Das Zwei-Körper-Problem - Astrophysik Uni

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Das Zwei-Körper-Problem
H. Todt (UP)
Computational Astrophysics
SoSe 2016
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Bewegungsgleichungen I
Wir erinnern uns (?):
Die Keplerschen Gesetze
1
Jeder Planet bewegt sich auf einer elliptischen Bahn mit der Sonne in
einem der Ellipsen-Brennpunkte.
2
Die Geschwindigkeit eines Planeten erhöht sich mit abnehmendem
Abstand zur Sonne so, dass die Verbindungslinie Sonne-Planet in
gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht.
3
Das Verhältnis P 2 /a3 ist für alle Planeten, die die Sonne umkreisen
dasselbe, wobei P die Umlaufzeit des Planeten und a die große
Halbachse der Ellipse ist.
Das 1. und 3. Keplersche Gesetz beschreiben die Form der Bahn, aber nicht
die Zeitabhängigkeit ~r (t). Diese kann nicht einfach durch elementare
Funktionen ausgedrückt werden. Wir werden daher versuchen, eine
numerische Lösung zu finden.
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Bewegungsgleichungen II
System Erde-Sonne
→ Zwei-Körper-Problem → Ein-Körper-Problem mittels reduzierter Masse:
µ=
Mm
=
m+M
m
M
m
+1
(1)
da mE M ist µ ≈ m, d.h. Bewegung relativ zum Schwerpunkt ≡
Bewegung von m.
Legen (0, 0) in Ursprung des Kraftfeldes erzeugt von M.
Desweiteren: Newtons 2. Gesetz:
m
d 2~r
~
=F
dt 2
(2)
Und Kraftfeld gemäß Newtons Gravitationsgesetz:
~ = − GMm ~r
F
r3
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Bewegungsgleichungen III
Die Keplergesetze, aber auch die Annahme einer Zentralkraft implizieren
Drehimpulserhaltung → Bewegung findet in einer Ebene statt (→ 1.
Keplersches Gesetz).
Wir benutzen kartesische Koordinaten in der xy -Ebene:
Fx
Fy
GMm
x
r3
GMm
= − 3 y
r
= −
(4)
(5)
Die Bewegungsgleichungen lauten dann
d 2x
dt 2
d 2y
dt 2
mit
r
H. Todt (UP)
GM
x
r3
GM
= − 3 y
pr
=
x2 + y2
= −
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(6)
(7)
(8)
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Kreisbahnen
Einen Spezialfall als Lösung der Bewegungsgleichungen (6) & (7) ist die
Kreisbahn. Für sie gilt
r̈
mv 2
r
⇒
v
v2
r
GMm
=
(Kräftegleichgewicht)
2
rr
GM
=
r
(9)
=
(10)
(11)
Die Beziehung (11) ist somit die Bedingung für eine Kreisbahn.
Desweitern ergibt Gl. (11) zusammen mit
P =
⇒
H. Todt (UP)
P2 =
2πr
v
4π 2 3
r
GM
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(12)
(13)
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Astronomische Einheiten
Für unser Sonnensystem ist es praktisch, astronomische Einheiten (AU) zu
benutzen:
1 AU = 1.496 × 1011 m
und die Einheit der Zeit ist das (Erden-) Jahr
1 a = 3.156 × 107 s (≈ π × 107 s),
dann ist für die Erde P = 1 a und r = 1 AU
Somit folgt aus Gl. (13):
GM =
4π 2 a3
= 4π 2 AU3 a−2
P2
(14)
D.h. wir setzen GM ≡ 4π 2 in unseren Rechnungen.
Vorteil: handlichere Zahlen!
Dadurch ist z.B. r = 2 ungefähr 3 × 1011 m und t = 0.1 entspricht
3.16 × 106 s, und v = 6.28 ist ca. 30 km/s.
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Das Euler-Verfahren I
Die Bewegungsgleichungen (6) & (7):
d 2~r
dt 2
= −
GM
~r
r3
(15)
sind ein System von Differentialgleichungen 2. Ordnung, das nun gelöst
werden soll.
Formal: Integration der Bewegungsgleichung um die Bahngleichung ~r (t) zu
erhalten.
Schritt 1: Reduktion
Schreibe Newtonsche Bewegungsgleichung als System von
Differentialgleichungen 1. Ordnung (hier 1D):
v (t) =
H. Todt (UP)
dx(t)
dt
& a(t) =
dv (t)
F (x, v , t)
=
dt
m
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(16)
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Das Euler-Verfahren II
Schritt 2: Lösen der Differentialgleichung
Differentialgleichungen der Form (Anfangswertproblem)
dx
= f (x, t),
dt
x(t0 ) = x0
(17)
lassen sich durch eine einfache Methode numerisch (Diskretisierung) lösen:
Explizites Euler-Verfahren (Eulersches Polygonzugverfahren)
1
Wähle Schrittweite ∆t > 0, sodass tn = t0 + n∆t,
2
Berechne die Werte (Iteration):
xn+1 = xn + f (xn , tn )∆t
n = 0, 1, 2, . . .
Klar: je kleiner die Schrittweite ∆t, desto mehr Schritte notwendig, aber
auch desto genauer ist das Ergebnis.
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Das Euler-Verfahren III
Warum Polygonzugverfahren?
4
x4
3
x5
x6
x7
x8
x3
x
x2
2
x1
x0
1
0
1
0
2
3
4
5
t
6
7
8
9
10
Exakte Lösung (–) und numerische Lösung (–).
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Das Euler-Verfahren IV
Herleitung aus Fundamentalsatz der Analysis
dx
= f (x, t) von t0 bis t0 + ∆t
dt
Z t0 +∆t
dx
dt =
f (x, t)dt
dt
t0
t0
Z t0 +∆t
⇒ x(t0 + ∆t) − x(t0 ) =
f (x(t), t)dt
Integration der Dgl.
Z t0 +∆t
(18)
(19)
(20)
t0
Anwenden der Rechteckregel
fürs Integral:
Z t0 +∆t
f (x(t), t)dt ≈ ∆t f (x(t0 ), t0 )
(21)
t0
Gleichsetzen von (20) und (21) liefert Euler-Schritt
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Das Euler-Verfahren V
Herleitung aus Taylorreihenentwicklung
x(t0 + ∆t) = x(t0 ) + ∆t
dx
(t0 ) + O(∆t 2 )
dt
(22)
dx
= f (x, t)
dt
x(t0 + ∆t) = x(t0 ) + ∆t f (x(t0 ), t0 )
Nutze
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(24)
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Das Euler-Verfahren VI
Für das System (16) bedeutet das
Euler-Verfahren für Newtonsche Bewegungsgleichungen
vn+1 = vn + an ∆t = vn + an (xn , t)∆t
(25)
xn+1 = xn + vn ∆t
(26)
Wir stellen fest:
die Geschwindigkeit am Ende des Zeitintervalls vn+1 wird bestimmt
durch an , die Beschleunigung am Anfang des Intervalls
ebenso wird xn+1 aus vn berechnet
Wir werden den Algorithmus etwas variieren, sodass wir aber für ∆t → 0
dieselben DGl. erhalten.
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Das Euler-Verfahren VII
Dabei werden wir nun vn+1 zur Berechnung von xn+1 benutzen:
Euler-Cromer-Verfahren (Semi-implizites Euler-Verfahren)
vn+1 = vn + an ∆t
(wie bei Euler)
(27)
xn+1 = xn + vn+1 ∆t
(28)
Vorteil dieser Methode:
wie bei Euler-Verfahren nur einmalige Berechnung von x, v nötig
besonders geeignet für oszillierende Lösungen, da Energie besser
erhalten wird; nämlich:
Euler: En+1 = En (1 + ∆t 2 )
(29)
2
3
Euler-Cromer: En+1 = En + cos 2(t − t0 )∆t + O(∆t )
(30)
Term O(∆t 2 ) mittelt sich über eine Periode heraus, bleibt nur O(∆t 3 ).
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Das Euler-Verfahren VIII
Eventuell ist es besser, die Geschwindigkeit für die Mitte des Intervalls zu
berechnen:
Euler-Richardson-Verfahren (Euler-Halbschritt-Verfahren)
an = F (xn , vn , tn )/m
1
vM = vn + an ∆t
2
1
xM = xn + vn ∆t
2
(31)
(32)
(33)
1
xM , vM , tn + ∆t /m
2
= vn + aM ∆t
(34)
aM = F
vn+1
(35)
xn+1 = xn + vM ∆t
(36)
Wir benötigen nun doppelt soviele Rechenschritte, sind aber u.U. effizienter,
da wir eine größere Schrittweite wählen können als beim Euler-Verfahren.
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