Behandlung (Therapie) des oberflächlichen Harnblasenkrebses

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Behandlung (Therapie) des oberflächlichen Harnblasenkrebses.
Im letzten Artikel haben wir die diagnostischen Möglichkeiten
behandelt, Harnblasenkrebs (auch Blasenkrebs oder medizinisch
Urothelkarzinom genannt) zu erkennen. In diesem Artikel beschäftigen
wir uns nun mit der Behandlung (Therapie) des oberflächlichen
Harnblasenkrebses.
Operative Blasenspiegelung (TUR-B)
Hat der
Urologe nach der Diagnose den dringenden Verdacht, dass
ein Harnblasenkrebs vorliegen könnte, wird er zunächst
eine relativ kleine Operation, die Trans-Urethrale Resektion der Blase
(TUR-B, TUR-Blase, oder auch operative Blasenspiegelung genannt) zur
Abklärung und Sicherung der Diagnose empfehlen.
Diese wird meist in einer urologischen Fachklinik durchgeführt. Dazu
wird unter Narkose ein starres Rohr durch die Harnröhre in die
Harnblase eingeführt, durch das sich zusätzliche Operationsinstrumente
wie, z. B. eine Hochfrequenzstrom führende Drahtschlinge, einbringen
lassen. Mit deren Hilfe werden eventuell vorhandene Tumoren und
tumorverdächtige Bereiche entfernt. In den ersten 24 Std. nach der
TUR-B sollte eine Frühinstillation (Spülung der Harnblase mit einem
Medikament) erfolgen, um zu vermeiden, dass sich in den resizierten
(entfernten) Bereichen Krebszellen neu ansiedeln können.
© 2012 - Detlef Höwing als Projekt der Selbsthilfe Harnblasenkrebs
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Die PDD während der TUR-B
PDD bedeutet Photo Dynamische Diagnostik und wird auch als
fluoreszenzgestützte Diagnostik bezeichnet.
Die Photodynamische Diagnostk (PDD) unter OP-Bedingungen wird bereits
bei der ersten TUR-B empfohlen, um ausschließen zu können, dass
tumorverdächtiges Gewebe in der Harnblase verbleibt.
HEXVIX® ist im Moment das einzige zugelassene Arzneimittel für die
photodynamische Diagnostik (PDD), um Harnblasentumoren besser sichtbar
zu machen und bei einer transurethralen Resektion festzustellen, ob
ein Tumor vollständig entfernt wurde.
Entwickelt zur besseren Erkennung von Harnblasenkrebs, insbesondere
dem Carcinoma in situ (Cis), kann die PDD auch kleinste Tumoren
nachweisen, die mit dem Standard-Weißlicht- Verfahren allein unter
Umständen nicht gesehen werden.
Nach der Instillation (Einbringen in die Harnblase) wird HEXVIX® in
ein photoaktives Porphyrin umgewandelt, welches sich in rasch
vermehrenden Zellen (z.B. Tumoren) anreichert. Unter Blaulicht
fluoreszieren diese Zellen rot.
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Dieses Phänomen macht die PDD zu einer hochsensitiven diagnostischen
Methode. Die zusätzliche PDD im Vergleich zur alleinigen
Standard-Weißlicht-TUR-B hat folgende Vorteile:
Nachweis von 30 % mehr Patienten mit Harnblasenkrebs
Nachweis von 67 % mehr Cis- Tumoren
Bessere Behandlung jedes fünften Patienten mit nachgewiesenem
Harnblasenkrebs
Die PDD wird in Verbindung mit Zystoskopen (Endoskopen) eingesetzt,
die mit Filtern ausgerüstet sind, die sowohl eine Standard-WeißlichtAnsicht als auch eine Blaulicht-Fluoreszenz- Ansicht des
Harnblasengewebes im Wechsel erlauben. Das Verfahren ist mit keinen
zusätzlichen Komplikationen verbunden. Darüber hinaus empfehlen die
EAU-Richtlinien (Europäischen Leitlinien zum Harnblasenkrebs) die
Anwendung der Fluoreszenz-gestützten TUR-B.
Eine Studie des Franziskus-Krankenhauses in Berlin (Lehrkrankenhaus
der Charité) im Jahr 2006 konnte die Wirksamkeit und die bessere
Sichtbarkeit von Tumoren der Harnblase während der TUR-B
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(transurethrale Resektion der Blase) unter Fluoreszenzbedingungen
zeigen. Es erwies sich zusätzlich, dass sich klare Vorteile bei
Zuhilfenahme von modernen Kamerasystemen bei der besseren Sichtbarkeit
von Tumoren der Harnblase ergeben - sowohl unter Weißlicht, als auch
unter Fluoreszenzbedingungen.
Was geschieht nach der TUR-B?
Die nachträgliche feingewebliche Untersuchung des entfernten Gewebes
durch den Pathologen zeigt nach der TUR-B, wie tief der Tumor in die
Harnblasenwand eingewachsen ist und er bestimmt somit die
Eindringtiefe des Tumors (das Stadium), sowie das Ausmaß der
Bösartigkeit (Grading).
Stadium und Grading des oberflächlichen Harnblasenkrebs:
Stadium (Eindringtiefe):
(p) Ta = nichtinvasiver papillärer Tumor
(p) Cis = Carcinoma in situ (flacher aggressiver Tumor)
(p)
(p)
(p)
(p)
T1
T2
T3
T4
=
=
=
=
Tumor
Tumor
Tumor
Tumor
infiltriert
infiltriert
infiltriert
infiltriert
oberflächlich die Blaseninnenwand
Muskulatur
äußeres Fett-Bindegewebe
benachbarte Organe
Grading (Bösartigkeit)
G1 = Geringe Neigung zu Rezidiven (Wiederauftreten des Tumors)
G2 = Nach der TUR-B ohne weitere Therapie treten häufig Rezidive auf
G3 = Höchste Rezidivgefahr. Der Tumor dringt dann oft tiefer in die
Harnblase ein (Progression).
Wenn die Operationsnarben in der Harnblase ausgeheilt sind, etwa nach
vier bis sechs Wochen, erfolgt eine erneute operative Blasenspiegelung
(TUR-B), um erstens zu kontrollieren, ob auch wirklich alle tumorösen
Bereiche entfernt wurden und des weiteren um durch Biopsie und
anschließende Untersuchung des entfernten Gewebes, den pathologischen
Befund zu erhärten.
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Denn nach diesem Befund richtet sich die weitere Therapie
(Behandlung).
Therapie beim oberflächlichen Harnblasenkrebs
Die oberflächlichen Harnblasenkarzinome haben eine hohe
Rezidivneigung, das heißt in bis zu 70% aller Fälle treten nach der
Operation früher oder später erneut Tumoren auf. Deshalb wird heute
allgemein eine Instillations- Therapie empfohlen. Dies geschieht durch
Einspülen eines Medikamentes in die Harnblase. Nach Setzen eines
Katheters durch die Harnröhre wird das Medikament in die Blase
eingebracht (instilliert). Dort kann es dann auf die Schleimhaut und
die tumorgefährdeten Bezirke einwirken. Die Therapie des
Harnblasenkarzinoms hängt jedoch maßgeblich vom Stadium und dem
Grading (Bösartigkeit) ab, in dem er sich befindet.
Die meisten Harnblasenkarzinome (etwa 80%) werden in frühen Stadien
(im Tumorstadium Ta oder T1) entdeckt und als nicht invasiv
(oberflächlich – nicht tief in die Blasenwand eingedrungen)
bezeichnet. Sie haben oft auch eine geringe bis mäßige Aggressivität
(Bösartigkeit). Das bedeutet, dass sich der Tumor auf die innersten
Schichten der Blasenwand beschränkt und die muskuläre Wand der
Harnblase nicht befallen hat.
Trotz aller Behandlungsmaßnahmen können jedoch innerhalb von 5 Jahren
in mehr als der Hälfte der Fälle (50-70%) neuerlich
Harnblasenkarzinome auftreten. Deshalb ist eine regelmäßige Kontrolle
beim Urologen auch durch eine Blasenspiegelung (Zystoskopie)
erforderlich. In 60-70% der Fälle können durch wiederholte TUR-B’s und
Instillationstherapien oberflächliche Harnblasenkarzinome langfristig
geheilt werden, da die Gefahr der Fernansiedelung in andere Organe
(Metastasierung) in frühen Stadien als gering eingeschätzt werden
kann.
Instillation eines Chemotherapeutikums
Zur Behandlung eines oberflächlichen Harnblasentumors, der noch im
Anfangsstadium (Ta-T1) ist und eine geringe bis mittlere Aggressivität
(Grading= G1 – G2) aufweist, wird als Standard- Therapie oft ein
chemisch hergestelltes Therapeutikum in die Harnblase instilliert
(eingebracht).
Hier hat sich gezeigt, dass Mitomycin die besten Ergebnisse einer
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Instillationsbehandlung hat. Mitomycin hat sich auch bei der
Frühinstillation nach der TUR-B als Standard-Behandlung etabliert, da
es ein geringeres Nebenwirkungsspektrum als andere Medikamente hat.
Trotzdem gibt es auch hier vereinzelte Unverträglichkeiten, die den
Einsatz anderer Chemotherapeutiker erforderlich machen.
Immuntherapie mit BCG
BCG steht für „Bacillus Calmette Guérin" und bezeichnet ein
abgeschwächtes, nicht mehr krankheitserregendes
Rindertuberkelbakterium. Durch die BCG- Immuntherapie wird das
natürliche Abwehrsystem des Körpers gegen den Harnblasenkrebs direkt
in der Blase angeregt und aktiviert.
BCG produziert besondere Abwehrzellen, sogenannte „BCG-aktivierte
Killerzellen", die gezielt Harnblasentumorzellen angreifen.
Unterstützend wird dabei die Ausschüttung von Immunbotenstoffen
(Zytokinen) angeregt.
BCG stellt eine für den Harnblasenkrebspatienten sehr effektive
Behandlungsmethode mittels Instillation in die Harnblase dar. Diese
Behandlung des oberflächlichen Harnblasenkrebs ist bei mittlerer bis
hoher Aggressivität (Bösartigkeit) des Tumors angesagt und hat bei
diesen den größten Behandlungserfolg gezeigt. Leider hat diese
Behandlungsmethode manchmal schwere bis schwerste Nebenwirkungen zur
Folge und kann damit auch zum Abbruch der oft mehrjährigen Behandlung
führen.
Beim Scheitern einer BCG- Behandlung, das heißt insbesondere beim
Wiederauftreten (Rezidiv) eines hochaggressiven Harnblasentumors, wie
dem T1 G3 oder einem Cis (Carcinoma in situ), kann jedoch nur eine
Blasenentfernung (Zysterkomie) empfohlen werden.
Cis = Carcinoma in situ
Das Carcinoma in situ (Cis) der Harnblase ist eine flach im
Schleimhautniveau gelegene Läsion, die nicht erhaben ist und seine
gesamte Ausdehnung schwer von der gesunden Harnblasenwand zu
unterscheiden lässt. Heute weiß man, das es sich um hochaggressive
Tumoren handelt, die tief in das Gewebe der Harnblase einwachsen kann.
Immuntherapie mit Immunocyanin
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Seit einigen Jahren gibt es für die Patienten, bei denen die
Instillationstherapie mit Mitomycin oder BCG erfolglos war oder sich
Unverträglichkeiten zeigten, eine Alternativ- Therapiemöglichkeit mit
Immunocyanin. Dies ist eine stabile Modifikation des Blutfarbstoffes
Keyhole-Limpet Hemocyanin (KLH) der Meeresschnecke Megatura Crenulata.
Die Therapie mit Immunocyanin (Produktname: Immucothel®), dauert
ähnlich der Therapie mit BCG insgesamt ein Jahr, hat aber weitaus
weniger Nebenwirkungen.
Leider ist dieses Medikament in Deutschland noch nicht zugelassen und
deshalb auch nicht in der Medikamentenliste Deutschlands aufgeführt,
obwohl die Therapie bei entsprechender Indikation in Einzelfällen
durchaus verschreibungsfähig ist. Das Medikament ist über die
Niederlande und in Österreich zu bekommen.
Mit einer entsprechenden Begründung des Urologen kann es aber auch von
den Krankenkassen Deutschlands übernommen werden
(Wirtschaftlichkeitsgebot gem.§§ 12 Abs. 1,70 Abs. 1 SGB V).
Insbesondere muss der Einsatz zweckmäßig und notwendig sein. Das liegt
insbesondere dann vor, wenn andere Instillationstherapien erfolglos
waren oder wegen Unverträglichkeit abgebrochen werden mussten oder
immer wieder Operationen wegen Rezidivneubildungen erforderlich sind,
bzw. die Gefahr besteht, dass ein Rezidivtumor in ein ungünstigeres
Stadium eintritt.
Ein Musterschreiben als Begründung des Urologen zur Kostenübernahme
durch die Krankenkasse und weitere Informationen dazu finden Sie im
Internet unter der Adresse:
http://www.selbsthilfe-harnblasenkrebs.de/Blasenkrebs-Infos/Artikel_zu
m_Blasenkrebs/Rezidivprophylaxe_durch_Immuno/rezidivprophylaxe_durch_i
mmuno.html Synergo- Behandlung
Synergo ist eine neue fortschrittliche Technologie zur Behandlung beim
oberflächlichen Harnblasenkrebs.
Grundlage der Behandlung ist eine kontrollierte Hyperthermie
(Überwärmung) der Harnblasenwände, zusammen mit Instillation einer
chemotherapeutischen Substanz (meist mittels Mitomycin-C) in die
Harnblase.
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Den Kern bildet ein Hochfrequenz-Generator, der die Harnblasenwand auf
eine optimale Temperatur erwärmt. Über einen Katheter lässt eine
kleine Pumpe die chemotherapeutische Lösung zwischen der Harnblase und
einem Arzneimittelreservoir zirkulieren.
Die Informationen werden an einen eingebetteten Computer übertragen,
der alle Systemfunktionen überwacht und steuert.
Die Synergo- Behandlung ist im Moment nur in wenigen urologischen
Zentren verfügbar, so bei den Entwicklern des Universitätsklinikum
Giessen, Universitätsklinikum Erlangen, Universitätsklinikum Tübingen,
Charité Berlin (CM), Universitätsklinikum München. Diese berichten
durchweg über sehr positiver Ergebnisse der Behandlung, was bedeutet,
dass bei den behandelten Patienten eine erheblich geringere
Rezidivneigung zu beobachten ist und die endgültigen Heilungschancen
steigen.
Grenzfall der Behandlung
Grenzfälle in den Behandlungsmethoden stellen die T1 G3- Tumoren und
Cis (Carcinoma in situ) der Harnblase dar. Obwohl immer noch als
oberflächliche Harnblasentumoren bezeichnet, sind sie bereits in die
Harnblasenwand eingedrungen und neigten wegen ihrer Bösartigkeit stark
zum Wiederauftreten (Rezidiv) des Tumors und auch dazu, tiefer in die
Harnblasenwand zu wachsen. Dadurch steigt die Gefahr der
Metastasierung (Fernansiedelung in andere Organe).
Bei diesen Befunden wird sowohl die komplette Entfernung der Harnblase
(Zystektomie), als auch eine Instillationstherapie mittels BCG
empfohlen. Ist diese erfolglos, das heißt, tritt während der
Behandlung ein Rezidiv auf, sind sich alle Mediziner darüber einig,
dass die Harnblase entfernt werden muss, sofern dies bei dem einzelnen
Patienten möglich ist.
Die Behandlungs-Methoden sollten immer individuell auf den einzelnen
Patienten abgestimmt sein.
Autor: Detlef Höwing
Wissenschaftliche Mitarbeit:
Prof. Dr. med. Manfred Beer, Chefarzt der Urologie des
Franziskus-Krankenhaus Berlin,
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Dr. med. Jörg Neymeyer, OA Urogynäkologie des Franziskus-Krankenhaus
Berlin,
Dr. med. Gerson Lüdecke, Facharzt für Urologie, Giessen,
Dr. med. Frank König, F.E.B.U., Berlin,
PD Dr. med. Frank Christoph, F.E.B.U., OA der Klinik für Urologie der
Charité Berlin Mitte,
Hilfreich zum Thema:
Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e.V.:
Hotline: 0208 62196041
http://www.blasenkrebs-shb.de/selbsthilfe/
Selbsthilfe Harnblasenkrebs e.V.:
Hotline: 0178 2777132
Tel.: 030 7440073
www.selbsthilfe-harnblasenkrebs.de
Blasenkrebs RisikoChek:
http://riskcheck-bladder-cancer.info
www.blasenkrebs.net
Blasenkrebs Online-Selbsthilfegruppe:
www.forum-blasenkrebs.net
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