gute Preise richtig kalkulieren

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Marketing
kaufspreis (Brutto) für einen Endverbraucher
Ab-Hof ermittelt. Zugrunde liegt eine Kalkulation, die darauf ausgerichtet ist, Weine direkt
sowie über eine oder mehrere Handelsstufen
an den Endverbraucher zu verkaufen. Es werden verschiedene Aufschläge kalkuliert.
Dadurch soll eine klare Preispolitik im Weingut entstehen, die den Anforderungen der
Absatzmittler (Händler) gerecht wird. Zwischenergebnisse sorgen für eine übersichtliche Gliederung. Die Kalkulation der Zwischenergebnisse wird im Folgenden beschrieben.
Foto: DWI
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Gute Preise
richtig kalkulieren
Wege zur sauberen Preiskalkulation „Gute Weine erkennt
man an einem guten Preis“ – Dies ist einer der Leitsätze, mit
denen ein bekannter Discounter in seiner neuen Werbekampagne um Kunden wirbt. Doch was ist ein guter Preis und wie
hoch darf dieser Preis sein? Um diese Fragen zu beantworten,
werden im Folgenden die Sichtweisen von Weingut und
Kunde beleuchtet. Matthias Gutzler, Kompetenzzentrum
Weinmarkt und Weinmarketing Rheinland-Pfalz ist der Sache
auf den Grund gegangen.
A
bbildung 1 zeigt die drei Aspekte, die mit
direktem Einfluss auf die Preisfestlegung
wirken. Kosten, Kunden und Wettbewerber
bilden jene Gemengelage, in der Preise gestaltet werden. Durch die Kosten lässt sich
bestimmen, wie hoch der Preis mindestens
sein muss, um den Fortbestand eines Weinguts langfristig sicherzustellen. Es wird aufgezeigt, wie Preise auf dieser Grundlage in einem Weingut richtig zu kalkulieren sind.
Daneben werden die Ausgabenbereitschaft
der Kunden beleuchtet und Möglichkeiten zur
Erhöhung dieser Ausgabenbereitschaft diskutiert. Die Kunden entscheiden, ob ein Preis
gut ist, indem sie vergleichen, welches Produkt ihnen das beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Ein großes Angebot, das von vielen
Wettbewerbern gestaltet wird, ermöglicht
ihnen Produkte und Preise zu vergleichen.
Dadurch sind bei der Preisfestlegung Grenzen
nach oben gesetzt. Als Ergebnis der Preiskalkulation in Abbildung 2 wird der Listenver-
Kosten bilden Preisuntergrenze
Die Festlegung des Preises wird maßgeblich
durch die Kosten bestimmt. Die Summe aller
Kosten ergibt die langfristige Preisuntergrenze (LPU). Sie bildet den Startwert der Preiskalkulation (Abb. 2). Die LPU wird auf Basis
einer Vollkostenrechnung ermittelt. Folgende
Kosten sind für die Berechnung der LPU zu
ermitteln:
■■Materialkosten
■■Personalkosten (inklusive Entlohnung nicht
entlohnter Arbeitskräfte)
■■Kapitalkosten (inklusive Verzinsung des
Eigenkapitals)
■■Unterhaltungskosten
■■Sonstige Kosten (inklusive Pachtansatz für
eigene Fläche)
Ein großer Teil der Kosten kann den Aufwendungen im Jahresabschluss entnommen werden. Bei den Abschreibungen gibt es Unterschiede zwischen steuerlicher und tatsächlicher Nutzungsdauer. Hier ist eine Kalkulation
der tatsächlichen Abschreibungswerte sinnvoll. Hinzu kommen Kosten für die Entlohnung der eigenen Faktoren (Boden, Arbeit
und Kapital). Diese sind im Jahresabschluss
nicht berücksichtigt. Eine angemessene Entlohnung kann in Form eines Drittvergleichs
erfolgen. Das heißt, Entlohnung der Arbeitszeit – vergleichbar mit der eines Angestellten
mit gleicher Tätigkeit, Pachtansatz gemäß
einer Verpachtung der eigenen Fläche an einen Dritten und Verzinsung des Kapitals,
wenn es bei einer Bank angelegt wird.
Gewinnaufschlag und Bezugskosten
Der Barverkaufspreis beinhaltet einen Gewinnaufschlag und die Bezugskosten. Der
Gewinnaufschlag soll Wachstum generieren
und den Fortbestand des Unternehmens sichern. Die Höhe des Gewinnaufschlages liegt
im eigenen Ermessen des Betriebsleiters und
hängt davon ab, wie die Wachstumsbestrebungen des Betriebsleiters aussehen. Zudem
werden Bezugskosten für Verpackung, Fracht,
Rollgeld, Versicherung und Zoll kalkuliert.
Diese Bezugskosten müssen in jedem Fall
berücksichtigt werden.
Preismodifikationen richtig kalkulieren
Zur Ermittlung des Listenverkaufspreises werden verschiedene Maßnahmen der Preismodifizierung berücksichtigt. Außerdem müssen
das deutsche weinmagazin · 9. Mai 2015 · 09
Marketing
Provisionen einkalkuliert werden zum Beispiel für die Vermittlung von Geschäftsabschlüssen und die damit verbundene Kundenbetreuung.
Die Vertreterprovision ist in der Praxis des
Weinhandels nicht mehr unüblich. Besonders
kleinere Händler und Gastronomen arbeiten
beim Weineinkauf mit Handelsagenturen zusammen. Als Provision für ihre Tätigkeiten
zahlt der Winzer je nach Vertreter einen variierenden Prozentsatz, bemessen an seinem
Nettoumsatz. In Abbildung 2 wird mit 10 %
kalkuliert. Die Provision muss zusätzlich zu
den Händlerrabatten kalkuliert werden. Ein
guter Vertreter erspart dem Winzer die zeitintensive Kundenbetreuung in der Verbraucherregion. Im Idealfall kann er eine Absatzsteigerung in seinem Gebiet erreichen. Beim
Gebietsschutz für einen Vertreter sollte der
Winzer vorsichtig sein und zunächst die Absatzentwicklung abwarten.
Preismodifikationen, wie Skonto, Rabatte
oder Boni, bieten verschiedene Anreize für
die Kunden. Die Art und die Höhe der Nachlässe muss individuell festgelegt werden.
Skonto wird gewährt, um eine frühzeitige
Zahlung des Kunden zu erreichen. Rabatte
setzen Kaufanreize, durch die Kunden für ihre
Treue oder eine bestimmte Bestellmenge mit
einem Preisnachlass direkt beim Einkauf belohnt werden. Ein Bonus hingegen wird am
Ende einer Abrechnungsperiode rückwirkend
gewährt. Beispielsweise erhält der Kunde einen Gutschein, den er beim nächsten Einkauf
einlösen kann, wenn er einen gewissen Umsatz pro Jahr erreicht hat. Auch hier könnte
eine dem Kunden bekannte Mindestbestellmenge als Anreiz dienen.
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der
Nachlässe stellt die Absatzkanalstruktur eines
Weingutes dar. Soll ein Wein beispielsweise
im Handel verkauft werden, ist es üblich, einen nicht unerheblichen Rabatt zu gewähren.
Die Rabattspanne nutzt der Händler, um seine Handlungskosten wie Miete, Personal oder
Betriebskosten zu decken und Gewinn zu
erzielen. Die Berechnung der Nachlässe erfolgt in einer Rückwärtskalkulation, da der
Kunde die Rabatte dadurch einfacher rechnen
kann. Bei den Nachlässen (Rabatt, Boni) ist
der Grundwert von 100 % der Listenverkaufspreis (Brutto). Entsprechend dem Kalkulationsbeispiel (Abb. 2) werden den Kunden bis
zu 30 % Rabatt (1,92 €) auf die 6,40 € Listenverkaufspreis (Netto) gewährt. Dadurch ergibt
sich ein Zielverkaufspreis von 4,48 €. Da der
Winzer in die andere Richtung kalkuliert ist
für seine Kalkulation ausschlaggebend, dass
der Zielverkaufspreis bei dieser Rabattspanne
nicht dem Grundwert (100 %), sondern einen
Prozentsatz von 70 % entspricht. Beim Skonto
ist der Barverkaufspreis mit einem Prozentsatz von 98 % der Ausgangspunkt für die Kalkulation.
Sollten die Aufschläge nicht richtig kalkuliert sein, geht dies zu Lasten des Gewinnaufschlages oder im Extremfall zu Lasten der
eigenen Entlohnung. Um Fehler zu vermeiden, ist es wichtig zu planen, welche Absatzkanäle bedient werden sollen, und Informationen zu sammeln, wie die jeweiligen Gegebenheiten in den Kanälen aussehen.
Günstigere Preise bei Direktvermarktern
In der Direktvermarktung an den Endverbraucher muss die Rabattspanne nicht die Höhe
aufweisen, wie sie vom Handel gefordert wird.
Weingüter mit hohem Ab-Hof-Kundenanteil
bewegen sich deshalb tendenziell in einem
niedrigeren Preisniveau als Betriebe, die den
Handel beliefern. Preisnachlässe sollten gezielt eingesetzt werden, ohne den berechneten Barverkaufspreises zu unterschreiten.
Wenn Anreize durch Preisnachlässe geschaffen werden, sollte auch das geplant und kalkuliert sein.
Klare Linie in der Preispolitik
Bei der Kommunikation der Preise sollte eine
klare Linie verfolgt werden. Sinnvoll ist es da-
Kunden
Wettbewerber
Preis
Kosten
Abb. 1: Drei Aspekte der Preisfestlegung (vergleiche Bruhn 1995, Seite 168)
das deutsche weinmagazin · 9. Mai 2015 · 09
Anzeige AKO
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Marketing
Langfristige Preisuntergrenze
3,00 €
Gewinnaufschlag
10 %
0,30 €
+
Bezugskosten (Verpackung, Fracht, Rollgeld, Vers., Zoll)
0,70 €
=
Barverkaufspreis
4,00 €
+
Vertreterprovision (vom Barverkaufspreis)
+
Lieferskonto
=
Zielverkaufspreis
+
Nachlässe (Rabatt, Bonus)
10 %
0,40 €
2%
0,08 €
4,48 €
30 %
=
Listenverkaufspreis (Nettoverkaufspreis)
+
Umsatzsteuer
=
Listenverkaufspreis
(Bruttoverkaufspreis für Endverbraucher)
19 %
98 %
10 % vom Barverkaufspreis (100 %)
2%
100 %
70 %
1,92 €
30 %
6,40 €
100 %
1,22 €
Rückwärtskalkulation
+
Vorwärtskalkulation
24
7,62 €
Abb. 2: Preiskalkulation im Weingut
bei, die Preise für alle Kunden einer Kundengruppe gleich zu halten und klare Regelungen
zu den Preismodifikationen zu treffen. Es
könnten zum Beispiel verschiedene Preislisten für die einzelnen Kundengruppen in den
verschiedenen Absatzkanälen (Handel, Gastronomie, Ab-Hof) gestaltet werden, in die die
jeweiligen Preismodifikationen integriert
sind.
Diese Art der Preiskommunikation wird
bereits von vielen Betrieben umgesetzt. Sie
offerieren in einer gesonderten Handelsliste
die Zielverkaufspreise für ihre Weine in dem
jeweiligen Absatzkanal. Auch aus dem Handel
kommt mittlerweile die Forderung nach einer
extra Liste. Der Händler bekommt dadurch
einen schnellen Überblick über seine Einkaufspeise, mit denen er wiederum seine Verkaufspreise kalkulieren kann. Eine Zusammenarbeit mit dem Handel macht nur dann
Sinn, wenn entsprechende Rabatte gewährt
werden können, sodass der Händler mit seiner Kalkulation ähnliche Endkundenpreise
anbieten kann, wie sie im Weingut Ab-Hof
vorliegen. Die Preistransparenz am Markt ist
inzwischen so groß, dass Kunden immer öfter
den direkten Vergleich suchen. In der Regel
kaufen sie zum günstigsten Preis. Bei schlechter Preiskalkulation des Winzers kann das zum
Totschlagkriterium für Händler oder den AbHof-Kunden werden. Das heißt, es sollten
keine individuellen Abkommen mit einzelnen
Kunden getroffen werden.
Ausgabenbereitschaft der Kunden
Kunden suchen nach einem ausgewogenen
Verhältnis zwischen Preis und Leistung. Die
Höhe des Preises, den sie bereit sind zu zahlen, hängt davon ab, welchen Nutzen sie aus
dem Erwerb eines Produktes ziehen. Je höher
der Nutzen, desto höher die Ausgabenbereit-
schaft. Die Aufgabe des Winzers besteht darin zu ermitteln, welchen Nutzen seine Produkte aufweisen und welche Preise die Kunden bereit sind dafür zu bezahlen. Liegt der
kalkulierte Preis höher als die aktuellen Preise oder oberhalb der Ausgabenbereitschaft
der Kunden, besteht dringender Anpassungsbedarf. Sollte eine Preiserhöhung nötig sein,
muss überprüft werden, ob das angebotene
Nutzenpaket den Preis rechtfertigt. Kundenverlust wäre das Ergebnis zu hoher Preise. Das
erfordert eine sensible und sorgfältige Vorgehensweise bei der Umsetzung von Preiserhöhungen.
Zur Einschätzung des eigenen Preis- und
Qualitätsangebotes bietet sich ein Vergleich
mit den Wettbewerbern an. Der Wettbewerb
stellt somit eine Orientierungshilfe für die
Bestimmung der eigenen Preise oder der eigenen Qualität dar. Die Qualität entspricht
hierbei nicht ausschließlich den sensorischen
Eigenschaften des Produktes. Zusätzlich müssen auch Aspekte wie Produktausstattung,
Exklusivität, Image und Bekanntheit der Marke (beziehungsweise des Weinguts) oder Service beim Einkauf in die Beurteilung der Qualität einfließen.
Zur Verbesserungen des Nutzenpaketes
bietet der Marketing-Mix eine Vielzahl an
Möglichkeiten. Produkt, Kommunikation und
Distribution lauten die Bereiche, in denen
Maßnahmen geplant und umgesetzt werden
müssen, um ein neues Preisniveau anzustreben. Damit kann der preispolitische Spielraum nach oben ausgedehnt werden. Mit
zunehmender Exklusivität und gewachsenem
Image steigt die Nachfrage. Die Preisobergrenze kann verschoben werden.
Wenn die erforderlichen Veränderungen im
Betrieb zu groß sind, sollte auch ein Wechsel
der Zielgruppe in Betracht gezogen werden.
Kunden verhalten sich sehr individuell. Preise, die bei dem einen Kunden abschreckend
wirken, erzeugen bei anderen Neugier. In einer beauftragten Studie des Deutsche Weininstituts (2013) wurden fünf strategisch wichtige Zielgruppen für Wein identifiziert. Diese
werden aufgrund ihrer sozialen Lage und
ihrer Generationslage unterschieden. Bei der
Beurteilung eines Produkt-Nutzens setzen die
Zielgruppen auf völlig unterschiedliche Aspekte. Zudem ist die Ausgabenbereitschaft
bestimmter Zielgruppen höher. Grund genug,
bei der Planung des Marketing-Mix eine Zielgruppe zu fokussieren und die Maßnahmen
an deren Eigenschaften auszurichten.
Zusammenfassung
Der Preis ist ein äußerst kritisches Instrument
in der Marketingpolitik. Einerseits bestimmt
er die Nachfrage der Kunden, andererseits ist
er eine der wichtigsten Einflussgrößen des
Umsatzes und somit auch des Gewinns im
Unternehmen. Viele Weingüter bewegen sich
in einem ständigen Spagat zwischen dem
Druck steigender Kosten und der Ausgabenbereitschaft der Kunden. Eine saubere Preiskalkulation bildet die Basis des Unternehmenserfolgs.
Allerdings ist der kalkulierte Preis des Winzers kein Argument für den Kunden, das seine
Kaufentscheidung beeinflusst. Er trifft seine
Kaufentscheidung, indem er Produkte und
deren Preise vergleicht. Anbieter, die zu teuer
sind, fallen durch das Raster. Vor diesem Hintergrund gilt es, den Marketing-Mix so zu gestalten, dass der kalkulierte Preis eines Produkts und die Ausgabenbereitschaft der Kunden für dieses Produkt möglichst nah beieinander liegen. Wenn das erreicht ist, können
Winzer und Kunde von einem guten Preis
sprechen.
das deutsche weinmagazin · 9. Mai 2015 · 09
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