Vorlesung 22 30. 6. 05, 4. 7. 05

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22
Strahlung
Wir haben in den letzten Kapiteln gesehen, dass elektromagnetische Wellen Energie
mit sich führen. Dieser irreversible Energiefluß weg von der Quelle ist kennzeichnend für das Phänomen Strahlung. Als wir die Ausbreitung von Wellen im Vakuum
behandelt haben, haben wir die Quelle der Strahlung von unseren Betrachtungen ausgeschlossen. Die klassischen Quellen elektromagnetischer Strahlung sind
jedoch beschleunigte Ladungen.
Als Strahlungsquelle betrachten wir im Folgenden eine harmonisch oszillierende Stromdichte
~j(~r, t) = ~j(~r)e−iωt .
Sie erzeugt ein Vektorpotential, das in Lorentz-Eichung durch
~ r , t) = µ0
A(~
4π
Z
dV 0
~j(~r, t − R )
c
R
gegeben ist. Die Stromdichte zur retardierten Zeit t −
0
0
~j(~r, t − ~r − ~r ) = ~j(~r) exp −iω t − |~r − ~r |
c
c
"
!#
R
c
lässt sich leicht angeben:
= ~j(~r)e−iωt exp(ik|~r − ~r0 |),
wobei k = ω/c. Damit ergibt sich das Vektorpotential zu
ik|~r−~r0 |
µ0 e−iωt Z
0e
~
~j(~r0 ).
A(~r, t) =
dV
0
4π
|~r − ~r |
Das elektromagnetische Feld außerhalb der Ladungsverteilung kann aus dem Vektorpotential gemäß
~
~ ×B
~ = 1 ∂E
∇
c2 ∂t
~ =∇
~ ×A
~
B
abgeleitet werden.
Im Folgenden werden wir uns auf die langwelligen Komponenten der Felder konzentrieren, d.h.
on
uti
trib
s
i
d
r’
nt
r-r’
e
urr
c
λ=
origin
r
observer
d
2π
d
d⇔c ,
k
T
wobei d die Ausdehnung der Stromverteiω
ist die charakteristische
lung ist und T = 2π
Zeitskala, auf der sich die Ladungsverteilung ändert.
In diesem Grenzfall ist garantiert, dass die Energie mit größerer Geschwindigkeit von
der Quelle fort transportiert wird als dies der typischen Geschwindigkeit der Quelle
(Geschwindigkeit der oszillierenden Ladungen) entspricht, c ωd.
In diesem Fall findet eine weitere Unterscheidung in zwei unterschiedliche Raumbereiche statt:
Nahfeld:
drλ
Strahlungsfeld: d λ r
Beobachter befindet sich innerhalb einer Wellenlänge
von der Ladungsverteilung
Beobachter ist viele Wellenlängen von der Ladungsverteilung entfernt
In beiden Fällen befindet sich der Beobachter “in weiter Ferne” von der Stromverteilung, r d, was die folgende Näherung zulässt,
|~r − ~r0 | =
q
r 2 − 2~r · ~r0 + r 0 2
s
' r 1−
2~r · ~r0
' r − ~n · ~r0 ,
r2
wobei ~n = ~er .
Dann kann man das Vektorpotential in der Form
~ r , t) = A(~
~ r )e−iωt
A(~
schreiben, wobei (unter Berücksichtigung obiger Näherung)
ikr
~ r ) = µ0 e
A(~
4π r
Z
0
e−ik ~n·~r
~j(~r0 ).
dV
1 − 1r (~n · ~r0 )
0
Eine Entwicklung des Bruches im obigen Integranden nach den kleinen Parametern
r 0 /r und r 0 /λ ergibt
0
e−ik ~n·~r
1
'1+
− ik (~n · ~r0 ) + · · · .
r
1 − 1r (~n · ~r0 )
22.1
Hertz’scher Dipol
In der Dipol-Näherung wird nur die niedrigste Ordnung in obiger Entwicklung
berücksichtig, d.h. die “1”. In dieser Näherung werden alle Retardierungseffekte vernachlässigt. Anschaulich bedeutet dies, dass die Ausdehnung der Ladungsverteilung
“gegen Null geht”. Dies entspricht der Idealisierung, die wir früher schon einmal
gemacht haben, als wir über reale und mathematische Dipole gesprochen haben.
Durch die Näherung wird die innerhalb von d oszillierende Stromverteilung durch
einen idealen Dipol angenähert, wie wir sofort sehen werden.
Im Grenzfall r d gilt
ikr
~ r ) = µ0 e
dV 0~j(~r0 ).
A(~
4π r
~
~ ~ ~
~ +~ei ·~j ⇔ ji = ∇·(x
~
~
~
~
Durch partielle Integration (∇·(x
v = xi ∇·j
i j) = xi ∇· j +(∇xi )·~
i j)−xi ∇·j)
erhalten wir
ikr Z
~ r ) = − µ0 e
~ · ~j(~r0 )
A(~
dV 0 r 0 ∇
4π r
wobei die Oberflächenbeiträge verschwinden, wenn das Integrationsvolumen die gesamte Stromverteilung umfasst.
Z
Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung können wir den Ausdruck für das Vektorpotential
so umformen, dass als Quelle eine oszillierende Ladungsverteilung auftritt. Aus
~ · ~j(~r, t) = − ∂ ρ(~r, t)
∇
∂t
und
~j(~r, t) = ~j(~r)e−iωt
schließen wir
ρ(~r, t) = ρ(~r)e−iωt
wobei
~ · ~j(~r) − iωρ(~r) = 0.
∇
Dem entsprechend schreibt sich der räumliche Anteil des Vektorpotentials einer oszillierenden Ladungsverteilung als
ikr
~ r ) = −i ωµ0 e
dV 0~r0 ρ(~r0 )
A(~
4π r
k eikr
= −i
p~,
4πc0 r
Z
wobei wir das elektrische Dipolmoment p~ = dV ~rρ(~r) der Ladungsverteilung eingeführt
haben.
i(kr−ωt)
~ r , t) = −i k p~ e
.
⇒ A(~
4πc0
r
R
Nun können wir das zum Hertz’schen Dipol gehörige Magnetfeld berechnen:
~ = ∇
~ ×A
~
B
i(kr−ωt)
k
~e
p~ × ∇
= i
4πc0
r
k
∂ ei(kr−ωt)
= i
(~
p × ~er )
.
4πc0
∂r
r
Mit
∂ ei(kr−ωt)
=
∂r
r
finden wir
~ r, t) =
B(~
!
ik
1
− 2 ei(kr−ωt)
r
r
1
ei(kr−ωt)
1
1−
.
k 2 (~er × p~)
c 4π0
r
ikr
Das elektrische Feld außerhalb der Ladungsverteilung erhalten wir dann aus
~ ×B
~ = 1 ∂ E.
~
∇
c2 ∂t
Der räumliche Anteil ergibt sich damit zu
~ r) = ic ∇
~ × B(~
~ r)
E(~
k
"
#
1 ~
∂ eikr
= −
∇ × (~
p × ~er )
4π0
∂r r
!
1 2
1
eikr
ik ikr
=
k (~er × p~) × ~er
+ [3~er (~er · p~) − p~] 3 − 2 e .
4π0
r
r
r
~ ⊥ ~er , aber das elektrische Feld E
~ hat eine
Damit gilt zwar immer noch, dass B
Komponente in ~er -Richtung, d.h. in Richtung der Ausbreitung.
Im Nahbereich (Nahfeld) (kr 1):
1 3~er (~er · p~) − p~
4π0
r3
1
1
~ r) =
ik(~er × p~) 2
B(~
c 4π0
r
~ r) =
E(~
Im Nahbereich gibt es praktisch nur ein elektrisches Dipolfeld. Das Magnetfeld ist
um einen Faktor ~k · ~r/c kleiner als das elektrische Feld und ist daher vernachlässigbar.
~ r ) deutet auf eine Phasenverschiebung
Der imaginäre Faktor in der Amplitude B(~
zwischen elektrischem und magnetischem Feld hin.
Beachte die charakteristische Abstandsabhängigkeit des elektrischen Dipolfeldes! Im
Nahbereich folgt das elektrische Feld in seiner zeitlichen Entwicklung phasengleich
und quasistatisch dem oszillierenden Dipolmoment.
Im Fernbereich Strahlungsfeld (kr 1)
1
eikr
k 2 (~er × p~)
c 4π0
r
~ r) = cB(~
~ r ) × ~er ,
E(~
~ r) =
B(~
d.h. in der Strahlungszone sind die vom Hertz’schen Dipol emittierten Wellen transversal. Wenn das elektrische Dipolmoment in z-Richtung zeigt, so ist das Magnetfeld
in ~eϕ und das elektrische Feld in ~eϑ -Richtung ausgerichtet.
In der Strahlungszone sind elektrisches und Magnetfeld in Phase, so wie wir es
bereits von der ebenen Welle kennen. Beachte auch die charakteristische Abstandsabhängigkeit der Felder: sowohl elektrisches als auch Magnetfeld nehmen mit 1/r
ab. Die charakteristische Abstandsabhängigkeit des statischen elektrischen Dipols
ist verschwunden. Im Strahlungsfeld generieren sich elektrisches und magnetisches
Wechselfeld gegenseitig. Sie haben das “Gedächtnis an ihre Quelle verloren” und
breiten sich unabhängig von ihr aus.
Elektrisches und Magnetfeld haben in der Strahlungszone eine charakteristische Winkelverteilung. Beide besitzen keine Feldkomponente in Richtung des oszillierenden
Dipols.
Poynting-Vektor
Das zeitliche Mittel des Poynting-Vektors
~ T = 1
hSi
T
Z
T
0
~ r, t) =
dtS(~
µ0 ~
~ ∗)
<(E × B
2
gibt den Energieanteil wieder, der im Mittel pro Zeit- und Volumeneinheit in Richtung
des Poynting-Vektors transportiert wird (T = 2π/ω).
In der Strahlungszone gilt
~ = cB
~ × ~er
E
1 2 eikr
=
k
(~er × p~) × ~er
4π0
r
1 2 eikr
=
k
[~
p − ~er (~
pr · ~er )]
4π0
r
~ ×B
~∗ =
⇒E
k4
1
~er [(~
p · p~∗ ) − (~er · p~)(~er · p~∗ )]
(4π)2 20 c r 2
Falls p~ in z-Richtung zeigt, so gilt dies auch für p~∗ .
⇒ ~er · p~ = p cos ϑ
~ ×B
~∗ =
⇒E
k4
1
~er |~
p|2 (1 − cos2 ϑ)
2
2
2
(4π) 0 c r
Die Leistung, die in den Raumwinkel abgestrahlt wird, beträgt daher
dP (Ω)
1
~ · ~er iT =
= r 2 hS
k 4 |p|2 sin2 ϑ.
dΩ
2(4π)2 20 µ0 c
Beachte, dass die abgestrahlte Leistung mit zunehmendem Abstand von der Quelle
nicht abnimmt! Das geschickte Zusammenspiel der zeitlich veränderlichen elektrischen und magnetischen Felder lässt die Felder immer weiter fortschreiten.
Die Winkelverteilung des Strahlungsfeldes ist Torus-förmig. Es gibt keine Strahlung
in Richtung des elektrischen Dipols.
Die in alle Richtungen abgestrahlte Leistung ist
−
Z
dP (Ω)
dWf eld
= P = dΩ
dt
dΩ
8π
1
=
k 4 |p|2
3 2µ0 (4π)2 20 c
µ0
|p|2 ω 4
=
12πc3
Diese starke Frequenzabhängigkeit der Leistung ist verantwortlich für den blauen
Himmel. Das Sonnenlicht regt die Dipole der Luft zu Schwingungen an. Da λrot > λblau
(oder ωrot < ωblau ) ist die von den atmosphärischen Molekülen absorbierte Energie
sowie die Intensität der reemittierten Strahlung bei höheren Frequenzen größer.
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