Übergeordnete Verfahrensanweisung: Ethische Fallbesprechung Ethikberatung Definition: „Eine ethische Fallbesprechung ist der systematische Versuch, im Rahmen eines strukturierten, von einem Moderator geleiteten Gesprächs mit einem multidisziplinären Team innerhalb eines begrenzten Zeitraumes zu der ethisch am besten begründbaren Entscheidung zu gelangen.“ (vgl. Steinkamp, N.; Gordjin, B. (2003) Ethik in der Klinik – ein Arbeitsbuch., München, S.234.) Anlässe für ethische Fallbesprechungen Allgemeine Anlässe Therapie- und Adressatenbezogene Anlässe Ziele: - Die Möglichkeiten der modernen Medizin fordern von Ärzten und Pflegenden, Patienten und Angehörigen immer wieder komplexe Entscheidungen, bei denen ethische Überlegungen nicht außer Acht zu lassen sind. - Unterschiedliche Überzeugungen und Wertevorstellungen von einem „guten Leben“ innerhalb des therapeutischen Teams können die Entscheidungsfindung am Krankenbett erschweren; ein Austausch und mögliche Konsensfindung über ethische Fragen sind in unseren Einrichtungen wesentlicher Bestandteil unseres Selbstverständnisses als christlicher Verbund. - Eine ethische Fallbesprechung hat eine beratende, empfehlende und klärende Funktion, ersetzt jedoch nicht medizinische Verantwortung des behandelnden Arztes. - (drohende) Verletzung der Würde, bzw. der ethischen Werte der Patientin/Bewohnerin / des Patienten/Bewohners - Therapiebezogene Faktoren: - Klientenbezogene Faktoren: (Patienten / Bewohner und/oder - Mitarbeiterbezogene Faktoren: - eine optimal und ethisch-verantwortete Versorgung der Patienten/Bewohner Transparenz in Entscheidungsabläufen Verbesserung der Kommunikation (Verständnis der Berufsgruppen untereinander / Konsensfindung / Handlungsfähigkeit) - o Langzeitbehandlungen ohne erkennbare Fortschritte, Therapiebegrenzung o Unsicherheit, was bei Bestehen einer infausten Prognose, bei Eintritt eines akuten Notfalls zu tun ist o Konflikte, die aus den Spannungsfeldern von chronischen und medizinischen Problemlagen entstehen Angehörige) o fehlendes Einverständnis zu einer diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme o wachsendes Unverständnis oder zunehmende Ablehnung gegenüber einer Behandlung/Betreuung o mangelnde Einsicht und Kooperation o mangelnder Respekt der Würde eines Sterbenden oder Verstorbenen o Berücksichtigung der Patientenverfügung o Gewissenskonflikte bei der Durchführung/Fortsetzung einer Behandlung/Betreuung o Faktoren, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben ÜVA 7.405.0-1 Ethische Fallbesprechung_07.2014 (Ethik).doc Seite 1 von 4 Übergeordnete Verfahrensanweisung: Ethische Fallbesprechung Ethikberatung Ausschlüsse: (Wann ist eine ethische Fallbesprechung nicht angezeigt?) - Beurteilung der medizinische Qualität der Behandlung Beurteilung der pflegerischen Qualität der Versorgung Kooperations- oder Kommunikationsprobleme im Team Supervisionsbedarf Bedarf an rein fachlicher Diskussion, Informationsdefizite Stellenplandiskussionen/Personalmangel bei nicht-ethischen Fragestellungen, aber Gesprächsbedarf: - Einschaltung der psychologischen Beratung Beantragung einer Team-Supervision beim Vorgesetzten Einschaltung der Mitarbeitervertretung Meldung an Beschwerdemanagement Wer kann eine ethische Fallbesprechung beantragen? - behandelnde/r Arzt/ Ärztin betreuende/r Pflegerin / Pfleger am Patienten mitwirkende Heil- und Hilfsberufe Verwaltung / Geschäftsführung Patient/Bewohner juristische Stellvertretung des Patienten Angehörige (auch: Bevollmächtigte, Betreuer) Anforderung / Beantragung Eine ethische Fallbesprechung ist wie folgt anzufordern: 1. Information an Ethikberatung (per Mail) einer ethischen Fallbesprechung: Kontaktdaten siehe: MU „Erreichbarkeit Ethikberatung“ oder Information der Kontaktperson der Ethikgruppe der jeweiligen Einrichtung (per Mail oder telefonisch) Kontaktdaten siehe: MU „Mitglieder Ethikgruppe“ 2. Idealerweise auch Information des therapeutischen / betreuerischen Teams Teilnehmerkreis: - ca. 4 - 8 Teilnehmer - behandelnde/r Arzt / Ärztin betreuende/r Pfleger/in ggf. Stations-/ Wohnbereichsleitung / Pflegedienstleitung Seelsorge / Sozialdienst ggf. eingebundene therapeutische Dienste (z.B. psychologischer Dienst) Moderator Protokollant evtl. (ggf. auch zeitweise) Patient/Bewohner, Angehörige, Bevollmächtigte/r bzw. Betreuer - Teilnahmevoraussetzungen: - Koordinator / Moderator: persönliche Kenntnis des/r Patient/in / Bewohner/in Kenntnisse zur aktuellen Fallsituation zeitliche Verfügbarkeit Motivation und Bereitschaft die eigene Meinung, Einsicht und Haltung zu formulieren und diskutieren Verschwiegenheit (Schweigepflicht der Teilnehmer) - Die Rolle des Koordinators/Moderators übernimmt vorzugsweise der Ethikberater (Hospitalverbund) oder bei dessen Verhinderung ein Mitglied der Ethikgruppe der Einrichtung - Der Moderator sollte nach Möglichkeit nicht in Behandlung, Pflege oder Begleitung des Patienten eingebunden sein. - Dem Moderator obliegt die Gesprächsführung einer ethischen Fallbesprechung. ÜVA 7.405.0-1 Ethische Fallbesprechung_07.2014 (Ethik).doc Seite 2 von 4 Übergeordnete Verfahrensanweisung: Ethische Fallbesprechung Ethikberatung - Der Moderator hilft bei der ethischen Reflexion und bei der Suche nach einer für alle Beteiligten nachvollziehbaren Entscheidung. Dauer: - ca. 45 – 60 Minuten Ort: - geschlossener Besprechungsraum im Haus Durchführung: - Die Einladung zu einer ethischen Fallbesprechung erfolgt zeitnah durch den Koordinator/Moderator (siehe oben). - Eine ethische Fallbesprechung sollte innerhalb von 7 Tagen nach Antragstellung stattfinden. - Über eine bevorstehende ethische Fallbesprechung ist im Vorfeld immer der Ethikberater des Hospitalverbundes zu informieren! Telefon: 02303-100 2624, Mail: [email protected] (bei Urlaub/Krankheit ist er per E-Mail in Kenntnis zu setzen). 1. Eröffnung: Moderator nennt Anlass und Zeitvorgabe, evtl. kurze Vorstellungsrunde (Teilnehmer sollten sich mit Namen und Funktion kennen). 2. Die ethische Fragestellung wird formuliert, die in der Besprechung diskutiert werden soll. 3. Alle relevanten Fakten aus medizinischer, pflegerischer, psychosozialer, lebensanschaulicher und organisatorischer Sicht werden gesammelt und dargelegt. Die Teilnehmer formulieren ihre Meinungen, Einsichten und Haltungen zu der konkreten Frage (ethische Bewertung und Abwägung). 4. Es wird ein möglichst gemeinsamer Konsens gesucht und eine Empfehlung formuliert. siehe auch: Frage-/Protokollbogen für ethische Fallbesprechungen Dokumentation: Nachbereitung: - wichtige Fakten und Gesichtspunkte werden schriftlich im Frage-/Protokollbogen für ethische Fallbesprechungen dokumentiert. - eine Person sollte die Rolle des Protokollführers übernehmen (Moderator kann nicht Protokoll führen!). - In die Patienten-/Bewohnerakte wird die letzte Seite des ausgefüllten Fragebogens übernommen (= Zusammenfassung); der übrige Teil des ausgefüllten Fragebogen wird der Ethikberatung (Stabsstelle des Hospitalverbundes) zugeleitet und dort sicher archiviert. - Die „Nachbereitung“ einer ethischen Fallbesprechung ist abhängig vom Besprechungsergebnis. Hieraus können beispielsweise konkrete Maßnahmen, Empfehlungen oder auch Haltungen resultieren. - In der Regel ist das Team, welches den Patienten/Bewohner betreut, in geeigneter Weise über das Besprechungsergebnis zu informieren. Abweichungen von dieser Regel werden im Rahmen der Besprechung festgelegt. - Der/die Angehörige/n, Bevollmächtigte/n, Betreuer sind ÜVA 7.405.0-1 Ethische Fallbesprechung_07.2014 (Ethik).doc Seite 3 von 4 Übergeordnete Verfahrensanweisung: Ethische Fallbesprechung Ethikberatung über das Ergebnis der ethischen Fallbesprechung zu informieren, wenn aus dem Ergebnis eine Änderung der Behandlung, Pflege, Betreuung oder Versorgung des Betroffenen resultiert und wenn der Angehörige Initiator der ethischen Fallbesprechung war. Im Rahmen der Besprechung ist in dem Fall festzulegen, wer mit der/den Bezugsperson/en spricht. Über das stattgefundene Gespräch ist eine Notiz auf dem Fragebogen sowie auf der Zusammenfassung (Bogen für Patienten-/Bewohnerakte) anzufertigen. Hinweis: Dieses Dokument ersetzt die „Geschäftsordnung Ethische Fallbesprechung“ vom 01.07.2004. ÜVA 7.405.0-1 Ethische Fallbesprechung_07.2014 (Ethik).doc Seite 4 von 4