w ASTRONOMIE UND PRAXIS: BEOBACHTUNGEN Wie der Sonnenwind weht Teil 2: Geomagnetische Stürme und Polarlichter Charakteristische Sonnenwindstrukturen verursachen Störungen im Magnetfeld der Erde. Diese geomagnetischen Stürme können so stark sein, dass sie auch weit abseits der arktischen Regionen Polarlichter auslösen. Wie häufig treten solche Ereignisse innerhalb eines Aktivitätszyklus der Sonne aufund welche Besonderheiten kennzeichnen diejenigen Polarlichter, die an unserem Himmel sichtbar sind? Von Michael Hunnekuhl ························ ········· ··············· IN KÜRZE • • : : : : : : : : : : : : : • Ein verstärktes Einströmen von Sonnenwind und ein Druckanstieg im Sonnenwind können starke Störungen des Erdmagnetfelds und Polarlichter hervorrufen . Unter dem Einfluss geomagnetischerStürme vergrößern sich die typischen Polarlichtovale in Richtung des Äquators. So können intensive und dyna mi sche Leuchtersche inungenauch in mittleren geografischen Breiten auftreten . Innerhalb des zurückliegenden 23. Sonnenzyklus wurden elf intensive geomagnetische Stürme beobachtet. Auch in den kommenden Jahren ist mit Stürmen zu rechnen, die im deutschen Sprachraum sporadisch Polarlichter hervorrufen werden . : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : ········· ··· ···· ·· ···· ······· ···· ·· ······ ··· ···· ······ · 70 März 2014 ine nahezu lückenlose und zyklusübergreifende Vermessung des erdnahen Sonnenwinds gelang erstmals während des zurückliegenden 23. Aktivitätszyklus der Sonne. Dabei schufen die Sonnenforschungssatelliten Wind, ACE (Advanced Composition Explorer) und Soho (Solar and Heliospheric Observatory) eine umfassende Datenbasis. Kombiniert mit erdgebundenen Magnetfeldmessungen, bildet sie das Fundament für eine Vielzahl statistischer Studien. Das Ziel dieser Untersuchungen ist es, spezifische Strukturen im Sonnenwind zu identifizieren, die starke Störungen des Erdmagnetfelds, die so genannten geomagnetischen Stürme, hervorrufen können. Des Weiteren ermöglichen die Daten Aussagen darüber, wie häufig die Störungen in den verschiedenen Phasen des Zyklus auftraten. Auch für Himmelsbeobachter in Mitteleuropa sind diese Ergebnisse von Interesse, da starke geomagnetische E Stürme in mittleren geografischen Breiten Polarlichter auslösen können. Diese Aspekte möchte ich im vorliegenden zweiten Teil dieses Beitrags näher betrachten . Am häufigsten treten Polarlichter innerhalb zweier um die geomagnetischen Pole zentrierter Zonen auf, die eine leicht deformierte, ringförmige Struktur aufweisen (siehe Bild aufS. 72 oben). Diese >> Polarlichtovale<<sind nahezu fest zur Sonne orientiert, während die Erde sich unter ihnen dreht. Der dabei von einem Oval überstrichene Bereich der Erdoberfläche wird als Polarlichtzone bezeichnet. Entlang der Polarlichtovale sind diffuse Polarlichter ein alltägliches Phänomen, sofern das Wetter einen freien Blick auf den Himmel gestattet. Doch nicht immer werden diese Erscheinungen durch starke Störungen im Sonnenwind verursacht : Einige hundert Mal pro Jahr erzeugen Neuverknüpfungen von Feldlinien im sonnenahgewandten Teil des Erdmagnetfelds kleinere Störungen, so genannte >>Substorms«, die in den STERNE UND WELTRAUM Michael Hunnekuhl Leuchtkräftige, dynamische Polarlichter Polarlichtzonen leuchtkräftige und dynamische Polarlichter auslösen. je weiter abseits dieser Polarlichtzonen ein Beobachtungsort liegt, desto seltener ist das farbige Himmelsleuchten dort sichtbar. Sollen Polarlichter in mittleren geografischen Breiten auftreten, dann müssen spezielle Bedingungen erfüllt sein: Starke Störungen im Sonnenwind in Verbindung mit einem südwärts gerichteten erdnahen interplanetaren Magnetfeld (englisch: interplanetary magnetic field, IMF). Hierbei ist das interplanetare Magnetfeld auf der sonnenzugewandten Seite der Erde entgegengesetzt zum Erdmagnetfeld ausgerichtet, wodurch eine Kopplung beider Felder begünstigt wird (siehe Grafik auf S. 72 unten). Sie erfolgt quasi pulsierend in so genannten Flux-TransferEvents, bei denen die Sonnenwindpartikel die äußere Grenze des Erdmagnetfelds die Magnetopause- überwinden. Die Partikel strömen dann sehr effizient in das Erdmagnetfeld ein und deponieren dort www.sterne-und-weltraum.de große Energiemengen. Diese können ihrerseits Instabilitäten und ausgeprägte Plasmaströmungen im Erdmagnetfeld hervorrufen und in letzter Konsequenz geomagnetische Stürme und intensive Polarlichter auslösen. Über Jahrzehnte hinweg galten Strahlungsausbrüche auf der Sonne (englisch: Flares) als Hauptverursacher von starken Sonnenwindstörungen und damit als solarer Ursprung starker geomagnetischer Stürme. Nach der Entdeckung der koranalen Massenauswürfe (englisch: coronal mass ejection, CME) in den 1970er Jahren hat sich diese Sichtweise jedoch gewandelt. Unter Wissenschaftlern besteht heute ein breiter Konsens darüber, dass lassen sich in der Umgebung der magnetischen Pole der Erde nahezu täglich beobachten. Die Aufnahme entstand am 24. Januar 2012 im schwedischen Solberget nahe Nattavaara. Bei einem geomagnetischen Sturm treten Polarlichter jedoch auch in Gegenden auf, in denen sie gewöhnlich nicht sichtbar sind. ·· ···· ······ ··· ·· ···· ·· ····· ··· ·········· ··· ····················· ··············· ······· ········ ··· ········ ·. Thema ))Weltraumwetter« Teill: Der solare Ursprung geomagnetischer Stürme Teil 2: Geomagnetische Stürme und Polarlichter Februar 2014 März 2014 März 2014 71 Polarlichter treten zumeist in ringförmigen Gebieten auf, welche die magnetischen Pole umschließen. Während eines geomagnetischen Sturms kann sich ein solches »Polarlichtoval« weit in Richtung des Äquators ausdehnen- so auch am 13. Juli 2000, als sich das mit der NASA-Sonde Polar beobachtete Oval bis in die USA (unten) und nach Europa (rechts oben) erstreckte. Die Magnetosphäre der Erde unterliegt dem ständigen Einfluss des Sonnenwinds (links), in den das interplanetare Magnetfeld (IMF) eingelagert ist. Die Partikel des Sonnenwinds dringen besonders effizient in die Magnetosphäre ein, wenn das IMF nach Süden- entgegengesetzt zum Erdmagnetfeld- verläuft. Ursächlich für die in niedrigen Breiten sichtbaren Polarlichter sind Elektronen, die während eines geomagnetischen Sturms aus der Überlappzone zwischen Plasmasphäre und Ringstromzone äquatorwärts der Polarlichtovale in die Ionosphäre einströmen (siehe Ausschnitt). Hingegen werden die typischen Polarlichter innerhalb der Polarlichtovale durch in der Plasmaschicht beschleunigte Elektronen ausgelöst, insbesondere durch nSubstorms«. koronale Massenauswürfe sowie schnelle Sonnenwindströmungen aus koranalen Löchern die solaren Quellen für ausgeprägte Störungen im sonnennahen Sonnenwind sind, die sich mit der Strömung im interplanetaren Raum ausbreiten. Wie im ersten Teil dieses Beitrags ausführlich dargestellt, gehen aus beiden Quellen charakteristische Sonnenwindstrukturen hervor {siehe SuW 2/2014, S. 72): • Gleichsinnig rotierende Wechselwirkungsgebiete: Schnelle Sonnenwindströmungen aus koranalen Löchern treffen auf langsameren Sonnenwind, der aus anderen Regionen der Korona entweicht. In der Wechselwirkungszone wird der Sonnenwind komprimiert und aufgeheizt Solche Zonen breiten sich auf einer spiralförmigen Bahn durch den interplanetaren Raum aus. Fachleute sprechen von »gleichsinnig rotierenden Wechselwirkungsgebieten<< (englisch: corotating interaction region, CIR). Bei ausreichend hoher Differenzgeschwindigkeit bilden sich hierin Stoßfronten aus, in denen der Druck des Sonnenwinds abrupt ansteigt. • Interplanetare koronale Massenauswürfe : Koranale Massenauswürfe der Sonne expandieren mit Geschwindigkeiten von teilweise mehr als 2000 Kilometern pro Sekunde in den interplanetaren Raum. Sie manifestieren sich dort durch schlaufenförmige Plasmastrukturen mit verdrillten Magnetfeldlinien. Diese Strukturen werden als interplanetarer koranaler Massenauswurfbezeichnet (englisch: interplanetary coronal mass ejection, ICME). Treffen interplanetare koronale Massenauswürfe bei ihrer Ausbreitung auf das Erdmagnetfeld, so können sie hierin bei günstiger Ausrichtung des interplanetaren Magnetfelds geomagnetische Stürme hervorrufen, die ich im Folgenden näher betrachte. Geomagnetische Stürme Ein verstärktes Einströmen von Sonnenwind bei gleichzeitiger Südausrichtung des interplanetaren Magnetfelds und ein Druckanstieg im Sonnenwind können starke Störungen des Erdmagnetfelds hervorrufen. Mit dem Einsetzen eines solchen geomagnetischen Sturms geht Sonnenwind interplanetares Magnetfeld südlich ausgerichtet 72 März 2014 STERNE UND WELTRAUM auch ein Dichte- und Energieanstieg im äußeren Van-Allen-Gürtel einher. Er um- Glossar gibt die Erde wie ein Torus, in ihm sind relativistische Elektronen gefangen. Die Ost-Index: Eine in Nanotesla angegebene Kenngröße, welche die Stärke geomagne- Energiezufuhr durch den Sonnenwin d tischer Stürme charakterisiert. Sie wird aus Magnetfeldmessungen an vier Stationen lässt d ie Partikel tiefer in das Erdmagnet- ermittelt, die sich bei niedrigen geografischen Breiten befinden. Der während des feld eindringen, wo sie kostenintensive Sturms a uftretende mi nimale Index wird mit Dstp bezeichnet.Je kleiner er ist, desto Störungen oder gar Funktionsausfälle in stärker ist der Sturm. Satelliten verursachen können, insbeson- Elektronvolt: Diejenige Energie, die ein Ele ktron gewinnt, wenn es innerhalb eines dere auf polaren Umlaufbahnen. elektrischen Felds mit einer Potenzialdifferenz von einem Volt beschleunigt wird ; Starke Druckstöße im Sonnenwind beeinflussen auch die Lage der äußeren ein Kiloelektronvolt ist das Tausendfache dieser Energie, ein Gigaelektronvolt das Milliardenfache. Grenze des Erdmagnetfelds, der »Magne- Flare-Kiassen: Die bei e inem solaren Strahlungsausbruch (englisch : Flare) freigesetz- topause «. Sie wirkt wie ein Schutzschild te elektromagnetische Strahlung reicht von den Radio- bis zu den Röntgenwellen - gegen die ansträmenden elektrisch ge- längen . Abhängig von ihrer Röntgenintensität im Wellenlängenbereich zwischen ladenen 0,1 und 0,8 Nanometer klass ifiziert man die Ausbrüche mit zunehmender Stärke Partikel. Der überwiegende Teil von ihnen wird am Erdmagnetfeld als B-, C-, M-und X-Fiares. Jede dieser Klassen wird nochmals mit Ziffern von 0 bis 9 vorbeigelenkt Mitunter können jedoch unterteilt. Druckstöße die Magnetopause so weit in Flux-Transfer-Events: Eine pulsierende Kopplung des Erdmagnetfelds mit dem inter- Richtung Erde verlagern, dass sie zeitwei- planetaren Magnetfeld, bei der die Partikel des Sonnenwinds die äußere Grenze des se innerhalb der Umlaufbahn geostatio- Erdmagnetfelds- die Magnetopause- überwinden. närer Satelliten liegt. Die nun außerhalb Geomagnetische Stürme: Sta rke Störungen im Erdmagnetfeld, die durch das ver- der Magnetopause befindlichen Satelliten stär kte Einströmen von Sonnenwind bei einer Südausrichtung des interplanetaren sind den hochenergetischen Teilchen des Magnetfelds und durch einen Anstieg des Drucks im Sonnenwind entstehen . Sonnenwinds ungeschützt ausgesetzt. Ground Level Enhancement: Extreme Solar Proton Events {SPE), die sich auch auf dem Geomagnetische Stürme rufen zudem starke Stromflüsse in der Ionosphäre her- Erdboden mit Neutronendetektoren nachweisen lassen . Hier werden die Sekundärprodukte der Wechselwirkung hochenergetischer Protonen mit Atomen und Molekü- vor, die Satellitennavigationssysteme wie len in der unteren Ionosphäre registriert. das Global Positioning System (GPS) und Hochgeschwindigkeitsströmungen im Sonnenwind: Die schnelle Sonnenwindströ- Funkverbindungen beeinflussen. In den mung nach dem Durchgang eines CIR (englisch : high-speed streams, HSS). Polarlichtzonen und ihrer Umgebung Filamenteruption: Eine Sonnenprotuberanz oder ein Filament kann instabil werden, werden darüber hinaus in ausgedehnten sich von der Sonnenoberfläche lösen und nach oben steigen. ln der Folge kann ein Strom-, Pipeline- und auch Eisenbahn- koranaler Massenauswurf entstehen ; man spricht dann von einer Filamenteruption. netzen erhebliche Stromflüsse induziert. Interplanetarer koranaler Massenauswurf: Korenale Massenauswürfe {CME), die sich Während sehr starker geomagnetischer in den interplanetaren Raum ausbreiten, bilden schlaufenförmige Plasmastrukturen Stürme traten großflächige Stromausfäl- mit verdrillten Magnetfeldlinien . ln ihrem Inneren strömt relativ kühles Plasma mit le auf, beispielsweise im Herbst 2003 in hoher Dichte und Magnetfeldstärke durch die Schlaufe. Diese Strukturen werden Schweden und im März 1989 in Kanada. als interplanetarer koranaler Massenauswurf bezeichnet (englisch : interplanetary In den Stoßfronten vor einem sehr energiereichen koranalen Massenaus- coronal mass ejection, ICME). Polarlichtovale: Die meisten Polarlichter treten innerhalb ringförmiger Zonen auf, die wurf werden Protonen auf Energien von um die geomagnetischen Pole der Erde zentriert sind . Ihre Form erscheint von oben bis zu einem Gigaelektronvolt beschleu- betrachtet ovalförmig. Diese »Polarlichtovale« sind nahezu fest zur Sonne orientiert, nigt. Hochenergetische Protonen aus ei- während die Erde sich unter ihnen dreht. Die von ihnen überstrichenen Gebiete wer- nem solchen »Solar Proton Event<< (SPE) den als Polarlichtzone bezeichnet. durchdringen das Erdmagnetfeld nahezu Solar Proton Event {SPE): Innerhalb von Stoßfronten, die einem sehr energiereichen ungehindert und führen im erdnahen Or- CME vorausgehen, werden Protonen auf Energien von bis zu einem Gigaelektronvolt bit zu einer signifikant erhöhten Strahlen- beschleunigt; man spricht von einem ,, Solar Proton Event« (SPE). Die hochenerge- belastung für Astronauten. Während des tischen elektrisch geladenen Parti kel eines SPE können das Erdmagnetfeld nahezu 23. Sonnenzyklus wurden 92 solcher Ereig- ungehindert durchdringen und im erdnahen Orbit zu einer signifikant erhöhten nisse nachgewiesen. Strahlenbelastung für Astronauten führen. In extremen Fällen lassen sie sich auch auf dem Erdboden mit Neutronendetek- Stabiler roter Aurorabogen (englisch: stable auroral red arc, SAR-arc): Ein weit aus- gedehntes und tiefrotes Polarlicht bei der Wellenlänge von 630 Nanometern, das bei toren nachweisen, die Sekundärprodukte einem geomagnetischen Sturm außerhalb der Polarlichtovale auftritt. der Wechselwirkung hochenergetischer Van-AIIen-Gürtel: Gebiete, die mit energiereichen geladenen Teilchen gefüllt sind, Protonen mit Atomen und Molekülen umgeben die Erde. Ihre Form ähnelt einem Torus oder Doughnut. Diese nach ihrem in der unteren Ionosphäre registrieren. Entdecker, dem US-amerikanischen Astrophysi ker James Van Allen {1914-2006) In diesem Fall spricht man von einem benannten »Strahlungsgürtel « wurden erstmals im Jahr 19S8 mit dem ersten US- Ground Level Enhancement {GLE) . Wäh- Satelliten, Explorer I, nachgewiesen . rend des 23. Sonnenzyklus wurden inswww.sterne-u nd-w elt raum .de Mä rz 2014 73 Klassifikation geomagnetischer Stürme eomagnetische Stürme werden durch den »Ost-Index« charakterisiert. Er wird aus Magnetfeldmessungen an vier Messstationen berechnet, die sich auf niedriger geografischer Breite befinden.ln jeder dieser Stationen wird die Änderung der horizontalen Komponente des Erdmagnetfelds im Lauf einer Stunde gemittelt. Die Werte aller vier Stationen werden dann wiederum gemittelt und im Ost-Index zusammengefasst: Je negativer der minimale Index Dstp ist, desto stärker ist der Sturm. Stürme mit minimalen Dst-lndexwerten zwischen- 50 und -100 Nanotesla (nT) werden als schwache, solche mit -100 nT :s Dstp < -2SO nT als starke, diejenigen mit -250 nT :s Dstp < -400 nT als sehr starke und jene mit Dstp :s -400 nT als extreme geomagnetische Stürme bezeichnet. ln einer umfangreichen, sonnenzyklusübergreifenden statistischen Studie identifizierte ein Forscherteam um Ezequiel Echer für den Zeitraum 1957 bis 2008 insgesamt 1377 geomagnetische Stürme mit einem Dstp-Wert von weniger als -50 Nanotesla . Aus der großen Anzahl der Ereignisse leiteten die Wissenschaftler eine empirische Verteilungsfunktion ab, die eine exponentielle Abnahme der Sturmwahrscheinlichkeit mit abnehmenden Dstp-Werten beschreibt: G 14. März 1989 und am 20. November 2003. Echer und Mitarbeiter weisen in ihrer Veröffentlichung darauf hin, dass bei diesen extremen Ereignissen möglicherweise grundlegend andere physikalische Entstehungsmechanismen wirksam sind. Daher beschränken sie die Gültigkeit ihrer empirischen Verteilungsfunktion auf Stürme mit Dstp > - 300 nT. 40.------------------------------------. • 30 Geomagnetische Stürme 1. Jan.1990 bis 1. Okt. 2013 Ost. < -100 Nanotesla .<::: gJ <: 20 <( 10 -150 -200 -250 -300 -350 Dst. in ± 5 Nanotesla -400 Die Häufigkeit geomagnetischer Stürme sinkt rapide mit abneh- Dementsprechend sind extrem starke geomagnetische Stürme auch extrem selten (siehe Grafik}. Seit dem Jahr 1957 wurden lediglich fünf Stürme dieser Kategorie beobachtet: am 13. September 1957, am 11. Februar 19S8, am 15. Juli 1958, am gesamt 15 GLE nachgewiesen, und jedem folgte ein geomagnetischer Sturm. Die in einem GLE auftretenden Protonen überwinden auf Grund ihrer hohen Energie, die sie im entsprechenden Solar Proton Event erhalten, die Distanz Sonne Erde innerhalb von nur etwa 15 bis 60 Minuten. Daher treten sie bereits kurz nach dem Flare auf, der mit dem ursächlichen koranalen Massenauswurf freigesetzt wird. Von den 15 nachgewiesenen GLEs folgten 13 einem starken solaren Röntgenilare der Klasse X und jeweils ein GLE einem schwächeren Flare der Klasse M beziehungsweise C. Nach einem Solar Proton Event können auf Interkontinentalflügen, die durch die Polregion führen, Flugpersonal und Passagiere einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt sein. Sobald ein starker SPE auftritt, werden solche Flüge über ein Frühwarnsystem auf niedrigere Flughöhen oder andere Routen umgeleitet. Leuchtkräftige Polarlichter abseits der mittleren Polarlichtzonen sind eine weitere, sehr markante Folge geomagnetischer Stürme. 74 März 2014 mendem minimalem Ost-Index (Dstp). Dargestellt ist die Häufigkeitsverteilung starker, sehr starker und extremer geomagnetischer Stürme im Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 1. Oktober 2013, aufgetragen in Intervallen von zehn Nanotesla. Die Intensität eines geomagnetischen Sturms wird entscheidend von der Ausrichtung und Stärke des interplanetaren Magnetfelds in der Umgebung der Erde bestimmt. Es nimmt, über einen längeren Zeitraum betrachtet, in Erdnähe jede beliebige Richtung an. Da das Erdmagnetfeld in Richtung Sonne nach Norden ausgerichtet ist, koppeln in Zeiten ausgeprägter Südausrichtung Erd- und interplanetares Magnetfeld effizient aneinander. Anschaulich gesprochen, verschmelzen die Feldlinien beider Felder in niedrigen geografischen Breiten auf der sonnenzugewandten Seite der Erde. Hierdurch kann der Sonnenwind sehr effizient in das Innere der Magnetosphäre einströmen und dort gleichzeitig große Energiemengen speichern, die bei spontanen Neuverknüpfungen von Magnetfeldlinien im sonnenahgewandten Teil des Erdmagnetfelds explosionsartig freigesetzt werden. Bei einem solchen >>Substorm« werden große Plasmamengen aus der Magnetosphäre in Richtung der polaren Ionosphäre beschleunigt. Ausnahmslos alle geomagnetischen Stürme im 23. Sonnenzyklus traten in Verbindung mit einer Südausrichtung des interplanetaren Magnetfelds auf. Wie häufig sind geomagnetische Stürme? Innerhalb des 23. Zyklus, der von Mai 1996 bis Januar 2008 dauerte, wurden insgesamt zehn sehr starke geomagnetische Stürme und ein extremer Sturm beobachtet. Ein Forscherteam um den brasilianischen Physiker Ezequiel Echer führt sieben dieser Ereignisse auf die charakteristischen Strukturen interplanetarer koranaler Massenauswürfe zurück. Unter diesen Bedingungen entstand auch der extrem starke Sturm am 20. November 2003. Des Weiteren untersuchte das Team die Häufigkeit von Sturmereignissen sowie deren jeweilige Verbindung mit Sonnenwindstrukturen in Abhängigkeit von der Sturmstärke (siehe KastenS. 76}. In einer anderen Arbeit schildert ein Team um Natalia Szajko am Institut für Astronomie und Astrophysik in Buenos STERNE UND WELTRAUM Aires den Zusammenhang von Sonnenwindstrukturen mit den 20 stärksten geomagnetischen Stürmen im 23. Sonnenzyklus. Den Wissenschaftlern gelang es, jeden dieser Stürme auf seinen solaren Ursprung zurückzuführen. Dabei charakterisierten sie die Stärke der Stürme durch den >>Dst-Index«, der in Nanotesla angegeben wird: Je negativer der ermittelte minimale Dst-Index ist, desto stärker ist der Sturm (siehe Kasten links). Alle untersuchten Ereignisse traten im Zeitraum von 1998 bis 2005 auf. Ihr minimaler Dst-Index lag stets unterhalb von - 197 Nanotesla. Den solaren Ursprung von insgesamt 19 Stürmen führen die Autoren auf koronale Massenauswürfe über aktiven Sonnenfleckengruppen zurück. Zwei traten in Verbindung mit jeweils einem Flare der Klasse C auf, neun mit einem Flare der Klasse M und sieben mit einem Flare der Klasse X. Von der Erde aus betrachtet waren die Flares im zentralen Bereich bis 20 Grad nördlich oder südlich beziehungsweise westlich oder östlich vom Zentrum der Sonnenscheibe lokalisiert. In einem Fall identifizieren die Forscher drei M-Flares, die innerhalb von etwa 80 Minuten auftraten. Einen sehr starken geomagnetischen Sturm führen sie auf eine Filamenteruption in Verbindung mit einem C-Flare zurück. Für die 20 stärksten geomagnetischen Stürme identifizieren sie jeweils einen interplanetaren koranalen Massenauswurf als auslösende Struktur im Sonnenwind, in zwölf Fällen mit magnetischer Wolke. In drei weiteren Fällen halten sie eine magnetische Wolke für wahrscheinlich. Der aus der Filamenteruption hervorgegangene interplanetare koronale Massenauswurf wurde durch eine schnelle Sonnenwindströmung komprimiert. Polarlichter in mittleren und niedrigen Breiten Seit mehr als zwei Jahrtausenden werden Polarlichterscheinungen sporadisch und weltweit auch auf niedrigen und mittleren Breiten dokumentiert. Im asiatischen Raum blieben sehr alte Beobachtungen erhalten: In Korea reichen sie bis in das Jahr 992 n . Chr. zurück, in Japan bis 620 n. Chr. und in China bis 193 v. Chr. Aus dem vorderen Orient sind detaillierte und datierbare Polarlichtbeschreibungen bis mindestens zurück in das Jahr 817 n. Chr. überliefert. Auch im antiken Mittelmeerra um sind viele Quellen bekannt, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Polarlichter beschreiben, beispielsweise das Werk >>Meteorologie« von Aristoteles (Buch 1, Kapitel 3 bis 6), das etwa 350 v. Chr. erschien. Weitere mögliche Beschreibungen finden sich in den Schriften >> Naturwissenschaftliche Untersuchungen« von Seneca aus dem Jahr 63 n. Chr. (Erstes Buch 14.1 bis 15.6) und in der 77 n . Chr. erschienenen >> Naturgeschichte<< (Zweites Buch, 22 bis 27) von Plinius dem Älteren. Eine umfangreiche Quellenübersicht zu antiken Polarlichtbeschreibungen bietet 35 24.-------------------------------------~ • 20 Geomagnetische Stürme 1. Jan.1990 bis 1. Okt. 2013 Dst. < -100 Nanotesla ~ c 30 L • Geomagnetische Stürme 1. Jan . 1990 bis 1. Okt. 2013 Dst. < -100 Nanotesla .E ~ '" . 25 [ 16 ::c der US-amerikanische Astrophysiker Richard Stothers in seiner Veröffentlichung >>Ancient Aurorae<< . Sehr alte und datierbare Polarlichtbeobachtungen stammen ausschließlich aus Gegenden, die außerhalb der Polarlichtzonen liegen und die seit jeher auch dichter besiedelt sind. Erst um das Jahr 1250 erschien die erste eindeutige Beschreibung nahe der heutigen Polarlichtzone. Der unbekannte Autor des norwegischen Werks >>Königsspiegel<< beschreibt es ausführlich und führt mehrere Erklärungsansätze auf. In deutscher Sprache wird es wahrscheinlich erstmals um das Jahr 1350 in dem >>Buch der Natur<< von Konrad von Megenberg erwähnt. Hier findet sich im Buch 1, Kapitell, die Strophe 12: >> Von den Feuern in den Lüften<<. Heute ist bekannt, dass helle Polarlichter außerhalb der Polarlichtzonen nur während starker geomagnetischer Stürme auftreten. Die Ursachen dieser Himmelserscheinung _waren lange unverstanden. Im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/ 58 wurde erstmals eine bis dahin unbekannte Form von Polarlichtern nachgewiesen, die abseits der Polarlichtovale auftreten. Sie strahlen bei einer Wellenlänge von 630 Nanometern und sind zumeist so leuchtschwach, dass sie sich visuell nicht beobachten lassen. Der Anteil an gelbgrünem Polarlicht mit einer Wellenlänge von 557,7 Nanometern ist dabei etwa 10- bis SO-fach geringer als der tiefrote LichtanteiL Letzterer wird u "' "' 15s:~ 0 .,l ..c 12 "0 20 ·· "' ~~ "'c o;u N <{ 8 5-~ <= :> ,._ '""' 00 -~ ö 10 4 .J::. >, ""' ~E " ~ §=ß I<= 5 I o·I I 0 1990 1995 2000 2005 Zeitraum in Jahren 2010 Starke geomagnetische Stürme treten überwiegend während des Aktivitätsmaximums der Sonne und in den Jahren danach auf. Die Häufigkeitsverteilung berücksichtigt starke, sehr starke und extreme geomagnetische Stürme im Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 1. Oktober 2013. www.sterne-und-weltraum.de Jan. I I I I I I I I I I Febr. März April Mai Jun i Juli 1 1 ~f Aug. Sept . Okt. Nov. Dez. Zeitraum in Monaten Geomagnetische Stürme treten verstärkt um den Frühlings- und Herbstanfang auf, da das Erdmagnetfeld zu dieser Zeit im Mittel effizienter an das interplanetare Magnetfeld koppelt. Im Dezember und Januar ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. Die Grafik berücksichtigt starke, sehr starke und extreme geomagnetische Stürme im Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 1. Oktober 2013 März 2014 75 Aktuelle Studien en Zusammenhang zwischen Sonnen- bezeichnet, eine Kombination a us Man- ICME und CIR kommt für sc hwache Stürme windstrukturenund starken geomag- telregion und magnetischer Wol ke al s SH/ eine weitere Quelle hinzu : Hochgeschwin- D netischen Stürmen untersuchten Ezequiel MC. Alle weiteren Ab kürzungen sind in der digkeitsströmungen im Sonnenwind Echer und Mitarbeiter für die Jahre 1996 Tabelle rechts unten aufgelistet. (englisch : high-speed streams, HSS). Als bis 2006.1n einer weiteren Studie widmete • Schwache geomagnetische Stürme: Ins- HSS wird die schnelle Sonnenwindströ- sich das Team dem Zusammenhang mit gesamt identifizierten di e Wissenschaftler mung nach dem Durchgang eines CIR be- schwachen geomagnetischen Stürmen in 213 Stürme dieser Kategorie. Die Quellen zeichnet. CIR und HSS haben für schwache den Jahren 1996 bis 2008. schwacher geomagnetische r St ürme sind geomagnetische Stürme e ine e rheblich 0 • Starke geomagnetische Stürme: Die sign ifi ka nt anders gewichtet als im Fall •starke r und seh r sta rker Stürme. Die Tabel - starke. Die Tabelle rechts unten führt alle höhere Bedeutung als für starke und sehr Studie führt 78 starke geomagnetische le rechts gibt die Verteilung der dominie- Sonnenwindstrukturen im 23 . Sonnenzyk- Stürme für den 23 . Zyklus auf. Im Jahr 2007 renden Quellen für die einzelnen Phasen lus auf, die schwache geomagnetische und im Januar 2008 wu rden keine starken im 23 . Sonnenzyklus wieder. Neben den Stürme he rvorriefen. geomagnetischen Stürme verzeichnet. Während der Aktivitätsminima zu Beginn und am Ende des Zyklus traten nur drei starke geomagnetische Stürme auf. Die Tabelle rechts gibt die Verteilung für die ende Quellen starker geomagnetischer den Phasen des 23. Aktivitätszyklus Sonnenzyklusphase """-1""'-'1. . . .".. Ansteigende Phase (1997 bis 1999) 21 einzelnen Phasen im Sonnenzyklus für diesen Zeitraum wieder. ln der ansteigen- SH sMC SH/MC CIR den Aktivitätsphase und im Ma ximum dominieren interplanetare koronale Massenauswürfe (ICME}, in der abklingenden Phase gleichsinnig rotierende Wech- Aktivität sma ximum (2000 bis Mitte 2002) 25 selwirkungsgebiete (CIR) sowie ICMEStrukturen, mit einem Schwe rpunkt bei den ICME-Strukturen : Das in einem ICME enthaltene Plasma ist durch magnetische Feldlinien wie in einem schlaufenförm igen Abklingende Phase (Mitte 2002 bis 2005) 29 Kokon eingeschlossen . Die innere Region der Schlaufe wird als magnetische Wolke bezeichnet, die einhüllende Umge bung als Mantel (englisch : sheath, SH} . Eine von Aktivitätsminimum (1996, 2006 bis 2008) 3 Sonnenforschungssatelliten nachgewiesene magnetische Wolke mit vorause ile nde r Stoßfront wird mit der Abkürzung sMC 4 4 3 1 SH SH/MC sMC CIR 8 6 CIR SH sMC SH/MC 9 7 sMC CIR SH SH/MC 2 1 0 0 4 1 5 1 in der Literat ur als »stabiler roter Aurora- zuvor in der Plasmasphäre gespeichert cherten Elektronen, Protonen und Ionen bogen « (englisch: stable auroral red arc), waren. Sie erstreckt sich, je nach Sonnen- d riften, während sie in spiralförmigen kurz SAR-arc, bezeichn et. Seine geografi- windaktivität, bis in eine Höhe von etwa Bahnen entlang der Magnetfeldlinien von sche Längen au sdeh nung ist in der Regel 2,5 bis 6 Erdradien (siehe Grafik auf S. 72 Polregion zu Polregion pendeln, abhängig sehr groß u n d kann m eh rere Tausend Ki- unten). Im Unterschied zu diesen Leu cht- von ihrer Ladung in entgegengesetzten lometer betragen . Stabile rote Aurorabö- ersch einungen wird das Polarlicht inner- Richtungen um die Erde. Der daraus resul- gen zeigen gewöhnlich diffu se, struktur- halb der Polarlichtovale überwiegend tierende Stromfluss umschließt unseren lose Formen. Sie sin d dauerhafter als die durch Elektronen ausgelöst, die aus der Planeten ringförmig. Dieser Ringstrom er- Polarlichtstrukturen innerhalb der Polar- Plasmaschicht im sonnenahgewandten zeugt ein schwaches Magnetfeld, das dem lich tovale und ü ber Zeiträume von mehr Teil der Magnetosphäre heraus beschleu- Erdmagnetfeld entgegengerichtet ist. So- als zehn Stu n den nachweisbar. Ihre größte nigt oder gestreut wurden u nd dann in die wohl die Stromstärke in der Ringstromzo- Le uchtkraft erreichen sie in einer Höhe polnahe Ionosphäre einströmen. ne, als auch deren räumliche Ausdehnung vo n etwa 400 bis 450 Kilometern. Im Grenzbereich von Plasmasphäre werden stark durch den Sonnenwind und SAR-arc Polarlichter sowie andere dif- und Plasmaschicht befindet sich die so die Ausrichtung des interplanetaren Mag- fu s-rote Polarlichter, die wäh rend eines genannte Ringstromzohe. Das in ihr vor- netfelds beeinflusst. geomagnetisch en Sturms ab seits der Po- handene Plasma der Magnetosphäre weist larlichtovale sichtbar sind, werden ü ber- eine geringe Dichte, aber eine sehr hohe keiten wiegend durch Elektronen ausgelöst, d ie Temperatur auf. Die in der Zone gespei- Sonnenwind in Verbindung mit einer 76 März 2014 Bei hoh en Sonnenwindgeschwindigund starken Druckstößen im STERNE UND WELTRAUM Sonnenzyklusphase Anzahlschwacher Stürme Dominierende Quellen Ansteigende Phase (1997 bis 1999) 53 CIR und HSS ICME-Strukturen Stoßfront + ICME-Strukturen Stoßfront + Mantelregion 30,1 24,5 17 9.4 Aktivitätsmaximum (2000 bis 2002) 62 CIR und HSS ICME-Strukturen Stoßfront + ICME-Strukturen Stoßfront + Mantelregion 33,9 22,6 14,5 16,1 Abklingende Phase (2003 bis 2005) 75 CIR und HSS ICME-Strukturen Stoßfront + ICME-Strukturen Stoßfront + Mantelregion 60 20 5,3 9,3 Aktivitätsminimum (1996, 2006 bis 2008) 23 CIR und HSS ICME-Strukturen 82,6 8,7 Häufigkeitsverteilung von Sonnenwindstrukturen, die im 23. Sonnenzyklus schwache geomagnetische Stürme hervorriefen Sonnenwindstruktur Abkürzung Anzahl Gleichsinnig rotierendes Wechselwirkungsgebiet ICME- magnetische Wolke nicht nachgewiesen Stoßfront, intensiviert durch Kompression Hochgeschwindigkeitsstömung im Sonnenwind ICME- magnetische Wolke nachgewiesen Komplexe Sonnenwindstörungen CIR 69 31 23 23 ICMEnc sSH HSS MC 13 12 11 10 9 5 2 2 1 1 1 DISTsw siCMEnc sMC CIR/HSS Kombination aus Stoßfront und Mantelregion eines ICMEnc Kombination aus Stoßfront, Mantelregion und MC eines ICMEs Kombination aus CIR und HSS Kombination aus Stoßfront und CIR Kombination aus ICMEnc und CIR Unzureichende Daten zur eindeutigen Identifikation Kombination aus MC und CIR Kombination aus MC und sSH Kombination aus HSS und CIR .sCIR ICMEnc/CIR Keine Daten MC/CIR MC/sSH HSS/CIR anhaltenden Südrichtung des interpla- chend sinkt hier der Dst-Index (siehe Kas- netaren Magnetfelds in Erdnähe können tenS. 74) . Sonnenwindpartikel besonders effizient Felder auf große Distanzen und ohne direkten Kontakt in Wechselwirkung treten. Substorms in der Anfangsphase eines Sturms In der überlappzone werden Elektronen in die Magnetosphäre injiziert werden. geomagnetischen verursachen der Plasmasphäre aufgeheizt und diffun- Der Zustrom dieser Partikel erhöht die eine Ausdehnung der Ringstromzone dieren mit einer Energie von nur wenigen Dichte und Energie von hochenergeti- nach Innen, in Richtung der Plasmasphä- Elektronvolt großflächig entlang der Ma- schen Ionen im Ringstrom. Sowohl in der re. Gleichzeitig wird die eingeschlossene gnetfeldlinien in die Ionosphäre hinein. Magnetosphäre als auch in der Ionosphä- Plasmasphäre ero- Dort regen sie atomaren Sauerstoff an, der re werden dann komplexe Plasmakonvek- diert. In diesem Prozess bildet sich eine einen Teil der Anregungsenergie bei einer komprimiert und tionen in Gang gesetzt. Sie transportieren Überlappzone aus, in der das kalte, dich- Wellenlänge von 630 Nanometern wieder Sauerstoffionen aus der Ionosphäre in te Plasma der Plasmasphäre in direkte abstrahlt. In den Polarlichtovalen strömen die Ringstromzone hinein, wodurch die Wechselwirkung mit den heißen, hoch- die Elektronen dagegen mit Energien von Intensität des Ringstroms zunimmt. Die- energetischen Ionen und Protonen der bis zu einigen Kiloelektronvolt ein, im ser Stromanstieg induziert ein Magnet- Ringstromzone tritt. feld, das sich auf niedrigen geografischen Der Energietransfer auf die kalten Elek- Extremfall sogar mit mehr als 30 Kiloelektronvolt Breiten indirekt durch eine Abnahme der tronen der Plasmasphäre erfolgt durch horizontalen Komponente des Erdmag- Coulomb-Stöße, bei denen die beteiligten und Ringstromzone kann auch während netfelds bemerkbar macht; dementspre- geladenen Partikel über ihre elektrischen der abklingenden Phase eines geomagne- www.sterne-und-weltraum.de Eine Überlappung von Plasmasphäre März 2014 77 Polarlichter vom Typ D treten in der Anfangsphase starker bis extremer geomagnetischer Stürme auf. Typisch ist dabei eine diffus rote Himmelsaufhellung, in die Strukturen eingebettet sein können. Es dominiert das rote Licht des atomaren Sauerstoffs bei 630 Nanometer. Die Aufnahme entstand am 24. Oktober 2011 in Sellstedt bei Bremerhaven mit einem Fisheye-Objektiv in Blickrichtung Norden während eines starken geomagnetischen Sturms. Der minimale Ost-Index betrug -132 Nanotesla. während des Sturms und den damit ver- Anfangsphase starker geomagnetischer wird die zuvor erodierte Plasmasphäre bundenen Plasmakonvektionen in der Stürme auf und lösen eine Polarlichtform wieder mit Plasma aus der Ionosphäre Magnetosphäre. Während starker geomagnetischer Stür- Sie ist leuchtkräftiger als das SAR-arc-Po- tischen Sturms eintreten. In dieser Phase aufgefüllt, wodurch sie sich bis in den aus, die als Typ-D-Aurora bezeichnet wird. Bereich der noch in Richtung Erde ausge- me steigt der Zustrom von Elektronen aus larlicht und visuell sichtbar. Auch hier do- dehnten Ringstromzone ausbreitet. SAR- der Plasmasphäre in die Ionosphäre sehr miniert die Emissionslinie des atomaren arc-Polarlichter treten überwiegend in der stark an, und ihr Energiespektrum wird Sauerstoffs bei 630 Nanometer im über- Erholungs- und Hauptphase eines geoma- zu höheren Energien verschoben. Energie- wiegend unstrukturierten, diffusen Polar- gnetischen Sturms auf und korrelieren und Flussdichteanstieg treten in Verbin- licht. Der Anteil an gelbgrünem Polarlicht stark m it dem Auftreten von Substorms dung mit Substorms insbesondere in der nimmt gegenüber demjenigen in SAR-arc- Weltraumwetter aktuell ie Gesamtheit aller veränderlichen physikalischen Phäno- D gnetischer Stürme. Diese Angaben bietet das »Space Weather mene im interplanetaren Raum wird unter dem Begriff Prediction Center« der NOAA unter www.swpc.noaa.gov/SWN >>Weltraumwetter« zusammengefasst. Interessant für Polarlicht- auf einen Blick (siehe Bild unten) : Hinweise auf geomagnetische beobachter ist das Weltraumwetter in der Umgebung der Erde: Stürme, ein Röntgenbild der Sonne und die Daten des Sonnen- der durch den Sonnenwind und das interplanetare Magnetfeld winds in Erdnähe. Des Weiteren gibt es Karten der Nord- und beeinflusste Zustand des Erdmagnetfelds einschließlich geoma- Südpolregion der Erde, welche die voraussichtliche momentane Lage des jeweiligen Polarlichtovals veranschaulichen. Die Gra- NOAA I Space Weather Prediction Center fiken erfassen auch gemäßigte Breiten, so dass beispielsweise Space Weather Now Beobachter in Mitteleuropa schnell entscheiden können, ob eine 2013 Oec 18 12:44 UTC {Dec 18 05:44 MST) NOAA Sc.ales Actlvlty Range 1 (minor) to 5 (extreme) NOAA Scale Past 24 hrs Geomagnetic Storms Solar Radiation Storms Curranl nächtliche Polarlichtjagd Erfolg versprechend ist. Nützlich für die Praxis ist außerdem der Kp-lndex (englisch: planetary K-lndex). Er ist ein Maß für Schwankungen des Erd- Radio Blackouts magnetfelds, wie sie während eines geomagnetischen Sturms auftreten und wird in Stufen von 0 bis 9 angegeben . Werte von Alorta L.ates!Aiert Oec 14 1918 UTC ALERT: Gaomagnetic K-indellDf ' ACER ·~1 1'.., J.., " r I-Tl ~ : • -r '" 5 oder mehr signalisieren einen geomagnetischen Sturm. Eine S tar WJ dP ' L~ 4 r :- -~ l deutschsprachige Informationsquelle mit aktuellen Daten ist die "'· · ~~- ~ unter www.meteoros.de/polar/polwarn.htm erreichbare lnter- .'~\ ; - ') ' :::- . !'---, ' ' r T netplattform »Meteoros«. Hier finden sich wiederum zahlreiche So..r Cyc'- Progression I .•: ..:·.::........ r- • -.- "'" Weblinks zu internationalen Messstationen . ! tor~ /sK:] Space Wuther User Groups • Navigation • • • • • 78 Radio EJecbicPower Satelli1e0pem1Drs Aurora NewsMedia März 2014 Relatedpages Today's Space Waalher SW for Aviation Service Providen; Weltraumwetter der NOAA www.swpc.noaa .gov/SWN STERNE UND WELTRAUM Polarlichtern zu. Einhergehend mit dem starken Anstieg der Ringstromintensität strömen auch vermehrt hochenergetische Ionen aus der Ringstromzone entlang der Magnetfeldlinien in die Ionosphäre ein und verursachen ein zusätzliches, schwaches Polarlicht äquatorwärts der Polarlichtovale. Diejenigen diffus-roten Polarlichter, die sich während eines geomagnetischen Sturms über dem deutschsprachigen Raum zeigen, sind überwiegend vom Typ D. Abhängig vom Ausmaß der südlichen Verlagerung der Polarlichtovale, werden gegebenenfalls auch die für Polarlichtovale typischen, reich strukturierten Formen, beispielsweise Polarlichtvorhänge und -kronen, beobachtet (siehe SuW 10/ 2013, S. 70). Polarlichter- bei uns auch in den kommenden Jahren Die Vorhersage geomagnetischer Stürme - insbesondere der starken, sehr starken und extremen - ist in unserer hochtechnisierten Welt von großer Bedeutung. Ihr unvorhergesehenes Eintreffen kann kostenintensive Funktionsstörungen in Satelliten und Telekommunikationsnetzen oder gar ihren Totalausfall hervorrufen. In Stromnetzen sind Ausfälle bis hin zu weit reichenden Schäden möglich. Auf Grund der in Teil 1 und 2 dieses Beitrags beschriebenen Untersuchungen im 23. Sonnenzyklus lassen sich nun die folgenden Ergebnisse festhalten : • Sehr starke geomagnetische Stürme werden ausnahmslos von interplanetaren koranalen Massenauswürfen hervorgerufen und setzen eine südliche Ausrichtung des interplanetaren Magnetfelds voraus. • Die überwiegende Anzahl der interplanetaren koranalen Massenauswürfe hat ihren solaren Ursprung in koranalen Massenauswürfen über aktiven Sonnenfleckengruppen im Zeitraum um das Aktivitätsmaximum der Sonne. Sie werden von intensiven Strahlungsausbrüchen (Flares) begleitet. Starke und insbesondere schwache geomagnetische Stürme dominieren dagegen im Zeitraum nach dem Aktivitätsmaximum. • Gleichsinnig rotierende Wechselwirkungsgebiete und nachfolgende Hochgeschwindigkeitsströmungen im Sonnenwind überwiegen in derjenigen Gruppe der Sonnenwindstrukturen, die für schwache geomagnetische Stürme verantwortlich ist. www.sterne-und-weltraum.de Derzeit befindet sich unser Tagesgestirn in einem Aktivitätsmaximum, das jedoch im Vergleich zu den vorhergehenden Sonnenzyklen des 20. Jahrhunderts deutlich schwächer ausgeprägt ist. Während Polarlichter innerhalb Europas in Island und Nordskandinavien in allen Phasen des Sonnenzyklus beinahe alltägliche Phänomene am wolkenfreien Nachthimmel sind, treten sie im deutschen Sprachraum gehäuft im Aktivitätsmaximum und in den Jahren danach auf. Ungewöhnlich am derzeitigen 24. Sonnenfleckenzyklus ist, dass die Aktivität der südlichen Hemisphäre der Sonne MICHAEL HUNNEKUHList derjenigen der nördlichen Hemisphäre promovierter Physiker und hinterherhinkt Daher wäre ein doppeltes Maximum möglich. Aber auch im Fall Hobbyastronom. Seit 2001 ist er aktives Mitglied der eines einfachen Maximums können wir Volkssternwarte Hannover. in den nächsten Jahren mit geomagnetiSeine astronomischen lnterschen Stürmen rechnen, die im deutschen Sprachraum sporadisch Polarlichter her- essenschwerpunkte liegen in der Polarlichtforvorrufen werden. @ schung und Planetologie. Literaturhinweise Basurah, H. M.: Records of Aurora in the lslamic Chronicles Du ring 9th-16th centuries. ln: Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics 68, S. 937-941, 2006 Belov, A. 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