Spezifische Ladung e/m des Elektrons Spezifische Ladung e/m des Elektrons 1. Einführung 1.1. Allgemeines Bei diesem Versuch wird eine wichtige Konstante der Atomphysik, die spezifische Ladung des Elektrons, gemessen. Da die Elementarladung e über den Millikanversuch zugängig ist, wird hier über die e/m-Messung die Masse m des Elektrons zugängig. Sie sollen bei diesem Versuch lernen, die Bewegung von Teilchen in homogenen Feldern zu formulieren und sich klarmachen, wo die Messfehler bei den Versuchsaufbauten liegen. 1.2. Benötigte Vorkenntnisse , magnetische Induktion (Flussdichte) B Magnetische Feldstärke H Bewegung von Elektronen im elektrischen und magnetischen Feld Zentrifugalkraft bei Kreisbewegungen Elektrisches Potenzial Spezifische Ladung e/m des Elektrons Seite 1 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons 2. Vorbereitung 2.1. Grundlagen Allgemeine Theorie und Theorie zum Röhrenmessaufbau Zur Kennzeichnung der Ladung des Elektrons können elektrostatische sowie elektromagnetische Kraftwirkungen benutzt werden. Für die Kennzeichnung der Masse können sowohl die Erscheinungen von Gravitation als auch der Trägheit verwendet werden. Die Gravitationswirkung auf das Elektron ist für direkte Messungen zu klein, so dass nur Beobachtungen von Trägheitseinwirkungen möglich sind. Da diese nur bei Beschleunigungen auftreten, muss also die bei Beschleunigung eintretende Änderung des Bewegungszustands der Elektronen quantitativ verfolgt werden. Da diese Änderung sowohl vom gesuchten Wert e/m als auch von der Geschwindigkeit v abhängt, sind stets zwei voneinander unabhängige Felder notwendig, um beide Unbekannte zu finden bzw. eine von beiden zu eliminieren. Da in der Literatur die Bewegung von Ladungsträgern in elektrischen und magnetischen Feldern sehr ausführlich behandelt wird, sollten hier nur die für den Versuch mit dem Röhrenmessgerät (Abb. 2) wichtigsten Formeln angegeben werden. Kraft auf ein Elektron in einem homogenen elektrischen Feld: =−e E F (1) Kraft auf ein Elektron in einem homogenen magnetischen Feld (Lorentzkraft): =−e v × B F (2) In Vakuum bzw. Luft gilt: B=µ 0H µ 0 : magnetische Feldkonstante des Vakuums, µ0 =4 ⋅10−7 Einheit von B: Vs =T (Tesla) m² Einheit von H: A m [ ] Vs Am (3) Der Energiegewinn eines Elektrons nach dem Durchlaufen einer Potenzialdifferenz der Größe U W pot =e⋅U (4) ist wegen der Energieerhaltung gleich der kinetischen Energie eines Teilchens: W kin= m 2 v 2 e v2 = m 2U Spezifische Ladung e/m des Elektrons (5) Seite 2 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons Für die Kreisbewegung senkrecht zum homogenen Magnetfeld gilt (Zentrifugalkraft = Lorentzkraft) v2 F =m =e v B r (6) Daraus folgt e v = m rB (7) Durch Elimination von v aus Gl. (7) mit Gl. (5) ergibt sich: e 2U = m r 2 B2 Theoretische (8) Betrachtung der e/m- Messung nach Busch Dieser einfache Zusammenhang gilt für eine Bewegung des Elektrons senkrecht auf der Richtung von B. Dies wird im ersten Versuchsteil (Fadenstrahlrohr, Abb. 1) realisiert. Mit der Messung des Abbildung 1: Versuchsaufbau "Fadenstrahlrohr", Radius r der resultierenden Kreisbahn schematisch. UH: Heizspannung, U: Beschleunigungserhält man den Wert von e/m. spannung. Bei der Bestimmung der spezifischen Ladung nach Busch wird der Elektronenstrahl einer Braunschen Röhre (Oszillographenröhre) durch ein homogenes Magnetfeld auf eine Abbildung 2: Experimenteller Aufbau nach Busch in Seitenansicht. Schraubenlinie gezwungen (Abb. 2). Stellt man mit Hilfe des Magnetfeldes gerade eine volle Schraubenumdrehung ein, so trifft der Elektronenstrahl auf den Fluoreszenzschirm der Braunschen Röhre zentral (unabgelenkt) auf. Aus der zentralen Auftreffbedingung lässt sich e/m errechnen. Eine kurze Herleitung ist im folgenden gegeben. Es gilt Gl. (5) für die erzeugte Horizontalgeschwindigkeit v der Elektronen (nach Anode). Spezifische Ladung e/m des Elektrons Seite 3 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons Daraus ergibt sich Gl. (8). gegeben durch Gemäss Gl. (5) ist die Elektronengeschwindigkeit parallel B [ ] v p= 2 eU m 1 2 (9) und die Laufzeit Tp vom Ablenkkondensator zum Leuchtschirm (Abb. 2) ist [ ] l m T p= =l vp 2e UB 1 2 (10) Im vertikalen Ablenkkondensator mit der Ablenkwechselspannung UA erhalten die Elektronen eine Vertikalgeschwindigkeit [ eU A v v= 2 m ] 1 2 (11) Das homogene parallele Magnetfeld zwingt durch die Lorentzkraft die Elektronen auf eine Schraubenbahn (Helix) mit Radius r gemäss Gl. (7) Für r folgt aus (7) r= m vv e B (12) Die Umlaufzeit für einen Schraubengang ist T =2 r m 2 = vv e B (13) Ist die Umlaufzeit T gleich der Laufzeit Tp, so trifft der Elektronenstrahl unabgelenkt als zentraler Punkt am Leuchtschirm auf. Aus T = tp folgt [ m 2 m =l e B 2 eU B ] 1 2 (14) Aufgelöst nach e/m ergibt sich aus (14) U e =82 2 B2 m B l (15) Die magnetische Feldstärke der Spule (in der Spulenmitte) ist gegeben durch: B= µ0 n I 1 L 2D 2 2 Spezifische Ladung e/m des Elektrons (16) Seite 4 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons wobei I die Stromstärke, n die Windungszahl, L die Länge und D der Durchmesser der Spule sind. 2.2. Literatur [1] R.W. Pohl, Optik und Atomphysik 84 UC 127 P748 [2] Westphal, Physik 84 UC 128 W537 [3] Bergmann-Schäfer, Optik 84 UC 143 B499 [4] Physikalisches Praktikum an der ETH (e/m nach Busch) 84 UC 400 B977 [5] M. Kroetzsch, Physikalisches Praktikum 84 UC 400 I27 [6] Kohlrausch Praktische Physik (Helmholtz-Spulen) 84 UC 100 K79 [7] W. Walcher, Praktikum der Physik 84 UC 400 W154 [8] K.H. Hellwege, Einführung in die Physik der Atome 84 UM 2000 H477 2.3. Fragen und Aufgaben Der im 1. Versuchsteil verwendete Aufbau ist in Abb. 1 gezeigt. Die Beschleunigung der Elektronen erfolgt in einer Potenzialdifferenz der Größe U. Die Ablenkung der beschleunigten Elektronen geschieht in einem zur Strahlrichtung senkrechten Magnetfeld. Gemessene Größen: Radius der Kreisbahn der Elektronen im Magnetfeld, Magnetfeldstärke, Beschleunigungsspannung. 2.3.1. Leiten Sie den Zusammenhang zwischen e/m und den gemessenen Größen her. 2.3.2. Ein Elektron wird durch eine Spannung U beschleunigt und unter einem Winkel in ein Magnetfeld geschossen wie in Abb. 3 gezeigt. Welche Bahn beschreibt das Elektron? Wie Abbildung ändert sich der Bahnradius? HINWEIS: 3: Einschußwinkel des Elektrons in das B-Feld. und berechnen Sie daraus Zerlegen Sie v in v ⊥ und v⋳ bezüglich B einerseits die Schraubenhöhe und andererseits auch die Umlaufzeit (Larmor-Frequenz). 2.3.3. Wie kann man den Einfluss des Erdmagnetfeldes auf die Elektronenbahn vermeiden? 3. Durchführung Es stehen zwei verschiedene Versuchsaufbauten zur Verfügung. e/m soll mit beiden Apparaten bestimmt werden. Geräte: Spezifische Ladung e/m des Elektrons Seite 5 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons e/m-Röhrenmessgerät e/m Messgerät Netzgerät (NG 304) Amperemeter (0-2,5 A) (Metrix) Netzgerät (Phywe 7532) Voltmeter (0-250 V) (Philips) Magnetfeldmessgerät (Hallsonde) 3.1. Versuchsaufbau Der schematische Aufbau des Geräts zur e/m-Bestimmung ist in Abb. 1 gezeigt. Es besteht aus einem Glaskolben, in dem sich eine Glühkathode zur Erzeugung sowie ein Wehneltzylinder zur Bündelung der Elektronen und die Anode befinden. Im evakuierten Kolben befindet sich Argongas mit einem Parzialdruck von 0.1 Pa. Darin können sich die Elektronen fast ungehindert bewegen. Durch Stöße der Elektronen mit den Argonatomen werden diese zum Leuchten angeregt, so dass die Bahn der Elektronen beobachtet werden kann. Der Glaskolben befindet sich im Innenraum eines Helmholtzspulenpaars, das ein nahezu homogenes Feld im Kolben erzeugt. Zur Bestimmung des Durchmessers der Elektronenkreisbahn sind fluoreszierende Stege im Abstand von 20 mm angebracht. Wenn der Elektronenstrahl diese Stege trifft, laden sie sich besonders bei niedrigen Energien stark auf und die Bahn wird verformt. Die Messungen können deshalb genauer sein, wenn man den Strahl genau in der Mitte zwischen den Stegen hindurchführt. 3.2. Versuchsdurchführung 3.2.1. Schließen Sie die Helmholtzspulen an das Netzgerät (stromstabilisiert) über das Amperemeter an. Am Gerät ist der Eichfaktor für die magnetische Flussdichte −4 B=7.8⋅10 ⋅I [ Vs =T 2 m ] angegeben. 3.2.2. Schließen Sie den 6,3 V-Ausgang des Phywe-Netzgerätes an den Eingang zur Heizung der Glühkathode an. 3.2.3. Schließen Sie den regelbaren 300 V-Ausgang des Netzgerätes an den entsprechend bezeichneten Buchsen des e/m-Gerätes an (auf richtige Polung achten). Stellen Sie einen festen Wert für den Strom durch die Helmholtzspulen ein (z.B. 1.5 A). Messen Sie den Radius r der Elektronenbahn für einige verschiedene Beschleunigungsspannungen. Achten Sie dabei darauf, dass die Elektronen in einem geschlossenen Kreis umlaufen (Einstellung durch Drehen des Glaskolbens). Spezifische Ladung e/m des Elektrons Seite 6 von 7 Spezifische Ladung e/m des Elektrons 3.2.4. Tragen Sie r2 gegen die Beschleunigungsspannung U auf und bestimmen Sie aus der Steigung der Kurve e/m. Schließen Sie eine Fehlerdiskussion an. 3.2.5. Stellen Sie eine feste Beschleunigungsspannung ein (z.B. 280 V). Messen Sie den Elektronenbahnradius r bei verschiedenen Strömen durch die Helmholtzspulen. Tragen Sie die Stromstärke I gegen 1/r auf und bestimmen Sie e/m aus der Steigung der Kurve. Auch hier sollen Sie wieder die Messfehler und evtl. systematische Fehler angeben. Wie verhalten sich Ihre Ergebnisse zu dem akzeptierten Wert von [ ] e C =1.76⋅1011 m kg ? 3.2.6. e/m-Messung mit Busch-Anordnung Der Versuchsaufbau ist in Abb. 2 gezeigt. Geräte: Spule: Windungszahl n = 2000 Durchmesser D = 8 cm Länge L = 42 cm Oszillograph Beschleunigungsspannung Widerstand R = 10 U = 1990 V (Gerät 1), U = 1970 V (Gerät 2) Länge von Ablenkkondensator zu Leuchtschirm l = 13 cm. 3.2.6.1. Nehmen Sie die Elektronenstrahlröhre in Betrieb. Ohne anliegendes Magnetfeld erkennen Sie einen leuchtenden Strich, weil an den Ablenkplatten eine Sägezahnspannung anliegt. Erhöhen Sie den Spulenstrom allmählich, bis der Elektronenstrahl zum ersten Mal in der Mitte des Fluoreszenzschirmes auftrifft. Mit Hilfe einer Hallsonde können Sie die durch den Spulenstrom erzeugte magnetische Flußdichte B=µ 0⋅H bestimmen. Beschreiben Sie, warum sich der anfangs längliche Strich bei erhöhung des Magnetfeldes dreht und zusammenzieht. Bestimmen Sie e/m quantitativ und schliessen Sie eine Fehlerrechnung an. Welche der beiden Methoden liefert den zuverlässigeren Wert für e/m? Spezifische Ladung e/m des Elektrons Seite 7 von 7