32 | 33 Rezept auf Seite 130 Zum fabelhaften Hirschen Der Wild-Meister In seinem Restaurant Zum fabelhaften Hirschen in Groß Grönau bei Lübeck kocht Marc Grotkopp auf hohem Niveau, aber nicht abgehoben. Text: Anke GEFFERS · Fotos: Axel Sei fert 126 | 127 In Groß Grönau kommen sich Wildschwein und Antilope ganz nah – wenn auch nur auf der Speisekarte. Marc Grotkopp, Küchenchef und Inhaber des Restaurants Zum fabelhaften Hirschen, und seine Frau Bianca haben es nicht nur geschafft, dass sich Namibia und die norddeutsche Tief­­ebene perfekt ergänzen, sondern auch noch einen der besten Landgasthöfe in Schleswig-Holstein aufgebaut. Und das kam so: Als Marc Grotkopp das Restaurant, das schon sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater bewirtschafteten, vor 15 Jahren übernahm, hieß es noch ganz traditionell St. Hubertus. Ein ehemaliges Forsthaus und Ausflugslokal, erbaut vor über hundert Jahren. Wildgerichte standen schon damals auf der Speisekarte, serviert mit schweren Soßen und fettigen Beilagen. Marc Grotkopp, der bei Sterneköchen wie Heinz Wehmann im Hamburger Landhaus Scherrer oder in Wertheim bei Dieter Müller gelernt hat, entwickelte neue Ideen für das Familienrestaurant. Wild sollte es weiterhin geben, aber leichter, moderner. Und nicht nur im Winter. Dazu regionales Gemüse, Einst und jetzt: Im Jagdzimmer mit dem alten Kachelofen ist das historische Gasthaus St. Hubertus noch lebendig (o.); leger geht es im neu gestalteten Bistro zu, das in warmen Farben eingerichtet ist und ein bisschen afrikanisches Flair in den Süden von Lübeck bringt (re.). Zum fabelhaften Hirschen krosse Bratkartoffeln, außerdem Fisch, Fleisch, Geflügel. Alles auf hohem Niveau, aber nicht abgehoben. Dann trat Bianca in Marc Grotkopps Leben. Eigentlich wollte sie nur für kurze Zeit eine Ausbildung in Deutschland machen, denn ihre Familie lebt auf einer Farm in Namibia. Inzwischen heißt Bianca ebenfalls Grotkopp, ist Mutter zweier 13 und 15 Jahre alter Kinder – und statt nach Namibia zurückzugehen, hat die zierliche Frau mit dem sympa­ thischen Lachen einfach einen Teil ihrer Heimat nach Groß Grönau geholt. „Wir haben uns überlegt, dass wir das Restaurant St. Hubertus frischer, moderner und unverwechselbarer machen wollen“, sagt der 47-jährige Spitzenkoch, dessen Landhausküche mehrfach zum Beispiel vom „Feinschmecker“ und vom VartaFührer ausgezeichnet wurde. Als erstes musste ein neuer Name her. Zum fabelhaften Hirschen heißt das Traditionsgasthaus nun, mit einem Hirschen im Logo, der den Gästen zuzwinkert. „Wir wollten das Adjektiv ‚fabelhaft‘ mit einem kleinen Augenzwinkern verwenden und so zeigen, dass wir gehobene Küche mit lockerer Atmos­ phäre verbinden.“ Als nächstes nahm das Gastronomen-Paar die Gasträume in Angriff. Rechts, im eingedeckten Àla-carte-Restaurant, geht es etwas feiner zu, im angrenzenden, rot und grün gestrichenen Jagdzimmer ist ein Teil des historischen Restaurants St. Hubertus mit Geweihen an den Wänden und dem alten Kachelofen lebendig geblieben. Wer gern leger speisen oder nur mal eine Kleinigkeit essen möchte, geht nach links ins Bistro. Und hier kommt dann auch Namibia ins Spiel. Der Raum mit den gelben Wänden, dem braunen Holzfußboden und den orangefarbenen Tischdecken scheint zu leuchten und ein bisschen afrikanische Sonne ins häufig graue Schleswig-Holstein zu bringen. An den Wänden hängen Bilder von Löwen und der namibischen Wüste. Und auf der Karte stehen neben Grünkohl mit Kasseler oder eingelegtem Hering auch Hake, ein namibischer Fisch, Kaktusfeigensaft oder warmer Malvapudding mit Eis, eine kuchenartige Spezialität aus Südafrika. Und manchmal, wenn Marc Grotkopp 128 | 129 130 Zum fabelhaften Hirschen das Fleisch bekommen kann, steht auch Antilopensteak auf der Karte. Mittlerweile hat sich nicht nur in Lübeck, sondern auch im weiteren Umkreis herumgesprochen, dass man in Groß Grönau sehr gut zu bezahlbaren Preisen essen kann. Hauptgerichte wie die geschmorte Wildschweinschulter mit Pilzen und Spitzkohl kosten etwa 20 Euro, Gerichte auf der Bistrokarte wie zum Beispiel sauer eingelegte Heringe mit Bratkartoffeln rund zehn Euro. Marc Grotkopp legt keinen großen Wert auf viel Brimborium und Chichi, sondern bietet eine reelle Küche mit besten Zutaten aus der Region an. „Sicher soll das Essen auch gut aussehen, aber noch wichtiger ist es, dass es gut schmeckt.“ Der Fisch kommt aus Travemünde, das Wild von Bauer Mahnke aus Sarau. „Der geht für mich auf die Jagd.“ Saisonales Gemüse wie Schwarzwurzeln und Steckrüben stammt von Höfen aus der Umgebung, Spargel und Kartoffeln kommen vom Hof Falkenhusen im Nachbardorf. „Ich mache mir viel Mühe und Arbeit mit dem, was auf den Teller kommt“, sagt Grotkopp. Wenn ein Kind Fischstäbchen möchte, nimmt er nicht die fertigen Formteile aus der Kühltruhe, sondern paniert frischen Fisch, den er in Streifen schneidet. Wer im Fabelhafen Hirschen essen geht, kann sicher sein, dass der Chef persönlich in der Küche steht. „Ich bin hier jeden Tag 14 Stunden im Einsatz. Nur am Dienstag ist Ruhetag.“ Seinen Gästen gibt der Chef gern Tipps, bereitet für Vegetarier und Veganer Gerichte nach Wunsch zu und empfiehlt die passenden Getränke zum Menü – zur Auswahl stehen neben deutschen und französischen vor allem südafrikanische Weine. Was würde er selbst in seinem Restaurant bestellen? „Das Beste, was man essen kann, ist für meinen Geschmack ein guter Rehrücken.“ Wenn der Wild-Meister den zubereitet, ist ganz klar, wie der schmeckt: einfach fabelhaft. GUT ZU WISSEN: Von der Autobahn 20, Abfahrt Groß Sarau, auf die Hauptstraße (ehemals B207) in Richtung Lübeck fahren. Nach 3,5 Kilometern geht die Straße in die Straße St. Hubertus über. Das Restau­rant liegt am nördlichen Ortsausgang von Groß Grönau. AUF EINEN BLICK: Zum fabelhaften Hirschen Lübeck St. Hubertus 1 23627 Groß Grönau Tel. 045 09-87 78 66 www.zum-fabelhaften-hirschen.de Öffnungszeiten: Täglich ab 12 Uhr und ab 18 Uhr geöffnet, dienstags Ruhetag; bei gutem Wetter ist die Terrasse geöffnet Hirschrückenfilet auf cremigen Schwarzwurzeln mit Blaubeeren und Kräuterseitlingen ZUTATEN 1 Bund Schwarzwurzeln 2Schalotten Butter Weißwein 300 g Sahne 1 EL Zucker 1 TL Butter 125 g Blaubeeren 600 g Hirschrücken, schier Salz, Pfeffer 2Schalotten 1 Zweig Rosmarin evtl. etwas Wildgewürz 100 g Kräuterseitlinge 1 Schalotte, fein gewürfelt Butter zum Braten 500 g Kartoffeln 30 g Speckwürfel 30 g Zwiebeln, fein gewürfelt 1 Bd. gemischte Kräuter, fein geschnitten 1 Bd. Schnittlauch 2Eigelb Salz, Pfeffer, Muskat Stärke Zubereitung Die Schwarzwurzeln schälen und in dünne längliche Scheiben schneiden. Die Schalotten fein würfeln und in Butter anschwitzen. Die Schwarzwurzeln zugeben und mitschwitzen. Mit etwas Weißwein ablöschen und mit der Sahne auffüllen. Die Schwarzwurzeln bei kleiner Hitze köcheln lassen, bis sie bissfest sind und die Sahne leicht bindet. Den Zucker im Topf hell karamellisieren lassen. Die Butter zugeben, Karamell auflösen. Die Blaubeeren vorsichtig darin erwärmen. Den Hirschrücken mit Salz und Pfeffer würzen. In einer Pfanne von allen Seiten anbraten. Die Schalotten in Scheiben schneiden und mit dem Rosmarin so auf ein Backblech legen, dass der Hirschrücken genau darauf passt. Im Ofen bei 160 Grad garen, bis der Rücken innen rosa ist. Wer es nicht puristisch haben möchte, kann den Rücken jetzt noch mit etwas Wildgewürz nachwürzen. Die Kräuterseitlinge trocken abwischen, in Scheiben schneiden und mit Butter und feinen Schalottenwürfeln braten. Die Kartoffeln gar kochen und im Backofen ausdämpfen, bis sie trocken sind. Durch eine Kartoffelpresse drücken. Den Speck fein würfeln und auslassen. Die Zwiebelwürfel zugeben und glasig anbraten. Die Kräuter hinzufügen. Die Speck-ZwiebelKräutermischung in die Kartoffelmasse geben. Eigelb, Salz, Pfeffer und Muskat zugeben und alles vermengen. Für einen besseren Halt evtl. etwas Kartoffelstärke zugeben. Die Kartoffelmassen in 5 cm dicke Rollen formen und erkalten lassen. Aus der Kartoffelrolle 1 cm dicke Scheiben schneiden und in der Pfanne braten. Weintipp: Dazu passt zum Beispiel ein Luddite Shiraz aus Südafrika.