Les Cours Etoilées - Unimail Neuchâtel - Schweiz 1993

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Les Cours Etoilées - Unimail Neuchâtel - Schweiz
1993-2001
Bericht zum Projekt - Dr. Lukas Labhardt, Astronom, Basel, August 2001
Sternbilder
Die Sterne sind am Himmel zufällig, aber nicht gleichförmig verteilt. Das Auge
neigt natürlicherweise dazu, Muster zu suchen und somit die hellsten Sterne am
Himmel zu gruppieren. Tatsächlich erfanden sämtliche Gesellschaften überall auf der
Erde solche Gruppierungen oder Sternbilder.
Zur Orientierung am nächtlichen Sternenhimmel belegten unsere Vorfahren die
vom Betrachter und der Betrachterin aus gesehene figürliche Anordnung der Fixsterne
mit Namen von mythischen Personen, von Tieren und Gegenständen. Ihrem
geographischen Standort und kulturellen Hintergrund entsprechend fassten z.B. die
alten Aegypter, die Chinesen, die Griechen oder die Ureinwohner Amerikas die gut
sichtbaren Fixsterne zu jeweils ganz anderen Konstellationen zusammen. Die heute
verwendeten Namen von Sternbildern sind grundsätzlich westlichen Ursprungs. Zum
grossen Teil sind die Bezeichnungen aus der mesopotamischen Tradition und der
griechischen Sagenwelt bis heute erhalten geblieben und werden weiterhin benutzt,
wie z.B. Perseus oder Herkules. Der von den Griechen nicht gesehene Südhimmel
wurde erst viel später, zur Zeit der grossen Entdeckungen, in verschiedene Sternbilder
eingeteilt, die u.a. damals moderne Namen wie Luftpumpe oder Fernrohr erhielten.
Die Internationale Astronomische Union legte 1930 die Begrenzung der heute
verwendeten 88 Sternbilder (26 am Nordhimmel, 12 im Tierkreis, 50 am Südhimmel)
präzis fest und vereinheitlichte die Namensgebung.
Sternbilder haben keine reale Bedeutung, da sie sich lediglich aus dem
Projektionseffekt der von uns unterschiedlich weit entfernten Sterne an der
Himmelssphäre ergeben.
Sternnamen und Sternhelligkeiten
An der gesamten Himmelssphäre sind mit blossem Auge bis zu 8000 Sterne zu
sehen. Etwa die hellsten 2000 tragen immer noch Eigennamen, die aus den
verschiedensten Kulturen und Sprachen stammen. Der weitaus grösste Teil dieser
Sternnamen sind arabischen Ursprungs.
Die allermeisten der mit blossem Auge sichtbaren Sterne tragen Bezeichnungen, die
eine Kombination von entweder griechischen Buchstaben oder Nummern mit der
Genitivform des lateinischen Sternbildnamens sind. So heisst der zweithellste Stern im
Sternbild Drachen Alwaid oder ß Dra = ß Draconis.
Eines der Hauptkriterien zur Identifikation von Sternen ist ihre Helligkeit. Der
griechische Astronom Hipparchos teilte die Sterne des damals besten Sternkatalogs in
sechs Stufen ein, die Grössenklassen oder Magnituden genannt werden. Die
allerhellsten Sterne gehören der ersten Klasse an. Sterne fünfter und sechster
Grössenklasse sind nur in einer mondlosen Nacht und weit entfernt von den Lichtern
der Zivilisation gerade noch mit blossem Auge zu erkennen. Je schwächer die
Grössenklasse, umso mehr Sterne finden sich in ihr.
Vorgaben des Projekts
Beim Projekt von Masé & Rösch geht es um die massstabsgetreue Abbildung
eines grossen Streifens der Himmelssphäre auf den Boden der Innenhöfe. Der von den
KünstlerInnen gewählte Ausschnitt ist so orientiert, dass der Himmelsnordpol an den
Südrand des Westhofs, der Südpol an den Nordrand des Osthofs, und die Gegend des
Aequators um das Sternbild Orion in die Mitte der Hofanlage zu liegen kommen. Die
Abbildung umfasst die hellsten Sterne, Verbindungslinien der Sternbilder und ein
dichtes Gradnetz.
Grundlage der ursprünglichen Wettbewerbseingabe war die von W. Tirion weiss
auf schwarz gezeichnete Sternkarte mit den Konstellationen und dem in der Astronomie
üblichen Koordinatennetz in Rektaszension und Deklination (entsprechend Längen- und
Breitengraden), vollständig bis etwa zur 4.5 Grössenklasse, welche auf Seite 68 des
Cambridge Star Atlas 2000.0 (Cambridge 1991) zu finden ist.
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Umsetzung des Projekts
Die Abbildung der Himmelssphäre in die Ebene geschieht mit einem
kartographischen Entwurf. Im vorliegenden Fall ist der Entwurf flächentreu (also weder
winkel- noch abstandtreu) und azimutal (als Spezialfall der echten Kegelentwürfe).
Dieser nicht-perspektivische Entwurf geht auf J.H. Lambert (1728-1777) zurück und hat
die Eigenschaften, dass
• die Sterndichte pro Flächeneinheit von der Projektion unverzerrt
wiedergegeben wird;
• die Breitenkreise (Orte konstanter Deklination) als konzentrische Kleinkreise
um den Pol so abgebildet werden, dass deren Radius von 90° (= Pol) zu 0°
(= Aequator) nicht linear zunimmt. Dies führt zur zunehmenden Verdichtung
der Deklinationskreise in Aequatornähe;
• die Meridiane als Geraden durch den Pol abgebildet werden, was die hohe
Liniendichte in Polnähe erklärt.
Die künstlerisch inspirierte Sternkarte in Les Cours Etoilées ist die Abbildung
eines Ausschnitts des Sternenhimmels, wie er allerdings nur zum Teil von Neuenburg
aus tatsächlich beobachtet werden kann. Die den Nordpol mit dem Südpol verbindende
Gerade entspricht dem Meridian mit der Rektaszension 6h. Der im Ost- und im Westhof
abgebildete rechteckförmige Streifen wurde so gewählt, dass er den galaktischen
Aequator enthält. Dieser folgt dem Band der Milchstrasse, das sich in dunklen Nächten
dem blossem Auge als schwach leuchtende, diffuse Wolkenstruktur am Firmament
zeigt. Er wurde nicht mitabgebildet. In der helligkeitsbegrenzten Auswahl der in Les
Cours Etoilées abgebildeten Sterne ist das Band der Milchstrasse überhaupt nicht als
solches erkennbar. Es zieht sich am Nordhimmel vom Schwan über Cassiopeia zum
Fuhrmann und setzt sich an der Südhemisphäre durch die Konstellationen Segel, Kreuz
des Südens, Altar bis zum Schild fort.
Um die grossflächige Abbildung präzis zu realisieren, mussten die
Sternpositionen auf Bogensekunden genau vorgegeben werden. Das für die Umsetzung
gewählte Sterneninventar wird durch den Verlauf der Hofbegrenzung beschränkt und
umfasst total 450 Sterne heller als 5.2te Grössenklasse. Für die elektronischen
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Datenbeschaffung und Selektion der im abzubildenden Himmelsausschnitt liegenden
Sterne benutzten wir den Katalog des „Centre des Données Astronomique de
Strasbourg“. Die auf das Aequinoktium 2000.0 bezogenen Himmelskoordinaten
mussten für die Abbildung im Innenhof in rechtwinklige Positionsangaben umgerechnet
werden. Die scheinbare visuelle Helligkeit der Sterne wurde in sechs Klassen eingeteilt
und jeder dieser Klassen ein Scheibendurchmesser zwischen 20cm und 120cm
zugeordnet.
Damit ergab sich folgende Aufteilung:
Helligkeitsbereich
Skala von
Durchmesser Anzahl
Anzahl
Tirion
der Metall-
Sterne am
Sterne am
scheiben
Nordhimmel
Südhimmel
heller -0.5
-1
120 cm
0
2
-.49 bis +0.5
0
100 cm
2
2
0.51 bis 1.5
1
80 cm
3
6
1.51 bis 2.5
2
60 cm
13
26
2.51 bis 3.5
3
40 cm
33
64
4...5
20 cm
124
174
schwächer als 3.51
Die Verbindungslinien zwischen den Sternen einer Konstellation sind nirgends
offiziell festgelegt. Sie geben hier die von Tirion eingezeichneten Linien wieder. Das
Gradnetz unterteilt 90° in 30 gleiche Teile; in Deklination beträgt der Abstand zwischen
zwei Kreisbogen jeweils 3°, in Rektaszension sind die Meridianlinien im Abstand von 12
Minuten eingetragen. Die Distanz Pol - Aequator misst 31.208 m, die räumliche
Auflösung somit maximal etwa 10 Bogensekunden pro Millimeter. Aufgrund der
sorgfältigen Vermessung und Einbau der Sternintarsien enthält nun das Areal der
Sternenhöfe eine begehbare Karte des Sternenhimmels, die zum Üben astronomischer
Messungen geradezu einlädt.
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