Husten und Hämoptysen - Elsevier medical.net

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Husten und Hämoptysen
Ein 54-jähriger Postbote klagt über produktiven Husten mit bräunlichem Auswurf, der sich
seit zwei Monaten hartnäckig halte, sowie über eine neu aufgetretene, belastungsabhängige Atemnot, v.a. beim Treppensteigen.
Zielgruppe
Allgemeinmediziner, Internisten
Lernziele
• Symptomatik, Diagnostik, Einteilung und Therapie des Bronchialkarzinoms
• Auftreten und Pathophysiologie paraneoplastischer Syndrome
Autoren
Dr. med. Stefanie Ophoven
Universitätsklinikum Freiburg
PD Dr. med. Torben Pottgießer
Universitäts-Herzzentrum Freiburg
© 2012 Elsevier GmbH, München
Husten und Hämoptysen
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1. Anamnese
Ein 54-jähriger Postbote klagt über produktiven Husten mit bräunlichem Auswurf, der sich
seit zwei Monaten hartnäckig halte, sowie über eine neu aufgetretene, belastungsabhän­
gige Atemnot, v.a. beim Treppensteigen.
Außerdem habe er an Gewicht verloren. Wie viel wisse er nicht, aber mehrere Bekannte
hätten ihn bereits darauf angesprochen.
Gestern seien ihm Blutfäden im Sputum aufgefallen, die ihn so sehr beunruhigten, dass er
umgehend einen Termin in Ihrer Praxis vereinbart habe.
Dem Patienten wurde vor acht Jahren die Gallenblase entfernt. Ansonsten sei er immer
kerngesund gewesen. Er gibt an, seit seinem 16. Lebensjahr täglich ein Päckchen Zigaretten zu rauchen. Alkohol trinke er selten.
2. Untersuchungsbefund
Bei der körperlichen Untersuchung finden Sie, abgesehen von einem leicht reduzierten EZ
und AZ, keine Auffälligkeiten. Sie nehmen dem Patienten Blut ab, schreiben ein EKG und
lassen ein Röntgenbild des Thorax anfertigen.
Während die Laborbefunde und das EKG unauffällig sind, ergibt das Röntgen des Thorax
folgendes Bild (Abb. 1).
Abb. 1: Röntgen-Thorax mit Bronchialkarzinom mit großer Raumforderung links perihilär (Pfeil 1) und
kleinerer Raumforderung links apikal (Pfeil 2, z.B. Metastase).
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Radiologischen Universitätsklinik Freiburg.
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3. Fragen
1. Welche Verdachtsdiagnose stellen Sie? Welche Differenzialdiagnosen kommen i­ nfrage?
2. Sie weisen den Patienten ins Krankenhaus ein. Welche Basisdiagnostik sollten Ihre
Kollegen durchführen?
3. Wie wird die Erkrankung histologisch eingeteilt? Wie legt man das Tumorstadium fest?
4. Bei dem Patienten fällt ein Serumnatriumspiegel von 110 mmol/l bei hyperosmolarem
Urin (350 mosm/kg) auf. Was könnte die Ursache sein?
4. Verdachts- und Differenzialdiagnose
Die Symptome Husten, Belastungsdyspnoe, Hämoptysen und Gewichtsabnahme in Kombination mit der Raucheranamnese (fast 40 pack years) sprechen für ein Bronchialkarzinom.
Das Röntgenbild untermauert diese Verdachtsdiagnose.
5. Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommen bei Husten mit blutig tingiertem Auswurf in erster Linie
in Betracht
• eine Lungentuberkulose,
• eine Pneumonie und Bronchitis,
• Bronchiektasen,
• eine benigne Raumforderung der Lunge (z.B. Chondrom, Neurinom, Fibrom),
• Lungenmetastasen eines extrapulmonalen Malignoms sowie
• ein pulmorenales Syndrom: z.B. Goodpasture-Syndrom, Wegener-Granulomatose.
6. Merke
Das Bronchialkarzinom ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern und die
dritthäufigste bei Frauen (nach Brust- und Darmkrebs).
Es wird meist in fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert, da es keine Frühsymptome verursacht.
Jeder Husten, der länger als vier bis sechs Wochen andauert, sollte unverzüglich abgeklärt
werden. Dies gilt auch für einen veränderten Hustencharakter bei Patienten mit chronischem Husten, z.B. bei COPD.
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7. Diagnostisches Vorgehen
Folgende basisdiagnostische Maßnahmen sollten bei Verdacht auf ein Bronchialkarzinom
durchgeführt werden:
• Anamnese: Inkl. Frage nach Rauchen (wichtigster Risikofaktor), beruflicher Schadstoffexposition (für 9–15% der Fälle verantwortlich), Familienanamnese und B-Symptomen.
• Körperliche Untersuchung: Allgemeine internistische Untersuchung mit Fokussierung
auf die thorakalen Organe, Lymphknoten sowie klinische Zeichen eines fortgeschrittenen Erkrankungsstadiums, z.B. Heiserkeit bei Rekurrensparese, Horner-Syndrom
(Miosis, Ptosis und Enophthalmus) durch Infiltration des sympathischen Grenzstrangs,
Zwerchfellhochstand bei Phrenikusparese, obere Einflussstauung bei Vena-cava-superior-Syndrom und Läsionen des Plexus brachialis.
• Labordiagnostik: Blutbild, Elektrolyte, Gerinnung sowie Leber- und Nierenwerte. Die
routinemäßige Bestimmung von Tumormarkern (z.B. NSE, CEA, CYFRA) im Rahmen
der Primärdiagnostik wird wegen der eingeschränkten Sensitivität und Spezifität nicht
empfohlen.
• Röntgen-Thorax in zwei Ebenen (sofern noch nicht vorhanden): Verdächtig sind Rundherde, eine Mediastinalverbreiterung, Atelektasen oder Pleuraergüsse. Bei klinischem
Verdacht auf ein Bronchialkarzinom sollte unabhängig vom Befund eine weiterführende Diagnostik durchgeführt werden.
• Abdomen-Sonographie: Zur Metastasensuche (vor allem Leber und Nebennieren).
• CT-Thorax mit Kontrastmittel inkl. Oberbauchschnitte: Dient u.a. der Diagnose­
stellung und Lokalisationsdiagnostik vor einer weiterführenden invasiven Unter­
suchung.
• Bronchoskopie mit Probebiopsie: Wichtigstes Verfahren zur Diagnosesicherung. Abhängig von der Tumorlokalisation werden alternative Verfahren zur Histologiesicherung
eingesetzt, u.a. die Sputumzytologie, Nadelaspiration, Ultraschall- oder CT-gesteuerte
transthorakale Punktion, Mediastinoskopie oder Thorakoskopie.
Nach histologischer Sicherung eines malignen Lungenkarzinoms sind für die Feststellung
der anatomischen Ausbreitung (Staging) weitere Untersuchungen erforderlich (z.B. FDGPET/CT-Untersuchung, CT/MRT Schädel, Knochenszintigrafie, bronchiale oder ösopha­
geale ultraschallgesteuerte Punktionen).
8. Histologische Einteilung
Man unterscheidet das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC, small cell lung cancer)
vom nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC, non-small cell lung cancer), das wiederum in drei Untergruppen unterteilt wird (Tab. 1).
Tab. 1: Histologische Einteilung des Bronchialkarzinoms.
Histologie
Häufigkeit
Lokalisation
Metastasierung Rauchen als Risikofaktor
SCLC
Kleinzelliges Karzinom 15%
Meist zentral
Sehr früh
+++
NSCLC
Plattenepithelkarzinom 40%
Meist zentral
Früh
+++
NSCLC
Adenokarzinom
Meist peripher Spät
+
NSCLC
Großzelliges Karzinom 10%
Meist zentral
+++
35%
Früh
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9. Stadieneinteilung
Seit dem Jahr 2010 gilt die 7. Auflage der TNM-Klassifikation (Tab. 2), die zu einer Anpassung der Stadieneinteilung der UICC (Tab. 3) geführt hat (Sobin et al., 2009).
Tab. 2: TNM-Klassifikation des Bronchialkarzinoms (7. Auflage).
T
Ausdehnung Primärtumor
T1
Tumor ≤ 3 cm, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, Hauptbronchus bronchos­
kopisch frei
T1a
Läsion ≤ 2 cm
T1b
Läsion > 2 cm bis 3 cm
T2
Tumor > 3 cm ≤ 7 cm mit Befall von
T2
– Hauptbronchus ≥ 2 cm entfernt von Carina oder
T2
– viszerale Pleura infiltriert oder
T2
– Atelektase oder obstruktive Entzündung bis zum Hilus, aber nicht der ganzen Lunge
T2a
Läsion ≤ 5 cm
T2b
Läsion ≤ 7 cm
T3
T2-Tumor ≥ 7 cm
T3
Tumor jeder Größe mit Infiltration von Brustwand, Zwerchfell, mediastinaler Pleura, parietalem
Perikard
T3
Hauptbronchus ≤ 2 cm entfernt von Carina, Carina selbst frei
T3
Atelektase oder obstruktive Entzündung der ganzen Lunge
T3
getrennte Herde im gleichen Lungenlappen (ehem. T4)
T4
Tumor jeder Größe mit Infiltration von
T4
– Mediastinum, Herz, großen Gefäßen, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper oder Carina
T4
Tumorherde in anderen Lungenlappen ipsilateral (ehem. M1)
N
Regionäre Lymphknoten
Nx
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
N0
keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Metastasen in ipsilateralen peribronchialen Lymphknoten und/oder in ipsilateralen Hilus-Lymphknoten (einschließlich einer direkten Ausbreitung des Primärtumors)
N2
Metastasen in ipsilateralen, mediastinalen und/oder subkarinalen Lymphknoten
N3
Metastasen in kontralateralen mediastinalen, kontralateralen Hilus-, ipsi- oder kontralateralen Skalenus- oder supraklavikulären Lymphknoten
M
Fernmetastasen
M0
Keine Fernmetastasen
M1a
Tumorherde in der kontralateralen Lunge, Tumor mit malignem Pleurabefall
M1b
Fernmetastasen
Aus dem Resultat der TNM-Klassifikation leitet sich die Stadieneinteilung nach UICC
(Tab. 3) ab. Abhängig von der Größe des Primärtumors sowie der Lymphknoten- und Fernmetastasierung erfolgt die Zuordnung zu den Stadien 0, Ia, Ib, IIa, IIb, IIIa, IIIb oder IV.
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Da das SCLC zum Diagnosezeitpunkt meist schon fernmetastasiert ist, kann auch eine vereinfachte Stadieneinteilung verwendet werden. Man unterscheidet:
• very limited disease: T1-2, N0-1.
• limited disease: Tumor auf eine Thoraxhälfte beschränkt.
• extensive disease: Jede Tumorausbreitung, die über eine limited disease hinausgeht.
Tab. 3: Stadieneinteilung des Bronchialkarzinoms nach UICC (7. Auflage).
Okkultes Karzinom
Tx
N0
M0
Stadium 0
Tis
N0
M0
Stadium IA
T1a
N0
M0
T1b
N0
M0
Stadium IB
T2a
N0
M0
Stadium IIa
T1a
N1
M0
T1b
N1
M0
T2a
N1
M0
T2b
N0
M0
T2b
N1
M0
T3
N0
M0
T3 gleicher Lappen
N0
M0
T1
N2
M0
T2
N2
M0
T3
N1
M0
T3
N2
M0
T3 gleicher Lappen
N1
M0
T3 gleicher Lappen
N2
M0
T4 Ausdehnung
N0
M0
T4 Ausdehnung
N1
M0
T4 Herd ipsilateral*
N0
M0
T4 Herd ipsilateral*
N1
M0
T4 Ausdehnung
N2
M0
T4 Herd ipsilateral*
N2
M0
jedes T
N3
M0
jedes T
jedes N
M1a
jedes T
jedes N
M1b
Stadium IIB
Stadium IIIA
Stadium IIIB
Stadium IV
* Tumorherd ipsilateral im anderen Lungenlappen
Wie in der WHO-Klassifikation vorgegeben, werden die Grade der Differenzierung G1 (gut),
G2 (mäßig) und G3 (schlecht differenziert) für Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome
und adenosquamöse Karzinome verwendet. Dagegen werden kleinzellige und großzellige
Karzinome als G4 (undifferenziert) eingestuft.
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10. Fernmetastasen
Merke: Beim Bronchialkarzinom gibt es vier typische Lokalisationen für hämatogene
Fernmetastasen:
• Leber,
• Gehirn,
• Nebennieren und
• Knochen (bes. Wirbelsäule).
11. Therapie
Die Therapie erfolgt abhängig vom histologischen Befund und vom Tumorstadium in interdisziplinärer Absprache.
Da die Leitlinien sehr genau zwischen den einzelnen Tumorstadien differenzieren, sind die
Therapieempfehlungen komplex und können an dieser Stelle nur vereinfacht dargestellt
werden.
12. Therapie NSCLC
Beim NSCLC in den lokal begrenzten Stadien I, II und IIIA stellt die radikale Resektion
(i.d.R. Lobektomie) mit systematischer ipsilateraler Lymphknotendissektion als potenziell
kuratives Verfahren die Therapie der Wahl dar.
Voraussetzung ist eine ausreichende kardiopulmonale Reserve, was präoperativ durch eine
Lungenfunktionsdiagnostik und Spiroergometrie sichergestellt werden muss.
Patienten in den Stadien II bis IIIA in gutem Allgemeinzustand sollten adjuvant eine Cisplatin-haltige Chemotherapie erhalten.
Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose sind lediglich ein Drittel der Patienten operabel. Bei
­Inoperabilität, Ablehnung der OP sowie fortgeschrittenem Tumorstadium kommen Radiound Chemotherapieverfahren einzeln oder kombiniert zum Einsatz.
Zusätzlich können bei ausgewählten Patienten abhängig vom Rezeptor- und LigandenStatus der Tumorzellen neuere Substanzen eingesetzt werden, beispielsweise der VEGFAntikörper Bevacizumab bei Nicht-Plattenepithelkarzinomen (VEGF = vascular endothelial
growth factor).
13. Therapie SCLC
Für das SCLC besteht nur bei Vorliegen begrenzter Erkrankungsstadien (very limited- und
limited disease) ein kurativer Therapieansatz. Auf Grund der frühzeitigen hämatogenen
Fernmetastasierung liegt bei Diagnosestellung in 70-80% der Fälle bereits eine extensive
disease mit palliativen Therapiemöglichkeiten vor.
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Grundsätzlich ist das SCLC chemo- und strahlensensibel. Lediglich bei einer very limit­
ed disease wird eine primäre chirurgische Resektion mit adjuvanter Chemotherapie oder
alter­nativ eine neoadjuvante Chemotherapie mit anschließender Operation empfohlen.
Im Stadium limited disease gilt die kombinierte Strahlenchemotherapie als Standard­
behandlung. Wird dadurch eine Remission erreicht, sollte zusätzlich eine prophylaktische
Schädelbestrahlung durchgeführt werden.
Bei extensive disease wird primär eine Chemotherapie durchgeführt. Patienten mit Hirnmetastasierung sollten außerdem frühzeitig eine Schädelbestrahlung erhalten, außerdem
Patienten mit Remission nach Chemotherapie.
14. Palliative Therapie
Zusätzlich kommen sowohl beim NSCLC als auch beim SCLC palliative Therapieverfahren zum Einsatz, z.B. Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema, Gabe von Bisphosphonaten bei Knochenmetastasen, tracheobronchiale Stents, endobronchiale Lasertherapie.
15. Prognose
Die Prognose des Bronchialkarzinoms ist insgesamt schlecht. Entscheidend sind das
Tumor­stadium und die histologische Typisierung.
Beim NSCLC ist die Prognose deutlich besser als beim SCLC und bei lokal-begrenzten,
resektablen Tumoren ist sie deutlich besser als bei inoperablen Tumoren.
Merke: Symptome, die durch das Einwachsen des Tumors in Nachbarorgane hervorge­
rufen werden (z.B. Horner-Syndrom bei Infiltration des Ganglion stellatum), sprechen in
der Regel für eine infauste Prognose.
16. Hyponatriämie bei Bronchialkarzinom
Die wahrscheinlichste Ursache für die Hyponatriämie ist das Syndrom der inadäquaten
ADH-Sekretion (SIADH).
Es ist gekennzeichnet durch eine pathologisch erhöhte ADH-Produktion, die zu einer
Wasserretention und Verdünnungshyponatriämie führt. Im Labor imponiert ein erniedrigtes Serumnatrium bei hyperosmolarem Urin.
Die Symptome sind unspezifisch und reichen von Übelkeit und Kopfschmerzen bis zum
Koma.
Therapeutisch steht die Flüssigkeitsrestriktion an erster Stelle. Ein schweres, symptomatisches SIADH wird zusätzlich mit einer vorsichtigen intravenösen Gabe von hypertoner Kochsalzlösung. behandelt. Dabei darf der Serumnatriumspiegel um nicht mehr als
12 mmol in 24 Stunden angehoben werden, da eine zu schnelle Korrektur der Hyponatri­
ämie eine pontine Myelinolyse auslösen kann. Schleifendiuretika und ADH-Antagonisten
(in klinischer Erprobung) sind weitere therapeutische Optionen.
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17. Paraneoplastische Syndrome
Das SIADH gehört zu den paraneoplastischen Syndromen, die beim Lungenkarzinom in
ca. 10% der Fälle auftreten.
Sie sind tumor-assoziiert, werden aber nicht durch die lokale Wirkung des Tumors oder
seiner Metastasen hervorgerufen. Stattdessen gehen sie auf die Produktion von hormonähnlichen Substanzen, deren Sekretion typischerweise keinem physiologischen Regelkreis
unterliegt, oder auf Tumor-getriggerte Autoimmunreaktionen zurück. Besonders häufig
werden sie beim SCLC beobachtet, welches wahrscheinlich von endokrin aktiven Zellen
des APUD-Systems (Amine Precursor Uptake and Decarboxylation) ausgeht.
Am häufigsten sind paraneoplastische Endokrinopathien (neben SIADH z.B. Cushing-Syndrom durch ektope ACTH-Produktion und Hyperkalzämie durch Bildung eines Parathormon-ähnlichen Peptids) sowie Neuro- und Myopathien (z.B. Myasthenia gravis).
Die Symptome von paraneoplastischen Syndromen korrelieren nicht mit der Größe des
Primärtumors und können zeitlich vor der Diagnose des Grundleidens oder im Verlauf
auftreten. Das Auftreten erlaubt daher keine Aussage über die Prognose eines Bronchialkarzinoms.
18. Zusammenfassung
• Das Bronchialkarzinom stellt die häufigste Krebstodesursache bei Männern und die
dritthäufigste bei Frauen dar.
• Hauptrisikofaktor ist das inhalative Zigarettenrauchen.
• Die Kardinalsymptome sind Husten, Hämoptysen, Dyspnoe und Gewichtsabnahme.
• Paraneoplastische Syndrome treten beim Bronchialkarzinom in 10% der Fälle auf.
• Differenzialdiagnostisch ist v.a. an Lungenmetastasen, eine benigne Raumforderung
und eine Lungentuberkulose zu denken.
• Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind die Bronchoskopie mit Biopsie sowie
Röntgen- und CT-Thorax.
• Histologisch unterscheidet man zwischen dem kleinzelligen (SCLC) und dem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC).
• Die Therapie der Wahl ist in lokal-begrenzten Stadien primär chirurgisch (radikale Resektion und Lymphknotendissektion). Bei fortgeschrittenen Stadien, nicht resektablem
Tumor oder Inoperabilität werden Chemo- und/oder Radiotherapie eingesetzt. Zusätzlich stehen palliative Verfahren (z.B. tracheobronchiale Stents) zur Verfügung.
• Die Prognose ist insgesamt schlecht, da die Diagnose meist erst in fortgeschrittenen
Erkrankungsstadien gestellt wird. Dies gilt insbesondere für das SCLC, bei dem in 70–
80% der Fälle Fernmetastasen bei Diagnosestellung vorliegen.
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19. Literatur
1. Goeckenjan G et al.; Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms; Interdisziplinäre S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin und der Deutschen Krebsgesellschaft; Pneumologie 2010; 64: Supplement 2: e1–e164.
2. Spiro S et al.; Initial evaluation of the patient with lung cancer: Symptoms, signs, laboratory tests, and paraneoplastic syndromes. ACCP Evidenced-Based Clinical Practice
Guidelines. Chest 2007; 132: 149S–160S.
3. Wright G et al.; Surgery for non-small cell lung cancer: systematic review and metaanalysis of randomised controlled trials; Thorax. 2006 July; 61(7): 597–603.
4. Detterbeck FC, Boffa DJ, Tanoue LT. The new lung cancer staging system. Chest 2009;
136: 260–271.
5. Sobin LH, Gospodarowicz MK, Wittekind C. UICC. TNM Classification of Malignant
Tumours. 7th ed. Wiley-Blackwell, 2009.
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