15 / 16 NÉZET- SÉGUIN SCH UBERT PRO HASKA WEB B RUCK ER NER SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS Donnerstag 7.7.2016 Freitag 8.7.2016 4. Abo C Herkulessaal 20.00 – ca. 22.15 Uhr 15 / 16 YANNICK NÉZET-SÉGUIN Leitung ANNA PROHASKA Sopran SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS KONZERTEINFÜHRUNG 18.45 Uhr Moderation: Johann Jahn LIVE-ÜBERTRAGUNG in Surround auf BR-KLASSIK Freitag, 8.7.2016 PausenZeichen: Julia Schölzel im Gespräch mit Yannick Nézet-Séguin Konzert zum Nachhören (on demand): Eine Woche abrufbar auf www.br-klassik.de 4 Programm Carl Maria von Weber »So bin ich nun verlassen« – »Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn« Szene und Kavatine der Euryanthe aus dem 3. Akt der Oper »Euryanthe« Franz Schubert »Ich schleiche bang und still herum« Romanze der Helene aus dem einaktigen Singspiel »Die Verschworenen«, D 787 Franz Schubert »Welche Nacht hab ich erlebt!« Arie der Anna aus dem 2. Akt des Opernfragments »Die Bürgschaft«, D 435 Carl Maria von Weber »Einst träumte meiner sel’gen Base« – »Trübe Augen, Liebchen, taugen einem holden Bräutchen nicht.« Romanze und Arie des Ännchen aus dem 3. Akt der Oper »Der Freischütz« Pause Anton Bruckner Symphonie Nr. 7 E-Dur • Allegro moderato • Adagio. Sehr feierlich und sehr langsam • Scherzo. Sehr schnell – Trio. Etwas langsamer • Finale. Bewegt, doch nicht schnell 5 Programm Widrige Verhältnisse Schubert, Weber und die Wiener Oper um 1820 Angelika Rahm Franz Schubert (1797–1828) setzte sich Zeit seines Lebens mit dem Musiktheater auseinander – als Schüler des Opernkomponisten und Hofmusikdirektors Antonio Salieri ebenso wie als begeisterter, gut informierter Opernbesucher mit breiten Repertoirekenntnissen und einer Vorliebe für Gluck und Mozart, und schließlich in seinem eigenen Schaffen. Erstaunliche 40 Prozent seiner autographen Hinterlassenschaft füllen Kompositionen für die Bühne, zehn vollendete Werke und sieben Fragmente, von der Zauber- und Maschinenoper über das Singspiel bis hin zur durchkomponierten, großen romantischen Oper. Die meisten Bühnenwerke entstanden zwischen 1815 und 1823, darunter die wohl von Schillers gleichnamiger Ballade inspirierte, als dreiaktige Oper angelegte, aber unvollendete Bürgschaft von 1816. Drei Jahre später erhielt der nun 22-jährige Schubert auf Vermittlung seines Freundes, des Baritons Johann Michael Vogl, den ersten offiziellen Auftrag der Hofoper. Das einaktige Singspiel Die Zwillingsbrüder erlebte am 14. Juni 1820 im Kärntnertortheater seine erfolgreiche Uraufführung und fünf weitere Vorstellungen. Außerdem ging im August 1820 das Melodram Die Zauberharfe mit Musik von Schubert achtmal über die Bühne des Theaters an der Wien. Als kleiner Folgeauftrag der Hofoperndirektion entstanden die beiden Einlage-Arien zu Ferdinand Hérolds Zauberglöckchen mit acht Vorstellungen im August 1821. Mit Ausnahme der Schauspielmusik zu Rosamunde (1823) schaffte es zu Schuberts Lebzeiten aber kein weiteres seiner Musiktheaterwerke mehr auf die Bühne. Die Ursachen dafür sind komplex und liegen nicht zuletzt in der Wiener Theatersituation um 1820 begründet. Zu dieser Zeit verfügte die österreichische Metropole über fünf Theater: zwei vom Kaiserhaus finanzierte Hoftheater (Burgtheater und Kärntnertortheater) in der inneren Stadt und drei private Bühnen in den Vorstädten (Theater in der Leopoldstadt, Theater an der Wien und Theater in der Josefstadt). Letztere widmeten sich hauptsächlich der Unterhaltung mit Zauberstücken, musikalischen Possen oder reinem Volkstheater. Seit einer Umorganisation der Hoftheater 1810 blieb das Burgtheater dem deutschen Schauspiel vorbehalten, während im Kärntnertortheater Oper und Ballett gegeben wurden. Zwischendurch allerdings verachtete man auch leichtere Kost nicht. Gemeinsames Problem aller Bühnen war die angespannte, teils prekäre finanzielle Situation sowie die übermächtige 6 Wiener Oper um 1820 Franz Schubert, Ölgemälde von Wilhelm August Rieder (1875) Zensur im Polizeistaat Metternichs. Getreu dessen Maxime »Die Zensur ist das Recht, die Manifestation von Ideen zu verhindern, die den Frieden des Staates, seine Interessen und seine gute Ordnung verwirren« und mit dem Anspruch, jeglichen Schaden von Staat, Kirche und Moral abzuwenden, überwachte die strenge Zensur jede Form von gesprochenem oder geschriebenem Wort sowie alle Künste. So mussten in jedem Theater alle Stücke (mit oder ohne Musik) vor der Aufführung grundsätzlich genehmigt und zusätzlich bei Bedarf einzelne Stellen, Wörter oder Personen gestrichen oder verändert werden. Dass es bei solchen Vorgaben nahezu unmöglich war, anspruchsvolle Schauspiele und dramaturgisch tragfähige Libretti zu schreiben, liegt auf der Hand. Verstöße jeglicher Art wurden zudem mit hohen Strafen geahndet. Das erfuhr Schubert am eigenen Leib, als er im März 1820 einen geselligen Abend bei seinem Freund Johann Senn verbrachte, einem Dichter und Freigeist mit liberalen Neigungen. 7 Wiener Oper um 1820 Karikatur »Triumph über die Censur« aus dem Jahr 1848. Links im Bild die freie Presse mit dem Licht der Aufklärung, die über den erlegten Drachen »Finsternis« schreitet; im Zentrum des Bildes wird die Zensur zu Grabe getragen. Am Sarg befestigt ist eine Schere, die die Freiheit beschnitt, auf dem Sarg befinden sich ein wohl leeres Tintenfass mit zerzauster Schreibfeder, eine Blindenbrille und ein Schloss, mit dem die nicht erwünschte Literatur hinter Schloss und Riegel gebracht wurde. In den Sargträgern wurden bekannte Autoren der damaligen Zeit wie Karl Gutzkow porträtiert, die die geistige Schranke mit der Aufschrift »Gedanken-Zollschranke« niedergerissen haben. Der Narr mit der Aufschrift »Karikatur« hat seine Ketten gesprengt und macht ausgelassene Purzelbäume. Der rechts stehende Grenzbote trägt eine Steige mit den verbotenen Büchern der unangepassten Autoren. Plötzlich erschien ein Polizeibeamter zur »Schriften Visitation«. Er wurde fündig und nahm daraufhin Senn zusammen mit Schubert fest, der »gegen den amtshandelnden Beamten mit Verbalinjurien und Beschimpfungen losgezogen« war. Der Musiker kam am nächsten Tag wieder frei, sein Freund wurde ins Exil nach Tirol abgeschoben. Dem berühmten Komponisten und Dresdner Hofkapellmeister Carl Maria von Weber (1786–1826) setzte die Wiener Zensur auf andere Weise empfindlich zu. Sie verstümmelte seinen Freischütz für die Premiere am 3. November 1821 im Kärntnertortheater, knapp fünf Monate nach seiner sensationellen Berliner Uraufführung, fast bis zur Unkenntlichkeit: Weil das anwesende österreichische Herrscherpaar auch die böhmische Königskrone trug, wurde aus dem böhmischen Fürsten Ottokar der Ritter Hugo von Weidenhorst. Die berühmte Wolfsschluchtszene fand bei gekürzter Musik in einer hohlen Eiche statt, wo Max und Kaspar ihre Zauberbolzen fanden, um sie mit der Armbrust abzuschießen, damit kein Knall 8 Wiener Oper um 1820 das Publikum erschreckte. Außerdem strich man zwei zentrale Figuren komplett: Samiel und den Eremiten. Kein Wunder also, dass Teile des Publikums am Ende kopfschüttelnd das Theater verließen. Über die Reaktionen von Publikum und Kritik gibt es unterschiedlich wohlwollende Berichte. Als Anfang des Jahres 1822 der Freischütz dann doch in seiner ursprünglichen Fassung gezeigt werden konnte, setzte das eine Lawine der Begeisterung in Gang. Die populären Chöre und Arien der Oper pfiffen in Wien selbst die Spatzen von den Dächern. Vielleicht war dies ja der Intervention der neuen Theaterleitung zu verdanken. Kaiser Franz I. hatte sich nämlich entschieden, die defizitäre Hofoper zu verpachten, an keinen Geringeren als den reichen und mächtigen Impresario Domenico Barbaja (1778–1841), Mentor von Gioachino Rossini und seit 1815 Leiter des Teatro San Carlo in Neapel. Zusätzlich übernahm Barbaja im Dezember 1821 (bis 1828) die Führung des Kärntnertortheaters wie auch des Theaters an der Wien. Bereits am 29. November erschien in der Wiener Allgemeinen Theaterzeitung die Notiz, die neue Theaterleitung habe Weber einen Auftrag für eine neue Oper erteilt und der »rühmlich bekannte Tonsetzer« Schubert sei auch aufgefordert worden, eine Oper (Fierrabras) Figuren für ein Papiertheater zu Carl Maria von Webers Der Freischütz 9 Wiener Oper um 1820 Carl Maria von Weber, Gemälde von Caroline Bardua (1821) zu schreiben. Um seinem Unternehmen den nötigen Anfangsschwung zu geben, plante Barbaja zusätzlich eine Rossini-Saison und befeuerte (bewusst oder unbewusst) die bereits latente Spaltung des Publikums. Die Folge war eine geradezu irrationale Fehde zwischen Anhängern der deutschen und Parteigängern der italienischen Oper. Während der vom 13. April bis 8. Juli 1822 stattfindenden Rossini-Wochen, bei denen in Anwesenheit des Komponisten sechs seiner Opern gespielt wurden, verfiel Wien endgültig dem Rossini-Fieber, das über zwei Jahre lang anhalten sollte. Am 25. Oktober 1823 hob sich für die erste der beiden von Barbaja bestellten deutschen Opern, Webers Euryanthe, zum ersten Mal der Vorhang. Obwohl das Kärntnertortheater für die prächtige Ausstattung keine Kosten und Mühen gescheut und die Titelrolle mit dem Publikumsliebling Henriette Sontag besetzt hatte, konnte das Werk den durch die Freischütz-Sensation hochgespannten Erwartungen nicht gerecht werden. »Geklatscht wurde und gelärmt. Aber das alles nur von dem Parterre und den Galerien. In den Logen rührten sich nur wenige Hände«, beschrieb der Korrespondent der Dresdner Abendzeitung die Publikumsreaktion. Und die Allgemeine Theaterzeitung bemängelte: »Was ein Opernbuch 10 Wiener Oper um 1820 Henriette Sontag, Gemälde von Paul Delaroche (1831) ganz vorzüglich nötig hat, nämlich: eine lichtvolle, leicht verständliche Entwicklung der Handlung, geht demselben sehr empfindlich ab.« Ein Urteil, das sich bis heute gehalten hat. Die wohl vernichtendste Polemik zu Euryanthe stammt aus der Feder von Franz Grillparzer: »Solche Musik ist polizeiwidrig, sie würde Unmenschen bilden, wenn es möglich wäre, dass sie nach und nach allgemein Eingang finden könnte. Diese Oper kann nur Narren gefallen, oder Blödsinnigen oder Gelehrten, oder Straßenräubern oder Meuchelmördern.« Wurde Franz Schubert ein unmittelbar Geschädigter des mäßigen Erfolgs der Euryanthe? Lag es an der Streichung der kaiserlichen Zuwendungen für das Jahr 1824, oder gab es für das Verschwinden seines Auftragswerks aus der Programmplanung der Hofoper einen ganz banalen, pragmatischen Grund? Das Textbuch zur heroisch-romantischen Oper Fierrabras hatte Joseph Kupelwieser verfasst, Bruder von Schuberts Malerfreund Leopold und »Theatersekretär« (Chefdramaturg) des Kärntnertortheaters. Eine einflussreiche Stellung, aus der er sich im November 1823 jedoch fluchtartig zurückzog – unhaltbar geworden aufgrund einer außerehelichen Affäre mit einer Schauspielerin. Schubert jedenfalls beklagte 11 Wiener Oper um 1820 Moritz von Schwind: Lünette in der Wiener Staatsoper zu Werken Franz Schuberts (1869): links der Erlkönig und Der Wanderer, in der Mitte ein Ausschnitt aus der Oper Die Verschworenen oder Der häusliche Krieg, rechts Der zürnenden Diana und Der Fischer. sich am 31. März 1824 bei Leopold Kupelwieser: »Die Oper [das Textbuch] von Deinem Bruder (der nicht sehr wohl tat, dass er vom Theater wegging) wurde für unbrauchbar erklärt und mithin meine Musik nicht in Ansprache genommen. Die Oper [das Libretto] von Castelli, Die Verschworenen, ist in Berlin von einem dortigen Compositeur komponiert, mit Beifall aufgenommen worden. Auf diese Art hätte ich also wieder zwei Opern umsonst komponiert.« Hier irrte Schubert doppelt. Erstens brachte es die Vertonung von Castellis Text durch Georg Abraham Schneider auf nur zwei Vorstellungen, und zweitens erzielte sein eigenes, direkt vor Fierrabras entstandenes, einaktiges Singspiel Die Verschworenen großen Erfolg – allerdings erst posthum: Die konzertante Uraufführung fand im März 1861 im alten Wiener Musikverein statt, ein halbes Jahr später hielten Die Verschworenen ihren umjubelten Einzug in die Wiener Hofoper am Kärntnertor. Im enthusiastisch applaudierenden Publikum der Uraufführung saß der Maler Moritz von Schwind. »Welch ein Reichtum von Talent und Instinkt für das Dramatische«, staunte er über seinen Freund Schubert, »mit einiger Erfahrung wäre er hinter Weber nicht zurückgeblieben.« Wohl in Erinnerung an dieses Ereignis und als gutes Omen setzte er Schubert in der am 25. Mai 1869 eröffneten neuen Hofoper (heute die Wiener Staatsoper) ein Denkmal: Eine der von ihm gemalten Lünetten im Foyer zeigt eine Szene aus den Verschworenen. Tatsächlich aber sollte es noch weit über hundert Jahre dauern, bis 1990 mit Fierrabras erstmals eine SchubertOper im Haus am Ring in Szene ging. 12 Wiener Oper um 1820 HAUPTSPONSOR UNTERSTÜTZT DANIEL HARDING DIRIGENT ANNET TE DASCH SOPR AN ELISABETH KUL M AN MEZ ZOSOPR AN ANDREW STAPLES TENOR GER ALD FINLEY BARITON SYMPHONIEORCHESTER UND CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS LUDWIG VAN BEETHOVEN: LEONOREN - OUVERTÜRE NR. 3 C- DUR OP. 72B ROBERT SCHUMANN: NACHTLIED OP. 108 FÜR CHOR UND ORCHESTER LUDWIG VAN BEETHOVEN: SYMPHONIE NR. 9 D - MOLL OP. 125 SONNTAG 17. JULI 2016 20.00 UHR KARTEN: WWW.KLASSIK-AM-ODEONSPLATZ.DE 0 800/59 00 594 UND BEKANNTE VVK-STELLEN Carl Maria von Weber: Euryanthe Große heroisch-romantische Oper in drei Aufzügen »Mit Recht hat Eduard Hanslick auf die Verwandtschaft zwischen Euryanthe und Lohengrin hingewiesen und festgestellt, dass Weber mit diesem Werk die romantische Oper nach einer Richtung entwickelte, an die Wagner nur anzuknüpfen brauchte.« (Rudolf Kloiber). Schon inhaltlich zeigen sich Parallelen: So neidet in beiden Opern ein intrigantes Paar dem edlen, »guten« Paar Liebesglück und soziale Stellung. In Helmina von Chézys schwülstiger Dichtung mit »Happy End« verbünden sich Eglantine und Lysiart gegen Adolar und seine holde Braut Euryanthe. Kern der Intrige bildet das Geheimnis um den Selbstmord von Adolars Schwester, die ihrem Leben mit einem vergifteten Ring ein Ende gesetzt hat. Weil Eglantine Euryanthe das dunkle Geheimnis entlockt und sich den Ring aus der Gruft holt, sieht sich Adolar verraten. Im einsamen Wald will er rachedurstig seine Braut töten, als ihn eine Schlange angreift. Euryanthe rettet ihn und wird daraufhin von Adolar zwar verschont, aber im Wald alleine zurückgelassen. Die folgende Szene, in der Euryanthe Entstehungszeit 1822–1823 Libretto Helmina von Chézy nach einer französischen Erzählung aus dem 13. Jahrhundert, die sie bereits 1804 übersetzt und Friedrich Schlegel in seiner Sammlung romantischer Dichtungen des Mittelalters veröffentlicht hatte Uraufführung 25. Oktober 1823 im Wiener Kärntnertortheater unter der Leitung des Komponisten mit der 17-jährigen Henriette Sontag in der Titelpartie Lebensdaten des Komponisten Vermutlich 18. oder 19. November (getauft am 20. November) in Eutin (Holstein) – 5. Juni 1826 in London Euryanthe und Adolar mit Schlange im Wald Illustration zur Dresdner Aufführung mit der Sängerin Wilhelmine SchroederDevrient (um 1824) 14 Carl Maria von Weber »Euryanthe« den Tod erfleht, bildet den Höhepunkt und die Peripetie der durchkomponierten Oper. Weber gestaltet die Arie mit seinen in die Zukunft weisenden Neuerungen und schuf ein kleines musikalisches Kunstwerk, das nur für Streicher, ein solistisch geführtes Fagott und Flöte instrumentiert ist. Das Fagott stimmt seine Klage an, die wie in einem zarten Echo von der Flöte übernommen wird. Die von der Tonart g-Moll verstärkte tiefe Traurigkeit erinnert an die vergleichbare Situation Paminas in der Zauberflöte. »So bin ich nun verlassen«, deklamiert Euryanthe im dramatischen, unbegleiteten Rezitativ und blickt um sich, nimmt die Natur wahr, die Quelle, die die Streicher illustrativ mit 16tel-Folgen pianissimo rieseln lassen, den Mond mit seinem sanften Licht, bevor ein weiteres FagottSolo in die G-Dur-Kavatine: »Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn« mündet, mit der Euryanthe ihre Vision vom bevorstehenden Tod und der posthumen Rehabilitierung beschwört. Rezitativ und Kavatine der Euryanthe So bin ich nun verlassen, So muss ich hier erblassen Im öden Felsental, In Einsamkeit und Qual! Was rieselst du im Haine, Du Quelle, mildiglich? Was blickst mit goldnem Scheine, So lieblich, Mond, auf mich? Nicht sieget deine Pracht Ob meiner Leiden Nacht. Wo irr ich hin? Ach, nirgend hin! Die ganze Welt ist öd und leer, Mir blühet keine Heimat mehr! Hier dicht am Quell, wo Weiden stehn, Die Sterne hell durchschauen, Da will ich mir den Tod erflehn, Mein stilles Grab mir bauen. Wohl kommt auch er einst weit daher, Und findet kaum die Stätte mehr; Dann rauscht ihm sanft die Weide zu: Sie fand von Lieb und Leide Ruh! Die Blum im Taue spricht: Nein! Sie verriet dich nicht! Helmina von Chézy 15 Carl Maria von Weber »Euryanthe« Franz Schubert: Die Verschworenen D 787 Singspiel in einem Akt »Die Klage der deutschen Tonsetzer geht meistens dahin: ›Ja, wir möchten gerne Opern in Musik setzen, schafft uns nur Texte dazu!‹ Hier ist einer, meine Herren!« Zu diesem Vorwort veröffentlichte der Schriftsteller und Redakteur des Wiener Conversationsblattes Ignaz Franz Castelli 1823 im Almanach Dramatisches Sträußchen seinen Einakter Die Verschworenen. Das Werk basiert auf zwei Theaterstücken des griechischen Komödiendichters Aristophanes (Lysistrata und Die Weibervolksversammlung). Der Ort der Handlung ist aus dem antiken Griechenland ins Mittelalter, auf die Burg des Grafen von Lüdenstein, verlegt, der mit seinen Männern zum Kreuzzug ins Heilige Land aufgebrochen ist. Seit einem Jahr sind sie bereits unterwegs – sehr zum Leidwesen ihrer Frauen, die die Heimkehr ihrer Gatten ersehnen. Die lange Abwesenheit lässt sie schließlich eine Verschwörung aushecken: Bei der Rückkehr ihrer Männer wollen sie diese durch einen kollektiven Ehe- und Liebesstreik dazu zwingen, nie wieder in den Krieg zu ziehen. Nach einem Verrat, einer klugen Überlistung und einer kleinen Intrige lenken schließlich beide Seiten ein – und die Ritter bleiben fortan zu Hause. Schuberts Singspiel beginnt mit einem Duett samt gesprochenem Dialog zwischen der Zofe der Gräfin und dem Pagen des Grafen, der vorausgeeilt ist, um die Heimkehr seines Herrn anzukündigen. Sie setzen sich gegenseitig – und damit auch das Publikum – über die Vorgeschichte ins Bild. Helene, die junge Nichte der Gräfin, tritt nun »trübsinnig mit gesenktem Haupte« auf, sie verzehrt sich nach ihrem Mann, der am Tag nach der Hochzeit in den Heiligen Krieg gezogen war. Ihre Klage, die Romanze »Ich schleiche bang und still herum«, setzte Schubert einfühlsam Entstehungszeit Februar bis April 1823 Libretto Ignaz Franz Castelli Uraufführung 1. März 1861 im alten Wiener Musikverein unter der Leitung von Johann Herbeck Lebensdaten des Komponisten 31. Januar 1797 in Wien – 19. November 1828 in Wien 16 Franz Schubert »Die Verschworenen« in bewegende Musik. Begleitet von gedämpften Streichern, Klarinetten und Fagotten besingt Helene in f-Moll ihre Sehnsucht, ihren Seelenschmerz, wobei die Erste Klarinette wie ein sie umschmeichelnder Duettpartner agiert. Ist es die Stimme des fernen Geliebten? Wenn Helene am Ende fleht »O bleib nicht länger fern«, moduliert die Musik zu den Worten »Du meines Lebens Stern«, wie von einem Hoffnungsstrahl erhellt, nach F-Dur. Aristophanes, Sohn des Philippos, aus Athen Griechische Skulptur Romanze der Helene Ich schleiche bang und still herum, Das Herz pocht mir so schwer, Das Leben deucht mich öd und stumm, Und Flur und Burg so leer! Und jede Freude spricht mir Hohn, Und jeder Ton ist Klageton, Ist der Geliebte fern, Trübt sich der Augenstern! Ach! Was die Liebe einmal band, Soll nie sich trennen mehr; Was suchst du in dem fremden Land, Und weit dort über’m Meer? Wenn dort auch bunt’re Blumen blühn Kein Herz wird heißer für dich glühn, O bleib nicht länger fern, Du meines Lebens Stern! Ignaz Franz Castelli 17 Franz Schubert »Die Verschworenen« Franz Schubert: Die Bürgschaft D 435 Oper in drei Akten, Fragment Nachdem Franz Schubert im August 1815 Schillers Ballade Die Bürgschaft als Lied für Singstimme und Klavier (D 246) vertont hatte, wandte er sich neun Monate später erneut der Thematik einer wahren Männerfreundschaft zu. Diesmal sollte sie als Stoff für eine Oper dienen, deren Komposition Schubert allerdings im dritten Akt abbrach. Die Handlung folgt im Kern, aber nicht vollständig, Schillers Ballade: Möros, der bei Schiller nach einer Überarbeitung des Gedichts zu Damon wurde, wird nach dem vereitelten Anschlag auf Dionysios, den tyrannischen König von Syrakus, zum Tode verurteilt. Sein treuer Freund Theages stellt sich für 24 Stunden – bei Schiller sind es drei Tage – als Bürge und Geisel zur Verfügung, damit Möros zu Hause seine letzten Dinge ordnen kann. Sollte er nicht rechtzeitig zurückkehren, würde Theages an seiner Statt sterben. Theages’ Ehefrau Anna durchlebt in dieser spannungsreichen Zeit einen Albtraum (2. Akt, 2. Szene), in dem sie als Zeugin seiner Kreuzigung gepeinigt aus dem Schlaf gerissen wird. Ihre Arie »Welche Nacht hab ich erlebt!«, ein musikalischer Höhepunkt der Oper, steht in c-Moll. Dem kurzen rezitativischen Andante-Teil folgt das dramatisch angelegte, dreiteilige Allegro agitato. Angst und Verzweiflung der Protagonistin, die von den Streichern, Oboen, Fagotten und drei Posaunen mehr getrieben als begleitet wird, entladen sich in hoher rhythmischer Energie. Entstehungszeit 2. Mai – Spätsommer 1816 Libretto Textdichter unbekannt, Text wohl nach Schillers gleichnamiger Ballade Uraufführung 7. März 1908 anlässlich eines Konzerts des Wiener Schubertbundes Lebensdaten des Komponisten 31. Januar 1797 in Wien – 19. November 1828 in Wien 18 Franz Schubert »Die Bürgschaft« Die Bürgschaft, ein Lithographie-Zyklus mit sechs Blättern von Joseph Trentsensky; hier das fünfte Blatt mit dem Zitat Damons, der seinen als Pfand zurückgelassenen Freund Theages gerade noch vor dem Galgen retten kann: »Mich, Henker, ruft er, erwürget, / Da bin ich, für den er gebürget«. Arie der Anna Welche Nacht hab ich erlebt! Ihr Unsterblichen dort oben, Ihr greift schrecklich in mein Schicksal! Ach! Ich seh ihn schon gekreuzigt, Er ist’s, Theages ist’s! Dieses Ungewitter sagt es himmelerschütternd, Die Ewigen wollen es, Die Donner und Blitze haben’s verkündet, Dort ist’s beschlossen! Und unten im finstern Reich, Da steht die Parze mit der Schere An seinem Lebensfaden, Rasch ist’s getan, Unwiederbringlich ist’s getan! Textdichter unbekannt 19 Franz Schubert »Die Bürgschaft« Carl Maria von Weber: Der Freischütz Romantische Oper in drei Aufzügen Sie ist der Inbegriff der deutschen romantischen Oper: Webers Vertonung der Geschichte vom Jäger Max, der die Tochter des Erbförsters und das Anrecht auf dessen Nachfolge nur durch einen erfolgreichen Probeschuss erringen kann. Weil ihn aber seine Treffsicherheit verlassen hat, lässt er sich vom Jägersburschen Kaspar überreden, teuflische »Freikugeln« zu gießen. Beim Probeschuss mit der letzten Freikugel trifft Max seine Braut Agathe, die aber – Dank der ihr vom Eremiten geschenkten, geweihten Rosen – überlebt. Zur Strafe soll Max verbannt werden, aber der Eremit erhebt Einspruch: Max soll nach einem Probejahr Agathe zur Frau erhalten, und der Probeschuss wird abgeschafft. Während der Vorbereitungen zur Uraufführung des Freischütz erhielt Weber im März 1821 vom Berliner General-Intendanten Graf Brühl brieflich die Bitte, der fertigen Oper eine Arie oder Kavatine für die Sängerin Johanna Eunicke hinzuzufügen: »Ehe in der vierten Szene die Brautjungfern kommen, müsste Ännchen in einem heiteren Liede sich bemühen, die traurige Stimmung zu verscheuchen, die sich Agathens bemeistert hat.« Also lieferte der Librettist Text nach, und Weber komponierte am 28. Mai 1821 die wirkungsvolle Szene des Ännchen mit obligater Viola. Darin reagiert die Freundin auf Agathes angstvolle Schilderung des nächtlichen Albtraums. Zunächst hält sie in der Romanze »Einst träumte meiner sel’gen Base« keck mit einer Gruselgeschichte dagegen, die – ebenso effektvoll wie ironisch – hauptsächlich von einem aufgeregten Streichertremolo begleitet wird, um sich nach dramatischer Steigerung in einer banalen Pointe aufzulösen. Mit der nachfolgenden Arie »Trübe Augen, Liebchen, taugen einem holden Entstehungszeit 2. Juli 1817 – 13. Mai 1820 Libretto Friedrich von Kind nach der gleichnamigen Volkssage im Gespensterbuch von Johann August Apel und Friedrich Laun (1810) Uraufführung 18. Juni 1821 im Königlichen Schauspielhaus Berlin unter der Leitung des Komponisten Lebensdaten des Komponisten Vermutlich 18. oder 19. November (getauft am 20. November) in Eutin (Holstein) – 5. Juni 1826 in London 20 Carl Maria von Weber »Der Freischütz« Bräutchen nicht« wechselt die Stimmung. Den heiter-tänzerischen 6/8Takt stimmt die Solo-Viola an und sekundiert dann der Sängerin bei deren Trost und Zuspruch, dabei schließen sich den sie begleitenden Streichern erst nach und nach die Holzblasinstrumente und Hörner an. Die eingängige Melodie geriet, so Weber, »recht kehlgerecht« für die berühmte Tochter des befreundeten Operntenors Friedrich Eunicke. Ännchen bemüht sich, Agathe aufzuheitern Kupferstich von Johann Axmann nach Johann Heinrich Ramberg Romanze und Arie des Ännchen Einst träumte meiner sel’gen Base, Die Kammertür eröffne sich, Und kreideweiß ward ihre Nase, Denn näher, furchtbar näher schlich Ein Ungeheuer Mit Augen wie Feuer, Mit klirrender Kette; Es nahte dem Bette, In welchem sie schlief, (Ich meine die Base Mit kreidiger Nase) Und stöhnte, ach! so hohl, Und ächzte, ach! so tief; Sie kreuzte sich, rief, Nach manchem Angst- und Stoßgebet: Susanne! Margareth! Susanne! Margareth! Und sie kamen mit Licht, Und – denke nur! – und (Erschrick mir nur nicht!) Und – (graust mir’s doch!) – und Der Geist war: Nero, der Kettenhund! Du zürnest mir? Doch kannst du wähnen, Ich fühle nicht mit dir? Nur ziemen einer Braut nicht Tränen! Trübe Augen, Liebchen, taugen Einem holden Bräutchen nicht. Dass durch Blicke Sie erquicke Und beglücke, Und bestricke, Alles um sich her entzücke, Das ist ihre schönste Pflicht. Lass in öden Mauern Büßerinnen trauern, Dir winkt ros’ger Hoffnung Licht! Schon entzündet sind die Kerzen Zum Verein getreuer Herzen! Holde Freundin zage nicht! Friedrich von Kind 21 Carl Maria von Weber »Der Freischütz« Ruhe und Weite Zu Anton Bruckners Siebter Symphonie Jörg Handstein Die Luft im Konzertsaal scheint zu schimmern. Dann schwingen die Violoncelli und ein Horn in die Höhe, dem Licht entgegen. Was folgt, ist reiner Gesang und nochmals Gesang. So hat noch keine Symphonie begonnen, auch nicht bei Bruckner. Und doch spürt man mit den ersten Tönen, dass diesen magischen Anfang kein anderer Komponist ersonnen haben kann. Kaum hatte er am 3. September 1881 die letzte Seite der Sechsten geschrieben, machte er sich schon an die Siebte. Man darf sogar vermuten, dass manche Idee schon während der Arbeit an der Sechsten reifte. Dort hatte Bruckner, nach vielen »molligen« Werken, mit A-Dur erstmals eine KreuzTonart verwendet. Sie verleiht vor allem dem ersten Satz strahlende, scharf konturierte Farben. Nun ging er noch einen Schritt weiter in diese Richtung: E-Dur folgt ordnungsgemäß dem Tonartenspektrum. Allerdings war diese Tonart in der Orchestermusik selten, und eine bedeutende E-Dur-Symphonie gab es schon gar nicht (es sei denn die kurz zuvor entstandene Erste von Bruckners Lieblingsschüler Hans Rott). Plante Bruckner eine Art »Fortsetzung« der Sechsten? Es fällt auf, dass sein Aufbruch in tonal sonnigere Gefilde mit einer Verbesserung seiner Lebensumstände einherging: Nach Jahren finanzieller Enge verdiente er prächtig und wohnte sehr schön (und umsonst) im Haus eines reichen Bewunderers. Man achtete ihn als Professor und Komponist von Kirchenmusik. Im Vorjahr hatte er seine erste Urlaubsreise unternommen. Was dem 57-Jährigen jetzt nur noch fehlte, war eine Frau und die Anerkennung als Symphoniker. Dass seine Symphonien in Wien einen schweren Entstehungszeit September 1881– September 1883 Widmung König Ludwig II. von Bayern Uraufführung 30. Dezember 1884 in Leipzig mit dem Gewandhausorchester unter der Leitung von Arthur Nikisch Lebensdaten des Komponisten 4. September 1824 in Ansfelden / Oberösterreich – 11. Oktober 1896 in Wien 22 Anton Bruckner Siebte Symphonie Anton Bruckner, Ölgemälde von Hermann von Kaulbach (1885) Stand hatten, verdankte Bruckner nicht zuletzt seiner Begeisterung für Wagner. Als »Hochderselbe« 1875 öffentlich verkündete: »Einen haben wir noch, dessen Gedanken an Beethoven heranreichen, einen«, setzte ihn der einflussreiche Kritiker und Wagner-Feind Eduard Hanslick endgültig auf seine Abschussliste. In derselben Zeit zog er sich mit seiner »Wagner-Symphonie«, also der Dritten, auch den Unwillen der Wiener Philharmoniker zu. Obwohl nicht einmal für die Sechste eine Aufführung in Aussicht stand (nur die Mittelsätze spielten die Philharmoniker, und das erst 1883), fuhr Bruckner unverdrossen fort mit der Siebten. Als sie nach zwei Jahren fertig war, propagierte sie der Pianist und Bruckner-Schüler Josef Schalk mittels Klavierauszug. Immerhin gewann er damit den genialen Dirigenten Arthur Nikisch, Kapellmeister am Leipziger Stadttheater, der es nun 23 Anton Bruckner Siebte Symphonie Gustav Veith: Vogelschau von Wien, Feder- und Sepiazeichnung (um 1880) »als eine Ehrensache« ansah, die E-Dur-Symphonie mit seinem Orchester aufzuführen. Es handelte sich um das ebenso traditionsreiche wie konservative Gewandhausorchester. So bemängelte die Allgemeine Deutsche Musikzeitung dessen »Absperrung gegen die neuere Kunst«. Doch der charismatische Nikisch schlug für Bruckner eine Bresche und brachte nach einer schwierigen Probenphase am 30. Dezember 1884 das Werk gut über die Bühne. Es war kein eindeutiger Erfolg, aber Bruckner durfte sich doch freuen, dass »zum Schluß eine 1/4tel Stunde applaudiert wurde«. Die Münchner Erstaufführung unter Hermann Levi (dem UraufführungsDirigenten des Parsifal) am 10. März 1885 brachte dann einen Durchbruch auf der ganzen Linie: Bruckner wurde gefeiert, und Levi erhob sogar sein Glas auf »den größten Symphoniker nach Beethovens Tod«. Gleich darauf malte ihn Hermann Kaulbach mit Imperatoren-Miene – als sei er gewohnt, zu siegen und zu herrschen. Die Wiener Aufführung, der nun nichts mehr im Wege stand, versuchte Bruckner jedoch zu verhindern: Er hatte Angst vor der ätzenden Tinte von »Hanslick et Consorten«. Nicht ganz zu Unrecht, denn als die Philharmoniker das Werk 1886 dann doch spielten, sprach Hanslick von einer »symphonischen Riesenschlange«, und ein anderer Kritiker ekelte sich »vor dem Modergeruch, der aus den Mißklängen dieses verwesungssüchtigen Kontrapunktes in unsere Nasen dringt«. Den Siegeszug von Bruckners Siebter konnten sie jedoch nicht aufhalten. 24 Anton Bruckner Siebte Symphonie Ob Riesenschlange oder nicht, das Hauptthema des ersten Satzes windet sich durch nicht weniger als 24 Takte. Ein melodisch derart lang ausgesponnenes Anfangsthema entspricht kaum den symphonischen Vorgaben. Bruckner setzt hier nicht auf Bausteine und deren Verarbeitung, sondern auf Melodie und Entfaltung. Anders als in der Sechsten, die prägnante Motive und Rhythmen sehr dicht auf- und nebeneinanderschichtet, strömt die Musik einfach dahin, gleichsam ihrem natürlichen Fluss überlassen. Man kann sich tragen lassen, muss nicht konzentriert auf mehreren Ebenen hören, wie eben bei der Sechsten. Dennoch ist das Thema äußerst durchdacht und kunstvoll gebaut: Der hoch aufsteigende Dreiklang (der nicht zufällig die so genannten »Naturtöne« ausspielt) evoziert schon die räumliche Weite der gesamten Symphonie. Der sodann engräumig umkreiste Quintton sorgt dagegen für melodische Expressivität. Ein tonleiterfernes, wundersam ans Herz gehendes ›c‹ bildet den Dreh- und Angelpunkt, genau in der Mitte des Themas. Allein diese schlichte, aber den Hörer sofort in ihren Zauberkreis ziehende Melodie mag die Popularität dieser Symphonie erklären. Doch wenn schon das erste Thema reinster Gesang ist, was bleibt dann für das zweite zu tun? Dort bringt ja Bruckner immer eine »Gesangsperiode«. Hier regt sich nun symphonische Bewegung: Das Thema gleitet durch verschiedene Tonarten, wird immer wieder neu beleuchtet, kontrapunktiert, gedreht und gewendet. Das Melos intensiviert sich und entwickelt eine beträchtliche Sogkraft, die das dritte Themenfeld herbeizieht. Obwohl hier, typisch für Bruckner, motorisch kreisende Kräfte wuchten, treibt es ebenfalls melodische Blüten. Die Durchführung ist weder von motivischer Arbeit noch von dramatischen Konflikten geprägt. Mit dem nach unten gespiegelten Dreiklangsmotiv beginnend, schweben die Themen herbei, wie aus fernen Lichtsphären, und ziehen vorüber wie ein bewegtes Landschaftsbild. Eine dunkle, plötzlich hereinbrechende Wolkenwand, ein c-Moll-Feld, das wie das »Aufbrausen einer Orgel« (Renate Ulm) klingt, schiebt sich drohend dazwischen. Dann erscheint endlich die komplette Hauptmelodie, von hohen Geigen kon25 Anton Bruckner Siebte Symphonie König Ludwig II. von Bayern Widmungsträger der Siebten Symphonie von Anton Bruckner Gemälde von Gabriel Schachinger (1887) trapunktisch umrankt und schweifend durch liebliche Klangbezirke. Den Eintritt der Reprise, sonst das groß inszenierte Ereignis in einem Symphoniesatz, bemerkt man kaum. Mit einer wunderlichen Halbtonrückung ist das E-Dur wieder da, aber die Entfaltung des melodischen Materials läuft weiter wie in der Durchführung. Es fehlt die Emphase des aus Arbeit erzielten Ergebnisses, die seit Haydn und Beethoven der Form eingeschrieben ist. Letztlich setzt dieser ganze großartige Satz Zwänge außer Kraft – Ökonomie, Effektivität, Tempo – die oft unser Leben stressen: Er »entschleunigt« die zielorientierte Dynamik der Sonatensatzform. Vielleicht fand Hanslick diese Symphonie auch deshalb so »verderblich«, weil sich in ihrer Ruhe ein Angriff auf das abendländische Arbeitsethos verbirgt. Auf jeden Fall liefert Bruckner einen Gegenentwurf zur Sechsten, die straff und komplex rhythmisiert ist und so auch eine gewisse Unruhe vermittelt. Es fehlt sogar der übliche Bruckner-Rhythmus »drei gegen zwei«! Mit dieser schlichten, gelösten Ruhe geht auch die seltene Tonart einher: E-Dur verbindet sich oft mit Idyllen, lichten Träumen, auch (vor allem bei Wagner) mit Liebe, Glück und Erlösung. 26 Anton Bruckner Siebte Symphonie Hatte Bruckner in der Sechsten erstmals ein weihevolles, emphatisch ausgesungenes Adagio in das Zentrum der Symphonie gestellt, so dehnt er es nun, der neuen Weiträumigkeit angepasst, in noch größere Dimensionen. Und da der erste Satz schon Züge eines langsamen Satzes hat, drosselt er Sehr feierlich und sehr langsam nochmals das Tempo. Dunkel und schwer, in cis-Moll, senkt sich die erste Phrase herab, kontrastierend dazu, in süffigen Streichern, steigt das zweite wichtige, ja entscheidende Motiv eine Terz nach oben. In Bruckners Te Deum taucht dieses Motiv wieder auf, mit dem Text »non confundar in aeternum« (»in Ewigkeit werde ich nicht untergehen«), so dass wohl auch hier eine religiöse Bedeutung mitschwingt. Ein zweiter Themenkomplex in bewegterem Dreivierteltakt weckt eher irdische Konnotationen, etwa die nostalgische Erinnerung an einen schönen Tanz. Nach der variierenden und intensiv durchführenden Wiederholung dieses ganzen Abschnitts folgt, wie üblich, die Reprise des Hauptthemas. Doch nun erfüllen die Violinen den dunklen Klangraum mit einer glühenden Emphase, die zu einer überwältigenden, wagnerisch-sinnlichen Steigerungswelle anschwillt und so dem Terz-Motiv zum triumphalen Durchbruch verhilft. Es landet in C-Dur, der reinsten Tonart, von cis-Moll denkbar weit abgelegen. Diese Flut von Licht bringt, genau in der Mitte der Symphonie, ihren absoluten Höhepunkt. Dort angelangt, soll Bruckner vom Tod Richard Wagners (am 13. Februar 1883) erfahren haben. Es folgt jedenfalls unmittelbar jener Trauerchoral »zum Andenken an den Hochseligen, heißgeliebten, unsterblichen Meister«, den Bruckner den Wagner-Tuben anvertraut. Unendlich bedrückend sinkt das gerade noch sonnenhell umstrahlte Terz-Motiv zurück ins Dunkel. Doch so kann für Bruckner der Satz nicht enden … … nach dem überirdisch warmen Schluss des Adagio in Cis-Dur wirft das a-Moll-Scherzo den Hörer schroff in eine andere Klangwelt. Mit Oktave und Quinte ist das Hauptmotiv aus Bruckners Lieblingsintervallen gebaut, die für das »Erhabene« stehen. Nach einem gemütlichen Tänzchen hört sich das nicht an, im vollen Orchester eher wie das Dröhnen und Stampfen mächtiger, eben erhaben wirkender Maschinen der Schwerindustrie. Ist es ein Zufall, dass wiederum ein Terz-Motiv, hier sehr schnell in kreisende Bewegung versetzt, als Antriebsrad fungiert? Diese Art »Heavy Metal« bricht geradezu visionär mit der klassisch-romantischen Ästhetik. Hanslick und Konsorten zogen hier wahrscheinlich entsetzte Gesichter … Die kleine Durchführung zeigt sehr schön Bruckners »Schnitttechnik« (Renate Ulm), die den Tanz in eine bunt-verspielte Folge wechselnder Klanggestalten verwandelt. Die hier sehr schnellen Schnitte wirken wiederum sehr modern. Das Trio hat dagegen für einen Tanzsatz ungewöhnlich weite Melodiebögen 27 Anton Bruckner Siebte Symphonie und huldigt damit »gesangvoll« dem Gesamtcharakter der Symphonie. Greift nun das Finale noch einmal ihre Ruhe und ihren langen Atem auf? Krönt es das weiträumige Werk mit einer noch größeren Form? Im Gegenteil: Das Konzept einer Finalsymphonie unterläuft Bruckner hier geradezu – nur in seiner »Nullten« hatte er ein noch kürzeres Finale gebracht. Bereits das Hauptthema, eine rhythmisch gestraffte und stark komprimierte Variante des allerersten Anfangs, zeigt eine erstaunlich gedrängte Geschäftigkeit. Die motivische Substanz passt in zwei Takte, und in einer einzigen, von emsigem Modulieren und Sequenzieren gefüllten Minute ist der erste Themenkomplex schon abgearbeitet. Auch formal überrascht dieser Satz: Er passt so wenig in Bruckners sonst brav beachtetes Sonatenschema (drei Themen, Durchführung, Reprise), dass Peter Gülke sogar vermutet, Bruckner habe einen ursprünglich längeren Satz »rabiat« zusammengestrichen. Auf jeden Fall kommt man ziemlich durcheinander, wenn man sich an der üblichen Form orientieren will: Das dritte Thema ist eine bereits durchgeführte Variante des ersten. Der Neubeginn nach der Durchführung beginnt mit dem zweiten, choralartigen Thema. Die Form selbst wird ungeduldig. Immer wieder, bisweilen tumultuös, bricht durchführende Aktivität ein. Die echte Reprise des Hauptthemas, das »Endlich daheim«, erscheint so spät gegen Schluss, dass man sie eher als Coda bezeichnen muss. Aber so kann das Thema stringent und auf kürzestem Wege zur strahlenden Apotheose des Dreiklanges führen. Damit endet das Werk so ungewöhnlich, wie es begonnen hat. Wer möchte da noch behaupten, Bruckner habe neunmal dieselbe Symphonie geschrieben? »Der Künstler wallt im Sonnenschein, die Tintenbuben hinterdrein.« Karikatur von Otto Böhler mit Anton Bruckner und den bösen Buben Eduard Hanslick, Max Kalbeck und Richard Heuberger 28 Anton Bruckner Siebte Symphonie MAHLER SYMPHONIE NR. 1 SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS YANNICK NÉZET-SÉGUIN „Eine jugendliche, in sich ungemein stimmige und souverän realisierte Interpretation – bewundernswert auch, weil hier von Anfang an der Nerv der Musik getroffen wird. Naturlaut und Wunderhorn-Ton in schönster Vollendung.“ Fono Forum – Empfehlung des Monats Juni 2016 CD 900143 www.br-klassik.de/label 29 Untertitel Erhältlich im Handel und im BRshop/www.br-shop.de BR-KLASSIK HIGHLIGHTS IM FERNSEHEN BAYERISCHES FERNSEHEN Sonntag, 17. Juli 2016 | 10.00 Uhr Musik aus der Benediktinerabtei Seeon W. A. Mozart: Missa in C, KV 220 (»Spatzenmesse«) Mit Chor und Orchesterakademie des Bayerischen Rundfunks Leitung: Michael Gläser Konzertaufzeichnung aus dem Jahr 2004 Sonntag, 17. Juli 2016 | 20.15 Uhr Klassik am Odeonsplatz 2016 LIVE Ludwig van Beethoven: Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur, op. 72b Robert Schumann: »Nachtlied«, op. 108 Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-Moll, Klassik am Odeonsplatz op. 125 Solisten: Annette Dasch, Elisabeth Kulman, Andrew Staples, Gerald Finley Fernsehmoderation: Maximilian Maier Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks Leitung: Daniel Harding ARD-ALPHA Sonntag, 10. Juli 2016 | 11.00 Uhr »Auf Flügeln des Gesanges« 70 Jahre Chor des Bayerischen Rundfunks Ein Film von Christian Mößner (2016) Sonntag, 10. Juli 2016 | 20.15 Uhr 70 Jahre BR-Chor Das Jubiläumskonzert aus dem Herkulessaal der Münchner Residenz Mit Opernchören von Wagner, Verdi u. a. Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Leitung: Mariss Jansons Konzertaufzeichnung vom April 2016 br-klassik.de BR-KLASSIK HIGHLIGHTS IM RADIO Samstag, 9. Juli 2016 | 11.05 Uhr Meine Musik Zu Gast: Die Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller Letztes Jahr begeisterte sie das Münchner Publikum als Zdenka in Strauss’ »Arabella«, nun gibt sie ihr Debüt als Sophie im »Rosenkavalier«. Moderation: Michael Atzinger Hanna-Elisabeth Müller Samstag, 9. Juli 2016 | 14.05 Uhr »Feuerzauber, Weltenbrand« (2/10) Richard Wagner – Eine Hörbiographie (Wdh.) Bis zum 3. September immer samstags 14.05 Uhr Zweites Kapitel: Provinz-Theater (1834–1839) Von Jörg Handstein Samstag, 9. Juli 2016 | 18.05 Uhr Festspielzeit: Internationales Kammermusikfestival Utrecht Janine Jansen & Friends U. a. mit Ian Bostridge, Tenor; Martin Fröst, Klarinette; Steven Isserlis, Violoncello und Itamar Golan, Klavier Werke von Edvard Grieg, Max Bruch, Erwin Schulhoff, Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy Sonntag, 10. Juli 2016 | 10.05 Uhr Symphonische Matinée Zum 80. Geburtstag des Dirigenten David Zinman Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Robert Schumann: Symphonie Nr. 3 Es-Dur – »Rheinische«; Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert C-Dur, KV 467 (Christian Zacharias, Klavier); Peter Tschaikowsky: Symphonie Nr. 4 f-Moll br-klassik.de 32 Biographien Anna Prohaska Bereits mit 17 Jahren gab Anna Prohaska ihr Debüt an der Komischen Oper Berlin in Harry Kupfers Inszenierung von Brittens The Turn of the Screw. Mit 23 Jahren war sie erstmals an der Staatsoper Unter den Linden zu erleben, der sie seit der Spielzeit 2006/2007 als festes Ensemblemitglied angehört. Unter der Leitung von Dirigenten wie Daniel Barenboim, Simon Rattle, Gustavo Dudamel, Philippe Jordan, Ingo Metzmacher und René Jacobs begeistert sie das Publikum dort mit einem breiten Rollenspektrum: als Anne Trulove (The Rake’s Progress), Sophie (Der Rosenkavalier), Oscar (Un ballo in maschera), Ännchen (Der Freischütz), Frasquita (Carmen), Poppea (Agrippina), Euridice (Orfeo ed Euridice) sowie in den MozartPartien Susanna, Blonde, Zerlina und Despina. Daneben ist Anna Prohaska ein vielgefragter Gast auf den großen Bühnen der Welt. Bei den Salzburger Festspielen verkörperte sie Zerlina und Despina, an der Mailänder Scala Zerlina und an der Bayerischen Staatsoper Blonde und Adele (Die Fledermaus). In der Rolle der Inanna wirkte sie dort im Oktober 2012 auch an der Uraufführung von Jörg Widmanns Oper Babylon mit. Anna Prohaska widmet sich gleichermaßen der zeitgenössischen wie der Alten Musik. Von Wolfgang Rihm brachte sie Mnemosyne nach Friedrich Hölderlin sowie Samothrake auf einen Text von Max Beckmann zur Uraufführung. Auf dem Gebiet der historisch informierten Aufführungspraxis zählen die Academy of Ancient Music und die Akademie für Alte Musik Berlin zu ihren wichtigsten Partnern, häufig arbeitete sie auch mit Nikolaus Harnoncourt zusammen. Daneben gastiert Anna Prohaska regelmäßig bei weltweit führenden Symphonieorchestern wie den Wiener und den Berliner Philharmonikern, dem Lucerne Festival Orchestra, dem London Symphony Orchestra, dem Los Angeles Philharmonic und dem Boston Symphony Orchestra. Liederabende führen sie nach Schwarzenberg, Salzburg, Edinburgh, Luzern, Berlin, Wien, London und Amsterdam, begleitet wird sie dabei u. a. von Eric Schneider, Maurizio Pollini und Daniel Barenboim. Das Konzerthaus Dortmund widmete ihr in dieser Saison ein drei Abende umfassendes Porträt. Auf CD ist Anna Prohaska mit ihren Solo-Alben Sirène und Enchanted Forest zu erleben, 2014 erschien ihr Lied-Album Behind the Lines, das sich dem Thema Krieg widmet. Beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist die Sopranistin ein gern gesehener Gast. Zuletzt sang sie im September 2015 geistliche Werke von Vivaldi und Bach unter der Leitung von Giovanni Antonini. Außerdem gestaltete sie im Januar 2016, gemeinsam mit Solisten des Symphonieorchesters, ein Konzert mit barocker Kammermusik, u. a. mit Werken von Purcell, Steffani, Händel, Telemann, Bach, Keiser und Buxtehude. 33 Biographien LASSEN SIE UNS FREUNDE WERDEN! Freunde sind wichtig im Leben eines jeden von uns. Diese Überlegung machten sich musikbegeisterte und engagierte Menschen zu eigen und gründeten den gemeinnützigen Verein »Freunde des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V.«. Seine heute über 1000 Mitglieder fördern die herausragende künstlerische Arbeit des Symphonieorchesters und seiner Akademie nach Kräften. Der Verein trägt dazu bei, den Ruf dieses weltweit berühmten Orchesters weiterhin zu mehren. Mit der finanziellen Unterstützung der »Freunde« werden Instrumente finanziert, Kompositionsaufträge erteilt, Kammermusikkurse abgehalten und jungen Talenten in der Akademie eine erstklassige Ausbildung an ihren Instrumenten ermöglicht. Den »Freunde«-Mitgliedern werden zahlreiche attraktive Vergünstigungen angeboten, von exklusiven Besuchen ausgewählter Proben über bevorzugte Kartenbestellungen bis hin zu Reisen des Orchesters zu Sonderkonditionen.* Helfen Sie mit als Freund und lassen Sie sich in die Welt der klassischen Musik entführen! Kontakt: Freunde des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks e. V. Geschäftsstelle: Ingrid Demel, Sabine Hauser c/o Labor Becker, Olgemöller & Kollegen Führichstraße 70 81671 München Telefon: (089) 49 34 31 Fax: (089) 450 91 75 60 E-Mail: [email protected] www.freunde-brso.de * Rechtsverbindliche Ansprüche bestehen jeweils nicht Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Schon bald nach seiner Gründung 1949 durch Eugen Jochum entwickelte sich das Symphonieorchester zu einem international renommierten Klangkörper, dessen Ruf die auf Jochum folgenden Chefdirigenten Rafael Kubelík, Sir Colin Davis und Lorin Maazel stetig weiter ausbauten. Neben den Interpretationen des klassisch-romantischen Repertoires gehörte im Rahmen der 1945 von Karl Amadeus Hartmann gegründeten musica viva von Beginn an auch die Pflege der zeitgenössischen Musik zu den zentralen Aufgaben des Orchesters. Seit 2003 setzt Mariss Jansons als Chefdirigent neue Maßstäbe. Von den Anfängen an haben viele namhafte Gastdirigenten wie Erich und Carlos Kleiber, Otto Klemperer, Leonard Bernstein, Günter Wand, Sir Georg Solti, Carlo Maria Giulini, Kurt Sanderling und Wolfgang Sawallisch das Symphonieorchester geprägt. Heute sind Bernard Haitink, Riccardo Muti, Esa-Pekka Salonen, Herbert Blomstedt, Franz Welser-Möst, Daniel Harding, Yannick Nézet-Séguin, Sir Simon Rattle und Andris Nelsons wichtige Partner. Tourneen führen das Orchester durch Europa, nach Asien sowie nach Nord- und Südamerika. Als »Orchestra in Residence« tritt das Orchester seit 2004 jährlich beim Lucerne Festival zu Ostern auf, 2006 wurde es für seine Einspielung der 13. Symphonie von Schostakowitsch mit dem Grammy geehrt. Bei einem Orchesterranking der Zeitschrift Gramophone, für das international renommierte Musikkritiker nach »The world’s greatest orchestras« befragt wurden, kam das Symphonieorchester auf Platz sechs. www.br-so.de facebook.com/BRSO Twitter: @BRSO 35 Biographien 36 Biographien Yannick Nézet-Séguin Eine Bilderbuchkarriere beförderte den 1975 geborenen Kanadier Yannick Nézet-Séguin in nur wenigen Jahren an die Spitze der jungen Dirigentengeneration. Nach seinem Studium am Conservatoire de musique du Québec in Montréal (in den Fächern Klavier, Dirigieren, Komposition und Kammermusik) und am Westminster Choir College in Princeton (Chordirigieren) sowie intensiven Anregungen durch Carlo Maria Giulini startete er seine Laufbahn in seinem Heimatland. Er ist seit 2000 Künstlerischer Direktor und Chefdirigent des Orchestre Métropolitain de Montréal und stand am Pult aller großen kanadischen Orchester, bevor er 2004 erstmals in Europa dirigierte. Großes internationales Aufsehen erregte er 2008, als er bei den Salzburger Festspielen mit Gounods Roméo et Juliette debütierte und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Im selben Jahr wurde er Musikdirektor des Rotterdams Philharmonisch Orkest, dem er bis Ende der Spielzeit 2017/2018 vorstehen wird. Mit der Leitung des Philadelphia Orchestra übernahm Yannick Nézet-Séguin 2012 ein weiteres prestigeträchtiges Amt. Aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit wurde sein Vertrag hier bereits bis 2026 verlängert. Darüber hinaus wurde kürzlich bekannt, dass der begehrte Dirigent zu Beginn der Spielzeit 2020/ 2021 die Nachfolge von James Levine als Musikdirektor der New Yorker Metropolitan Opera antreten wird, an der er 2009 mit Bizets Carmen seinen Einstand gab. Auch von anderen großen Opernhäusern erhält Yannick Nézet-Séguin regelmäßig Einladungen: von der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden in London, der Nederlandse Opera und der Wiener Staatsoper. 2011 begann er am Festspielhaus Baden-Baden seinen sieben Opern umfassenden Mozart-Zyklus, von dem bisher Don Giovanni, Così fan tutte und Die Entführung aus dem Serail auf CD erschienen sind. Als »Artist in Residence« ist er seit 2013/2014 für drei Spielzeiten dem Konzerthaus Dortmund eng verbunden. Hier stellte er sich außer mit dem Philadelphia Orchestra auch mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem London Philharmonic Orchestra vor, dessen Erster Gastdirigent er von 2008 bis 2014 war. Viele weitere renommierte Orchester zählen zu seinen Partnern, darunter die Berliner und die Wiener Philharmoniker und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, mit dem er einen hochgelobten Konzertmitschnitt von Mahlers Erster Symphonie auf CD veröffentlichte. Bei seinem letzten Auftritt in München im Juni 2015 dirigierte er Haydns e-Moll-Symphonie Hob. I:44 und Brahms’ Ein Deutsches Requiem. Yannick Nézet-Séguin erhielt zahlreiche Ehrungen, u. a. den Royal Philharmonic Society Award und den kanadischen National Arts Centre Award. Musical America kürte ihn zum »Artist of the Year 2016«. 37 Biographien www.ard-musikwettbewerb.de Klaviertrio Gesang Bläserquintett Oboe Trompete Klavier Schlagzeug Viola Klarinette Flöte Violoncello Fagott Posaune Harfe Klavierduo Horn Streichquartett Violine Kontrabass Orgel Gitarre ontrabass arfe treichquartett orn 65. Internationaler Musikwettbewerb der ARD München 29. August bis 16. September 2016 Nächster Wettbewerb 2017: Klavier Violine Oboe Gitarre BR-KLASSIK-STUDIOKONZERTE ABONNEMENT 2016 / 2017 Di. 18. Oktober 2016, Studio 2, 20 Uhr LIEDERABEND ANNA LUCIA RICHTER SOPRAN MICHAEL GEES KLAVIER Schumann, Britten, Brahms Di. 4. April 2017, Studio 2, 20 Uhr ANDREAS BRANTELID VIOLONCELLO CHRISTIAN IHLE HADLAND KLAVIER Beethoven, Janáček, Mjaskowski Di. 15. November 2016, Studio 2, 20 Uhr KLAVIERABEND INGRID JACOBY Mozart, Ponce, Fauré, Debussy u. a. Di. 9. Mai 2017, Studio 2, 20 Uhr AUGUSTIN HADELICH VIOLINE CHARLES OWEN KLAVIER Beethoven, Schnittke, Mozart, Strawinsky, Tschaikowsky Di. 7. Februar 2017, Studio 2, 20 Uhr LIEDERABEND BENJAMIN APPL BARITON GRAHAM JOHNSON KLAVIER Beethoven, Schumann, Schubert, Wolf Di./Mi. 30./31. Mai 2017 Studio 2, 20 Uhr FESTIVAL DER ARD-PREISTRÄGER Pierné, Mozart, Bax, Jongen, Caplet, Beethoven, Cras, Debussy, Hosokawa Abo (7 Konzerte): Euro 155,- / 115,- | 20% Ersparnis im Vergleich zum Einzelkartenkauf! Einzelkarten (VVK ab 7.6.2016): Euro 32,- / 24,- sowie Euro 20,- / 16,- (Festival der ARDPreisträger); Schüler und Studenten: Euro 8,Abo-Hotline 0800–59 00 595 (national, gebührenfrei), +49 89 55 80 80 (international) BRticket 0800–59 00 594 (national, gebührenfrei), +49 89 59 00 10 880 (international) br-klassikticket.de | München Ticket 089 / 54 81 81 81 BR-KLASSIK.DE Das neue Klassik-Portal. Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks MARISS JANSONS Chefdirigent NIKOLAUS PONT Orchestermanager Bayerischer Rundfunk Rundfunkplatz 1 80335 München Telefon: (089) 59 00 34 111 IMPRESSUM Herausgegeben vom Bayerischen Rundfunk Programmbereich BR-KLASSIK Publikationen Symphonieorchester und Chor des Bayerischen Rundfunks REDAKTION Dr. Renate Ulm (verantwortlich) Dr. Vera Baur GRAPHISCHES GESAMTKONZEPT Bureau Mirko Borsche UMSETZUNG Antonia Schwarz, München DRUCK alpha-teamDRUCK GmbH Nachdruck nur mit Genehmigung Das Heft wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. TEXTNACHWEIS Angelika Rahm und Jörg Handstein: Originalbeiträge für dieses Heft; Vokaltexte nach den jeweiligen Notenausgaben; Biographien: Vera Baur (Prohaska, Nézet-Séguin), Archiv des Bayerischen Rundfunks (Symphonieorchester). BILDNACHWEIS Historisches Museum der Stadt Wien (Schubert; Karikatur; Wienansicht); Schloss Bellevue in den Amtsräumen des Bundespräsidenten (Weber); St. Petersburg, Eremitage (Sontag); Wiener Staatsoper (Schwind); Michael Leinert: Carl Maria von Weber mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1978 (Euryanthe); Royal College of Music, London (Weber als Dirigent); Wikimedia Commons (Aristophanes, Trentsensky, Axmann / Ramberg, Kaulbach); Uwe Harten (Hrsg.): Anton Bruckner. Ein Handbuch, Salzburg und Wien 1996 (Levi); Museum von Schloss Herrenchiemsee (Ludwig II.); Klaus Günzel: Die deutschen Romantiker, Zürich 1995 (Bruckner-Karikatur); © Chris Gonz (Müller); © Harald Hoffmann (Prohaska); © Astrid Ackermann (Symphonieorchester); © Marco Borggreve (Nézet-Séguin); Archiv des Bayerischen Rundfunks (Odeonsplatz). 41 Impressum A Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Sprungbrett zu den Orchestern der Welt Ausbildungsplätze 4 Violinen 1 Flöte 2 Violen 2 Violoncelli 1 Oboe 1 Trompete 1 Horn 2 Kontrabässe 1 Klarinette 1 Posaune 1 Fagott 1 Pauke mit Schlagzeug Ausbildung • Instrumentaler Einzelunterricht • Mentales Training • Kammermusik • Mitwirkung bei Proben und Konzerten des Symphonieorchesters Erfolg Absolventen der Akademie finden Engagements in renommierten Orchestern im In- und Ausland Konzerttermine • Donnerstag, 14. Juli 2016, Hubertussaal Schloss Nymphenburg • Samstag, 16. Juli 2016, Festsaal Kloster Seeon Förderer Die Akademie dankt F R E U N D E S Y M P H O N I E O R C H E S T E R B A Y E R I S C H E R R U N D F U N K e.V. Kontakt Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks Geschäftsführung: Christine Reif Hanselmannstraße 20, 80809 München Telefon: 089/3509-9756 Fax: 089/3509-9757 E-Mail: [email protected] www.br-so.de 4. Abo C 7./ 8 .7. 2 016 br-so.de br-klassik.de