Labordiagnostik rheumatischer Erkrankungen

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CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung
Z Rheumatol 2007 · 66:395–415
DOI 10.1007/s00393-007-0199-8
Online publiziert: 24. August 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
Redaktion
U. Müller-Ladner, Bad Nauheim (Leitung)
E. Genth, Aachen
G. Schett, Erlangen
H. Stürz, Giessen
J. Wollenhaupt, Hamburg
K. Hartung1 · H. Ehrfeld2 · A. Gerritzen3 · J.G. Kuipers4 · B. Wolters1
1 Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Klinikum
Bremerhaven Reinkenheide, Bremerhaven
2 Aesculabor AG, Karlsruhe
3 Medizinisches Labor Bremen, Bremen
4 Innere Medizin und Rheumatologie, Rotes Kreuz Krankenhaus, Bremen
Labordiagnostik
rheumatischer Erkrankungen
Teil 3: Infektbedingte Arthritiden
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Zusammenfassung
Dieser dritte Teil einer Serie zur Labordiagnostik von rheumatischen Erkrankungen behandelt die
infektbedingten Arthritiden.
Grundstein der Diagnostik ist der Nachweis erregerspezifischer Antikörper. Gelegentlich hilft
auch der Erregerdirektnachweis mittels Nukleinsäureamplifikationstechniken.
Septisch infizierte Gelenke müssen umgehend punktiert und die Synovia mikroskopisch und
kulturell untersucht werden.
Schlüsselwörter
Reaktive Arthritis · Infekt · Rheuma · Antikörper · DNA
Laboratory diagnosis of rheumatic diseases ·
Part 3: arthritides caused by infection
Abstract
This third part of this series of articles on laboratory diagnostics of rheumatic diseases considers
the rheumatic diseases caused by infection by microorganisms, or reactive arthritides.
The basis for laboratory diagnostics of infection-reactive arthritides is the investigation of anti-infection antibodies. In some situations, DNA amplification methods may be helpful. Bacterially infected joints should be immediately examined by arthrocentesis and microscopic examination and laboratory culture of the synovial fluid.
Keywords
Reactive arthritis · Infection · Rheumatic diseases · Antibody · DNA
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Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 395
Zahlreiche Krankheitserreger
können Arthritiden verursachen.
Unterschieden werden muss
zunächst zwischen:
Finfektreaktiven Arthritiden, bei denen eine primär extraartikuläre Infektion sekundär eine Arthritis
verursacht, und
Finfektiös-septischen Arthritiden, bei denen der Erreger kulturell aus dem Gelenk nachgewiesen werden
kann.
Für einige, aber bei weitem
noch nicht für alle Erreger, ist
im Einzelnen bekannt, dass
Fsich vermehrende Erreger
im Gelenk eine Infektion
propagieren (septische/infektiöse Arthritis),
FErreger im Gelenk vorhanden sind, sich jedoch nicht
kulturell vermehren lassen
und eine Immunreaktion
des Wirtes provozieren (reaktive Arthritis),
FErregerantigene über den
Blutstrom – von einem extraartikulären Infektionsherd ausgehend – das Gelenk erreicht haben und eine reaktive Arthritis induzieren,
Feine infektreaktive Arthritis ohne Anwesenheit von
Erregerantigen im Gelenk
stattfindet oder
Feine Arthritis durch eine
Immunkomplexreaktion
(meistens viral) ausgelöst
wird.
. Tab. 1 gibt einen Überblick
7 Infektiös-septische Arthritis
7 Infektreaktive Arthritis
396 | Tab. 1 Auslösende Erreger infektiös-septischer und infektreaktiver Arthritiden
I. Erreger infektiöser/septischer Arthritiden
1. Staphylokokken (etwa 75%)
2. Gramnegative, seltener grampositive Stäbchenbakterien (etwa
15%)
3. Neisserien (gramnegative Diplokokken; Gonokokken; <10%)
4. Mykobakterien (selten)
5. Pilze (selten; Kokzidiomykose in den USA)
II. Erreger infektreaktiver Arthritiden (Auswahl)
A. Bakterien
1. Enterobakterien
a) Yersinien
b) Campylobacter
c) Salmonellen
d) Shigellen
e) Tropheryma whippelii
2. Urogenitale und respiratorische Erreger
a) Chlamydia trachomatis
b) Chlamydia pneumoniae
c) Mykoplasmen
d) Ureaplasmen
e) Neisseria gonorrhoeae
e) Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A
3. Spiralbakterien und kutane Erreger
a) Borrelia burgdorferi
b) Treponema pallidum
c) Brucellen
e) Bartonella henselae
f) Staphylokokken
g) Corynebakterien
B. Viren
1. Parvovirus B19
2. Hepatitis-B-Virus
3. Herpesviren (HSV, VZV, EBV, CMV)
4. Hepatitis-C-Virus
5. HI-Virus
6. Rötelnvirus
7. Arboviren (Mayaro, Sindbis, Ross-River, Chikungunya, Barmah
Forest und O’nyong-nyong)
8. Selten: Enteroviren, Adenoviren, Mumpsvirus
C. Pilze
1. Candida/Hefen
2. Andere Pilze (selten)
D. Parasiten
1. Lamblien (Giardia lamblia), vorwiegend in Afrika
über die wichtigsten arthritogen infrage kommenden Infektionserreger.
Während gerade bei der 7 infektiös-septischen Arthritis die Labordiagnostik unverzüglich zu
erfolgen hat und unverzichtbar ist, muss bei den 7 infektreaktiven Arthritiden kritisch abgewogen
werden, welche Laboruntersuchungen in welchen Situationen überhaupt einen diagnostischen Gewinn erbringen.
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Tab. 2 Anamnestische und klinische (allerdings unspezifische) Warnhinweise auf eine septisch-bakterielle Gelenkinfektion
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Ein größeres Gelenk (Knie, Hüfte, Sprunggelenk o. Ä.) ist monartikulär befallen
Rötung, Überwärmung, starke Schmerzen und ausgeprägte Bewegungseinschränkung sind vorhanden
Das Gelenk wurde zuvor punktiert oder operiert
Es ist ein infektiöser Fokus (Urin, Haut, andere) vorhanden
Es liegen Begleiterkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Diabetes mellitus, Malignome oder andere
schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen vor
Das Lebensalter ist unter 2 oder über 65 Jahren
Es gibt einen anamnestischen Hinweis auf eine intravenöse Punktion (Drogenabusus), eine Bissverletzung
oder eine Steroidtherapie
Labordiagnostik septischer Arthritiden
Die bakterielle Infektion eines Gelenks ist wegen ihrer hohen Mortalität, Morbidität und Gelenkzerstörungstendenz ein rheumatologischer Notfall und erfordert eine unverzügliche Diagnostik und
Therapie.
Die klinischen Zeichen Rubor, Dolor, Calor, Tumor und Functio laesa sind häufig, aber nicht
immer, stark ausgeprägt. Die anderen auf eine bakterielle Gelenkinfektion indirekt hinweisenden
Zeichen (. Tab. 2) sind weitgehend unspezifisch und nur im Gesamtbild hilfreich. Je mehr dieser
Warnhinweise zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine bakteriell-septische Gelenkinfektion.
Viele Patienten mit einem bakteriell infizierten Gelenk weisen aber weder Fieber noch eine 7 Leukozytose auf. Nur die stets deutlich 7 erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit ist zuverlässig vorzufinden, sie ist jedoch nicht für eine Gelenkinfektion spezifisch. Die beim Verdacht auf eine septische
Arthritis stets und umgehend indizierte Laboranalytik ist die Untersuchung der Synovialflüssigkeit
des betreffenden Gelenks.
Gelenkpunktion und Analyse der Synovialflüssigkeit (Synovia)
Die bakterielle Infektion eines Gelenks ist ein rheumatologischer Notfall und erfordert eine unverzügliche
Diagnostik und Therapie
7 Leukozytose
7 Erhöhte BSG
Bei Verdacht auf eine septische Arthritis erfolgt die Untersuchung der Synovialflüssigkeit des betreffenden Gelenks
Die Analyse der Synovialflüssigkeit (Synovia) verhilft dem Rheumatologen zu wertvollen und durch
andere Analysen – z. B. Blutuntersuchungen – nicht zu erlangenden Informationen.
Das Risiko einer Gelenkpunktion ist bei Beachtung der erforderlichen strengen Sterilitätskautelen gering (etwa 1:10.000 für eine iatrogene Infektion), und relative Kontraindikationen gibt es nur
wenige (Blutungsneigungen, Hautarrosionen oder Hautinfekte an der Punktionsstelle). Die Synovia­
analyse vermag oft 3 grundsätzliche diagnostische Fragen zu klären:
1.Liegt eine (bakterielle) Gelenkinfektion vor?
2.Ist ein Gelenkerguss entzündlicher oder eher nichtentzündlicher Natur?
3.Lassen mikroskopisch erkennbare Partikel (Kristalle, Blutkörperchen, mikrobielle Erreger,
Fremdkörper) eine Verdachtsdiagnose zu?
Die labordiagnostische Erfahrung und Routine des Untersuchers ist eine nicht zu ersetzende Voraussetzung für zielführende valide Untersuchungsergebnisse. Diese Abhängigkeit der Qualität der Synoviaanalyse von den Kenntnissen des Untersuchers, ihr Zeitaufwand und ihre niedrige Dotierung
sollten jedoch nicht dazu führen, dass die Synoviaanalyse unterbleibt.
Die wichtigsten und obligatorischen Untersuchungsparameter sind:
1.die Farbe und Konsistenz des Punktats (hämorrhagisch, purulent, opak, transparent),
2.die mikroskopische Zählung der Leukozyten (L) und ihre Differenzierung in Granulozyten,
Monozyten und Lymphozyten,
3.die Färbung (meist nach GRAM) und Mikroskopie auf Bakterien sowie die kulturelle Erregeranzüchtung,
4.die Mikroskopie auf Kristalle (im polarisierten Licht) und andere Partikel (Rhagozyten, Pilze,
Gewebsfragmente).
Die labordiagnostische Erfahrung
und Routine des Untersuchers ist eine
nicht zu ersetzende Voraussetzung für
zielführende valide Untersuchungsergebnisse
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Die Synoviaanalyse sollte idealerweise innerhalb 2 Stunden erfolgen
7 Leukozyten
7 Granulozytosen
7 Gramfärbung
Ein negativer mikroskopischer Befund schließt eine Gelenkinfektion
nicht aus
Untersuchungen auf Protein, Glukose, Viskosität, Laktat oder Antikörper haben keinen gesicherten weiterführenden diagnostischen Wert. Die Synoviaanalyse sollte idealerweise innerhalb 2 Stunden, spätestens innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Punktion, erfolgen – nicht nur wegen der
grundsätzlichen Frage nach Bakterienbesiedlung im Gelenk, sondern auch weil sich die Zellmorphologie und -zahl stündlich verändert.
Kristalle hingegen bleiben in der Synovia über einige Tage hinweg stabil nachweisbar. Insbesondere die 7 Leukozytenzahl und -verteilung gibt wertvolle diagnostische Hinweise:
FErgüsse mit <2000 L/µl sind überwiegend nichtentzündlicher Natur,
FErgüsse mit >50.000 L/µl sind hochverdächtig auf eine Gelenkinfektion (durch Bakterien, wobei bei Tuberkulose und Gonorrhö auch niedrigere Leukozytenzahlen vorkommen),
FWerte zwischen 2000 und 50.000 L/µl werden bei entzündlichen, nichtinfizierten Gelenkergüssen, aber auch bei infizierten Gelenken gefunden.
Exzessive 7 Granulozytosen (>90% relativ) sind ein weiterer zusätzlicher Hinweis auf einen Bakterieninfekt, unabhängig von der absoluten Leukozytenzahl.
Die 7 Gramfärbung des Punktionsmaterials zeigt bei bakteriellem Befall in etwa 75% der Fälle Bakterien, und zwar zumeist grampositive Kokken (80%). Seltener finden sich gramnegative Diplokokken (Neisserien; Gonorrhö) oder Stäbchenbakterien. Ein negativer mikroskopischer Befund
schließt allerdings eine Gelenkinfektion nicht aus. Bei Verdacht auf eine septisch-infektiöse Arthritis sollte deshalb stets auch eine kulturelle Untersuchung erfolgen. Einzelne rheumatische Erkrankungen zeichnen sich durch besondere Synoviabefunde aus:
Fdie gonorrhoische Arthritis durch (für eine septisch-infektiöse Arthritis) oft relativ niedrige
Leukozytenzahlen im Erguss,
Fdie tuberkulöse Arthritis geht oft ohne Rötung und Überwärmung mit einem recht blanden klinischen Erscheinungsbild einher und erfordert eine zusätzliche Synoviafärbung auf säurefeste Stäbchen (nach Kinyoun o. Ä.) und spezielle Kulturverfahren sowie ggf. eine PCR auf Mykobakterien,
Fdie villonoduläre Synovialitis, eine benigne Synovialisproliferation unklarer Genese, durch sehr
zellreiche, teils hämorrhagische Gelenkergüsse.
Labordiagnostik infektreaktiver Arthritiden
Bei reaktiven Arthritiden liegt eine
subakute oder eine extraartikuläre
persistierende Infektion vor.
7 Klassifikation reaktiver
­Arthritiden
Die vorausgehende Infektion an der
Eintrittspforte muss sowohl klinischanamnestisch eruiert als auch durch
labormedizinische Methoden untersucht werden
398 | Reaktive Arthritiden treten während oder aber einige Tage bis mehrere Wochen nach einer primär
extraartikulären Infektion auf. Während sich bei der septisch-infektiösen Arthritis die Erreger aus
dem Gelenk vermehren lassen, liegt bei den reaktiven Arthritiden entweder eine subakute persistierende Infektion des entzündeten Gelenks oder aber eine extraartikuläre persistierende Infektion, z. B.
im Darm, in der Haut, der Lunge oder im Urogenitaltrakt, vor.
International vereinheitlichte und evaluierte Klassifikationskriterien, wie sie für die Spondyloarthritiden existieren und die auch diagnostische Hilfestellung geben, sind allerdings bislang für die
reaktiven Arthritiden nicht verfügbar [4, 7].
Die unterschiedlichen Vorschläge zur 7 Klassifikation der reaktiven Arthritiden verbindet zumeist
Fdie Forderung des Nachweises einer vorausgegangenen oder aktiven Infektion (entweder klinisch: z. B. Diarrhö oder Urethritis, oder eine laborbasierte Diagnose einer Infektion z. B. durch
Erregernachweis oder Serologie),
Feine typische Klinik (asymmetrische Oligoarthritis mit Bevorzugung der unteren Extremität)
und die Forderung,
Fdass andere rheumatische Erkrankungen ausgeschlossen sein müssen [7].
Hieraus wird ersichtlich, dass die vorausgehende Infektion an der Eintrittspforte sowohl klinischanamnestisch eruiert als auch durch labormedizinische Methoden untersucht werden muss. Die reaktiven Arthritiden werden je nach der Eintrittspforte der Primärinfektion unterschieden in:
Fposturethritische,
Fpostenteritische und
Fandere (kutane, respiratorische usw.) reaktive Arthritiden.
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
7 Erregerbezogene Diagnoseverfahren gestatten die weiterführende Klassifikation unter Hinweis
auf den auslösenden Erreger z. B. als:
FChlamydien-induzierte Arthritis,
FYersinien-induzierte Arthritis oder
FBorrelien-induzierte (Lyme-)Arthritis.
7 Erregerbezogene Diagnose­
verfahren
Die labormedizinische Erregerdiagnostik zur Klärung einer möglichen infektreaktiven Genese ist
grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn folgende 4 Bedingungen erfüllt sind:
1.Es sollte eine entsprechende Klinik im Sinne einer Arthritis mit (zumeist) mono- oder oligoartikulärem Befall mit Betonung der unteren Extremität vorliegen.
(Denn nur dann beträgt die Prätestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis 10–30%, während bei einer symmetrischen Polyarthritis diese Wahrscheinlichkeit auf etwa
1% sinkt. Bei einer symmetrischen Polyarthritis haben selbst sehr sensitive und spezifische La­
bortests keinen hinreichenden prädiktiven diagnostischen Wert für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis.)
2.Es sollte ein anamnestisch oder klinisch begründeter Infektverdacht oder -befund vorliegen
(z. B. Diarrhö, Hautsymptome, urogenitale Symptome oder andere Infektzeichen).
3.Tests auf bestimmte Erreger einer infektreaktiven Arthritis sollten grundsätzlich nur gezielt
durchgeführt werden (kein breites Screening), und auch nur dann, wenn sich aus einem positiven Ergebnis einer der 3 folgenden sekundären Nutzen ergibt:
a) die Identifizierung der Ursache seiner Erkrankung ist für den Patienten medizinisch und/
oder psychologisch bedeutsam,
b) es wird eine prognostische Abschätzung des Krankheitsverlaufs möglich gemacht,
c) es wird eine Erreger-ausgerichtete kausale Therapie möglich.
4.Durch andere Krankheiten, wie rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Spondyloarthritis, Psoriasis oder Vaskulitiden verursachte Arthritiden müssen ausgeschlossen werden, um die Prätestwahrscheinlichkeit für eine reaktive Arthritis zu erhöhen.
Infektreaktive Arthritiden durch gastrointestinale Bakterien
Die meisten der gastrointestinalen Infektionen sind selbstlimitierend und benötigen keine antibiotische Therapie. Die Prävalenz postenteritischer reaktiver Arthritiden beträgt etwa 5/100.000. Die
Gelenksymptome treten in der Regel erst 2–4 Wochen nach dem akuten Durchfall auf. Für die Enterobakterien-induzierten reaktiven Arthritiden (durch Yersinien, Campylobacter, Salmonellen und
Shigellen) wird angenommen, dass eine primär extraartikuläre Erregerpersistenz, z. B. in der Darmschleimhaut, besteht und dass vom Darm aus Erreger bzw. Erregerbestandteile in die Gelenke disseminiert werden und dort zu einer reaktiven Entzündung führen.
In der westlichen Hemisphäre sind 7 Yersinien (Y. enterocolitica, Serovar 03, 08, 09 und Y. pseudotuberculosis, Serovar I–IV), 7 Campylobacter und 7 Salmonellen die häufigsten Erreger, die postenteritische reaktive Arthritiden auslösen.
Insgesamt entwickeln etwa 1–10% aller mit Yersinien, Salmonellen, Campylobacter und anderen
Erregern Infizierten nach gastrointestinalen Infektionen eine reaktive Arthritis.
In Ländern mit geringem hygienischem Standard sind 7 Shigellen und parasitäre Darmerkankungen mit Giardia lamblia häufiger als Auslöser reaktiver Arthritiden anzutreffen. In Entwicklungsländern stellt Shigella flexneri die häufigste Ursache reaktiver Arthritiden dar.
Auch eine pseudomembranöse Kolitis durch Clostridium (C.) difficile kann reaktive Arthritiden
verursachen.
Gelenksymptome treten in der Regel
erst 2–4 Wochen nach dem akuten
Durchfall auf
7 Yersinien
7 Campylobacter
7 Salmonellen
7 Shigellen
Stuhlkulturen
Bei Gastroenteritis sind Stuhlkulturen der Goldstandard zum Nachweis der meisten Erreger. Bei
7 postenteritischen Arthritiden sind Stuhlkulturen jedoch zumeist ungeeignet, da die Diarrhö zum
Zeitpunkt des Beginns der Arthritis meistens nicht mehr besteht und somit die Erreger im Stuhl nicht
mehr nachweisbar sind. Nach dem Ende der Diarrhö können lediglich Salmonellen und Yersinien
länger im Stuhl nachweisbar bleiben. Die Stuhlkulturen sollten immer aus frischen Stuhlproben oder
7 Postenteritische Arthritiden
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 399
aus Rektalabstrichen durchgeführt werden. Falls das Stuhlmaterial mit der Post verschickt werden
muss, sind spezielle Transportmedien (z. B. Cary-Blair-Medium) zu verwenden.
Für den Nachweis von Shigellen ist die diagnostische Sensitivität besser, wenn die Stuhlproben gekühlt und in Glycerol-gepufferter Kochsalzlösung versandt werden. Für alle anderen Proben ist ein
sauberer Plastikcontainer ausreichend. Nach der Stuhlkultur auf Selektivnährböden erfolgt die Identifikation der isolierten Bakterienkolonien im Labor durch biochemische Testverfahren.
Antigen- oder Toxinteste
7 Pseudomembranöse Kolitis
7 Enzymimmunoassays
7 Giardia lamblia
Nach exzessiver Proliferation von C. difficile (infolge einer vorangegangenen antibiotischen Behandlung) kann sich eine 7 pseudomembranöse Kolitis infolge der von C. difficile dann massenhaft produzierten Toxine entwickeln, die mit einer Arthritis einhergehen kann.
Diese Toxine können schnell und relativ sensitiv durch 7 Enzymimmunoassays nachgewiesen
werden. C. difficile ist allerdings bei etwa 2(–10)% der Bevölkerung ein Bestandteil der normalen
Darmflora, weshalb der alleinige Nachweis von C. difficile in der Stuhlkultur noch nicht beweisend
für eine pseudomembranöse Kolitis ist.
Auch 7 Giardia lamblia kann mittels eines Antigentests im Stuhl nachgewiesen werden.
Erregernachweis in Synovialis/Synovia
Für die Yersinien-induzierte und andere Enterobakterien-reaktiven Arthritiden ist der Nachweis von
Enterobakterien-DNA mittels 7 PCR im Gelenk möglich. Zur Zeit stellt jedoch die PCR aus Synovia oder Synovialis kein Routineverfahren in der Diagnostik der postenteritischen reaktiven Arthritis dar. Kulturverfahren aus Synovia/Synovialis sind bei postenteritischer reaktiver Arthritis negativ
und somit ebenfalls nicht indiziert.
7 PCR
Serologie
7 Indirekte Hinweise
Der länger währende Nachweis von
IgA-Antikörpern gegen gastrointestinale Bakterien wird als indirekte Evidenz für eine persistierende Infektion gewertet
7 ELISA
7 Hämagglutination
Serologische Verfahren sollten nur bei
entsprechendem klinischen Verdacht
eingesetzt werden
7 Immunoblot
400 | Serologische Verfahren werden in der Diagnostik reaktiver Arthritiden seit vielen Jahren eingesetzt.
Die Grenzen serologischer Untersuchungen für die Diagnostik reaktiver Arthritiden sind jedoch
vielfältig (. Tab. 3):
Die Serologie gibt nur 7 indirekte Hinweise auf eine kürzlich abgelaufene oder persistierende Infektion, da der Erreger nicht direkt identifiziert wird und Antikörper (insbesondere IgG-Antikörper)
auch nach vielen Jahren und nach Ausheilung einer bakteriellen Infektion nachweisbar bleiben. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von IgA wurde der länger währende Nachweis von IgA-Antikörpern
gegen gastrointestinale Bakterien als indirekte Evidenz für eine persistierende Infektion gewertet.
Dennoch gelten hierfür – ebenso wie beim Nachweis von IgM-Antikörpern – sowohl biologische
als auch methodische Einschränkungen. Einerseits treten nicht selten unspezifische Reaktionen auf.
Andererseits ist der Nachweis von IgA- und/oder IgM-Antikörpern nicht notwendigerweise mit einer klinisch fassbaren Aktivität von Infektionen vergesellschaftet. IgA- und IgM-Antikörper können
auch nach klinischer Besserung für lange Zeiträume persistieren.
Sensitive empfindliche Screening-Tests wie 7 ELISA oder 7 Hämagglutination sollten Methoden
wie der Komplementbindungsreaktion (KBR) und der Widal-Reaktion vorgezogen werden, weil diese keine Differenzierung zwischen Antikörperisotypen erlauben. Serologische Verfahren sollten
nur bei entsprechendem klinischen Verdacht (z. B. bei einer der Arthritis vorausgegangenen Diarrhö) eingesetzt werden.
Wenn möglich, sollte nach vorausgegangenem positiven Screening (mittels ELISA oder Hämagglutination) anschließend ein spezifisches 7 Immunoblot-Verfahren eingesetzt werden. Bei fehlenden Hinweisen auf einen vorausgegangenen Infekt ist dennoch die Posttestwahrscheinlichkeit (maximal etwa 50%) einer positiven serologischen Untersuchung für diese Erreger nicht zur Diagnosestellung ausreichend. Serologische Untersuchungen auf Enterobakterien sollten deshalb nicht veranlasst werden, wenn keine Gastroenteritis vorausgegangen ist, sondern nur, wenn ein entsprechender
anamnestischer oder klinischer Anhalt besteht.
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Tab. 3 Interpretation serologischer Resultate bei einer reaktiven Arthritis
Antikörperbefund
Bedeutung
Für die Diagnose „reaktive Arthritis“ nicht ausreichende Antikörperkonstellationen:
Nur IgG positiv
Weist auf eine zurückliegende Infektion hin (Seronarbe),
nur von begrenztem Wert für die Diagnostik reaktiver Arthritiden, mit Ausnahme der
Lyme-Arthritis: hier sieht man häufig nur IgG-Antikörper gegen Borrelien
Nur IgA positiv
Kommt selten vor, evtl. bei einer persistierenden Infektion
Nur IgM positiv
Bei reaktiver Arthritis von zweifelhafter Bedeutung
Typische Antikörperkonstellationen bei reaktiver Arthritis:
IgG und IgM postiv
Charakteristisch für eine aktive oder kürzlich abgelaufene Infektion
IgG und IgA positiv
Charakteristisch für eine aktive, persistierende oder kürzlich abgelaufene Infektion
Mikroskopische Untersuchungen
Mikroskopische Verfahren sind nur sinnvoll zum Nachweis von Parasiten, so kann z. B. Giardia
lamblia mikroskopisch nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist jedoch schwierig und gelingt am
besten in frischer Duodenalflüssigkeit oder in intestinalen Biopsien. Reaktive Arthritiden durch Giardia lamblia sind in Mitteleuropa selten. Die Diagnostik sollte deshalb nur im begründeten Einzelfall veranlasst werden.
Mikroskopische Verfahren sind nur
zum Nachweis von Parasiten sinnvoll
HLA-B27
Reaktive Arthritiden sind bei chronifizierten Verläufen in etwa 50–80% und bei frühen Fällen in 10–
20% der Fälle für HLA-B27 positiv. Ein positiver Befund für HLA-B27 macht damit die Diagnose einer reaktiven Arthritis etwas wahrscheinlicher, schließt im negativen Fall diese allerdings keinesfalls
aus. Damit hat die Bestimmung von HLA-B27 für die Diagnose einer reaktiven Arthritis nur einen
niedrigen prädiktiven Wert.
Immunglobuline
Die Bestimmung von HLA-B27 hat für
die Diagnose einer reaktiven Arthritis
nur einen niedrigen prädiktiven Wert
Ein erhöhtes Gesamt-IgA gilt bei der postenteritischen Arthritis als prognostisch ungünstiger Parameter.
Urogenital und respiratorisch verursachte reaktive Arthritiden
(Chlamydien, Mykoplasmen, Ureaplasmen, Streptokokken)
Chlamydia trachomatis
In Mitteleuropa ist Chlamydia trachomatis die häufigste Ursache sexuell übertragener urogenitaler
Infektionen. Klinische Manifestationen umfassen vor allem Urethritis, Prostatitis, Epididymitis, Orchitis, Zervizitis, Adnexitis und Endometritis.
Bei der Diagnostik der Chlamydien-induzierten Arthritis ist zu berücksichtigen, dass etwa 50%
der Patienten eine klinisch stumme urogenitale Infektion haben. In den Industrieländern stellt
Chlamydia trachomatis die wichtigste Ursache reaktiver Arthritiden dar, mit einer Prävalenz von
4,6/100.000. Für die Chlamydien-induzierte Arthritis wurde gezeigt, dass die 7 intraartikulär gefundenen Erreger vital und metabolisch aktiv sind, sie lassen sich jedoch nicht kulturell aus dem Gelenk heraus nachweisen.
In den Industrieländern stellt
­Chlamydia trachomatis die wichtigste
Ursache reaktiver Arthritiden dar
7 Intraartikuläre Erreger
Erregernachweis an der Eintrittspforte
Molekularbiologische Verfahren (PCR) mit exzellenter Sensitivität und Spezifität stellen heutzutage den Goldstandard des Chlamydia-trachomatis-Nachweises dar. Insbesondere die Sensitivität der
PCR aus der ersten Portion des Morgenurins ist so gut, dass die für Patienten belastenden urogenitalen Abstrichverfahren zumeist nicht mehr erforderlich sind [6].
Molekularbiologische Verfahren stellen den Goldstandard des Chlamydiatrachomatis-Nachweises dar
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 401
7 Infertilität der Frau
Für eine optimale Sensitivität ist es wichtig, die Patienten darüber aufzuklären, dass nur die erste
Portion des Urins nach einer Miktionspause von mindestens 2 Stunden, am besten die erste Portion
des Morgenurins, zur Untersuchung aufgefangen werden soll und nicht Mittelstrahlurin.
Aufgrund der hohen Rate asymptomatischer Chlamydia-trachomatis-Infektionen (etwa 7% in der
jüngeren Bevölkerung) kann der urogenitale Nachweis von Chlamydia trachomatis allein die ursächliche Rolle dieser Erreger für eine Arthritis und damit die Diagnose der Chlamydien-induzierten Arthritis jedoch nicht beweisen (Posttestwahrscheinlichkeit etwa 60–80%). Die Untersuchung ist jedoch
in Hinblick auf die möglichen Komplikationen (Chlamydien als häufigste Ursache der erworbenen
7 Infertilität der Frau ; venerische Transmission) indiziert.
Chlamydia pneumoniae
7 Respiratorische Infekte
Chlamydia pneumoniae verursacht 7 respiratorische Infekte, z. B. Sinusitis, Tracheobronchitis und
Pneumonie, sowie zuweilen eine nachfolgende reaktive Arthritis. Zum Nachweis von Chlamydia
pneumoniae (mittels Kultur – technisch schwierig – oder PCR) werden Rachenspülflüssigkeit und
vorzugsweise die bronchoalveoläre Lavage verwendet.
Erregernachweis in Synovialis/Synovia
7 Posttestwahrscheinlichkeit
7 Asymmetrische Oligoarthritis
Bei Chlamydia-trachomatis- bzw. Chlamydia-pneumoniae-induzierter Arthritis können Nachweise
mittels PCR im Gelenk zur Diagnostik herangezogen werden.
Die 7 Posttestwahrscheinlichkeit einer positiven PCR für diese Erreger aus Synovia bzw. Synovialis beträgt etwa 70–90% bei einer 7 asymmetrischen Oligoarthritis, und zwar auch bei fehlenden
Hinweisen für eine vorausgehende Infektion, sodass diese Untersuchung sinnvoll ist. Allerdings bieten nur wenige Labore diese Spezialdiagnostik mit ausreichender und evaluierter Sensitivität an.
Kulturverfahren für Chlamydien aus Synovia/Synovialis sind bei posturethritischer reaktiver Arthritis negativ und damit nicht indiziert.
Chlamydienserologie
Nur der Nachweis von IgG- und IgAAntikörpern gegen Chlamydia trachomatis wird als aussagekräftiger
Hinweis auf eine Chlamydien-induzierte Arthritis gewertet
Chlamydia-trachomatis- und Chlamydia-pneumoniae-spezifische Serologien sind verfügbar. Sie sind
aber nur dann sinnvoll, wenn anamnestisch Hinweise auf urogenitale bzw. respiratorische Infekte bestehen, die der Arthritis 1–4 Wochen vorausgegangen sind. Bei fehlenden Hinweisen auf vorausgegangene Infekte reicht die Posttestwahrscheinlichkeit (mit etwa 50–60%) einer positiven Serologie
für diese Erreger nicht für eine Diagnose aus. Nur der simultane Nachweis von IgG- und IgA-Antikörpern gegen Chlamydia trachomatis wird als hinreichend aussagekräftiger Hinweis auf eine Chlamydien-induzierte Arthritis gewertet. Die Tatsache, dass ein großer Teil der Chlamydia-trachomatisInfektionen völlig asymptomatisch ist, stellt ein ungelöstes Problem dar.
Mykoplasmen und Ureaplasmen
7 Palindromer Rheumatismus
Diese Erreger verursachen ebenfalls reaktive Arthritiden. Der Nachweis von Mykoplasmen/Ureaplasmen im Urogenitalabstrich ist im Einzelfall hilfreich, z. B. bei Patienten mit 7 palindromem
Rheumatismus.
Streptokokken der Gruppe A und das rheumatische Fieber
Ein Grund für das fast vollständige
Verschwinden des rheumatischen Fiebers scheint in einer Verschiebung im
Spektrum der pathogenen Streptokokkenstämme zu liegen
402 | Das klassische rheumatische Fieber ist seit mehreren Jahrzehnten in den zivilisierten Ländern nahezu verschwunden. Die Gründe dieser bemerkenswerten epidemiologischen Entwicklung sind nicht
sicher bekannt; neben hygienischen Verbesserungen und den antibiotischen Möglichkeiten scheint
auch eine Verschiebung im Spektrum der pathogenen Streptokokkenstämme eingetreten zu sein.
In etwa 2% der Fälle einer – meist pharyngealen oder kutanen – Infektion mit β-hämolysierenden
Streptokokken der Gruppe A, vorwiegend bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, äußert sich das
rheumatische Fieber mit typischerweise akut einsetzendem und dann wanderndem arthritischen Befall wechselnder großer Gelenke. Dazu kommen oft Begleitsymptome wie hohes Fieber, (Endo-)Karditis und seltener ein Erythema marginatum oder subkutane Knötchen sowie eine Chorea Sydenham.
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Die – noch immer gültigen – 7 Jones-Kriterien von 1944 in ihrer revidierten Form von 1965
betonen die Wichtigkeit des Nachweises einer vorangegangenen Streptokokkeninfektion. Dieser
kann durch einen auf Streptokokken positiven Rachenabstrich (bei akuter Pharyngitis) erfolgen.
Ein einmalig erhöhter 7 Antistreptolysintiter (AST) ist hingegen nahezu wertlos, da die hohe initiale Durchseuchungsrate (50–90%) des betreffenden Patientenklientels bei einem (selten zu erwartenden) negativen Test zwar die – bereits primär unwahrscheinliche – Diagnose eines rheumatischen
Fiebers weitgehend ausschließt, bei einem positiven AST aber kein vernünftiger prädiktiver Aussagewert entsteht – höchstens bei einem gesicherten Titeranstieg des AST über 2 Stufen bzw. um den
Faktor 3–4.
Die Jones-Kriterien sollten übrigens dahingehend interpretiert werden, dass beim Vorliegen einer
Arthritis (als Hauptkriterium) nicht auch Arthralgien, sondern nur Fieber oder ein (gesichertes) vorangegangenes rheumatisches Fieber als Nebenkriterium gewertet werden sollten. Dann würde sich
die Anforderung des AST in den meisten Fällen von Arthralgien oder Arthritiden erübrigen. Der
AST sollte daher aus den labormedizinischen „Rheumaprofilen“ eliminiert und nur gezielt im Einzelfall angefordert werden. Die Bestimmung weiterer 7 Streptokokkenantikörper (wie Antistreptodornase, Anti-DNAse B und Antihyaluronidase) ist ebenfalls weitgehend entbehrlich.
7 Jones-Kriterien
7 Antistreptolysintiter
7 Streptokokkenantikörper
Lyme-Arthritis nach Borrelieninfektionen
Infektionen mit Borrelia (B.) burgdorferi stellen in Europa und Nordamerika die häufigsten durch
Zecken übertragenen 7 Zoonosen dar. Das Bakteriengenus B. burgdorferi (sensu lato) wird in mehr
als 10 Subgenus unterteilt. In Europa gelten 4 (B. afzelii, B. garinii, B. spielmanii, B. burgdorferi sensu
stricto), in Nordamerika nur ein Subgenus (B. burgdorferi sensu stricto) als humanpathogen.
Klinische Manifestationen der in 3 Stadien (St.) verlaufenden Borrelieninfektion:
Flokalisiertes Stadium/St. 1,
Ffrühe Erregerdissemination/St. 2,
Fchronisches Stadium/St. 3
betreffen meistens Haut, Herz, Gelenke und Nervensystem.
Nach der Falldefinition der 7 EUCALB („European Union Concerted Action on Lyme Borreliosis“)
stellen (objektivierbare) intermittierende mono- oder oligoarthritische Attacken an großen Gelenken
der unteren Extremität (typischerweise 7 Gonarthritis) das klinische Hauptkriterium der Lyme-Arthritis dar. Diese Symptome sind gewöhnlich erst in fortgeschrittenen Infektionsstadien (St. 2/3) zu
beobachten. In den USA ist die Lyme-Arthritis – entsprechend der geographischen Verteilung der
Subgenus – die vorherrschende klinische Spätmanifestation (mindestens 25% der Patienten) der Borreliose. Dagegen ist in Europa eine chronische Lyme-Arthritis (St. 3) nur bei unter 2% der Fälle zu beobachten. Bei etwa 10% der amerikanischen, aber nur selten bei europäischen Patienten mit LymeArthritis, persistieren Entzündungszeichen nach antibiotischer Behandlung für Monate oder Jahre,
ohne dass sich Erreger im entzündeten Gelenk nachweisen lassen. Als mögliche Ursachen werden
sowohl eine Erregerpersistenz in niedriger Konzentration in geschützten Kompartimenten als auch
die Induktion von Autoimmunphänomenen vermutet.
Für die erste Annahme sprechen bisher nur einige experimentelle Hinweise. Für die Autoimmunhypothese spricht die Assoziation des Therapieversagens mit immungenetischen Merkmalen (HLADR4 bzw. HLA-DRB1*0401 und -0101-Allelen), welche gemeinsame Epitope mit dem ospA-Protein von Borrelien aufweisen.
Eine Vielzahl uncharakteristischer rheumatologischer, neurologischer oder psychovegetativer
Symptome wird dem so genannten 7 „Post-Lyme-Syndrom“ zugeschrieben. Zwingende Voraussetzung hierfür ist in jedem Fall die definitive vorherige Diagnose einer stattgehabten und ggf. behandelten Borrelieninfektion.
Eine exakte Definition dieses Syndroms steht allerdings noch aus. Die Existenz des „Post-LymeSyndroms“ scheint aus klinischer und pathophysiologischer Sicht zumindest fraglich, da bisher keine
überzeugenden Hinweise dafür vorliegen, dass nach effektiver antibiotischer Behandlung eine chronische symptomatische Borrelieninfektion persistieren kann. In zahlreichen Fällen ist die Diagnose
„Post-Lyme-Syndrom“ bereits a priori nicht gerechtfertigt, vor allem, wenn eine stattgehabte Borrelieninfektion nicht zweifelsfrei serologisch nachgewiesen worden ist.
7 Zoonosen
7 EUCALB-Falldefinition
7 Gonarthritis
In den USA ist die Lyme-Arthritis die
vorherrschende klinische Spätmanifestation der Borreliose
7 Post-Lyme-Syndrom
Bisher gibt es keine überzeugenden
Hinweise dafür, dass nach effektiver
antibiotischer Behandlung eine chronische symptomatische Borrelieninfektion persistieren kann
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Tab. 4 Bedeutung der Banden
p83/100
p 58
p 43
p 41
p 39
p 31
p 30
p 23
Abb. 1 7 Borrelien-­Immunoblot
(kommerzieller
Immunoblot, mit
IgG-Konjugat
­entwickelt)
p 21
p 17
p 14
Bande
Antigen/
Name
Funktion
Häufigkeit
p83/100
p58
p43
p41
p39
p31
p30
p23
pc
flaB
bmpA
ospA
ospC
Protoplasmazylinderprotein
Nicht charakterisiert
Nicht charakterisiert
Flagellin-Protein
Borrelia-membrane-Protein A
Outer-surface-Protein A
Nicht charakterisiert
Outer-surface-Protein C
Sehr häufig
Häufig
Selten
Sehr häufig
Häufig
Selten
Häufig
Häufig
Spezifität
der Anti­
körper
Sehr hoch
Sehr hoch
Hoch
Niedrig
Hoch
Hoch
Hoch
Sehr hoch
p21
p17
p14
Osp17/DbpA
Nicht charakterisiert
Decorin-binding-Protein A
Nicht charakterisiert
Selten
Häufig
Selten
Hoch
Sehr hoch
Hoch
Zeitpunkt des
Auftretens im
Infektions­verlauf
Spät
Spät
Früh
Früh
Früh, wichtigster
IgM-Marker
Spät
Entsprechend den MiQ-Vorschlägen ist
der IgG-Immunoblot als positiv zu bewerten, wenn mindestens 2 der oben aufgeführten Banden eindeutig nachweisbar
sind (bezogen auf eine schwach positive Kontrolle);
der IgM-Immunoblot als positiv zu bewerten, wenn mindestens eine Bande aus p41 (nur bei sehr starker Ausprägung),
p39, ospC und osp17 eindeutig nachweisbar ist (bezogen auf eine schwach positive Kontrolle).
Labordiagnostik der Borreliose
Die Borreliendiagnostik beruht in
­erster Linie auf immunologisch­serologischen Methoden
7 Entzündungsaktivität
Mit Ausnahme des Frühstadiums (hier Serologie negativ; rein klinische Diagnose), mit den charakteristischen klinischen Symptomen wie Erythema migrans, stützt sich die Borreliendiagnostik in erster Linie auf immunologisch-serologische Methoden [1].
Der direkte Nachweis von Erregern oder Erregerbestandteilen mittels immunologischer, mikrobiologischer oder molekularbiologischer Methoden spielt in der Routine eine untergeordnete Rolle.
Klinisch-chemische Untersuchungen zur 7 Entzündungsaktivität (z. B. Blutbild, CRP, BSG) zeigen
bei Lyme-Arthritis oft keine oder nur gering ausgeprägte pathologische Veränderungen und sind –
ebenso wie immungenetische Analysen – nicht zielführend.
Immundiagnostik der Borrelieninfektion
Borrelien besitzen eine Vielzahl immunologisch relevanter Antigene. Diagnostisch wichtige Antigene stellen vor allem das Geisselprotein Flagellin (FlaB; p41), die Oberflächenproteine ospA (31 kD),
ospB (34 kD), ospC (21–25 kD) und ospE (17 kD), das Borrelia-major-Protein A (BmpA, 39 kD)
und das Protoplasmazylinder- (Pc-)Protein (83–100 kD) dar (. Abb. 1, zur Bedeutung der Banden s. . Tab. 4).
Zwischen den Borreliensubspezies existieren z. T. deutliche antigenetische Unterschiede. Für
die Diagnostik ist diese Heterogenität jedoch lediglich in Frühstadien der Infektion von Bedeutung.
Borrelien besitzen die Eigenschaft, im Vektor bzw. unter Kulturbedingungen und im infizierten
Säugetier unterschiedliche Antigene differentiell zu exprimieren. Die in-vivo-exprimierten Antigene
wie z. B. VlsE- („Vmp-like sequence-expressed“), pG- oder Crasp3-Ag wurden erst spät als potente
Immunogene identifiziert.
Serologische Tests
7 Enzymimmunoassays
7 Immunfluoreszenztests
404 | Im Interesse einer möglichst hohen diagnostischen Effizienz wird eine Stufendiagnostik empfohlen. Als Suchtests kommen vor allem sensitive 7 Enzymimmunoassays (EIA), seltener 7 Immunfluoreszenztests (IFTs) zur Anwendung, zur Bestätigung der Spezifität grenzwertiger oder positiver Suchtestsfolgen anschließend Immunoblots oder vergleichbare Techniken (z. B. Line-Immu-
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noassays). Die Sensitivität und Spezifität der Testsysteme wird entscheidend von den verwendeten
Borrelienantigenen beeinflusst.
Die Tests der 1. Generation verwendeten das gesamte Antigenspektrum kultivierter Borrelien in
Form strukturell intakter Organismen in IFTs oder als Ultrasonikat in Enzymimmunoassays.
In Suchtests der 2. Generation wurde die Spezifität erhöht, und zwar durch eine Vorabsorption
mittels Patientenseren mit Reiter-Treponemen sowie durch die Verwendung gereinigter und angereicherter Antigene. Zu den Tests der 2. Generation zählen auch Immunoblots mit Bakterien-LysatAntigen.
Die 3. Testgeneration benutzt rekombinant exprimierte und gereinigte Borrelienantigene im Immunoassay- und Immunoblot-Format, darunter auch das in Kulturorganismen nicht vorhandene
(nur in vivo exprimierte) VlsE-Antigen.
Bei Immunoblot-Analysen entscheiden über Sensitivität und Spezifität neben den verwendeten
Antigenen entsprechende geeignete 7 Interpretationskriterien. Für die Auswertung von IgG-Immunoblots – sowohl aus Bakterienlysaten als auch mit rekombinanten Antigenen – findet für die in Europa prävalenten Borreliensubgenus mittlerweile das so genannte 7 „Zwei-Banden-Kriterium“ breite
Anwendung (. Abb. 1, . Tab. 4). Dieses deklariert die serologische Bewertung als positiv bei mindestens 2 deutlich nachweisbaren Banden von:
p83/100, p58, p43, p39, ospC, p21, p17 oder p14.
Beim rekombinanten IgM-Immunoblot wird ebenfalls die Gegenwart von mindestens 2 Banden
(von p41 intern, p39, ospC, p17), beim Lysat-IgM-Immunoblot von einer Bande (von p39, ospC, p17
sowie stark ausgeprägtem p41) als positiv bewertet.
In der Frühphase der Borrelieninfektion richtet sich die Immunantwort (IgM) vor allem gegen
Flagellin und ospC sowie gegen VlsE (IgG-Antikörper). Mit zunehmender Infektionsdauer expandiert die Immunantwort (IgG) gegen ein immer breiteres Antigenspektrum.
Die Sensitivität der Methoden korreliert positiv mit der 7 Infektionsdauer und beträgt im Frühstadium 20–50% (überwiegend IgM-Antikörper), steigt während der frühen Erregerdissemination
auf 70–90% (IgM- und IgG-Antikörper) und im chronischen Stadium auf nahezu 100% an (dann
meist nur IgG-Antikörper). Der Nachweis Borrelien-spezifischer IgG-Antikörper in hoher Konzentration stellt nach der EUCALB-Falldefinition das notwendige Labor-Hauptkriterium für die Diagnose einer Lyme-Arthritis dar. Das Fehlen von IgG-Antikörpern oder aber ein nur schwach positives
Testergebnis schließen demnach eine Lyme-Arthritis mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.
In klinischen und serologischen Zweifelsfällen – z. B. bei uneindeutiger Serologie oder bei erstmaliger monarthritischer Attacke einige Wochen nach einem Zeckenstich (als möglicher Erstmanifestation bei früher Erregerdissemination) – kann eine 7 Verlaufskontrolle der Antikörper weiteren Aufschluss geben:
Bei Borreliose-bedingten Symptomen sind in solchen Fällen Titeranstiege der Borrelienantikörper bzw. eine Expansion der Immunantwort (eine Zunahme spezifischer Banden) zu erwarten. Kontrollen einer Borrelienserologie sind nur im Einzelfall sinnvoll, z. B. bei solitär positivem IgM und bei
Arthritis. Dann ist eine Kontrolle nach 6–8 Wochen empfehlenswert, da ein Ausbleiben einer IgGReaktion einen unspezifischen IgM-Befund nahelegt.
Die Sensitivität und Spezifität der
Testsysteme wird entscheidend von
den verwendeten Borrelienantigenen
beeinflusst
7 Interpretationskriterien
7 Zwei-Banden-Kriterium
Mit zunehmender Infektionsdauer
­expandiert die Immunantwort (IgG)
gegen ein immer breiteres Antigenspektrum
7 Infektionsdauer
Borrelien-spezifische IgG-Antikörper
in hoher Konzentration stellen nach
der EUCALB-Falldefinition das notwendige Labor-Hauptkriterium einer
Lyme-Arthritis dar
7 Verlaufskontrolle
Direktnachweis von Erregern und Erregerbestandteilen
Kultureller Erregernachweis
Borrelien lassen sich auch gelegentlich aus klinischen Materialien kultivieren. Die Sensitivität der
Kultur ist jedoch vom Untersuchungsmaterial und Krankheitsstadium abhängig; am höchsten ist sie
in Hautstanzen und Liquor (stadienabhängig 30–90%). Aus Gelenkpunktaten lassen sich Borrelien
dagegen nur selten kultivieren. Die kulturelle Untersuchung von Blut ist meist ergebnislos, da nach
Borrelieninfektionen nur flüchtige Bakteriämien auftreten. Urin ist als Untersuchungsmaterial für
Kulturen gänzlich ungeeignet.
Die Kultivierung von Borrelien ist sehr zeitaufwändig (bis zu 12 Wochen) und sehr anspruchsvoll im Hinblick auf die Qualität der zu verwendenden Reagenzien. Wegen der Gefahr der Überwucherungen der Borrelienkultur durch Begleitkeime ist strikt auf eine sterile Materialgewinnung zu
achten. Obwohl der kulturelle Nachweis die zuverlässigste Bestätigung der aktiven Borrelieninfektion darstellt, ist die Anwendung dieser Methode wegen der Notwendigkeit der invasiven Proben-
Die Sensitivität der Kultur ist vom Untersuchungsmaterial und Krankheitsstadium abhängig; am höchsten ist
sie in Hautstanzen und Liquor
Der kulturelle Nachweis ist auf selten
vorkommende, spezielle Situationen
beschränkt
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gewinnung und wegen des zeitlichen und methodischen Aufwands auf selten vorkommende, spezielle Situationen beschränkt.
Nukleinsäureamplifikation von Borrelien-DNA (PCR)
Der 100%ige Ausschluss einer LymeArthritis ist auch mit der PCR nicht
möglich
7 invasive Probengewinnung
PCR-Analysen zum Nachweis von Borrelien-DNA weisen bei der Untersuchung von Haut- und
Liquorproben eine der Kultur zumindest vergleichbare, bei der Analyse von Gelenkpunktaten eine deutlich überlegene Sensitivität auf. Die Sensitivität der Methode hängt stark von den verwendeten Zielsequenzen (bzw. den Primern der Methode) und der sorgfältigen präanalytischen Aufarbeitung des Untersuchungsmaterials ab. Der 100%ige Ausschluss einer Lyme-Arthritis ist auch mit
der PCR nicht möglich, bei Patienten mit Lyme-Arthritis lässt sich jedoch in 50–96% der Fälle Borrelien-DNA im Gelenk nachweisen. Die Nachweishäufigkeit von Borrelien korreliert stark negativ
mit der Dauer einer zuvor eingeleiteten effektiven Antibiotikatherapie. Ist ein PCR-Ergebnis aus der
Synovialflüssigkeit nach einer Therapie negativ, so können trotzdem noch Borrelien in der Synovialmembran persistieren.
Für die Untersuchung von Urin und Blut auf Borrelien-DNA gelten die bereits für Kulturverfahren erwähnten Einschränkungen; auch mit der PCR ist die Sensitivität insgesamt niedrig.
Wegen der Notwendigkeit der 7 invasiven Probengewinnung, dem hohen Laboraufwand und
der noch immer unzureichenden Standardisierung der Methode stellt der Nachweis von BorrelienDNA mittels PCR derzeit noch kein routinemäßig eingesetztes Verfahren dar. Im Übrigen hindert
der Umstand, dass die Borrelien-PCR durch die gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet wird, ein
stärkere Verbreitung dieser Methode.
Mikroskopische Untersuchungen
Mikroskopische Untersuchungen besitzen aufgrund der geringen Erregerdichte in klinischem Probenmaterial keine Bedeutung für die Routinediagnostik. (Eine Bedeutung haben nur die direkte Immunfluoreszenz für den Keimnachweis im Vektor sowie die Dunkelfeldmikroskopie bei der Kontrolle von kulturellem Wachstum von Borrelien).
7 Capture-Antikörper
Antigennachweise
Es existieren experimentelle Assays mit monoklonalen und polyklonalen 7 Capture-Antikörpern
zum Nachweis von Borrelienantigenen in Liquor und Urin. Für Routineanwendungen erwiesen sich
diese Methoden jedoch als zu unzuverlässig [1].
Lymphozytentransformationstest (LTT) und andere Methoden
(ELI-Spot) zum Nachweis einer T-Zell-Sensibilisierung
LTTs mit spezifischen B.-burgdorferi-Antigenen haben wegen der unzureichenden Standardisierung
der Methode nur experimentellen Charakter. Die mittels LTT erzielten Resultate sind in ihrer Gesamtheit äußerst heterogen und lassen keine eindeutige Interpretation zu.
Borrelien-LTTs stellen wegen des hohen Laboraufwands und ihrer unzureichenden Standardisierung auch heute noch kein zu empfehlendes Routineverfahren dar. Referenzinstitutionen raten daher vom Einsatz des LTT zu diagnostischen Zwecken ab [10]. Mit den ELI-Spot-Tests, die seit einiger
Zeit erhältlich sind, liegen noch keine ausreichenden methodischen Erfahrungen vor.
Grundsätzliche Probleme der Labordiagnostik von Erregern reaktiver Arthritiden
7 Nachtestwahrscheinlichkeit
406 | Grundsätzlich stellt sich die Frage, wann welche Labortests zur Diagnostik reaktiver Arthritiden eingesetzt werden sollen.
Auch ein Labortest mit guter Sensitivität und Spezifität kann eine aussagekräftige 7 Nachtestwahrscheinlichkeit (für das Zutreffen der Diagnose) nur dann erbringen, wenn eine hinreichende
Vortestwahrscheinlichkeit angenommen werden kann.
Wichtig sind folgende kürzlich durch eine Metaanalyse [8] ermittelten Voraussetzungen:
1.Bei einer symmetrischen Polyarthritis liegt die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis vermutlich <1%.
2.Bei undifferenzierter Arthritis mit asymmetrischer Oligoarthritis und Betonung der unteren
Extremität liegt die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis zunächst auch nur bei etwa 12%. Mittels intraartikulärer Erreger-PCR konnte aber in ungefähr
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
30% aller Fälle intraartikuläre Erreger-DNA (von Chlamydia trachomatis und B. burgdorferi)
nachgewiesen werden, sodass bei Einschluss der modernen molekularbiologischen Methodik
die Vortestwahrscheinlichkeit bei etwa 30% liegen dürfte.
3.Bei vorausgegangener Infektion und asymmetrischer Oligoarthritis wird eine Vortestwahrscheinlichkeit einer reaktiven Arthritis von etwa 50% angenommen.
Daraus ergeben sich folgende Überlegungen:
FBei Arthralgien bzw. bei symmetrischen Polyarthritiden (bei denen mit einer Vortestwahrscheinlichkeit von nur 1% eine reaktive Arthritis vorliegt) ist eine Erregerdiagnostik in der Regel
nicht indiziert, da die erreichbare Nachtestwahrscheinlichkeit für die Serologie <10% bzw. für
den intraartikulären Erregernachweis <20% liegt (. Tab. 5, 6).
FDie Erregerdiagnostik ist insbesondere bei klinisch dringend auf eine reaktive Arthritis verdächtigen Konstellationen (Oligoarthritis mit Betonung der unteren Extremität und vorausgegangenem Infekt) sinnvoll, da hier bereits eine Vortestwahrscheinlichkeit von 30–50% besteht,
die hohe Nachtestwahrscheinlichkeiten (75% und höher) bedingt.
FBei Patienten mit undifferenzierter Arthritis (asymmetrische Oligoarthritis) ohne eine Infektanamnese, bei der die Vortestwahrscheinlichkeit aufgrund klinischer und serologischer Daten von 12 bis zu 30% für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis angenommen wird, ergeben
nur der Chlamydiendirektnachweis im Urin oder Urogenitaltrakt oder der PCR-Nachweis von
Chlamydien und Borrelien im Gelenk Nachtestwahrscheinlichkeiten um 75% (am besten durch
PCR), während die serologischen Tests auf Chlamydien und Enterobakterien nur eine Nachtestwahrscheinlichkeit um 50% erreichen und damit nicht aussagekräftig genug sind.
Die Nachtestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis wurde berechnet gemäß
der Formel in . Infobox 1.
Da jedoch bei bis zu 12% der Patienten mit früher undifferenzierter Oligoarthritis eine Lyme-Arthritis bzw. Borreliose besteht, die durch Antibiotika geheilt werden kann, sollte bei undifferenzierter
Oligoarthritis (insbesondere mit Kniegelenksbefall) und entsprechendem klinischen Verdacht eine
Borrelienserologie mit ausreichender Sensitivität durchgeführt werden. Auch wenn hierbei die Nachtestwahrscheinlichkeit nicht >75% liegt, ist die Möglichkeit einer kurativen Therapie der Arthritis so
bedeutsam, dass dieser Test – bei aller Vorsicht der Interpretation – indiziert ist.
Ähnliches gilt für den Nachweis von Chlamydia trachomatis im Urogenitaltrakt von Patienten
mit undifferenzierter Arthritis. Bis zu 50% der Patienten mit Chlamydien-induzierter Arthritis haben keine Symptome einer urogenitalen Infektion. Aus Gründen der Übertragbarkeit der urogenitalen Chlamydieninfektion, ihrer Therapierbarkeit und möglicher gravierender Folgen einer nicht diagnostizierten urogenitalen chlamydialen Infektion (erworbene Unfruchtbarkeit der Frau durch chlamydiale Adnexitis u. a.) sollte darum bei undifferenzierter Arthritis (Mono-/Oligoarthritis) der urogenitale Chlamydia-trachomatis-Nachweis (am besten mittels PCR aus der ersten Portion des Morgenurins) erfolgen. Die bei einem positiven Nachweis erreichte Nachtestwahrscheinlichkeit von etwa 60–70% erlaubt zudem mit einer gerade noch hinreichenden Verlässlichkeit die Diagnose einer
Chlamydien-induzierten Arthritis.
Lediglich der intraartikuläre Erregernachweis mittels PCR erreicht bei undifferenzierter Arthritis
ohne klinische Hinweise auf eine vorausgehende Infektion – für die Chlamydien- und Borrelien-induzierte Arthritis – die (arbiträr festgesetzte) Nachtestwahrscheinlichkeitsschwelle von 75%.
Der 7 M. Whipple (verursacht durch Tropheryma whippelii) ist durch Antibiotika heilbar. Sein
schwerer chronifizierter und z. T. letaler Verlauf erfordert somit bei klinischem Verdacht eine rechtzeitige Diagnose. Neben der histologischen Untersuchung einer 7 Duodenalbiopsie werden zunehmend PCR-gestützte Verfahren zum Nachweis des Erregers im Magensaft, im Duodenum und auch
im Gelenk eingesetzt. Der M. Whipple ist allerdings eine sehr seltene Erkrankung (niedrige Vortestwahrscheinlichkeit). Bei einer undifferenzierten Arthritis – ohne weitere deutliche klinische Hinweise auf einen M. Whipple – ist die Erregerdiagnostik daher zumeist nicht sinnvoll.
Bei undifferenzierter Oligoarthritis
und entsprechendem klinischen Verdacht sollte eine Borrelienserologie
mit ausreichender Sensitivität durchgeführt werden
7 M. Whipple
7 Duodenalbiopsie
Virusinduzierte reaktive Arthritiden
Eine Anzahl verschiedener Viruserkrankungen kann passagere, zeitlich begrenzte und fast immer
nichterosive und spontan sich rückbildende Arthritiden verursachen, die in der Regel durch nichtsZeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 407
Tab. 5 Ausgehend von der klinisch ermittelten Vortestwahrscheinlichkeit und der Sensitivität und
Spezifität des verwendeten Testverfahrens wurde die Nachtestwahrscheinlichkeit berechnet
Klinik
Test
UA mit vorausgegangenem Infekt
CT-Serologie
CT-Nachweis im Urogenitaltrakt
Serologie für Yers./Salm.
CT-Serologie
UA ohne vorausgegangenen Infekt
Arthralgien/Polyarthritis
CT-Nachweis im Urogenitaltrakt
Serologie für Yers./Salm.
CT-Serologie
CT-Nachweis im Urogenitaltrakt
Serologie für Yers./Salm.
Vortestwahrscheinlichkeit
Sensitivität
Spezifität
[%]
50
50
[%]
73
50
[%]
78
96
Nachtestwahrscheinlichkeit bei
positivem Test
[%]
77
93
30
12
30
12
30
12
1
1
90
73
73
50
50
90
73
50
90
78
73
96
96
90
78
96
80
31
59
63
84
55
3
11
1
90
90
8
UA undifferenzierte Arthritis, in für reaktive Arthritiden typischer Verteilung (mono-/oligoartikulärer Befall mit Betonung
der unteren Extremität) und nach Ausschluss anderer rheumatischer Erkrankungen.
Bei UA ohne vorausgehenden Infekt beträgt – je nach Datenlage – die Vortestwahrscheinlichkeit für eine reaktive Arthritis etwa von 12 bis maximal 30%. CT Chlamydia trachomatis.
Tab. 6 Nachtestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis bei Verwendung einer
Erreger-spezifischen PCR in Abhängigkeit von der Vortestwahrscheinlichkeit, der Sensitivität und Spezifität [8]
Klinik
UA mit vorausgegangenem
Infekt
UA ohne vorausgegangenen
Infekt
Arthralgien/Polyarthritis
Vortestwahrscheinlichkeit
[%]
50
Sensitivität
Spezifität
[%]
80
[%]
96
12
30
80
80
96
96
1
80
96
Nachtestwahrscheinlichkeit bei
positivem Test
[%]
95
73
90
(im Mittel: etwa 80%)
17
Berechnungsverfahren wie in Infobox 1. Ausgehend von der klinisch ermittelten Vortestwahrscheinlichkeit und der Sensitivität und Spezifität des verwendeten Testverfahrens wurde die Nachtestwahrscheinlichkeit berechnet.
UA undifferenzierte Arthritis, in für reaktive Arthritiden typischer Verteilung (mono-/oligoartikulärer Befall mit Betonung
der unteren Extremität) und nach Ausschluss anderer rheumatischer Erkrankungen.
Bei UA ohne vorausgegangenen Infekt beträgt – je nach Datenlage – die Vortestwahrscheinlichkeit für eine reaktive
Arthritis etwa 12 bis maximal 30% [8].
7 NSAR
Die Labordiagnostik sich spontan zurückbildender Arthritiden sollte nur
gezielt und unter individueller Abwägung des diagnostischen Nutzens erfolgen
408 | teroidale Antirheumatika (7 NSAR) gut zu behandeln sind. Grundsätzlich gilt für die Labordiagnostik dieser Arthritiden, dass sie aufgrund des meist benignen Verlaufs stets nur gezielt und unter individueller Abwägung des diagnostischen Nutzens (s. oben, Ausführungen zu Nachtestwahrscheinlichkeiten) eingesetzt werden sollte.
Es werden 3 Mechanismen diskutiert, die zu virusverursachten Gelenkbeschwerden führen können:
FIm Rahmen einer akuten, lokalisierten oder systemischen Virusinfektion kommt es zur Freisetzung von arthritogenen Stoffwechselprodukten und Abbauprodukten von Zellen und Viren sowie von Entzündungsmediatoren und proinflammatorischen Substanzen, die über die Blutbahn
Gelenke erreichen und dort Beschwerden verursachen. Hierzu gehört auch das Phänomen der
Gelenkaffektion durch eine Immunkomplexvaskulitis bei der Bildung zirkulierender Immunkomplexe aus freigesetzten Virusantigenen und korrespondierenden Antikörpern.
FEine Virusinfektion führt zur systemischen Aussaat infektiöser Viruspartikel, die suszeptibles
Gelenkgewebe erreichen, dort vorhandene Wirtszellen infizieren und einen produktiven, ggf.
auch lytischen Vermehrungszyklus in Gang setzen. Damit verbunden sind Gewebsuntergang,
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Infobox 1: Berechnung der Nachtestwahrscheinlichkeit
Die Nachtestwahrscheinlichkeit berechnet sich (wenn der Test positiv ist) wie folgt:
1+
(
100%
100 − V W
VW
( %)
(%)
)(
*
100 − S pez .( % )
S ens . ( % )
)
Diese Formel berechnet aus den Parametern Vortestwahrscheinlichkeit (VW), Sensitivität (Sens.) und Spezifität (Spez.) die Nachtestwahrscheinlichkeit, dass im Falle eines positiven Testergebnisses die Diagnose auch
wirklich vorliegt.
Eine Nachtestwahrscheinlichkeit von z. B. 90% besagt, dass mit 90%iger Wahrscheinlichkeit die von dem positiven Test vorgeschlagene Diagnose auch tatsächlich vorliegt.
eine inflammatorische Reaktion mit Freisetzung entsprechender Mediatoren und das klinische
Bild einer Arthritis.
FEine Virusinfektion induziert die systemische und/oder gelenknah lokalisierte Immunantwort
unspezifischer und spezifischer zellulärer Abwehrfaktoren, die im Bemühen um die Viruselimination wirtseigene Strukturen attackieren und beschädigen. Dabei spielt zum einen das Phänomen der „molekularen Mimikry“ mit fehlgeleiteter Zielführung der Abwehrmechanismen eine
Rolle. Zum anderen kann aber auch die aktivierte Immunantwort im Sinne einer polyklonalen
Mitreaktion sowie schon vorhandener, autoreaktiv geprägter Immunzellen in Gang gesetzt bzw.
verstärkt werden. Auf diese Weise kann z. B. eine Virusinfektion eine vorhandene Disposition
zur Autoimmunerkrankung fördern oder zum Ausbruch bringen. Dieser Mechanismus kann
theoretisch nicht nur durch Virusinfektionen, sondern auch durch aktive Schutzimpfungen gegen Viren ausgelöst werden.
Die spezifische Labordiagnostik virusassoziierter Gelenkaffektionen umfasst je nach Gegebenheit die
Bestimmung von 7 Virusantigenen bzw. -nukleinsäuren sowie den Nachweis spezifischer, gegen den
jeweiligen Erreger gerichteter Antikörper, vor allem der IgG- und IgM-Klasse. Hierbei wird oft auf
eine zweistufige 7 Komplementärdiagnostik aus Suchtest (vor allem EIA) und Bestätigungs- und
Differenzierungstest (vor allem Immunoblot) zurückgegriffen.
Zur Eingrenzung des Infektionsbeginns kann ergänzend die Bestimmung der 7 IgG-Antikörperavidität zum Einsatz kommen, die ein Maß für die Antikörperreife ist. Vom menschlichen Immunsystem werden erst etliche Wochen bis Monate nach der Infektion hochavide Antikörper produziert.
Die Nukleinsäurenachweise erfolgen heute zumeist mittels Amplifikationstechniken (z. B. PCR
oder „Ligase-chain-reaction“, LCR). Die größte Bedeutung haben heute die modernen 7 Real-timePCR-Verfahren, bei denen noch während der Amplifikation eine spezifische, hybridisierungsgestützte, quantitative Signaldetektion erfolgt.
Demgegenüber hat die Isolierung vermehrungstüchtiger Viren aus menschlichem Untersuchungsgut für die medizinische Diagnostik nur eine stark eingeschränkte Bedeutung. Im Folgenden werden
eine Reihe einzelner Virusinfektionen (. Tab. 1), deren Bedeutung für die rheumatologische Arthritisdiagnostik sowie die spezifischen Möglichkeiten der jeweiligen Labordiagnostik dargestellt.
7 Virusantigene
7 Komplementärdiagnostik
7 IgG-Antikörperavidität
7 Real-time-PCR
Parvovirus B19
Das humane Parvovirus B19 (PB19) ist der Erreger der 7 Ringelröteln (Erythema infectiosum). Die
Hälfte der deutschen Bevölkerung wird bis zum frühen Erwachsenenalter, bis zu 90% dann im Laufe des weiteren Lebens durch Tröpfchenübertragung infiziert. Arthralgien und Arthritiden sind eine häufige Folge akuter PB19-Infektionen. Bei 5% der Kinder vor dem 10. Lebensjahr, aber bei 70%
der über 20-Jährigen treten arthritische Beschwerden auf; Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Mechanismen der immunologischen Infektabwehr (z. B. die Bildung zirkulierender Immunkomplexe) spielen allem Anschein nach ebenso eine Rolle wie direkte 7 zytotoxische Faktoren einzelner Virusbestandteile.
Dementsprechend treten die Arthralgien auch noch nicht in der akuten Infektionsphase auf, sondern erst nach Ausbildung der 7 humoralen Immunreaktion, etwa 3–4 Wochen nach der Infektion. Die akute Arthropathie ist meistens symmetrisch und polyartikulär, mit einem Befall der klei-
7 Ringelröteln
Arthralgien und Arthritiden sind
­eine häufige Folge akuter PB19­Infek­tionen
7 Zytotoxische Faktoren
7 Humorale Immunreaktion
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 409
Wichtig für die Diagnose ist der Nachweis PB19-spezifischer IgG- und IgMAntikörper
7 Nukleinsäurenachweis
nen Gelenke der Hand, oft auch der Knie- und Knöchelgelenke. Sie ist in der Regel selbstlimitierend
und dauert wenige Tage bis einige Monate. Die klinische Symptomatik ähnelt einer akut einsetzenden
rheumatoiden Arthritis. Wichtig für die Diagnose ist der Nachweis PB19-spezifischer IgG- und IgMAntikörper. Während die IgG-Antikörper nach der Infektion oft lebenslang nachweisbar bleiben und
ein Indikator der Immunität sind, sinken die IgM-Antikörper meist innerhalb von 3 Monaten unter
die Nachweisgrenze ab. Eingesetzt werden vor allem EIAs oder Immunfluoreszenztests mit rekombinanten Virusantigenen. Die Bestätigung reaktiver Suchtests kann – sofern erforderlich – durch einen Immunoblot erfolgen.
Wegen des späten Einsetzens der Arthritiskomplikationen im Infektionsablauf ist der 7 Nukleinsäurenachweis, z. B. aus Blut, Gelenkpunktat oder Synovialisbiopsie, zur Diagnostik der akuten
PB19-Infektion nur selten hilfreich, kann aber im Einzelfall, z. B. bei schwierigen serologischen Konstellationen oder bei Schwangeren, nützlich sein. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass das Virusgenom auch bei gesunden Personen über viele Wochen im Blut und Knochenmark nachweisbar ist.
Hepatitis-B-Virus
7 Extrahepatische Manifestationen
7 Polyarthritis
Der Nachweis von HBV-DNA beweist
die Virusreplikation und lässt eine Einschätzung der Infektiosität zu
In Deutschland haben etwa 9% der Bevölkerung Anti-HBc-Antikörper, das Zeichen einer durchgemachten HBV-Infektion.
Die Inzidenz akuter Infektionen lag im Jahr 2006 in Deutschland bei 1,4/100.000, von denen >5%
chronifizieren. Bei etwa 10–20% der Patienten mit einer akuten Hepatitis B können 7 extrahepatische Manifestationen auftreten, zu denen auch eine 7 Polyarthritis zählt. Typischerweise sind die
Patienten fieberhaft, haben ein makulopapulöses, noduläres oder urtikarielles Exanthem, gelegentlich
auch petechiale Blutungen. Die Arthritis imponiert als symmetrische, schmerzhafte, teigige Schwellung meist der Knie- und Handgelenke, oft mit Morgensteifigkeit. Die Symptome treten normalerweise bis zu 4 Wochen vor dem Ikterus auf und bessern sich in der Regel mit dem Auftreten der Gelbsucht. Nicht sicher geklärt ist, ob zirkulierende Immunkomplexe eine entscheidende pathogenetische
Rolle spielen, wie z. B. bei der – ebenfalls HBV-assoziierten – Panarteriitis nodosa.
Labordiagnostisch stehen die klassischen serologischen Bestimmungen der Virusantigene (HBsAg und ggf. HBeAg) und -antikörper (Anti-HBc und ggf. Anti-HBc-IgM) im Vordergrund. Der
Nachweis von HBV-DNA beweist die Virusreplikation und lässt eine Einschätzung der Infektiosität zu. Die Bestimmung zirkulierender Immunkomplexe ist wegen der Unspezifität dieser Untersuchung grundsätzlich nicht zu empfehlen.
Herpesviren (HSV-1 und -2, VZV, CMV, EBV)
7 Lebenslange Viruslatenz
Für die Labordiagnostik der Herpesvirusinfektion werden vor allem Antikörpernachweise mittels EIA und Immunoblot verwendet
Nach der Primärinfektion mit Herpesviren kommt es in den menschlichen Wirtszellen zu einer
7 lebenslangen Viruslatenz, d. h. einer DNA-Persistenz ohne Bildung vollständiger Viruspartikel
(wohl aber einzelner Virusproteine). Unter geeigneten Bedingungen kann eine Reaktivierung, d. h.
eine vollständige Virusreplikation einsetzen. Herpesviren verursachen nur selten bei der Primärinfektion eine spontan limitierte und kurze begleitende Arthropathie. Für die Labordiagnostik der Herpesvirusinfektion werden vor allem Antikörpernachweise mittels EIA und Immunoblot verwendet.
Ergänzend kann im Einzelfall auch der molekularbiologische Nachweis von Virusgenom (aus Blut,
Gelenkflüssigkeit oder Biopsiematerial) hilfreich sein. Eine aktive CMV-Infektion kann durch eine CMV-PCR gesichert werden, welche zunehmend die Bestimmung des „Lower-matrix-Proteins“
pp65 in Granulozyten ersetzt.
Hepatitis-C-Virus
7 Genetische Variabilität
7 Immunpathogene Reaktionen
410 | Das HCV ist ein RNA-Virus aus der Familie der Flaviviren. Es zeichnet sich durch außerordentliche
7 genetische Variabilität aus, die weltweit evolutionär zu 6 Genotypen und unzähligen Subtypen
und Quasispezies geführt hat. Etwa 50–90% der akuten HCV-Infektionen führen zu einem chronischen Verlauf. Bei einer Prävalenz in der deutschen Bevölkerung von etwa 0,5–0,7% wird weltweit
mit etwa 170 Mio. chronisch infizierten Patienten gerechnet. HCV hat ein breites pathogenes Potenzial, welches keineswegs auf die Leber beschränkt ist. Häufig werden bei chronischer Infektion 7 immunpathogene Reaktionen induziert. In etwa der Hälfte der Fälle treten Antikörper gegen glatte
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Muskulatur auf, seltener antinukleäre Antikörper (ANA), und häufig wird eine 7 Kryoglobulinämie (vom Typ II) beobachtet, die eine Immunkomplexvaskulitis mit Purpura, Neuropathie und
Glomerulonephritis verursachen kann. Arthralgien und entzündliche Arthritiden sind die häufigsten extrahepatischen klinischen Manifestationen der chronischen HCV-Infektion und treten
zumeist mit der begleitenden Kryoglobulinämie auf.
Die HCV-assoziierte Arthritis ist in aller Regel nicht deformierend, und knöcherne Erosionen
wurden nur selten beobachtet. Das klinische Bild ähnelt aber oft mit dem vorzugsweisen Befall der
kleinen Finger- und Handgelenke und manchmal Knie- und Knöchelgelenke der rheumatoiden Arthritis. In über der Hälfte aller Fälle ist zudem der 7 Rheumafaktortest positiv, während die CCPAntikörper negativ bleiben und somit eine Fehldiagnose vermeiden helfen. Chronische HCV-Infektionen sind häufig nur subklinisch aktiv und verursachen oft nur geringfügige Laborveränderungen, obwohl sie ein volles pathogenes Potenzial einschließlich Leberzirrhose, Leberzellkarzinom
und rheumatische Komplikationen entwickeln können. Selbst bei Patienten ohne jede klinische oder
laborchemische Zeichen einer Hepatitis kann HCV die behandelbare Ursache einer Arthritis sein.
Umgekehrt muss beim Auftreten einer Arthropathie unter laufender antiviraler Therapie einer HCVInfektion auch an eine mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkung gedacht werden.
Die Labordiagnostik der chronischen HCV-Infektion besteht primär aus der Bestimmung von
HCV-Antikörpern mittels eines Immunoassays der 3. Generation. Die Bestätigung erfolgt im Immunoblot.Bei der Diagnostik einer akuten Hepatitis C muss berücksichtigt werden, dass HCV-Antikörper oft erst mit großer Verspätung von einigen Wochen gebildet werden, sodass bei entsprechendem
Verdacht auch bei negativem Antikörpertest eine HCV-RNA-Bestimmung indiziert ist.
7 Kryoglobulinämie
Arthralgien und entzündliche Arthritiden sind die häufigsten extrahepatischen klinischen Manifestationen
der chronischen HCV-Infektion
7 Rheumafaktortest
Beim Auftreten einer Arthropathie
unter laufender antiviraler Therapie
einer HCV-Infektion muss auch an eine unerwünschte Arzneimittelwirkung gedacht werden
Humanes Immundefizienzvirus Typ 1
Das HIV Typ 1 gehört zur Familie der 7 Retroviren. In Deutschland leben nach Schätzung des Robert-Koch-Instituts (Stand 12/2006) derzeit etwa 56.000 Menschen mit einer HIV-Infektion, und
2611 Personen haben sich im Jahr 2006 in Deutschland neu mit HIV infiziert.
Die akute HIV-Infektion tritt mit einem klinischen Bild ähnlich einer infektiösen Mononukleose
auf, begleitet von grippalen Symptomen, die auch zu muskuloskelettalen Beschwerden und Arthropathien führen können. Meist kommt es zu einem asymmetrischen Befall der großen Gelenke, der im
Verlauf nach wenigen Tagen bis Wochen spontan remittiert. Wichtiger aus rheumatologischer Sicht
sind arthritische Komplikationen des Spätstadiums von HIV-Infektionen: Eine fortschreitende Immundefizienz kann zu einer polyklonalen B-Zell-Stimulation mit Induktion von Autoantikörpern
unterschiedlichster Spezifität führen, während gleichzeitig die CD8+-T-Zellen expandieren und damit eine HLA-Klasse-I-restringierte, 7 zellvermittelte Autoimmunität fördern können.
Dementsprechend sind die häufigsten 7 rheumatischen Syndrome in Verbindung mit HIV/Aids
das Reiter-Syndrom, Psoriasisarthritis und Spondyloarthropathien, die alle durch eine verstärkte
CD8-Aktivität gekennzeichnet sind und bei HIV-Patienten wesentlich häufiger auftreten als in der
Normalbevölkerung. Umgekehrt kann es bei einigen Patienten durch die HIV-Infektion auch zu einer Verbesserung einer bestehenden (CD4-vermittelten) Erkrankung wie eines systemischen Lupus erythematodes, einer rheumatoiden Arthritis oder Polymyositis kommen. Die – im rheumatologischen Sinne – „positiven“ Effekte einer partiellen Immundefizienz können durch die Wiederinstandsetzung der CD4-Immunantwort durch eine medikamentöse antivirale HIV-Therapie teilweise wieder zunichte gemacht werden. Es können sogar neu auftretende Autoimmunphänomene wie
Sarkoidose oder Arthritis durch eine antivirale Therapie ausgelöst werden, während im Hinblick auf
die Symptomatik einer rheumatoiden Arthritis und einer Spondyloarthritis ein positiver Effekt einer CD4-Rekonstitution festgestellt wurde. Die Labordiagnostik der HIV-Infektion besteht zunächst
aus einem Screening-EIA der 4. Generation. Als Bestätigungstest werden Western- und Immunoblots eingesetzt.
7 Retroviren
7 Zellvermittelte Autoimmunität
7 Rheumatische Syndrome
Bei einigen Patienten kann es durch
die HIV-Infektion auch zu einer Verbesserung einer bestehenden (CD4vermittelten) Erkrankung kommen
Durch eine antivirale Therapie ­können
neu auftretende Autoimmunphänomene wie Sarkoidose oder Arthritis
ausgelöst werden
Rötelnvirus
Der Erreger der Röteln kann zu milden und in der Regel selbstlimitierenden symmetrischen Arthralgien, aber auch einer akuten Arthritis führen, deren Gelenkverteilungsmuster einer rheumatoiden
Arthritis ähneln kann. Die Labordiagnostik der akuten Rötelninfektion basiert auf dem Nachweis
spezifischer IgM-Antikörper („µ-capture“-Technik).
Die Labordiagnostik der akuten
Röteln­infektion basiert auf dem
­Nachweis spezifischer IgM-Antikörper
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 411
7 Röteln-IgG-Avidität
Ergänzend kann in schwierigen diagnostischen Fällen, z. B. bei Verdacht auf eine IgM-Persistenz,
die 7 Röteln-IgG-Avidität als Maß der Antikörperreife und damit als Hinweis auf einen möglichen
Infektionszeitpunkt herangezogen werden. In Einzelfällen hilft der spezifische Nachweis von IgG gegen das Röteln-Glykoprotein-E2, welcher erst Monate nach der Infektion positiv wird.
Alphaviren
7 Togaviren
Die typische Alphavirusarthritis befällt vor allem die kleinen Gelenke der
Hände und Füße sowie Knie, Knöchel
und Schultergelenke
Die Alphaviren (früher: Arboviren) werden heute in einer eigenen Gruppe der Familie der 7 Togaviren zusammengefasst, zu der auch das Rötelnvirus gehört. Alphaviren sind weltweit verbreitet. Die
wichtigsten arthritogenen Vertreter sind das Chikungunya-Virus (Südostasien, Afrika), O’nyongnyong-Virus (Afrika), Ross-River-Virus und Barmah-Forest-Virus (Australien, Südpazifik), Mayaro-Virus (Südamerika) und das Sindbis-Virus (Ägypten/Sudan, Australien). Alle diese Viren sind in
Deutschland nicht vertreten, jedoch werden Krankheitsfälle bei Reiserückkehrern beobachtet.
Alle oben angeführten Viren können – nach Infektion durch Mückenstich – eine akute, fieberhafte Erkrankung mit Exanthem, Myalgien, Meningismus und gelegentlich schwerer Arthritis hervorrufen. Die typische Alphavirusarthritis befällt vor allem die kleinen Gelenke der Hände und Füße sowie Knie, Knöchel und Schultergelenke. Sie kann im akuten Stadium sehr schmerzhaft sein, begleitet von Schwellung und Morgensteifigkeit, aber auch als wenig ausgeprägte, subakute migrierende Arthropathie ablaufen. Die Alphavirusarthritis hat eine gute Prognose, auch wenn Verläufe von
über 6 Monaten vorkommen.
Labordiagnostisch können in Deutschland nur wenige, auf Tropenkrankheiten spezialisierte Institute die spezifischen Antikörper- bzw. Virus-RNA-Nachweise durchführen.
Weitere Viren, die sehr selten Arthritis verursachen
7 Mumpsvirus
Bei einer Vielzahl weiterer Viren kann eine akute Infektion Arthralgien im Sinne einer Begleitreaktion, im Einzelfall auch selten eine Arthritis hervorrufen. So kann das 7 Mumpsvirus in den ersten
2 Wochen nach der Parotitis eine selbstlimitierende Arthritis verursachen, und auch verschiedene
Enteroviren (z. B. Echoviren) und auch Adenoviren konnten bei Arthritiden nachgewiesen werden.
Fazit für die Praxis
Die Labordiagnostik der reaktiven Arthritiden ist meistens aufwändig, und sie ist meistens auch
nur nach einer einen Verdacht begründenden Anamnese, einer gründlichen körperlichen Untersuchung sowie nach dem Ausschluss anderer entzündlich rheumatischer Erkrankungen erfolgreich.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. K. Hartung
Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Klinikum Bremerhaven Reinkenheide
Postbrookstraße 103, 27574 Bremerhaven
[email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
412 | Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Literatur
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Lyme-Borreliose; MiQ Qualitätsstandards in der mikrobiologisch-infektiologischen Diagnostik, Bd 12. Urban &
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Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 413
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sich wegen seit 3 Tagen bestehenden starken Schmerzen,
Schwellung und Rötung im Bereich des rechten Kniegelenks
in Ihrer Praxis vor. Zur Behandlung der RA erhält sie von Ihnen MTX und Low-dose-Prednisolon. Während Ihres Praxisurlaubs kam es zu einem akuten Krankheitsschub. Der konsultierte kassenärztliche Notdienst führte eine Punktion des
Kniegelenks mit Steroidinstillation durch. Was ist Ihre Verdachtsdiagnose?
Parovirus-B19-Infektion.
Bakterielle Gelenkinfektion.
Reaktive Arthritis bei viralem
Infekt.
Steroidmyopathie.
Lyme-Arthritis.
Ein 25-jähriger Patient stellt
sich mit seit 14 Tagen bestehender Monarthritis im linken
oberen Sprunggelenk in Ihrer Früharthritis-Sprechstunde
vor. Auf intensives Nachfragen
Ihrerseits erinnert er sich, vor
etwa 7 Wochen, nach dem Genuss von Miesmuscheln während eines Nordseeurlaubs, eine Gastroenteritis erlitten zu
haben. Bei Verdacht auf das
Vorliegen einer postenteritischen reaktiven Arthritis ist
welche der folgenden Untersuchungen am aussichtsreichsten?
Borrelienserologie.
Stuhlkultur auf Salmonellen.
Ein 28-jähriger Forstwirtschaftsstudent kehrt nach
einem Auslandspraktikum
in Australien zurück. Er klagt
über seit wenigen Tagen bestehendes hohes Fieber, Arthritiden der MCP- und PIP-Gelenke
sowie Schmerzen und Bewegungseinschränkung in den
Schultergelenken. Im Waldcamp habe es entsetzliche viele
Mücken gegeben und er sei
mehrfach gestochen worden.
Ihre Verdachtsdiagnose lautet:
Infektion durch Alphaviren
(vor allem Sindbis, Ross-River
oder Barmah-Forest-Virus).
Akute HIV-Infektion.
Röteln.
Parvovirus B19.
achweis von Clostridientoxin
N
im Stuhl.
Nachweis von Enterobakterien
mittels Synovialiskultur.
Serologische Untersuchung
auf Enterobakterien (Campylobacter, Salmonellen, Yersinien,
Shigellen).
Welche Aussage über vireninduzierte Arthritis trifft zu?
Alphavirus-Arthritis dauert
längstens 6 Wochen.
Hepatitis-B-Virus-Arthritis geht
typischerweise mit Kryoglobulinen einher.
Interferon kann bei Hepatitis C
eine Arthropathie auslösen.
Parvovirus-B19-IgM-Antikörper persistieren bis zu 18 Monate nach Infektion.
Die Arthritis bei Hepatitis B
tritt mit dem Abklingen des Ikterus auf.
Hinweis für Leser aus Österreich
Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen
Ärztekammer werden die auf CME.springer.de erworbenen CME-Punkte
hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt.
kute Hepatitis-B-Virus-InfekA
tion.
Infektionen durch welche Enterobakterien werden grundsätzlich antibiotisch behandelt?
Campylobacter.
Yersinien.
Tropheryma.
Shigellen.
Salmonellen.
Welche Aussage zur Labordiagnostik ist falsch?
Bei M. Whipple werden vorzugsweise histologische und
molekularbiologische Verfahren zum Nachweis von Tropheryma whippelii eingesetzt.
Die Posttestwahrscheinlichkeit ist abhängig von Sensitivität und Spezifität des Testverfahrens sowie von der Vortestwahrscheinlichkeit.
Posttestwahrscheinlichkeiten
von >70% haben die Serologien auf Enterobakterien- und
Chlamydien-induzierte Arthritis nur dann, wenn bei einer
Oligoarthritis gleichzeitig eine
entsprechende Infekthistorie
besteht.
Bei Patienten mit undifferenzierter Arthritis (asymmetrische Oligoarthritis) ohne eine
Infektanamnese beläuft sich
die Vortestwahrscheinlichkeit
für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis auf zwischen 50
und 80%.
Die Borrelienserologie sollte auch bei einer Posttestwahrscheinlichkeit von <75%
durchgeführt werden, da die
Umstände, dass die Borrelio-
se schwere Folgezustände hervorrufen kann und zweitens
gut antibiotisch behandelbar
ist, auch niedrigere Posttestwahrscheinlichkeiten rechtfertigen.
Welche Aussage zur Labordiagnostik trifft zu?
Bei Parvovirus-B19-Infektion
sollten primär nur die IgG-Antikörper bestimmt werden.
Die Diagnostik der Lyme-Arthritis fußt auf den 3 Testverfahren EIA (IgM- und IgG-Borrelienantikörper), Immunoblot mit gereinigten Antigenen
und Borrelien-Immunfluoreszenz in der Gelenkflüssigkeit.
Neisserien im Gelenk lassen
sich typischerweise als intraund extrazelluläre grampositive Diplokokken erkennen
und weisen auf eine Syphilis
hin.
Bei Patienten mit symmetrischer Polyarthritis ohne eine
Infektanamnese beläuft sich
die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer reaktiven Arthritis nur auf <5%,
wodurch sich das labordiagnostische Screening auf Erreger einer reaktiven Arthritis
wegen zu niedriger Posttestwahrscheinlichkeiten in der
Regel erübrigt.
Ein negatives HLA-B27 ist bei
der Bestätigung der Diagnose
einer reaktiven Arthritis in der
Regel hilfreich.
Die Interpretation einer positiven Borrelienserologie bedarf
einiger Vorkenntnisse. Welche
D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de
414 | Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007
CME
Aussage zur Borreliendiagnostik trifft zu?
Mit zunehmender Infektionsdauer sind mehr und mehr
Borrelien-spezifische Banden
im Borrelien-Immunoblot zu
erwarten.
Schon das Vorliegen einer positiven Borrelien-spezifischen
Bande im Immunoblot wird
als positiv gewertet.
Beim Vorliegen einer Lyme-Arthritis haben weniger als die
Hälfte der Patienten eine positive Borrelienserologie.
Borrelienantigene in Tests der
3. Generation bestehen aus
dem gesamten Antigenspektrum kultivierter Borrelien in
Form strukturell intakter Organismen.
Flagellinantikörper treten erst
spät im Verlauf einer Borrelieninfektion auf.
Welche Aussage zur Labordiagnostik ist korrekt?
Über 80% der Patienten mit
Chlamydien-induzierter Arthritis haben auch Chlamydien-bedingte urogenitale
Symptome.
Bei akuter Monarthritis, Fieber
und Kniegelenkerguss sollte
eine Kniegelenkpunktion erst
nach Vorliegen eines negativen oder niedrigtitrigen Antistreptolysintiters erfolgen.
Bei urogenitalen und pulmonalen Infektionszeichen sollte stets eine serologische Untersuchung auf Mykoplasmen,
Ureaplasmen und Streptokokken der Gruppe A vorgenommen werden.
ei Patienten mit dringendem
B
Verdacht auf eine Chlamydieninduzierte Arthritis ist die Untersuchung der ersten Portion
des Morgenurins mittels molekularbiologischer Methoden
auf Chlamydiengenom indiziert.
Ein positiver HLA-B27-Nachweis macht die Diagnose einer
Chlamydien-induzierten Arthritis unwahrscheinlich.
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Die postenteritische reaktive
Arthritis ist eine seltene Komplikation nach einer gastrointestinalen Infektion. Welche
Aussage zu den infektreaktiven
Arthritiden durch gastrointestinale Bakterien trifft zu?
Die Gelenksymptome treten
in aller Regel bereits während
des akuten Durchfalls auf.
Salmonellendiagnostik ist bei
Enteritis-bedingter reaktiver
Arthritis dann indiziert, wenn
ein Dauerausscheider identifiziert werden muss.
Die durch Tropheryma induzierte Arthritis ist in Deutschland die häufigste Enteritisbedingte reaktive Arthritis,
vor den reaktiven Arthritiden
durch Campylobacter und Salmonellen.
Der Nachweis von Clostridien
in der Stuhlkultur ist beweisend für das Vorliegen einer
pseudomembranösen Kolitis.
In den europäischen Ländern
mit hohem hygienischem
Standard sind Shigellen und
Lamblien häufig Auslöser reaktiver Arthritiden.
Zeitschrift für Rheumatologie 5 · 2007 | 415
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