Clostridienenteritis in der Neurologischen Frührehabilitation Dr. med. Daniel Kampfner Abteilung Neurologie und Neurologische Frührehabilitation Rheinhessen-Fachklinik Alzey Clostridium difficile • Grampositive, sporenbildende, anaerobe Stäbchenbakterien, die zur normalen Darmflora von Mensch und Tier gehören • 1935 erstmals in der Darmflora gesunder Neugeborener beschrieben Pathogenese • Nur toxigene Stämme krankheitsrelevant • Toxin A (Enterotoxin) und Toxin B (Zytotoxin) • Hypervirulente Stämme (z.B. Ribotyp 027): zusätzlich binäres Toxin Pathogenese • Infektion: Sporen fäkal/oral (nosokomial) • Wachstumsform entsteht während Magen/Darm-Passage (u.a. Gallen- säuren) • Auftreten der Erkrankung unter/nach antibiotischer oder antineoplastischer Therapie (Schädigung der Normalflora) Quelle: BBC.co.uk Klinik • Durchfälle und krampfartige Bauchschmerzen • Pseudomembranöse Colitis zusätzlich mit Fieber und Blut im Stuhl • Coloskopie: Pseudomembranen auf der Colonmukosa • Exsikkose • Elektrolytstörungen • Hypälbuminämie • Ileus, toxisches Megacolon, Perforation, Sepis Quelle: Wikipedia.org Epidemiologie • Häufigkeit von Clostridium difficile Infektionen nimmt weltweit zu • Deutschland ca. 5-20 / 100.000 • Nordamerika z.T. 100 / 100.000 • Rate an schweren Verläufen nimmt zu • Rate an Ribotyp 027 (hochvirulenter Epidemiestamm) nimmt zu Risikofaktoren • Hauptrisiko: Antibiotikatherapie • Hohe kolitogene Potenz: – Clindamycin, Chinolone, Cephalosporine, Amoxiclav • Niedrigere kolitogene Potenz: – Tetrazycline Risikofaktoren Protonenpumpenhemmer Alter > 60 Jahre (Kolonisationsresistenz sinkt) Grunderkrankungen des Magen-Darm-Traktes Diabetes mellitus/ Leber- / Nieren- / andere schwerwiegende Erkrankungen • Chirurgische Eingriffe am GI-Trakt • Krankenhausaufenthalt an sich ! • • • • Aquirierungsrisiko • Risiko steigt mit der Dauer des Aufenthaltes ! • Aquirierung: – Aufenthaltsdauer < 2 Wochen : 13 % > 4 Wochen : 50 % • Mittlere Aquirierungszeit: – 18.9 Tage – 3.2 Tage wenn Zimmernachbar CD + Folgen für die Rehabilitation Isolation des Patienten ◦ Geringere Einbindung in den Stationsalltag ◦ Reizverarmung ◦ Gefahr der Entwicklung oder Verschlechterung einer depressiven Symptomatik ◦ Erhöhtes Risiko der Stigmatisierung ◦ Subjektive Unzufriedenheit mit der medizinischen Versorgung möglich Erhöhter Aufwand in der pflegerischen Versorgung ◦ bei bereits sehr pflegeintensiven Patienten in der Phase B Einschränkung der therapeutischen Möglichkeiten ◦ Therapie erheblich (zeit)aufwendiger ◦ Therapie vorwiegend im Patientenzimmer ◦ Nicht alle Möglichkeiten ausschöpfbar Folgen für die Rehabilitation Verschlechterung des Allgemeinzustandes Erschwerte Diagnostik / Versorgung ◦ Isolationstransporte ◦ Isolationsbettenkapazität an kooperierenden Kliniken Keimübertragung innerhalb der Station Verlängerung des Aufenthalts Einschränkung der Verlegungsmöglichkeiten in weitere Rehabilitation Konsequenzen • 1. erhöhte Aufmerksamkeit / Diagnostik • Empfehlungen zur Diagnostik: alle Patienten mit wässriger Diarrhoe UND Krankenhausaufenthalt von 3 Tagen oder länger Alter > 60 Jahre Anamnestisch Antibiotikatherapie innerhalb der letzten 30 – 80 Tage Konsequenzen • 2. Prävention / Hygienemaßnahmen • Schulung des Personals über klinisches Bild und Übertragungswege und geeignete Hygienemaßnahmen • Konsequente Einhaltung und Überwachung der empfohlenen Maßnahmen (RKI-Empfehlungen) Konsequenzen • Wichtig: Händewaschung (zur Sporenbekämpfung) und Händedesinfektion • Einzelunterbringung bei inkontinenten Patienten (ggf. Zimmer mit eigener Nasszelle), ggf. Kohortenisolierung bei gleichem Erregertyp (für Dauer der Diarrhoe) • Schutzkittel, Einweghandschuhe • tägliche Wischdesinfektion der patientennahen Flächen / Reinigung mit sporozoiden Konsequenzen • 3. Aufklärung des Patienten und seiner Angehörigen – Bereits bei Aufnahme – Beim Eintreten einer Infektion Therapie • wenn möglich: Absetzen des auslösenden Antibiotikums • (bei 15 – 23 % klingen die Symptome anschließend ohne weitere Therapie innerhalb von 2 – 3 Tagen ab) Risikostratifizierte Therapie • Leicht: – Metronidazol oral 4 x 400 mg/d für 10 d • Schwer: – bei Fieber, Leukozytose, Hypalbuminämie – Bei zus. Risikofaktoren (>65J, Immunsupp., schwere Komorbidität) – Vancomycin oral 4 x 125 mg/d für 14 d – Fidaxomicin 2 x 200 mg/d für 10 d Risikostratifizierte Therapie • Rezidiv: – Wiederauftreten innerhalb von 2 Monaten – Metronidazol 4 x 400 mg/d für 10 d PLUS – Vancomycin 4 x 500 mg/d für 14 d 4 x 250 mg/d für 14 d 4 x 125 mg/d für 14 d - Fidaxomicin 2 x 200 mg/d für 10 d Risikostratifizierte Therapie • Kompliziert: – Lebensbedrohliche Erkrankung mit intensivmedizinisch-chirurgischer Betreuung – Toxisches Megakolon, Ileus, Perforation, Peritonitis – Metronidazol i.v. 3 x 500 mg/d – Vancomycin 4 x 500 mg/d oral, ggf. retrograde Applikation – Ggf. chirurgische Entfernung des geschädigten Darmabschnittes Mikrobiomtransfer • Stuhlübertragung, z.B. Koloskopisch • Individueller Heilversuch bei therapierefraktärer CDAD • Bei Rezidivpatienten der konventionellen therapie bzgl. Therapieansprechen und Rezidivfreiheit in Studien überlegen (van Nood et al.:Doudenal infusion of donor feces for recurrent Clostridium difficile. N Engl J Med 2013; 368: 407-15) • Meist Familienmitglieder als Spender, Kosten ca. 2000 € Erfolge • Niedrigere Rate an CDAD durch: – gezielten AB-Einsatz – rasche Diagnostik – Konsequente Therapie – Halbierung von der Rate an CDAD in der neurologischen Frühreha von 2014 auf 2015