Motivation, Volition und Emotion

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1. Einführung
Motivation, Volition und Emotion
Teil A: Motivation und Volition
I Fragestellungen und Gegenstand der Motivationspsychologie
Warum handeln wir so, wie wir es tun? Warum handeln andere anders?
= „Kern“ der Psychologie
II Kraft I
III Kraft II
IV Rationale Kalkulation I
V Rationale Kalkulation II
VI Inhalt I
VII Inhalt II
VIII Inhalt III
IX Volition
– Trieb und Erregung
– Feldtheorie
– Nutzenmaximierung
– Erwartung x Wert
– Motive (Leistung, Anschluß, Macht)
– Ziele, Identität und Selbstkonzept
– Implizite und explizite Motive
– Umsetzung von Zielen in Handeln
Teil B: Emotion
I Begriffsklärung, Struktur der Emotionen
II Emotionskomponenten – Appraisal, physiologische
Muster, Ausdruck, Verhaltenstendenzen
III Zusammenhänge zwischen Emotion und Handeln
IV Emotionsregulation
Gegenstand der Motivationspsychologie
• Was soll erklärt und verstanden werden?
– Menschliche Aktivität, Verhalten, Handeln
Verhalten, dass sich in Sinneinheiten erklären und beschreiben lässt, ist
Gegenstand
• Welche Art von Aktivität soll in welcher Hinsicht erklärt und verstanden werden?
– Kernfrage: Wozu? Welcher Zweck wird verfolgt?
• Markiert sowohl Gegenstandsbereich als auch Typus der Erklärung
– Gegenstand ist Verhalten, das durch Ergebnisse/Folgen definiert ist
– Erklärung (Ursache oder Grund) des Verhaltens sind die Ergebnisse/Folgen
– Fokus: Ergebnisorientiertes, zielgerichtetes Verhalten und Handeln
• Richtung (Wahl)
• Intensität (Anstrengung) = Ressourcen, die investiert werden
• Beginn, Dauer und Ende (Hartnäckigkeit, Resignation)
Grundlegende Dimensionen des Verhaltens
• Willkürlich vs. Unwillkürlich (sind nicht Thema, können aber diagnostisch für
Motivationszwecke sein)
– Willkürlich: Bewusst geplant/kontrolliert, anstrengend, absichtlich, flexibel,
überlegt (abhängig von Gründen, Einschätzungen und Erwartungen)
– Unwillkürlich: Automatisch, unbeabsichtigt, starr, extern verursacht (Reflexe,
Träume, Fehlhandlungen)
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1. Einführung
– Gewohnheiten, spontane/impulsive Reaktionen, liegen zwischen willkürlich und
unwillkürlich
• Rudimente von Willkür erkennbar (erwartungsbezogen), weil wir Handlung
unterbrechen, wenn Erwartung nicht eintritt
– Verhalten aus verborgenen Verhaltensgründen
• Latente Kräfte und Beweggründe; unbewusste Handlungssteuerung
• Wozu? Erklären vs. Verstehen…
• Willkürliches Verhalten ist der prototypische Gegenstand der
Motivationspsychologie, aber…
– …auch unwillkürliches Verhalten kann durch Motive verursacht sein
– …die „wahren“ Ursachen und Verhaltensziele müssen nicht den bewussten
Absichten entsprechen
Grundlegende Dimensionen des Verhaltens
• Regelgeleitet vs. Auffällig
– Regelgeleitet: Normativ (üblich, gewohnt, bekannt, erwartet), zielkonform
• (scheinbar) geringer Erklärungsbedarf, Verhaltenssteuerung durch situative
Faktoren aber Unterschiede in Hartnäckigkeit erkennbar, deshalb auch interessant
• Auch bei regelgeleitetem Verhalten kann hohe Motivation nötig sein
– Auffällig: unüblich, abweichend von Gewohnheit, verletzt Normen und
Erwartungen, schadet den Zielen der Person
• …verhält sich anders als die meisten anderen
• …in allen Situationen ähnliches Verhalten
• …neues Verhalten in gleicher Situation
• Hoher Erklärungsbedarf, Verhaltenssteuerung durch Personfaktoren
(inter- und intraindividuelle Unterschiede in Ergebnisorientierung und
Situationsdeutung)
Motivationspsychologie erklärt beide Verhaltensformen
Begriffliche Klärung
• Motivation = Prozesse, die aus Emotion Verhalten machen, angeregter
Zustand
– Aktivierte Orientierung auf bestimmte Ergebnisse/Folgen
• Bedürfnisreduktion, Lustgewinn/Unlustvermeidung, Nutzenmaximierung,
Zielerreichung, …
– Interne Prozesse, die diese Orientierung in bestimmtes Verhalten übersetzen
• Überlegung, Planung, Strategiewahl, Anstrengung, …
• Motive
– Spezifische Wertungsdispositionen, immer im Hintergrund, aber nicht immer aktiv
wartet auf Gelegenheit
– Bsp.: Leistungsmotiv wird in bestimmten Situationen angesprochen bei hohem
Leistungsmotiv steigt dann die Motivation
• Bedürfnisse, Präferenzen, Ziele, Werte, …
• Werden durch entsprechende situative Hinweise angeregt
• Beeinflussen die Deutung von Situationen
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1. Einführung
• stabile Bereitschaft
Begriffsverwendungen
• Zirkularität in der Verwendung der Begriffe Wie vermeiden?
– Motivation als bloße Beschreibung der Zielgerichtetheit von Verhalten
• Richtung, zeitliche Konstanz, Anstrengung
– Benennung eines zum Verhalten „passenden“ Motivs
• Spielen → „Spieltrieb“, Sparen → „Sparmotiv“, …
• Motiv und Motivation: Hypothetische Konstrukte und ihre empirische Prüfung
– Beschränkung auf wenige grundlegende Motive (Äquivalenzhypothesen)
• Sparsamkeit = wenige Motivbegriffe
• Test: lässt sich ein Verhalten durch ein anderes befriedigend erklären? wenn ja, geht es auf ein selbes, basales Motiv zurück
– Unabhängige Erfassung von Motiven und zu erklärendem Verhalten
– Spezifikation situativer Antezedensbedingungen
• Wie müssen Situationen beschaffen sein, um ein Motiv anzuregen?
– Prüfung von Theorien motivationaler Vermittlungsprozesse
• Messung kognitiver und affektiver Begleitprozesse
• Direkte Manipulation der Vermittlungsprozesse
- in Gruppen können verschiedene Motive miteinander kollidieren
Grundfragen der Motivationspsychologie
Literatur
Heckhausen, H. (1980). Motivation und Handeln(S. 1-30). Berlin: Springer
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2. Kraft I
Kraft I – Trieb und Erregung
Triebtheorie: Allgemeine Konzeption
jegliche menschliche Aktivität hat Triebaktivität zur Grundlage
• Für Verhalten brauchen wir Energie = Triebenergie
• Trieb bezeichnet eine allgemeine, unspezifische Quelle der
Verhaltensenergetisierung
– Motivation als Energie, kein Verhalten ohne Aktivierung
– Triebe energetisieren beliebiges Verhalten
• Trieb ist eine „Druck“-Variable („push“), die das Verhalten von innen anschiebt
– Gegensatz: Äußere Anreize ziehen die Person an oder stoßen sie ab („pull“)
– Triebzuständen kann man nicht ausweichen
– Triebenergie ist unspezifisch- egal wo sie einmal herkam (Zh zu
physikalischem Denken)
• Trieb ist ein Zustand der Anspannung, dessen Reduktion als befriedigend und
lustvoll erlebt wird
– Hedonistische Verhaltenserklärung durch Affektveränderung: Anstreben von
Befriedigung/Lust und Vermeidung von Unlust als Mechanismen der
Verhaltenssteuerung und des Lernens
Ziel: Abbau der Energie, wirkt entspannend, Verhalten ist darauf
ausgerichtet
Trieb kommt aus der Person heraus ist zwingend, man kann ihn nicht vermeiden
Freuds Motivationstheorie
Sigmund Freud (1856 – 1939)
– Vater der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse (psycho-„dynamischer“ Ansatz)
– Medizinische Ausbildung
– Energie und Transformation von Energie als universelles wissenschaftliches
„Mode“-Konzept des 19. Jahrhunderts
• Grundidee: unser Verhalten ist NICHT das Resultat von Überlegungen,
sondern von Kräften, die auf den Organismus wirken
Instanzenmodell (Es – Ich – Über-Ich)
– Es
• Sitz der Triebe (Selbsterhaltungs-, Arterhaltungs-, Aggressionstrieb)
• Lustprinzip (direkte Triebbefriedigung, Spannungsreduktion)
• Besitzt keine kognitive Grundlage
– Ich
• Vermittler zwischen Es und Über-Ich (Normen und Anforderungen der
Umwelt)
• Realitätsprinzip
– Über-Ich
• Internalisierte oder introjizierte Normen und Werte
• Enthält auch Ängste vor Verletzung der Normen
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2. Kraft I
Vom Trieb zum Denken und Handeln
– Primärprozesse
• Direkt befriedigungsorientierte Steuerung von Verhalten und Denken
– Sekundärprozesse
• Ich-Prozesse als Vermittler zwischen Trieben und Handeln (Aufschieben,
Planen, Ersatzhandlungen)
• Abwehrmechanismen (Leugnung, Verdrängung, Sublimation/Verschiebung,
Verkehrung ins Gegenteil, Projektion)
manche wirken nicht langfristig (u.a. Leugnung, Verdrängung)
Sekundärmodell: immer
Umwege
Halluzination: auch Träume hat katharsische Wirkung
Empirische Prüfung und Belege
Freuds Erklärungen sind alle Post-Hoc
• Freuds Datenquellen
– Klinische Einzelfallstudien, freie Assoziation,Traumanalyse
• Experimentelle Prüfung
– Freuds Einstellung zur experimentellen Prüfung
– Verdrängung:
• Wahrnehmungsabwehr („perceptual defense“):
Triebe mit Tabuinhalten werden auf ganz früher Stufe abgewehrt
z.B. McGinnies, 1949
• Begriffe wurden zuerst ganz kurz präsentiert dann immer schneller
• Vpn sollten vorlesen
Wahrnehmungsschwelle niedrig bei „Kind“, „Apfel“, aber viel höher bei
„Schlampe“, „Penis“ etc.
•
Allerdings Konfundierung: Vertrautheit der Wörter, Hemmungen sie
auszusprechen etc.
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2. Kraft I
• Coping-Stil (R-S-Skala; Byrne, 1961):
PSK- Unterschiede bei Verdrängung, Bewältigungsskalen
korreliert mit defensivem Verhalten und Wahrnehmungsabwehr
– Katharsis-Hypothese mit Medien untersucht
• Führt dargestellte Gewalt zum Abbau von Aggressionen? nein
• Abbau von Feindseligkeit/Aggression durch stellvertretende Gewalt
– Widersprüchliche, meist negative Befunde (Verstärkung statt Ersatz)
– Konfundierungsprobleme bei Korrelationsstudien
Hulls Motivationstheorie
Clark L. Hull (1884 – 1952)
– Verbindung von Lerntheorie und Motivation
– Ausbildung als Ingenieur
– Erfolgreichster psychologischer Wissenschaftler seiner Zeit
– Leiter einer berühmten Arbeitsgruppe in Yale (N.E. Miller, O.H. Mowrer, K. Spence)
• Grenzen lerntheoretischer Verhaltenserklärungen
– Ein sattes Tier lernt schlecht und/oder zeigt das gelernte Verhalten nicht
Mollenauer (1971)
• Laufgeschwindigkeit ist bei hungrigen (= deprived) Tieren höher
• Dep/NON: wenn Tier satt in den 2. Block geht, verschwindet der Effekt
• Non/DEP: Tiere müssen erst lernen für Futter zu Laufen Geschwindigkeit steigt
ohne Motivation wird Verhalten nicht mehr gezeigt
ohne Motivation kein Lernen
muss in Lerntheorie berücksichtigt werden
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2. Kraft I
• Triebe und Lernen
– Trieb als unspezifische Antriebsquelle des Verhaltens
(Defizitmotivation: unbefriedigte Bedürfnisse)
– Triebreduktion wirkt als Verstärker für ein Verhalten
– Verhaltensrichtung wird durch gelernte (=verstärkte) Verhaltensweisen
(„habits“) festgelegt
– Trieb verleiht dem Verhalten keine Richtung!
– Richtung wird erst durch die Verstärkung generiert
– Eine Verhaltensgewohnheit („habit“ = SHR) spiegelt die Verstärkungsgeschichte
eines Verhaltens in einer Situation wider
(Habit bezieht sich auf Verhalten R in Situation S)
• Multiplikatives Modell des Verhaltens
V (= SER) = D x SHR
– Triebstärke amplifiziert Unterschiede im Verstärkungsniveau und umgekehrt
Interaktives Zusammenwirken von Drive und Habit
Achtung! Drive hat keinen Index!
Am meisten verstärkte Verhaltensweise setzt sich durch
Empirische Überprüfung von Hulls Modell
– Triebstärke als Aktivator von Verhalten
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2. Kraft I
•
Bis zu welcher Stromstärke ist das Tier bereit, die Platte zu überqueren, um
den Anreiz zu bekommen?
Abhängig vom Trieb (Zeit der Deprivation)
– Multiplikative Verknüpfung von Drive und Habit
• Perin (1942)
• Löschungsresistenz: Hebel bringt kein Futter mehr: Zeigen Tiere trotzdem das
Verhalten? =Maß für Verhaltensstärke
• Effekte des einen Faktors werden umso stärker, je höher der andere ist.
Interaktionseffekt
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2. Kraft I
– Trieb als unspezifische Antriebsquelle
• Webb (1949)
• Verhalten stärker bei erhöhtem Triebniveau
• Effekt stärker bei „passender“ Triebaktivierung
Reaktionen steigen in
Abhängigkeit der Deprivation
Trieb ist wirklich
unspezifisch
Resistenz bei 22 Stunden
Hunger doppelt so hoch
wie bei Durst
Hull hat Recht, aber passender Trieb zeigt den größeren Effekt
• Erklärung: Habit wird Teil der Situation
ich rufe Habit ab, der sich in letzter Situation mit diesem Trieb bewährt hat
(= Essen bei Hunger)
– Steuernde Funktion von Triebreizen (SD; Hull, 1933)
• Hunger: Weg 1 führt nicht zur Verstärkung Habit Weg 2 wird verstärkt
• Bei Durst umgekehrter Effekt
Tiere lernen Wege abhängig von der Situation!
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2. Kraft I
• Anreize und latentes Lernen
– Massive und plötzliche Veränderung in der Performanz bei Veränderung der
Verstärkungsmenge und -qualität
• Latentes Lernen (Blodgett, 1929; Tolman & Honzik, 1930) Lernen
• Veränderungen in der Verstärkungsmenge (Crespi,1942)
- Versuchstiere müssen in eine Zielkammer finden, wo Futterkügelchen auf sie warten
- Gemessen wird dir Laufgeschwindigkeit (AV)
1. Phase:
Es gibt 3 Gruppen Zu beobachten ist, dass die Laufgeschwindigkeit mit zunehmender
Futterkügelchenmenge größer wird
2. Phase:
Beim 20. Durchgang findet ein Anreizwechsel statt, die Futtermenge wird vereinheitlicht und alle Tiere
bekommen 16 Futterkügelchen
Es entsteht eine Kreuung der Gruppenkurven (Gruppe 3 schneller als Gruppe1)
Entsprechend der Theorie von Hull kann ein Anstieg der Gewohnheitsstärke (Habitstärke) erst
dann stattfinden, wenn das Verhalten in der Gewohnheitshierarchie der Versuchstiere durch die Gabe
von Verstärkungen kontinuierlich angehoben wird, d.h. zu erwarten wäre ein
langsamer und kontinuierlicher Anstieg und Abfall der Laufgeschwindigkeit
Stattdessen ist ein enorm schneller Anstieg und Abfall zu beobachten
Diese enorme Geschwindigkeit kann man mit einer langsamen Veränderung der Habitstärke nicht
erklären
Erweiterung aufgrund von Crespis Befunden
Erweitertes Motivationsmodell
(Spence, 1958) Schüler von Hull
Alternativ:
V = D x SHR x K
V = (D + K) x SHR
K = Stärke der Konsummation, Anreizwert (eine weitere Komponente)
D = Triebstärke
H = Habitstärke
Trieb:
Push – Variable, die zu einem Ziel hindrängt (z.B. Hunger, Durst)
Operationalisiert beispielsweise anhand der Dauer der Deprivation
Habit:
Eine situationsspezifische Gewohnheitshierarchie
Operationalisiert anhand der Zahl der vorherigen Verstärkungen
Anreiz:
Charakteristika des Zielobjektes
Operationalisiert beispielsweise anhand der Menge oder Qualität des
dargebotenen Futters
• Wie erklärt man Anreizeffekte?
Fragmentarische antizipatorische Zielreaktion (rG- sG Mechanismus)
Antizipatorische Zielreaktion = Erwartung
Tier lernt an S-Punkten spezifische Reaktion interne Assoziation
zwischen Verhalten und Konsequenzen
Verstärker triggern sich selbst
•
•
10
2. Kraft I
Wie kann Futter am Zielort Verhalten schon in der Startkammer beeinflussen?
R3 = Essen, toll!! S1 = Startkammer
Unterwegs von der Startkammer zum Ziel werden markante Punkte mit Anschlussreaktionen
verbunden mit propriorezeptorischen Rückmeldungen (links abbiegen fühlt sich so an) (sensorische
Begleitqualitäten erhöhen die Antriebskomponente) verbunden;
Irgendwann entstehen neue Assoziationen bis am Ende R3 direkt mit S1 verknüpft ist
rG-sG: assoziationistisches Äquivalent des kognitiven Konzepts der Erwartung
Sekundäre Triebe
– Neutrale Reize (die normalerweise keinen Trieb induzieren), können durch
Paarung mit Triebzuständen selbst Triebcharakter erlangen
– Erworbene Furcht
• Vermeidungslernen in der shuttle-box (Miller, 1951) Lernen
– Sekundäre Triebe vor allem im Bereich der Vermeidungsmotivation
• Onset und Aufbau appetitiver Motivation (Hunger, Durst, sexuelle
Begierde) ist ein langsamer kontinuierlicher Prozess
(Hunger erhöht sich allmählich keine abrupte Veränderung es gibt
keinen Reiz, der den Trieb ankündigen könnte, schwer sekundär
konditionierbar)
Konditionierung mit Hinweisreizen muss markante Veränderung im
Triebzustand ankündigen
Probleme der Triebtheorie
• Nichtlinearer Zusammenhang zwischen Aktivationsniveau und Leistung (Hull
vermutete Linearen Zusammenhang)
– Yerkes-Dodson Gesetz (1908)
• Einfluss des Aktivationsniveaus (Elektroschock) auf das
Labyrinthlernen unterschiedlicher Schwierigkeit bei Mäusen (mussten
durch ein Labyrinth laufen, das unterschiedlich stark unter Strom
gesetzt wurde Ziel ohne Strom, Varianten der Komplexität)
Aktivation und selektive Aufmerksamkeit
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2. Kraft I
-
Je schwieriger Labyrinth, desto weiter verschiebt sich das optimale Triebniveau
nach links Interaktion
Je leichter die Aufgabe, desto höher liegt das optimale Triebniveau (und vice
versa)
(Easterbrook, 1959): „Range of One Utilization“
- Aufmerksamkeit (range) wird immer enger, je höher das Triebniveau
- Bei leichten, wenig komplexen Aufgaben Tunnelblick aufgabenfördernd, bei
komplexen eher nicht
- Performanz (muss nicht unbedingt zunehmen) vs. Verhaltensintensität (kann
mit zunehmenden Triebniveau zunehmen)
• Tendenz zum spontanen Reaktionswechsel
• Ratte findet links Futter, bieg beim 2. Mal Laufen aber trotzdem nach Rechts
ab – Warum? Passt nicht zu Habit Formation
„Spontaneous alternation“ im T-Labyrinth – sogar
dann, wenn primäres
Verhalten belohnt wird Motiv: Neugier, will Explorieren
– Exploration vs. Ermüdung?
• Dissoziationsexperimente
(Montgomery, 1952; Glanzer, 1953)
belegen die Explorationshypothese
• Ermüdung ausschalten:
Kreuzlabyrinth, Ratte kommt
einmal von Norden, einmal von
Süden rein
gezeigtes Verhalten bestätigt
Exploration
– Aktivationstheorie (Berlyne, 1958)
• Exploration/Neugierverhalten dient der Regulation des Aktivationsniveaus
Diversives vs. spezifisches Neugierverhalten
•Aktivitäten:
- Diversiv: man bekommt Stimulation
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2. Kraft I
Bsp.: Wenn man Vpn in Tonne ohne Reize legt, wird das mit der Zeit
unerträglich
- Spezifisch: bei zu komplexer Umwelt man besorgt Informationen,
um Komplexität zu verringern
Stimuluskomplexität,
mittleres Niveau ist am
besten, am angenehmsten
Hier entsteht Spannungszustand wegen Langeweile soll vermindert werden
Neugierverhalten (Motiv) ändert die Stimuluskomplexität
Literatur: Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie (Kap. 2 & 3). Weinheim: Beltz PVU.
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3. Kraft II
Kraft II – Feldtheorie
Grundidee: Personen nehmen Umwelt auf subjektive Weise wahr inspiriert von
Gestaltpsychologie wirklich psychologische Theorie
Lewins Feldtheorie
• Kurt Lewin (1890 – 1947)
– Studium der Medizin und Philosophie
– Wissenschaftliche Ausbildung und Karriere am Berliner Institut (Ach-LewinKontroverse)
– Beeinflusst von Gestaltpsychologie (Wertheimer, Köhler, Koffka)
– Feldtheorie als generelle psychologische Rahmentheorie
– Berühmte Schülerinnen in Berlin (Zeigarnik, Ovsiankina, Dembo)
– Emigration nach USA nach Hitlers Machtergreifung
– Einflussreiche Tätigkeit in USA (MIT - Massachusetts Institute of Technology;
Lehrer von Leon Festinger)
Feldtheorie
– Feld: Kräftefeld (psychologisches Analog zu physikalischen Kraftfeldern: aus
Physik übertragen)
– Dynamische Theorie (dynamis [gr.] = Kraft)
– Verhalten und Erleben als Resultante der verschiedenen zu einem Zeitpunkt
wirksamen Kräfte
• Verhalten als Funktion von Merkmalen der Person und der Situation/ Umwelt Wirken immer Zusammen:
V = f(P,U)
– Umwelt wird als psychologische (= subjektiv gegebene/wahrgenommene)
Umwelt aufgefasst
– Umwelt ist immer subjektiv, gewinnt psychologische Gestalt durch Beziehung
zu Zielen und Wünschen der Person bekommt so eine Valenz
Personmodell
– Bereiche
1. Innerpersonale Bereiche (Geltungsdrang, Suchen nach Geborgenheit etc.)
2. Zentrale Bereiche
3. Periphere Bereiche (haben direkten Zugang zu Handlungsbereichen)
• unterschiedlichen Bereiche stehen für unterschiedliche Bedürfnisse
Bedürfnisse, Quasibedürfnisse (Ziele, Vornahmen)
grundlegende Bedürfnisse werden übersetzt in konkrete Vorhaben
= Quasibedürfnisse
• Personbereiche können Bedürfnisse repräsentieren, die biologischer Natur
sind (Hunger, Durst), sie können aber auch alle Arten von Vornahmen, Zielen
und Absichten umfassen, die eine Person haben kann
• Zwischen den Bereichen gibt es Grenzwände, welche die verschiedenen
Bereiche voneinander trennen und in unterschiedlichem Maße durchlässig
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3. Kraft II
sind. (Durchlässigkeit spielt eine wichtige Rolle, weil die Aktivierung eines
Bedürfnisses eine Spannung erzeugt und die Durchlässigkeit wichtige
Auswirkungen auf den Spannungsabbau hat)
– Spannung
• Gespannte Systeme innerhalb der Person, die auf Spannungsausgleich
drängen (spezifische Spannung, kein Trieb!)
Spannung wird auf periphere Bereiche übertragen
• Spannung besteht so lange, bis das Bedürfnis befriedigt bzw. die
Intention erledigt ist
Wenn Spannung abgebaut ist Zugänglichkeit im Gedächtnis wieder
niedriger
• Einfluss auf Handeln: Aktivierung zielbezogener Verhaltensweisen
• Einfluss auf Wahrnehmung: Aufforderungscharakter von Dingen,
die zur Bedürfnisbefriedigung taugen
• Einfluss auf Gedächtnis: Zugänglichkeit für zielbezogene Inhalte
erhöht
– Grenzen, Nachbarschaft, Durchlässigkeit
• Substitution, Ersatzhandlung
• Wenn Handlungsabsicht scheitert Ersatzbefriedigung, funktioniert am
besten, wenn Ersatz dem Originalziel sehr ähnlich ist
• Stärke des Substitutionseffekts hängt auch von Ähnlichkeit ab
Empirische Untersuchungen zum Personmodell
Erinnern unerledigter Aufgaben
– Zeigarnik (1927): Zeigarnik- Effekt
• Vpn bekommen verschiedene Aufgaben aber nur die Hälfte kann erledigt
werden
• Später wird Erinnerung an Aufgaben abgefragt unerledigte Aufgaben
werden stärker erinnert, obwohl sie kürzer ausgeführt wurden
• Erklärung. Setzen der Aufgabe = Quasibedürfnis, Spannung ohne Abbau
persistiert bleibt auf hohem Niveau höhere Gedächtnisleistung
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3. Kraft II
• Objektive vs. subjektive Erledigung (Marrow, 1938)
• Unterschied zu Zeigarnik: Vpn wurde Aufgabe weggenommen, wenn sie „gut
genug“ erledigt war
mehr abgeschlossene Aufgaben erinnert, „gut genug“ bedeutet erfolgreiches
Erledigen, „nicht gut genug“: Restspannung bleibt
• „Umgekehrter“ Zeigarnik-Effekt bei selbstwertrelevanten Aufgaben
(Rosenzweig, 1943)
– Rumination (Martin & Tesser, 1989): wiederholtes Nachgrübeln nach
dramatischen Ereignissen Restspannung ist Herd der Unruhe
Wiederaufnahme unterbrochener Handlungen
– Ovsiankina (1928)
• Reduzierte Wiederaufnahme nach Ersatzhandlungen (Lissner, 1933; Mahler,
1933)
• Vpn mussten Pause machen vorher unerledigte Handlungen wurden in
der Pause fertig gestellt
Umweltmodell
wir analysieren Umwelt nach Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung
Bereiche
• Psychologische Gliederung der Umwelt in Handlungsmöglichkeiten (Wege zu
einem Ziel, Mittel-Zweck-Relationen, Konsummation)
• Umwelt als „hodologischer Raum“ (hodos [gr.] = Pfad)
Umwelt wird umstrukturiert
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3. Kraft II
• Grenzen zwischen Bereichen
entsprechen (mehr oder weniger
starken) Hindernissen auf dem Weg
zum Ziel
Hindernisse( Abgrenzungen)
müssen überwunden werden
Valenz
• Zielbereiche der Umwelt haben positiven/ negativen Aufforderungscharakter erhalten durch ihre Relation zu den aktuellen (Quasi-) Bedürfnissen der Person
positive oder negative Valenz wird im Kopf des Betrachters generiert
• Stärke der Valenz ist eine Funktion der Bedürfnisspannung (s) und der dazu
korrespondierenden Eigenschaften des Zielobjekts
(Z): Va = f(s,Z)
Kraft
• Kraft bezeichnet die Stärke der anziehenden bzw. abstoßenden Wirkung von
positiven/negativen Zielobjekten
• Die Stärke der Kraft entspricht dem Quotienten von Valenz und Distanz:
K = Va / d = f(s,Z) / d
•
Person wird zum positiven Ziel gezogen, Stärke der Kraft nimmt zu, je
näher sie an das Ziel kommt
Konflikte
– Gleichgewicht anziehender und abstoßender Kräfte
– Führt zur Immobilität des Organismus bzw. zu schnell wechselndem,
widersprüchlichem Verhalten
• Konflikttypologie
– Annäherungs-Annäherungs-Konflikt
+
+
• Geht man zu einem Ziel, entfernt man sich vom anderen Problem
• trotzdem angenehm, da leicht aufzulösen: Bewegung in eine Richtung
verschiebt die Distanzen und verstärkt die Asymmetrie im Kräftefeld
zugunsten der näheren Alternative
geht man ein bisschen in Richtung der einen Ziels, wird eine Kraft größer
(da Distanz kleiner) und andere Kraft reduziert (da Distanz größer)
17
3. Kraft II
– Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt
-
-
• Schwierig aufzulösen: Bewegung in eine Richtung erhöht die abstoßenden
Kräfte der näheren Alternative
– Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt = „flackerndes Verhalten“
• Gemisch positiver und negativer Valenzen in einem Objekt ambivalente
Situation
• 2 Kräfte gehen vom Objekt aus
Eine zieht mich an
andere stößt mich ab
weder komplettes Annähern, noch Abstoßen möglich
Anziehen
überwiegt, zieht
zurück
Abstoßen
dominiert, treibt
weg
Gleichgewichtspunkt
• Gleichgewicht durch unterschiedliche Steigung der Annäherungs- und
Vermeidungs-Gradienten (Miller, 1944)
Beispiele:
- Katze und heißer Brei
- Kind am Strand
Erklärung
- Der Meiden-Gradient verläuft steiler als der Aufsuchen-Gradient (Miller,
1944)
18
3. Kraft II
- sekundäre Krise: bei Vermeidung Konditionierung für Furcht stärker=
stärkere Vermeidungsmotivation, durch Nähe zum Objekt werden gewisse
Furchtreize getriggert
– Doppelter Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt
+
-
+
-
• Strukturell ähnlich wie Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt
• Die meisten Zielobjekte weisen Ambivalenz auf, wir müssen uns trotzdem
entscheiden
Zeitliche Distanz und Motivation
moderner, gründet trotzdem auf Lewin
Time Discounting
macht es einen Unterschied, welcher zeitlicher Abstand zwischen Anreiz und
Erreichen liegt?
• Größerer Abstand: Wirkung auf Verhalten
– Struktur von Versuchungssituationen
• Konkurrenz zwischen einem geringeren, aber sofort realisierbaren
Anreiz (smaller-sooner, SS) und einem hohen, aber erst später
realisierbaren Anreiz (larger-later, LL)
2 Anreize
Small- soon
Late-large
- muss kleiner sein, sonst keine Versuchung
o „Delay of gratification“ (Mischel, 1974) = Belohungssaufschub
Experiment:
• Kinder im Raum, müssen warten bis Versuchleiter mit Marshmallows
wiederkommt
• Wenn sie es nicht aushalten, dürfen sie Klingel drücken, bekommen aber
weniger Marshmallows
• Zeit des Aushaltens sagt spätere berufliche und familiäre Zufriedenheit, Erfolg
voraus
– Preference reversal- es gibt keine stabile Präferenz für Versuchungsreiz
• Bevorzugung von LL, solange beide Anreize noch relativ weit
entfernt sind; aber Bevorzugung von SS, sobald dieser in kritische
Nähe gerückt ist (Rachlin, 1995)
• Beispiel: Einladung zum Essen um 20 Uhr ich nehme mir vor bis dahin
nichts zu essen, aber um 18 Uhr bekomme ich Hunger hier wirkt die
Versuchung
• Beispiel: Einstellung zur Anästhesie während der Geburt
•
Experiment: Tauben picken auf Felder
o Choice X: grün (2 Futterpillen nach 2 Sekunden) vs. Rot (4 Futterpillen
nach 4 Sekunden) = wenig und schnell vs. viel und lang
Tauben wählen grünes Feld
19
3. Kraft II
o 2. Experiment: selber Aufbau, aber Entscheidung muss eher getroffen
werden (Choice Y)
o Blau (1 Sekunde später sind Tauben am Punkt Choice X) vs. Gelb
(später nur Option der roten Taste)
Tauben wählen hier gelbe Taste, wollen keine Versuchung, sondern
viele Futterpillen
– Erklärung
• Würden beide Graphen linear abflachen, sähen die beiden Ziele aus der
Distanz nur weniger wichtig aus und es geben kein Preference Reversal
•daher: Hyperbolic discounting
v = V / (1 + kd)
[v = aktueller diskontierter Wert, V = absoluter
undiskontierter Wert, d = Distanz, k = Diskontierungsparameter]
Formel sophistizierter als Lewins (wegen 1+)
• Annäherung ist eine kritische Phase, da SS attraktiver wird
20
3. Kraft II
Large ist mehr
wert
Preference Reversal
hier kippt
Entscheidung,
Versuchung setzt sich
durch
– Wiederholte Wahlsituation gibt es oft im Leben, sonst würde manches Verhalten
keine Wirkung zeigen
• Struktur eines Gefangenendilemmas (Ainslie & Haslam, 1992)
• Auflösung: Verbindung aktueller Entscheidungen mit zukünftigen,
indem diese als diagnostisch angesehen werden
einmal Nachgeben ist ok:
Man muss „Jetzt“ entscheiden Faulenzen ist besser, sowohl in Zelle 2, als
auch 4 im Vergleich zu 1 und 3 (kleine Pfeile)
• Unabhängig von Zukunft, wenn ich heute faulenze anstatt zu arbeiten immer am vernünftigsten
aber Gefahr in 4 zu landen ist sehr groß: Dilemma
•
21
3. Kraft II
•
Aktuelle Entscheidung ist immer unabhängig von Zukunft, daher ist heute
Arbeiten letztendlich am besten, da hier der Zusammenhang von Gegenart
und Zukunft liegt (großer Pfeil)
Temporal Construal Theory (Trope & Liberman, 2003)
kognitive Theorie, Warum hat Zeit so einen großen Einfluss?
– Distante Ereignisse/Handlungen: „high-level“ Kodierung
• Fokus auf Wesentliches und Wert, springt ins Auge (desirability; warum?)
– Nahe Ereignisse/Handlungen: „low-level“ Kodierung
• Fokus auf (unwesentliche) Details und Machbarkeit, keine Unterscheidung
zwischen Wesentlich und Nebensächlich (feasibility; wie?)
– Art der Kodierung (low-level vs. high-level) beeinflusst Bewertung und
Wahlverhalten
• Preference reversal bei unterschiedlicher Bewertung von low- und high-level
features möglich
Aus der Nähe werden Probleme salient Ziele werden neu bewertet
Beeinflusst
Ursache für die
Entscheidung
Liberman & Trope (1998, study 4, in Israel)
Wahl von 2 Hausarbeitsthemen (jetzt und am Kursende, jeweils 1 Woche
Vorbereitungszeit)
Faktor 1 (Schwierigkeit): schwierig (englische Lit.) vs. leicht (Hebräische Lit.)
Faktor 2 (Interessantheit): interessant („gender differences in jealousy and romantic
love“) vs. uninteressant („historical trends in social psychology“)
somit 4 Themen zur Wahl, Vpn sollten ankreuzen, wie gern sie jedes bearbeiten
möchten
Faktor 3 (Distanz): jetzt vs. in 9 Wochen
AV: Präferenz für die verschiedenen Themen
Ergebnisse:
• spannend vs. langweilig: Effekt ist in später Zukunft größer durch
Erhöhung der zeitlichen Distanz wird Einfluss von Interessantheit größer
• leicht vs. schwer: Schwierigkeit hat einen Einfluss auf Entscheidung in naher
Zukunft
22
3. Kraft II
entspricht Vorhersagen der Theorie
Literatur:
•Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie (Kap. 5). Weinheim: Beltz PVU.
23
4. Rationale Kalkulation I
Rationale Kalkulation I – Nutzenmaximierung
• Zentrales Charakteristikum menschlichen Handelns ist die Vernunft
• Wir entscheiden uns durch Abwägen der Folgen für die beste Alternative
Für welche Option entscheide ich mich, wenn ich die Wahl habe?
• Theorien kommen aus den Wirtschaftswissenschaften
Nutzentheorie
Moderne Nutzentheorie (homo oeconomicus; von Neumann & Morgenstern, 1947)
– Nutzen
• Subjektive Bewertung von Situationen/Handlungsergebnissen
– Ein Ergebnis ist ein Vektor verschiedener Aspekte einer Situation
– Vektor, da Situationen vielschichtig sind
• Nutzenfunktion (u): Zuordnung von Nutzenwerten zu Ergebnissen
Prinzip: x pref y <═> u(x) > u(y)
– Abbildung der Präferenzen in eine, numerische Dimension
– Präferenzen werden als gegeben vorausgesetzt, nicht erklärt
– Jedes Handlungsergebnis erhält den Wert, der subjektiven Nutzen
wiedergibt
– Hoher Nutzenwert = Präferenz
komplexe Aspekte werden auf einen Zahlenstrahl reduziert,
toll aber künstlich
– Handlungsentscheidungen
• Nutzenmaximierung: Wahl der Option mit höchstem Nutzen
– Annahme: es geht um wirkliche, totale Maximierung
• Konsistenzpostulate (Rationalitätsaxiome)
– Unsicherheit und Risiko
• Erwarteter Nutzen unter Unsicherheit („Lotterien“, prospects):
u(x, p; y, q; …) = p·u(x) + q·u(y) + … {p + q + … = 1}
– bedeutet: x mit Wahrscheinlichkeit p; y mit Wahrscheinlichkeit q gewichtete
Nutzenwerte werden aufaddiert und verglichen
Handlung
Ergebnis
Straße sauber (p)
Langsam fahren
rasen
Spät ankommen
Früh ankommen
Straße glatt (1-p)
+1
+3
Ankommen
Krankenhaus
+1
-5
– Entscheidung wird meist in Unkenntnis über Straße gefällt
= Wahrscheinlichkeitsabschätzung (Ergebnisse unter verschiedenen
gegebenen Situationen)
E(l)= p*(+1)+(1- p)*1 = 1
E(s)= p*(+3)+(1-p)*(5) = 3p-5 +5p= 8p-5
24
4. Rationale Kalkulation I
- Ausgeglichenheit wird erreicht bei:
1 =8p-5
6 = 8p
p=¾
d.h. mit einer Sicherheit von 75% ist die Straße sauber indecision,
Wahrscheinlichkeit schnell zu fahren
- Bei mehr als 25% Wahrscheinlichkeit für Glätte: langsam fahren
Menschen gehen bei Entscheidungen so vor
Psychophysik von Wert und Wahrscheinlichkeit
Psychophysik: Frage in welchem Verhältnis objektive Reizqualitäten zu subjektiven
Wahrnehmungen stehen
Wie hängt ein objektiver Wert mit subjektivem Nutzen zusammen?
Prospect theory (Kahneman & Tversky, 1984)
– Asymptotischer Verlauf der Nutzenfunktion
• Risiko-Vermeidung bei Gewinnen
Bsp.: Entscheidung zwischen:
(a) Sicherer Gewinn von 80,- €
(b) Gewinn von 100,- € mit 85%iger Wahrscheinlichkeit
(Risikovermeidung)
• Risiko-Suche bei Verlusten
Bsp.: Entscheidung zwischen:
(a) Sicherer Verlust von 80,- €
(b) Verlust von 100,- € mit 85%iger Wahrscheinlichkeit
(Risikosuche)
• Führt zu Verletzungen von Rationalitätsaxiomen (framing-Effekte)
keine Konsistenz, man kann sich nicht mal so, mal so entscheiden und
behaupten, es wäre vernünftig
Szenario zu Framing-Effekten:
Die BRD bereitet sich auf den Ausbruch eines aus Asien stammenden
Krankheitserregers vor. Es wird erwartet, dass die Krankheit 600 Personen das
Leben kosten wird. Zwei alternative Programme zur Bekämpfung der
Krankheit werden diskutiert, deren erwartete Konsequenzen unten
beschrieben werden.
Welches Programm würden Sie auswählen?
Version 1:
Wenn Programm A eingesetzt wird, werden 200 Personen gerettet. (72%)
Wenn Programm B eingesetzt wird, besteht eine Chance von einem Drittel,
daß 600 Personen gerettet werden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei
Dritteln wird jedoch niemand gerettet. (28%)
Version 2:
Wenn Programm C eingesetzt wird, werden 400 Personen sterben. (22%)
25
4. Rationale Kalkulation I
Wenn Programm D eingesetzt wird, besteht eine Chance von einem Drittel,
daß niemand sterben wird. Mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln
werden 600 Personen sterben. (78%)
beide Erwartungswerte sind gleich, aber Version 1 ist ein Gainframe, Version 2
dagegen ein Lossframe
- C&A, B&D sind identisch nur Formulierungen unterscheiden sich
Wir sind nicht stabil in unserem Entscheidungsverhalten.
Funktion
Linien sind nicht gerade
Objektiver Unterschied
ist größer als
subjektiver
Präferenz für sichere
Alternative
Subjektiver Schaden ist
geringer als objektiver
Präferenz für Risiko
trotz höheren Verlusts
– Losses loom larger than gains
Funktion von Verlusten ist steiler beeinflussen somit stärker
• Wären Sie bereit, 10 Euro für ein Münzwurfspiel (faire Münze) zu
bezahlen, bei dem Sie im Erfolgsfall 20 Euro bekommen? [Nein.]
(Verlust von 10 Euro wiegt schwerer als Gewinn von 20 Euro)
– Nichtlinearer Einfluss von Wahrscheinlichkeiten auf Entscheidungen
• Qualitative Sprünge zwischen Unmöglichkeit/Möglichkeit und
zwischen hoher Wahrscheinlichkeit/Sicherheit
26
4. Rationale Kalkulation I
– Subjektive Entscheidungsgewichte
sind immer geringer
nur bei Kreis: Überschätzung,
Entscheidungsgewicht hier höher als es
objektive Wahrscheinlichkeit entspricht
– Unterschied von „es ist
unmöglich“(0%) auf „es kann
passieren“ (1%) ist wichtig subjektiver Nutzen wird überschätzt
– Auch von 99% auf 100% ist ein
qualitativer Sprung subjektiver
Nutzen der 99% wird unterschätzt
– Bei unmöglichen Ereignissen:
subjektives Entscheidungsverhalten =
0
Szenario zu Sprüngen in der Wahrscheinlichkeitsfunktion:
Angenommen Sie interessieren sich für eine Versicherung gegen Erdbeben,
sind aber wegen der hohen Versicherungsprämie noch unsicher, ob Sie diese
abschließen sollen. Während Sie noch zögern, macht Ihr freundlicher
Versicherungsagent Ihnen folgendes Angebot:
„Für die halbe Prämie biete ich Ihnen an, dass alle Ihre Schäden gedeckt sind,
wenn das Erdbeben an einem ungeraden Datum auftritt. Das ist doch ein gutes
Angebot, denn für die Hälfte des Geldes sind Sie für mehr als die Hälfte der Tage
geschützt.“
Würden Sie jetzt annehmen?
Antwort: Nein.
Erklärung: Der Unterschied in der Risikowahrscheinlichkeit zwischen
p und p/2 wird subjektiv als wesentlich kleiner erlebt als der Unterschied
zwischen p/2 und 0 (perfekte Sicherheit).
Qualitativer Sprung, man kauft Versicherungen, um das Risiko ganz
auszuschalten, nicht nur halb
Spieltheorie weiterer Ansatz aus der Ökonomie
• Normative Theorie rationaler Entscheidungen
• Verhaltensentscheidungen = Züge in einem Spiel; nur, wenn ich die aller Spieler
kenne, weiß ich, was für jeden dabei herauskommt
Frage: Was ist die beste Entscheidung?
• Spiele mit mehreren Spielern (soziale Interaktionsspiele)
– Kombination der Entscheidungen aller Spieler bestimmt das Ergebnis
– Optimiert wird nur der eigene Nutzen
• Interesse am Ergebnis des anderen (Neid, Missgunst, Mitleid, etc.)
27
4. Rationale Kalkulation I
wird bereits in die eigenen Nutzenwerte eingespeist, Nutzen des
anderen ist nur als Information interessant
Graphik
• In jeder Zeile ergeben sich für die Beteiligten entsprechende Nutzenwerte
• Graphik ist symmetrisch!
Nutzen für uns
Nutzen für die
Anderen
Strategien zu Identifikation/Charakterisierung optimaler Entscheidungen
– Elimination dominierter Strategien
1. 1 und a sind dominierte Strategien (2 bzw. b sind immer besser).
– Identifikation von Gleichgewichtspunkten (equilibria; Nash, 1951)
• Kein Spieler verbessert sich dadurch, dass er allein von seiner Wahl
abweicht
2. (2,b) ist ein Gleichgewichtspunkt: jeder verliert, wenn er allein abweicht.
3. (1,a) bringt für beide Spieler höheren Nutzen, ist aber kein Gleichgewichtspunkt;
beide Spieler haben einen Anreiz, 1 bzw. a nicht zu wählen denn
(a) wenn sie glauben, der andere wählt a bzw. 1, haben sie einen Grund,
abzuweichen und 3 zu spielen,
(b) wenn sie nicht glauben, dass der andere a bzw. 1 wählt, sollten sie selbst auch
nicht 1 bzw. a wählen. Daher funktioniert (1,a) auch nicht als „Kartell“.
4. Das erscheint paradox: ‚Versuchungen‘, die selbst nicht stabil sind, können eine
attraktive Kombination destabilisieren (Misstrauen, gegenseitige Unterstellung
von Egoismus).
Typen von Spielen
- Einmal-Spiele (wenn ich immer mit andere spiele, vorherige Runde hat keinen Einfluss auf die
nächste) vs. wiederholte Spiele („Superspiele“)
–
Nullsummenspiel (fixer Betrag wird aufgeteilt, Nutzen des einen ist der Schaden des anderen)
vs. Nicht-Nullsummen-Spiele (beruht auf Gegenseitigkeit, gut für jeden)
– Kooperative vs. nicht-kooperative Spiele (man muss Versprechen nicht halten)
• Hoffnung: Rückführung von kooperativem Verhalten auf
Gleichgewichtspunkte in nicht-kooperativen Spielen
28
4. Rationale Kalkulation I
Anspruch: Anwendbarkeit auf alle Wahlsituationen
gesamtes menschliches Handeln lässt sich durch Spieltheorie optimieren
– Erklärung von Verhalten in Arbeit/Beruf; Handel-, Tausch und Konsumverhalten;
Freizeitverhalten; Partnerwahl; etc.
– Anwendung auf das Verhalten von überpersonalen sozialen Agenten
(Firmen/Gewerkschaften, Staaten)
• Abschreckungs- und Einschüchterungsspiele (Rüstungspolitik)
C= Careful
Denke an „Rebel Without
A Cause“
D= Dangerous
• Unternehmens- und Politikberatung, etwa zu Fragen der
militärischen Abschreckung, Steuerpolitik, Lohnverhandlungen,
Preisgestaltung
Grenzen der Maximierungstheorien
Kernelemente
1. Freiheit: Menschen sind im Verhalten nicht festgelegt können frei
entscheiden
2. Individualität: es gibt Unterschiede in unseren Zielen
3. Klugheit: wir überlegen, wie wir Ziele am besten in die Tat umsetzen
= rational ist, was meinen Zielen am besten dient
= Optimierung des erwarteten Nutzens, man will dann aber immer
weiter kommen aber alles ist nur begrenzt gültig
• Verkürzter Begriff von Rationalität
– Keine Rationalitätsprüfung von Zielen/Präferenzen
• Es kann nicht vernünftig sein, das Schlechte zu wollen
29
4. Rationale Kalkulation I
• Maximizing vs. Satisficing
– Optimierungswahn und die Angst, zu kurz zu kommen
• Mangelnde Beachtung indirekter, reflexiver Konsequenzen wiederholter
Entscheidungen auf payoff-Strukturen („meliorization“; Herrnstein, 1990)
– Häufige Wahl einer Alternative verändert die subjektive Wertigkeit der gewählten
(-) und der nicht-gewählten Alternative (+)
– Abhängigkeit
– Wir optimieren nur unmittelbare Konsequenzen „Kurzsichtigkeit“
– Nur aktuelle Entscheidungen werden optimiert wir verlieren globalen
Pay-Off aus den Augen
Beispiel1:
• Gegenspieler beim Tennis ist am Netz, 2 Möglichkeiten
Lob spielen
•
gerade/ schnell vorbei (Passierschlag)
Graphik gibt Verteilung der Schläge wider
LOB
• In 100% aller Schläge ausführen: Gegner merkt es wenig effektiv
• Schlag ist effektiv, wenn er selten ausgeführt wird Gegner ist
überrascht, Punkte
Welcher Prozentsatz ist optimal?
------- = gewichtete Punkte, werden aufsummiert
bei lokaler Maximierung landet Spieler beim Equal Effekt Punkt
30
4. Rationale Kalkulation I
Beispiel2:
1= abstinente Alternative, 2= Addiction Alternative
• Solang negative Folgen salient sind: weit rechts
Wenn negative Folgen nicht salient sind, kein Pay-Off bei Nicht-Trinken: weiter
links
Literatur:
• Rieck, C. (20066). Spieltheorie: Eine Einführung. Eschborn: Christian Rieck Verlag. (Nutzentheorie:
Kap. 4.6; Spieltheorie: Kap. 2).
• Kahneman, D., & Tversky, A. (1984). Choices, values, and frames. American Psychologist, 39, 341350.
• Herrnstein, R. J. (1990). Rational choice theory: Necessary but not sufficient. American Psychologist,
45, 356-367.
31
5. Rationale Kalkulation II
Rationale Kalkulation II- Erwartung x Wert
Psychologische Differenzierungen des Erwartungsbegriffs
• Grundlagen von Nutzentheorie, aber weiter entwickelt
• Wert spielt eine Rolle
Kognitive Erwartung x Wert-Modelle
4 Komponenten der Motivation
–Situation, Handlung (Handlungsalternativen, die in der Situation zur
Verfügung stehen), Ergebnis, Folge
Differenzierung zwischen unmittelbaren Ergebnis und Implikationen für Ziele
•Differenzierungen des Erwartungsbegriffs (Heckhausen, 1977)
–Abhängigkeiten (bedingte Wahrscheinlichkeiten) zwischen den Komponenten
verbinden Komponenten der Erwartung
–Situations-Ergebnis-Erwartung: P(E│S)
•Welchen Bereich möglicher Ergebnisse legt die Situation fest?
•Wie breit ist dieser Bereich?
• Bereich der Möglichkeiten, die durch Situation gegeben sind
• Hohe Erwartung: nur wenige unterschiedliche Ergebnisse treten auf
= Motivationskiller, unterbindet Motivation zu handeln
–Handlungs-Ergebnis-Erwartung: P(E│H, S)
•Inwieweit hängt das Ergebnis von der Ausführung bestimmter
Handlungen ab?
• Zentral für Motivation
• Wenn Erwartungen verschieden: großer Einfluss auf Handlung
• Gleiche Konsequenzen sind schlecht für Motivation
32
5. Rationale Kalkulation II
–Ergebnis-Folge-Erwartungen („Instrumentalität“): P(F│E)
•Wie beeinflusst das Ergebnis die Erreichung übergeordneter Zwecke und
Anreize? (Gefühle, Ziele, Selbst-u. Fremdbewertungen, persönliche Situation)
Vergleich von Erwatungen und
Folgen
Personalisierte Erwartung
Wirksamkeitserwartung („Self-efficacy“; Bandura, 1977)
kann ich Handlung ausführen? Liegt es in meiner Macht?
betrifft persönliche Erwartung, nicht auf bloßes Wissen beschränkt
- Erwartung, zielführende Handlungen erfolgreich ausführen zu können
- Personbezogene Erwartung/Einschätzung im Gegensatz zur allgemeinen
Handlungs-Ergebnis-Erwartung
- Selbstwirksamkeit kann niedrig sein, obwohl Handlungs-Ergebnis-Erwartung hoch
ist
•Nötiges Wissen, Fertigkeiten und Expertise fehlen
•Angst, Selbstzweifel oder Aversionen können Handlungsfähigkeit
einschränken
33
5. Rationale Kalkulation II
•
•
2 Teilerwartungen
Person und Handlung als verbunden wahrgenommen
Generalisierte Erwartungen
Spezifische vs. generalisierte Erwartungen
–Spezifische Erwartungen
•Basiert auf Erfahrung mit derselben oder sehr ähnlichen Situationen
•Beeinflusst Erwartungsbildung in vertrauten Situationen
–Generalisierte Erwartungen abstraktere Ebene
•Basiert auf Erfahrung mit anderen Situationen
•Beeinflusst Erwartungsbildung vor allem in neuen, unbekannten
Situationen
•Internaler/externaler„Locus of Control“(Rotter, 1954)
Überzeugung, wovon es im Alltag abhängt, welche Folgen es gibt
Internal
• Es hängt immer von mir ab
External
1. Zufall (Schicksal)
2. mächtige Andere sind
verantwortlich (Ärzte, Politiker)
4
Literatur: Rheinberg, F. (2002 ). Motivation (Kap.6). Stuttgart: Kohlhammer
34
6. Inhalt I
Inhalt I – Motive (Macht, Leistung, Anschluss)
•
•
Motiv= spezifisches Steuerungssystem menschlichen Verhaltens
Ziel der Theorien: Wie kann man Personen differenzieren, wie diagnostizieren,
welches Verhalten vorhersagen?
Motive und Motivation
Motive
• Motiv = Disposition, wird in spezifischer Situation getriggert
• Wir sind durch Motive sensibilisiert – beeinflussen, was uns an einer Situation
auffällt
– Zeitlich stabile und bereichsübergreifende Wahrnehmungs- und
Bewertungsdispositionen
• Was fällt auf an einer Situation? Wie wird eine Situation interpretiert?
Was wird als wichtig und interessant erlebt?
– Thematische Zusammenfassung von Motiven nach grundlegenden Bedürfnissen
und Zielen
• „needs“ (Murray, 1938)
• Aktuelle Forschung: Konzentration auf wenige, zentrale Motive 3 Klassen
identifiziert: Leistung, Macht, Anschluss/Intimität
– Affektbezogenheit von Motiven
• Motive = affektive Bedürfnisse, Präferenz für bestimmte Anreize
• Affekte/Emotionen als Verstärker und Anreize motivierten Verhaltens
– Leistung: Stolz, Hoffnung (auf Erfolg), Scham, Angst (vor Misserfolg)
– Anschluss/Intimität: Geborgenheit, Sicherheit/Vertrauen, Unsicherheit,
Einsamkeit
– Macht: Überlegenheit, Demütigung
Motive haben enge Bindung zu affektiven Zuständen
– Annäherungs- und Vermeidungskomponenten von Motiven
• Hoffnung auf Erfolg/ Anschluss/ Einfluss vs. Angst vor Misserfolg
/Zurückweisung/Kontrollverlust
• Motive haben immer zwei Seiten (Macht vs. Zurückhaltung)
• Auch möglich: Furcht vor Misserfolg ist so groß, dass Leistungssituation
trotz starken Leistungsmotivs vermieden wird
Situative Anreize
– Gelegenheiten/Chancen, Gefahren/Risiken
Murray
• Viele Motive beschrieben
• Eher Handlungen, die zugeordnet werden
•
„press“ (Murray, 1938)
– „Alpha“ press: objektive Charakteristika der Situation stimulieren
Motive
35
6. Inhalt I
Leistungsmotiv
» Erfolgs-/Misserfolgsrückmeldung
» Einsamkeit, neu/fremd in einer Gruppe
Anschlussmotiv
» Einnehmen einer Führungsposition in einer Gruppe
(Entscheiden, Bestimmen, Kontrollieren, Meinungsbildung)
Machtmotiv
– „Beta“ press: subjektiv interpretierte Situation
Motivation
– Ergebnis des Zusammenwirkens von Motiv und Situation („angeregtes Motiv“)
Interaktion, bei
Passung von
Motivstruktur
und Teil der
Situation
spezifische Motivation (emotionaler, affektiver Zustand und Emotionen des Motivs)
bestimmtes physiologisches Muster = Reaktionssyndrom
•
•
•
Verhalten bei Anschluss: Tend and Befriend
Verhalten bei Leistung:
Konzentration, Ehrgeiz
Verhalten bei Macht:
Dominanz (bis Aggressivität), Unterwerfung
36
6. Inhalt I
Elemente, der Situation können zum Motiv passen Interaktion Motivation
wird aktiviert
Motivmessung
Direkte Messung
– Explizite Auskünfte über persönliche Vorlieben, Einstellungen und
Handlungstendenzen (Fragebogen)
• Z.B. Personality Research Form (PRF; Jackson, 1974)
Indirekte Messung
– Kein expliziter Bezug zu Motiven in der Instruktion
– Theoretische Grundidee: Was macht Person, wenn man ihr alle Freiheiten lässt?
Disposition kommt heraus
• automatisierte, affektive Vorlieben und Reaktionsformen
• der reflektierten Selbstbeobachtung nicht unmittelbar zugänglich
• zeigen sich in Situationen, die Freiraum für spontane, selbstinitiierte
Handlungen und Interpretationen lassen
– Projektive Testverfahren
• Mehrdeutige, interpretationsoffene Reizvorlagen
• Offenes Antwortformat
• Z.B. Thematischer-Apperzeptions-Test (TAT; Murray, 1938)
implizite Messungen entsprechen Theorien über Motive
Fazit
– Indirekte Verfahren haben sich trotz geringerer Objektivität und höherem
Durchführungsaufwand durchgesetzt
• Bessere Validität (langfristige Verhaltensvorhersage)
• Theoretisch stimmige Form der Erfassung
Leistungsmotiv (achievement motive)
Definition
– „LM ist das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in all jenen Tätigkeiten zu steigern
oder möglichst hoch zu halten, in denen man einen Gütemaßstab für verbindlich
hält, und deren Ausführung deshalb gelingen oder misslingen kann“(Heckhausen,
1965, S. 604)
kann sich nur da entwickeln, wo es einen verbindlichen Qualitätsmaßstab gibt
– LM ist weitgehend unabhängig von den mit der Tüchtigkeit verbundenen Folgen
(Belohnung, Anerkennung, …); entscheidend für LM ist die Tüchtigkeit selbst
(Gedanke „Das habe ich sehr gut gemacht.“)
– Zentrale Emotionen (antizipiert/erlebt): Stolz und Scham
– Voraussetzung: Ergebnisse/Leistungen müssen erkennbar Resultat eigener
Fähigkeit und Anstrengung sein
– Übertragungseffekt: man kann nicht nur in einem Bereich leistungsmotiviert sein,
es überträgt sich auf alle Lebensbereiche
Messung von Leistungsmotiven im TAT
• Nach dem Auswertschlüssel von Winter (1991) wird als Leistungsmotiv verrechnet:
37
6. Inhalt I
– wenn Adjektive genannt werden, die eine Leistung oder Handlung positiv
bewerten (z.B. gut, besser, am besten)
– wenn ein Gewinn oder erfolgreiches Messen an anderen erwähnt wird und
dabei Leistung im Vordergrund steht (nicht Aggression oder Macht)
• Zwei Komponenten der Leistungsmotivation
– Hoffnung auf Erfolg (HE) und Furcht vor Misserfolg (FM)
LM als gesellschaftliches Phänomen
• Funktionale Wurzeln in der Neugiermotivation
• LM ist zentral für moderne Leistungsgesellschaften (wichtig in Schule, Arbeitswelt,
Freizeit)
• Erziehungs- und Sozialisationsbedingungen
– Erziehung zur Selbständigkeit
– Dosierte Diskrepanz: Fordern ohne zu
Überfordern
• Gesellschaftliche ökonomische Folgen hoher Leistungsmotivation
– Nationale Motivindizes (Motivmessungen; Auswertungen von
38
6. Inhalt I
Kinderbüchern, Ansprachen von Politikern, …) sagen nachfolgende
(aber nicht die vorangehende!) Steigerung der ökonomischen Leistung
Vorher
Energieverbrauch als
Indikator für
Wirtschaftswachstum
Leistungsmotiv in
Kinderbüchern
39
6. Inhalt I
• Gesellschaftliche Makroveränderungen LM ökonomische Entwicklung
– Protestantismus, Autonomie und LM (Weber, 1904; McClelland, 1955)
• Katholizismus: Kirche sorgt für Erlösung
– Verantwortung liegt bei der Institution
• Protestantismus: Erlösung durch Gnade allein
– Ablösung von der Institution, Autonomie
– Verantwortung liegt beim Individuum
Individuelle Leistungsmotivation
Das Risikowahlmodell der LM von Atkinson (1957)
– LM als Summe von aufsuchenden (Hoffnung auf Erfolg) und meidenden (Furcht vor
Misserfolg) Tendenzen
Formeln:
RT = Te + Tm
Te = Me x Ae x We
Tm = Mm x Am x Wm
RT= Resultierende Tendenz
Te= Tendenz, Erfolg aufzusuchen
Tm= Tendenz, Misserfolg zu meiden
Me= Erfolgsmotiv (Personkomponente)
Ae= Erfolgsanreiz (Aufgabenspezifisch)
We= Erfolgswahrscheinlichkeit
(subjektiv)
ErwartungsXWert-Ansatz!
Mm= Misserfolgsmotiv
Am= Misserfolgsanreiz (negativ!) Wie
schlimm ist es zu versagen?
We= Misserfolgswahrscheinlichkeit
• W: Erwartungskomponente; M x A: Wertkomponente
– Bestimmung der Komponenten
• Me / Mm: Motive werden projektiv erfasst (TAT)
• We / Wm: subjektive (Miss-)Erfolgswahrscheinlichkeit (lässt sich
experimentell über die Aufgabenschwierigkeit manipulieren)
– Wm= 1 –We
• A: (Miss-)Erfolgsanreiz, eine lineare Funktion der Erfolgswahrscheinlichkeit
40
6. Inhalt I
– Geringe Erfolgschance bedeutet hohen Erfolgsanreiz: Ae = 1 – We
– Hohe Erfolgswahrscheinlichkeit bedeutet starken (negativen!)
Misserfolgsanreiz: Am = – We
Anreiz ist Funktion von Wahrscheinlichkeit: schwierige Aufgabe: geringe
Erfolgswahrscheinlichkeit- wenn aber Erfolg, dann ist dieser viel wert (hoher
Anreiz); bei leichten Aufgaben vice versa
– Einsetzen ergibt:
• RT = (Me x (1 – We) x We) + (Mm x –We x (1 –We))
• RT = (Me x (We – We2)) + (Mm x (– We + We2))
• RT = (Me x (We – We2)) – (Mm x (We – We2))
• RT = (Me – Mm) x (We – We2)
Vergleich der resultierenden motivationalen Tendenz von dominant
Erfolgsmotivierten (links) und dominant Misserfolgsmotivierten (rechts)
Erfolgsmotiviert
Misserfolgsmeidungsmotiviert
– Geringes Misserfolgsmotiv: Kurve nach
unten (Tm) ist kleiner als Kurve nach
oben (Te)
– RT geht somit nach oben
– Maximum bei mittlerer
Aufgabenschwierigkeit
suchen Leistungssituationen
Leistungsmotiv ist negativ
– Tm-Komponente ist stark
– Maximum bei leichten und schweren
Aufgaben
41
6. Inhalt I
Vorhersagen des Risikowahlmodells
– Erfolgsmotivierte (HE > FM)…
• …wählen bevorzugt mittelschwierige Aufgaben
• …strengen sich hier maximal an und zeigen maximale Ausdauer
– Misserfolgsmotivierte (HE < FM)…
• …meiden generell leistungsbezogene Aufgaben
• …sind bei mittelschwierigen Aufgaben am meisten gehemmt
• …zeigen hier die geringste Anstrengung und Ausdauer
• …bevorzugen sehr leichte oder sehr schwierige Aufgaben
Empirische Prüfung des Risikowahlmodells
– Freie Anspruchsniveausetzung in der Ringwurfaufgabe (Atkinson & Litwin, 1960)
HE: Kinder wählen mittlere Entfernung
FM: Kinder zeigen diese Tendenz viel weniger
– Ausdauer beim Bearbeiten unlösbarer Zeichenaufgaben (Feather, 1961)
Faktor: Die Aufgaben werden als schwierig (p = .05) oder leicht (p = .70) dargestellt.
Lösbare und unlösbare Aufgaben werden in zufälliger Folge vorgelegt. Vpn kann
jede Aufgabe beliebig oft wiederholen und dafür jeweils ein neues Blatt benutzen.
AV: Anzahl der Lösungsversuche für die unlösbaren Aufgaben.
42
6. Inhalt I
HE:
Scheitern bei leichten Aufgaben:
Erfolgswahrscheinlichkeit sinkt ab,
aber Motivation nimmt zu besonders
hartnäckig
Wenn Leute bei den 5%
Aufgaben scheitern, hören
sie auf.
FM:
„Jetzt erst recht“: bei
schwieriger Frage
maximale Hartnäckigkeit
Verschiebt sich von 70% auf
50%: maximal aversiv hören
auf
43
6. Inhalt I
Die „kognitive Wende“ in der LM-Forschung
Fragen:
(1) Stabilität
(2) Warum wählen auch Misserfolgsvermeider den mittleren
Bereich?
• mittelschwere Aufgaben sind diagnostischer für Fähigkeiten als zu leichte oder zu
schwere
Information über die eigene Fähigkeit statt antizipierter Affekt bei Erfolg/Misserfolg
(Trope, 1975)
• Ursache ist nicht Stolz, sondern maximale Diagnostizität: Wie gut bin ich?
– Dissoziation von Diagnostizität und Aufgabenschwierigkeit
Durchführung: Vpn bekamen Tabelle vorgelegt
wenig diagnostische Aufgaben differenzieren nicht zwischen high und low ability
• Vpn durften aussuchen wie viele Aufgaben welchen Typs sie lösen wollen
Trope (1975): Fiktive Angaben, die Vpn vorgelegt wurden, bevor sie ihre
Präferenzen für die verschiedenen Leistungstests angeben sollten
6 Aufgabentypen,
Prozent der Leute, die
Aufgabe lösen können,
angegeben
Ergebnisse:
44
6. Inhalt I
• HE Diagnostizität
Aufgaben, die trennen, werden
bevorzugt
•
•
Effekt kommt von der Diagnostizität,
nicht von der Aufgabenschwierigkeit
Spricht gegen Risiko-Wahl-Modell:
auch einfach wird oft gewählt
• Präferenz für diagnostische Aufgaben, kein darüber hinausgehender Effekt der
Schwierigkeit
• Diagnostizitätsorientierung stärker bei Erfolgsmotivierten
kognitive Betrachtung: Kausalattributionen als Schlüssel zum Verständnis von
(leistungs-)motiviertem Verhalten
– Dimensionen der naiven Ursachenerklärung
• Lokation
• Stabilität
– Konsequenzen unterschiedlicher
Ursachenerklärungen für die Leistungsmotivation
• Stabilität Erwartung, Aufgabenwahl
• Lokation (Selbst-)Wert, Aufgabenwahl
45
6. Inhalt I
Individuelle Leistungsmotivation
Leistungsmotivation als dynamischer Prozess: das Selbstbewertungsmodell von
Heckhausen (1975) (Zusammenspiel von kognitiven und affektiven Faktoren)
– Selbstverstärkungszyklen der Leistungsmotivation
• Motive (HE vs. FM) bedingen Anspruchsniveausetzung und Aufgabenwahl
– HE: Erfolgsaffekte maximal bei mittlerer Schwierigkeit
– FM: Misserfolgsaffekte minimal bei extremer Schwierigkeit
• Aufgabenschwierigkeit bedingt…
– Erfahrung: Anstrengungs-/Fähigkeitsabhängigkeit von
Erfolg/Misserfolg
– Attribution: Asymmetrien in der Erklärung von Erfolg/Misserfolg
• Attributionsasymmetrien bedingen unterschiedliche Selbstbewertungen
(selbst bei identischer Leistung!)
Das Leistungsmotiv als Selbstbewertungssystem (Heckhausen, 1975)
Leistungssituationen aufsuchen, die
Leistungsniveau entsprechen oder leicht
darüber liegen
•
Viele Konsequenzen: aussagekräftige
Erfahrungen
•
Erfolg: wird sich selbst zugeschrieben
(internal attribuiert) positive Affekte
Misserfolg: variabel attribuiert (keine
Auswirkung auf folgende Situationen)
Affektbilanz positiv, wirft einen
nicht aus der Bahn
•
46
6. Inhalt I
vermeiden Leistungssituationen
•
Tendenz, nicht-diagnostische
Aufgaben zu wählen
Erfolg:
o Leichte Aufgabe: Erfolg wird auf
Aufgabe attribuiert
o Schwere Aufgabe: Glück, Erfolg
kann nicht repliziert werden
externale Attribution, irrelevant fürs
Selbstkonzept
•
Misserfolg:
o Aufgabe zu schwer: ist immer so
o Aufgabe zu leicht: diagnostisch
negativer Affekt, selbstwert-abträglich,
da stabil attribuiert
•
Machtmotiv (power motive)
Definition
– „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen
Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance
besteht“ (Max Weber, 1964, S. 38)
– Macht als Quotient der maximalen Kraft, die A auf B ausüben kann, und des
maximalen Widerstands, den B aufbieten kann (Lewin, 1951)
Funktionen der Machtmotivation
- Das Streben nach Machtpositionen soll den Zugang zu Status und Ressourcen
liefern, die die Selbsterhaltung sichern und den Fortpflanzungserfolg verbessern
– In Tiergesellschaften halten Rangordnungen das soziale Gefüge stabil
„Hackordnung“, Machtpositionen in Gruppen und Rudeln, z.B. bei Wölfen, Affen)
– Manifestiert sich in sozialen Interaktionen
– Eher bei Männern ausgeprägt, aber von Frauen bevorzugt
Messung von Machtmotiven im TAT
• Nach dem Auswertschlüssel von Winter (1991) wird als Machtmotiv verrechnet:
– Starke oder machtvolle Aktionen die auf Personen, Gruppen oder Nationen wirken
(Angriffe, Drohungen, usw.)
– Informationen über andere sammeln oder andere überprüfen
– Versuche zu beeinflussen, überzeugen, überreden, beweisen
– Bestreben, andere zu beeindrucken (Ansehen, Prestige); Ausdruck positiver
Emotionen, die damit verbunden sind
47
6. Inhalt I
Zwei Formen der Machtmotivation
– Personalisiertes Machtmotiv
• Wunsch nach Macht, um sich selbst stark und dominant zu fühlen; niedrige
Aktivitätshemmung (Aktivitätshemmung= Inhibition der Aggression, drückt sich
im TAT durch hohe Anzahl von Negationen aus)
– Sozialisiertes Machtmotiv
• hohe Aktivitätshemmung; häufig zugunsten anderer eingesetzt
Korrelate des Machtmotivs
Biologische Wurzeln des Machtmotivs
– Erhöhte Ausschüttung von Adrenalin/Noradrenalin (Sympathikus) in
machtthematischen Stresssituationen (Schultheiss, 2007)
– Gesundheitsrisiken (Bluthochdruck, schwaches Immunsystem/Cortisol; McClelland
1979; McClelland et al., 1982)
Verhalten
– Interaktion von MM, Inhibition und Imagery sagt Dominanzverhalten und
Persuasionserfolg vorher
– Schultheiss & Brunstein, 2002:
o Personen bekamen Aussicht auf Diskussion, in der überzeugendes
Verhalten wichtig sei
o Machtmotiv mit TAT gemessen
o Wichtiger Faktor: Imagery (Kampf um Macht: Vorstellen, wie man auf
andere reagieren würde, die eigene Macht angreifen)
o Zu beginn der Diskussion sollten Personen Statement abgeben
48
6. Inhalt I
hohes MM, hohe Aktivitätshemmung,
Konflikt vorgestellt
Statement am überzeugendsten
Lebenslauf
– MM sagt langfristig (> 10 Jahre) beruflichen Erfolg von Führungskräften vorher
(McClelland & Boyatzis, 1982)
Effekte situativer Machtpositionen
Verhalten
– Machtposition geht einher mit dominantem Verhalten
• offene Körperhaltung; geringe interpersonale Distanz; hohe Lautstärke;
Tendenz, andere zu unterbrechen (Hall et al., 2005)
im Experiment: Leuten bestimmte Rollen zuweisen
• Lachen als submissives Verhalten
(Stillman et al., 2007)
VL hat Macht (verteilt später
Geld), erzählt auch Witze
– Vpn lachen auch über Witze, die
nicht lustig sind
49
6. Inhalt I
Kognition
– Power priming und abstraktes Denken
• breitere Kategoriegrenzen; abstraktere Handlungsidentifikation; sinnbezogene
Informationsverarbeitung; besseres/abstrakteres Gestalterkennen (Smith & Trope,
2006)
Bindungsmotive (afiliation and intimacy motive)
Anschluss (affiliation) und Intimität (intimacy)
– Anschluss: bezieht sich v.a. auf Kontakte zu noch fremden Personen
– Intimität: Vertiefung/Sicherung von bereits bestehenden Beziehungen
Ziele des Bindungsmotivs
– aus Fremden Vertraute und freundschaftlich Gesinnte machen; geknüpfte soziale
Beziehungen aufrechterhalten bzw. wiederherstellen
– Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten, Streit, Konflikten
Funktionen
– Eltern-Kind Bindungen dienen der Selbst- und der Arterhaltung
– Bindung zwischen den Eltern dient der Aufrechterhaltung des Familienverbandes
– Bindung an eine soziale Gruppe bietet Schutz vor Gefahr und
Kooperationsmöglichkeiten
• Anregung von Bindungsmotiven durch…
– …Trennung, Isolation
– …Zurückweisung, Hinweise auf Spannungen in Beziehungen
– …Aufbau neuer Kontakte zu bislang fremden Personen oder Gruppen
Messung von Bindungsmotiven im TAT
Nach dem Auswertschlüssel von Winter (1991) wird als Anschluss-/Intimitätsmotiv
verrechnet:
– Hinweise auf das Schließen, Beibehalten oder Wiederherstellen einer
Freundschaft oder freundlichen Beziehung zwischen Personen oder Gruppen
– Ausdruck von freundlichen oder intimen Gefühlen zu anderen Personen oder
Gruppen
– Traurigkeit oder andere negative Gefühle über Trennung oder Zerstörung einer
Beziehung; Wunsch diese wieder herzustellen
– Gemeinsame Aktivitäten, wenn Wärme und Freundlichkeit darin zu erkennen sind
Korrelate des Bindungsmotivs
Biologische Grundlagen von BM
– Erhöhte Dopaminkonzentration (Parasympthikus) und Progesteron; bessere
Immunfunktion besonders bei Frauen in Situationen, die BM anregen
Kognitive Grundlagen
– Wahrnehmung
• BM+ sind sensitiver bei der Wahrnehmung von Gesichtern (auch subliminal)
(Atkinson & Walker, 1956)
• Automatische Aufmerksamkeitsausrichtung hin zu freundlichen,
50
6. Inhalt I
weg von ärgerlichen Gesichtern (Schultheiss & Hale, 2007)
Verhalten
– erhöhte Zustimmungstendenz
– soziale Interaktion/liking/eye contact: mehr bei ähnlichen anderen, weniger bei
Personen mit anderer Auffassung
– effektiver bei kooperativen Aufgaben “Tend and Befriend“
– Differenzierung zwischen stark und schwach bindungsmotivierten
Lebenslauf
– BM korreliert negativ mit beruflichem Erfolg in Führungspositionen
Literatur
• Rheinberg, F. (20024). Motivation (Kap. 4, 5). Stuttgart: Kohlhammer.
• Rudolph, U. (2003). Motivationspsychologie (Kap. 6, 7, 8). Weinheim: Beltz PVU.
51
7. Inhalt II
Inhalt II – Ziele, Identität und Selbstkonzept
Übersicht
• Ziele als Basiseinheit der Handlungssteuerung
Motive kenne ich nicht, Ziele schon können mit Verhalten in Verbindung gesetzt
werden
• Ziele und Handeln
Ziele legen fest, was wünschenswert erscheint, oder vermieden werden soll =
man kann Handeln konkret auf das Erreichen ausrichten
• Unterscheidungsmerkmale von Zielen, effektive Zielverfolgung
• Intentionale Selbstgestaltung
– Identitätsziele und Selbstdefinitionen
• Prozesse der Sicherung/Aufrechterhaltung der persönlichen Identität
• Ziele manifestieren sich auch in Träumen
Ziele
• Ziele als proximale Determinanten des Handelns
– Ziele bestimmen erwünschte Handlungsergebnisse
– Ziele als Basis von Handlungsplänen und Strategien
– Ziele steuern Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Bewertungen und Denken
• Ziele vs. Motive
– Unterschiede:
• Ziele = spezifisch, bewusst repräsentiert, handlungsleitend
• Motive = abstrakt, unbewusst, nicht-handlungsleitend
– Gemeinsamkeiten
• Einflussnahme auf basale kognitive und affektive Prozesse
(Wahrnehmung, Fühlen, Denken)
• Handlungsregulation durch Ziele
– Kybernetische Modelle der Handlungsregulation:
Ist- Soll-Vergleich: Gibt es
Diskrepanzen?
Ziel = Sollwert, bei Diskrepanz
kommt es zu korrektiven
Verhaltensweisen
52
7. Inhalt II
– Psychologische Regelkreismodelle der Handlungsregulation durch Ziele
• Moderatoren der Handlungsregulation (Carver & Scheier, 1986, 1990,
1998) - a und b sind Moderatoren der Handlungssituation
Menschen
unterscheiden sich in a)
– Selbstaufmerksamkeit
Menschen unterscheiden
sich in b)
– Kontrollüberzeugung,
Optimismus
• Disengagement
o Internale Kontrollüberzeugung: Menschen bleiben beim Regelkreis
o Externale Kontrollüberzeugung. Menschen verlassen ihn
Experiment:
– Operationalisierung von Disengagement durch Persistent
– AV: Wie lang probieren Vpn unlösbare Anagramme zu lösen?
– Manipuliert: Selbstaufmerksamkeit (z.B. durch Spiegel)
1. Bedingung: leichte Aufgaben,
2. Bedingung: schwere Aufgaben (Erwartung Anagramm nicht lösen zu können)
53
7. Inhalt II
Bei geringer Selbstaufmerksamkeit
Spielt Manipulation der Kontrollüberzeugung
Keine Rolle
Kontrolle spielt eine Rolle,
Manipulation der
Erwartungen spielt eine
Rolle
Vpn in Erwartung nicht
lösen zu können, steigen
eher aus
• Zielverfolgung und Affekt
– Positiver negativer Affekt als Resultat von Diskrepanzwahrnehmungen und
der Rate der Zielannäherung
Unterscheidungsmerkmale von Zielen und Auswirkungen auf effiziente Zielverfolgung
(Lee, Locke & Latham, 1989)
– Zielschwierigkeit (Anspruchsniveau)
• Anspruchsvolle Ziele hohe Leistung
– Zielspezifität
• Hohe Spezifität ist Voraussetzung für feedback (essentiell für
Handlungsregulation)
– Commitment
• Commitment als Moderator des Zusammenhangs zwischen Zielen
und Ergebnissen
man zeigt gute Leistung bei anspruchsvollen Zielen, wenn Commitment hoch ist
54
7. Inhalt II
Verhindern
Disengagement
– Nicht alle Ziele sind gleichwertig: Zielhierarchien = abhängige Ziele, manche sind
Mittel, um andere zu erreichen
Intentionale Selbstgestaltung
• Das Selbst als Gegenstand des Handelns
– Selbstdefinitionen und persönliche Identitätsziele als spezifisch menschliche
Motivationsquelle
• Identitätsziele: Wer und wie wir sein und werden wollen
(Persönlichkeit, Lebenslauf, und Erfolgssymbole)
Komponenten des Selbst
– Real-Selbst, Ideal-Selbst, mögliches Selbst
• Possible selves als unmittelbare Motivationsquelle (Markus & Nurius,
1986; Markus & Ruvolo, 1989)
– Desired und undesired possible selves
– „Ideal self“ (Ideale) vs. „ought self“ (Pflichten)
• Unterschiedliche Selbstdiskrepanzen (Higgins, 1987)
– Promotion focus vs. prevention focus
» Annäherung/Nutzen von Chancen vs. Fehlervermeidung
- Spezifische Gefühlsqualitäten: Freude/Angst vs. Ruhe/Anspannung
55
7. Inhalt II
Handeln ist immer eher auf nähere Zukunft ausgerichtet, als auf Idealselbst =
Zukunftsprojektion
Bei positiven Possible Selfs: kommen nicht zum Handeln, neigen zu
Tagträumerein
• Negative Possible Self: negative Konsequenzen
Balance zwischen positiv und negativ ist wichtig
•
Sicherung der personalen Identität
Selbstaufwertung durch defensive Prozesse
– Self-handicapping (Jones & Berglas, 1978),
– attributional bias (Zuckerman, 1979),
- excuse making = wenn etwas Peinliches passiert, springt im Kopf ein Motor an,
der Erklärungen produziert (Snyder, 1989)
Experiment:
• Maskuline Aufgaben: Männer haben hier mehr Druck zur selbstwertdienlichen
Attribution, da diese Aufgaben wichtiger sind für das Selbstkonzept als
feminine
56
7. Inhalt II
Self-verification (Swann, 1983)
– Aufsuchen von selbstbestätigenden Umgebungen
• Suche von positivem Feedback bei positivem Selbstbild
• Aber: Umgekehrte Tendenz bei negativem Selbstbild
damit Identität nicht in Frage gestellt wird, schützt man auch negative
Komponenten
man will Identität schützen, anstatt sich nur besser zu fühlen
Gibt room mate eine
negative Beschreibung
ab, bleiben Leute mit
einem negativen
Selbstbild lieber mit ihm
auf einem Zimmer
Interaktion von Selbsteinschätzung und Einschätzung des Room-mate
57
7. Inhalt II
Symbolische Selbstkomplettierung und Kompensation
(z.B. Jugendliche, die erwachsen wirken wollen, nutzen Symbole)
- Ausgleich von Incompleteness-Erfahrungen (selbstrelevanter Misserfolg, Mangel
an Symbolen) durch Kompensation (Wicklund & Gollwitzer, 1982)
• Öffentliche Zurschaustellung von Symbolen; Instrumentalisierung
anderer Personen zur Selbstsymbolisierung
Gollwitzer & Wicklund, 1985
1. Persönlichkeitsprofil des Probanden (positiv vs. negativ)
2. 2 Bedingungen: Frauen mögen entweder bescheidene oder nichtbescheidene Männer
3. AV: Selbstbeschreibung der Männer
Männer orientieren sich bei ihrer Selbstbeschreibung an den Vorlieben der
Frau, wenn die Rückmeldungen über ihre PSK positiv waren
• Männer mit Incompleteness-Erfahrung stellen sich selbst besser da- egal, was
die Frau möchte
• Kompensatorische Handlungen zur Wiederherstellung der
beschädigten Identität
Brunstein & Gollwitzer, 1996
1. Vpn (Medizinstudenten) wurde gesagt, dass Test relevant, oder irrelevant für
späteren beruflichen Erfolg sei
2. kein oder falsches Feedback – bei relevanten Aufgaben wichtig für Student,
sonst harmlos
3. AV: Leistung im zweiten Test
58
7. Inhalt II
Bei 2 relevanten Aufgaben sind
Vpn bei zweiter Aufgabe in FailureBedingung besser!
= Gelegenheit zur
Selbstkomplettierung
Failure wirkt negativ, besonders
bei relevanter Aufgabe
Literatur
• Kleinbeck, U. (2005). Handlungsziele. In J. Heckhausen & H. Heckhausen (Eds.),
Motivation und Handeln (Kap. 10). Berlin: Springer.
• Geen, R. G. (1995). Human motivation: A social psychological approach (Chapter 4).
Pacific Grove, CA: Brooks/Cole.
59
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
Inhalt III – Implizite und explizite Motive
• Zwei Stränge der Motivationsforschung
– Motive vs. Ziele/Identitäten (neuerer Ansatz)
– Unterschied: Indirekte (projektiv) vs. direkte (Selbstauskunft) Erfassung von
Motiven
• Relation zwischen impliziten und expliziten Motiven
– Ausgangsbefund:
• Keine konvergente Validität, Orthogonalität implizit und explizit erfasster
Motive
• Reaktionen auf dieses Ergebnis
– Mangelnde Reliabilität/Validität impliziter oder expliziter Verfahren;
nur eine Motiv-Form ist wirklich bedeutsam
– Theorie der dualen Motive: implizite und explizite Motive sind zwei
unabhängige Motivationssysteme mit unterschiedlichen
Charakteristiken
Theorie der dualen Motive (McClelland et al., 1989)
•
•
2 Motivarten lassen sich perfekt dissoziieren
Alle Zellen gleich oft besetzt:
Implizite Motive
Explizite Motive
-
+
60
+
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
Definition
Erwerb
Prädiktive
Validität
Implizite Motive
= spontanes Verhalten
- Emotionale Präferenzen
- Basal (wenige, allgemeine M)
- Keine sprachlich-bewusste
Repräsentation
(physiologisches
Reaktionssystem- führt nicht
über Sprache)
- Automatische Anregung durch
situative Anreize (keine
Verhaltenskontrolle nötig)
- man fühlt sich gut/ ungut =
Antwort auf affektive Reaktion
auf Situation
- Werden durch frühkindliche
Erfahrungen u. Anlagefaktoren
determiniert
- Besser bei langfristigen
Vorhersagen (Berufswahl, erfolg)
- Ausdauer, Anstrengung
(energetisierende Funktion)
- Tätigkeitsanreize, individuelle
Norm
Explizite Motive
= kontrolliertes Verhalten
- Selbstbilder, Werte, Einstellungen
auf eigene Lebenssituation
zugeschnitten
- Komplex, individuell
- Teil des Selbstkonzepts, sprachlich
Repräsentiert = Introspektion
zugänglich
- Kontrolliertes Verhalten zur
Erreichung gesetzter Ziele/Pflichten
- Überlegungen, Erwartungen,
Entscheidungen „im Lichte meiner
Ziele“
- Sprachlich vermittelt im Zuge des
Selbstkonzepterwerbs
- Besser bei kurzfristigen
Vorhersagen (Labor)
- Richtung (lenkende Funktion)
- (eigene und fremde) Erwartungen,
sozialer Vergleich
Frühkindliche Determinanten für spätere Motive
•
Dissoziation der Prädiktoren hinsichtlich impliziter und expliziter Motive
61
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
Vielleicht führt Bestrafung zu Reaktanz
Kind will unterlegender Rolle später
entkommen
Brunstein& Hoyer (2002) Verhalten aufgrund von Motivanregung
•
•
Vpn erledigten Konzentrationstest
2 Arten von Feedback (individuell vs. normativ)
-
-
individuelles Feedback regt implizite
Motive an
- Feedback in erhöhte Anstrengung
umgesetzt, da Leistungsmotiv
angeregt verbesserte Leistung
Anstrengung durch individuelles
Feedback vorhersagbar
normatives Feedback: wie gut bin ich
im Vergleich zu anderen?
- Absteigendes Feedback regt Motiv
an, wenn Leistungsmotiv hoch ist
Wahrscheinlichkeit Aufgabe weiter zu
bearbeiten vom expliziten LM getriggert,
normatives Feedback als Prädiktor
62
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
Interaktion impliziter und expliziter Motive
• Motivkonstellationen
Grün = konvergierende Ausprägungen
Rot = divergierende Ausprägungen
– Auswirkungen auf Zufriedenheit
• Passungseffekte (Brunstein et al., 1995)
wenn Motive in verschiedene Richtung ziehen: Probleme
• 2 Klassen von Motiven erhoben: beide explizit (Ziele) und implizit (Ziele)
Zufriedenheit bei
Bindungsmotivierten bei
Bindungszielen höher als bei
Wirkungsmotivierten
Zufriedenheit von
Wirkungsmotivierten (= Macht+
Leistung) höher bei
Wirkungsorientierten Zielen als
Zufriedenheit von
Bindungsmotivierten
•
• Moderatorfunktion impliziter Motive auf den Zusammenhang von
Zielfortschritt und Zufriedenheit (Brunstein et al., 1998)
Annahme: positiver/ negativer Affekt = Funktion von Zielannäherung
63
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
• Aber: Gibt es einen Zusammenhang zu impliziten Motiven?
Experiment: (Längsschnittstudie)
• Frage an Vpn: Wie gut im vergangenen Semester mit Zielen
vorangekommen?
• AV: Zufriedenheit (in Abstand von 6 Monaten gemessen)
Stärke des Effekts ist von Motiven abhängig
• Agency = Wirkungsmotiv (Leistung+ Macht)
Ziele, die mit Agency in Verbindung
stehen:
- werden sie bei einem hohen „need for
agency“ erreicht
Zunahme der Zufriedenheit,
Übereinstimmung mit impliziten Motiv
werden sie bei eine niedrigen „need
for agency“ erreicht
kein großer Zuwachs der
Zufriedenheit, da implizites Motiv fehlt
-
-
Ziele, die mit Bindung in Verbindung
stehen:
- Unterschied am größten, wenn „need
for agency“ niedrig und „need for
communion“ hoch ist
das richtiger implizite Motiv ist
ausgeprägt
Zufriedenheit bei Erreichen des Ziels
viel stärker
Unterschied zwischen Erreichen/
nicht Erreichen am größten, wenn
„need for agency“ hoch und „need for
communion“ niedrig ist
64
8. Inhalt III- Implizite und explizite Motive
VPn, die zahlreiche Ziele verfolgten, die für die Befriedigung ihrer impliziten Motive
ungeeignet waren oder ihnen sogar entgegenliefen, verzeichneten eine deutliche
Zunahme negativer Affekte im Lebensalltag.
Selbst wenn es der VP gelang, Ziele zu verwirklichen, die nicht mit ihren impliziten
Motiven übereinstimmten, zog dies keine Steigerung ihres emotionalen
Wohlbefindens nach sich.
Je mehr sich die VPs darauf konzentrierten bedürfnisinkongruente Ziele zu
realisieren, desto mehr vernachlässigten sie andere Ziele, die für die Befriedigung
ihrer Motive besser geeignet wären.
Implizite Motive haben eine Art Moderatorfunktion auf den Zusammenhang von
Zielfortschritt und Lebenszufriedenheit, denn der Zusammenhang zwischen
Zielzufriedenheit und Lebenszufriedenheit gilt nur, wenn sich die Zielzufriedenheit
auf Ziele bezieht, die ein hohes implizites Motiv haben.
•
•
Erreichen eines Ziels ist für Zufriedenheit wirkungslos, wenn kein implizites Motiv
darunter liegt.
Zielerreichung hat positive Konsequenzen, wenn dazu passendes Motiv
ausgebildet ist
Literatur
• Brunstein, J. (2005). Implizite und explizite Motive. In J. Heckhausen & H. Heckhausen
(Eds.), Motivation und Handeln (Kap. 9). Berlin: Springer.
65
9. Volition- Umsetzen von Zielen in Handeln
Volition – Umsetzung von Zielen in Handeln
• Suche nach Erklären für Verbindung von Motiven und Handlung- sonst alle
Schlüsse zirkulär
• Frage: Wem gelingt Zielerreichung/ Wem nicht?
Motivation und Volition
Das „Handlungsloch“ in der klassischen Motivationsforschung
= konkrete Verhaltensentscheidungen aufgrund impliziter Motive sind nicht
vorhersagbar, explizite Motive sind besser geeignet – aber noch nicht perfekt, zu viel
Varianz
– Schlechte Verhaltensvorhersage durch Motive und Ziele
– Hohe Varianz in der Wahrscheinlichkeit, mit der persönliche Ziele erreicht werden
• Das bloße Haben von Zielen ist kein Garant für deren Erreichung
• Umgang mit Hindernissen bei der Zielverfolgung; Überwindung bei
aversiven, aber notwendigen Tätigkeiten
Wichtige Unterscheidung
– Wahl von Zielen („Motivation“) Übergang vom Wünschen zum Wählen
– Realisierung von Zielen („Volition“) Übergang vom Wählen zum Wollen
Integration von Motivation und Volition
Das Rubikonmodell (Heckhausen, 1989; Gollwitzer, 1996)
– Integration (und Unterscheidung!) motivationaler und volitionaler Phasen im
Handlungsgeschehen
– Sequentielles Phasenmodell
• Abwägen / Wählen (motivational)
• Planen (volitional)
• Handeln (volitional)
• Bewerten (motivational)
wir setzen nur eine Zielentscheidung um,
Phase endet bei Entscheidung
endet mit Überschreiten des Rubikon
danach:
wieder motivational, da Überlegungen
(gut? So weiter? Neues Ziel?) einsetzen
Zyklus
– Phasenübergänge
• Fazit-Tendenz = Phase des Abwägens, innere Unruhe, man will Entscheidung
treffen
• Fiat-Tendenz = etwas soll geschehen, innere Unruhe, man braucht Pläne und
Strategien
66
9. Volition- Umsetzen von Zielen in Handeln
Phasenspezifische Bewusstseinslagen
– Konfiguration der Funktionsweise des psychischen Apparats im Einklang mit den
Erfordernissen der jeweiligen Handlungsphase
– Abwägen / Wählen
• Offene, unvoreingenommene Informationsverarbeitung
• viele Infos einholen, wenn man alles weiß, kann man Entscheidung treffen
– Planen
• in Frage stellen der Zielentscheidung wäre fatal nur noch Zielerreichung
wichtig
• Fokussierte, parteiische Informationsverarbeitung
Handlungsphasenmodell mit Bewusstseinslagen nach Gollwitzer (1996)
67
9. Volition- Umsetzen von Zielen in Handeln
Evidenz
– Bevorzugte Aufnahme, Erinnerung und Generierung phasenspezifischer Inhalte
Gollwitzer, Heckhausen & Steller, 1990
•
•
•
1. Gruppe: Ziel wurde dargestellt, Wie erreichen? Planung
2. Gruppe: Leute sollten abwägen, welche Möglichkeiten es zur Zielerreichung
gibt Abwägen
Danach: Märchen weiter schreiben, dabei deliberative (überlegen) und
implementionäre (umsetzen) Elemente gezählt
Abwägen-Phase: mehr deliberative Elemente
Planungsphase: mehr implementionäre Elemente
Planung von Handlungen
Zielintentionen vs. Handlungsvorsätze
– Ziele sind abstrakt, orientieren sich an ihrer Wünschbarkeit
– Handlungsvorsätze („implementation intentions“) sind konkret, sie spezifizieren ein
Verhalten in einer bestimmten Situation
• Wann? –Komponente
• Wie? - Komponente
Planung konkreter Handlungen ist entscheidend für die effiziente Umsetzung
zielbezogenen Verhaltens
– „strong effects of simple plans“ (Gollwitzer, 1999)
– Schreiben einer Seminararbeit in den Weihnachtsferien (Gollwitzer & Brandstätter,
1997)
• Vpn führten Gespräch über Thema der HA, 2 Gruppen:
68
9. Volition- Umsetzen von Zielen in Handeln
1.Gruppe:
- sollten konkret angeben, an welchem
Tag sie HA schreiben werden
konkreter Plan (formed)
•
2. Gruppe:
- schreiben der HA „irgendwann“ in den
Ferien
not formed
AV: Wahrscheinlichkeit der Abgab der Arbeit zur vereinbarten Zeit
Wahrscheinlichkeit
war in Gruppe 1 höher
konkrete Pläne
führen eher zur
Handlung
Literatur
• Achtziger, A. & Gollwitzer, P. M. (2005). Motivation und Volition im Handlungsverlauf. In J.
Heckhausen & H. Heckhausen (Eds.), Motivation und Handeln (Kap. 11). Berlin: Springer.
69
10. Emotion
Emotion
•
Erlebte und antizipierte Emotionen spielen bei Motivation eine große Rolle
Relation zum Handeln?
Übersicht
• Begriffsklärung: Affekt – Emotion – Stimmung
• Struktur der Emotionen
– Basisemotionen und grundlegende Dimensionen
• Funktionsmodelle der Emotion
– Zusammenhang von Emotion, Motivation, Handeln
• Emotionskomponenten
– Kognitive Einschätzungen (Appraisal)
– Handlungsimpulse, Verhaltenstendenzen
– Ausdruck (Mimik, Haltung)
– Physiologische Muster
• Emotionsregulation
– Warum überhaupt?
– Wie?
Begriffliche Klärung: Affekt – Emotion – Stimmung
Affekt
– Oberbegriff für Gefühle, Stimmungen, Vorlieben/Aversionen
Emotionen (Gefühle)
– Angst, Furcht, Ärger, Hass, Wut, Zorn, Eifersucht, Stolz, Schadenfreude, Neid,
Überraschung, Trauer, Freude, Schuld, Scham, Reue, Empörung, Sympathie, Liebe,
Bewunderung, Ekel, Verachtung, Abscheu, Mitleid, …
– Objekt- oder Ereignisbezug
– Bewusst, im Fokus der Aufmerksamkeit
– Verlauf: Anfang, Ende, bestimmbare Dauer
Stimmungen
– Schlechte/gute Laune
– Diffus, im Hintergrund
– Anlass: nicht notwendig bekannt
– Verlauf: Lang anhaltend, kein klarer Beginn/Ende
Struktur der Emotionen
Methoden der Strukturbestimmung
– Pool von Emotionsbegriffen (sprachliche Basis)
– Ähnlichkeitsurteile (alle Begriffe miteinander paaren, Paarvergleich raten lassen),
semantisches Differential (Emotionen werden nach Profilähnlichkeit gruppiert), Kovariationen
im Erleben (Korrelationen aus Befindlichkeitsfragebögen)
– Cluster-/Faktorenanalysen zur Strukturanalyse
• Clusteranalyse: maximal ähnliche Emotionen definieren Basisemotionen
• Faktorenanalyse: fundamentale Dimensionen identifizieren
70
10. Emotion
Fundamentale Emotionskategorien
Dimensionale Modelle
– Circumplexmodell (Russell, 1980) durch FA gewonnen
• Valenz und Erregung als orthogonale Faktoren
Selbstreport
Multidimensionale Skalierung
– Positiver/negativer Affekt (Watson et al., 1988) Russels Struktur um 45° rotiert
• Positiver und negativer Affekt als 2 orthogonale Faktoren
=Circumplexmodell (ist auch bei Watson noch enthalten)
71
10. Emotion
Probleme
– Abhängigkeit vom verwendeten Item-Pool
– Beliebigkeit der Dimensions-/Kategoriebildung
– Empirische Zusammenhänge oder Sprachverständnis?
Funktionsmodelle der Emotion
• Evolutionspsychologie: Emotionen als instinktähnliche Reaktionsmuster auf
typische, für das Überleben und die Reproduktion wichtige Situationen (McDougall,
1928)
• Emotionen sind Errungenschaften der Evolution: Entkopplung von Reiz und
Verhalten
Nicht nur:
SR
Sondern:
S Emotion R
Vermittelnde Variable zwischen Situation
und Reaktion flexibel, Verhalten ist
nicht so starr wie bei Reflexen
Instinktdefinition von McDougall (1928, S. 24)
„…eine ererbte oder angeborene psychophysische Disposition, welche … befähigt,
bestimmte Gegenstände wahrzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken,
72
10. Emotion
[Perzeption, Kognition]
(dadurch) eine emotionale Erregung von ganz bestimmter Qualität zu erleben
[Affekt]
und daraufhin in einer bestimmten Weise zu handeln oder wenigstens den Impuls
zu solch einer Handlung zu erleben“
[Motivation]
Emotion und Handeln
– Emotionen als Reaktion auf Ereignisse im Kontext der Zielverfolgung
– Implikationen von Emotionen für Motivation und Handlungssteuerung
In Abhängigkeit von der Bedeutung der Situation für meine Ziele generiere ich
Emotion = flexibler als Evolutionspsychologie
(Bsp.: Blind-Date- Erkennung über rote Rose, Rose löst nur bei mir Emotionen aus,
anderen ist sie völlig egal)
Emotionskomponenten I: Einschätzungen
in selber Situation sind verschiedene Emotionen möglich, welche entsteht, ist
abhängig vom Appraisal
• Emotionen sind abhängig von der Einschätzung („appraisal“) einer Situation, eines
Ereignisses, oder eines Objekts
– Bsp.: Junge kommt nachhause…
– Emotionen als Indikator persönlicher Einstellungen, Ansprüche, Normen, …
• Aus generierter Emotion sind Normen, Einstellungen, Ansprüche ablesbar, da
Rückschluss von Emotion auf Einschätzung möglich ist (Beispiel: TV Sendung
über Arbeitslose Mitleid oder Verachtung?)
• Wichtige Einschätzungsdimensionen
– Zieldienlichkeit/Valenz (pos/neg)
73
10. Emotion
– Verantwortung/Absichtlichkeit (Ereignis, andere Person, ich selbst)
– Bewältigungspotential/Handlungsressourcen (geringe/hohe Kontrolle)
– Zeitbezug (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft)
– Erwartung/Wahrscheinlichkeit (hoch/niedrig)
– Moralische Standards (involviert: ja/nein; wenn ja: verletzt/erfüllt)
– Spezifische Emotionen ergeben sich als Kombination verschiedener
Einschätzungen
Muster von Einschätzungen, Abgrenzung von anderen
o Beispiel Agency: manche Emotionen können nur generiert werden,
wenn man selbst der Handelnde ist, andere, wenn man nicht handelt
• Emotionen ohne kognitive Einschätzungen?
– Empirischer (Ursachen) vs. logischer (Konstituenten) Zusammenhang
– Kritik von Zajonc (1980, „preferences need no inferences“)
•
•
Vpn wurden verschiedene Objekte mehrmals präsentiert
Testphase: 12 gezeigte Objekte, 12 nicht gezeigte Objekte einschätzen
o 1. Bedingung: Bewerten bekannte Objekte erhielten bessere
Ratings = mere exposure Effekt
o 2. Bedingung: Frage: neu oder bekannt? Antworten auf
Zufallsniveau
74
10. Emotion
Bewusste Einschätzung ist nicht nötig, Emotion ist basaler und unabhängig von
kognitiver Einschätzung
Emotionskomponenten II: Handlungsimpulse
Zweck der Emotionen: wirken sich steuernd, energetisierend auf Verhalten aus,
vermitteln und optimieren Reaktionen sind flexibel
Logisch/begriffliche Zusammenhänge
• Weg zur Handlung ist in der Sprache schon festgelegt
– Hass Absicht zu schädigen; Mitleid Absicht zu helfen; Reue Absicht wieder
gut zumachen; Peinlichkeit Absicht zu verbergen
– spezifische Vorhersage von Emotionen durch Handlungsimpulse
Experiment („action readiness“; Frijda et al., 1989)
– wenn Vorhersagen durch moderierenden Charakter der Emotion möglich ist,
gehen Handlungsimpulse über das Appraisal hinaus
– Ablauf: Vpn sollten sich an Situation erinnern, in der sie bestimmte Emotion
empfunden haben
o Auf Dimension raten (angenehm, Kontrolle = Appraisal)
o Empfundene Handlungstendenzen (vermeiden, annähern) = action
readiness
– Tabelle gibt Menge der Varianzaufklärung wieder jeweils 1/3 wird durch die
Variablen erklärt
– Mann kann auf die Emotion schließen, wenn Appraisal und Handlungstendenz
kennt
Varianzen sind nicht gleich, Handlungstendenz klärt zusätzlich Varianz auf
75
10. Emotion
Evolutionspsych. These:
Emotionen gehen mit spezifischen Verhaltensdispositionen einher, Zweck der
Emotion: Vehalten sind Module, die Verhalten aktivieren
– Keine spezifischen Motorprogramme, dafür zu abstrakt Reaktion passt jeweils
zur Situation
– Furcht Flucht; Ekel Abstoßung; Staunen Neugier; Ärger Kampf;
Hochgefühl Dominanz; Demut/Unterwürfigkeit Unterordnung; Liebe/Zuneigung
Fürsorge (McDougall, 1928)
– Furcht sich schützen; Ärger zerstören; Freude sich fortpflanzen; Ekel zurückweisen; …(Plutchik, 1980)
Positive/negative Emotionen entsprechen appetitiven bzw. aversiv/defensiven
Motivsystemen (Dickinson & Dearing, 1979) Lernen
– Es gibt zwei Systeme, die durch
unterschiedliche Reize aktiviert
werden = Aktivierungs- und
Vermeidungssystem
– Aktivierung von Annäherungs- bzw.
Vermeidungstendenzen
• Konditionierte Furcht (Vorfreude)
interferiert mit instrumentellem
appetitivem Verhalten (Flucht/Vermeidungsverhalten)
76
10. Emotion
• Betrachtung positiver (negativer) Bilder schwächt (verstärkt) startleReaktion
Experiment (Blinzel-Reflex; Lang et al., 1997)
–
–
–
–
Blinzelreaktion als Teil des startle-Reflex gemessen
Vpn hörten Probes (laute Töne), dabei IAPS-Bilder gesehen
AV: Stärke der startle-Reaktion
Ergebnis: positive und negative Bilder führen zu weniger starker Reaktion als
neutrale binden Aufmerksamkeit in früher Verarbeitungsphase, alle anderen
Reize werden ausgeblendet
o Wenn Probe nach längerer Zeit dargeboten wird: Reflex stärker, Bild
schon verarbeitet Graphen gehen auseinander
= Kopplung eines emotionalen Zustandes und Defensivreaktion, die
kompatibel negative Reize verstärkt, positive Bilder sind inkompatibel
schwächen Reaktion ab
Negative Bilder: stärkere
Reaktion
Positive Bilder: weniger
starke Reaktion
ABER: Blinzelreflex ist ein Reflex, das meiste Verhalten dagegen instrumentell
– Aktivierung von Verhaltenstendenzen durch valente Reize (Chen & Bargh, 1999;)
auch bei instrumentellem Verhalten gibt es zwei Systeme
• Motorische Reaktionen werden gelernt:
o Annäherung = Anspannung des Bizeps (zu mir hin)
o Vermeidungsverhalten: entgegengesetzter Muskel aktiv
Experiment
• Vpn sahen positive und negative Wörter
• Neben dem Bildschirm: Hebel
o Kongruente Bedingung: positiv= pull, negativ = push (Valenz des
Reizes und Verhalten passen zusammen)
o Inkongruente Bedingung: positiv = push, negativ = pull
• Ergebnis: Kongruenzvorteil (geht schneller)
Wenn positiver Reiz verarbeitet wird und instrumentelle Annäherung aktiviert, geht
gefordertes Verhalten schneller, wenn es „passt“
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10. Emotion
ABER: Markman & Brendl, 2005
• Experiment ähnlich, bauten aber weitere Komplikation ein:
•
Name der Vpn steht auf dem
Bildschirm
Ablauf
• Worte erschienen vor oder hinter
dem Namen
• Instruktion wie bei Chen& Bargh
(kompatibel vs. inkompatibel)
aber: Bewegung zur Person ist
einmal push, einmal pull (positives
Wort vor der Person + zur Person
ziehen: push)
• Interaktion mit Position erwartet,
eigentliche Bewegung sollte egal
sein
Ergebnisse
(Tabelle: Zeilen = motorische
Reaktion, Spalten = Valenz)
• auch in „pull“-Bedingung gibt es
Unterschiede, je nachdem ob
Wort davor oder dahinter
präsentiert wurde
• Schnell: positiv + zur Person,
negativ+ weg von der Person Art der Bewegung ist egal
= Kongruenzeffekte auf der
Bedeutungs-, nicht Motorebene
• Ebene der Steuerung ist abstrakt,
flexibel
78
10. Emotion
Emotion und Verhaltenshemmung
– Emotion interferiert mit laufender Tätigkeit
• „Interrupt“-Effekt der Emotion (Simon, 1967) ist verhaltenshemmend Verhallten kann neu ausgerichtet werden
• Automatische Aufmerksamkeitsbindung durch valente Reize (Pratto & John,
1991; Wentura, Rothermund & Bak, 2000)
o Wird Valenz eingestreut, ist Farbbenennung (Stroop) langsamer Valenz (= Emotion) bindet Aufmerksamkeit
– Verhaltensblockaden durch intensive Emotionen
• Prüfungsangst, Verkrampfung durch Aufregung bei Wettkämpfen
• Kognitive Leistungseinbußen bei negativem Affekt
– Fokussierte, detailorientierte Verarbeitung (Easterbrook, 1959)
o Ist nicht immer schlecht man kann Fehler im Verhalten entdecken
– Antriebslosigkeit bei Depressivität/Trauer
• Unterbrechung leerlaufender Handlungsroutinen, Schonung von Ressourcen
(Klinger, 1975; Nesse, 2000)
• Vorbereitung der Zielablösung
o Wichtige Ziele sind dauerhaft blockiert, obwohl man immer noch
emotional daran gebunden ist (Ziel ist noch wichtig)
o Motivationssystem wird zurückgesetzt, um vom Ziel loszukommen
geht jedoch nicht spezifisch und alle Ziele werden blockiert, man
löst sich von allen Valenzen ab
o Danach: Neuorientierung
Emotionskomponenten III: Ausdruck
wie ist die Relation von Emotion und Ausdruck?
Emotion und Ausdruck (Mimik, Haltung)
– Charakteristische Mimik bei sog. Basisemotionen
– James-Lange-Theorie
• Emotionen entstehen durch Wahrnehmung peripherphysiologischer
Veränderungen, insbesondere der Gesichtsmuskulatur
79
10. Emotion
– „Wir weinen nicht, weil wir traurig sind, sondern wir sind traurig,
weil wir weinen“
– Induktion von Emotionen durch Mimik und Haltung
„facial feedback“-Hypothes (Strack, Martin & Stepper, 1988) = Pen Studies
– Coverstory: psychomotorische Fähigkeiten werden untersucht
– Stift in den Mund nehmen entspricht fröhlich/ traurig Manipulation
– Bei fröhlichem Gesichtsausdruck
werden Cartoons als viel lustiger
wahrgenommen, als bei traurigem
Gesicht
man orientiert sich hinsichtlich der
Stimmung am eigenen
Gesichtsausdruck = facial feedback
– Kommunikative Funktion von Gesichtsausdrücken
• Übermittlung persönlicher Motivzustände und Verhaltenstendenzen an
Interaktionspartner
• Steuerung des Verhaltens anderer (durch Drohgebärden, Lachen, …), auch
unabhängig von „gefühlten“ Emotionen
Emotionskomponenten IV: Physiologie
Relation zwischen Emotionen und physiologischen Veränderungen
– Physiologische Erregung („arousal“) als Emotionskomponente
• Funktion: Bereitstellung von Energie für schnelles Handeln
Arousal ist unspezifisch, bestimmt Emotion nicht allein
– Unspezifisches arousal
• Arousal tritt auch ohne Emotion auf (Maranon, 1924)
• Erhöhtes arousal ist valenzunspezifisch (Lang et al., 1997)
• (Fehl-)Attribution von unspezifischem arousal determiniert Emotion
80
10. Emotion
Schachter und Singer (1962): 2-Faktoren Theorie
▪
▪
Arousal ist notwendig, aber nicht hinreichend
Attribution der Erregung ist wichtig
Experiment
Es wurden drei Faktoren experimentell manipuliert:
1. Physiologische Erregung (Adrenalin vs. Placebo)
2. Erklärungsbedürfnis (korrekte, falsche oder keine Information)
3. Kognition (Euphorische vs. ärgerliche andere „Vpn“)
▪
Ergebnis: wenn Vpn sich Erregung nicht erklären können, lassen sie sich davon
leiten, wie der Konföderierte sich verhält
stützt Theorie, (allerdings nicht perfekt)
Wirkung von kognitiver Einschätzung des Arousals hat einen Einfluss auf
empfundene Emotion
Erkenntnis aus
PlaceboBedingung:
Euphorie ist auch
ohne Adrenalin
ansteckend
81
10. Emotion
Muster bei Ärger
nur anhand
Verhaltensbeobachtung
gefunden
– Ähnliche Effekte bei nur „eingebildetem“ arousal
Experiment (Valins, 1966)
– Männer sahen erotische Bilder, hörten dabei angeblichen eigenen
Herzschlag
– Durften sich dann ein Bild aussuchen: bevorzugten Bild mit eingespielten
schnellem Herzschlag (=angeblich höchstes Arousal, war aber nicht
eigenes)
– Form und Richtung der physiologischen Reaktion hängen von den Handlungsanforderungen ab
• Freezing/Flucht Absenkung/Erhöhung der Herzrate
• Stimmungseffekte auf Blutdruck sind aufgabenabhängig (Gendolla & Brinkmann, 2005)
Emotionsregulation
Warum Emotionen regulieren?
– Hedonismus – möglichst angenehme Emotionen
• Neutralisierung negativer Affekte, Aufrechterhaltung und Verstärkung
positiver Affekte
– Funktionale Regulation – die richtigen Emotionen
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10. Emotion
• Situationsbedingte Erwartungen/Normen bzgl. Emotionen und Verhalten
– Z.B. freundliches Auftreten gegenüber Gästen, Mitgefühl beim
Überbringen trauriger Botschaften, …
• Aufgabenbedingte Anforderungen
– Kreativität erfordert positiven Affekt
– Konzentration/Sorgfalt erfordert eine Kontrolle/Dämpfung von
positivem Affekt ( Impulsivität drosseln)
Wie reguliert man Emotionen?
– Situationskontrolle
– Kognitive Umdeutung (Verdrängung, Ablenkung, Distanzierung, benefit finding, …)
o Ändern wir Appraisal, ändern wir Emotion = Reappraisal = kognitive
Umdeutung
Emotionale Reaktionen bei emotionsauslösenden Filmen (Lazarus et al.,1965)
– Film über Unfall im Sägewerk
– Bei Leugnung und Intellektualisierung etc. ist emotionale Reaktion zwar noch da,
aber viel schwächer
kognitive Umdeutungen wirken
Entscheidung für Gefühle?
– Emotionen als Widerfahrnis
• Alltagssprache: „Trauer überkam mich“, „Wut kochte auf“, …
– Einschätzungen treten mit dem Anspruch der Gültigkeit/Richtigkeit (nicht
Beliebigkeit) auf
• Beschreibung der Welt, wie sie ist; nicht, wie sie sein könnte
• Bewertungen sind nicht beliebig; Angemessenheit von Zielen und
Ansprüchen
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10. Emotion
Therapie, Gestaltungsmöglichkeiten
– Klärung der kognitiven Grundlagen von Gefühlen
– Sensibilisierung für Unterschiede, alternative Sichtweisen, ungeprüfte Voraussetzungen,
Einstellungen, Attributionsvoreingenommenheiten
Literatur
• Reisenzein, R. (2000). Einschätzungstheoretische Ansätze. In:J. H. Otto, H. A. Euler, & H. Mandl
(Hrsg.), Emotionspsychologie (S. 117-138). Weinheim: Beltz, PVU.
• Schmidt-Atzert, L. (2000). Struktur der Emotionen. In: J. H. Otto, H. A. Euler, & H. Mandl (Hrsg.),
Emotionspsychologie (S. 30-44). Weinheim: Beltz, PVU.
• Montada, L. (1989). Bildung der Gefühle? Zeitschrift für Pädagogik, 35, 293-312.
• Rothermund, K. & Eder, A. (in Druck). Emotion und Handeln. In: V. Brandtstätter & J. H. Otto (Hrsg.),
Handbuch der Psychologie: Motivation und Emotion. Göttingen: Hogrefe.
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