WWW.SVZ.DE • WWW.NNN.DE • WWW.PRIGNITZER.DE OKTOBER 2016 Andreas Anke, neu im Schweriner Schauspielensemble, als Faust – auf dem Balkon lauert schon Mephisto. FOTO: SILKE WINKLER „Und jedermann erwartet sich ein Fest“ Drei Schauspielpremieren an drei Abenden hintereinander. Mit drei literarischen Schwergewichten: Goethe, Bulgakow, Kleist. „Faust – Der Tragödie erster Teil“, „Hundeherz“ – ein russischer Faust – und der unsterbliche „Zerbrochne Krug“. Inszeniert von drei Regisseuren, die zum ersten Mal am Mecklenburgischen Staatstheater arbeiten: Martin Nimz, Mina Salehpur, Mareike Mikat. Und natürlich werden auch sie sich herumgeplagt haben mit der Frage des Direktors aus dem „Vorspiel auf dem Theater“: „Wie machen wir’s, daß alles frisch und neu / Und mit Bedeutung auch gefällig sei?“ Ein Rezept des alten Geheimrates aus Weimar schien auch den neuen Künstlern am Schweriner Theater als probates Mittel tauglich: „Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen.“ Erwarten wir uns also ein Fest – mit drei Schauspielpremieren an drei Abenden hintereinander. IM PREMIERENFIEBER Mephisto und der sprechende Spiegel „Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten gern.“ Die kleine Mephisto-Frechheit, mit der er am Ende des Prologs im Himmel despektierlich von Gott spricht, trifft für mich auf den ganzen ersten Teil des „Faust“ zu. Mit allem, was in ihm steckt an Ideen, Poesie und Bildungshuberei, an Theaterhokuspokus, Volksbuch, Grausamkeit, Unterhaltung, Verrat und Witz. Wenn er gut gemacht ist, kann ich ihn gar nicht oft genugsehen.SchauspieldirektorMartinNimz, der mit dem „Faust I“ die neue Spielzeit des neuen Schweriner Leitungsteams eröffnet, findet im Interview (Seite II) sogar, man könne aneinemschönenHauswiedemMecklenburgischen Staatstheater jedes Jahr einen neuen „Faust“ auf die Bühne bringen. „Faust“-Festspiele in der„Faust“-Stadt Schwerin? Warum nicht. Es muss ja nicht bei Goethes„Hauptgeschäft“ bleiben, für das er in über 60 Jahren an die 12000Versedrechselte.DerStoffseisovieler Auffassungsweisenfähig,soGoethesZeitgenosse Nikolaus Lenau 1833, „dass gar keine Kollision herauskommt“. Obwohl man da leise Zweifel anmeldendarf.AberesgibtjanochGrabbes „Don Juan und Faust“. Auch Lessing und Klinger, Brecht und Thomas Mann haben sich an der „mythologischen Hauptfigur“ der Deutschen abgearbeitet. Und in Heinrich Heines„Faust“-Ballett tritt sogar eine weibliche Teufelsgestalt auf. Natürlich heißt sie „Mephistophela“. Wie überhaupt der Teufel eine ebenso spannende, wenn nicht die interessantere Figur neben dem nicht nur nach Wissen strebenden Schwerenöter Faust ist. Viele der heute so geflügelten Worte aus dem „Faust“, der „dem Deutschen wie Blei auf den Schultern“ sitzen soll, werden übrigens von Mephisto gesprochen. Vielleicht hat sie auch das so tauglich für Reklamesprüche aller Art gemacht – vom Hühneraugenmittel bis zum Toilettenpapier. Davon abgesehen wäre auch noch zu klären, auf welcher Hierarchie-Ebene sich unser Theaterteufelchen abrackert. Ein Arzt namens JohannWeilerhatim16.Jahrhundertversucht, die Stammbelegschaft des Fegefeuers zu errechnen. 72 Höllenfürsten werden demnach von genau 7 405 926 Teufelshelfern unterstützt. Mephistopheles wird wohl eher diesem Kollektiv zuzurechnen sein. Lassen wir uns also überraschen, in welchem Teufelskostüm und in welchem Geschlecht uns der jüngste Schweriner Mephisto entgegentreten wird. Wie wär’s mal mit einem sprechenden Spiegel? HOLGER KANKEL II OKTOBER 2016 Theater-Magazin Am liebsten jedes Jahr einen „Faust“ Warum Martin Nimz als Schauspieldirektor nach Schwerin gekommen ist und was er am Theater verändern will Martin Nimz kommt direkt von einer Probe zu„FaustI“aufdenBalkondesTheaters.Schiebermütze, verschmitztes Lächeln, Brandenburger Dialekt. Der erste Eindruck: ein großer grauhaariger Junge. Sympathisch. Als Student an der Rostocker Schauspielschule hat er vom Schweriner Theater geschwärmt. Das Mecklenburgische Staatstheater hat bis heute, so der Regisseur, deutschlandweit einen guten Ruf. Er habe eine große Bereitschaft vieler Künstler erfahren, an diesem Haus zu arbeiten. Nun ist der Regisseur, 60-jährig, als Schauspieldirektor sozusagen zurückgekehrt an das damals so bewunderte Theater. Holger Kankel sprach mit Martin Nimz. Wie ist es dem Intendanten Lars Tietje gelungen, Sie nach Schwerin zu holen? Nimz: Wir kennen uns schon lange, haben in Kassel gemeinsam am Theater gearbeitet. Lars Tietje hat meine Inszenierungen gesehen. Irgendwannhatermichscheinheiligangerufen und gefragt, ob ich nicht jemanden wüsste, der hier das Schauspiel übernehmen könnte. Und warum haben Sie sich dann entschieden, es selbst zu machen? Für Schwerin haben viele Dinge gesprochen. Bis auf die zwei Jahre als Schauspieldirektor in Kassel habe ich immer als freier Regisseur gearbeitet. Ich wollte für meine Frau, unser Kind und mich einen festen Ort zum Leben finden. Dafür ist Schwerin mit seinen Seen ideal, ich bin in Zeuthen am Wasser aufgewachsen. Mir gefällt auch der Menschenschlag im Norden. Und dann hat mich die Chance gereizt, ein neues Ensemble aufzubauen mit Leuten, mit denen ich gerne zusammengearbeitet habe. Es ist natürlich schade, dass so viele Kollegen gehen mussten, ich habe ihnen aber gesagt, dass das kein Werturteil war. Auch die große Tradition des Theaters spielte eine Rolle. Mit Schwerin verbinden wir eine große Qualität. Wie haben Sie Ihren ersten Spielplan entwickelt? Ich habe mir alte Spielpläne angesehen, und da ist mir aufgefallen, dass das Schauspiel immer mehr in eine musikalische Richtung gegangen ist. Das hatte großen Erfolg und war ja auch wichtig, um als Theater zu überleben. Da kann man nur den Hut ziehen. Aber ich glaube, man kann auch unterhalten, indem man das Schauspiel wieder zu seinen Ursprüngen zurückführt. Wieder auf die Kunst des Schauspielers Martin Nimz FOTO: SILKE WINKLER setzt, auf die Auseinandersetzung mit dem Text. Zu versuchen, das Publikum dazu zu verführen, zuzuhören – ohne musikalische Untermalung. Das wollen wir mit einer großen Palette an Schauspielern und Regisseuren versuchen,mitvielenkünstlerischenHandschriften. Das wird ein langer Weg sein, auf dem wir das Publikum mitnehmen müssen. Darum setzen wir eben auf Klassiker wie „Faust I“ oder „Der zerbrochne Krug“, übrigens das meistgespielte Stück in der Schweriner Theatergeschichte. Aber die neue Spielzeit als neuer Schauspieldirektor in Schwerin ausgerechnet mit dem „Faust“ zu beginnen, ist doch schon eine Botschaft? An so einem Theater kann man den „Faust“ immer spielen. Am liebsten jedes Jahr einen in einerneuenInszenierung.Abgesehendavonist das Stück ein Superstoff für Schauspieler, ein großer Titel, der Publikum anzieht, nicht zuletzt junge Leute. Die Schulen sind unsere wichtigsten Partner. Der „Faust“ wurde schon mit zwei, vier, gar mit zwölf„Fäusten“ gespielt oder mit einem Mephisto als Frau. Was haben Sie sich einfallen lassen? Ich hatte natürlich schon Schroths „Faust“ im Kopf, die Inszenierung war für uns als StudentendamalseinMeilenstein.Wirmüssen uns eben auch mit früheren Inszenierungen vergleichen lassen. Also ein männlicher Faust und ein männlicher Mephisto? Ein Faust – Andreas Anke – und ein sehr androgyner Mephisto. Und die Inszenierung klassisch beim Wort genommen? IchbinkeinStückezertrümmerer,erstarreaber auch nicht in Ehrfurcht. Wir wollen frisch auf dieFaust-Geschichteschauen.Im„FaustI“stecken ja zwei Geschichten. Erstens die eines Besessenen, der immer mehr wissen will mit dem Ziel, gottgleich zu werden, Macht über die Menschheit zu erringen, der sich mit finsteren Kräften einlässt und ein schlechter Mensch wird. Das ist die eine Tragödie. Dann die Gretchen-Tragödie, die Geschichte eines sehr religiösen Menschen, der einmal seine Grenzen überschreitet und danach an der eigenen Schuld zerbricht. Können Sie gut mit Kritik umgehen? Ach,ichbineinigesgewöhnt.SollenunsdieKritiker zerreißen, Hauptsache, wir sind im Gespräch. Außerdem sind gute Kritiken ja immer ein Blick von außen, dessen Wahrheit sich aus Eitelkeit oft erst später erschließt. „Faust I“, Premiere am Freitag, d. 23. September, 19.30 Uhr, Großes Haus, ausverkauft. Weitere Vorstellungen am 30. 9., 21.10., 12. und 18.11., 6. (ausverkauft) und 18.12., 5. und 30.1. (ausverkauft), jeweils 19.30 Uhr VORHANG AUF Ich freue mich auf Sie! JedemAnfangwohnteinZauberinne:Die Theater in Schwerin und Parchim starten als „Mecklenburgisches Staatstheater“ in die erste gemeinsame Spielzeit! Das Land hat damit als neuer Hauptgesellschafter sein erstes„echtes“ Staatstheaterbekommen.Diesbringtnunhoffentlich Ruhe in die jahrelangen Diskussionen um Finanzierung und Strukturen, damit wir zusammen mit unseren Künstlern den Blick wieder auf das Wesentliche lenken können: für Sie – unser Publikum – Theater und Konzerte zu spielen. Viele Theaterkolleginnen und -kollegen sind – teilweise, wie ich, mit ihren Familien – dafür nach Schwerin gezogen. Wir haben diese attraktive Stadt, die wunderschöne Landschaft und die Menschen sehr schätzen gelernt. Umso mehr wünschen wir uns, dass auch Sie Lust und Neugier verspüren, uns und unseren neu aufgestellten Spielplan kennenzulernen oder auch bekannte Gesichter wiederzuentdecken. Endlichgehtesalsolos:Schauspieldirektor Martin Nimz startet mit gleich drei Premieren an einem Wochenende. Das Junge Staatstheater Parchim hat mit dem anrührend-unterhaltenden musikalischen Abend„AufeinBieramKlavier“bereitserfolgreich Premiere gefeiert. Im Oktober folgt in Schwerin Jutta Ebnothers Ballettpremiere„Ravel“. Die Staatskapelle spielt dazu live u. a. den berühmten „Bolero“. Kurz darauf beginnt das Musiktheater mit „Hoffmanns Erzählungen“, dem Schweriner Debüt des neuen Operndirektors Toni Burkhardt. Mit allen Schweriner Sparten gemeinsambringenwirimNovemberden Musical-Klassiker „My Fair Lady“ auf die Bühne und die Fritz-Reuter-Bühne feiert ihren 90. Geburtstag mit „Kein Hüsung“. Freuen Sie sich mit uns auf ein tolles Theater- und Konzertjahr, das 2017 mit der „West Side Story“ abgerundet wird. Ich freue mich auf Sie! LARS TIETJE Generalintendant und Geschäftsführer des Mecklenburgischen Staatstheaters Parchimer Rüsselnase erobert das Schweriner E-Werk Es hat rote Haare, blaue Punkte im Gesicht und eine Rüsselnase: Das Sams, ein kleines vorlautes Fabelwesen, will zusammen mit Herrn Taschenbier, Herrn Mon und all den anderen Figuren aus Paul Maars Kinderbüchern vom 1. Oktober an auch im Schweriner E-Werk kleine und große Theaterbesucher in seinen Bann ziehen. Auf den Bühnen in und um Parchim ist „Am Samstag kam das Sams zurück“ schon seit vier Jahren ein Garant für gute Laune und volle Säle. Auch deshalb haben der Intendant des Jungen Staatstheaters, Thomas Ott-Albrecht, und Generalintendant Lars Tietje dieses Stück für die erste Parchimer Premiere in der Landeshauptstadt ausgewählt. „Es ist uns wichtig, in Schwerin mit einer unserer besonderen Stärken anzutreten, nämlich Theater für die ganze Familie zu machen“, erläutert Ott-Albrecht. Theater für Familien – darunter versteht der junge Ableger des Staatstheaters sowohl Kinder- und Jugendtheater für verschiedene Alters- und Bildungsgruppen als auch kleinere Theaterformen für Erwachsene. In Schwerin wird das Parchimer Ensemble in diesem Jahr mit insgesamt vier Inszenierungen zu erleben sein, darunter – quasi als Einsteigerangebot für alle, denen der „richtige Faust“ zu schwer ist – „Faust – ein Solo“. Das Einpersonenstück, das auch gerne von Schulen zur Aufführung im Klassenzimmer gebucht wird, hat im Schweriner E-Werk am 13. Oktober Premiere. Auf „Die Geschichte von Lena“, in der die junge Titelheldin Mobbing in Reinkultur ertragen muss, darf das Schweriner Publikum ebenso gespannt sein wie auf die Tragikomödie „Emmas Glück“. „Die ,Emma‘ haben wir zum Ende der letzten Spielzeit schon dreimal vor jungen Leuten im E-Werk gespielt“, so Ott-Albrecht. Damals sei das Stück mit viel Applaus aufgenommen worden. Spätestens im Januar, nach dem Weihnachtsmärchen – das Parchimer Ensemble zeigt in diesem Jahr „Die Bremer Stadtmusikanten“ – will das Junge Staatstheater monatlich mit mindestens vier Vorstellungen in Schwerin vertreten sein, versichert dessen Intendant. Für die Schauspieler, aber auch für die Mitarbeiter hinter der Bühne sei es Marlene Eiberger als Sams FOTO: SILKE WINKLER seit langem Alltag, sich sehr schnell auf wechselnde Spielstätten einzustellen. „Die Hälfte unserer Zuschauer haben wir schon immer im Gastspielbetrieb gezählt“, so OttAlbrecht. Seit Anfang 2014 die Hauptspielstätte in der Blutstraße aus Sicherheitsgründen gesperrt werden musste, sei der Anteil sogar noch deutlich größer geworden. In Parchim wird dennoch regelmäßig gespielt: in der von der Sperrung ausgenommenen Theatergaststätte, in der Remise des Landratsamtes und in der Stadthalle. Insgesamt acht Premieren plant das junge Ensemble für die aktuelle Spielzeit, je eine weitere steuern der Theaterjugendclub und die Laienbühne „Pütter Bretter“ bei, die von zwei Profi-Schauspielerinnen geleitet wird. Eine Premiere für Parchim wird es auch sein, wenn am 18. Dezember die Mecklenburgische Staatskapelle in der Stadthalle ein Weihnachtskonzert gibt. „Konzertante Musik und Musiktheater werden hier sehr stark nachgefragt“, weiß Ott-Albrecht. Allerdings gebe es momentan nur sehr begrenzte Möglichkeit für entsprechende Vorstellungen des Schweriner Ensembles. Nach Fertigstellung der neuen Spielstätte in der Eldemühle – der Intendant des Jungen Staatstheaters Parchim rechnet „im optimistischsten Fall“ Ende 2018 damit – werde sich das aber ändern. Karin Koslik IV OKTOBER 2016 Theater-Magazin DREI FRAGEN AN Martin Neuhaus Wieder im Ensemble, spielt den Dorfrichter Adam in „Der zerbrochne Krug“ Jutta Ebnother, die neue BallettDirektorin, am Rande der Proben zu „Ravel“ FOTO: R. KLAWITTER Faszination des Tanzes Schwerins neue Ballett-Direktorin Jutta Ebnother probt „Ravel“ EinTänzerdrehtsichmithochverwundenen Armen, dann kommt die Gruppe in Bewegung, gleichsam figuriert der Klang eines Streichquartetts körperliche Duette, Trios, Quartette, Ensembles. Musikalische Erregung wird bildhaft, wird zu pulsierendem Tanz. Die Akteure mit konzentrierter Miene im Ballettsaal. Jutta Ebnother probt „Ravel“. Schwerins neueBallett-Chefinstammtausdembadischen Breisach, studierte Tanz in Amsterdam, tanzte in Detmold und Kassel, leitete zuletzt das Ballett in Nordhausen, wo sie mit dem Theaterpreis ausgezeichnet wurde. Ravel, entsteht da ein tänzerisches Porträt des Komponisten? „Der erste Teil wird eine Skizze dieses unruhigen Geistes, der sich ständig neu erfunden hat, sie gestaltet die Facetten des Franzosen. Da wird der Tanz erzählend sein“, erläutert die Choreografin, „und natürlich kommt man bei Ravel nicht am ‚Bolero‘ vorbei. Zusammen mit der Rhapsodie ‚Tzigane‘ wird dann die Musik interpretiert, der Rhythmus aufgenommen, da spricht der reine Tanz.“ Der treibt in der Probe das Ensemble am Ende zum vernehmbaren Atmen. Ihr Credo beschreibt Jutta Ebnother so: „Mich bewegt die Musik, sie ist der Impuls für meine choreografische Arbeit. Die Basis ist der klassische Tanz. Darauf baue ich die Bewegungen und die müssen kreativ etwas ausdrücken, mit Emotion, von einer Idee erfüllt sein. Wenn das gelingt, erreicht der Tanz auch das Publikum. Ballett soll ästhetisch sein, ein Erlebnis, es soll faszinieren und Spaß machen.“ Gibt es dafür ein Stil-Stichwort? Ohne Zögern: „Im 21. Jahrhundert ist schon alles gemacht worden, also, mein Stil ist zeitgenössisch, eine Mischung, die offen ist für verschiedene Bewegungssequenzen. Ich bin ständig auf der Suche.“ Die Compagnie ist klein, was lässt sich damit erreichen? Jutta Ebnother kennt sich mit einer Zwölfer-Truppe aus: „Mit kleinem Ensemble kann man auch große Sachen machen, mit dem richtigenKonzept.IchwerdeHandlungsballette bringen, weil ich weiß, das Publikum möchte sie. Wir wollen ein Repertoire aufbauen, das Handlungsstücke und die Moderne bedient“. DieVielfalt,dieSchwerinsBallettbislangauszeichnete, soll bleiben, betont die neue Chefin. Für andere Handschriften wird sie auch Gastchoreografen einladen. So wird die Uraufführung „Apropos Liebe“ im November im E-Werk von dem Franzosen Martin Chaix kreiert. „Abwechslung“, weiß die Choreografin, „hält die Tänzer und ebenso das Publikum wach.“. Jutta Ebnother eröffnet ihre Direktion mit einer Ballettgala am 2. Oktober im Großen Haus. „Wir geben einen Ausblick auf unsere Arbeit, zeigen auch kurze Rückblicke auf die vergangene Spielzeit. Es gibt choreografische StückevonTänzernextrafürdieseGala.Esgibt klassische Spitze und Moderne. Und die Compagnie wird in Interviews vorgestellt, ich möchte menschliche Nähe zum Publikum pflegen.“ZwölfTänzerauswievielenNationen?Da muss die aufgeschlossene Frau, deren künstlerische Energie spürbar ist, kurz überlegen: „Italien, Spanien, Holland, Österreich… also acht. Ballett ist auf der ganzen Welt international, da fragt man nicht, wer woher kommt, da funktioniert die Völkerverständigung.“ Lachender Nachsatz: „Man sollte alle mal in eine Ballettcompagnie stecken.“ Manfred Zelt Von 2005 bis 2008 waren Sie schon mal im Schauspielensemble. Wie fühlt es sich an, nun zurückzukehren? Nun, Umwege erhöhen die Ortskenntnis. Schwerin hab ich immer sehr gemocht, und auch ein paar Freundschaften haben sich gehalten. Von einer Rückkehr möchte ich aber weniger sprechen, denn es geht ja bei uns gerade um einen Neuanfang. Unddabinichnatürlichneugierigundgern dabei! Sie haben viel für Film und Fernsehen gearbeitet,werdenSiejetztwenigervor Kameras stehen? Es ist ja heute ganz normal, dass Theaterschauspieler auch vor der Kamera stehen. Das ist gut für die Schauspieler und gut fürs Theater. Aber natürlich hat die Bühne jetzt Vorrang. Ich bin mit einer festen Rolle in einer internationalen Serie besetzt – als Bruder von Thorsten Merten, der ja den Schwerinern gut bekannt ist –, und das geht hoffentlich auch weiter. Diese Woche ist das Kammerspiel „Das Geständnis“ in den Kinos angelaufen. Am Beispiel der Mordkommission vom Berliner Alex geht es darum, wie sich die Agonie der DDR in ein Betriebskollektiv frisst. Aber jetzt geht’s erstmal um den „Zerbrochnen Krug“, und der fordert mich grad konditionell in jeder Hinsicht. Ich hab fünf Kilo abgenommen. Der Dorfrichter Adam ist ja ein Unsympath, wie spielen Sie ihn, ohne die Figur zu verraten? Na, ich muss ihn lieben, weil er ungeliebt ist. Vielleicht war er das schon immer, vielleicht schon als Kind. Und weil er ungeliebt ist, liebt er sich selbst am meisten. Dazu kommt, dass er blitzgescheit ist und nie aufgibt, sich aus den selbstgebauten Fettnäpfchen zu befreien. Das ist doch gar nicht so unsympathisch… „Der zerbrochne Krug“, Premiere am Sonntag, d. 25. 9., 18 Uhr, Großes Haus, Restkarten So, wie dieses kurze Gespräch mit der RegisseurinMinaSalehpour,könnte,nachallem, was man über ihre bisherigen Arbeiten gehört hat, auch ihre Inszenierung von Michail Bulgakows „Hundeherz“ werden: schnell, mit schnellenIdeen-undTempowechseln.Salehpour,1985 in Teheran geboren, ist die junge Regisseurin der Stunde. Das Internet ist sehr auskunftsfreudig, wenn man ihren Namen eingibt. Interviews, der Theaterpreis„Faust“,Inszenierungenangroßen deutschen Theatern, euphorische Kritiken. Die Künstlerin bekennt auch nach einer Probe im Schweriner E-Werk, „ein bisschen workaholickrank“ zu sein. Anfangs habe sie alle Angebote angenommen, jetzt könne sie sich aussuchen, was sie mache, will weniger arbeiten. Warum Sie FOTO: SARAH NERLICH „Ich wüsste nicht, was ich mit Emilia Galotti erzählen sollte“ in Schwerin inszeniere? Schauspieldirektor Martin Nimz ist schuld. Bei dem hat sie 2007 in Frankfurt/M. hospitiert. Später wurde sie Regieassistentin und schließlich kam ihre erste eigene Inszenierung, die Uraufführung von „Heute bin ich blond“. Da waren Pläne, Politikerin oder Schauspielerin zu werden, endgültig zu den Akten gelegt. Warum ihre Inszenierungen oft so schnell sind? „Weil ich ein schneller Mensch bin.“ Eine Spezialität der seit 1996 in Deutschland lebenden Iranerin sind Romanadaptionen, bevorzugt Werke von Jonas Hassen Khemiri. „Adaptionen lassen mir viel Platz für eigenes Erzählen. Ich wüsste nicht, was ich mit ,Emilia Galotti‘ erzählen sollte.“ Salehpour ist ein Fernsehjunkie, liebt Serien. Diese Ästhetiken finden ebenso wie Musicalelemente oder Slapstick Widerhall in ihren Arbeiten. Ihr Humor? „Einer, der aus der Verzweiflung kommt, wie bei Tabori oder Chaplin.“ „Hundeherz“ in Schwerin zu inszenieren war ihre Idee. „Ich mag Parabeln und nehme es nicht so gern mit der Realität auf, da zieht man immer den Kürzeren.“ Ein Gedanke hat sie in Bulgakows Erzählung aus dem Jahr 1925 besonders interessiert: „Was passiert, wenn Menschen nicht so funktionieren, wie ich mir das vorgeHolger Kankel stellt habe?“ „Hundeherz“, Premiere am Sonnabend, d. 24. 9, 19.30 Uhr, E-Werk, ausverkauft. Weitere Vorstellungen am 8., 14. und 22. Oktober jeweils um 19.30 Uhr PREISFRAGE NICHT VERPASSEN Tanzworkshop für alle Sinfoniekonzertsaison beginnt Ein szenischer Rundgang Anlässlich ihrer ersten Schweriner Premiere mit „Ravel“ lädt die neue Ballettdirektorin Jutta Ebnother zu einem öffentlichen Tanzworkshop am 9. Oktober auf die Ballettprobenbühne ein. Teilnehmen kann jeder, der sich für das Thema Tanz interessiert und Lust hat, sich auszuprobieren. Es gilt, den Künstler Ravel zu entdecken: nicht nur in der Musik und der Biografie dieser schillernden Persönlichkeit, sondern auch über die Arbeit der Choreographin und der Tänzerinnen und Tänzer. Anmeldungen per Mail unter: [email protected] Generalmusikdirektor Daniel Huppert eröffnet die Konzertsaison mit dem 1. Sinfoniekonzert am 17., 18. und 19. Oktober. Auf dem Programm stehen Ludwig van Beethovens Ouvertüre der Bühnenmusik zu Goethes „Egmont“, die Sinfonie Nr. 3 „Eroica“ und Béla Bartóks Konzert für Viola und Orchester. Wie gewohnt wird das jeweils erste Konzert an den Montagsterminen moderiert. Zu den Konzerten dienstags und mittwochs wird eine Einführung im Konzertfoyer angeboten. Wie GMD Daniel Huppert verspricht, liegt seine besondere Aufmerksamkeit in dieser Saison bei mehreren Programmen für Kinder und Familien. Mit „Ankommen (AT)“ wird dem Publikum ein szenischer Rundgang von und mit dem neu aufgestellten Schauspielensemble geboten: eine Entdeckungstour durch das Theater am Alten Garten. Die Besucher haben die Gelegenheit, die Schauspieler des neuen Ensembles kennenzulernen, das Haus vom Keller bis zum Kuppeldach zu erkunden und zwischen Kabeln, Kostümen und Kulissen danach zu fragen, woher die Künstler kommen und wohin sie wollen – Texte und Lieder frei nach dem „Wir sind Helden“-Motto „Wir sind angekommen, um zu bleiben“. Einmalig am 3. Oktober um 18 und 20 Uhr Freikarten für die große Operngala Zu einem Fest der Stimmen lädt das Musiktheater mit seiner „Operngala“ zu gleich fünf Vorstellungen ins Große Haus ein. Generalintendant Lars Tietje führt durch das Programm am 8., 14., 22. und 23. Oktober sowie am 4. November. Wir verlosen 2 x 2 Karten für die Vorstellung am 8. Oktober. Sie müssen nur diese Frage richtig beantworten: Mit welcher Oper startet das Musiktheater in die neue Spielzeit? Die Antwort schicken Sie bitte bis zum 25. 9. 2016 an folgende MailAdresse: [email protected]