Werbung für Glücksspiel nach der Werberichtlinie zum Glücksspielstaatsvertrag Im Zuge der Revision des Glücksspielstaatsvertrages von 2011 (GlüStV, in Kraft getreten am 1. Juli 2012) haben die Bundesländer erstmals das Werbeverbot für Glücksspiel im Internet gelockert und die Kriterien für eine erlaubte Werbung im Internet detailliert geregelt. Die Einzelheiten dazu finden sich in der sogenannten Werberichtlinie, mit der die Länder gemeinsame Kriterien für Art und Umfang der nach dem Glücksspielstaatsvertrag erlaubten Werbung und das dabei zu beachtende Genehmigungsverfahren festgelegt haben. Mit dem „Whitepaper Werbung für Glücksspiel nach der Werberichtlinie zum Glücksspielstaatsvertrag“ bietet das Forum Medien- und Netzpolitik zusammen mit dem OnlineVermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. eine erste Übersicht zu den neuen, in Deutschland zu berücksichtigenden Regeln für die Genehmigung, Gestaltung und Schaltung von Werbung für legale Glücksspielangebote auf Internetseiten und im Fernsehen. Das Whitepaper richtet sich an Dienstleister, die im Auftrag der Veranstalter oder Vermittler von Glücksspiel für diese Werbung gestalten, kommunizieren und/oder vermarkten. Inhaltsübersicht 1. Anwendbarkeit der Werberichtlinie 2. Zulässige und unerlaubte Werbung 3. Erlaubte Werbekanäle 4. Ergänzende Pflichthinweise 5. Genehmigungsverfahren für Werbung 6. Sponsoring genehmigungsfrei erlaubt 7. Problem mit Verfahren und Genehmigungspraxis 8. Was passiert bei Verstößen gegen die erteilte Genehmigung? 9. Verhältnis der Werberichtlinie zu anderen Gesetzen und Regeln 1. Anwendbarkeit der Werberichtlinie Mit der am 1. Februar 2013 in Kraft getretenen Werberichtlinie konkretisieren die für diese Rechtsmaterie zuständigen Bundesländer die allgemeinen Vorgaben, die der Glücksspielstaatsvertrag hinsichtlich Art und Umfang erlaubter Werbung in § 5 GlüStV macht. Nachdem auch Schleswig-Holstein dem Glücksspielstaatsvertrag beigetreten ist, gelten die Regelungen der Werberichtlinie in allen Bundesländern. Damit ist eine einheitliche Anwendung dieser Regeln für die Werbewirtschaft gegeben. 2. Zulässige und unerlaubte Werbung Inhaltlich gilt die Werberichtlinie für alle Formen von Werbung bei öffentlichem Glücksspiel, das dem Glücksspielstaatsvertrag unterfällt. Während jedoch Werbung für unerlaubtes Glücksspiel – wie bisher auch – verboten bleibt, eröffnet die Werberichtlinie die Möglichkeit von Werbung für erlaubtes Glückspiel in bestimmten Grenzen. Diese Grenzen werden zunächst durch die übergeordneten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages (§ 1 GlüStV) gezogen – nämlich die der Bekämpfung der Glücksspielsucht, der Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs, des Jugend- und Spielerschutzes sowie des Schutzes vor Betrug und Manipulation. Seite 1 Diese übergeordneten Ziele konkretisiert die Werberichtlinie durch einen Katalog detaillierter Werbeverbote (§ 4 WerbeRL). Danach ist auch Werbung für öffentliches und damit legales Glücksspiel verboten, soweit sie sich an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richtet sie irreführend ist, insbesondere unzutreffende Aussagen über die Gewinnchancen oder Art und Höhe der Gewinne und/oder über die angebotenen Glücksspiele enthält sie in ausschließlicher und einseitiger Weise den Nutzen des Glücksspiels betont sie gleichzeitig für unerlaubtes Glücksspiel wirbt sie vorspiegelt, dass Glücksspiel eine vernünftige Strategie sein könnte, um die finanzielle Situation zu verbessern sie vermittelt, dass Glücksspiel misslichen Lagen, insbesondere finanziellen Schwierigkeiten, sozialen Problemen und psychosozialen Konflikten, entgegenwirken kann sie ermutigt/suggeriert, Verluste zurückgewinnen zu wollen/können oder Gewinne wieder zu investieren sie den Zufallscharakter des Glücksspiels unangemessen darstellt sie den Verzicht auf Glücksspiel abwertend erscheinen lässt bzw. vermittelt, die Teilnahme an Glücksspielen fördere den eigenen sozialen Erfolg bzw. eigenes Ansehen sie das Glücksspiel als Gut des täglichen Lebens erscheinen lässt. Soweit Werbung nicht gegen diese Verbote verstößt, das Gefährdungspotential der einzelnen Glücksspiele berücksichtigt und nur für zugelassene und damit legale Glücksspielanbieter oder -produkte geworben wird, ist eine Werbung nach § 3 WerbeRL auch zulässig. Dabei kann die Werbung Informationen über das Unternehmen, Spielangebote und –regeln sowie Änderungen des Glücksspielangebots oder des Vertriebswegs enthalten. Zulässig ist in diesem Zusammenhang auch Imagewerbung für das Unternehmen (Glücksspielanbieter) oder Dachmarkenwerbung, soweit unter derselben Dachmarke nicht auch illegale Glücksspiele angeboten werden. 3. Erlaubte Werbekanäle – Internet und TV Abgesehen von den vorgenannten inhaltlichen Vorgaben zulässiger Werbung erlaubt die Werberichtlinie nun die Kommunikation der Werbung über die Kanäle Internet und TV. Diese Privilegierung gilt allerdings nur Lotterien, Sport- und Pferdewetten. Werbung für andere Glücksspielarten wie Poker, Automaten- oder Casinospiele werden davon nicht erfasst. Allerdings darf nur dann über diese privilegierten Kommunikationskanäle geworben werden, wenn dafür vorab eine Genehmigung eingeholt wurde. 4. Ergänzende Pflichthinweise Zusätzlich zu den genannten Voraussetzungen zulässiger Werbung gelten auch eine Reihe von Hinweispflichten nach § 13 WerbeRL. Die Werbung muss demnach über Suchtrisiken, das Teilnahmeverbot Minderjähriger sowie die Möglichkeiten zur (rechtlichen, pädagogischen, sozialen und/oder psychologischen o. Ä.) Beratung bzw. Therapie aufklären. Dies gilt nicht im Fall von Lotterien mit geringem Gefährdungspotential (u. a. gemeinnützige Lotterien) sowie für Image- und Dachmarkenwerbung, also Werbung ohne Nennung Seite 2 konkreter Glücksspielprodukte. Zwingend sind dagegen Informationen über Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust, soweit der Höchstgewinn benannt wird. die 5. Genehmigungsverfahren für Werbung Um erlaubt und dann über die privilegierten Kommunikationswege Internet und TV geschaltet werden zu können, muss die Werbung vorab von der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde genehmigt worden sein. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht hier in § 9a GlüStV ein ländereinheitliches Verfahren vor, wonach die Erlaubnis für Werbung bei Lotterien und Sportwetten im Internet und im Fernsehen die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen erteilt. Gemäß § 14 WerbeRL kann eine solche Erlaubnis für Werbung in Internet und TV nur erteilt werden, wenn die von einem Unternehmen geplanten Werbemaßnahmen – einzeln oder in Form eines Werbekonzepts – zuvor einer inhaltlichen Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde und das Glücksspielkollegium unterworfen wurden. In der Praxis erfolgt zwischen diesen beiden Gremien eine Arbeitsteilung dahingehend, dass die Genehmigungsbehörde (Glücksspielaufsichtsbehörde NRW) einen Entwurf für die beantragte Erlaubnis erstellt, der anschließend inhaltlich durch das Glücksspielkollegium beraten wird, das einmal monatlich tagt. Die finale Erlaubnis wird dann wiederum durch die Glücksspielaufsichtsbehörde NRW als genehmigende Behörde erteilt. 6. Sponsoring genehmigungsfrei erlaubt Eine Ausnahme von der genannten Genehmigungspflicht gilt nach § 1 Abs. 3 WerbRL für das TV-Sponsoring, das genehmigungsfrei betrieben werden kann und damit nicht von der Werberichtlinie erfasst wird. Von der Werberichtlinie ausgenommen sind auch redaktionelle Medieninhalte außerhalb von Dauerwerbesendungen. Einschränkend sollte hier jedoch eine aktuelle Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs beachtet werden. Danach kann Glücksspielsponsoring nämlich durchaus als unerlaubte Werbung einzuordnen sein, wenn die Sponsoringhinweise so ausgestaltet sind, dass sie zum Glücksspiel motivieren und Anreize dafür setzen. 7. Probleme mit Verfahren und Genehmigungspraxis Im Vorfeld des Inkrafttretens der Werberichtlinie wurde das Genehmigungsverfahren nach § 14 und insbesondere § 14 Abs. 2 WerbeRL als zu aufwendig und für die Praxis ungeeignet kritisiert. Dies insbesondere, weil die Unternehmen die für die Genehmigung eines Werbekonzepts erforderlichen Informationen praktisch nicht beibringen könnten, da Inhalte, Dauer und Häufigkeit von Werbemaßnahmen gerade bei Werbeschaltungen in Internet und TV auf lange Sicht vorab nicht bekannt bzw. vorauszusehen seien. Ob diese Kritik berechtigt ist, muss sich in der (Genehmigungs-) Praxis noch erweisen. Bislang (Stand Juni 2013) sind allerdings mit Beispielen unterlegte Werbekonzepte erfolgreich zur Genehmigung vorgelegt worden, ohne dass der Nachweis bzw. die lückenlose Auflistung aller darin enthaltenen Werbemaßnahmen erforderlich war. Darüber hinaus hat die Genehmigungsbehörde bei geplanter TV-Werbung die Visualisierung der geplanten Werbespots mittels eines Storyboards verlangt. Die einzelnen Werbespots wiederum mussten bislang nicht vorab zur Genehmigung vorgelegt werden – womit die Seite 3 Genehmigungsbehörde wohl auch dem bereits in der Diskussion um die Werberichtlinie laut gewordenen Vorwurf der Zensur begegnen wollte bzw. will. Hinsichtlich der Dauer der erteilten Genehmigungen wird deutlich, dass Werbeerlaubnisse für Internet und TV zunächst für zwei Jahre, bei Social Media dagegen nur für ein Jahr erteilt werden. Wie sich die Genehmigungspraxis in Zukunft gestalten wird, kann derzeit also nicht abschließend bewertet werden. Da bereits erste Klagen anhängig sind, wird die Beantwortung dieser Frage auch von den noch zu erwartenden Urteilen zur Genehmigungspraxis abhängig sein. 8. Was passiert bei Verstößen gegen die erteilte Genehmigung? Hier muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen dem Verhältnis der Genehmigungsbehörde zu dem Antragsteller (Außenverhältnis) sowie dem Verhältnis des Antragstellers zu den Dienstleistern, die die Werbemaßnahmen planen und umsetzen (Innenverhältnis). Im Verhältnis zur genehmigenden Stelle haftet immer derjenige, dem die verwaltungsrechtliche Genehmigung erteilt wurde – also in der Regel jener, der als Veranstalter oder Vermittler öffentlicher Glücksspiele die Werbung in Auftrag gibt. Im davon zu unterscheidenden Innenverhältnis ist die Haftung zivilrechtlich und richtet sich nach den von den Beteiligten geschlossenen Verträgen – also denen des Werbungtreibenden als Auftraggeber mit den verschiedenen Dienstleistern, die für die Umsetzung der Werbemaßnahmen eingesetzt werden. Kommt es hier zu Verstößen gegen die erteilte Erlaubnis, sind diese dann dem Antragsteller und Erlaubnishalter zuzurechnen, der dafür gegenüber der Genehmigungsbehörde haftet. 9. Verhältnis der Werberichtlinie zu anderen Gesetzen sowie den Regeln des Deutschen Werberats Die Werberichtlinie regelt nur das Verhältnis der werbenden Veranstalter oder Vermittler von öffentlichem Glücksspiel zu den zuständigen Aufsichtsbehörden der Bundesländer. Davon unberührt bleiben damit eine Reihe weiterer Regelungen wie datenschutzrechtliche Vorgaben, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Jugendschutzgesetz (JuSchG), der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) sowie die Werberichtlinien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Landesmedienanstalten. Die Vorgaben der Richtlinie haben auch keinen Einfluss auf die Regeln des Deutschen Werberats über die kommerzielle Kommunikation für Glücksspiele. Damit bleibt auch die Möglichkeit bestehen, parallel zu den von der Richtlinie beschriebenen Beschwerdeverfahren den Deutschen Werberat anzurufen. Autoren Dr. Joachim Jobi Rechtsanwalt und Leiter Medien- und Netzpolitik beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Matthias Wahl Sprecher der Geschäftsführung der OMS Vermarktungs GmbH & Co. KG, stv. Vorsitzender des Online-Vermarkterkreises im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seite 4