Konjunktur Kompakt

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Helaba Volkswirtschaft/Research
KONJUNKTUR KOMPAKT
4. Mai 2016
REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos
Tel.: 0 69/91 32-46 19
[email protected]
Die Welt im Blick ............................................................................................................................ 1
HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
China: Alles wird gut? ................................................................................................................... 4
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44
Prognoseübersicht......................................................................................................................... 7
Deutschland: Außenhandel bleibt verhalten................................................................................ 2
USA: Supertanker in der Flaute .................................................................................................... 3
Ungarn: Noch kein Abschied vom Zinslockerungskurs ............................................................. 5
Tschechien: Nicht auf den Lorbeeren ausruhen ......................................................................... 6
Die Welt im Blick
Dr. Stefan Mütze
Tel 0 69/91 32-38 50
Eurozone holt auf
Reale Ausrüstungsinvestitionen, Q1 2008 = 100
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
In den Jahren nach der Wirtschafts- und Finanzkrise haben sich die Ausrüstungsinvestitionen in
den USA schneller und deutlicher erholt als in der Eurozone. Vor allem 2011 und 2012 belastete
die europäische Staatsschuldenkrise. Nachdem diese mehr oder weniger ausgestanden ist, hat
sich die Situation umgedreht. Während in den USA aufgrund sinkender Transport- und Bergbauinvestitionen zuletzt keine Steigerungen mehr möglich waren, setzt sich der Aufwärtstrend in der
Eurozone mit moderater Geschwindigkeit fort. Dies dürfte auch für das erste Quartal 2016 gegolten haben. Allerdings: Auch im achten Jahr nach dem Einbruch ist das Vorkrisenniveau noch nicht
erreicht! Der Aufschwung ist zögerlich. Immerhin hat die Kapazitätsauslastung sowohl im Euroraum als auch in Deutschland den langjährigen Durchschnitt überschritten. Die Kapitalmarktzinsen
sind historisch niedrig, trotzdem lässt die Ertragslage in vielen Bereichen noch zu wünschen übrig.
Im Laufe des Jahres dürften sich die industriellen Erzeugerpreise allmählich stabilisieren. Die Tarifparteien sollten im Auge behalten, dass die Lohnstückkosten vor allem in Deutschland bereits
deutlich zunehmen. Die Unternehmen müssen dem Kostendruck mit stärkeren Produktivitätssteigerungen entgegenwirken. Die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen könnte zu
zusätzlichen Investitionsimpulsen führen.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
1
KONJUNKT UR KOMPAKT
Deutschland: Außenhandel bleibt verhalten
Noch ist das Wachstum für das erste Quartal nicht veröffentlicht worden. Die Monatsindikatoren
lassen allerdings erwarten, dass die Dynamik zu Jahresbeginn stärker war als im Schlussquartal
2015 (real +0,3 % gegenüber Vorquartal). So ist die Industrieproduktion im ersten Vierteljahr deutlich angestiegen, nach Rückgängen in den beiden Vorquartalen. Auch der Konsum hat weiterhin
zur Expansion beigetragen. Der reale Einzelhandelsumsatz nahm im Quartalsvergleich leicht zu.
Erstmals nach einem halben Jahr sollte auch der Außenhandel einen positiven Beitrag geleistet
haben. Unsere Wachstumsprognose von kalenderbereinigt 1,7 % für 2016 bleibt bestehen.
Dr. Stefan Mütze
Tel.: 0 69/91 32-38 50
Prognoseübersicht Deutschland
Exporte in die Eurozone zuletzt wieder rückläufig
Index: Januar 2011 = 100, saisonbereinigt, nominal
2014
2015
2016p
2017p
% gg. Vj.
1,6
1,4
1,7
1,5
Budgetsaldo
% des BIP
0,3
0,7
0,2
0,0
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
7,3
8,5
8,4
8,3
%
6,7
6,4
6,4
6,7
% gg. Vj.
0,9
0,2
0,7
1,6
BIP*, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
*kalenderbereinigt
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Keine schnelle Besserung
im Außenhandel
p = Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Der expansive Effekt des Außenhandels im ersten Quartal resultiert aus schwächeren Importen.
Die Exporte haben im Vorquartalsvergleich nur wenig zugenommen. Auch im Vergleich zum Vorjahr stiegen sie in den ersten beiden Monaten 2016 nur um real 0,5 %, obgleich der effektive
Wechselkurs des Euro gegenüber den wichtigsten Währungen trotz des jüngsten Anstiegs immer
noch günstig bewertet ist. Dies legt nahe, dass die konjunkturelle Lage in den Abnehmerländern
für den deutschen Außenhandel wichtiger ist als die Währung. Es ist eine Kombination von verschiedenen Effekten, die den deutschen Außenhandel zurzeit bremst. Wichtigste Destination ist
weiterhin die EU, die fast 60 % der deutschen Waren abnimmt. Hier ist seit rund einem Jahr kein
Wachstum mehr möglich gewesen. Während einige zentraleuropäische Länder wie Polen aber
auch Großbritannien eine hohe Aufnahmebereitschaft aufweisen, bremsen insbesondere Länder
aus dem gemeinsamen Währungsraum. Die Erholung in der Eurozone hatte 2014 bis Anfang 2015
zu stärkeren deutschen Ausfuhren in einige Mitgliedsländer geführt. Diese Entwicklung ist zuletzt
ins Stocken geraten. Dies gilt vor allem für Italien, aber auch Frankreich weist bereits seit mehreren Jahren keine Steigerungen mehr auf. Das Land ist hierdurch 2015 von den USA als wichtigster
deutscher Handelspartner verdrängt worden. Die deutschen Exporteure konnten in den USA
durchaus vom schwachen Euro profitieren. Seit Frühjahr gehen allerdings auch hier die Ausfuhren
zurück. Hinzu kommen die schwächere Entwicklung der chinesischen Wirtschaft sowie deren Umgestaltung hin zu mehr Konsum und zu weniger Investitionen. Dies belastet vor allem die auf Investitionsgüter spezialisierten deutschen Hersteller. Diese Entwicklung dürfte sich mittelfristig fortsetzen. Nicht zu vergessen ist die schwere Rezession in Russland, die durch die Sanktionen noch
verstärkt wurde.
Die regionale Analyse zeigt, dass die moderate Exportentwicklung vorerst anhält. Die Erholung in
der Eurozone verläuft trotz der stärkeren Dynamik im ersten Quartal weiterhin schleppend. Die
Umgestaltung der chinesischen Wirtschaft setzt sich fort und Russland wächst nur allmählich aus
seiner Rezession heraus. Zu einem zusätzlichen Risiko hat sich Großbritannien durch das BrexitReferendum entwickelt. Zudem verschlechtert sich allmählich die deutsche Wettbewerbsfähigkeit
durch steigende Lohnstückkosten. Für 2016 erwarten wir nur einen realen Zuwachs der Ausfuhren
von 3 %, während die Einfuhren um 4 % zulegen sollten.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
USA: Supertanker in der Flaute
Die US-Konjunktur befindet sich in einer Flaute – zumindest laut den offiziellen Wachstumszahlen.
Mit einem Anstieg des realen BIP um annualisiert 0,5 % gegenüber Vorperiode kam die USWirtschaft zum Jahresauftakt erneut kaum vom Fleck (Q4: 1,4 %). Ein Lichtblick war der Wohnungsbau, der um 14,8 % zulegte, so stark wie seit 2012 nicht mehr. Allerdings könnte dies teilweise auf das recht milde Wetter im Q1 zurückzuführen sein. Der Gewerbebau verzeichnete zwar
ein Minus von annähernd 11 %, dies war aber die Folge eines Rückgangs der Investitionen im
Bergbau um 87 %. Im Januar/Februar verzeichnete der Ölpreis sein zyklisches Tief und entsprechend fuhren die Ölunternehmen ihre Explorationsaktivitäten zurück. Außerhalb des Bergbausektors legten die Bauinvestitionen hingegen um 16 % zu. Schwach blieben zu Beginn des Jahres
erneut die Exporte. Hier lässt die Erholung nach wie vor auf sich warten. Dies gilt in abgeschwächter Weise auch für die Aktivität im Verarbeitenden Gewerbe. So ist der ISM-Einkaufsmanagerindex
in den Expansionsbereich oberhalb der 50er Marke zurückgekehrt. Im April gab er aber wieder
leicht nach und signalisiert mit 50,8 Zählern keine besonders hohe Dynamik. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Wachstumsprognose für das Jahr 2016 auf 2 % reduziert (bisher: 2,5 %).
Patrick Franke
Tel.: 069-91/32-47 38
Prognoseübersicht USA
Arbeitsmarkt: Volle Kraft voraus!
Tsd.
2014
2015
2016p
2017p
800
700
BIP, real
Tsd. (invertiert)
-800
Beschäftigte in der
Privatwirtschaft
Veränderung ggü. Vm.
(3-Monatsdurchschnitt, RS)
-600
Erstanträge
(Monatsdurchschnitt, LS) -400
% gg. Vj.
2,4
2,4
2,0
2,5
Budgetsaldo*
% des BIP
-3,8
-3,4
-3,4
-3,3
500
-200
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
-2,2
-2,7
-2,9
-3,2
400
0
%
6,2
5,3
4,6
4,1
300
200
% gg. Vj.
1,6
0,1
1,6
2,5
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
* Bundesebene einschl. Sozialversicherungen (NIPA-Basis)
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
p = Prognose
600
200
2000
400
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Eine völlig andere Sprache sprechen hingegen die Arbeitsmarktindikatoren. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe liegt auf einem Allzeittief. Von September bis März schufen US-Arbeitgeber knapp 1,5 Mio. zusätzliche Stellen. Die durchschnittlichen Stundenlöhne steigen mit einer
Rate von über 2 %, was zwar historisch betrachtet nicht viel ist, aber die Teuerungsrate von aktuell
unter 1 % deutlich übersteigt. Davon profitiert der private Konsum. Insgesamt ist der konjunkturelle
Ausblick für den Rest des Jahres durchaus positiv: Die Notenbank bleibt expansiver als zunächst
erwartet und die Fiskalpolitik wird nach Jahren, in denen sie zum Teil erheblich dämpfend wirkte,
2016 wieder zum Rückenwind. Die Nachfrage aus dem Ausland dürfte sich erholen und die vergangene Dollaraufwertung sollte die Exporte weniger bremsen als zuletzt.
Fed Gefangene
des Marktes
Die Fed vermittelt derzeit der Öffentlichkeit das Bild einer Notenbank, die sich nicht wirklich traut,
den Leitzins anzuheben. Auf der Sitzung im April blieb sie erneut klare Signale schuldig, ob und
unter welchen Voraussetzungen man die Zinserhöhungen wieder aufnehmen wird. Wir rechnen
nun nur noch mit zwei Zinsschritten im laufenden Jahr, voraussichtlich im September und Dezember. Weder die Wahlen im November noch die Entscheidung der Briten über den „Brexit“ Ende
Juni werden aus unserer Sicht spürbaren Einfluss auf die Fed-Entscheidungen haben. Stattdessen
hat sich das FOMC aber ohne Not zum Gefangenen der Finanzmärkte gemacht. Durch das Reagieren auf kurzfristige Schwankungen an den Aktien-, Devisen- und Rentenmärkten erhöht die Fed
tendenziell die Volatilität, statt sie durch einen klaren, transparenten und stetigen Kurs zu reduzieren. Inzwischen haben sich am Rentenmarkt die Erwartungen im Hinblick auf weitere Zinserhöhungen so weit verflüchtigt, dass schon die konkrete Aussicht auf den von uns erwarteten Leitzins
von 0,75 % bis 1 % zum Jahresende eine deutliche Kurskorrektur bringen dürfte – was wiederum
die Fed davon abbringen könnte, ihn auch tatsächlich „zu liefern“.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
China: Alles wird gut?
Chinas Wirtschaft ist im ersten Quartal 2016 mit einer Vorjahresrate von 6,7 % gewachsen. Damit
lag das Wachstum zum Jahresauftakt etwa in der Mitte des offiziellen Zielbandes der Regierung
von 6,5 % bis 7 % für das Gesamtjahr. Darüber hinaus relativierten die jüngsten Daten zum Außenhandel erwartungsgemäß die vorher aufgekommenen übertriebenen Sorgen über einen an1
geblichen Einbruch bei den chinesischen Aus- und Einfuhren. Andere Indikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes oder die Industrieproduktion bestätigen tendenziell das Bild einer sich stabilisierenden Konjunktur. Unklar ist, in welchem Umfang all dies den geld- und finanzpolitischen Stimulus-Maßnahmen der Regierung geschuldet ist. Vor allem die wieder anziehenden Immobilienpreise und die weiter stark steigende Verschuldung der Unternehmen deuten darauf hin, dass sich
die Regierung die kurzfristige Verbesserung der konjunkturellen Lage um den Preis zunehmender
mittelfristiger Risiken erkauft.
Patrick Franke
Tel.: 069-91 32-47 38
Gelegt haben sich zuletzt die Sorgen über den chinesischen Aktienmarkt. Der Shanghai Composite hat sich seit Mitte Januar bei rund 3.000 Punkten eingependelt. Der Wechselkurs des Yuan
hatte zum Jahresbeginn noch für Aufregung gesorgt, weil Meldungen über einen vermeintlichen
Abwertungskurs der Regierung (vulgo: „Eintritt in den Währungskrieg“) die Runde machten. Aktuell
notiert die chinesische Währung wieder bei 6,48 zum US-Dollar, ungefähr das Niveau vom Dezember 2015 und nur rund 4,5 % schwächer als die mehrjährige Marke von 6,20. Alarmmeldungen
über den „dramatischen“ Rückgang der Devisenreserven sind ebenfalls verstummt. Das Thema
„Kapitalflucht aus China“ ist wieder in der Versenkung verschwunden.
Prognoseübersicht China
Weiter im Gleitflug Richtung 5 % Wachstum
Reales BIP, Veränderung gegenüber Vorjahr in %
2014
2015
2016p
2017p
13
13
12
BIP, real
Budgetsaldo
Leistungsbilanzsaldo
% gg. Vj.
7,3
% des BIP
% des BIP
-1,8
2,6
6,9
0,6
3,1
6,5
-2,5
2,8
6,0
-2,0
2,5
11
11
10
10
9
9
8
8
7
Inflationsrate
%
4,1
% gg. Vj.
2,1
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Teuerung steigt wieder
4,0
1,5
4,1
2,0
4,1
2,4
p = Prognose
7
Wachstumsziele der
Regierung für die
Gesamtjahre
6
Arbeitslosenquote
12
Istwerte
5
Korridor
für 2016
6
5
4
4
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Auch was die Deflationssorgen angeht, hat sich die Lage entspannt. Die Teuerungsrate auf der
Verbraucherstufe hat im März auf 2,4 % angezogen. Dies ist der höchste Wert seit Mitte 2014.
Selbst wenn dahinter vor allem ein kräftiger Anstieg der Preise für Schweinefleisch (ein wichtiger
Teil des Warenkorbes) steckt, so illustriert die Entwicklung doch, dass die geringe Teuerungsrate
von 1,5 % im Jahr 2015 nur durch die Kombination aus massiv gefallenen Energiepreisen und zur
Jahreswende 2014/15 extrem niedrigen Schweinefleischpreisen zustande kam. Für die Notenbank
ändert sich erst mal nichts: Die Teuerung verharrt unter ihrem Zielwert, so dass sie auch weiter
Spielraum für expansive Maßnahmen hat.
Damit bleibt aber das grundlegende Dilemma erhalten und die mittel- bis langfristigen Stabilitätsrisiken nehmen eher zu als ab. Für weitergehende, eigentlich seit längerer Zeit avisierte Reformschritte, wie eine Liberalisierung des Kapitalverkehrs für In- und Ausländer, fehlt es der Führung in
Peking wohl nach wie an Mut. Ob der Abbau von Überkapazitäten in der Industrie nun endlich in
Angriff genommen wird, bleibt unklar, obwohl die Ankündigung von Massenentlassungen in einigen Branchen darauf hindeutet. In vergangenen Phasen mit massivem Stellenabbau hat Chinas
Wirtschaft die freigesetzten Arbeitskräfte recht schnell und geräuschlos absorbiert.
1
Siehe unseren Länderfokus „Chinas Außenhandel: Alles klar?“ vom 15. März 2016.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
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KONJUNKT UR KOMPAKT
Ungarn: Noch kein Abschied vom Zinslockerungskurs
In Ungarn dürften 2016 wichtige Grundpfeiler des Wachstums standfest bleiben: Die Inlandsnachfrage profitiert von der politischen Ausrichtung der rechtskonservativen Regierung unter Ministerpräsident Orban, mit niedrigeren Einkommensteuern, steuerlichen Vergünstigungen und Beihilfen
für Familien die Konjunktur zu stärken. Für den Bankensektor hellt sich nach umfangreichen Belastungen im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten an private Haushalte nun mit der Herabsetzung der Steuer auf Bank-Aktiva Anfang 2016 die Lage wieder auf. Dies dürfte sich günstig auf
die Kreditvergabe auswirken. Allerdings bleiben die Unternehmensinvestitionen verhalten, da die
Projekte aus der neuen EU-Förderperiode 2014-2020 erst anlaufen. Das Wachstum in der Eurozone und v.a. in Ungarns wichtigstem Exportpartner Deutschland legt noch etwas zu. Außerdem
begrenzt der weiterhin niedrige Ölpreis die Importkosten. Daher dürfte der Außenhandel auch
2016 die Konjunktur unterstützen. Im Jahresdurchschnitt kann ein Wirtschaftswachstum von real
2,5 % erwartet werden, nach 2,9 % im Vorjahr.
Marion Dezenter
Tel.: 0 69/91 32-28 41
Die Inflation wird 2016 die Tiefs der letzten Jahre überwinden. Von einer Rückkehr zur Normalität
kann allerdings bei einer durchschnittlichen Rate von 0,6 % keine Rede sein. Eine lebhafte Konsumtätigkeit sollte zwar die Inflation voranbringen. Die niedrigen Energiepreise wirken sich jedoch
auch 2016 aus, abgemildert durch den weiterhin eher schwachen Forint.
Prognoseübersicht Ungarn
Umdenken bei der ungarischen Zentralbank
Leitzinsen, %
2014
2015
2016p
2017p
% gg. Vj.
3,7
2,9
2,5
2,5
Budgetsaldo
% des BIP
-2,3
-2,0
-2,2
-2,3
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
2,2
4,8
4,5
3,0
%
7,8
6,9
6,0
5,8
% gg. Vj.
-0,2
-0,1
0,6
2,5
BIP, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
Quellen: EIU, Eurostat, Helaba Volkswirtschaft/Research
Erneute Lockerung
durch Notenbank
p = Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Aus dieser Argumentation leitet sich der Richtungswechsel in der Geldpolitik auf der Notenbanksitzung im März ab. Denn noch im Juli 2015 hatte die Ungarische Nationalbank (MNB) bei einem
Leitzins von 1,35 % das Ende des Zinssenkungszyklus signalisiert. Da sie jedoch weiter eine deutliche Diskrepanz zwischen Inflationsziel (3 % +/- 1 Prozentpunkt) und Istwert (zuletzt -0,2 %) erwartet, nahm sie im März und im April je einen Lockerungsschritt auf aktuell 1,05 % vor. Erst für
2018 erwartet die Notenbank nun eine Annäherung an das Inflationsziel von 3 %. Da der Zinsschritt im April nicht überraschend kam, reagierte der Forint nicht nachhaltig. Zusätzlich zum Zinsniveau nutzt die MNB die Förderung von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen, um Konjunkturpolitik zu betreiben.
Das öffentliche Defizit wird 2016 mit 2,2 % des BIP deutlich unterhalb der Maastricht-Grenze bleiben. Aufgrund der niedrigen Zinsen und des soliden Wachstums kann die Regierung dennoch
Konsolidierungserfolge verzeichnen, so dass die Staatsverschuldung 2016 unter 75 % des BIP
sinken wird – mehr als der Maastricht-Grenzwert, aber deutlich unterhalb des EU-Durchschnitts
von 85 %. Dies scheint für die Investoren attraktiv zu sein, politische Übergriffe auf die Souveränität des Parlaments beeindrucken sie offenbar weniger: Zuletzt konnte die Regierung eine Gesetzesänderung durchsetzen, die ihr gestattet, Umschichtungen im bestehenden Haushalt jederzeit
per Erlass vorzunehmen. Bleibt zu hoffen, dass das Vorhaben, bei terroristischer Bedrohung den
Notstand ausrufen und diverse Grundrechte beschränken zu können, nicht umgesetzt wird. Ansonsten könnte Ungarn nach Polen möglicherweise ein weiterer Kandidat werden, bei dem die EU
die Rechtsstaatlichkeit prüft.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
5
KONJUNKT UR KOMPAKT
Tschechien: Nicht auf den Lorbeeren ausruhen
Das Rekordwachstum im vergangenen Jahr (+4,2 %) wird Tschechien 2016 nicht wiederholen.
Aber auch für 2016 bleiben die Wachstumsperspektiven mit +2,4 % deutlich über dem EUDurchschnitt. Der Löwenanteil des Wachstums dürfte abermals von der Inlandsnachfrage kommen. Die gute Arbeitsmarktsituation, steigende Löhne, optimistische Konsumenten und Maßnahmen wie die Einmalzahlungen für Rentner zum Jahresbeginn geben dem privaten Verbrauch
Schwung. Schwächere Akzente setzen der Außenhandel und die Unternehmensinvestitionen.
Letztere profitieren nicht mehr im gleichen Maß wie im Vorjahr von der Aufnahme von Investitionsprojekten im Rahmen der EU-Förderprogramme. Der Preisauftrieb bleibt mit unter 1 % schwach
und erhöht die Kaufkraft. Bei fortgesetzt sinkender Arbeitslosigkeit sind allerdings weiter steigende
Arbeitskosten und damit eine Normalisierung bei den Preisen zu erwarten.
Marion Dezenter
Tel.: 0 69/91 32-28 41
Prognoseübersicht Tschechien
Inflation in Tschechien bleibt noch schwach
Konsumentenpreise, % gegenüber Vorjahr
2014
2015
2016p
2017p
% gg. Vj.
2,0
4,2
2,4
2,6
Budgetsaldo
% des BIP
-1,9
-0,4
-0,6
-0,7
Leistungsbilanzsaldo
% des BIP
0,5
1,5
1,0
0,7
%
7,7
6,5
5,7
5,5
% gg. Vj.
0,4
0,3
0,7
2,0
BIP, real
Arbeitslosenquote
Inflationsrate
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Ausstieg aus dem Mindestwechselkurs 2017 geplant
p = Prognose
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Die Nationalbank legt der Konjunktur keine Steine in den Weg: Ihren ursprünglichen Zeitplan, den
auf mindestens 27 Kronen je Euro festgelegten Wechselkurs Mitte 2016 freizugeben, hat sie bereits mehrfach geändert. Aktuell wird dafür Mitte 2017 kommuniziert, so dass der förderliche Einfluss des Wechselkurses auf die Exporte noch eine Weile andauert. Der Leitzins befindet sich seit
Herbst 2014 stabil auf dem historischen Tief von 0,05 % und verschafft der Wirtschaft günstige
Finanzierungsbedingungen.
Kaum überraschend äußerten sich die in Tschechien ansässigen Unternehmen in der jüngsten
Umfrage der Auslandshandelskammer angesichts der guten Rahmenbedingungen noch optimistischer als im Vorjahr. Über 90 % würden das Land wieder als Standort wählen. Beim Blick auf den
bereits spürbaren Fachkräftemangel zeigt sich jedoch, dass ein einfaches „Weiter so“ der falsche
Weg wäre. Ohne Gegensteuern könnte das Problem langfristig zum Standortnachteil werden.
Daher sollten die aktuell guten Rahmenbedingungen für ein entschiedenes Umlenken genutzt
werden, etwa durch nachhaltige Reformen im Bildungsbereich und eine höhere Beschäftigungsquote insbesondere bei älteren Arbeitnehmern.
Derzeit zeigt sich die entspannte Haltung der Investoren auch an den Kapitalmärkten: Die dynamische Konjunktur, das niedrige Zinsniveau, geordnete politische Verhältnisse, solide Staatsfinanzen
und Leistungsbilanzüberschüsse senken den Spread 10-jähriger tschechischer Staatsanleihen zur
deutschen Benchmark zeitweise unter die Nulllinie. Aktuell liegt er mit +0,2 Prozentpunkten deutlich niedriger als in Polen und Ungarn (je rund 3 Prozentpunkte). Damit erweitern die geringen
Verschuldungskosten die fiskalische Handlungsfähigkeit des Staates. Das Haushaltsdefizit von
voraussichtlich nur 0,6 % des BIP 2016 und eine Staatsverschuldung von gut 40 % verleihen
Tschechien auch hier einen Spitzenplatz in Europa – angesichts der Parlamentswahlen, die 2017
anstehen, eine komfortable Position. Die Flüchtlingskrise dürfte auf den Staatshaushalt nur wenig
Einfluss haben: Tschechien hat die EU-Politik stark kritisiert und für 2016 sowie 2017 der Aufnahme von insgesamt nur 2.700 Flüchtlingen zugestimmt.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
6
KONJUNKT UR KOMPAKT
Prognoseübersicht
Euroland
Bruttoinlandsprodukt
Verbraucherpreise
reale Veränderung gg. Vorjahr, %
Veränderung gg. Vorjahr, %
2014
2015
2016p
2017p
2014
2015
2016p
2017p
0,9
1,5
1,7
1,6
0,4
0,0
0,5
1,5
Deutschland*
1,6
1,4
1,7
1,5
0,9
0,2
0,7
1,6
Frankreich
0,2
1,2
1,5
1,5
0,6
0,1
0,5
1,5
Italien
-0,3
0,8
1,2
1,5
0,2
0,1
0,4
1,4
Spanien
1,4
3,2
2,8
2,0
-0,2
-0,6
0,1
1,4
Niederlande
1,0
2,0
1,5
2,0
0,3
0,2
0,8
1,3
Österreich
0,4
0,9
1,4
1,5
1,7
0,9
1,2
1,7
Griechenland
0,7
-0,4
0,0
1,5
-1,4
-1,0
0,5
1,0
Portugal
0,9
1,5
1,5
1,8
-0,2
0,5
0,5
1,0
Irland
5,2
7,8
5,0
3,8
0,3
0,0
0,4
1,5
Großbritannien
2,9
2,3
2,2
1,8
1,5
0,1
0,8
2,2
Schw eiz
1,9
0,9
1,2
1,6
-0,1
-1,1
-0,5
0,6
Schw eden
2,3
4,1
3,4
2,6
-0,2
0,0
0,7
1,7
Norw egen
2,2
1,6
1,3
1,8
2,0
2,1
2,5
2,2
Polen
3,3
3,6
3,4
3,3
0,0
-0,9
0,0
2,0
Ungarn
3,7
2,9
2,5
2,5
-0,2
-0,1
0,6
2,5
Tschechien
2,0
4,2
2,4
2,6
0,4
0,3
0,7
2,0
Russland
0,6
-3,7
-1,5
1,5
7,8
15,5
8,5
6,0
USA
2,4
2,4
2,0
2,5
1,6
0,1
1,6
2,5
Japan
-0,1
0,5
0,7
0,5
2,7
0,8
0,4
1,8
Asien ohne Japan
5,7
5,3
5,1
5,0
3,6
2,5
3,0
3,5
China
7,3
6,9
6,5
6,0
2,1
1,5
2,0
2,4
Indien
7,2
7,0
6,8
6,5
6,7
4,9
5,1
5,5
1,3
0,0
0,3
2,0
10,7
13,0
15,0
11,0
0,1
-3,8
-3,0
1,0
6,3
9,0
8,9
6,0
3,2
2,9
2,9
3,2
3,1
2,8
3,2
3,4
Lateinamerika
Brasilien
Welt
p = Prognose; *Deutschland: arbeitstäglich bereinigt;
Quellen: EIU, Macrobond, Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research 
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 4 . M A I 2 0 1 6 · © H E L A B A
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