Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Zentrum für Soziale Psychiatrie Krisenintervention stationär KIZ Arbeit als Ressource in der Krisenintervention Konrad Hitz 16.04.2015 Definition Arbeit (Michael Frese, ist ein deutscher Psychologe. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der Arbeits- und Organisationspsychologie) ist die bewusste und zielgerichtete, gesellschaftlich organisierte Produktion von materiellen und ideellen Gütern mit Hilfe des Gebrauchs und der Entwicklung von Werkzeugen. Die bewusste und zielgerichtete Aktivität erfordert die Einheit von Planung und Ausführung, von Denken und Tun. Braucht Handlungsspielräume zur Verfügung, änderbare Arbeitsbedingungen und Ressourcen. Seite 2 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Sozialpsychiatrische Charakteristika • Orientierung an Bedürfnissen und Werten der Patienten • Selbstbestimmung • Informationsfluss, gemeinsames Entscheiden • Transparenz Seite 3 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Sozialpsychiatrische Charakteristika (II) • • • • Seite 4 Gemeindenähe Lebensqualität Integration daraus folgend: ambulant vor teilstationär vor stationär Umstrukturierung zu Gunsten ambulanter, teilstationärer und kurzzeitstationärer Angebote 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Krise (κρίσις) Eine mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation. Arbeit: hohe Stressbedingungen – fehlende Ressourcen Seite 5 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Krisenintervention Die Krise, deren Auslöser und die Bewältigung der aktuell schwierigen Situation stehen im Mittelpunkt der Beratung/Betreuung/Behandlung. Arbeit als Ressource. Seite 6 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Definition von Krise - Möglichkeit der Anpassungsfähigkeit an eine gegebene Situation nicht mehr gegeben - Ressourcenverlust - psychische Störung - Soziale «drift hypothese» (Auffangbecken) (Kohn et al, Social class and schizophrenie: A critical review a nd a reformation. Schizophrenia Bulletin, 1973, S. 60-79), verminderte Ressourcen (Geld, Wohnverhältnisse) und Selbstwert/Bildung versus Arbeitsbelastung und –stress bzw. Arbeitslosigkeit USA: 47,3 % untersten Schicht psychisch beeinträchtigt versus 12 % in der höheren Schicht (Scrole et al.; Mental health in the Metropolis, New York 1962) Seite 7 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ KIZ stationär 10 Betten 2 Einzelzimmer, 4 Doppelzimmer Rund um die Uhr offene Abteilung Träger der telefonischen Beratung mit ca. 5000 Kontakten 2013 • Eigene Küche • max. fünf Tage stationäre Behandlung • ca. 650 Aufnahmen im Jahr • • • • Seite 8 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ KIZ Zürich: Team - 1 Oberarzt 1 pflegerische Betriebsleiterin mit 1 Stellvertreterin 2 Assistenzärztinnen stationär 1 Psychotherapeutin 10 Teilzeitpflegekräfte 1 Sozialarbeiter 1 Köchin/Koch 6 Psychologie-Studentinnen als Pflegehelferinnen 1 Psychologiepraktikantin Seite 9 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Vorgehen Jede Krise ist eine Chance! Kontaktangebot / Beziehungsaufbau Bearbeitung gescheiterter Bewältigungsversuche Beziehungswiederherstellung / Kontakt Arbeitgeber Alternative Lösungen entwickeln für aktuelle und künftige Krise(n) • Triangularisierung • Psychotherapeutisches Handwerk im Rahmen der Möglichkeiten • Medikamentöse Behandlung • • • • • Seite 10 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Manchmal unkonventionell Seite 11 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Warum kurzzeitstationär? Eine Distanzierung von Suizidalität erfolgt in 6880 % der Fälle in weniger als 2 Tagen und in 9099 % in weniger als 10 Tagen. Seite 12 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Praktisches Vorgehen im KIZ • Meist telefonische Kontaktaufnahme (Patient/Behandler/Angehörige) • Entscheidung über KIZ-Modalität oder Triage • Dokumentation jedes Telefonates • Eintrittsgespräch/ Erstgespräch (Pflege o. Arzt) • Bedürfnisorientierte Entscheidung über weiteres Vorgehen • Schichtverantwortlichkeit • Bearbeitung des aktuellen Problemkreises • Keine Austritte „ins Leere“ Seite 13 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Kennzahlen KIZ stationär • • • • 651 Aufnahmen im Jahr 2012 429 (66 %) Frauen, 222 (34 %) Männer 54% zum ersten Mal in Behandlung der Klinik Stationäre Weiterbehandlung in 6% der Fälle Seite 14 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Diagnoseverteilung KIZ stationär 40 33.9 35 30 25 20 20 15.5 15 15 10 5 0.4 3.2 0.6 0.4 0.8 F7 F9 0 F0 Seite 15 F1 F2 F3 F4 F5 F6 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Universelle Themen in der Krisenintervention I - (Selbst-)Kompetenz: was tut mir wann gut, was hat mir früher in ähnlichen Situationen geholfen (Wissen/Fähigkeiten) / Arbeit: Fähigkeiten - Selbstkontrolle/Orientierung: ich kann mein Befinden beeinflussen, rechtzeitig intervenieren, Veränderung bewirken / Arbeit: Veränderung Seite 16 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Universelle Themen in der Krisenintervention II - Sinnfindung durch die Krisensituation: Krise kann Weg zur Veränderung anbahnen, Aufgreifen/Verändern/Anpassen von Ressourcen, Loslösung/Trennung / Arbeit: Sinnfindung in der Arbeit - Soziale Unterstützung: (Re-) Aktivieren von Unterstützung, emotionale Unterstützung, Verständnis, Solidarität / Arbeit: Solidarität unter Arbeitskollegen – für einander einspringen, «abgeben» können, ein «offenes Ohr» anbieten Seite 17 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Wichtig - Möglichkeit momentane Lebens/Umgebungssituation veränderbar gestalten zu können Soziale Kontakte ermöglichen Minimale, «basic» externe Struktur mit regelmässigen Mahlzeiten, ausreichend trinken Gemeinsames Verständnis von «was eigentlich passiert ist» - aushalten versus verändern Gefühl vermittelt bekommen, verstanden zu werden Arbeit kann Teil von den erwähnten Punkten sein / bieten Seite 18 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ -Intervention - Situation an sich kann nicht verändert werden (wenige Ausnahmen) Individuellen Handlungsspielraum erhöhen Kompetenz erhöhen Seite 19 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Facts Arbeit I - Konkrete Angst vor der Arbeitslosigkeit hat ähnliche Effekte wie Arbeitslosigkeit (Pelzmann, LVZewell, E., Antizipation von Arbeitslosigkeit, in : Kieselbach/Wacker, 1985) - «Schon die Angst vor der Entlassung kann tödlich enden» (Relationship of suicide rates to economic variables in Europe: 2000-2011, Fountoulakis KN, Kawohl W. et al., Br J Psychiatry. 2014 Dec;205(6):486-96. doi: 10.1192/bjp.bp.114.147454. Epub 2014 Oct 30. - Nach sechs bis 12 Monaten Arbeitslosigkeit nehmen psychische Erkrankungen zu (Bosch G., Arbeitsmarkt, Kittner, Gewerkschaftsjahrbuch 1987, Köln 1987) Seite 20 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Facts Arbeit II - Verlust von finanziellen Ressourcen - Enttäuschte Hoffnung auf baldige Wiedereinstellung kann demotivieren - Hohe “Joborientierung” (hohe Wertschätzung für bezahlte Arbeit) zeigen höhere Schwierigkeiten – nicht gleich Arbeitsorientierung (Arbeit wegen inhaltlicher Aspekte) - Andere Inhalte währten Arbeitslosigkeit helfen (politisch, gewerkschaftlich, karitativ), soziale und emotionale Unterstützung ebenso (Michael Frese, München) Seite 21 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Widerspruch Wie kann Fehlen von Arbeit zu demselben Ergebnis führen wie die Arbeit selber Seite 22 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ Prinzip Wenn die Arbeitssituation nur geringfügig veränderbar ist, ist der Einfluss der Arbeitsbedingungen auf die Entwicklung von psychischen Störungen vermutlich höher. Bei mehr Einfluss auf die Arbeitssituation werden Persönlichkeitsfaktoren ausschlaggebend auf psychische Störungen. Seite 23 16.04.2015, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Soziale Psychiatrie, Krisenintervention stationär KIZ