Vorlesung “Charakterisierung von Halbleitermaterialien II” 4. Optische Spektroskopie Materials for Electronics and Energy Technology Spektroskopie von Infrarot-Übergängen Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann „Normale“ Absorptions- und Lumineszenzaufbauten sind bei Wellenlängen > 4 μm (d.h. Energien < 300 meV) nicht mehr effizient zu betreiben. 4. Optische Spektroskopie Lösung 1: Einige Übergänge (z.B. Wechselwirkung mit Phononen) können durch Licht ausgelöst werden Þ inelastische Lichtstreuung: Lichtwellenlänge ändert sich! – Absorption – Lumineszenz – Raman-Spektroskopie – Grundlagen und Aufbau – Raman-Spektren und Auswertung Þ Raman-Spektroskopie Lösung 2: Verwendung von geeigneten Aufbauten für Infrarotstrahlung – FT-IR-Spektroskopie – Grundlagen und FT-IR-Spektren – Aufbau und Fouriertransformation 1 meV 1 mm 10 cm –1 10 meV 100 μm 100 cm –1 100 meV 10 μm 1000 cm –1 1 eV VIS 1 μm 10 cm –1 10 eV UV 100 nm 10 cm –1 IR Þ FT-IR-Spektroskopie l E 10 nm 4 5 n (c) 2011 PD Dr. M. Bickermann, I-MEET, Uni Erlangen 4. Optische Spektroskopie Grundlagen Raman-Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Ramanspektroskopie: Detektion inelastisch an Phononen gestreuter Photonen. Lichtstreuung an Materie: – die elektromagnetische Welle erzeugt eine Polarisation in der Materie – meist wird das Photon hierdurch nur abgelenkt, ohne Energie zu verlieren – aber manchmal wird hierdurch eine Gitterschwingung (Phonon) erzeugt oder vernichtet, dadurch ändert sich die Photonenenergie: Þ Raman-Streuung Grundlagen Raman-Spektroskopie nimmt ab Photonenenergie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann nimmt zu hns = hn i : elastische (Rayleigh-)Streuung Intensität ca. 106 mal höher als Raman-Streuung hns < hn i : inelastische Streuung, “Stokes-Linien” Phonon wird erzeugt (kostet –hW an Energie) hns > hn i : inelastische Streuung, “Anti-Stokes-Linien” Phonon wird vernichtet (Intensität ist stark T-Abhängig!) 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Grundlagen Raman-Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Grundlagen Raman-Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Je nach Kristallsymmetrie und Polarisation des einfallenden Lichts können nur bestimmte Phononen als um –hW verschobene Linien beobachtet werden. Der Raman-Tensor: Porto-Notation: Mit der Porto-Notation ist die Messgeometrie eindeutig festgelegt. – z(xy,xy)z Auswahlregeln: Man kann nur diejenigen Anregungen (Phononen) beobachten, – die bei k » 0 (Photonen übertragen keinen Impuls) eine Energie ¹ 0 besitzen – für die R ij ¹ 0 gilt d.h. die in der Richtung ij eine Suszeptibilitätsänderung bewirken d.h. die durch ihre Schwingung die Symmetrie des Kristalls verändern – die in der Schwingungsebene des einfallendes Lichts anregbar sind Richtung des Richtung des einfallenden Lichts austretenden Lichts (hier: z-Achse) (hier: z-Achse Polarisation des einfallenden bzw. Þ Rückstreugeometrie) ausgehenden Strahls (hier: a-b-Ebene des Kristalls, zirkular polarisiertes Licht) Merke: Für Kristalle mit Inversionszentrum sind raman-aktive Schwingungen IR-inaktiv und umgekehrt. 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Aufbau eines Raman-Spektrometers Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Aufbau eines Raman-Spektrometers Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Kryostat Raman-Spektrometer: PL-Aufbau ohne Chopper, dafür mit Polarisatoren und Notch-Filter. Mikro-Raman-Spektrometer: Mikroskop mit Lasereingang und Spektrometerausgang – Ortsauflösung ca. 2μm (mit Nahfeldmethoden bis 50 nm) – automatisierte Mapping-Techniken 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Aufbau eines Raman-Spektrometers Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Raman-Spektren Beispiel: AlN (Wurtzit-Struktur) Wesentliche Eigenschaften von Raman-Spektrometern: Spektrometer: –1 Auflösung bis zu 0,1 cm (12,4 μeV) d.h. Dl = 0,003 nm (!) bei 488 nm (Ar-Ionen-Laserlinie); z.B. 1,5 m Weglänge + 3600er Gitter Laser: Raman-Intensität ist sehr schwach Þ starker Laser (Probe erhitzt!) Ramanintensität ~ n 4 Þ kurzwellige Laser (Probenabsorption beachten!) Frequenzverschiebung der RamanModen bleibt bei verschiedenen Anregungsfrequenzen gleich Eichung der Wellenlänge durch Messung der Laserplasmalinien Notchfilter (negativer Bandpass): Muss sehr genau sein, da –hW << hn (d.h. die Raman-Banden sind sehr nahe an der Laserlinie). Þ holographische Filter mit Dl = 3 nm erlauben Messungen ab ca. 50 cm neben der Laserlinie. Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Akustische Phononen: E » 0 bei k » 0: nicht sichtbar Optische Phononen: 3 x pol. LO (davon 2 Raman-aktiv) 3 x pol. TO (davon 2 Raman-aktiv) 2 x unpolarisiert (immer sichtbar) || c (Wafer) ^ c (Längsschnitt) Raman-Tensoren: B1(z) ist inaktiv... Bezeichnungen der Phononen nach der Gruppentheorie. Polarisatoren: z.B. Polarisator in best. Winkelstellung für linear polarisiertes Licht, l/4-Plättchen für zirkular polarisiertes Licht, ... 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Raman-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Beispiel: AlN (Wurtzit-Struktur) 81,6 meV Raman-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Beispiel: SiGe (Diamant-Struktur) Raman-Banden verändern sich mit der Temperatur (entsprechend der thermischen Ausdehnung) oder internen Spannungen Þ kleine Änderungen der Gitterkonstanten (Dx/x ³ 10–4) können detektiert werden. Gleichzeitig sinkt die Phononen-Lebensdauer t mit zunehmender Temperatur, Verunreinigungen, Gitterstörungen (Unordnung) oder inhomogenen Spannungen. Þ Linienbreite: DE = –h/t (Heisenberg’sche Unschärfe) Es kann hier polarisationsunabhängig nur das optische Phonon angeregt werden. SiGe bildet keinen geordneten Mischkristall aus, man sieht also Si–Si, Si-Ge und Ge–Ge-Schwingungsmoden in den den Konzentrationen entsprechenden Intensitätsverhältnissen. Die Pfeile zeigen Local Vibrational Modes (LVM) an. 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Raman-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Raman-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann SiC (Wurtzit-Polytypen) Phononen und Ladungsträger Notch-Filter – Phononenanzahl erhöht sich entsprechend der Stapelsequenzlänge Notch-Filter Faltung der Dispersionskurven durch Stapelfolge: – nun auch akustische Phononen (LA, TA) sichtbar Phononen wechselwirken mit Plasmonen (Elektron- oder Loch-Plasma in den Bändern) Þ LO-Moden verschwinden Þ Plasmonenband nahe der Laserlinie Beispiel: Al-dotiertes SiC 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Grundlagen der Infrarot-Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Grundlagen der Infrarot-Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann komplexe Dielektrizitätskonstante ~ GrundGitteranteil polarisation Anteil der freien Ladungsträger Der Gitteranteil ist geprägt durch die optischen Photonen (mit Frequenzen w TO und w LO sowie der Dämpfung gTO ). Der Anteil der freien Ladungsträger hängt über die Plasmafrequenz wP und die Dämpfung g P direkt von der ladungsträgerkonzentration n und -mobilität μ ab (m*: effektive Masse). e~(w) = (n + ik)² Änderungen in der (komplexen) dielektrischen Funktion führen zu Änderungen der Absorptions- und Reflexionseigenschaften. Man kann also Eigenschaften optischer Phononen und freier Ladungsträger direkt aus Transmissions- oder Reflexionsmessungen bestimmen! Über das sog. Kramers-KronigIntegral können Reflexionsspektren simuliert werden. Man sieht das “Reststrahlenband” zwischen wTO und w LO sowie eine Abhängigkeit des Kurvenverlaufs und der Position des Reflexionsmimimums von der Ladungsträgerkonzentration. Simulierter Verlauf der IR-Reflexion für 6H-SiC. 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie FT-IR-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Beispielrechnungen für GaN (viele Ladungsträger): FT-IR-Spektren Beispiel AlN (praktisch keine Ladungsträger): Aufspaltung der optischen Phononen (Wurzitstruktur) in E1- und A1-Typen: Þ Orientierungsabhängigkeit! reiner Einkristall verunreinigter Kristall Korngrenze Eine Änderung der Ladungsträgerkonzentration schiebt das Minimum (w P) zu höheren Energien und auch die Reflexion unterhalb des Reststrahlenbandes steigt an. Eine Änderung der Mobilität führt zu einem anderen Verlauf und zu einem erhöhten Reflexionsminimum. 4. Optische Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann ¬ A1(TO) bei 610 E1(TO) A1(TO) E1(LO) Verunreinigungen und Oberflächenunebenheiten führen zu einer Abnahme des Reflexionsvermögens. Bei dünnen Schichten zeigen sich Fabry-PérotInterferenzmuster (analog zur optischen Absorption). 4. Optische Spektroskopie FT-IR-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Al0,14 Ga0,86 As AlGaAs: die optischen Phononen von AlAs und GaAs bleiben an ihren Positionen. Binäre Halbleiter zeigen immer eine Aufspaltung in LO- und TO-Moden und besitzen daher ein Reststrahlenband. Bei ternären und quaternären Verbindungen existieren zwei Verlaufsformen: – beide binäre Moden bleiben erhalten, ihre Intensität ändert sich (siehe Bild) – die Mode bewegt sich linear in ihrer Position (entspr. der Zusammensetzung) FT-IR-Spektren Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Bestimmung von Störstellenkonzentrationen über Local Vibrational Modes (LVM) Bei bestimmten Frequenzen lassen sich Bindungen im Umfeld von Gitterstörungen gezielt ansprechen und führen zu Reflexionsminima (bzw. Absorptionsmaxima) im Spektrum. Zur Bestimmung von Störstellenkonzentrationen über direkte Absorption (Ionisation) oder interne Übergänge Þ optische Absorption Wie nimmt man aber IR-Spektren auf? Man hat weder Monochromatoren, noch effiziente Lampen und Detektionen für den mittleren und fernen IR-Bereich! 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Aufbau eines FT-IR-Spektrometers Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Transmissionsaufbau mit Michelson-Interferometer Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Transmissionsaufbau mit Michelson-Interferometer IR-Lichtquelle: Schwarzer Strahler (z.B. Globar = SiC-Stab bei ca. 1200°C) oder Nernst-Stift (RE-dotiertes ZnO bei ca. 1700°C; l < 10 μm) x Strahlteiler: KBr (hygroskopisch!), CsI oder Mylar-Polymer (6μm dick) Detektoren: Pyroelektrika (Wärmestrahlung!) meist DTGS (deuteriertes Triglycinsulfat) Þ lineare, wellenzahlunabhängige Empfindlichkeit (aber langsam) spektrale Empfindlichkeit Photowiderstände oder -dioden aus Photohalbleitern (HgCdTe, PbSnTe) oder hoch dotiertem Ge, Si oder InAs Þ schnell, aber begrenzter Wellenzahlbereich Spiegel: z.B. vergoldet 4. Optische Spektroskopie 4. Optische Spektroskopie Aufbau eines FT-IR-Spektrometers Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Auswertung der Messdaten Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Korrelation zwischen Spektren und Interferogrammen Transmissionsaufbau mit Michelson-Interferometer Spiegel 2 wird um x verfahren kein Spektrum, sondern ein Interferogramm! Þ Fouriertransformation! Auflösung ist durch Weglänge x und Wellenlängenspektrum der Lichtquelle begrenzt. Eichung: Dx: Einspielen eines Lasers in den Strahlengang, Messung der Interferenzmaxima. Intensität: Messung einer Goldprobe (R = 98%) als Standard. Aufbau eines FT-IR-Spektrometers x a) monochromatische Strahlung b) zwei schmalbandige Linien c) Band mit realer Halbwertsbreite d) wie c), aber breites Band Die Umrechnung erfolgt über Fouriertransformation. Vorteile: – gesamte Lichtintensität nutzbar – gutes Signal/Rausch-Verhältnis Prinzipiell ist das FT-Verfahren natürlich auch im sichtbaren und im UV-Wellenlängenbereich möglich, dort aber nicht effizienter und genauer als die “normale” optische Absorptionsmessung. Limitierende Faktoren: – es wird nicht mit dem gesamten Spektrum beleuchtet – endliche Schrittweite Dx und Fahrweg x max 4. Optische Spektroskopie Auswertung der Messdaten +¥ ò I ( x ) = 21 I (0) + S(n ) × cos( 2 p nx ) dn +¥ S(n ) = -¥ ò [I( x ) - 1 2 I (0)]× cos( 2 p nx ) dx -¥ Auswertung eines FT-IR-Messung: – ohne Probe wird S(n) gemessen, mit Probe S(n)×T(n) – aus der Transmission T(n) wird über die komplexe dielektrische Funktion und die Eichung die Reflexion R(n) bestimmt. 4. Optische Spektroskopie Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Die Intensität der Messung I(x) bei Spiegelstellungen x und die spektrale Intensität S(n) bei Wellenzahlen n sind über die Fouriercosinusfunktion verknüpft. Da man nur endliche Spiegelwege verfahren kann behilft man sich mit Fensterfunktionen D(x) bzw. D(n) im Integral. In experimentellen Daten nicht w w, sondern n = 2p –– gemessen und entsprechend angegeben. Fazit: FT-Spektroskopie besticht durch einfachen Messaufbau und Modellierung, aber die Auflösung ist geringer als bei Raman- und Lumineszenzspektroskopie. 4. Optische Spektroskopie Literatur Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Literatur zur FT-IR-Spektroskopie – P.R. Griffith, J. A. de Haseth, Fourier Transform Infrared Spectrometry, John Wiley & Sons, New York 1986. – H. Volkmann, Handbuch der Infrarot-Spektroskopie, Verlag Chemie, Weinheim 1972. – B. Schrader (ed.), Infrared and Raman Spectroscopy. Methods and Applications, Wiley-VCH, Weinheim 1995. – S. Perkowitz, Optical characterization of semiconductors: infrared, raman, and photoluminescence spectroscopy, Techniques of Physics 14, Academic Press, San Diego (CA) USA 1993. – H. Günzler, H.M. Heise, Infrarot-Spektroskopie, Eine Einführung, Wiley-VCH, Weinheim 1996. – B.C. Smith, Fundamentals of Fourier Tramsform Infrared Spectroscopy, CRC Press, Boca Raton (FL) USA 1996. Literatur Charakt Hableiter-Mat Matthias Bickermann Literatur zur Raman-Spektroskopie – W. Hayes, R. Loudon, Scattering of Light by Crystals, John Wiley & Sons, New York 1978 (Dover Publications, Mineola (NY) USA 2004) – D.A. Long, Raman Spectroscopy, McGraw-Hill, Maidenhead (GB) 1977. – W.H. Weber, R. Merlin (Eds.), Raman Scattering in Materials Science, Springer Series in Materials Science 42, Springer-Verlag, Berlin 2000. – G. Turrell, J. Corsett (Eds.), Raman Microscopy - Developments and Applications, Elsevier Academic Press, San Diego (CA) USA 1996. – H. Ibach, H. Lüth, Festkörperphysik, Springer-Verlag, Heidelberg 1990. – M. Cardona, G. Güntherrodt (eds.), Light Scattering in Solids II (Basic Concepts and Instrumentation), Topics in Applied Physics 50, Springer-Verlag, Berlin 1982. – C. A. 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