Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen:Intervention

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Suizidalität bei Kindern und
Jugendlichen:Intervention
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
der Städtischen Kliniken gGmbH Köln/Holweide
Interventionen bei suizidalem Verhalten
•
•
•
•
Prävention
Krisenintervention
Therapie
Nachsorge/Nachbehandlung
Krisenintervention - Erstkontakt
• Frühzeitige Kontaktaufnahme
• Adäquater Rahmen und ausreichend Zeit für ein erstes
Gespräch
• Exploration ohne die direkten Bezugspersonen
• Vermeiden von Schuldvorwürfen
• Konkrete Fragen bzgl. Suizidaler Gedanken und
Vorstellungen
• Angebot von Hilf- und Therapiemöglichkeiten
• Erfragen und Benennung von persönlichen
Bezugspersonen
1
Kriterien für die Einschätzung der Suizidalität
nach Remschmidt 1992 und Steinhausen 1996
• Wurde der Suizidversuch in Isolation ausgeführt?
• Machte der Zeitpunkt eine Entdeckung und Intervention
unwahrscheinlich?
• Wurden Vorsorgemaßnahmen gegenüber einer Entdeckung
ergriffen?
• Wurden Vorbereitungen in Vorausschau auf den Tod
getroffen?
• Wurden Dritte vorher über die Absicht informiert?
• Bestand Vorsätzlichkeit und lag genauer Suizidplan vor?
• War eine Nachricht hinterlegt?
Schlußfolgerungen
• "Wer über den Selbstmord spricht, macht keinen."
• Falsch. Acht von zehn Selbstmördern haben ihr Vorhaben
zuvor unmissverständlich angedeutet.
• "Ein fehlgeschlagener Versuch zeigt, dass es nicht ernst
gemeint war."
• Falsch. Jeder Dritte versucht erneut, sich das Leben zu
nehmen. Jeder Zehnte stirbt schließlich durch eigene Hand.
• "Wer sich umbringt, ist eben verrückt.“
• Auch falsch. "Wer an Suizid denkt, hat nicht immer gleich
eine psychiatrische Erkrankung, sondern ist zunächst
todunglücklich, braucht Hilfe.
2
Interventionen bei suizidalem Verhalten
•
•
•
•
Prävention
Krisenintervention
Therapie
Nachsorge/Nachbehandlung
Therapiesetting
• Die Diagnostik der Suizidalität entscheidet
über die Wahl des Settings, denn die
Diagnose akuter Suizidalität erzwingt die
stationäre intensivpsychiatrische
Behandlung.
3
Wesentliche Kriterien für eine stationäre
Behandlung bei Suizidalität
• Fortbestehende akute Suizidalität
• Therapiebedürftige Grunderkrankung
• Fortbestehender aktuell nicht lösbarer psychosozialer, die
Suizidalität begründender Konflikt
• Wiederholtes suizidales Verhalten
• Suizidversuch mit harter Methode (Sprung aus der Höhe,
Schusswaffengebrauch, Strangulationsversuch)
• Unzureichende ambulante Kooperationsmöglichkeit bei
Patient und Familie
Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen
• § 1631b BGB
• Psych-KG (§ 11)
• § 42.3 KJHG
Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen
§ 1631b BGB
• Zivilrechtliche- Genehmigung
• Erlaubt eine Freiheitsentziehung zwingt aber nicht
• Genehmigungsentscheidung nicht
Anordnungsentscheidung
• Bei akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung wenn die
Gefährdung im Zusammenhang mit einer psychischen
Erkrankung oder Störung steht (medizinische Indikation)
• Akut behördliche Genehmigung, die spätestens nach 24 h
einer richterlichen Genehmigung bedarf.
4
Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen
Psych-KG (Psychiatrie-Krankengesetz)
• Öffentlich-rechtliche Unterbringung
• Anordnung von Schutzmaßnahmen bei Selbstgefährdung
oder einer Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer
auf Grund einer psychischen Krankheit
• Psychische Krankheiten im Sinne dieses Gesetztes sind
behandlungsbedürftige Psychosen sowie andere
behandlungsbedürftige psychische Störungen und
Abhängigkeitserkrankungen von vergleichbarer Schwere
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen
- Therapeutische Maßnahmen I• Das Hauptaugenmerk liegt zunächst auf den Erfordernissen
– einer Konfliktentlastung,
– der Behandlung einer ggf. vorliegenden primären
psychiatrischen Erkrankung,
– einer medikamentösen Entspannung
– der Klärung der nächsten antisuizidal gerichteten
Lebensziele und
– der Einleitung erster, den Patienten entlastenden und
ermutigenden Maßnahmen.
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
5
Symptome der depressiven
Episode
nach ICD-10
Hauptsymptome
andere häufige Symptome
1. Gedrückte Stimmung
2. Interesse-/Freudlosigkeit
3. Antriebsstörung
1. Konzentrationsstörung
2. Vermindertes Selbstwertgefühl
3. Schuldgefühle
4. Hemmung / Unruhe
5. Selbstschädigung
6. Schlafstörung
7. Appetitminderung
zwei bis vier andere Symptome
müssen vorhanden sein
zwei oder drei Hauptsymptome
müssen vorhanden sein
Dauer: mindestens zwei Wochen
Indikation für eine stationäre Aufnahme
6
Psychotherapie Ansätze
(Leitlinie KJP 2007)
• Kognitive Verhaltenstherapie (I)
(Meta-analyse Klein et al. 2007)
•
•
•
•
Interpersonelle Therapie (II)
Familientherapie (IV-V)
Klientenzentrierte Spieltherapie (IV-V)
Tiefenpsychologische Behandlung (IV-V)
TADS (Treatment of Adolescents
with Depression Study)
(March et al 2004)
N = 439 Adoleszente mit „major depression“ über 12 Wochen
behandelt mit Fluoxetin und/oder Kognitiv-behavioralerTherapie (CBT)
Ergebnisse Besserung bei:
• 71,0%
CBT + Fluoxetin
• 60,6%
Fluoxetin alleine
• 43,2%
CBT alleine
• 34,8%
Plazebo
Antidepressiva
Wirkweise
Indikation
Einteilung
Effektivität
Anwendung
7
Wirkweise
• Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme
von Neurotransmittern ( v. a. Noradrenalin,
Serotonin)
• Erhöhung derer Konzentration im
synaptischen Spalt
Antidepressiva
Wirkweise
Indikation
Einteilung
Effektivität
Anwendung
8
Indikation zur pharmakologischen
Behandlung
• Ein Teil im Gesamtplan der Behandlung nach
eingehender kinder- und jugendpsychiatrischer
Diagnostik
• Orientierung am klinischen Bild und Schweregrad,
nicht an ätiologischen Hypothesen
• Besonders bei schweren Formen und bei
Suizidalität zu erwägen
Antidepressiva
Wirkweise
Indikation
Einteilung
Effektivität
Anwendung
Pharmakologischen Eigenschaften
von verordneten Antidepressiva im Kinder- und Jugendbereich
Antidepressiva
Abkürzung
Wirkstoff/Beispiele
Selektive SerotoninWiederaufnahme-Hemmer
SSRI
Citalopram (z.B. Cipramil®)
Fluoxetin (z.B. Fluctin®)
Fluvoxamin (z.B. Fevarin®)
Paroxetin (z.B. Seroxat®)
Sertralin (z.B. Zoloft®)
Selektive Serotonin-Noradrenalin
Wiederaufnahme-Hemmer
SNRI
Venlafaxim (z.B. Trevilor®)
Noradrenerge und spezifisch serotonerge α2 NaSSA
Blocker
Mitrazapin (z.B. Remergil®)
Nicht selektive Serotonin/
Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer
(Trizyklische Antideprssiva)
TZA
Clomipramin (z.B. Anafranil®)
Doxepin (z.B. Aponal®)
Imipramin (z.B. Tofranil®)
Selektive Monoamiooxidase-Hemmer
MAO
Moclobemid (z.B.Aurorix®)
Pflanzliche Antidepressiva z.B.
Johanniskrautextrakte
Hypericum
Johanniskraut (z.B. Jarsin®)
9
Pharmakologisches Profil von
Antidepressiva
(modifiziert nach Benkert und Hippius 1998)
Klinisches Wirkungsspektrum
verschiedener Antidepressiva
(modifiziert nach Bezchlibnyk-Butler und Jeffries 2002)
Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmmer (SSRI´s)
Vorteile der SSRI`s gegenüber TZA`s
• Geringeres Mortalitätsrisiko bei Überdosierung
• Schwächere Verstärkung der Alkoholwirkung
• Seltenere anticholinerge Ereignisse
• Seltener antihistaminerge Ereignisse
• Aber häufiger unerwünschte Serotonin bedingte
Ereignisse
10
Antidepressiva
Wirkweise
Indikation
Einteilung
Effektivität
Anwendung
Effektivität der pharmakologischen
Behandlung
• Kenntnisstand ist unbefriedigend kaum
Evidenz basiert
• Die Situation bzgl. SSRI ist verwirrend und
unklar
• Außer für Fluoxetin fehlen Daten (Metaanalyse
von Whittington et al. 2004, Hammad et al. 2006)
Antidepressiva
Wirkweise
Indikation
Einteilung
Effektivität
Anwendung
11
Klinische Anwendung (1)
Die Wahl des Pharmakons wird bestimmt durch
• Schwere der Erkrankung,
• Grad der psychomotorischen Agitiertheit
• Wechselwirkungen
• Somatische Begleiterkrankungen
• Vorliegen von Suizidalität
• Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil
Klinische Anwendung (4)
• Langsame Aufdosierung
• Labor-/EKG-Kontrollen, EEG (Beginn und Verlauf)
• Sedierung u. Schlafbesserung sofort
• Antidepressive Wirkung nach 1-4 Wochen (bei
Zwängen 8-10 Wochen)
• Kein Umsetzen vor Ablauf von 4-6 Wochen
• Langsames Ausschleichen der Medikation
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
12
Früh manifeste Störungen des Sozialverhaltens (SV)
vor dem 8. Lebensjahr sind im Erwachsenenalter
assoziiert mit *:
 Kriminalität
 Substanzmissbrauch
 suizidalem Verhalten
 multiplen Problemen der seelischen Gesundheit
(antisoziale Persönlichkeitsstörung)
 fehlender beruflicher Qualifikation
 Arbeitslosigkeit
* Fergusson & Horwood, JCPP 39, 1097-1108, 1998
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
Häufige psychosoziale Belastungen
• Abwesenheit eines oder beider Elternteile durch Trennung,
Scheidung oder Tod (20%)
• Psychische Störungen bei anderen Familienmitgliedern, z.B.
Depressionen, Suizidversuche, Suchterkrankungen (19%)
• Disharmonien in der Familie, z.B. chronische elterliche
Ehekonflikte (20%)
• Unzureichende oder verzerrte intrafamiliäre Kommunikation
(9%)
• Mangel an emotionaler Wärme in intrafamiliären Beziehungen
(8%)
• Unzureichende und/oder inkonsistente elterliche Kontrolle,
Verwahrlosung (6%).
13
Gründe für Suizidversuche bei Jugendlichen
(Eigenangaben)
nach Boegers et al.(1998); aus Herpertz-Dahlmann 2001, S. 719
%
Sterben wollen
Erleichterung eines unerträglichen Gefühlszustandes
Zeitweiliges Entfliehen aus einer unlösbaren Situation
Jemandem seine Verzweiflung mitteilen
Herausfinden, ob man wirklich geliebt wird
Jemandem ein schlechtes Gewissen bereiten
Jemandem zeigen, wie sehr man ihn geliebt hat
Hilfe zu bekommen
Andere
28
18
13
9
5
4
2
1
18
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
Folgen von Alkoholismus
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Polyneuropathie
Zerebelläre Atrophie
Hepatische Enzephalopathie
Zerebrale Krampfanfälle
Leber, Pankreas, Magen-Darm-Trackt
Kardiomyopathie und Myopathie allgemein
Hautveränderungen
Karzinogene Wirkung
Suizid
14
Verhaltensänderung bei Alkoholismus
•
•
•
•
Herabgesetzte Frustrationstoleranz
Stimmungslabilität
Verminderte emotionale Kontrolle
Plötzlicher Wechsel zwischen Aggressivität und
Passivität
• Selbstmitleidiges Verhalten
• Abnahme Durchhaltevermögen und der
Belastbarkeit
• Anxiolyse
15
Anteil junger Menschen mit Rauscherfahrungen
(12-25-jährige > 6)
30
28%
27%
25
20
15
18%
12%
10
Männer
Frauen
14%
7%
5
0
1997
2001
2004
Binge-Trinken bei den 12-17- Jährigen
Es haben in den letzten 30 Tagen mindestens einmal Binge-Trinken
praktiziert:
35
30
25
20
30,7
26,3
22,6
18,7
23,8
19,6
15,2
25,5
20,1
23
männlich
20,4
17,7
weiblich
15
insgesamt
10
%
5
0
2004
2005
2007
2008
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA 2008
16
Komorbidität bei Suchtstörungen
Stationären Drogenentgiftung komorbide psychische
Störungen bei 60% (Thomasius 2009)
• Störung des Sozialverhaltens
• Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
• Depressive Störungen
• Angststörungen
• Psychosen
• Suizidalität und Selbstverletzung
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
Verlauf und Prognose
Verlaufsformen sehr variabel!
• ~20- 30% akuter Beginn (< 2 Wo), 50%
schleichend
• 30% Negativsymptome in frühen, 60% in
späten Krankheitsstadien
• intellektuelle Fähigkeiten abnehmend
• hohes Suizidrisiko in Prodromalperiode
und ersten Jahren der Krankheit
17
Psychische Störungen und Suizidalität
Walrath et al. 2001
• Depression (30-96%)
• Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven
Verhalten (bis 50%)
• Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen
(25% bei stationären kinder- und
jugendpsychiatrischen Patienten)
• Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%)
• Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%)
• Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%)
Allgemeine Definition der
Persönlichkeitsstörung
ICD-10 F60-62:
- „tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die
sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche
persönliche und soziale Lebenslagen zeigen“
- „deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken,
Fühlen und in den Beziehungen zu anderen“
Kriterien spezifischer
Persönlichkeitsstörungen
• Unausgeglichenheit bzgl. Einstellungen,
Verhalten, Affekt, Antrieb, Impulskontrolle,
Wahrnehmung, Denken, sozialer Interaktion
• die Verhaltensmuster sind stabil,
situationsübergreifend und oft unpassend
• Störung beginnt im Kindes- und Jugendalter
• Leidensdruck meist erst nach längerem Verlauf
• Einschränkung der sozialen und beruflichen
Funktionsfähigkeit
18
Epidemiologie der BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS)
• Ca 60% der Pat. Mit BPD werden vor dem 19 Lj. Schon behandelt
• 27% der Patienten berichten über eine sexuellen Missbrauch durch
Bezugspersonen
• Bei 91% liegt ein emotionaler, verbaler oder körperlicher Missbrauch
vor
• Suizide finden sich bei 5-10% der Patienten
• Selbstverletzendes Verhalten zeigen 70-80% der Patienten
Im KJ-Alter keine syst. Erfassung von PS in epidemiologischen Studien, daher sichere Aussagen zur
Häufigkeit und zum Langzeitverlauf kaum möglich
Borderline-Persönlichkeitsstörung
nach DSM-IV
1.
Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassen werden
zu verhindern
2.
Ein Muster instabiler, aber aktiver intensiver zwischenmenschlicher
Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der
Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist
3.
Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des
Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung
4.
Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbst schädigenden Bereichen
(Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, „Fressanfälle“)
Borderline-Persönlichkeitsstörung
nach DSM-IV
5.
Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oderdrohungen oder selbstverletzendes Verhalten
6.
Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der
Stimmung (z.B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder
auch Angst)
19
Korrelationen zwischen Suizidversuchen und
selbstverletzendem Verhalten (SVV)
(Heidelberger Schulstudie Kaess et al.2010)
SVV
Suizidalität Suizidalität Suizidalität
nie
nie
(n = 5296)
89,3%
1- bis 3-mal
pro J.
> 3-mal pro J.
einmal
(n = 332)
41,6%
mehrmals
(n = 121)
20,7%
8,8%
38,5%
29,7%
1,9%
19,9%
49,6%
100%
100%
100%
SelbstverlezendesVerhalten
• KJP-Patienten Prävalenz von 4%
• 65% aller Selbstverletzungen = oberflächliches
Schnittverletzungen („Ritzen)
• Weibliche Jugendliche 2- bis 9fach häufiger
• Störung des Sozialverhaltens 40%
• Essstörungen 35-40%
• Persönlichkeitsstörungen ca 35%
Häufigkeit von selbstverletzendem
Verhalten (Heidelberger Schulstudie Kaess et al.2010)
N = 5759; 14 jährige
Selbstverletzung bei 14,9%
Gelegentlich 10,9%
Repetitiv 4%
20
Häufige Auslöser „leichter Formen“
selbstverletzender Verhaltenweisen
•
•
•
•
•
•
Enttäuschte Beziehungserfahrungen
Kränkungen und Zrückweisungen
Soziale Isolation
Überforderungen
Aufmerksamkeitssuche
Konflikte im familiären Bereich
Belastungsfaktor
Selbstverletzendes Verhalten
•
leichte Formen (z.B. oberflächliches Ritzen der
Haut mit scharfen Gegenständen)
•
schwere Formen (z.B. tiefe Schnittverletzung
mit Rasierklingen, Verbrennungen mit Rasierklingen,
Verletzungen im Genitalbereich etc.)
Belastungsfaktor
Selbstverletzendes Verhalten
•
leichte Formen (z.B. oberflächliches Ritzen der
Haut mit scharfen Gegenständen)
•
schwere Formen (z.B. tiefe Schnittverletzung
mit Rasierklingen, Verbrennungen mit Rasierklingen,
Verletzungen im Genitalbereich etc.)
21
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen
- Therapeutische Maßnahmen II • Der Kontakt und der Maßnahmenkatalog ist von Seiten des
Therapeuten aktiv zu initiieren und sicherzustellen.
• Aufbau einer Vertrauensbeziehung zu dem Patienten, aber
auch zu den entscheidungsrelevanten Bezugspersonen
• Keine Moralisierung, keine schuldinduzierenden
Erklärungsansätze!
• Aus Gründen der Suizidprävention (Gefahr der Nachahmung)
Betreuung des Freundeskreises, der Schulklasse oder der
Mitpatienten notwendig (insbesondere bei vollzogenem
Suizid)
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen
- Therapeutische Maßnahmen III• Bei ambulanter Behandlung - akute Suizidalität besteht also
nicht - sind die nächstnotwendigen Kontakte und
Betreuungsmaßnahmen abzusprechen und Regelungen für den
Notfall (erneute Suizidalität) zu treffen.
• Antisuizidvertrag (kontrovers. diskutiert (Schmidtke u.
Schaller 1996)). Im Einzelfall erfüllt er jedoch für eine kurze
Zeitspanne (wenige Tage) seinen guten Zweck, nicht zuletzt
allein deshalb, weil der Vertrag auch den Therapeuten zu
einer Verbindlichkeit verpflichtet, die bei. der Führung des
suizidalen Patienten unerlässlich ist.
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen
- Therapeutische Maßnahmen IVKognitive Verhaltenstherapie
• Einzeltherapie
– Veränderung inadäquater Denkstile,
– das Training adäquater kognitiver Verarbeitung
– emotionale Regulation
– Präventive Verhaltensmöglichkeiten und zu suizidalem Verhalten
alternative Handlungsspielräume
• Im gruppentherapeutischen Setting
– Training der sozialen Fertigkeiten
– Kommunikationstechniken
– positive Gruppenmodelle
• Techniken zur Spannungsreduktion können, wenn indiziert, sowohl im
Einzelverfahren als auch in der Gruppe eingeübt werden.
22
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen V
- Therapeutische Maßnahmen -
• Medikamentöser Behandlung Aufklärung über
Wirkung, Dosierung, unerwünschte Wirkungen,
Verlaufs- und Laborkontrollen sowie Aspekte der
Lebensführung (Abstinenz von Alkoholkonsum
usw.)
• Aspekte der Gefahr der Tablettenintoxikation in
parasuizidaler Absicht sind besonders zu beachten.
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen VI
-Therapeutische Maßnahmen -
• Das Arbeitsbündnis mit der Familie
• Rasche Entscheidung über Art und Intensität der Familienarbeit
• Baldige Entlastungen, ambulante Betreuung einleiten.
• Rechtzeitige Planung der nachstationären Behandlung
( Rezidivquote von 20-25% nach suizidalen Handlungen,
va. im ersten Jahr nach dem Suizidversuch!)
Tranquilizer
Einteilung
Wirkweise
Anwendung
23
Wirkweise
Tranquilizer verstärken die Funktion des
hemmenden Neurotransmitters GABA.
Indikation
•
•
•
•
Angstzustände
Unruhe, Erregungszustände
Schlafstörungen
Epilepsie
Klinische Wirkung
•
•
•
•
•
Anxiolyse
Anspannungslösung
Reizabschirmung
Schlafanbahnung
Verminderung des Muskeltonus
24
Unerwünschte Wirkungen
•
•
•
•
•
•
•
Tagesmüdigkeit
Konzentrationsstörungen
Aufmerksamkeitseinschränkung
Reaktionszeitverlängerung
Muskelschwäche
Abhängigkeit, Entzugssymptome
Bei Kindern und geistiger Behinderung
paradoxe Reaktion möglich!
Häufigste Substanzen
• Lorazepam (Tavor): HWZ 12-18h
• Diazepam (Valium): HWZ 20-50h
• Flunitrazepam (Rohypnol): HWZ 14-24h
1-2mg Tavor ~ 1mg Rohypnol ~ 10mg
Valium
• Antidot bei Intoxikation: Anexate 0,2mg
i.v.
(Fl
il)
Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen VII
- Therapeutische Maßnahmen -
• Mit äußerfamiliäre Institutionen zur Prävention, Behandlung
und Wiedereingliederung (z.B. Heimeinrichtungen,
Tagesstätten, Internate) eindeutige Regelungen vereinbaren und
die Fragen der ambulanten Nachbetreuung regeln.
• Bei Jugendhilfemaßnahmen die eine Entscheidung des
zuständigen Jugendamtes zur finanziellen Trägerschaft
voraussetzen (z.B. Übergang in therapeutische Wohngruppe),
sind frühzeitig die Sorgeberechtigten für die Kontaktaufnahme
mit dem Jugendamt zu gewinnen und anzuleiten.
25
Störungsspezifische Hilfe/Therapie
Personzentriert
Milieuzentriert
Organisch
Intrapsychisch
Umfeldbezogen
Strukturell
Medikation
Diät
Körperbezogen
wie:
Beratung
Psychotherapie
Heilpädagogik
Musiktherapie
Kunsttherapie
Ergotherapie
Soziotherapie
Gruppentherapie
Familientherapie
Elterntherapie
Erzieher/Elterntraining
Jugendhilfe
SozialrechtlichHilfen
InstitutionelleIntegration
Milieutherapie
Krankengymnastik
Entspannungsverf.
Biofeedback
Wiederholungsrisiko
nach Hawton (1986)
• Anhaltende Suizidgedanken und Suizidplanung
• Frühere Suizidversuche
• Psychiatrische Störungen, insbesondere Depression,
Persönlichkeitsstörung, Psychose und Wahn
• Alkoholismus in der Familie
• Gestörte Beziehung zu Familienmitgliedern und engsten
Bezugspersonen
• Wunsch des Patienten nach stationärer Aufnahme
26
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