Bericht zum Gelände-Workshop des DGG-Arbeitskreises „Mitteleuropäische Kristallinzone“ Vom 16.04.-21.04.2010 fand der 12. Gelände-Workshop des Arbeitskreises „Mitteleuropäische Kristallinzone“ in Annweiler am Trifels statt. Er führte unter der Leitung von Jürgen Kopp/Seddiner See in den Randbereich des Oberrheintalgrabens, der hier durch den Pfälzer Wald eingenommen wird und in die die französischen Nordvogesen des Elsaß. Im Mittelpunkt standen Aufschlüsse der Mitteleuropäischen Kristallinzone. Sie ziehen sich im Exkursionsgebiet von Neustadt an der Weinstraße über Wissembourg bis Windstein/Jaegerthal im Elsaß hin. Die laterale Erstreckung beträgt damit mehr als 60 km. Im Anschluss daran wurden Aufschlüsse im Breuschtal (Vallée de la Bruche) in den Nordvogesen besucht. Für die fachliche und logistische Unterstützung bei der Durchführung des GeländeWorkshops sei Herrn Dr. PHILIPPE ELSASS, Directeur Service Géologique Régional Alsace (BRGM) herzlich gedankt. Teilnehmer waren 15 Geowissenschaftler aus Stahnsdorf, Seddiner See, Berlin, Freiberg/Sa., Potsdam, Greifswald, Halle, Bremen und Zürich. Jedem Teilnehmer wurde bei der Anreise ein Exkursionsführer ausgehändigt, der durch Dr. Kopp und Prof. Maass erarbeitet wurde. Wie gewohnt, waren neben den Geländebefahrungen abendliche wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen zur Mitteleuropäischen Kristallinzone (MEKZ) und ihres geologischen Rahmens vorbereitet worden. Hierzu bot unser Quartier geeignete Möglichkeiten. Kurze geologische Übersicht Der Oberrheintalgraben selbst stellt einen aktiven Grabenbruch dar, der im Scheitelbereich der ostfranzösisch-süddeutschen Weißjura-Aufwölbung – beginnend vor ca. 45 Millionen Jahren – eingebrochen ist. Die Absenkung erreicht Beträge bis zu 5000 m. Ähnlich wie andere Sedimentbecken ist diese Zone langsamer Subsidenz (einige mm pro Jahr) ganz überwiegend mit fluviatilen Sedimenten aufgefüllt worden. Die Pressbewegungen Gondwanas sind hier seit dem mittleren Eozän nachweisbar. Zeitgleich fanden linksseitige (sinestrale) Blattverschiebungen statt. Sie halten bis heute an und manifestieren sich immer wieder in seismischen Aktivitäten an grabeninternen N-SStörungen. Im Ergebnis dieser horizontalen Verschiebungen wurden und werden die Vogesen nach Süden und der Schwarzwald weiter nach Norden gerückt. Unter der permotriassischen Bedeckung der Südpfalz und des Nord-Elsaß tritt das Grundgebirge nur in wenigen fensterartigen Aufschlüssen zu Tage. Sie liegen ausnahmslos im Bereich der westlichen Schulter des Oberrheintalgrabens. Die avisierten Aufschlüsse der Südpfalz und des Nord-Elsaß sind hauptsächlich unmittelbar an die Rheingrabenhauptstörung und nur untergeordnet an die Rheingrabenrandstörung gebunden. Letztere manifestiert sich in den tief eingeschnittenen Seitentälern. Die Grundgebirgseinheiten sind dabei sowohl durch tektonische Vorgänge als auch den Bergbau freigelegt worden. Nahezu alle Aufschlüsse liegen in der Saxothuringischen Zone der Mitteleuropäischen Varisziden und repräsentieren die westlichsten an der Oberfläche zugänglichen Vorkommen der Mitteleuropäischen Kristallinzone. Lediglich die devonischen Gesteinsserien im Bereich des Breuschtals sind in das Moldanubikum einzuordnen und liegen an der Nahtzone zum Saxothuringikum. Der linksrheinisch gelegene Pfälzer Wald stellt das Gegenstück zum Odenwald dar. Eine mächtige Buntsandstein - und etwas untergeordnet - auch Rotliegend-Sedimentation verdeckt wie ein Schleier die älteren Schichten. Insgesamt aber dominieren die Schichtstufen des Buntsandsteins. Sie bestimmen die Morphologie der Landschaft und insbesondere auch die Gestaltung der Bergkuppen. Nach Osten bricht der Buntsandstein zum Rheintal in mehreren Staffeln. Abb. 1: Die Mitteleuropäische Kristallinzone mit dem rot umrandeten Exkursionsgebiet im südwestlichen Grenzgebiet Deutschlands und Frankreichs. Die ersten zwei Exkursionstage galten überwiegend dem kristallinen Grundgebirge. Wie bereits dargelegt, tritt es nur an wenigen Stellen zu Tage. Als besonders eindrucksvoll erschienen dabei die mächtigen Granodiorit- und OrthogeisVorkommen von Waldhambach bzw. Albersweiler: diskordant über dem Grundgebirge liegen Tuffe und andesitische Laven des permokarbonische Vulkanismus sowie die Sedimente des Oberrotliegend und des Buntsandsteins. Die Granodiorite und Orthogeise werden massenhaft von verschiedenen Lamprophyr-Typen postunterkarbonischen Alters durchschlagen. Ihre genauere Altersstellung ist noch unklar. Weitere Grundgebirgsaufschlüsse mit Granitoiden und Metamorphiten befinden sich bei Edenkoben und Burrweiler sowie zwischen Windstein und Jaegerthal. Letztere liegen im nordelsässischen Schwarzbachtal und gehören damit bereits zu den Nordvogesen. Besonders interessant die Phyllitschiefer von Burrweiler. Sie weisen nach Mineralbestand und Metamorphosegrad eine große Ähnlichkeit mit den Gesteinen der Nördlichen Phyllitzone in Brandenburg un Sachsen-Anhalt auf. Hinzu kommen mehrere kleinere Vorkommen und ein größerer auflässiger Steinbruch zwischen Weiler und Skt. Germannshof nahe Wissembourg im Elsaß, in denen eine steil stehende Sequenz von Meta-Grauwacken, Schiefern und Pyroklastiten ansteht. Auch in Neustadt an der Weinstraße und bei Hambach sind paläozoische Metasedimente des Grundgebirges aufgeschlossen. Diese Aufschlüsse sind jedoch aus logistischen Gründen schwierig zu erreichen, da der von Neustadt unmittelbar an einer hoch frequentierten Schnellbahnlinie liegt und der von Hambach sich auf privatem Grund befindet. Die spärlichen Pflanzenreste, die in den Schiefern von Weiler bei Wissembourg sowie in den Neustädter und Hambacher Schiefern gefunden wurden, lieferten einen ersten Anhalt für die unterkarbonische Alterseinstufung des Grundgebirges im Pfälzer Wald und den Nordvogesen. Eine genaue Altersbestimmung der kristallinen Gesteine ist jedoch nur über radiometrische Datierungen möglich. Insbesondere die Analyse der Pb-Isotope von akzessorischen Zirkonen wurde hierzu genutzt. Auf dieser Grundlage konnten ANTHES & REISCHMANN (1996) nach der 207Pb/206PbEvaporationsmethode Zirkon-Einzelkorndatierungen vornehmen. Die Gesteine der aufgeführten Kristallinvorkommen weisen danach unterkarbonische Protolithalter mit Werten zwischen 325 Ma und 339 Ma auf, wobei die Streubreite akzeptabel ist. Für den Orthogneis von Albersweiler (Granitgneis) wurde dagegen mit einem Mittelwert von etwa 369 Ma ein oberdevonisches Protolithalter gemessen. Abb. 2: Im Granodioritbruch von Waldhambach: Blick auf das Grundgebirge mit saiger stehenden Lamprophyrgängen und auflagernden Unterrotligend-Vulkaniten und Oberrotliegend-Sedimenten (Aufnahme von 2005). Geochemische Untersuchungen belegen eine differenzierte Genese (I-Typ- und S-TypGranitoide) sowie differenzierte geotektonische Positionen des Kristallins. Am vierten Tag wurden die schwach metamorphen Schiefer des Südrandes der Nordvogesen im elsässischen Breuschtal (Vallée de la Bruche) besucht. Sie liegen südlich der Mitteleuropäischen Kristallinzone bzw. des Saxothuringikums im Bereich des Moldanubikums unmittelbar im Nahtbereich zum Saxothuringikum. Beispielhaft werden sie durch die Weiler und Steiger Schiefer, die einer GrünschieferMetamorphose unterworfen waren, repräsentiert. Die Abfolge der devonisch bis unterkarbonischen Schichten ist angesichts der wenigen Fossilfunde und der erheblichen tektonischen Zerstückelung noch recht unklar und wird deshalb kontrovers diskutiert. Die komplizierte geologische Entwicklung dieses Gebietes wird durch mächtige vulkanische Einschaltungen (Basalte, Andesite, Rhyodazite und ignimbritische Tuffe) weiter veranschaulicht. Dr. Jürgen Kopp, Sprecher des Arbeitskreises