbeitsbelastung, in Schulungen im Umgang mit Verantwortung und Fehlern, in der Verbesserung des Betriebsklimas und auch im Bereich des Gehalts zu sehen. 2 In dieser Grafik zeigt sich der Unterschied zwischen Realität und Wirklichkeit, also zwischen dem, was die Pflegekräfte für wichtig erachten und dem, wie zufrieden sie damit sind. In der Länge der vertikalen Verbindung drückt sich das entsprechende Spannungsfeld aus. Besonders groß ist der Widerspruch bei den Themen Arbeitsbelastung, Betriebsklima, Gehalt, Unternehmenskultur und bei der Vereinbarung von Arbeit und Familie/Freizeit. 23 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Fazit Mit dem Ziel der Verbesserung der Personalbindung lassen sich über die Gestaltung von Präferenzprofilen für verschiedene Berufsgruppen Optimierungspotenziale generieren. Diese sind erstens in den einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich und zweitens beruhen sie nicht nur auf monetären Maßnahmen. Beispielsweise sollten im Bereich der Med. Dokumentation und Med. Informatik insbesondere die Karriereperspektiven, die Anerkennung von Leistung und die variablen Vergütungsbestandteile optimiert werden, während bei Pflegekräften die Verbesserung der Vereinbarkeit von Arbeit mit Familie bzw. Freizeit sowie die Arbeitsbelastung im Vordergrund stehen. Eine Analyse der Präferenzen für die einzelnen Zielgruppen ist somit notwendig, um ein effizientes Personalbindungsmanagement aufbauen zu können. Da bereits heute in allen untersuchten Bereichen Schwierigkeiten der Stellenbesetzung bzw. offene Stellen in den Einrichtungen bestehen, könnte diese Situation zu weiterer Unzufriedenheit und Arbeitsbelastung der verbleibenden Fachkräfte führen. Demnach wäre eine zeitnahe Analyse und Umsetzung der Maßnahmen des Personalbindungsmanagements in den Gesundheitseinrichtungen sinnvoll. Vielen Dank an die Redaktion der mdi sowie an die Redaktion von "Die Schwester Der Pfleger" für die Unterstützung der Umfrage. Vielen Dank an die Redaktion von f&w für die weitere Publikation der Umfrageergebnisse (genehmigte Re-Publikation durch den Verlag). 24 Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Literatur Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Born, K. (2012): Arbeitssituation und Präferenzen in deutschen Krankenhäusern, in: Die Schwester Der Pfleger, 09/2012, S. 114-120. Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Born, K. (2012): Was Pflegende wollen, in: f&w 05/2012, S. 512-516. Huggenberger, M.; Goldschmidt, A.; Kuhl, K. (2011): Kurzumfrage zu Präferenzen und Fachkräftebedarf in der Gesundheitswirtschaft für Medizininformatiker und Medizinische Dokumentare in Deutschland, in: mdi 03/2011, S. 119-122. Das ausschließliche Copyright liegt bei den Autoren und Verlagen. 25 Praxis des Krankenhausmarketings 3 Praxis des Krankenhausmarketings Dipl.-Kfm. Horst Defren desÜberschrift DiesPraxis ist eine Krankenhausmarketings Über maximal zwei Zeilen Horst Defren Kliniken Essen-Mitte Dr. MaxGeschäftsführer Müller-Mustermann Horst Defren 27 Praxis des Krankenhausmarketings Die Kliniken Essen-Mitte Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren 28 Praxis des Krankenhausmarketings Bisheriges Verständnis von Marketing (oft): Marketing = Dies ist eine Überschrift Pressearbeit, Webauftritt Über maximal Flyer, zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren 29 Praxis des Krankenhausmarketings Die Zukunft: „Der Wettbewerbsdruck macht ein professionelles Marketing für Krankenhäuser Dies ist eine Überschrift überlebensnotwendig.“ Über maximal zwei Zeilen „Die Zielgruppen müssen immer mehr dort abgeholt werden, wo sie einen Teil ihres Lebens verbringen.“ Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Quelle: MLP Gesundheitsreport über Statista Horst Defren 30 Praxis des Krankenhausmarketings Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Quelle: Trill/Grupe Horst Defren Wie viele Mitarbeiter arbeiteten am 1. Januar 2011 im Bereich “Marketing/PR” bei Ihnen. Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr.Klinikmarketing Max Müller-Mustermann Quelle: Trendmonitor 2011 Horst Defren 31 Praxis des Krankenhausmarketings Wichtige Faktoren für das Klinikmarketing - Professionalisierung von Klinikmarketing - Ohne Strategie kein Erfolg - Zielgruppendifferenzierung und Ansprache - Differenzierung der Angebote Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Neue Kommunikationswege beschreiten - Transparenz nach innen und außen - ZIEL Dr. Max Müller-Mustermann ERLÖSSTEIGERUNG Horst Defren Erlössteigerung - Spezialisierung - Nischenbesetzung - Qualitätssteigerung - Attraktivität Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen - Marketing - Einweisermanagement Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren 32 Praxis des Krankenhausmarketings Integriertes Kommunikationsmodell der KEM Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren Umsetzung Beispiele Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren Vernetzung von Print, Digital und Multimedial 33 Praxis des Krankenhausmarketings Vielen Dank! Dies ist eine Überschrift Über maximal zwei Zeilen Dr. Max Müller-Mustermann Horst Defren 34 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 4 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt 35 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 36 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 37 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 38 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 39 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 40 Chancen und Risiken durch Social Media im Krankenhaus 41 Marketing für Dienstleistungsunternehmen 5 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Heinz D. Diste Marketing ist nicht Unternehmenskommunikation Fragt man Menschen, was sie assoziieren, wenn sie den Begriff Marketing hören, nennt die überwiegende Mehrheit die Begriffe „Werbung“ oder „Unternehmenskommunikation“. Stellte man dieselbe Frage auf einem Führungskongress der Sozialwirtschaft, käme man zu einem ähnlichen Ergebnis, denn auch in den meisten Unternehmen der Sozialwirtschaft wird der Begriff des Marketings offensichtlich auf den Begriff der Kommunikation eingeengt. So hat eine Studie von Thielscher et al. ergeben, dass Universitätsklinika unter Marketing ausschließlich das verstehen, was in anderen Unternehmen die Werbeabteilung darstellt (Thielscher, Christian, M. Möllenbeck (2012), Krankenhausmarketing an Unikliniken – eine empirische Untersuchung; Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement, 17 (5) 2012; S. 246250). Befragt man Geschäftsführer von Unternehmen der Sozialwirtschaft, heben sie mit großer Regelmäßigkeit hervor, dass Marketing für sie und ihr Unternehmen eine große Bedeutung hat und diese Bedeutung in den nächsten Jahren in ihrer Einschätzung noch zunehmen wird (Trill, Roland; Fritz Grupe (2009), Markenbildung in der Gesundheitswirtschaft. Gemini Executive Search. Schriftenreihe; Flensburg und Hamburg). Auffällig ist allerdings, dass auch hier Marketing sehr eingeengt (im o.g. Sinne) verstanden wird. Fragt man andere Berufsgruppen in Unternehmen der Sozialwirtschaft – Pflegende oder Ärztinnen und Ärzte beispielsweise – erlebt man in nicht seltenen Fällen eine direkte Ablehnung: Marketing hat in unseren Einrichtungen nichts zu suchen. Wir machen das, was wir machen, um der Menschen Willen. Da hat Marketing, was mit einer Ökonomisierung des eigenen Tuns verbunden wird, nichts verloren. Die vier klassischen Felder des Marketings Spätestens seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wissen wir – allerspätestens aber, seit Meffert uns in den 70er Jahren Marketing als seriösen Zweig der BWL nahebrachte –, dass Marketing doch einiges mehr ist und leisten kann, als man prima vista zu sehen im Stande ist (Meffert, Heribert, Christoph Burmann, Manfred Kirchgeorg (1. Auflage 1977; 2008); Marketing. Grundlagen der markorientierten Unternehmensführung. Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, Wiesbaden / Meffert, Heribert, Manfred Bruhn (2006); Dienstleistungsmarketing. Grundlagen, Konzepte, Methoden. Mit Fallstudien, Wiebaden / Meffert, Heribert, Christoph Burmann, Martin Koers (HG), (2005); Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung. Mit Best-Practice-Fallstudien, Wiesbaden;) 43 Marketing für Dienstleisungsunternehmen Etymologisch betrachtet oder auch mit Blick auf die Genese des Marketings seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA gilt: Ein Unternehmen, das Marketing betreibt, macht eigentlich nichts anderes, als dass es sich aktiv – um nicht zu sagen proaktiv – in seinen relevanten Märkten bewegt. Das klingt trivial. Ist es auch. Aber es ist nicht selbstverständlich. Viele Unternehmen agieren gern an ihren Märkten vorbei. Sie stellen Dinge, beispielsweise Produkte oder Dienstleistungen her, die sie immer schon hergestellt haben. Sie agieren produktorientiert – um nicht zu sagen: produktverliebt. Oder aber sie tun das, was sie können. Weil sie es können. Und weil ihre handwerklichen, aus Tradition geborenen, technischen und technologischen Möglichkeiten es ihnen ermöglichen, genau das zu tun, was sie tun. Sie agieren technologieorientiert. Oder sie agieren so, wie es für das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am effizientesten und wirtschaftlichsten erscheint. Sie führen ihre Unternehmen prozessorientiert - eine Unternehmensausrichtung, die wir gern in Unternehmen der Sozialwirtschaft vorfinden, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der stationären Pflege und Betreuung. Das funktioniert einwandfrei, solange nur ein Anbieter den Markt beherrscht. Das funktioniert einwandfrei, wenn Markt und Preisfindung engen Regeln unterworfen sind. Das kann auch dann funktionieren und oft auch über einen mittelfristigen (und teilweise sogar erstaunlich langen) Zeitraum, wenn sich sehr vergleichbare Anbieter auf einem engen Markt tummeln. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen langfristig überleben kann, wenn es seine Märkte und die in ihnen agieren Menschen (manche sprechen auch von Kunden, potentiellen Kunden, Wettbewerbern und anderen Stakeholders) strukturiert ignoriert (und sich nur auf seine Produkte bzw. Dienstleistungen, Prozesse oder Technologien fokussiert), ist allerdings relativ gering. Wie gesagt: Kurz- und mittelfristig kann das funktionieren. Langfristig eher nicht. 44 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Daraus folgt, dass Unternehmen, die vorhaben, länger als nur mittelfristig am Markt zu bleiben, versuchen sollten, ihre Märkte und ihr Umfeld aktiv zu gestalten. Das bedeutet unter anderem für diese Unternehmen, dass sie ihre Märkte einschließlich der Wettbewerber kennen sollten, will sagen: - dass sie versuchen sollten, Bedarfe und Bedürfnisse der Kunden und potentiellen Kunden zu kennen oder zu antizipieren (was voraussetzt, dass man eine Vorstellung davon hat, welche Stakeholder zu den Kunden gezählt werden müssen (s.o.)), - dass sie die Strategien der Wettbewerber, das sozialpolitische Umfeld, demographische Entwicklungen, ggf. internationale Marktentwicklungen usw. kennen sollten, - dass sie Veränderungen in den legislativen und exekutiven Systemen des föderalen und europäischen politischen Systems antizipieren und bewerten können und - dass sie in der Lage sein sollten, technologischen Entwicklungen und die in ihnen steckenden Potentiale zu (er)kennen und in die Zukunft zu extrapolieren. Aber die bloße Kenntnis reicht natürlich nicht. Ihr müssen Strategien und den Strategien müssen Taten folgen. So müssen Unternehmen versuchen, sich auf diese Bewegungen, Trends, Entwicklungen und Strategien der Wettbewerber einzustellen, sie müssen versuchen, relevante Märkte aktiv zu gestalten, sie müssen Bedürfnisse der Stakeholder kennen und die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen bereitstellen. In manchen Situationen müssen sie Bedürfnisstrukturen so beeinflussen, dass Produkte und Dienstleistungen von Kunden und potentiellen Kunden erkannt und begehrt werden – Produkte oder Dienstleistungspakete nämlich, die die Kunden vorher nicht kannten und schon gar nicht begehrten. Sie müssen dies mit betriebswirtschaftlichem Nutzen tun. Müssen also den Gleichgewichtspreis ihrer Produkte und Dienstleistungen kennen. Sie müssen wissen, auf welchen Wegen diese Produkte oder Dienstleistungen am besten und möglichst friktionsfrei zu den Kunden und potentiellen Kunden gelangen können (was, wie zu zeigen ist, vor allem für Dienstleistungen eine spannende Herausforderung sein kann, wenn es richtig ist, dass der Vertriebsweg einer Dienstleistung der Ort ist, an dem sie erbracht wird). Und sie müssen wissen, mit welchen Medien und Maßnahmen sie all ihr Tun in den relevanten Märkten kommunizieren. Oder vereinfacht: Sie müssen sich aktiv in ihren relevanten Märkten bewegen und diese gestalten. Mit vier Worten: Sie müssen Marketing machen. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass die übliche Marketingabteilung oder das, was üblicherweise so benannt wird, massiv überfordert wäre, wollte man erwarten, dass sie all dies täte. Es wird klar: Marketing ist nicht der Job einer Abteilung in einem Unternehmen. Marketing ist eine strategische Aufgabe. Marketing ist mithin Chefsache. An dieser Stelle wird die Rolle der Unternehmensführung sehr spannend. Denn hier greift die Erkenntnis: Marketing macht das Unternehmen. Und zwar in allen seinen Fasern. Immer! Ob man das will oder nicht. Hier könnte man Paul Watzlawicks berühmte Aussage modifizieren: Kein Unternehmen kann kein Marketing machen. Entscheidend ist die Frage, ob dieses Mar- 45 Marketing für Dienstleisungsunternehmen keting einfach nur passiert oder ob es das Ergebnis eines strategischen Prozesses ist. Den strategischen Prozess dazu verantwortet der Chef. Immer. So oder so. Kotler hat bereits in den 70er Jahren Unternehmenstypen beschrieben, die sich dadurch unterscheiden, wie und wo das Thema Marketing in diesen Unternehmen verankert ist (Kotler, Philip, Friedhelm Bliemel (2000), Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung; Stuttgart). Ein Unternehmen, in dem alle relevanten Entscheidungen bewusst (sic! denn darauf kommt es an, wenn man strategisches Marketing meint) – letztendlich die gesamte Allokation der stets knappen Unternehmensressourcen - aus seinen relevanten Märkten abgeleitet werden, ist auch heute noch (und insbesondere im deutschsprachigen Raum) eher selten zu finden. Es geht um die marktorientierte Entwicklung der Produkte und Dienstleistungspakete eines Unternehmens, um die Wege, wie diese Produkte und Dienstleistungspakete an den Kunden und die Kundin gebracht werden, um die Medien und Maßnahmen, mit denen all dies kommuniziert wird und um die Findung des Gleichgewichtspreises, bzw. in regulierten Märkten um ein proaktives Contracting. So wurden gerade mit vielen Worten die vier klassischen Arbeitsfelder des Marketings beschrieben: - die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung, - die Preis- und Vertragspolitik, - die Vertriebeswegegestaltung (in Krankenhäusern weitgehend identisch mit der Investitions- und Instandhaltungspolitik eines Hauses) und - die Kommunikationspolitik. Interessant ist, betrachtet man den Markt der sozialwirtschaftlichen Unternehmen, dass in den seltensten Fällen konzediert würde, dass all diese Felder im Sinne eines strategischen Marketings bearbeitet werden. Mehr noch: In vielen Fällen wird abgestritten, dass man sich überhaupt mit Marketing (das über den oben beschriebenen eingeschränkten Marketingbegriff im Sinne von „Unternehmenskommunikation“ hinausgeht) beschäftigt. Gleichwohl gilt: Die Felder des Marketings werden aber bearbeitet. Viele Krankenhausgeschäftsführerinnen, viele Geschäftsführer von Senioreneinrichtungen, viele Einrichtungsleiter von Behinderteneinrichtungen machen genau das, was man aus der Perspektive eines strategischen Marketings von ihnen erwarten muss. Aber: Sie machen es nicht im Sinne eines strategischen Marketings – was zu verschmerzen wäre. Und sie machen es nicht strukturiert – was dem Marktauftritt die mögliche Effizienz nimmt. Und das ist schade. Und dann gibt es da noch die Besonderheiten des Marketings für Dienstleistungsunternehmen. Und die Besonderheiten von Dienstleistungsunternehmen in Märkten der Sozialwirtschaft. Aber: Der Reihe nach. 46 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings Was ein Produkt ist, ist schnell definiert. Bei den Dienstleistungen fällt es uns schon schwerer. Ein Produkt kauft man, über definierte Vertriebswege, im Laden, auf dem Flohmarkt, an der Haustür oder im Internet (um nur einige Vertriebsmöglichkeiten zu nennen), man nimmt es mit nach Hause oder man lässt es sich liefern, man kann es zurückgeben oder bei Schadhaftigkeit zurückrufen (diese Variante wird in der Automobilindustrie bekanntlich gern genommen), man kann ein Produkt auf Halde produzieren und lagern usw. All das funktioniert bei Dienstleistungen in der Regel nicht. Leider. Die Beziehung des Autors zu seiner Frisörin wäre definitiv eine andere, wäre es möglich, Dienstleistungen zurückzunehmen ... Eine Dienstleistung ist offensichtlich etwas ganz besonderes. Es lohnt sich, über eines der letzten Mysterien des Marketings eine Runde zu drehen. Was ist eine Dienstleistung? Abstrakt gesprochen: Eine Dienstleistung entsteht, wenn ein Mensch ein Problem hat, und ein anderer kann es für ihn oder mit ihm oder mit anderen gemeinsam lösen – und zwar wertschöpfend (Dienstleistung ohne Wertschöpfung ist Altruismus). Der Vertriebsweg einer Dienstleistung ist damit der Ort, an dem diese Leistung erbracht wird: Das Hotel, die Kundenwohnung und der Außendienstberater, das Internet, die Senioreneinrichtung oder das Krankenhaus (auch hier kein Anspruch auf Vollständigkeit). Vertriebswegegestaltung wird damit zur Investitionspolitik des Hauses, denn sie schafft das Ambiente, in das der Kunde gern kommt, sie schafft die Plattform, auf der der Dienstleister sich entfalten kann. Der Dienstleister ist immer ein Problemlöser. Die Erbringung der Dienstleistung kann folgerichtig nie von dem Menschen, der das Problem hat, gelöst werden. Sie kann aber vor allem eines nicht: Sie kann nie von dem Menschen getrennt werden, der das Problem allein oder im Team löst. Dienste zu leisten ist immer eine Interaktion von mindestens zwei Personen. Damit wird der Mensch zum fünften Element im strategischen Marketing-Mix (Kotler spricht von product, price, promotion, place und dem fünften „P“: people). Diese wertschöpfende Interaktion zwischen Menschen, die wir Dienstleistung nennen, hängt in ihrer Qualität also völlig von den Menschen ab, die sie erbringen. Damit wird klar, dass der traditionelle, sehr stark im Produktmarketing verhaftete Marketingbegriff ergänzt werden musste. Das geschah bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, also das, auf das man sieht, wenn man klassischerweise Marketing betreibt, ist damit nur eine Ebene (von mindestens drei denkbaren). Diese Ebene nennt man bekanntlich die Ebene des Externen Marketings. Hier finden die klassischen Tätigkeiten des Marketers statt: Kunden erkennen, befragen, ansprechen, Produktentwicklung, Kommunikation, Vertrieb, Preisverhandlung, Feedback usw. Wichtig!! Aber nicht allein wichtig. 47 Marketing für Dienstleisungsunternehmen Angenommen der Kontakt zwischen dem Kunden und dem problemlösenden Mitarbeiter bildet die Ebene der Wertschöpfung in Dienstleistungsunternehmen, dann ist dieser Ebene ein besonderes Augenmerk zu widmen. Dies wäre dann die Ebene des Interaktiven Marketings. Hier, im Kontakt zwischen Mitarbeiterin und Kunden, zwischen Krankenpfleger und Patient, zwischen Ärztin und Angehörigem, zwischen Verwaltungsmitarbeiterin und MdK (die Kette der Points of Sale ließe sich noch erheblich verlängern) – hier wird Geld verdient. Oder vernichtet. Der Unternehmenserfolg in Dienstleistungsunternehmen hängt also auf Gedeih und Verderb von der Ebene des Interaktiven Marketings ab. Vor diesem Hintergrund ist es dann schon erstaunlich, mit welchem Interesse manche Unternehmensführenden sich dieser Quelle der Wertschöpfung widmen. So oder so. Wenn es also richtig ist, die Beziehungsebene zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden als Externes Marketing zu bezeichnen, wenn es weiterhin richtig ist, die Beziehung zwischen den Kunden und den Mitarbeiterinnen als Interaktives Marketing zu bezeichnen, dann liegt es auf der Hand, das man sich auch die Beziehungsebene des Unternehmens zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ansehen muss, also die Ebene, die man Internes Marketing nennt. Dies ist vor allem wichtig, wenn man sich die Besonderheiten der Situation von Menschen und ihren Tätigkeitsfeldern in Unternehmen der Sozialwirtschaft ansieht (Beispielhaft: Bär, Stefan (2011), Das Krankenhaus zwischen ökonomischer und medizinischer Vernunft. Krankenhausmanager und ihre Konzepte; Wiesbaden / Thielscher, Christian (HG) (2012); Medizinökonomie. Band 1: Das System der medizinischen Versorgung; Band 2: Unternehmerische Praxis und Methodik. Lehrbuch; Wiesbaden). Die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings in Unternehmen der Sozialwirtschaft Menschen, die sich dafür begeistern können, Maschinen zu bauen oder Computer zu programmieren oder Websites zu gestalten oder Reisen zu vermitteln, die Haare (regelhaft anderer Leute) zu schneiden, ihnen Kleidungsstücke herzustellen oder zu verkaufen, ihre Flugzeuge zu fliegen oder ihnen in denselben mehr oder weniger schmackhafte Speisen zu servieren - all diese Menschen sind bezogen auf ihre Berufe dem Grunde nach vergleichbar. Diese Menschen haben dem Grunde nach Verständnis für den Job des jeweils anderen. Sie sagen vielleicht: "Ist nicht mein Ding, was der da macht, aber ich kann erkennen, dass es für ihn (und vielleicht sogar für mich) gut ist, das zu tun." Menschen hingegen, die Spaß daran haben, anderen die Bäuche aufzuschneiden, in den Eingeweiden herumzuwühlen, alten Menschen die Windeln zu wechseln, Schicksale zu erleben, Schwer- und Schwerstbehinderte zu betreuen, Menschen an biografischen Scheidewegen (Geburt, Krankheit, Tod ...) zu begleiten, diese Menschen werden von den anderen (s.o) mit einer gewissen Fassungslosigkeit betrachtet. Mit anderen Worten: Ärztinnen und Ärzte, Pfleger und Pflegerinnen, aber auch der Sozialarbeiter oder der Seelsorger im Krankenhaus, sie alle gehören zu einer ganz besonderen Spezies. 48 Marketing für Dienstleistungsunternehmen Sie sind meist hochgradig intrinsisch motiviert, sie haben ein Arbeitsethos, ethische Vorstellungen, sie wollen Menschen helfen, sie sind bereit, sich mit den Problemen anderer Menschen zu belasten, sie sind hochqualifiziert und müssen viel tun, um so hoch qualifiziert zu bleiben. Sie leben in einem Umfeld von Blut, Schweiß und Tränen (auch wenn dies zuweilen Freudentränen sind). In diesem Umfeld tut man als Marketer gut daran, die emotionalen, charakterlichen, biographischen, spirituellen und intellektuellen Besonderheiten dieser Menschen zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Ebene des Interaktiven Marketings und vor allem die des Internen Marketings in Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft eine ganz besondere Aufmerksamkeit im Rahmen des strategischen Marketings beansprucht. Es ist der Fluch, der auf den Menschen lastet, dass sie nur in Bildern kommunizieren können. Unter anderem aus diesem Grund bedienen sich fast alle Managementtheorien, so auch die Theorien des Marketings, eines mehr oder weniger stringenten Systems aus Bildern und Metaphern. Die meisten Managementtheorien, mit denen wir uns in den letzten Jahrzehnten beschäftigen durften, haben sich einer Metaphorik bedient, die dem Sport (wenn nicht sogar der Kriegskunst) entnommen wurde. Viele Vorbehalte, die Menschen in sozialen Dienstleistungsunternehmen gegen Marketing und Managementtheorien entwickeln, kommen daher, dass sie sich in der martialischen (Bild-)Sprache des klassischen Marketings nicht wiederfinden. Marketing für Dienstleistungsunternehmen im Allgemeinen und für Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft im Besonderen braucht also eine neue, eine andere als die übliche Metaphorik. Hierzu gibt es Lösungen. Die zu beschreiben würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen. In jedem Falle aber gilt, dass die Gestaltung des Interaktiven Marketings in Dienstleistungsunternehmen der Sozialwirtschaft ein besonders kluges, den Menschen zugewandtes Konzept und sowohl Schulungen als auch Systeme der Organisationsveränderung und -entwicklung benötigt. Das geschieht dann auf der Ebene des Internen Marketings. 49 Marketing für Dienstleisungsunternehmen Internes –Interaktives – Externes Marketing. Ein Regelkreis Auf diese Weise entsteht ein Regelkreis, der im Internen Marketing beginnt. Hat ein Unternehmen ein gutes - also strukturiertes und zielorientiertes und den Menschen zugewandtes Internes Marketing, liegt die Vermutung nah, dass auch das Interaktive Marketing funktionieren wird. In diesem Zusammenhang muss auf jeden Fall auf eine Kausalität verwiesen werden: Ein gutes Internes Marketing wird stets das Ziel haben, die Mitarbeitenden zu positiven Multiplikatoren des Unternehmens und seiner Dienstleistungen zu machen. Gelingt dies, hat man hochgradig glaubwürdige und effiziente Kommunikatoren für das Unternehmen gewonnen. Die Dimension des Mitarbeiters als Multiplikator ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Das wird leider immer dann besonders und nicht selten auf tragische Weise deutlich, wenn Mitarbeitende zu negativen Kommunikatoren werden. Das externe Marketing wird auf diese Weise dann zu einem Tätigkeitsfeld der dritten Priorität. Um es mit Kotler zu sagen: Geschafft hat man es, wenn es gelingt, alle Gliederungen des Unternehmens dazu zu bringen, Marketing zu machen. Eine Marketingabteilung, die sich selbst überflüssig macht, ist erfolgreich. Oder mit Schulze-Fürstenow: Du kannst nach draußen nur dann effektiv verkaufen, wenn man dir drinnen den Koffer gefüllt hat. P.S.: das feminine resp. maskuline Genus wurde rein zufällig benutzt 50 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken 6 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Dipl.-Kfm. Patric Sommerhoff Überblick Viele Internetportale erheben den Anspruch unter Verwendung von Qualitätsdaten für suchende Nutzer das ideale Krankenhaus nach individuellen Suchkriterien zu ermitteln. Der Vortrag beleuchtet die Gültigkeit dieser Versprechen und geht unter anderem auch auf den Nutzenaspekt für Krankenhäuser ein. Risiken bei der Verwendung von Krankenhausführern im Internet werden außerdem aus Sicht der Patienten besprochen. Für Entscheider in Kliniken werden relevante Kriterien zur Entscheidung für oder gegen Einträge in bestimmte Portale erörtert. Zum Thema Nach mehreren Jahren der Zunahme an Krankenhausführern und Krankenhausportalen ist nun eine gewisse Sättigung mit leichten Schrumpfungstendenzen erkennbar. Eine weitere Konsolidierung ist auch aus Gründen der Übersichtlichkeit wünschenswert. Insbesondere wäre es aus meiner Sicht erfreulich, wenn diejenigen Portale die beispielsweise nur über die Zahlung von Insertionsgebühren eine Auswahl der Kliniken selektieren, aus dem Markt ausscheiden. Eine besondere Schwierigkeit bei der Bewertung von Bewertungsportalen ist die Tatsache, dass eine „richtige Empfehlung“ für einen bestimmten Patienten ein bestimmtes Krankenhaus auszuweisen, auch bei Einzelfallprüfungen nicht eindeutig bewertbar ist. Daher wird bei einem Vergleich von Klinikführern meist versucht, Korrelationen zwischen den Empfehlungen unterschiedlicher Klinikführer als Indikator für Objektivität und Gültigkeit der Empfehlung heranzuziehen. Weiterhin hat das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat im Auftrag der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung „Qualitätsanforderungen an Klink- und Arztbewertungsportale“ erarbeitet und veröffentlicht. Diese hier nur Auszugsweise gezeigten Kriterien für „gute“ Portale, sind aus meiner Sicht nicht so ausgerichtet, dass sie den Selektionsprozess für geeignete Klinikportale kanalisieren werden. Stattdessen wird hauptsächlich der „Schutz der Branche“ vor den heute üblichen und schnell öffentlich geäußerten Meinungen im Internet in einer nicht zeitgemäßen und kaum durchsetzbaren Form gefordert. 51 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Risiken bestehen für den Nutzer von Krankenhausvergleichs-Portalen schon wegen der unterschiedlichen und meist kaum nachvollziehbaren Bewertungsalgorithmen der Portale. Auch durch die Art und Weise des individuellen Suchverhaltens von Nutzern, sind deutliche Unterschiede der Krankenhausempfehlungen möglich. Beispiele reichen von Fehlinterpretationen über die Verwendung falscher Suchkriterien, bis zu den zufällig gewählten Keywords bei der Suche nach einem Bewertungsportal mit Hilfe von Suchmaschinen, die dann zu dem einen oder dem anderen Bewertungsportal führen, welches jeweils andere Empfehlungen ausspricht als die Portale, die man ebenfalls zufällig mit anderen Keywords gefunden hätte. Letztlich kann der Nutzer auch nicht bewerten, wie aktuell die Datenbasis in dem von ihm genutzten Portal ist und ob die (oft nicht sichtbar) hinterlegten Bewertungskriterien für ihn überhaupt relevant sind. Die Übersicht zeigt die Empfehlung unterschiedlicher Klinikführer bei einer Suche nach einer bestimmten Erkrankung in einer bestimmten Region. Man erkennt deutlich, dass kaum Korrelationen bestehen, bzw. teilweise bei dreien der Klinikführer eine Tendenz zu bestimmten Empfehlungen zu erkennen ist. Dies lässt auf ähnliche, aber nicht identische Kriterien und Algorithmen bei diesen drei Portalen schließen. Bei vielen Portalen kann man auch gegen „Insertionsgebühren“ den eigenen Eintrag erweitern, besser auffindbar machen etc. Hier sind neben der Bewertung der „Potenz“ der Domain in Bezug auf die relevanten Keywords ausreichend Traffic zu liefern auch eine Reihe von Fragen aus Sicht der jeweiligen Klinik zu beantworten, bevor man sich für die Investition, die neben den finanziellen auch erhebliche personelle Ressourcen bindet, entscheidet. Empfehlung für Nutzer Für den Nutzer, der für eine medizinische Maßnahme ein geeignetes Krankenhaus sucht bleibt weiterhin nur die Empfehlung, vor allem mit seinem (Fach-)Arzt zu besprechen, welches Krankenhaus warum am besten geeignet ist. Flankierend dazu kann der Nutzer auch vor dem Arztgespräch im Internet recherchieren. Es empfiehlt sich aber wegen der hier gezeigten Uneinheitlichkeit, mehrere Klinikbewertungsportale zu „befragen“ und die häufigsten Empfehlungen in die engere Wahl zu nehmen und ggf. die Fallzahlen zu prüfen sowie die Webseiten der jeweiligen Kliniken und die Patienten-Kommentare in Internetforen zu lesen. Eine Recherche in nur einem Klinikvergleichsportal ist heute noch nicht empfehlenswert. Empfehlung für Kliniken Nach heutigem Stand ist Kliniken in den meisten Fällen davon abzuraten, in solche Portale zu investieren, die über die „Gebühren“ selektieren bzw. in der Darstellung eine Bevorzugung anbieten. In jedem Falle sollten Klinken anhand der im Vortrag genannten Liste der Nutzenkriterien für jede Insertion prüfen, ob eine Investition sinnvoll ist. 52 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Krankenhausführer Nutzen und Risiken Patric Sommerhoff Jahreshauptkongress und Mitgliederversammlung Medica, Düsseldorf, 14. 11.2012 Gesamtsituation insbesondere für Patienten unübersichtlich Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 53 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken ÄZQ: Nutzenkriterien für die Zielgruppe? Rechtliche und andere formale Aspekte Impressum, Email, AGB, TMG-Klausel, Datensch-Erkl, Angaben zur Aktualität… Anbieterkennzeichnung leicht auffindbar, Zusicherung bezügl. person.bez. Daten… Angaben zur Finanzierung, Trennung von Werbung und Info… „Hürden“ für ein Posting Registrierung erforderlich, redaktionelle Rezension, Info an den Arzt bei Posting… Schutz der Branche (Ärzte / Krankenhäuser) Info an Arzt bei Eintrag, Widerspruchsmöglichkeit, Sofortreaktion bei Widerspruch, ALLE Bewertungen vor Veröffentlichung auf Plausibilität prüfen Veröffentlichung von Bewertungen erst bei erreichen von Mindestzahl, Schutzmaßnahmen gegen Schmähkritik, Mehrfachbewertungen, Diskriminierung Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 ÄZQ: Nutzenkriterien für die Zielgruppe? Fazit • Kriterien haben ihre Berechtigung. • Es fehlen Kriterien, die Weg zum geeigneten Anbieter fokussieren • Stattdessen Fokus auf Anbieterseite mit Festschreibung formaler Bedingungen für Meinungsäußerungen. • Es ist nicht zu erwarten, dass die Internetcommunity sich darauf einlässt. Potenzial für eine Publikation Validität, Reliabilität und Plausibilität der Qualitätsmessung und der Empfehlungen der Klinikführer Patric Sommerhoff 54 Medica Kongress 2012 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Risikokriterien • Risiken durch unterschiedliche Bewertungen der Portale - Unterschiedliche Bewertungsalgorithmen - Uneinheitliche Datenbasis - Unterschiedliche Bewertungskriterien - Unterschiedliche Gewichtung von Kriterien • Nutzerinduzierte Risiken - Fehlinterpretation von Suchergebnissen - Falsche Suchkriterien - Zufallsauswahl des verwendeten Bewertungsportals • Portalinhärente Risiken - Eingeschränkte Grundgesamtheit - Quelle und Aktualität der Datenbasis - Relevanz der Bewertungskriterien - Relevanz der Gewichtung der Bewertungskriterien Patric Sommerhoff Risikokriterien Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 Suche nach Schlafapnoe im Umkreis von 40668 Ergebnisse: TOP 10 Empfehlungen der Portale Medica Kongress 2012 55 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Risikokriterien Krankenhausführer Die beste Klinik finden Das beste Krankenhaus Zu mancher richtigen Entscheidung kam es nur, weil der Weg zur falschen gerade nicht frei war. Nutzenkriterien aus Sicht der Klinik • Welche messbaren Ziele wollen Sie mit dem Eintrag erreichen? • Mit welchen Kliniken stehen Sie im Wettbewerb um Patienten? • Sind diese Kliniken in dem jeweiligen Portal vertreten? • Welche Bekanntheit und welche objektiv nachvollziehbaren Vorteile bietet das Webportal bei der Gewinnung von Patienten? • Müssen Sie für die Präsenz zahlen? • Kosten und Laufzeiten im Vergleich zu anderen Portalen? • Wie hoch ist der Aufwand zur Recherche, Übermittlung, Kontrolle, Korrektur und Pflege der Daten? Patric Sommerhoff 56 Medica Kongress 2012 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken Nutzenkriterien aus Sicht der Klinik • Wie objektiv sind die Angaben der Kliniken und wie werden sie überprüft? • Sind die Angaben des Anbieters in Bezug auf Zugriffsstatistiken und Auflagen überprüfbar – z.B. IVW-Zertifizierung? • Wen wollen Sie erreichen? • Richtet sich das Portal primär an Patienten oder an Einweiser? • Entscheiden Ihre Patienten mehrheitlich selbst, dass Sie zu Ihnen kommen? • Kennen und benutzen Ihre Einweiser das Portal? Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 Zusammenfassung • Viele Anbieter (noch) • Keine nützlichen Kriterien für Suchende • Risiken: Zufallsauswahl und Bewertungsunterschiede der Portale • Keine ausreichende Korrelation der Empfehlungen der Portale • Aufwand-Nutzen-Verhältnis für Kliniken (noch) nicht angemessen Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 57 Krankenhausführer – Nutzen und Risiken An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser Charlie Chaplin Herzlichen Dank Patric Sommerhoff Medica Kongress 2012 Patric Sommerhoff Dipl.-Betriebswirt Vorstand der DGFM [email protected] Deutsche Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung DGFM e.V. DGFM e. V. Zweibrückerstr. 8 42697 Solingen www.DGFM-ev.org Patric Sommerhoff 58 Medica Kongress 2012 Korrelation von Krankenhausführern 7 Geringe Korrelation von Krankenhausführern kann zu verwirrenden Ergebnissen führen Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher Eine schriftliche Ausarbeitung dieses Beitragsthemas ist zudem im Thieme Verlag erschienen: Thielscher, C. / Antoni, B. / Driedger, J. / Jacobi, S. / Krol, B. (2013): „Geringe Korrelation von Krankenhausführern kann zu verwirrenden Ergebnissen führen“, in Gesundh ökon Qual manag, DOI: 10.1055/s-0033-1335362, Thieme Verlag, Stuttgart. An Versuchen, die Qualität zu messen, fehlt es nicht mehr 47 94 11 3 33 In Suchmaschinen gefunden Reine Adreßverzeichnisse Doppelzählungen (Noch) nicht öffentlich OnlineKrankenhausführer mit Qualitätsinformation Quelle: Rotter, Diplomarbeit 59 Korrelation von Krankenhausführern www.anycarequalitaetskompass.de Meinung von Ärzten Meinung von Patienten X X Auswertung BQS-Daten www.arzt-auskunft.de X www.bkk-klinikfinder.de X X X X X X www.bwkg.de www.dakkrankenhauskompass.de X www.esando.de www.gesundheitsberaterberlin.de www.klinikbewertungen.de X X X X X X X X X X X X X www.klinik-lotse.de X X www.krankenhausfuehrer.de X X www.krankenhaus.de X www.krankenhausregistersachsen.de X X www.kliniken.de www.kliniken-rhein-ruhr.de Sonstige X X www.hamburgerkrankenhausspiegel.de X www.klinikfuehrerrheinland.de 60 Auswertung Qualitätsberichte www.tk-online.de X X X www.weisse-liste.de X X X X Bezeichnung Webseite Anzahl Mitarbeiter Finanzierung 1 www.anycare-qualitaetskompass.de aufgrund der Stoßzeiten keine genaue Angabe möglich Verkauf von Büchern 2 www.arzt-auskunft.de ca. 25 interne und mehrere externe Mitarbeiter (für die ganze Internetseite) Spenden, Umlagen, Lizenzeinnahmen von Ärzten, Krankenkassen und Portalen 3 www.bkk-klinikfinder.de ca. 0,5 Stellen, keine genau Angabe aufgrund der Stoßzeiten möglich Betreiber (Umlage BKKen) 4 www.bwkg.de 1 Mitarbeiter (betreut das Portal nebenbei) Betreiber (Krankenhausgesellschaft) 5 www.dak-krankenhauskompass.de 1 Vdek / DAK 6 www.esando.de 2 Betreiber 7 www.gesundheitsberater-berlin.de Keine genaue Angabe möglich k. A. 8 www.hamburger-krankenhausspiegel.de 2 (1 Redakteur, 1 Web-Programmierer) Mehrere Krankenkassen 9 www.klinikbewertungen.de Keine genaue Angabe aufgrund Aufteilung in interne und externe Mitarbeiter möglich Werbung 10 www.kliniken.de 7 Mitarbeiter für die ganze Internetseite (nicht nur Klinikführer) Werbung, Online-Jobbörse 11 www.kliniken-rhein-ruhr.de 1 Teilnehmende Krankenhäuser, öffentliche Mittel 12 www.klinikfuehrer-rheinland.de 1 Krankenhäuser 13 www.klinik-lotse.de <1 Viele Ersatzkassen 14 www.krankenhausfuehrer.de 2 Betreiber 15 www.krankenhaus.de 2-3 Teilzeitbeschäftigte Betreiber 16 www.krankenhausregister-sachsen.de 1 Mitarbeiter, da nur Filterung aus einem anderen Portal Betreiber (Krankenhausgesellschaft) 17 www.tk-online.de 3,5 (1 fachlich, 2,5 für Technik im Schnitt, bei Stoßzeiten 5 für Technik) Betreiber (Krankenkasse) 18 www.weisse-liste.de 5-6 und externe Mitarbeiter Betreiber (Bertelsmann) Korrelation von Krankenhausführern 61 Korrelation von Krankenhausführern Grundsätzlicher Ansatz: wenn verschiedene Krankenhausführer korrekt messen, sollten sie untereinander korrelieren. 62 Korrelation von Krankenhausführern Hospital Compare Score Best hospitals for Heart Disease Myokardinfarkt Best hospitals for Heart Disease – Herzinsuffizienz (congestive heart failure) Bestes Quartil 30% 38% Zweites Quartil 42% 30% Drittes Quartil 20% 24% Letztes Quartil 8% 8% Halasyamani, L. K., Davis, M. M.: Conflicting Measures of Hospital Quality: Ratings from “Hospital Compare” Versus “Best Hospitals”. Journal of Hospital Medicine Vol 2 No 3 May/June 2007, S. 128-134 Vergleich der risikoadjustierten Sterblichkeit bei 13.662 Patienten mit akutem Myokardinfarkt der besten 50 Krankenhäuser mit 254.907 Patienten in 3.813 anderen Krankenhäusern: • Bei den besten Krankenhäusern bei 16,0%, • den übrigen bei 17,9%. • Allerdings überlappten die Krankenhäuser sehr stark: für die besten Krankenhäuser betrugen die risikoadjustierten Sterblichkeiten 11,4-20,0%, für die übrigen 13,1-23,3%. Wang, O. J. et al.: ”America’s Best Hospitals” in the Treatment of Acute Myocardial Infarction. Arch Intern Med Vol 167 (No 13), July 9, 2007, S. 1345-1351 In einem Kommentar dazu stellen O’BRIEN / PETERSON (2007) fest: • Statistisch kommt man in genau 50% der untersuchten Krankenhausvergleiche zu einem falschen Ergebnis kommt, wenn beide Krankenhäuser je 25 Patienten behandeln und die Sterblichkeiten tatsächlich bei 16,0% und 17,9% liegen – genausogut könnte man eine Münze werfen. • Auch bei je 400 Fällen liegt man statistisch noch in 24% der Vergleiche falsch. 63 Korrelation von Krankenhausführern Bewertung Knie-TEP Krankenhaus KH-Report Weiße Liste Dreifaltigkeits-Krankenhaus Köln 0 + Eduardus-Krankenhaus - + Ev. KH Kalk Focus - Evang.KH Weyertal 0 0 Kliniken der Stadt Köln Merheim - 0 + Krankenhaus der Augustinerinnen 0 + + St.-Antonius-Krankenhaus Ortho-Netz: „die Kölner Kliniken sind alle gleich“ - St.-Franziskus-Hospital - 0 Universitätsklinikum - - Anzahl der bewerteten Krankenhäuser von Krankenkausreport KH_Report KH_Report n % Cumulative n Cumulative % unterdurchschnittlich (0-25%) 185 19.96 185 19.96 durchschnittlich (25-75%) 556 59.98 741 79.94 überdruchschnittlich (75-100%) 186 20.06 927 100.00 n Missing = 277 Anzahl der bewerteten Krankenhäuser von Qualitätskliniken QualKliniken QualKliniken n % Cumulative n Cumulative % unterdurchschnittlich (0-25%) 35 29.17 35 29.17 durchschnittlich (25-75%) 56 46.67 91 75.83 überdruchschnittlich (75-100%) 29 24.17 120 100.00 WeisseListe n % Cumulative n Cumulative % unterdurchschnittlich (0-25%) 436 38.86 436 38.86 durchschnittlich (25-75%) 574 51.16 1010 90.02 überdruchschnittlich (75-100%) 112 9.98 1122 100.00 n Missing = 1084 Anzahl der bewerteten Krankenhäuser von weiße Liste WeisseListe n Missing = 82 64 Korrelation von Krankenhausführern QualKl. KH-Report + 0 20 0 0 0 56 0 0 0 20 - + 0 - KH-Report + S. Text QualKl. 0 - + 0 - 65 Korrelation von Krankenhausführern KH-Report + 0 - 0 - WL + 0 - QK + WL + 0 - 66 Korrelation von Krankenhausführern Nächste Untersuchungen • Weitere Untersuchungen zur Qualität der Krankenhausführer • Was kostet eigentlich die Qualitätssicherung in Deutschland? • Was bringen Integrierte Versorgungsverträge in der Rheumatologie? (usw.) • Für welche Erkrankungen stehen welche longitudinalen Daten zur Verfügung? • Vorschläge? • Backups 67 Korrelation von Krankenhausführern Lösungen (I): Determinanten der Qualitätsmessung von Krankenhausbehandlungen 1. Die betrachteten Krankheit bzw. Kombination von Krankheiten; Vorhandensein von Qualitätsdefinitionen zu der jeweiligen Krankheit 2. Art und Anzahl der betrachteten Behandlungen und Behandler - Umfang der betrachteten Behandlung (Hüftprothese vs. Fall) - Anzahl beteiligter Behandler (Arzt, Abteilung, Krankenhaus, ...) - Struktur, Prozeß, Ergebnis - Präventive vs. kurative Behandlung - Einzelfall vs. mehrere / viele Fälle 3. Subjektive vs. objektive Qualität - Zufriedenheit vs. technische Durchführung - Vorhandensein von Goldstandards 4. Zweck der Qualitätsmessung - Datenaustausch zum gegenseitigen Lernen - Patienten- oder Kasseninformation zur Anbieterauswahl (über Anbieter, über Behandlung bestimmter Erkrankungen, ...) - Anbieterkontrolle bzw. Qualitätskontrolle der Arbeit (Pathologie,...) - Zweck beeinflußt Datenverfügbarkeit 5. Zeitpunkt und Ort der Behandlung 6. Meßverfahren - Ansatz des Verfahrens (Falldiskussionen, statistische Auswertungen, Routinedaten, Befragungen von Patienten und Ärzten, Leitlinientreue,...) - Datenquellen (Ärzte, Kassen, ...); Auskunftsbereitschaft - Erhebungsaufwand (tatsächlich vorhandenes Ausmaß von Qualitätsunterschieden, Meßprobleme) 7. Vermutete Ursachen für Qualitätsunterschiede und ihr Ausmaß - Können, Verhalten der Behandler - Kapitalausstattung -.... Lösungen (II): Kooperative Formen der Qualitätskommunikation? 68 Korrelation von Krankenhausführern 69 Innovationen im Logistik-Management 8 Innovationen im Logistik-Management − Effiziente Versorgung mit Medikalprodukten durch Prinzipien der „schlanken Produktion“ Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff 1 Ausgangssituation: Rationalisierungsreserven erkennen In der Medikalprodukte-Logistik der Krankenhäuser existieren noch erhebliche Rationalisierungspotentiale: Eine Projektstudie des Centrums für Krankenhaus-Management berichtet über Einsparungen von bis zu 25% der Logistikkosten zwischen 7% und 12% der gesamten Beschaffungskosten, sofern alle Möglichkeiten der Portfolio-Standardisierung, der Reduktion von Direktlieferanten und der Vereinfachung der Bestell- und Wiederauffüll-Prozesse ausgeschöpft werden. Gleichzeitig bietet der Bereich der Arzneimittellogistik erhebliche Chancen, Medikationsirrtürmer als Ursache für Patientenschädigungen und vermeidbare Kosten zu minimieren sowie die Therapiequalität zu verbessern. Während es im Bereich der Medikalproduktelogistik um Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit geht, zielt die Optimierung der Arzneimittellogistik auf Patientensicherheit und Kostensenkung als Folge von Therapiefehlern durch Arzneimittelirrtümer. (siehe Abb. 1). Abb. 1: Für Medikalprodukte und Arzneimittellogistik bestehen unterschiedliche Zielsysteme 71 Innovationen im Logistik-Management 2 Wandel im Logistik-Verständnis Einer der grundlegenden Fehler bei der strategischen Ausrichtung sowie der organisatorischen Gestaltung von Logistikprozessen im Krankenhaus besteht in der traditionellen Kunden-Lieferanten-Sicht, wonach ein Hersteller von Medikalprodukten dem „Kunden: Krankenhaus“ die bestellten Waren zum vereinbarten Preis, in der zugesicherten Qualität, in der georderten Menge, zum abgesprochenen Termin in das Krankenhaus liefert. Diese Art von Kunden-Lieferanten-Verständnis führt zu einer verbrauchsorientierten Logistiksteuerung in Verbindung mit einer BULKWARE-Strategie beim Hersteller und einer Zentrallagerorganisation im Krankenhaus. Die Konsequenzen sind bekannt: Hohe Lagerbestände mit entsprechender Kapitalbindung Lagerbewirtschaftungskosten (Stauraum, Lagerpersonal, Verwaltung) Handhabungsaufwand für die Vor- und Endkommissionierung Innerbetrieblicher Transport Lagerbestandsverwaltung und Dispositionsorganisation durch Ärzte und Pflegekräfte in den patientennahen Einsatzbereichen. Durch das Konzept der prozessorientierten Logistik (von Eiff) wird das Kunden-LieferantenVerständnis neu definiert: Kunde von Medikalprodukten ist nicht das Krankenhaus oder dessen Zentrallager, sondern das am Patienten tätige Personal in den Einsatzstellen (OP, Station, …). Im Fokus steht also der „Kunde-des-Kunden“. Das Konzept der Prozess-orientierten Logistik (POL) besteht darüber hinaus aus aufeinander abgestimmten Bausteinen zur Organisation, Steuerung und kontinuierlichen Verbesserung der Ver- und Entsorgungsprozesse eines Krankenhauses. Dabei sind insbesondere fünf Gestaltungsbereiche der POL von Interesse: 1. Die anforderungsgerechte und effiziente Anlieferung (Ziel: „Ready-for-Use Delivery“ / Efficient Replenishment das einsatzfähige Produkt) 2. Die effiziente und versorgungssichere Bedarfserkennung und Disposition (Ziel: kostenminimale Bestandssicherheit und Entlastung des Personals) 3. Die effiziente, kunden- und kostengerechte Sortimentsgestaltung (Ziel: MedikalprodukteStandards) 4. Die effiziente Administration der Versorgungsprozesse (Ziel: einfache und fehlersichere/fehlertolerante Abrechnung) 5. Die wirkungsvolle Organisations-Entwicklung (Ziel: durch die Mitarbeiter akzeptierte, kontinuierliche Verbesserung von Produktstrukturen und Arbeitsprozessen rund um das Produkt). Entscheidende Kosten- und Organisationsvorteile lassen sich durch eine Continuous Replenishment Organization (=Wiederauffüllen der verbrauchten Medikalprodukte) in Verbindung mit einem Category Management (=Bildung von Produktkategorien nach bestimm72 Innovationen im Logistik-Management ten Einsatzgebieten (z. B. Anästhesie, Fallstrukturen, z. B. Herzchirurgie, oder Einsatzorten, z. B. Intensivstation, Katheterlabor) erreichen. Entsprechende Erfahrungen wurden in verschiedenen amerikanischen, englischen und holländischen Krankenhäusern gemacht. 3 Praxisstudie: Der elektronische Versorgungsschrank: Quick Replenishment im Rahmen eines Vollversorgungsmanagements Eine ökonomische, ablauforganisatorisch und medizinisch interessante Organisationsform im Rahmen der Medikalprodukte-Logistik stellt das elektronische Versorgungsschranksystem dar. Für eine organisatorisch und budgetmäßig abgrenzbare Leistungseinheit (z.B. Intensivstation; Peripheriestation; innere Medizin mit ca. 40 Betten; OP-Trakt;…) werden elektronisch gesteuerte Versorgungsschränke eingerichtet. Diese Versorgungszellen nehmen den innerhalb von 24 Stunden benötigten Medikalproduktevorrat auf. Die Entnahme eines Medikalartikels durch die Pflege-/Funktionskraft erfolgt in folgender Reihenfolge mit den dargestellten Konsequenzen für den Logistikprozess (Ab2): Eingabe der User-ID der Schwester (Feststellung der Entnahmeberechtigung), Eingabe der Patientenkennung (Erfassung des Kostenträgers) Eingabe des benötigten Artikels (Erfassung des Materialverbrauchs pro Patient) Der mit dem Versorgungsschrank gekoppelte Rechner identifiziert die Lagerschublade des Artikels, entsperrt die entsprechende Schranktür und bezeichnet den Lagerort im Schrank per Licht-Signal (=Guiding lights) Die Schwester entnimmt den Artikel, drückt einen Knopf am Fachboden und mit Schließung der Schranktür werden zweit Transaktionsroutinen ausgelöst: (1) Generieren einer „Restock List“ zur Fixierung des Ersatzbedarfs (Material Requirement); evtl. Auslösung einer „Bestellung“ auf Basis einer „verletzten Vereinbarung“. (2) Abruf des Standardpreises für den entsprechenden Artikel und Zubuchung von Artikel und Artikelpreis auf den Account des Patienten; evtl. Abruf der Daten für Zwecke der Fallpauschalen-Nachkalkulation 73 Innovationen im Logistik-Management Abb. 2: Der Versorgungsschrank registriert jede Produktentnahme und leitet den Wiederauffüllprozess automatisch ein (Schranksystem Omnicell). Dieser Informations- und Steuerungsverbund ist in Abbildung 4 dargestellt. Nicht alle Artikel werden mit ihren hinterlegten Standardpreisen direkt auf den Patienten weiterverrechnet. Alle Artikel mit einem Einzelpreis z.B. niedriger als 5 Euro werden als „floor charge“ auf alle Patienten verteilt. Alle Artikel sind durch eine Artikelnummer und eindeutigen Produktnamen gekennzeichnet (=Logistik-Datenmodell). Damit ist jeder Artikel über verschiedene Referenzkriterien auffindbar, auch wenn z.B. nicht bekannt ist, an welchen Lagerplatz der Artikel abgelegt wurde. Die in einem Versorgungsschrank standardmäßig einzulagernden Artikel werden nach Art, Qualität und Menge gemeinsam von Nutzen und Materialwirtschaft/Einkauf definiert. Der logistische Dienstleister (LDL) bringt seine Marktkenntnis bzgl. Produktpreis, Qualität, Substitutprodukte etc. mit ein. An dieser Stelle greift das Category Management: Medikalprodukte, die an einem bestimmten Einsatzort (z.B. OP) für einen bestimmten Aufgabenbereich (z.B. Anästhesie) oder einen bestimmten Funktionsumfang (z.B. Abdeckung)standardmäßig benötigt werden, sind als „Kategorie“ (oder: zweckorientierte Warengruppe) definiert. Der Category Manager (CM) moderiert den Prozess der Festlegung, Einführung und Optimierung (kontinuierliche Verbesserung) einer Kategorie. Er koordiniert die Beteiligten aus Einkauf, Logistik und Einsatzbereich im Hinblick auf die Anforderungen und Ziele der jeweiligen Kategorie. Außerdem ist der CM Ansprechpartner für die Key Account Manager auf Herstellerseite sowie alle anderen Leistungserbringer in der Logistikkette, insbesondere den logistischen Dienstleister. Entsprechend der Zahl einzulagernder Artikel kann ein Versorgungsschrank aus unterschiedlich vielen Schrankmodulen bestehen. Um die Übersichtlichkeit für das Personal zu 74 Innovationen im Logistik-Management wahren, ist jeder Lagerplatz mit einer Leuchtdiode versehen, die sofort blinkt, wenn der an diesem Lagerort verwahrte Artikel zur Entnahme von einer Pflegekraft aufgerufen wird. Das Versorgungsschrank-Konzept ermöglicht eine lagerminimale Logistiksteuerung bei nahezu vollständigem Verzicht auf ein Zentrallager die patientenbezogene Kostenverrechnung sowie die Entlastung des Personals von Logistik-, Dispositions-, Bestandsüberwachungs- und Verwaltungsaufgaben So wird der gesamte Bestell- und Lieferprozess zeitlich verkürzt (ca. 20-25%), der Personalbedarf für Versorgungsassistenten verringert sich durch Wegfall der „Bestandsaufnahme zwecks Bedarfserkennung“ und die stationsbezogene Kommissionierung erfolgt nur noch an einem Kommissionierort. Der traditionelle Wiederauffüllprozess bei Einsatz von Versorgungsassistenten kann durch elektronische Schranksysteme erheblich vereinfacht werden, indem die komplette Phase der „Bedarfserkennung und Bestandsprüfung“ automatisiert wird und damit faktisch wegfällt. Hier greift der revolutionäre Grundsatz des Lean Managements: „Information ersetzt Zeit und Bestände.“ Das Versorgungsschrankkonzept zwingt auch zur grundsätzlichen Überprüfung des Lagerungs- und Verbrauchsverhaltens am Verbrauchsort. 3 zeigt das Ergebnis einer CKMAnalyse in einem Herzkatheterlabor. Als Ergebnis kann der Lagerbestand an Radioalis-Sets (Einkaufspreis zwischen 55 und 70 Euro) um mindestens 25% gesenkt werden (siehe Abbildung 4). 75 Innovationen im Logistik-Management Versorgungslogistik Medikalprodukte Der Abruf- und Wiederauffüllprozess bei Einsatz von elektronischen Versorgungsschränken. Entnahme- und Produktgebrauch Bedarfserkennung und Bestandsüberprüf -ung Eingabe persönlicher Zugangs-Code Abruf und VorKommissionierung Automat. elektronische Information über aktuelle Bestandssituation an LDL Eingabe Patienten-Code Eingabe Produktentnah me: Art Menge Automat. elektronische Information über patientenbezogenen Verbrauch an Controlling Entnahme Wiederauffüllung Direktlieferung in Schrank am Verbrauchsort Elektron. Soll-/IstVergleich Zusammenstellung Lieferkommission im Logistik Zentrum Auffüllung Regale Effizienzcheck TAT-Zeit TATKosten Fehler/ Risiken ProzessSWOTAnalyse Verbesserungsmaßnahmen Rückkehr in Logistik Zentrum Schließen des Schranks Centrum für Krankenhaus-Management, Universität Münster 06-10-59.ppt Geschäftsführung: Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff Abb. 3: In der Lean Management-Organisation fallen personalintensive Tätigkeiten weg. Wiederauffüllungs-Prozess Die Lagersteuerung ist durch das Ziel der Versorgungssicherheit gekennzeichnet. OrientierungsBestand: 30 Menge 30 3 6 10 RadialisSet Durchschnittlicher Lagerbestand = 24 3 > Preis pro Einheit = 60 Euro > Gebundenes Kapital = 1.440 Euro > Faktischer Mindestbestand = 24 > Potenziale: 24 MO → Raum = - 25 % → Gebundenes Kapital = - 360 Euro → Personal = 0,8 VZK 24 DI MI DO Fr Zeit Erhebungstage 07-10-01.ppt Centrum für Krankenhaus-Management, Universität Münster Geschäftsführung: Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff Abb. 4: Die Prüfung der Bestell- und Verbrauchszyklen zeigt Möglichkeiten zur Senkung des Lagerbestandes. 76 Innovationen im Logistik-Management Dadurch werden nicht nur die Kapitalbindungskosten reduziert, sondern bei Produkten mit Ablaufdaten wird Verfall vermieden und darüber hinaus sinkt der Platzbedarf um 25-50% der Stellfläche. Ein weiterer Vorteil elektronischer Schranksysteme besteht in der Möglichkeit zur Verhandlung von Service Level Agreements (SLA), also Vereinbarungen über einen einzuhaltenden Versorgungsgrad, durch den kritische Out-of-Stock-Situationen (=Fehlmengen) vermieden werden (Abb. ). SLA erfordern eine ausreichend genaue Mengenplanung, in der auch Besonderheiten der Prozedurorganisation Berücksichtigung finden (z. B. Konzentration bestimmter Interventionen auf festgelegte Tage in Woche/Monat. Sicherheitsziele Der kostenoptimale Sicherheitsgrad ist nicht das Ziel der Wahl bei medizinischen Leistungsprozessen (⇒ Service Level Agreement) Minimum Sigma-Level 5,5 – 6,0 Vereinbarter Sicherheitsgrad SigmaLevel 3,4 Kosten Kosten für Sicherheitsmaßnahmen Kosten durch Risikoeintritt Kostenoptimaler Sicherheitsgrad 10-08-53.ppt Centrum für Krankenhaus-Management, Universität Münster Medizinischqualitativ zu realisierender Sicherheitsgrad Sicherheitsgrad Geschäftsführung: Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff Abb. 5: Service Level Agreements binden den Lieferanten aktiv verantwortlich in die Logistikorganisation. Logistikkonzepte auf Basis von elektronischen Schranksystemen ermöglichen insbesondere auch externen Logistischen Dienstleistern erhebliche Kostenreduktionsmöglichkeiten. Aber auch Hersteller und Lieferanten von Konsignationsware profitieren von den durchschnittlich deutlich geringeren Bestandsmengen (Abb. ). 77 Innovationen im Logistik-Management Versorgungslogistik mit eVS-System (Medikalprodukte) Das eVS-System steuert die Prozesse der Bestandskontrolle, Verbrauchskontrolle, Bestellung, Konsi-Waren-Abwicklung, Wiederauffüllung und Inventur automatisch. Meldung Konsi-Verbrauch Bestands-/ Bedarfsmeldung Einkauf/Debitoren OP/ICU/Stat. Patient.Ident. ZL/LDL Zahlung Bestellung Persönliche Identifikation • Schrankbezogene Kommissionierung • Kennzeichnung Konsi-Waren Eingabe Entnahme - Produkt - Menge Entnahme Hersteller/Lieferanten Lieferung Einlagerung Transport 02-09-06.ppt Centrum für Krankenhaus-Management, Universität Münster Geschäftsführung: Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff Abb. 6: Die „schlanke Logistik“ umfasst auch die Steuerung von Konsignationsware. Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitseffekte sind überall dort festzustellen, wo hochwertige, teure Medikalprodukte eingesetzt werden; so z.B. in Angiographie-Abteilungen, Intensiveinheiten, Notfallaufnahmen und Herzkatheterlaboren (siehe Abbildung 2) Abbildung 2: Medikalprodukte-Logistik für ein Herzkatheter Labor. 78 Innovationen im Logistik-Management Der Versorgungsschrank wird verantwortlich vom LDL betrieben. Eine derartige Logistikorganisation erbringt die höchsten Effizienzvorteile, wenn etwa 80% der Medikalprodukte von einem LDL gesteuert werden. Entscheidend ist, dass alle logistischen Versorgungsformen des Krankenhauses aufeinander abgestimmt sind. Dies trifft insbesondere zu, wenn parallel zur Vollversorgung auch eingriffsbezogene Sets bezogen werden: beide Anlieferungsformen (Set und Vollversorgung) sind keine alternativen Konzepte der Logistikorganisation, sondern sind je nach Krankenhaustyp eher als komplementäre Versorgungsform zu sehen (siehe Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Darüber hinaus sollte auch der Logistikkreislauf der wiederaufbereitbaren Medikalprodukte (MPU, Multi Patient Use) beachtet werden. In Abhängigkeit vom OP-Plan werden alle im OP für einen bestimmten Eingriff benötigten Produkte eingriffsbezogen zusammengestellt. Das Schranksystem ermöglicht in idealer Weise die Anwendung des Paid-on-Consumption als Abrechnungsform. Auftretende Kostenvorteile werden zwischen LDL und Krankenhaus geteilt (Open Book Policy nach vereinbartem Renditesatz). Das Versorgungsschrank-Konzept setzt in der Regel entweder die exklusive Zusammenarbeit mit einem LDL oder mit einem Hersteller voraus (der dann in der Lage sein muss, alle erforderlichen Produkte zu liefern). Es sind aber auch andere Krankenhaus individuelle Organisationsvarianten möglich. Strategien des „exclusive cross docking“ oder des „single sourcing“ sollten aber grundsätzlich für das Krankenhaus-Management kein Tabuthema mehr sein. Damit wandelt sich die Rolle des LDL. Der logistische Dienstleister ist kein Outsourcing-Partner, der das krankenhauseigene Zentrallager übernimmt. Die Leistungen (das „Produkt“) eine LDL besteht aus mindestens vier Komponenten: operative Logistiktätigkeiten (Transport, Lager), Dienstleistungen, die den Gebrauchswert eines Produkts erhöhen; z.B. verbrauchsgerechte Kommissionierung von Produktsystemen (z.B. montierte Katheter), Organisationsleistungen zur Optimierung aller operativen und steuernden Tätigkeiten, die erforderlich sind, um benötigte Güter zeit-, verwendungs- und entsorgungsgerecht an den Verbrauchsort zu transportieren, innovative Beratungsleistungen zur ständigen Verbesserung (KAIZEN) des Güterbeschaffungs- und Gütereinsatzprozesses (Vorschläge für Set-Stücklisten; Austausch von Komponenten gegen preiswertere und qualitätsgerechtere Einzelprodukte). Unter diesem Blickwinkel wird der LDL zum unverzichtbaren Partner in Beschaffungskommissionen und Standardkonferenzen (Bereich: Medikalprodukte und Dienstleistungen). Voraussetzung dafür sind Produktneutralität, Herstellerunabhängigkeit und Zugang zu globalen Märkten. Inwieweit der LDL auch in Preisverhandlungen aktiv eingreifen sollte, wird von amerikanischen Krankenhaus-Managern unterschiedlich beurteilt. Auf dem deutschen Markt tätige 79 Innovationen im Logistik-Management LDL halten sich aus den Einkaufshoheiten des Krankenhauses strikt heraus, bringen aber sicherlich ihre Erfahrungen mit alternativen Produkten und Herstellern informal in logistische Entscheidungsprozesse mit ein. Das LDL-Konzept unterstützt die fall-/eingriffsbezogene Standardisierung von OPMedikalprodukten (z.B. Bildung von SETs/ KITPACKs) und ermöglicht auch die Einführung einer „Stockless Mode“ Logistik (Wegfall des Zentrallagers und OP-gerechte Anlieferung von Medikalprodukten für Anästhesie und Eingriff). Damit werden Rüstzeitverkürzungen im OP möglich. 4 Logistik-Management: ein ganzheitliches Gestaltungspaket Grundlegende Verbesserungen der Logistikorganisation sind nicht durch einzelne Bausteine zu erreichen: Weder eingriffsbezogene Sets noch das Versorgungsschranksystem noch der LDL als „cross docking partner“ sind für sich isoliert genommen „universelle Wunderwaffen“ im Kampf für mehr Qualität und gegen steigende Kosten. Logistik-Management ist ein ganzheitliches Gestaltungspaket; das zeigt sich an den Erfolgsvoraussetzungen des Schranksystems: Standardisierung der Produktstrukturen in Verbindung mit einer Anpassung von medizinischen Verfahrenspraktiken und Organisationsabläufen. Neuausrichtung der Logistik i.S. eines Mehrwert-Managements. Neustrukturierung des Krankenhaus-Logistik-Kanals mit Konzentration der Zusammenarbeit auf System-, Kosten- und Innovationsführer sowie LDL bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl von Direktlieferanten (= Reduktion von Komplexitätskosten). Informationsvernetzung auf Basis von EDI, EAN-Codierung, Computer Assisted Ordering zur Vereinfachung und zeitnahen Steuerung aller produktbegleitenden Administrations-, Bestell-, Rechnungslegungs- und Versandabwicklungsprozesse. Voraussetzung ist die Standardisierung der Abrechnungs- und Bestellprozeduren zwischen Krankenhaus und LDL und den LDL-seitig aktivierten Herstellern. Category Management und Reorganisation des Einkaufs (keine lieferantenbezogene Zuständigkeit, sondern Produktsysteme in Verbindung mit problemlösenden Organisationsabläufen als Einkaufsobjekt!). Einführung der Center-Organisation im Krankenhaus. Besondere Vorteile bzgl. Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit ergeben sich durch eine Versorgungslogistik auf Basis elektronischer Versorgungsschränke nicht nur für Krankenhäuser selbst, sondern insbesondere auch für logistische Kooperationspartner. 80 Hersteller/Lieferanten von Medikalprodukten, die über Konsignationsverträge das Krankenhaus beliefern, profitieren von den niedrigeren Beständen. Insofern ist es für solche Hersteller durchaus eine strategische Option, sich an der Investition in elektronische Schranksysteme zu beteiligen und im Gegenzug eine höhere Bezugsmenge zu erhalten. Innovationen im Logistik-Management Logistische Dienstleister profitieren nicht nur von den niedrigeren Beständen, sondern insbesondre vom Wegfall personalintensiver Tätigkeiten, wie z. B. der regelmäßigen Bestandsüberprüfung (ca. 0,2 VZK je 150 Betten). Darüber hinaus wird in diesem Logistikkonzept der LDL zum „Systemlieferanten/Systempartner“, der zum integrierten Organisationsbestandteil des gesamten Logistikprozesses wird. Aus LDLSicht ist die Beteiligung an einer solchen Logistikorganisation eine Marktentwicklungsoption, durch die er zum strategischen Partner des Krankenhauses wird. Seine Markt-/ Wettbewerbsposition wird gestärkt. 81 Aktuelles in der Krankenhaus-IT 9 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke Unsere Gesellschaft ist überall miteinander verknüpft, das mobile Internet macht es möglich, Informationen und Meinungen von jedem Ort auf der Welt zu jeder Zeit auszutauschen. Die Tiefgründigkeit von Social Media wird in vielen Fällen noch unterschätzt, da oft nur eine Präsenz in den bekanntesten Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube gemeint ist. Häufig wird nicht bedacht, dass der Begriff Social Media weitaus mehr bezeichnet, als nur die großen Plattformen. Social Media umfasst eine Vielzahl von Plattformen und Tools, die der Kommunikation, Interaktion und dem Austausch von Inhalten und Informationen dienen. Angefangen mit den Social Networks, weiter über Share und Discuss Plattformen bis hin zu den Virtuellen Welten. Diese Plattformen sind nur Werkzeuge, um Kommunikation und Beziehungen herzustellen. Begonnen hat die heute vorherrschende Situation mit dem Internet. Das Internet zählt schon lange zu den unersetzbaren Größen des Marketings. Charakteristisch zeichnet es sich im Vergleich zu den klassischen Marketinginstrumenten durch eine erhöhte Reichweite aus, wodurch in kürzester Zeit ein Personenkreis mit statischen Inhalten erreicht werden konnte, der durch klassische Marketinginstrumente nicht denkbar war. Auch die Kommunikation über elektronische Post war nun möglich. Nach der Einführung des Begriffs Web 2.0 von O´Reilly entwickelt sich das Marketing über das Internet weiter. Grundsätzlich bietet das Web 2.0 die Möglichkeit für alle Nutzer, selbst Inhalte zu erstellen und diese über die verschiedensten Kanäle untereinander mitzuteilen. Deshalb sagt man auch „Mitmach-Web“ dazu. Die (inter-)aktive Beteiligung am Web 2.0 der Nutzer führt dazu, dass sie die passive Konsumentenrolle verlassen und zu aktiven Co-Produzenten der Inhalte werden. Die Inhalte bekommen eine soziale Komponente und schaffen Interaktion untereinander. Zudem bietet der aktuelle Stand der Technik eine Weiterentwicklung der Informations- und Technologieprozesse, indem bspw. Websites selbst auf Änderungen hinweisen oder unterwegs abrufbar sind. Zu den erfolgreichsten Social Media Plattformen gehören Facebook, Wikipedia und YouTube. Facebook verzeichnet mittlerweile 1.000.000.000 Mitglieder weltweit. Allein in Deutschland nutzen 22 Millionen Menschen die Social Media Plattform. Der Anteil männlicher Nutzer liegt bei 52%, wobei die Hauptnutzergruppe zwischen 18 und 24 Jahren ist. Der Frauenanteil liegt bei 48%. Die Hauptnutzergruppe ist zwischen 25 und 34 Jahren alt. Im Vergleich zum klassischen Online-Marketing steht beim Social Media Marketing der Dialog mit den Kunden im Vordergrund. Die Marke wird nicht länger vom Unternehmen, sondern von den Kunden definiert – ebenso wie die veröffentlichten Inhalte. Die Kunden beurteilen die Qualität der Marke und bilden sich ihre eigene Meinung über angebotene Dienstleistungen oder Produkte. 83 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Wikipedia (entstanden aus hawaiianischer Bezeichnung „Wiki“ und dem englischen Begriff „Encyclopedia“ und bedeutet übersetzt schnelle Enzyklopädie). Wikipedia verzeichnet 23,7 Millionen in Artikel in 285 verschiedenen Sprachen. Im Jahr 2001 wurde die deutschsprachige Wikipedia-Ausgabe gegründet und ist mit 1.510.705 Artikeln die zweitgrößte Ausgabe. Anders als herkömmliche Enzyklopädien ist Wikipedia frei verfügbar. Sowohl das Abrufen von Informationen, als auch das Nutzen unter Kenntlichmachung der Quelle sind durch die Creative-Commons-Lizenz und die GNU-Lizenz für freie Dokumente möglich. Das führende Videoportal YouTube wurde 2005 gegründet und ermöglicht knapp 800 Millionen Nutzern Videos hochzuladen, zu teilen und anzusehen. Im Januar 2012 werden täglich circa 4 Milliarden Videos auf YouTube aufgerufen. YouTube ist ein kostenloses Videoportal auf dem Firmen oder Privatpersonen unterschiedlichste Videoformate, über einen Standardoder einen Markenkanal, für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen können. Zu den Web 2.0 Anwendungen gehören u. a. Blogs, Twitter, YouTube, Wikis, Social Networks, Podcasts, RSS, Mashups, Virtuelle Welten und mobile Applikationen. Das Web 2.0 wird begünstigt von der technischen Entwicklung der Smartphones und der mobilen Internetverbindung. Seit der Vorstellung des iPhone im Jahr 2007, verzeichnet die Mobilfunkbranche einen großes Wachstum. Bereits im Jahr 2009 verzeichnete die Mobilfunkbranche einen Absatz von 174.000. 000 Smartphones, zudem nutzen 121.000.000 EU-Bürger drahtlose Breitbandanschlüsse. In Deutschland verbringen mobile Nutzer circa 7 Stunden im mobilen Internet. Bis 2013 steigert sich der mobile Datenverkehr um den Faktor 60. Hierdurch kommt es zu einem erneuten Wandel in der Krankenhauskommunikation. Die WEPP-Economy hat Einzug gehalten und ist nicht weiter aufzuhalten. Das Mitmach-Web 2.0 hat sich zu einer wertschöpfenden Kombination von Web und App-Angebote in der WEPP-Economy weiterentwickelt. Auch die Aktivität von Krankenhäusern in Social Web hat zugenommen. Statistiken nach zu urteilen, liegt die aktuelle Weltbevölkerung bei 7,01 Milliarden Menschen. Hiervon haben 6 Milliarden Menschen einen Mobilfunkvertrag. 5,3 Milliarden Menschen sind bereits Mobilfunknutzer. 2,2 Milliarden nutzen das Internet, wovon wiederum 824 Millionen Menschen im mobilen Internet aktiv und 30 Millionen Menschen allein in Deutschland nutzen. 84 Aktuelles in der Krankenhaus-IT 7,01 Milliarden Weltbevölkerung 6 Milliarden Mobilfunkverträg e weltweit 4.3 Milliarden Mobilfunknutzer weltweit 2,2 Milliarden Internetnutze r weltweit 824 Millionen Nutzer des mobilen Internets Abb. 3: Internetnutzer weltweit Quelle: Accenture Analysis, Bundesamt für Statistik Schweiz (2011), Gartner (2011), GFK Online Monitor (2011), ITU (2011), United Nations aktuelle Zahlen zur Weltbevölkerung (2011). Das mobile Internet boomt und wächst mit rasender Geschwindigkeit. Die Hauptnutzergruppe liegt in der Altersklasse zwischen 20 und 29 Jahren. Die Generation 50+ ist noch zurückhaltender in der Nutzung des mobilen Internets. Allerdings ist in allen Altersklassen eine Steigerung festzustellen. 40 30 20 10 0 28 Gesamt 35 14-19 Jahre 37 20-29 Jahre 33 30-39 Jahre 27 40-49 Jahre 15 50+ Jahre Abb. 4: Nutzung des mobilen Internets Quelle: Accenture Analysis, mobile web watch (2011). Während die Patienten früher, aufgrund von nicht ausreichender Verkehrs-Infrastruktur, das Krankenhaus besucht haben, das am nächsten zu ihrem Wohnort war oder sich aufgrund eines guten Rufes präsentierte, bestehen heute für Patienten ganz andere Möglichkeiten sich zu informieren. Bevor der Patient sich für den Besuch eines Krankenhauses entscheidet, recherchiert er im Internet über die mögliche Diagnostik, oder aber tauscht sich mit an85 Aktuelles in der Krankenhaus-IT deren Betroffenen über sein Problem aus. Zudem wird das Internet zur Suche nach dem richtigen Arzt oder der richtigen Klinik zur Behandlung genutzt. Die Infrastruktur ermöglicht es heute, Kliniken in ganz Deutschland schnell zu erreichen. Auch Ferndiagnosen sind möglich. Von Patienten ist die Entscheidungsfreiheit gewünscht. Sie informieren sich vorab über Diagnostik und Krankheit im Internet und entscheiden sich anschließend, unterstützt von Empfehlungen anderer Patienten, für ein Krankenhaus. Seit der Einführung von Smartphones ist die mobile Revolution kaum noch aufzuhalten und schafft neue Dimensionen. Die steigende Mobilität und Flexibilität bilden einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Aktualität der Information ist abhängig vom Alter der Daten und vom Ort des Gerätes, die Kommunikationsbotschaften können so zielgerichtet und individualisiert übermittelt werden. Die Vorteile sind ein aktuelles Serviceangebot und höhere Lebensqualität durch die Automatisierung von Prozessen. Langfristig betrachtet kann dies für Krankenhäuser zur Kostenreduktion führen. Eine Zielbetrachtung kann die Ressourcenoptimierung und der damit einhergehende Imagegewinn sein, den das Krankenhaus durch besonderen Service erhalten kann. Bei den App-Kategorien wird zwischen Native-, Hybrid- und Web-Apps unterschieden. Die Problematik aus der Entwicklung von Krankenhaus- und Smartphone Markt ist in die Betrachtung einzubeziehen. Auch Krankenhäuser haben die Notwendigkeit des Social Media erkannt und werden zunehmend aktiver im „Mitmach-Web“. Befürwortern in der Branche fehlen oft Ressourcen, um sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Gegner hingegen sehen nicht den Mehrwert von Social Media und halten es nur für einen kurzfristigen Trend. Zur Implementierung von Social Media muss eine einheitliche Strategie festgelegt werden, um dem Krankenhaus einen Mehrwert zu bieten. In erster Linie sind die Identifikation der Ist-Situation und deren Analyse notwendig. Ziele und Zielgruppen sind festzulegen und bestimmten durchzuführende Maßnahmen, Messgrößen und Werkzeuge. Nicht für jedes Krankenhaus ist es sinnvoll eine eigene Seite in den Social Networks zu implementieren. Dennoch sollte klar sein, wie stark die Meinung der Öffentlichkeit sein kann. Aufgrund dessen besteht eine Notwendigkeit identifizierte Quellen zu beobachten, sowie die Daten zu gewinnen und diese sowohl qualitativ als auch quantitativ auszuwerten. Erlangte Erkenntnisse können für weiterführende Kommunikationsmaßnahmen genutzt werden oder sogar im Bereich der Krisenkommunikation eingesetzt werden. Krankenhäuser sollten zumindest das Social Web im Überblick behalten und Kanäle identifizieren auf denen eine Meinung über sie herrscht, um später weitere Bewertungen vorzunehmen. Daher sollte die Chance genutzt werden, relevante Beiträge über das Krankenhaus zu finden, diese zu bewerten und sich ggf. aktiv am sozialen Geschehen zu beteiligen. Prognosen machen deutlich, dass der Bereich der sozialen Medien erst am Anfang seiner ausschöpfbaren Potenziale steht, die auch Krankenhäuser sinnvoll in ihre Kommunikationsstrategie implementieren können. 86 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Literatur Accenture Analysis, mobile web watch (2011). Albert, K., Stiller, M. (2012): Der Browser als mobile Plattform der Zukunft - Die Möglichkeit HTML5-Aps, Chancen und Grenzen der Entwicklung mobiler Anwendungen mit Hilfe von Webstandards, in: Linnhoff-Popien, C., Verclas, S. (Hrsg.), Smart mobile Apps-Mit Business-Apps ins Zeitalter mobiler Geschäftsprozesse, Berlin Heidelberg 2012. Koll, S. (2007): Gesundheit per Smartphone, in: Medizin & Technik, 01 2011. Turnbull, G. (2006): Your Life in Web Apps, Berlin 2006. Internetquellen Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft (2011a): Das mobile Internet boomt.URL: http://www.bitkom.org/de/presse/64046_66799.aspx, Abruf am 20.08.12. Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft (2011): http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/64018_72245.aspx, Abruf am 04.03.2013. URL:http://www.allfacebook.de/userdata/deutschland?period=1year, Abruf am 04.03.2013. URL:http://www.youtube.com/yt/press/de/statistics.html Abruf am 11.03.2013. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia/ Abruf am 10.12.2012. 87 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Jahrestagung und Mitgliederversammlung Medica, 14. November 2012, Düsseldorf Überall sozial vernetzt Publish Share MMO Social Games Discuss Social Media Virtual Worlds Social Networks Livecast Microblog Lifestream Prof. Dr. Thomas Jäschke 88 2 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke 3 Das Web im Krankenhausmarketing Marketinginstrument Internet Veränderung des Marketings Erhöhung der Reichweite Statische Inhalte Kommunikation via E-Mail Prof. Dr. Thomas Jäschke 4 89 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke 5 Das Web im Krankenhausmarketing Marketinginstrument Internet Weitere Veränderung des Marketings Chancen und Risiken Web 2.0 von O‘Reilly 2005 beschrieben (bereits 2004 als Konferenztitel) Prof. Dr. Thomas Jäschke 90 6 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Web 2.0 Kernelemente Web 2.0 aktive Beteiligung der Nutzer, die die passive Konsumentenrolle verlassen und selbst zu Co-Produzenten der Inhalte werden soziale Interaktion untereinander Weiterentwicklungen der Technik, indem die Webseiten zum Beispiel von selbst auf Veränderungen hinweisen oder unterwegs abrufbar werden. Prof. Dr. Thomas Jäschke 7 Web 2.0 1.000.000.000 aktive User 500.000.000.000 Facebook-Minuten 23.7 Millionen Artikel 285 Sprachen Führende Pattform für Online Videos 800.000.000 Nutzer monatlich 4.000.000.000 Videoclips pro Tag Prof. Dr. Thomas Jäschke 8 91 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Web 2.0 Web 2.0 Anwendungen Blogs Twitter YouTube Wikis Social Networks Podcasts RSS Mashups Virtuelle Welten Prof. Dr. Thomas Jäschke 9 Web 2.0 Vorgestellt 2007 174.000.000 verkaufte Smartphones `09 121.000.000 EU Bürger nutzen drahtlose Breitbandanschlüsse 7 Stunden verbringen mobile User in Deutschland pro Woche im Netz Globaler, mobiler Datenverkehr steigert sich bis 2013 um den Faktor 60 Prof. Dr. Thomas Jäschke 92 10 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke 11 WWW-Evolution Der Klassiker Das Mitmach-Web Web & APP Wertschöpfende Kombination von WebAngeboten und mobilen Applikationen Prof. Dr. Thomas Jäschke 12 93 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Einige Fakten… Mobilfunkbranche Gesundheitssystem 278 Milliarden Euro Ausgaben (2010) in Deutschland 64,3 Milliarden Euro Umsatz (2011) ca. 10% der deutschen Wirtschaftsleistung (BIP) Mobiltelefon Versorgungsrate: 124% (EU) im Mittel 2,7% Steigerung pro Jahr Geringere Einnahmesteigerungen in den letzten Jahren (Flatrates, Netzausbau) im internationalen Vergleich bei den Ausgaben an vierter Stelle Fast 100% Flächenabdeckung (GSM) Ungefähr 4,7 Millionen Beschäftige Ausbau der vierten Generation (LTE) Kontinuierlicher Anstieg der Lebenserwartung, bspw. Männer von 74 auf 80 Jahren (2050) Starke Beeinflussung der Lebensweise durch Mobilfunk Prof. Dr. Thomas Jäschke 13 Einige Zahlen… 30 Millionen Nutzer des mobilen Internets in Deutschland 7,01 Milliarden Weltbevölkerung 6 Milliarden Mobilfunkverträge weltweit 4.3 Milliarden Mobilfunknutzer weltweit 2,2 Milliarden Internetnutzer weltweit 824 Millionen Nutzer des mobilen Internets Quelle: Accenture Analysis, Bundesamt für Statistik Schweiz (2011), Gartner (2011), GFK Online Monitor (2011), ITU (2011), United Nations aktuelle Zahlen zur Weltbevölkerung (2011) Prof. Dr. Thomas Jäschke 94 14 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Übersicht Smartphones 2011 40 35 35 Nokia ist (noch) eindeutig Marktführer Bei beruflicher Nutzung rückt Apple mit dem iPhone bereits auf den zweiten Platz vor 37 32,6 30 25 20 20 17 18 18 16,9 16 15 10 10 7 6,6 7 7 5 5 5 4 4 1 2 1 0 Nokia Samsung Sony Ericsson Apple LG HTC RIM (Blackberry) n = 3128 Quelle: Accenture Analysis, mobile web watch (2011) Prof. Dr. Thomas Jäschke 15 Marktverteilung der mobilen Betriebssysteme (EU) 0,2% 3,4% 5,2% 9,4% 31,2% Microsoft etabliert sich als dritte Plattform 20,7% RIM verliert international stark 29,9% Android RIM Palm Verschiebung hin zu iOS und Android in den letzten Jahren Symbian iOS Microsoft Andere Quelle: comScore, mobilLens (2011) Prof. Dr. Thomas Jäschke 16 95 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Nutzung des mobilen Internet nach Altersklassen Der Top-Anwender ist zwischen 20 und 29 Jahre alt und männlich Generation 50+ sehr moderate mobile Internetnutzung Steigerung der letzten Jahre fast in allen Altersklassen 40 35 30 25 20 15 10 5 0 35 37 33 28 27 15 Gesamt 14-19 Jahre 20-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50+ Jahre n = 3128 Quelle: Accenture Analysis, mobile web watch (2011) Prof. Dr. Thomas Jäschke 17 Social Media Nutzung nach Alter 100 90 80 70 % 60 50 40 86 74 66 30 aktiv 50 20 10 0 unter 30 Jahren 30-49 Jahre ab 50 Jahre Gesamt Alter Prof. Dr. Thomas Jäschke 96 18 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Krankenhäuser im Social Web 7% 7% 6% 5% 5% 4% 3% 4% 2% 2% 1% 1% Social Media Nutzung 2009 Social Media Nutzung 2010 0% Prof. Dr. Thomas Jäschke 19 Gesundheitsinformationen Quelle: comScore, DataGerm Prof. Dr. Thomas Jäschke 20 97 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Social Media Marketing STRATEGIE IST-Situation & Analyse Identifikation der Ziele & Zielgruppen Maßnahmen Messgrößen Werkzeuge Prof. Dr. Thomas Jäschke 21 Isoliert ist, wer nicht drin ist Nicht nur „push“! Welche Meinung haben die Patienten über ihr Krankenhaus? Welche Gerüchte & Kritiken kursieren im Netz? Wie gehen Sie mit dieser Kritik um? Wer kümmert sich? Sie werden bewertet und alle schauen hin! Sie auch? Prof. Dr. Thomas Jäschke 98 22 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Social Media Monitoring & Analyse Prof. Dr. Thomas Jäschke 23 FAZIT Erfolgsfaktoren Zukünftige Herausforderungen im Auge haben Verzahnung von IT und Marketing Social Media Strategie entwickeln Social Media Monitoring & Analyse nicht vergessen Prof. Dr. Thomas Jäschke 24 99 Aktuelles in der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Thomas Jäschke 25 100 Darstellung der Projektpartner 10 Darstellung der Projektpartner Deutsche Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung (DGFM) e. V . Marketing im Gesundheitswesen erforschen und verbessern. So lautet die Zielsetzung der Deutschen Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung DGFM e. V. „Führung und Marktorientierung im Gesundheitswesen sind täglich diskutierte Themen, bei denen allerdings wenig Klarheit herrscht“, erläuterte Professor Dr. Christian Thielscher schon zur Gründungssitzung. Wir wollen allen am Gesundheitswesen Beteiligten auf wissenschaftlicher Basis bei Führungs- und Marketingprozessen helfen. „Dabei geben die Praktiker, die in unserer Gesellschaft eine eigene Sektion vertreten aus der Unternehmensperspektive die Themen vor“, erläutert Patric Sommerhoff die praxisorientierte Struktur der DGFM. Die DGFM versteht Marketing im Sinne von Professor Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert also als marketingorientierte Führung. Der bekannte Marketing-Experte förderte nicht zuletzt wegen dieses strategischen Ansatzes die Arbeit der DGFM bereits in der Planungsphase vor der Gründung. Weitere Informationen finden Sie unter www.dgfm-ev.org 101 Darstellung der Projektpartner FOM Hochschule Die 1993 von Verbänden der Wirtschaft gegründete staatlich anerkannte gemeinnützige FOM Hochschule ist eine von Deutschlands führenden Hochschulen der Wirtschaft. Sie verfügt über mehr als 30 Standorte in Deutschland und weitere im Ausland. An der FOM studieren ausschließlich Berufstätige mit Hochschulberechtigung sowie Auszubildende, die nach dem Abitur parallel zum Studium eine betriebliche Ausbildung absolvieren. Großunternehmen wie 3M, Aldi, Bayer, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche BP, E.ON, RWE und Siemens, aber auch viele mittelständische Betriebe kooperieren bei der Ausbildung von Führungsnachwuchs mit der FOM. Die FOM legt großen Wert auf die Profilbildung in Lehre und Forschung. Die inhaltliche Profilbildung der Studiengänge konnte erfolgreich vorangetrieben, Forschungs- und Entwicklungsprojekte konnten initiiert und internationale Kooperationen realisiert werden. Als private Hochschule wirbt die FOM bei der Finanzierung der Forschung und Entwicklung auch Drittmittel ein und führt F&E-Projekte mit Drittmitteln sowie maßgeblichen Eigenanteilen durch. Angewandte Forschung an der FOM ist darüber hinaus typischerweise auch Forschung für die Lehre. Zum einen können Forschungsergebnisse in die zielgruppenorientierte Anpassung und Weiterentwicklung berufs- und ausbildungsbegleitender Curricula führen. Zum anderen fließen Forschungsergebnisse in den Lehrbetrieb ein und werden im Rahmen von Praxisprojekten oder Abschlussarbeiten aufgegriffen. Die FOM setzt ihren Schwerpunkt in der Forschung und Entwicklung u.a. auf Karriere- und Bildungsforschung, Beiträge zur Kompetenzentwicklung in KMU, steuerrechtliche Fragestellungen sowie institutionenökonomische Analysen. Weitere Informationen finden Sie unter www.fom.de 102 Anhang – Auszug aus dem Tagungsprogramm 103 Dieser Tagungsband enthält die Vorträge der 1. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Führung und Marktorientierung in der medizinischen und pflegerischen Versorgung e. V. (DGFM) vom 14.11.2012 während der MEDICA in Düsseldorf zu folgenden Themen: Führung und Personal »Employer branding Prof. Dr. Hans-Joachim Flocke, Essen »Fachkräftepräferenzen und deren Adaption im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt, Trier Praxis des Krankenhausmarketings »Aktuelle Entwicklungen des Krankenhausmarketings in der Praxis Dipl. Kfm. Horst Defren, Essen »Wirtschaftliche Chancen und Risiken von Social Media im Krankenhaus Prof. Dr. Andreas Goldschmidt, Trier »Innovatives Dienstleistungsmarketing Heinz D. Diste, Essen Qualität und ihre Messung »Nutzen und Risiken von Krankenhausführern Dipl. Kfm. Patric Sommerhoff, Düsseldorf »Korrelation von Krankenhausführern Prof. Dr. Dr. Christian Thielscher, Essen Technische Implikationen »Innovationshindernisse in der Krankenhauspraxis: dargestellt am Beispiel elektronischer Versorgungsschränke Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff, Münster »Aktuelles aus der Krankenhaus-IT Prof. Dr. Thomas Jäschke, Essen Aachen | Augsburg | Berlin | Bochum | Bönen | Bonn | Bremen | Darmstadt | Dortmund | Duisburg | Düsseldorf | Essen | Frankfurt a. M. | Freiburg | Gütersloh | Hagen | Hamburg | Hannover | Kassel | Köln | Leipzig | Mannheim | Marl | München | Münster | Neuss | Nürnberg | Offenbach | Siegen | Stuttgart | Wesel | Wuppertal