Gekürzter Auszug aus: • Bolay, E. & Reichle, B.: Handbuch der waldbezogenen Umweltbildung. Waldpädagogik. Teil 2 Praxiskonzepte. Schneider Verlag Hohengehren, 2011 8.3.1. Musterveranstaltungen: Wildtiere des Waldes im Frühjahr Einleitung Das Frühjahr ist „die Zeit des Erwachens“ in der Natur. Ganz besonders deutlich wird das bei den Frühblüher. Jedoch auch die Tierwelt „erwacht“ im Frühling. Der Wald ist plötzlich voller Gesang und Geschrei. Die Vögel beginnen zu rufen und zu singen. So werden Reviere abgegrenzt und Partner angelockt. Revierkämpfe, Werben und Paaren finden statt. Fortpflanzung und Vermehrung beginnen und es folgt die Aufzucht der Jungen. Für alle Lebewesen beginnt im Frühjahr das Nahrungsangebot reicher und vielfältiger zu werden. Nahrungserwerb und Konkurrenz werden durch den vermehrten Bedarf und das größere Angebot auch im Frühjahr interessant. Gerade im Frühjahr geht es um einen allgemein-biologischen Zugang zur Ökologie des Waldes. Die Kinder finden über unterschiedliche Tierarten den Zugang zur Natur. Wildtiere, deren Körperbau und Lebensverhältnisse kennenlernen ist beabsichtigt. An den ausgewählten Tierarten soll es möglich werden, allgemeine Phänomene, wie Anpassungen oder Ernährungsgewohnheiten zu erschließen. Am Specht z.B. kann seine besondere Ernährung und seine Fähigkeit zu klettern Thema werden. Der Schwanz des Eichhörnchens kann als Hilfe bei seinen weiten Sprüngen von Baum zu Baum erkannt werden. Der leicht nach vorne abfallende Körperbau der Rehe zeigt sie als Ducker, während die kräftigen Wildschweine oder Hirsche als Brecher erkennbar sind. Diese Verhaltensweisen sind bereits am Körperbau der Tiere ablesbar und können imitiert werden. Anpassungen der Lebewesen an das Klima und die Verhältnisse ihres Lebensraumes werden deutlich. Zugvögel und Teilzieher („Strichvögel“), die im Winter hier nichts zu fressen gefunden haben, kehren zurück. Rehwild und Wildschweine kommen aus ihren Verstecken und Eichhörnchen sind häufiger zu sehen. Es ist spannend, balzende Eichhörnchen, in ihrem verrückten Treiben zu beobachten. Werbende Singvögel können an ihren geschmetterten Gesängen erkannt werden und es ist interessant ihnen zuzuhören. Zielgruppe: Grundschule (6 bis 10 Jahre) Teilnehmerzahl: bis ca. 30 Personen Dauer: in etwa 3 Stunden möglich Ort: strukturierter Mischwald mit Naturverjüngung Ziele: ganzheitliche Erleben der Natur mit allen Sinnen. Wildtiere und deren Lebensbedingungen in den Jahreszeiten kennen lernen. Anpassungen reflektieren. Möglichst viermal mit der selben Leitung in vier Jahreszeiten. Material: Pirschpfadtiere, Fragenkarten, Felle und Tierteile, Bälle. Methoden: Beobachten, erkunden. Sozialformen: Einzelarbeit, Halb- und Teilgruppen Projekt: Wohl eher kein eigenes Projekt, jedoch sinnvoll in Waldprojekte integrierbar. Teil eines Jahreszeitenprogramms. Einstimmungsübung „Geräuschekonzert“ (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister). Die Kinder verteilen sich einzeln um den Sammelpunkt im Gebüsch und verharren dort schweigend etwa 10 Minuten. Auch im Schweigekreis möglich. Auch Kinder können thematisieren, dass es Tiere gibt, die dem Winter ausweichen und andere, die dies nicht können. Zugvögel und Teilzieher („Strichvögel“) haben unterschiedliche Lösungen für dieses Problem gefunden. Alle diese kommen im Frühjahr zu unterschiedlichen Zeiten in ihre Brutgebiete zurück. 1 Hinführung zum Thema Was machen die Tiere im Frühling? Beobachtungsaufgabe: Felle (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister) Werden Felle gezeigt, so stehen im Mittelpunkt der Wechsel der Jahreszeiten und der damit verbundene Fellwechsel. Im Frühling kann es sehr kalt werden und die Sonne kann sommerlich strahlen. Diese Übergangszeiten sind geprägt von der Umgestaltung der Felle. Zentrale Aktivität, ein Höhepunkt: „Pirschpfad klassisch“ – Entdecken von Tieren im Wald (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister). Für das Frühjahr bietet sich der die Konzentration fördernde und beschauliche klassische Pirschpfad an. Je kleiner die Kinder, desto weniger Tiere sollen verwendet werden. Bewegungsaktivität zur Auflockerung (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister) Aktivität „Tierquiz“: Zuordnen von Fellen und anderen Teilen zu Pirschpfadtieren (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister) Die Kinder sollen mit ganzen Fellen „die Tiere wieder anziehen“. Sie prüfen die Zugehörigkeit und ordnen. Dies kann auch in mehreren Runden geschehen. Es dürfen auch Tierteile dabei sein, zu denen es kein Tier gibt. Wissen um den Körperbau der Tiere, deren Verhalten, Arten- und Formenkenntnis wird erworben. Nachdem das Futter der Tiere behandelt wurde, macht die Gruppe selbst eine Vesperpause. Da muss man das Futter nur aus dem Rucksack holen und nicht mühsam im Wald fangen oder suchen. Bewegungsaktivität/ Auflockerung (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister). Aktivität „Nahrungsnetz mit Bällen“ (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister). Das Spiel „Chaosball“ kann als sehr anspruchsvolles Nahrungsnetzspiel gestaltet werden. Wiederholung In einer Wiederholungsaktivität (siehe www.hausdeswaldes.de Datenbank Waldmeister) können vertiefende Fragen aufgegriffen werden. Schlussrunde In der Schlussrunde sollte jedes Kind seine persönliche Meinung zur Veranstaltung äußern dürfen. Möglich wäre auch: mein Lieblingstier z.B. der Dachs würde zu heute wohl sagen ... z.B. es gab zu wenig Vesperpausen und der Fuchs wäre wohl gerne mehr herumgerannt. BNE-Kriterien Die Subjektivität und Einfühlung in Lebenssituationen ist groß und die Kinder gehen engagiert mit. Das Thema ist „Jahreszeiten“ und gerade das Frühjahr ist in den gemäßigten Klimaten besonders interessant. Ein Gefühl für die Zeit und die dadurch bedingten Veränderungen in der Natur führen in das BNE-Thema Permanenz. Dauerhaftigkeit und Wechsel sind Themen, die gerade unter BNE-Kriterien diskutiert werden sollten. Das „Frühlingserwachen“ bietet besonders anschaulich „Natur pur“ mit dem Kommen und Vergehen von natürlichen Prozessen und den ökologischen Anpassungen der Lebewesen. Natürlich wäre es z.B. bei der Behandlung der Felle möglich, soziale und kulturelle Fragen zu thematisieren z.B. über Fellkleidung, Anoraks, … . Es wäre eher eine Frage der Zeit, denn in einer ganztägigen Veranstaltung oder einem Ferienkurs könnten z.B. Tipis gebaut und andere Wohn- und Lebensformen zum Thema werden. Soziales und Ökonomisches sind, ebenso wie Gerechtigkeitsfragen – vor allem in Kurzzeitprogrammen - eher nicht möglich. Freie Gestaltungsphasen sollen Gestaltungskompetenzen fördern. Eigenaktivität und Selbstständigkeit werden erforderlich. 2