Didaktik der Bruchrechnung

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Didaktik der Bruchrechnung
Gliederung
1. Gemeine Brüche, Bruchzahlen,
Dezimalbrüche
2. Konzepte zur Behandlung der
Bruchrechnung
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
4. Typische Fehler beim Rechnen mit Brüchen
– Ergänzung
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche



Systematische Behandlung im 6. Schuljahr
(nur positive rationale Zahlen)
1
In der Grundschule schon kg,
4
aber 1,45 m wird noch nicht als
Dezimalbruch verstanden
Gemeine Brüche und Dezimalbrüche
3
Gemeiner Bruch, z. B.
4
Dezimalbruch, z. B. 0,75
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche

Bruchzahlen: gleichwertige (äquivalente) Brüche (z. B.
6
und 8 ) werden jeweils in Äquivalenzklassen
zusammengefasst.
3
4
a a '

  a ', b '   und a  b '  a ' b 
b b '

a a '

  a ', b '   und a  b '  a ' b 
b b '

Brüche, die durch Erweitern oder Kürzen aus einem
gegebenen Bruch hervorgehen, sind gleichwertig und
damit Repräsentanten derselben Bruchzahl.
Eine Bruchzahl wird durch einen gemeinen Bruch (einen
Repräsentanten der Äquivalenzklasse) benannt.
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche
Weitere Bezeichnungen:
 Kernbruch: vollständig gekürzter Bruch
1
 Stammbruch: Zähler 1, z. B.
4
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche

Vergleich zwischen gemeinen Brüchen und
Dezimalbrüchen:
• Handelndes Lernen und Veranschaulichungen sind
leichter bei gemeinen Brüchen.
• Zur einsichtigen Begründung der Multiplikation
sind gemeine Brüche notwendig.
• Problematik der unendlichen Dezimalbrüche.
• Geringerer Rechenaufwand für Multiplikation und
Division bei gemeinen Brüchen.
• Exakte Werte eher bei gemeinen Brüchen.
• Die Darstellung der Bruchzahlen mit
Dezimalbrüchen ist (im Wesentlichen) eindeutig.
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche
• Innermathematisch notwendig sind gemeine Brüche
(s. uneingeschränkte Durchführbarkeit der Division,
außer durch 0; Wahrscheinlichkeitsrechnung;
Formeln; Algebra, dort insbesondere
Gleichungslehre)
• Hoher praktischer Nutzen für Messungen u.ä. bei
Dezimalbrüchen, also im Alltag üblicher
1. Gemeine Brüche,
Bruchzahlen, Dezimalbrüche
• Die Schreibweise der Dezimalbrüche stellt eine
natürliche Erweiterung der Stellenwertschreibweise
für natürliche Zahlen dar.
• Größenvergleich ( m. a. W. Anordnung,
Kleinerrelation) einfacher bei Dezimalbrüchen
• Addition und Subtraktion vertrauter bei
Dezimalbrüchen, jedoch eingeschränkt auf endliche
Dezimalbrüche
• Sollen gemeine Brüche vor, nach oder parallel zu den
Dezimalbrüchen behandelt werden?
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Was ist eine Bruchzahl? Verschiedene Antworten.

Vier Konzepte bieten je eine Antwort:
• Größenkonzept: Eine Bruchzahl ist eine Größe.
• Äquivalenzklassenkonzept: Eine Bruchzahl ist eine Äquivalenzklasse.
• Gleichungskonzept: Eine Bruchzahl ist die Lösung einer linearen
Gleichung.
• Operatorkonzept: Eine Bruchzahl ist eine Funktion (Operator).
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung
1. Größenkonzept: Die Bruchzahl mn wird hierbei als eine Größe
betrachtet, nämlich



m
n
E (E bezeichnet die Einheit)
Vgl. den Maßzahlaspekt der natürlichen Zahlen
1
3
Man geht von konkreten Brüchen wie 2 m, 4 Stunde,
die den SuS aus dem täglichen Leben vertraut sind.
1
2
kg aus,
Die sprachlichen Unterscheidungen zwischen
„konkreter/gemeiner Bruch“, „Bruch“ und „Bruchzahl“ sind für
den Lehrer von Bedeutung, aber nicht unbedingt von den
Schülern zu fordern.
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Einige Vor- und Nachteile des Größenkonzeptes:

Alltagsbezug

Anschauliche Behandlung von:


Erweitern, Kürzen

Anordnung

Addition, Subtraktion
Multiplikation, Division: nicht generell, sondern nur für
Sonderfälle im Sinne dieses Konzepts einführbar.
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung
2. Äquivalenzklassenkonzept
 Äquivalenzrelation: auf der Menge der
geordneten Paare natürlicher Zahlen: (x,y) ist
äquivalent zu (u,v) genau dann wenn x·v=y·u
3
 Die Bruchzahl
ist die Äquivalenzklasse
4
{(a,b)|a, b 
 und 3·b = 4·a}

= {(3,4), (6,8), (9,12), ...}.
Ein Bruch ist ein Repräsentant genau einer
Äquivalenzklasse.
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Einige Vor- und Nachteile des Äquivalenzklassenkonzeptes:

Vorteile in der Hochschulmathematik:


Schema der Klassenbildung, also der Zusammenfassung gleichwertiger
Brüche zu einer Bruchzahl
Direkte Rückführung des Rechnens mit Bruchzahlen auf das Rechnen
mit natürlichen bzw. ganzen Zahlen, aber
(a, b) + (c, d) ≠ (a+c, b+d)

Schwerwiegende Nachteile für den Schulunterricht:

Formale Definitionen statt anschaulicher Vorstellungen

Fehlende Bezüge zum Vorwissen

Anwendungsferne
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung
3. Gleichungskonzept
m
 Die Bruchzahl
n ist die Lösung der
Gleichung n·x = m mit n, m   .

Beispiele für Addition und die Multiplikation:
7 3
 ?
3 5
3x  7, 5y  3
3 5
 ?
4 7
4x  3, 7y  5
 15x  35, 15y  9 (Erweitern)
 (4  7)(x  y )  3  5
 15(x  y )  44 (Gleichungen addieren)
44
x y 
15
7 3 44
also:  
3 5 15
35
47
3 5 15
also:  
4 7 28
 x y 
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Einige Nachteile des Gleichungskonzepts:
• Irritationen bzgl. der Gleichungslehre:


Lösbarkeit von Gleichungen (hier: Gleichungen stets lösbar mit
eindeutiger Lösung, i. A.: Gleichungen können keine, genau
eine, endlich viele, unendlich viele Lösungen haben)
Bedeutungen von Variablen (hier: Variable als Namen für
jeweils eine feste Zahl)
• Formale Verfahren zu Ungunsten der Anschauung
• Fehlende Begründungen der Rechengesetze, z. B. des
Kommutativgesetzes
• Schwierige Einführung der Division
• Anwendungen der Bruchzahlen als Maßzahlen von Größen schwer
erklärbar
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung
4. Operatorkonzept
 Kurze Blütezeit dieses Konzeptes in Deutschland in
den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, in
verschiedenen Varianten

Bruchzahlen werden als Operatoren (Funktionen) aufgefasst
und mit Hilfe von „Maschinen“ konkretisiert; z. B. Eingabe: x,
3
Ausgabe: 4 x
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Zunächst Behandlung von Multiplikationsoperatoren (·m)
und Divisionsoperatoren (:n), hier vereinfacht dargestellt:
Vorstellung: Maschine streckt den Stab


m
n
Vorstellung: Maschine teilt den Stab
in n gleich lange Teile
Der Bruchoperator ( ) wird als Verkettung der zwei obigen
m
Operatoren (Funktionen) dargestellt: ( n )  (m )  (: n )  (: n )  (m )
2. Konzepte zur Behandlung der Bruchrechnung

Einige Vor- und Nachteile des Operatorkonzeptes:
• Mathematisch systematischer Aufbau der Bruchrechnung möglich
• Kürzen und Erweitern durch Herausnehmen bzw. Einfügen von
Operatorpaaren, jedoch wenig anschaulich
z. B.
6
3
( )  (6)  (: 8)  (3)  (2)  (: 2)  (: 4)  (3)  (: 4)  ( )
8
4
• Multiplikation als Verkettung von Bruchoperatoren
• Komplizierte Addition und Subtraktion, erst nach Multiplikation
und Division
• Fehlende Anknüpfung an das Vorwissen zu Brüchen
• Anwendungsferne und teilweise fehlende Anschaulichkeit
• Hoher Zeitaufwand für Operatorbegriff
3. Zur Einführung der Bruchzahlen


Geringe Vorkenntnisse der Schüler: Es ist erforderlich, längere Zeit auf der
anschaulichen Ebene zu arbeiten
Komplexität der Bruchzahlen:
Bruchzahlaspekte:
- Teil vom Ganzen (Teil eines Ganzen, Teil mehrerer Ganzen)
3
- Maßzahl (zur Bezeichnung von Größen, z. B. 4 Stunde)
- Operator (auf Größen anzuwendende multiplikative Handlungsanweisungen)
- Verhältnis
- Quotient
- Lösung einer Gleichung
- Skalenwert (Bezeichnung von Stellen auf einer Skala, z. B. Tankskala im Auto)
- Quasikardinalität (der Bruch a wird aufgefasst als Größe mit der Maßzahl a
b
und der Größeneinheit 1 )
b
3. Zur Einführung der Bruchzahlen



Zusammenhänge zwischen den Aspekten (Bruchzahlaspekte
überlappen sich in verschiedener Hinsicht)
Aspekte, die für die Schule grundlegend sind: Teil vom Ganzen,
Maßzahlaspekt, Operatorkonzept bei Multiplikation („VonAnsatz“)
Vier Schreibweisen für Bruchzahlen, als
3





Gemeiner Bruch, wie 4
Dezimalbruch , wie 0,75
Verhältnis bzw. Quotient, wie 3:4
Prozentwert, wie 75 %
verschiedene Repräsentationen von Bruchzahlen mittels Bilder:




Rechtecke (Quadrate)
Kreise
Mengen
Zahlenstrahl
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Erweitern und Kürzen
 Ikonische Darstellung am Quadrat, Kreis
oder Zahlenstrahl
 Enaktive Repräsentation mittels Falten
von Papier
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Größenvergleich


Leichter Vergleich bei Stammbrüchen (Zähler gleich
1) und bei gleichnamigen Brüchen
Erst anschaulicher und variantenreicher Vergleich,
später schematischer Vergleich mit Bildung des
Hauptnenners
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Addition
Anschauliche Wege, z.B. Strecken geeignet
hintereinander legen
 Additionskalkül (KG, AG u.a.)
Fehler:

3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Subtraktion

Als Umkehrung der Addition,
Lösung der Gleichung:
a
b
x 
n
n
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Multiplikation

Anschauliche Wege, z.B. Flächeninhalt eines Rechtecks:
z.B. 2/3·4/5 = ?
Wir unterteilen das Einheitsquadrat in 3·5=15
flächeninhaltsgleiche Rechtecke (dies entspricht dem
Produkt der Nenner), also hat jedes Teilrechteck den
Flächeninhalt 1/15 m2. Hiervon nehmen wir 2·4=8
Rechtecke (dies entspricht dem Produkt der Zähler),
also gilt F = 8/15 m2 = 2·4/3·5 m2. Soll die
Flächeninhaltsformel auch für Rechtecke mit
Bruchzahlen als Maßeinheiten gültig bleiben, bedeutet
dies: F = 2/3·4/5 m2.
Insgesamt folgt: 2/3·4/5 = 2·4/3·5


Von-Ansatz
Neue Erfahrung: Anders als beim Rechnen mit natürlichen Zahlen
kann die Multiplikation mit einer Bruchzahl eine Verkleinerung
bewirken.
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Fehler:
3 5 15
 
8 8 8
3 15
5 
8 40
3 5 15
 
8 8 16
4 4 8
 
9 7 63
1 1
1
6  6
3 4
12
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Division

Als Umkehrung der Multiplikation,
Lösung der Gleichung:
a x  b
3. Zur Einführung der Bruchzahlen



Rechengesetze: Frage nach der Gültigkeit von
KG, AG, Existenz und Eindeutigkeit von NE,
Existenz und Eindeutigkeit von IE bei den
einzelnen Rechenoperationen
Eigenschaft der Dichtigkeit der Bruchzahlen:
Zwischen je zwei verschiedenen Bruchzahlen
liegen unendlich viele Bruchzahlen
Dezimalbrüche: abbrechende, periodische
Bemerkung: 0, 9  1
3. Zur Einführung der Bruchzahlen
Dezimalbrüche - Hauptfehler beim Zahlverständnis
(nach Padberg, Beiträge zum MU 2008)
SuS fassen Nachkommazahl als natürliche Zahl auf, z. B.
7,654 als siebenKOMMAsechshundertvierundfünfzig(stel).
Daher wird die 6 im Beispiel folgerichtig als Hundertstel
gedeutet.
Hilfreich: Bei der Erweiterung des Stellenwertsystems in
Klasse 5/6 Veranschaulichung der Stellenwerte z. B. durch
Zehnerblöcke.
4. Typische Fehler beim Rechnen mit Brüchen
– Ergänzung
Typische Fehler bei der Addition und Subtraktion
von Brüchen
Siehe:
Eichelmann, A., Narciss, S., Schnaubert, L., Melis, E.:
Typische Fehler bei der Addition und Subtraktion von
Brüchen – Ein Review zu empirischen Fehleranalysen.
In: R. Biehler, P. Scherer, R. Sträßer (Hrsg.). Journal
für Mathematik-Didaktik, Band 33, Heft 1.
Heidelberg: Springer, 2012, S. 29–57.
(hier insbesondere die Tabellen 2, 9 und 10)
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