Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen:Intervention Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Städtischen Kliniken gGmbH Köln/Holweide Interventionen bei suizidalem Verhalten • • • • Prävention Krisenintervention Therapie Nachsorge/Nachbehandlung Krisenintervention - Erstkontakt • Frühzeitige Kontaktaufnahme • Adäquater Rahmen und ausreichend Zeit für ein erstes Gespräch • Exploration ohne die direkten Bezugspersonen • Vermeiden von Schuldvorwürfen • Konkrete Fragen bzgl. Suizidaler Gedanken und Vorstellungen • Angebot von Hilf- und Therapiemöglichkeiten • Erfragen und Benennung von persönlichen Bezugspersonen 1 Kriterien für die Einschätzung der Suizidalität nach Remschmidt 1992 und Steinhausen 1996 • Wurde der Suizidversuch in Isolation ausgeführt? • Machte der Zeitpunkt eine Entdeckung und Intervention unwahrscheinlich? • Wurden Vorsorgemaßnahmen gegenüber einer Entdeckung ergriffen? • Wurden Vorbereitungen in Vorausschau auf den Tod getroffen? • Wurden Dritte vorher über die Absicht informiert? • Bestand Vorsätzlichkeit und lag genauer Suizidplan vor? • War eine Nachricht hinterlegt? Schlußfolgerungen • "Wer über den Selbstmord spricht, macht keinen." • Falsch. Acht von zehn Selbstmördern haben ihr Vorhaben zuvor unmissverständlich angedeutet. • "Ein fehlgeschlagener Versuch zeigt, dass es nicht ernst gemeint war." • Falsch. Jeder Dritte versucht erneut, sich das Leben zu nehmen. Jeder Zehnte stirbt schließlich durch eigene Hand. • "Wer sich umbringt, ist eben verrückt.“ • Auch falsch. "Wer an Suizid denkt, hat nicht immer gleich eine psychiatrische Erkrankung, sondern ist zunächst todunglücklich, braucht Hilfe. 2 Interventionen bei suizidalem Verhalten • • • • Prävention Krisenintervention Therapie Nachsorge/Nachbehandlung Therapiesetting • Die Diagnostik der Suizidalität entscheidet über die Wahl des Settings, denn die Diagnose akuter Suizidalität erzwingt die stationäre intensivpsychiatrische Behandlung. 3 Wesentliche Kriterien für eine stationäre Behandlung bei Suizidalität • Fortbestehende akute Suizidalität • Therapiebedürftige Grunderkrankung • Fortbestehender aktuell nicht lösbarer psychosozialer, die Suizidalität begründender Konflikt • Wiederholtes suizidales Verhalten • Suizidversuch mit harter Methode (Sprung aus der Höhe, Schusswaffengebrauch, Strangulationsversuch) • Unzureichende ambulante Kooperationsmöglichkeit bei Patient und Familie Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen • § 1631b BGB • Psych-KG (§ 11) • § 42.3 KJHG Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen § 1631b BGB • Zivilrechtliche- Genehmigung • Erlaubt eine Freiheitsentziehung zwingt aber nicht • Genehmigungsentscheidung nicht Anordnungsentscheidung • Bei akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung wenn die Gefährdung im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung oder Störung steht (medizinische Indikation) • Akut behördliche Genehmigung, die spätestens nach 24 h einer richterlichen Genehmigung bedarf. 4 Unterbringung eines Kindes und Jugendlichen Psych-KG (Psychiatrie-Krankengesetz) • Öffentlich-rechtliche Unterbringung • Anordnung von Schutzmaßnahmen bei Selbstgefährdung oder einer Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer auf Grund einer psychischen Krankheit • Psychische Krankheiten im Sinne dieses Gesetztes sind behandlungsbedürftige Psychosen sowie andere behandlungsbedürftige psychische Störungen und Abhängigkeitserkrankungen von vergleichbarer Schwere Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen - Therapeutische Maßnahmen I• Das Hauptaugenmerk liegt zunächst auf den Erfordernissen – einer Konfliktentlastung, – der Behandlung einer ggf. vorliegenden primären psychiatrischen Erkrankung, – einer medikamentösen Entspannung – der Klärung der nächsten antisuizidal gerichteten Lebensziele und – der Einleitung erster, den Patienten entlastenden und ermutigenden Maßnahmen. Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) 5 Symptome der depressiven Episode nach ICD-10 Hauptsymptome andere häufige Symptome 1. Gedrückte Stimmung 2. Interesse-/Freudlosigkeit 3. Antriebsstörung 1. Konzentrationsstörung 2. Vermindertes Selbstwertgefühl 3. Schuldgefühle 4. Hemmung / Unruhe 5. Selbstschädigung 6. Schlafstörung 7. Appetitminderung zwei bis vier andere Symptome müssen vorhanden sein zwei oder drei Hauptsymptome müssen vorhanden sein Dauer: mindestens zwei Wochen Indikation für eine stationäre Aufnahme 6 Psychotherapie Ansätze (Leitlinie KJP 2007) • Kognitive Verhaltenstherapie (I) (Meta-analyse Klein et al. 2007) • • • • Interpersonelle Therapie (II) Familientherapie (IV-V) Klientenzentrierte Spieltherapie (IV-V) Tiefenpsychologische Behandlung (IV-V) TADS (Treatment of Adolescents with Depression Study) (March et al 2004) N = 439 Adoleszente mit „major depression“ über 12 Wochen behandelt mit Fluoxetin und/oder Kognitiv-behavioralerTherapie (CBT) Ergebnisse Besserung bei: • 71,0% CBT + Fluoxetin • 60,6% Fluoxetin alleine • 43,2% CBT alleine • 34,8% Plazebo Antidepressiva Wirkweise Indikation Einteilung Effektivität Anwendung 7 Wirkweise • Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme von Neurotransmittern ( v. a. Noradrenalin, Serotonin) • Erhöhung derer Konzentration im synaptischen Spalt Antidepressiva Wirkweise Indikation Einteilung Effektivität Anwendung 8 Indikation zur pharmakologischen Behandlung • Ein Teil im Gesamtplan der Behandlung nach eingehender kinder- und jugendpsychiatrischer Diagnostik • Orientierung am klinischen Bild und Schweregrad, nicht an ätiologischen Hypothesen • Besonders bei schweren Formen und bei Suizidalität zu erwägen Antidepressiva Wirkweise Indikation Einteilung Effektivität Anwendung Pharmakologischen Eigenschaften von verordneten Antidepressiva im Kinder- und Jugendbereich Antidepressiva Abkürzung Wirkstoff/Beispiele Selektive SerotoninWiederaufnahme-Hemmer SSRI Citalopram (z.B. Cipramil®) Fluoxetin (z.B. Fluctin®) Fluvoxamin (z.B. Fevarin®) Paroxetin (z.B. Seroxat®) Sertralin (z.B. Zoloft®) Selektive Serotonin-Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer SNRI Venlafaxim (z.B. Trevilor®) Noradrenerge und spezifisch serotonerge α2 NaSSA Blocker Mitrazapin (z.B. Remergil®) Nicht selektive Serotonin/ Noradrenalin Wiederaufnahme-Hemmer (Trizyklische Antideprssiva) TZA Clomipramin (z.B. Anafranil®) Doxepin (z.B. Aponal®) Imipramin (z.B. Tofranil®) Selektive Monoamiooxidase-Hemmer MAO Moclobemid (z.B.Aurorix®) Pflanzliche Antidepressiva z.B. Johanniskrautextrakte Hypericum Johanniskraut (z.B. Jarsin®) 9 Pharmakologisches Profil von Antidepressiva (modifiziert nach Benkert und Hippius 1998) Klinisches Wirkungsspektrum verschiedener Antidepressiva (modifiziert nach Bezchlibnyk-Butler und Jeffries 2002) Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmmer (SSRI´s) Vorteile der SSRI`s gegenüber TZA`s • Geringeres Mortalitätsrisiko bei Überdosierung • Schwächere Verstärkung der Alkoholwirkung • Seltenere anticholinerge Ereignisse • Seltener antihistaminerge Ereignisse • Aber häufiger unerwünschte Serotonin bedingte Ereignisse 10 Antidepressiva Wirkweise Indikation Einteilung Effektivität Anwendung Effektivität der pharmakologischen Behandlung • Kenntnisstand ist unbefriedigend kaum Evidenz basiert • Die Situation bzgl. SSRI ist verwirrend und unklar • Außer für Fluoxetin fehlen Daten (Metaanalyse von Whittington et al. 2004, Hammad et al. 2006) Antidepressiva Wirkweise Indikation Einteilung Effektivität Anwendung 11 Klinische Anwendung (1) Die Wahl des Pharmakons wird bestimmt durch • Schwere der Erkrankung, • Grad der psychomotorischen Agitiertheit • Wechselwirkungen • Somatische Begleiterkrankungen • Vorliegen von Suizidalität • Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil Klinische Anwendung (4) • Langsame Aufdosierung • Labor-/EKG-Kontrollen, EEG (Beginn und Verlauf) • Sedierung u. Schlafbesserung sofort • Antidepressive Wirkung nach 1-4 Wochen (bei Zwängen 8-10 Wochen) • Kein Umsetzen vor Ablauf von 4-6 Wochen • Langsames Ausschleichen der Medikation Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) 12 Früh manifeste Störungen des Sozialverhaltens (SV) vor dem 8. Lebensjahr sind im Erwachsenenalter assoziiert mit *: Kriminalität Substanzmissbrauch suizidalem Verhalten multiplen Problemen der seelischen Gesundheit (antisoziale Persönlichkeitsstörung) fehlender beruflicher Qualifikation Arbeitslosigkeit * Fergusson & Horwood, JCPP 39, 1097-1108, 1998 Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) Häufige psychosoziale Belastungen • Abwesenheit eines oder beider Elternteile durch Trennung, Scheidung oder Tod (20%) • Psychische Störungen bei anderen Familienmitgliedern, z.B. Depressionen, Suizidversuche, Suchterkrankungen (19%) • Disharmonien in der Familie, z.B. chronische elterliche Ehekonflikte (20%) • Unzureichende oder verzerrte intrafamiliäre Kommunikation (9%) • Mangel an emotionaler Wärme in intrafamiliären Beziehungen (8%) • Unzureichende und/oder inkonsistente elterliche Kontrolle, Verwahrlosung (6%). 13 Gründe für Suizidversuche bei Jugendlichen (Eigenangaben) nach Boegers et al.(1998); aus Herpertz-Dahlmann 2001, S. 719 % Sterben wollen Erleichterung eines unerträglichen Gefühlszustandes Zeitweiliges Entfliehen aus einer unlösbaren Situation Jemandem seine Verzweiflung mitteilen Herausfinden, ob man wirklich geliebt wird Jemandem ein schlechtes Gewissen bereiten Jemandem zeigen, wie sehr man ihn geliebt hat Hilfe zu bekommen Andere 28 18 13 9 5 4 2 1 18 Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) Folgen von Alkoholismus • • • • • • • • • Polyneuropathie Zerebelläre Atrophie Hepatische Enzephalopathie Zerebrale Krampfanfälle Leber, Pankreas, Magen-Darm-Trackt Kardiomyopathie und Myopathie allgemein Hautveränderungen Karzinogene Wirkung Suizid 14 Verhaltensänderung bei Alkoholismus • • • • Herabgesetzte Frustrationstoleranz Stimmungslabilität Verminderte emotionale Kontrolle Plötzlicher Wechsel zwischen Aggressivität und Passivität • Selbstmitleidiges Verhalten • Abnahme Durchhaltevermögen und der Belastbarkeit • Anxiolyse 15 Anteil junger Menschen mit Rauscherfahrungen (12-25-jährige > 6) 30 28% 27% 25 20 15 18% 12% 10 Männer Frauen 14% 7% 5 0 1997 2001 2004 Binge-Trinken bei den 12-17- Jährigen Es haben in den letzten 30 Tagen mindestens einmal Binge-Trinken praktiziert: 35 30 25 20 30,7 26,3 22,6 18,7 23,8 19,6 15,2 25,5 20,1 23 männlich 20,4 17,7 weiblich 15 insgesamt 10 % 5 0 2004 2005 2007 2008 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA 2008 16 Komorbidität bei Suchtstörungen Stationären Drogenentgiftung komorbide psychische Störungen bei 60% (Thomasius 2009) • Störung des Sozialverhaltens • Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung • Depressive Störungen • Angststörungen • Psychosen • Suizidalität und Selbstverletzung Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) Verlauf und Prognose Verlaufsformen sehr variabel! • ~20- 30% akuter Beginn (< 2 Wo), 50% schleichend • 30% Negativsymptome in frühen, 60% in späten Krankheitsstadien • intellektuelle Fähigkeiten abnehmend • hohes Suizidrisiko in Prodromalperiode und ersten Jahren der Krankheit 17 Psychische Störungen und Suizidalität Walrath et al. 2001 • Depression (30-96%) • Störungen des Sozialverhaltens mit aggressiven Verhalten (bis 50%) • Anpassungsstörungen und akute Belastungsreaktionen (25% bei stationären kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten) • Alkohol- und Drogenmissbrauch (20-65%) • Affektive und schizophrene Psychosen (ca 7%) • Persönlichkeitsstörungen (insbesondere histrionischenarzistische-, emotional instabil (8%) Allgemeine Definition der Persönlichkeitsstörung ICD-10 F60-62: - „tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen“ - „deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen“ Kriterien spezifischer Persönlichkeitsstörungen • Unausgeglichenheit bzgl. Einstellungen, Verhalten, Affekt, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmung, Denken, sozialer Interaktion • die Verhaltensmuster sind stabil, situationsübergreifend und oft unpassend • Störung beginnt im Kindes- und Jugendalter • Leidensdruck meist erst nach längerem Verlauf • Einschränkung der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit 18 Epidemiologie der BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS) • Ca 60% der Pat. Mit BPD werden vor dem 19 Lj. Schon behandelt • 27% der Patienten berichten über eine sexuellen Missbrauch durch Bezugspersonen • Bei 91% liegt ein emotionaler, verbaler oder körperlicher Missbrauch vor • Suizide finden sich bei 5-10% der Patienten • Selbstverletzendes Verhalten zeigen 70-80% der Patienten Im KJ-Alter keine syst. Erfassung von PS in epidemiologischen Studien, daher sichere Aussagen zur Häufigkeit und zum Langzeitverlauf kaum möglich Borderline-Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV 1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassen werden zu verhindern 2. Ein Muster instabiler, aber aktiver intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist 3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung 4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbst schädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, „Fressanfälle“) Borderline-Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV 5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oderdrohungen oder selbstverletzendes Verhalten 6. Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder auch Angst) 19 Korrelationen zwischen Suizidversuchen und selbstverletzendem Verhalten (SVV) (Heidelberger Schulstudie Kaess et al.2010) SVV Suizidalität Suizidalität Suizidalität nie nie (n = 5296) 89,3% 1- bis 3-mal pro J. > 3-mal pro J. einmal (n = 332) 41,6% mehrmals (n = 121) 20,7% 8,8% 38,5% 29,7% 1,9% 19,9% 49,6% 100% 100% 100% SelbstverlezendesVerhalten • KJP-Patienten Prävalenz von 4% • 65% aller Selbstverletzungen = oberflächliches Schnittverletzungen („Ritzen) • Weibliche Jugendliche 2- bis 9fach häufiger • Störung des Sozialverhaltens 40% • Essstörungen 35-40% • Persönlichkeitsstörungen ca 35% Häufigkeit von selbstverletzendem Verhalten (Heidelberger Schulstudie Kaess et al.2010) N = 5759; 14 jährige Selbstverletzung bei 14,9% Gelegentlich 10,9% Repetitiv 4% 20 Häufige Auslöser „leichter Formen“ selbstverletzender Verhaltenweisen • • • • • • Enttäuschte Beziehungserfahrungen Kränkungen und Zrückweisungen Soziale Isolation Überforderungen Aufmerksamkeitssuche Konflikte im familiären Bereich Belastungsfaktor Selbstverletzendes Verhalten • leichte Formen (z.B. oberflächliches Ritzen der Haut mit scharfen Gegenständen) • schwere Formen (z.B. tiefe Schnittverletzung mit Rasierklingen, Verbrennungen mit Rasierklingen, Verletzungen im Genitalbereich etc.) Belastungsfaktor Selbstverletzendes Verhalten • leichte Formen (z.B. oberflächliches Ritzen der Haut mit scharfen Gegenständen) • schwere Formen (z.B. tiefe Schnittverletzung mit Rasierklingen, Verbrennungen mit Rasierklingen, Verletzungen im Genitalbereich etc.) 21 Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen - Therapeutische Maßnahmen II • Der Kontakt und der Maßnahmenkatalog ist von Seiten des Therapeuten aktiv zu initiieren und sicherzustellen. • Aufbau einer Vertrauensbeziehung zu dem Patienten, aber auch zu den entscheidungsrelevanten Bezugspersonen • Keine Moralisierung, keine schuldinduzierenden Erklärungsansätze! • Aus Gründen der Suizidprävention (Gefahr der Nachahmung) Betreuung des Freundeskreises, der Schulklasse oder der Mitpatienten notwendig (insbesondere bei vollzogenem Suizid) Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen - Therapeutische Maßnahmen III• Bei ambulanter Behandlung - akute Suizidalität besteht also nicht - sind die nächstnotwendigen Kontakte und Betreuungsmaßnahmen abzusprechen und Regelungen für den Notfall (erneute Suizidalität) zu treffen. • Antisuizidvertrag (kontrovers. diskutiert (Schmidtke u. Schaller 1996)). Im Einzelfall erfüllt er jedoch für eine kurze Zeitspanne (wenige Tage) seinen guten Zweck, nicht zuletzt allein deshalb, weil der Vertrag auch den Therapeuten zu einer Verbindlichkeit verpflichtet, die bei. der Führung des suizidalen Patienten unerlässlich ist. Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen - Therapeutische Maßnahmen IVKognitive Verhaltenstherapie • Einzeltherapie – Veränderung inadäquater Denkstile, – das Training adäquater kognitiver Verarbeitung – emotionale Regulation – Präventive Verhaltensmöglichkeiten und zu suizidalem Verhalten alternative Handlungsspielräume • Im gruppentherapeutischen Setting – Training der sozialen Fertigkeiten – Kommunikationstechniken – positive Gruppenmodelle • Techniken zur Spannungsreduktion können, wenn indiziert, sowohl im Einzelverfahren als auch in der Gruppe eingeübt werden. 22 Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen V - Therapeutische Maßnahmen - • Medikamentöser Behandlung Aufklärung über Wirkung, Dosierung, unerwünschte Wirkungen, Verlaufs- und Laborkontrollen sowie Aspekte der Lebensführung (Abstinenz von Alkoholkonsum usw.) • Aspekte der Gefahr der Tablettenintoxikation in parasuizidaler Absicht sind besonders zu beachten. Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen VI -Therapeutische Maßnahmen - • Das Arbeitsbündnis mit der Familie • Rasche Entscheidung über Art und Intensität der Familienarbeit • Baldige Entlastungen, ambulante Betreuung einleiten. • Rechtzeitige Planung der nachstationären Behandlung ( Rezidivquote von 20-25% nach suizidalen Handlungen, va. im ersten Jahr nach dem Suizidversuch!) Tranquilizer Einteilung Wirkweise Anwendung 23 Wirkweise Tranquilizer verstärken die Funktion des hemmenden Neurotransmitters GABA. Indikation • • • • Angstzustände Unruhe, Erregungszustände Schlafstörungen Epilepsie Klinische Wirkung • • • • • Anxiolyse Anspannungslösung Reizabschirmung Schlafanbahnung Verminderung des Muskeltonus 24 Unerwünschte Wirkungen • • • • • • • Tagesmüdigkeit Konzentrationsstörungen Aufmerksamkeitseinschränkung Reaktionszeitverlängerung Muskelschwäche Abhängigkeit, Entzugssymptome Bei Kindern und geistiger Behinderung paradoxe Reaktion möglich! Häufigste Substanzen • Lorazepam (Tavor): HWZ 12-18h • Diazepam (Valium): HWZ 20-50h • Flunitrazepam (Rohypnol): HWZ 14-24h 1-2mg Tavor ~ 1mg Rohypnol ~ 10mg Valium • Antidot bei Intoxikation: Anexate 0,2mg i.v. (Fl il) Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen VII - Therapeutische Maßnahmen - • Mit äußerfamiliäre Institutionen zur Prävention, Behandlung und Wiedereingliederung (z.B. Heimeinrichtungen, Tagesstätten, Internate) eindeutige Regelungen vereinbaren und die Fragen der ambulanten Nachbetreuung regeln. • Bei Jugendhilfemaßnahmen die eine Entscheidung des zuständigen Jugendamtes zur finanziellen Trägerschaft voraussetzen (z.B. Übergang in therapeutische Wohngruppe), sind frühzeitig die Sorgeberechtigten für die Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt zu gewinnen und anzuleiten. 25 Störungsspezifische Hilfe/Therapie Personzentriert Milieuzentriert Organisch Intrapsychisch Umfeldbezogen Strukturell Medikation Diät Körperbezogen wie: Beratung Psychotherapie Heilpädagogik Musiktherapie Kunsttherapie Ergotherapie Soziotherapie Gruppentherapie Familientherapie Elterntherapie Erzieher/Elterntraining Jugendhilfe SozialrechtlichHilfen InstitutionelleIntegration Milieutherapie Krankengymnastik Entspannungsverf. Biofeedback Wiederholungsrisiko nach Hawton (1986) • Anhaltende Suizidgedanken und Suizidplanung • Frühere Suizidversuche • Psychiatrische Störungen, insbesondere Depression, Persönlichkeitsstörung, Psychose und Wahn • Alkoholismus in der Familie • Gestörte Beziehung zu Familienmitgliedern und engsten Bezugspersonen • Wunsch des Patienten nach stationärer Aufnahme 26