BION-Ringvorlesung „Biodiversity Today for Tomorrow“ Willkommen zur BION-Ringvorlesung „Biodiversity Today for Tomorrow“! www.bion-bonn.org 1 Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Biodiversität in der deutschen internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung - Ansätze und Erfahrungen Ringvorlesung „Biodiversity Today for Tomorrow“ Biodiversitätsnetzwerk Bonn – BION Klemens Riha 19. Mai 2015 Seite 2 Überblick Einleitung Die deutsche int. Zusammenarbeit Entwicklungspolitischer Rahmen CBD Strategischer Plan 2011-2020 Biodiversität und Entwicklung «Hotspots» der Biodiversität Wie arbeiten wir vor Ort? / Beispiele Aktuelle Herausforderungen Fragen, Diskussion © G. Ulutuncok © M. Schmitter © GIZ Archiv Seite 3 Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit • Verbesserung der weltweiten wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse • Bekämpft Armut, fördert Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (Prävention von Krisen) • Unterstützt Menschen bei Entwicklung eigener Perspektiven, Stärkung ihrer Selbsthilfekräfte und Verbesserung ihrer Lebensbedingungen • Fördert eine nachhaltige Gestaltung der Globalisierung • Umfasst finanzielle und technische Zusammenarbeit, sowie gesellschaftliches Engagement von Bürgern, NROs, Privatunternehmen, Kirche, Stiftungen, etc. Seite 4 Die GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH • Bundesunternehmen für nachhaltige Entwicklung • Nachhaltigkeit: Soziale Verantwortung, ökologisches Gleichgewicht, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und politische Teilhabe • Aktiv in Deutschland und in über 130 Ländern weltweit • Rund 17.000 MitarbeiterInnen (70% nationales Personal) • Fachkompetenz, Regionalexpertise und praxiserprobtes Managementwissen (Projekt-/Programmumsetzung) • Öffentliche und private Auftraggeber im In- und Ausland (v.a. BMZ, aber auch Bundesumweltministerium, Auswärtiges Amt, Europäischen Union, Vereinte Nationen, andere Regierungen, Privatunternehmen, Stiftungen, etc.) • Geschäftsvolumen 2014 rund 2 Mrd. EUR © GIZ Archiv © GIZ Archiv © GIZ Archiv Seite 5 Internationaler Nachhaltigkeitsprozess: Der Rio-Prozess • Stockholm Konferenz über die Umwelt des Menschen (1972) • Grenzen des Wachstums / Club of Rome • Rio Gipfel (1992) UN-Konferenz • Umwelt und nachhaltige Entwicklung • Zusammenhang zwischen Umwelt und Armut • Agenda 21; Klimaabkommen (UNFCCC); Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD); Desertifikationsbekämpfung (UNCCD) • WSSD - Johannesburg (2002): Bilanz/Aktionsplan • Rio+20 (2012): UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung • Ökologische Wirtschaftsweise (Green Economy) • Erhalt der Ökosysteme, Schutz der Biodiversität • Nachhaltigkeitsziele – SDGs (universelle Anwendbarkeit); bauen auf Millenniumsentwicklungsziele (MDG) auf Nachhaltige Entwicklung: eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, und dabei die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht einschränkt Seite 6 Entwicklungspolitische Relevanz – Umwelt und Entwicklung • Umweltschutz muss Bestandteil von Entwicklungsprozessen sein • Herausforderungen in Industrie- und Entwicklungsländern: • Konventionell: Luft und Wasserqualität, Lärm, Bodenkontamination, Abfälle und Recycling Moderne Agenda: Klimawandel, Biodiversitätserhalt, Ökosysteme, Wasser, Bodendegradation, Meeresschutz, genetisch modifizierte Organismen, illegaler Handel mit Naturressourcen, Ressourceneffizienz, nachh. Produktion & Konsum => Bundesregierung - seit 2013: 500 Mio. EUR/ Jahr für: Umsetzung der international vereinbarten Biodiversitätsziele Umwelt Ressourceneffizienz, Abfall Umweltpolitik Rio Prozess Green Economy Klima (Minderung / Anpassung) Klimaschutzabkommen Kyoto Protokoll Paris 2015 Biodiversität nat. Ressourcen, Wald CBD, IPBES, Washingtoner Artenschutzabkommen CITES, CMS, Ramsar, etc. “The more biodiversity there is – the more resilient is our own survival system” (Angela Merkel, Int. Year of Biodiversity 2010) Seite 7 Das VN-Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (CBD) • Von 195 Staaten + EU ratifiziert • 1993 in Kraft getreten • Drei Ziele: 1) Schutz der biologischen Vielfalt 2) Nachhaltige Nutzung 3) Gerechter Vorteilsausgleich 2010: Strategic Plan 2011-2020; Aichi Ziele; Nagoya Protokoll Ökosystemansatz „…ist eine Strategie des integrierten Managements von Land, Wasser und lebenden Ressourcen…“ • Wechelwirkungen und Prozesse • Sektorübergreifende Kooperationen • Zusammenhang Biodiversität und Entwicklung Seite 8 IPBES - Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services • Globaler Wissenschaftsrat für Biodiversitätsfragen • Zwischenstaatl. Gremium zur wissenschaftl. Politikberatung • Informationen über Zustand / Trends / Gefährdung • Unabhängig, konventionsübergreifend, interdisziplinär • Erfahrungen aus der Praxis einbringen • Nutzung anderer Wissensformen (“graue Literatur” / traditionelles Wissen) • Unterstützung von Capacity Development • Integration begleitender Forschung in EZ-Vorhaben (Kooperationen) • Teilnahme von Wissenschaftlern aus ELs (“Anschlussfähigkeit”) © Eckhard Henkel, Wikipedia Seite 9 Zentrale Handlungsfelder in der EZ Projekte und Programme der EZ tragen zur Umsetzung des Strategischen Plans 2011-2020 der CBD und der Aichi Ziele bei. Erweiterter Biodiversitäts-Begriff – erweiterter Handlungsrahmen (Bedeutung von Ökosystemdienstleistungen und anderer Sektoren) Bekämpfung der • Ökosystemleistungen anerkennen Ursachen; Integration • Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in Politik und • Schädliche Subventionen abbauen Gesellschaft Abbau unmittelbarer • Nachhaltige Waldwirtschaft Belastungen und • Agrobiodiversität Förderung nachhaltiger Nutzung • Nachhaltige Fischerei und Aquakultur Seite 10 Zentrale Handlungsfelder in der EZ zur Umsetzung der CBD Sicherung der Ökosysteme, Arten • Schutzgebiete (terrestrische, marine) und genetischen • Bekämpfung der Wilderei Vielfalt Mehrung der Vorteile von Biodiv und ÖSL für alle Förderung der Umsetzung • Gerechter Vorteilsausgleich («ABS») • Vermiedene Entwaldung («REDD+») • Wiederherstellung degradierter Ökosysteme: Bonn Challenge • Nationale Biodiversitätsstrategien (NBSAP) • Finanzierung/Ressourcen • Traditionelles Wissen, Technologietransfer Seite 11 Was verstehen wir unter Biodiversität? „Die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören“ (CBD 1992) innerhalb von Arten (genetische Vielfalt) zwischen Arten (Artenvielfalt) Ökosysteme Ökosysteme „Einen dynamischer Komplex von Gemeinschaften aus Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen sowie deren nicht lebender Umwelt, die als funktionelle Einheit in Wechselwirkung stehen“ (CBD 1992) © GIZ Archiv © Fabian Schmidt-Pramov © Michael Martin © Klemens Riha Seite 12 Wichtig für den Menschen => Ökosystemdienstleistungen © GIZ Archiv • • • • • © Klaus Ackermann Klimaregulation CO2-Abscheidung und -Speicherung Schutz vor Fluten und Überschwemmungen Bodenbildung und Nährstoffkreislauf Bestäubung © G. Ulutuncok • • • • • © Suhel Al-Janabi © Klemens Riha Wirkstoffe für Arzneimittel Einkommen Nahrungsmittel Sauberes Trinkwasser Rohstoffe © GIZ Archiv © R. Bäcker • • • • © GIZ Archiv Erholung Tourismus Religiöse Bedeutung Inspiration für Designer, Künstler, Architekten © Daniel Fuhr © GIZ Archiv Seite 13 Biodiversität – Grundlage für nachhaltige Entwicklung und Armutsminderung • 80% der Biodiversität befindet sich in den Entwicklungsländern © G Ulutuncok • Wirtschafts- und Existenzgrundlage besonders für ärmere Bevölkerung • Lebensunterhalt von 1,6 Mrd. Menschen direkt und indirekt auf Wälder angewiesen © R. Bäcker • Globaler Markt mit (naturbasierten) Arzneimitteln >57 Mrd. USD • Fischerei: essenzielle Proteinquelle; global ca. 200 Mrd. USD (FAO) • 56 Mio. Naturtouristen in Afrika => Umsatz von 34,2 Mrd.USD; in Subsahara-Afrika hängt ca. jeder 10. Job vom Tourismus ab © GIZ Archiv © Klemens Riha Seite 14 Globale «Hotspots» der Biodiversität • • • • • 35 Biodiversitäts-Hotspots (2,3% der Landoberfläche) 35% aller Ökosystemleistungen; Einnahmen = 1,59 Bio.USD/Jahr, 69,071 USD/km² 22,022 Wirbeltiere (77% aller Wirbeltiere); davon 11,980 Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien endemisch 50 % aller Pflanzenarten; davon 150,000 endemisch Heimat für 2Mrd. Menschen Quellen: Critical Ecosystem Partnership Fund (CEPF); Conservation International (CI); Deutsche Welle; Conservation International Seite 15 Treiber & Auswirkungen Biodiversitätsverlust Direkt • Zerstörung oder Degradierung von Ökosystemen • Nährstoffbelastung/Verschmutzung • Übernutzung; unnachhaltige Nutzung • Invasive, gebietsfremde Arten • Klimawandel Indirekt • Bevölkerungsentwicklung • Wirtschaft/Technologie/Infrastruktur • Soziopolitische, kulturelle Faktoren Verlust von Ökosystemleistungen (Wasser, Boden, Klimaregulierung, etc.) Abnahme der Fähigkeit von Mensch und Natur, sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen Verlust genetischer Ressourcen und Nutzungsmöglichkeiten Verlust traditionellen Wissens und eines Teils der Kultur Ansteigende Konflikte um nat. Ressourcen Seite 16 Regionale Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und Beispiele Gerechter Vorteilsausgleich, Marokko Wiederherstellung von Mangrovenwäldern, Vietnam Wildereibekämpfung, Afrika, Asien Tropenwaldschutz, Brasilien Herausforderungen (Auswahl) • Entwaldung • Bodenübernutzung • Landdegradierung • Wilderei • Bergbau • Meeres/Küstenschutz • Klimawandel Schutzgebiet im südlichen Afrika, „KAZA“ Seite 17 Kavango-Zambesi (KAZA): größtes grenzüberschreitendes Schutzgebiet in Afrika • • • • • Fläche von 444.000 Km² 36 Schutzgebiete in 5 Staaten: Angola, Sambia, Simbabwe, Botswana und Namibia Heimat für 44% aller afrikanischen Elefanten, 3.000 Pflanzen und 600 Vogelarten Big Five (Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard) Beliebtes Reiseziele für Natur-Tourismus EZ unterstützt und fördert vor Ort: Tourismusentwicklung: Arbeitsplätze, alternative Einkommensquellen Einrichtung ökologischer Korridore Landnutzungsplanung Nachhaltige Waldbewirtschaftung © Klemens Riha © http://www.kavangozambezi.org/ => Beitrag zu Frieden und Stabilität © LAC Namibia Seite 18 Tropenwaldschutz im Amazonasbecken und an der Atlantikküste, Brasilien • • • • Schutzgebietssystem Brasiliens umfasst ca. 700 staatlich geschützte sowie 900 private Naturschutzgebiete Megadiverses Land: 15-20% der weltweiten Biodiversität Herausragende Bedeutung für das Klima Heimat zahlreicher indigener Völker © Georg Buchholz EZ unterstützt und fördert vor Ort u.a.: • • • • • Gesetzlicher Schutz großer Waldgebiete Verbesserung der Governance-Strukturen und finanziellen Nachhaltigkeit Satellitenbasiertes Monitoring-System zur Erfassung von entwaldeten Flächen Aufbau eines Biodiversitäts-Monitoring-Programms Demarkierung indigener Schutzgebiete © GIZ Archiv Seite 19 Wiederherstellung von Mangrovenwäldern an der Küste Vietnams • Mekong-Delta - Heimat von 17 Mio. Menschen • bewahren die Küste vor Erosion und des Hinterlandes vor Stürmen, Überflutung • Wichtigste landwirtschaftliche Region Vietnams • Aquakulturen (Shrimp) und Reisanbau haben zunehmend negative ökologische und soziale Auswirkungen © Klaus Schmitt EZ unterstützt und fördert vor Ort: • Gemeindebasierte Landnutzungsplanung • Aufforstung und Wiederherstellung von Mangroven • Schulung für Bauern in wassersparenden Reisanbaumethoden und umweltfreundlicheren Betrieb von Aquakulturen • Bewusstseinsbildung für die Bedeutung der Mangrovenwälder © GIZ Vietnam => Ökosystembasierte Anpassung an den Klimawandel © GIZ Archiv Seite 20 Gerechter Vorteilsausgleich („ABS“): Nutzung der Argan-Nuss in Marokko • Ausgewogene und gerechte Beteiligung an den Gewinnen, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen gezogen werden => Umsetzung des Nagoya Protokolls der CBD über den Zugang zu genet. Ressourcen und gerechten Vorteilsausgleich © Klemens Riha • Monetäre / nicht-monetäre Formen des Vorteilsausgleichs, z.B. Transfer von finanziellen Mitteln, Technologien und Wissen insb. des Privatsektors, Beteiligung an wissensch. Forschung • Bsp.: kosmetische, pharmazeutische Industrie: Arganbaum (endemisch in Marokko) => Argan-Nüsse werden zu Arganöl verarbeitet Verarbeitung / Wertschöpfung vor Ort Sozialer Fonds für lokale Bevölkerung (Berberfrauen) Investitionen (Qualität, Marketing, etc.) Vereinbarungen mit europäischer Industrie (z.B. Forschungslaboren, etc.) © Klemens Riha © Klemens Riha Seite 21 Polifonds: Wilderei und illegaler Handel mit Wildtierprodukten (Elfenbein und Nashornhorn) • • • >1.200 Nashörner und >20.000 Elefanten 2014 in Afrika gewildert Globaler Handel: ca. 8-10 Mrd. USD p.a. Rangiert an 4.Stelle der weltweiten organisierten Kriminalität Professionell organisierte Wilderergruppen Steigende Nachfrage (v.a. in Asien) Hohe Gewinnmargen, geringere Strafen, kleines Risiko Zunehmend Sicherheitsproblem EZ fördert: • • © Klemens Riha © ZGF Tansania Sektor-, länder- sowie kontinentübergreifende Ansätze entlang der gesamten illegalen Handelskette Politikfeldübergreifender Kooperation: BMZ, BMU, AA, BMF, BMI, sowie NROs, Privatsektor und internationale Organisationen © Evelyn Ebert Seite 22 Maßnahmen entlang der gesamten illegalen Handelskette Schutzgebietmanagement /-governance; Monitoring Risikoanalysen, Anti-Korruption Maßnahmen PR Kampagne (Privatbereich/ E-Commerce, etc.) Nachfrage/ Konsum Grenzüberschreitende Schutzgebiete Illegaler Handel Herkunft/ Angebot Leistungen/ Einnahmen für lokale Bevölkerung Afrika-Asien Dialog Zielgruppenanalysen, Market Überwachung Kapazitätenaufbau CITES / Rechtsdurchsetzung (Polizei, Zoll, Justiz) Koordination, Kommunikation, Bewusstseinsbildung, Informationen, internationale Prozesse Seite 23 Herausforderungen (Auswahl): • Neuere Themen/Entwicklungen: Meeres- und Küstenschutz; Schutzgebiete und Fragilität; Human/Wildlife Conflict • Integration in andere Sektoren (Landwirtschaft, Wasser, Energie, Bildung, Governance, etc.) • Wirkungsmessung in der langfristigen Umsetzung • Finanzierung, Mobilisierung neuer Ressorcen für den Biodiversitätserhalt Seite 24 BION-Ringvorlesung „Biodiversity Today for Tomorrow“ Vielen Dank!! © G. Ulutuncok 25 © G. Ulutuncok © R. Bäcker Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) © G. Ulutuncok