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Dokumentation
International Communication Agency
Embassy of the United States of America
42
31. Oktober 1979
I N H A L T
DOKUMENTATION
Senator Nunn zu MBFR und zur TNF-Modernisierung
- Wortlaut der Rede vom 22. Oktober 1979 -
HINTERGRUNDMATERIAL
US-NATO-Botschafter erörtert TNF-Modernisierungsprogramm
- Interview mit Botschafter W. Tapley Bennett,Jr. -
WISSENSCHAFT UND TECHNIK
Magnetfeldforschung aus dem Weltraum
- MAGSAT-Meßdaten als Indikator für Bodenschätze und Schollenbewegungen
in der Erdkruste Synthesegas aus Braunkohle
Um Über/endung von
Belegexemplaren wird
gebeten
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Tel: 02221-89 32 4 0
Telex:08-85432
Dokumentation
International Communication Agency
Embassy of the United States of America
42
31. Oktober 1979
SENATOR NUNN ZU MBFR UND ZUR TNF-M0DERN1SIERUNG
- Wortlaut der Rede vom 22. Oktober 1979 -
WASHINGTON - (AD) - Der demokratische Senator Sam Nunn aus Georgia
hat am 22. Oktober 1979 in Washington auf einer von dem "Institute for
Foreign Policy Analysis" und der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstalteten
Tagung eine vielbeachtete Rede gehalten, die folgenden Wortlaut hat:
Ich freue mich und fühle mich geehrt, an einer Diskussion über einen
beiderseitigen und ausgewogenen Truppenabbau (MBFR) teilzunehmen, die von
dieser hervorragenden Gruppe veranstaltet wird.
Ich bin der Meinung - und
habe das in den vergangenen Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten auch gesagt - daß idealerweise die MBFR-Gespräche und die SALT II-Verhandlungen
auf einem parallelen Kurs hätten ablaufen sollen.
Es ist nicht meine Absicht, mich hier heute abend ausführlich über
SALT auszulassen.
Es muß jedoch immer wieder und mit Nachdruck darauf
hingewiesen werden, daß strategische Rüstungsverhandlungen nicht in einem
Vakuum stattfinden können.
Das Ziel unserer Bemühungen um eine Rüstungs-
kontrolle sollte nicht einfach eine Reduzierung der Rüstungen sein.
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Das
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Das Ziel sollte vielmehr sein, die Sicherheit der westlichen Welt zu fördern
und die Stabilität zu wahren, indem militärische Anreize und Befürchtungen
vermindert werden, die jede Seite zu einem Erstschlag mit irgendwelchen
Waffen ermuntern könnten, seien es nun nukleare oder konventionelle Waffen.
Unglücklicherweise glauben manche Leute in den Vereinigten Staaten, daß
man strategische Nuklearplanung und Rüstungskontrolle von der Planung für
Nuklearstreitkräfte in und für Europa (Theater Nuclear Forces - TNF) sowie
für konventionelle Streitkräfte trennen könnte.
glauben her, daß
Dies rührt aus dem Irr-
ein strategischer Nuklearangriff "aus heiterem Himmel
heraus" die größte Gefahr bedeutet,der sich die Menschheit gegenübersieht.
Wenn auch niemand diese Möglichkeit ausschließen kann und wir deshalb strategische Streitkräfte aufrechterhalten müssen, um vor ihr abzuschrecken, so
ist dies meiner Meinung nach doch der unwahrscheinlichste Hintergrund für
einen Nuklearkrieg.
Es ist viel wahrscheinlicher, daß ein strategischer
nuklearer Schlagabtausch aus einer vorhergehenden Konfrontation zwischen
der Sowjetunion und der freien Welt auf der konventionellen oder der TNFEbene herrührt.
Worauf es ankommt, ist, daß die Vereinigten Staaten, die NATO und die
freie Welt in der Lage sein müssen, vor einem Krieg mit der Sowjetunion abzuschrecken und zwar auf jeder Ebene eines potentiellen Konfliktes:
strategischer Ebene, auf TNF-Ebene und auf konventioneller Ebene.
auf
Dies ist
ein Junktim in seiner wahrsten militärischen Bedeutung, und es hat die Grundlage für die NATO-Triade seit der Formulierung der Strategie der flexiblen
Antwort durch das Bündnis im Jahre 1967 dargestellt.
Es besteht jetzt die
große Gefahr, daß die Elemente dieser Triade auseinander gekoppelt werden,
nicht so sehr aufgrund des SALT II-Protokolls und auch nicht aufgrund der
sowjetischen Bemühungen, das TNF-Modernisierungsprogramm der NATO zu sabotieren.
Die wahre Bedrohung der Integrität der NATO-Triade liegt in dem
Versäumnis des Bündnisses, seine konventionelle und seine TNF-Situation dem
Verlust der strategischen Nuklearüberlegenheit Amerikas anzupassen.
Der
Verlust dieser Überlegenheit schafft die zwingende Notwendigkeit, eine glaubwürdige Abschreckung auf der TNF-Ebene und auf der Ebene der konventionellen
- 2 -
konventionellen Streitkräfte zu entwickeln.
Wie Sie wissen, hat der sowjetische Staats- und Parteichef Breschnew
am 6. Oktober in Ostdeutschland eine Rede gehalten, in der er ankündigte,
daß die Sowjetunion im Laufe der nächsten zwölf Monate ihre Streitkräfte in
diesem Land um 20 000 Mann und 1000 Panzer verringern wolle.
Breschnew er-
klärte ferner, daß die Sowjetunion bereit sei, ihre auf Westeuropa gerichteten TNF-Waffen zu reduzieren, falls die NATO bereit sei, auf ihre geplante Dislozierung der Pershing II und des Marschflugkörpers (Cruise Missile)
mit großer Reichweite zu verzichten.
In bezug auf jene NATO-Länder, die vielleicht bereit wären, die Pershing II
und die Marschflugkörper auf ihrem eigenen Boden zu akzeptieren, nahm
Breschnew kein Blatt vor den Mund:
"Wir müssen klar und deutlich sagen", so unterstrich er, "daß die Verwirklichung dieser Raketenprojekte radikal die strategische Situation auf
dem europäischen Kontinent verändern und die internationale Atmosphäre vergiften würde, und selbstverständlich müßten wir dann zusätzliche Schritte
ergreifen...
Sollte die Bundesrepublik Deutschland diese neuen Raketen ak-
zeptieren, so ist es nicht schwierig sich vorzustellen, welche Konsequenzen
sie erwarten würde, falls dieses Waffensystem jemals angewendet würde."
Breschnew fügte hinzu, daß die Sowjetunion "niemals Nuklearwaffen gegen
jene Staaten einsetzen wird, die sich weigern, solche Waffen zu produzieren
oder für sich zu erwerben, und sie nicht auf ihrem Territorium stationieren."
Das "Zuckerbrot" in der Rede Breschnews ist seine offensichtliche Bereitschaft, über Begrenzungen hinsichtlich der sowjetischen Mittelstreckensysteme während SALT III zu verhandeln, sowie seine Ankündigung eines einseitigen Abzugs einiger sowjetischer Truppen und Panzer aus Ostdeutschland.
Die "Peitsche" in der Rede Breschnews ist der unverblümte Versuch, die
zukünftige TNF-Struktur der NATO zu diktieren und die NATO in ein MBFR- 3 -
MBFR-Abkommen hineinzulocken, das die Datenfrage ignoriert.
Die Botschaft
hinsichtlich einer TNF-Modernisierung ist klar. Nachdem die Sowjetunion
ihre eigenen TNF modernisiert hat, ist sie nunmehr bemüht, die NATO daran
zu hindern, ein Ähnliches zu tun.
Nach der Dislozierung des Backfire-
Bombers, der SS-20, der SS-21, der SS-22 und der SS-23 ist die Sowjetunion
bestrebt, die NATO daran zu hindern, ihre eigenen Verbesserungen einzuführen.
Nachdem sie den Propagandakrieg gegen die Neutronenwaffe gewonnen hat, scheint
die Sowjetunion zuversichtlich zu sein, daß sie das Bündnis von einem TNFModernisierungsprogramm abschrecken kann.
Seit Mitte der siebziger Jahre haben die Sowjets ihre TNF bis zu einem
Punkt erweitert und modernsiiert, wo sie jetzt vielleicht als der NATO überlegen hinsichtlich solcher entscheidender Kategorien wie der überlebensfähigkeit, der Beweglichkeit und der Reichweite angesehen werden kann. Die
Sowjets haben die Anzahl ihrer nuklearen Gefechtsköpfe, die für Ziele in
Europa bestimmt sind, verdoppelt. Sie haben zumindest zwei neue nukleare
Artilleriekaliber eingeführt. Sie ersetzen ihre alten taktischen BodenBoden-Raketen mit weitaus beweglicheren und treffsicheren Systemen. Sie
haben eine große Menge neuer taktischer Flugzeuge mit großer Reichweite beschafft, die Nuklearwaffen tragen können. Und mit der Dislozierung der
SS-20 sowie der Backfire-Bomber haben die Sowjets jene territorialen Zufluchtsorte eliminiert, derer sich die NATO einstmals in einem taktischen
nuklearen Schlagabtausch hätte erfreuen können. Darüber hinaus haben die
Sowjets im Gegensatz zur NATO ihre konventionellen Streitkräfte so ausgerichtet, ausgerüstet und ausgebildet, daß sie einen nuklearen und chemischen
Kampf überleben und sogar zu ihren Gunsten nutzen könnten.
Die taktische nukleare Situation der NATO zeigt einige beunruhigende
Kontraste auf.
Die NATO-Streitkräfte verlassen sich weiterhin auf ein In-
ventar unhandlicher und weitgehend veralteter Waffen, die Ende der fünfziger
und Anfang der sechziger Jahre entwickelt wurden.
Die NATO verfügt über zu
viele Waffen des falschen Typs, über Waffen mit zu hoher Sprengkraft, zu verwundbar gegenüber einem gegnerischen Präventivschlag und zu begrenzt in
der Reichweite.
Ja, es kann gesagt werden, daß kein geringer Anteil der etwa
- 4 -
etwa 7000 nuklearen Gefechtsköpfe, die die NATO heute in Europa disloziert,
gefährlicher für das Bündnis als für den potentiellen Gegner sind, den sie
abschrecken sollen.
Diejenigen, die sich weitgehend vor einer TNF-Moderni-
sierung fürchten, scheinen nicht zu begreifen, daß nichts zu tun die überhaupt größte Gefahr darstellt.
Zwei Drittel der 7000 taktischen Nukleargefechtsköpfe der NATO sind an
Trägersysteme
gebunden, die über eine Reichweite von weniger als 160 Meilen
(rund 160 km) verfügen, wobei die meisten Reichweiten von 10 bis 20 Meilen
haben.
Die begrenzte Reichweite der 155 mm und 8 Inch-Nuklear-Artillerie der
NATO und ihre taktischen Boden-Boden-Raketen - einschließlich der neuen LanceRakete - würden aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Einsatz gegen Ziele auf
NATO-Territorium beschränken.
Das Wissen, daß der Großteil der taktischen
Nuklearwaffen der NATO, wenn eingesetzt, auf Schläge gegen Ziele auf NATOTerritorium beschränkt bliebe, wird die Sowjetunion wohl kaum erschrecken
oder abschrecken.
Die Fähigkeit, Pakt-Streitkräfte der zweiten und dritten Linie in Osteuropa und in Westrußland zu neutralisieren, ist das Kernstück jeder glaubwürdigen Abschreckung durch taktische Nuklearwaffen der NATO.
Die Fähigkeit
(des Warschauer Paktes), diese Streitkräfte der zweiten Welle aufzustellen
und sie rasch durch Polen und Ostdeutschland heranzuführen, ist das Schlüsselelement der Überlegenheit des Paktes über die NATO auf konventionellem Gebiet.
Der Pakt verfügt mit der Dislozierung der SS-20 und der in Rußland stationierten
Backfire-Bomber bereits über die Fähigkeit, die Aufstellung und die Heranführung der operativen Reserven der NATO zu stören und diese zu vernichten.
Das Problem ist, daß die NATO heute nicht in der Lage ist, sowjetische
Streitkräfte in den westlichen Militärdisktrikten Rußlands glaubwürdig zu
bedrohen; ja sogar die Fähigkeit der NATO, ein Risiko für Pakt-Streitkräfte
in bestimmten Teilen Osteuropas zu schaffen, ist fraglich.
Diese Fähigkeit
beruht fast ausschließlich auf taktischen Flugzeugen mit größerer Reichweite
und den veraltenden Pershing I-Raketen.
Beide sind in zunehmendem Maße ver-
wundbar gegen präventive Vernichtung durch einen nuklearen, und, wenn es darauf
- 5 -
darauf ankommt, sogar einen konventionellen Angriff.
Es ist ein Paradoxon,
daß jene NATO-Waffen, die am wenigsten durch einen Präventivschlag verwundbar sind - Nuklearartillerie und kleinere taktische Raketen - weniger Abschreckungswert haben, weil ihnen die Reichweite fehlt, um Pakt-Territorium
zu treffen, wo sie am meisten schaden könnten, während jene Systeme, die
eine größere Reichweite haben, zur präventiven Vernichtung förmlich einladen.
Nach meiner Auffassung besteht eine vorzeigbare Kapazität der NATO darin,
die Bewegung der Reserven des Paktes in und für Europa zu unterbinden oder
sie direkt zu vernichten, bevor sie nach Westeuropa herüberkommen. Das könnte
die Notwendigkeit weitgehend verringern, daß die Nuklearwaffen der NATO auf
das eigene Territorium der NATO abgefeuert werden müßten. Viele Analytiker
auf dem Gebiet der Verteidigung glauben, daß die erste Welle der Streitkräfte
des Paktes - wenn ihnen die ständige Verstärkung und der ständige Nachschub
durch aus Osteuropa heranrückende Streitkräfte der zweiten und dritten Welle
verwehrt wird - allein durch die konventionellen Streitkräfte der NATO isoliert und vernichtet werden könnten. Weitreichende Systeme, wie die Pershing II
und die bodengestützten Marschflugkörper, würden, indem sie Pakt-Streitkräfte
mit Vernichtung bedrohen, ehe sie NATO-Boden erreichen, die derzeitige große
Abhängigkeit der NATO von Waffen mit kurzer Reichweite verringern. Wenn ihre
Dislozierung mit wesentlichen Verbesserungen der Überlebensfähigkeit, der Befehls- und Leitsysteme und der Einsatzkonzeptionen verbunden wird, dann könnten sie den Weg zu einer Verringerung der Zahl der in Europa dislozierten
Nukleargefechtsköpfe bereiten.
Das vorgeschlagene Modernisierungsprogramm ist ein nachhaltiger erster
Schritt zur Verbesserung. Es würde die Reichweite und die Überlebensfähigkeit
wesentlich steigern. Die NATO steht noch immer vor der Aufgabe, Befehlsund Leitsysteme sowie Doktrin und Einsatzkonzeptionen zu verbessern. Die NATO
muß auch ein Programm für die Verbesserung der Überlebensfähigkeit der allgemeinen Streitkräfte unter nuklearen Verhältnissen entwickeln.
Wenn
Wenn die Rede Breschnews vom 6. Oktober ein Hinweis sein sollte, dann
scheint es, daß die Sowjetunion tief besorgt ist über den Fortschritt, den
die NATO-Gruppe auf hoher Ebene bei der Ausarbeitung eines TNF-Modernisierungsprogramms gemacht hat.
Die Pershing II und der Marschflugkörper mit
großer Reichweite sind nicht lediglich wirksame Gegenmittel gegen die SS-20
und den Backfire-Bomber.
Die ihnen innewohnende Mobilität macht sie weniger
verwundbar durch einen Präventivangriff unter der Annahme einer minimalen
taktischen Vorwarnzeit.
Es scheint jedoch ferner, daß sich die Sowjetunion akut bewußt ist,
daß das Wissen des Bündnisses um die Dinge, die getan werden müssen, nicht
durch den entsprechenden politischen Willen, es zu tun, ergänzt wird.
Die
Sowjets wissen, daß die Niederlande, Belgien und der linke Flügel der regierenden Sozialdemokratischen Partei in Deutschland die schwächsten Glieder in der NATO-Kette bezüglich dieser Angelegenheit sind.
Sie wissen, daß
die Niederländer zögern, TNF-Waffen mit großer Reichweite auf ihrem eigenen
Boden zu akzeptieren, und sie können in den Zeitungen lesen, daß eine glatte
Ablehnung der Niederländer, das zu tun, das ganze TNF-Modernisierungsprogramm
zu Fall bringen könnte, da es entsprechende Ablehnungen durch die Bundesrepublik
Deutschland, Belgien und Italien auslösen könnte.
Paradoxerweise macht die
klaffende Lücke in der konventionellen Vorneverteidigung der NATO, als das
"Gebiet des niederländischen Korps" bekannt, die TNF-Modernisierung nur umso
zwingender.
Die Präsenz einer einzigen niederländischen Brigade in der Bun-
desrepublik Deutschland, statt des erforderlichen vollen Korps von zwei Divisionen stellt eine ständige Einladung zu einer sowjetischen Militärparade
bis hin nach Amsterdam dar.
Nach einem Bericht der New York Times vom 18. Oktober hat der Vorsitzende
der Verteidigungskommission des niederländischen Parlaments, de Vries, erklärt:
"Wenn die Niederlande der Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen auf ihrem Territorium nicht zustimmen sollten, dann wäre die
Regierung von Bundeskanzler Schmidt nicht in der Lage, NATO-Plänen für eine
- 7 -
eine Dislozierung der Raketen in Westdeutschland zu folger)."
Ich neige stark zu der Annahme, daß entweder die New York Times Herrn
de Vries falsch zitiert hat oder daß Herr de Vries die Position der Regierung Schmidt falsch dargestellt hat.
Bundeskanzler Schmidt ist eine der im militärischen Bereich scharfsichtigsten Führungspersönlichkeiten der westlichen Welt, und er hätte nicht
die Notwendigkeit der TNF-Modernisierung für die NATO bekräftigt, wenn er
nicht daran glauben würde.
Nachdem er bekräftigt hat, daß die Modernisierung
für die deutsche Sicherheit und für die NATO notwendig ist, bin ich fest davon überzeugt, daß Bundeskanzler Schmidt nicht zulassen würde, daß diese Entscheidung durch das niederländische Parlament zu Fall gebracht wird.
Daher
bin ich auch ermutigt, daß die deutsche Regierung die Richtigkeit des Artikels
in der New York Times später dementiert hat.
Ich kann es nicht glauben, daß
der ehemalige bundesdeutsche Verteidigungsminister und jetzige Bundeskanzler
die künftige Sicherheit seines eigenen Landes und Westeuropas in die Hand des
niederländischen Parlaments legen würde.
Ich weiß, das britische Parlament
würde das nicht tun,und auch die Belgier und die Italiener würden es meiner
Meinung nach nicht tun.
Damit ich nicht mißverstanden werde: Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, daß die niederländische Regierung und das Parlament die TNF-Modernisierung billigen werden. Ich weiß, daß es sowohl in der niederländischen
Regierung als auch beim niederländischen Militär kluge und politisch mutige
Persönlichkeiten gibt, die die Gefahr erkennen, die der Status quo in sich
birgt.
•
Jene wohlmeinenden Seelen, die die Modernisierung ablehnen, sprechen
unbeabsichtigt für einen Kurs, der
1. sich weiterhin auf eine exzessive Anzahl taktischer Nuklearwaffen
verlassen würde;
2. weiterhin
2. weiterhin zu präventiven Angriffen auf solche Systeme bei jeder
Konfrontation einladen würde;
3. die Abschreckung vermindern und die Möglichkeit einer Fehlkalkulation erhöhen würde, die zu einem Krieg führen könnte;
4. die Aussichten auf ausgehandelte beiderseitige Verringerungen schmälern würde; und
5. zu einer NATO-Dyade führen würde, die nur aus strategischen Kernwaffen und den konventionellen Streitkräften besteht.
Wenn die TNF-Modernisierung in Europa durchkreuzt werden sollte, hätten
die Vereinigten Staaten eines Tages keine andere Wahl, als schließlich die
Möglichkeit des Abzugs jener Waffen ins Auge zu fassen.
Eine TNF-Position,
die für die NATO gefährlicher ist als für den Warschauer Pakt, muß modernisiert oder aber aufgelöst werden.
Sie kann nicht einfach ignoriert werden.
In diesem Jahrhundert sind viele Amerikaner auf den europäischen Schlachtfeldern gefallen.
Wir sind erneut dazu bereit, aber nur für ein Europa, das
sich für seine eigene Verteidigung einsetzt.
Die Alternative besteht natürlich darin, daß die Westeuropäer Präsident
Breschnew beim Wort nehmen, als er versprach, "niemals Kernwaffen gegen jene
Staaten einzusetzen, die es ablehnen, solche Waffen herzustellen oder für
sich selbst zu beschaffen ,und sie nicht auf ihrem Staatsgebiet haben".
Angenommen, Herr Breschnew und seine Nachfolger halten dieses Versprechen,
so würden unsere europäischen Verbündeten und Freunde so sicher, geschützt
und frei sein wie Ungarn und die Tschechoslowakei, die beide einen Nuklearangriff durch die Sowjets vermieden haben.
Das TNF-Modernisierungsprogramm wurde auch mit dem merkwürdigen Argument der Niederländer und einiger anderer Europäer konfrontiert, daß die
Ratifizierung von SALT II eine Vorbedingung für die Annahme des Programms
- 9 -
Programms sei.
Das Argument scheint zu sein:
"Wenn SALT abgelehnt oder
verzögert wird, dann werden wir diesen Amerikanern eine Lektion erteilen.
Wir werden
sie zwingen, ihre gefährlichen, nichtüberlebensfähigen, wirkungs-
losen Waffen mit kurzer Reichweite auf unserem Boden zu belassen."
Dies er-
innert mich an einen Film der Marx-Brothers, in dem Chico, dessen Leben von
bewaffneten Räubern bedroht wird, sich eine Waffe an den Kopf hält und ruft:
"Wenn ihr näher kommt, drücke ich ab!".
Dazu muß ich sagen: Wenn das Modernisierungsprogramm wegen Verzögerung
oder sogar Ablehnung von SALT II durch den Senat gestrichen wird, war die
Unterstützung für die TNF-Modernisierung bei der NATO wahrscheinlich so
schwach, daß sie ohnehin nicht zustande gekommen wäre.
Unsere NATO-Verbündeten sind gleichberechtigte Partner und sollten mit
allem Respekt behandelt werden. Sie haben logische und stimmige Argumente
dafür, daß SALT II gebilligt werden sollte. Ich werde mir die Gedanken und
Ideen unserer Freunde und Verbündeten sorgfältig anhören. Die Drohung einer
Zurückweisung der TNF-Modernisierung ist jedoch kein Argument, das ich ernsthaft erwägen werde. Würde man diese Drohung als ein ernsthaftes Argument
für die Ratifizierung von SALT II akzeptieren, dann müßte man daraus schließen, daß unsere Verbündeten sich nicht für ihre eigene Verteidigung einsetzen.
Sollte dies der Fall sein, dann wäre die Zukunft des Bündnisses nicht rosig,
gleichgültig, ob SALT ratifiziert oder verworfen wird.
Die Rede Breschnews vom 6. Oktober war deutlich ein gutgezielter Torpedo,
der auf das TNF-Modernisierungsprogramm gerichtet war. Um nichts weniger
aber war sie ein kalkulierter Schritt, um den gegenwärtigen toten Punkt hinsichtlich der Daten auf der Wiener Konferenz über beiderseitige und ausgewogene Truppenverminderungen (MBFR) zu umgehen. Die Gespräche in Wien sind
festgefahren, weil der Warschauer Pakt weiterhin darauf besteht, 180 000
Mann weniger Truppen in dem durch die Richtlinien abgesteckten Gebiet stationiert zu haben,als die NATO annimmt. Entweder sind die Nachrichtendienste
der NATO völlig im Irrtum oder die Sowjetunion macht sich einer gröbl ichen
- 10 -
gröblichen Täuschung schuldig.
Ich bin geneigt, mir die letztere Erklärung
zu eigen zu machen.
Man kann jedoch argumentieren, daß sogar eine Lösung des Zahlenstreits
über Truppenstärken, die für die NATO zufriedenstellend ausfällt, noch immer
keine Grundlage für ein vernünftiges MBFR-Abkommen abgibt.
Die beharrliche
Konzentration der NATO auf Erzielung von Verminderungen hauptsächlich im Bereich der Truppenstärken spiegelt eine grundlegend falsche Auffassung wider,
daß nämlich Truppenstärken der entscheidende Indikator der jeweiligen militärischen Kapazitäten der NATO und des Warschauer Paktes seien.
Im derzeitigen Richtliniengebiet stehen die 792 000 Mann Landstreitkräfte der NATO nicht einfach den 935 000 Mann der Truppen des Warschauer
Paktes jenseits der innerdeutschen Grenze gegenüber. Sie stehen 57 Pakt-Divisionen gegenüber, die für einen überraschenden Blitzkrieg organisiert,
disloziert, ausgebildet und ausgerüstet sind, in dem eine Angriffsgeschwindigkeit von bis zu 100 km täglich möglich wäre. Mobilität, Feuerkraft,
Organisation und Taktik regieren den Kampfverlauf auf dem modernen Schlachtfeld - nicht die Anzahl der Soldaten. Indem die NATO auch weiterhin ihre
Aufmerksamkeit auf die Gesamttruppenstärke richtet, ja, sich sogar darauf
konzentriert, verfolgt sie in Wien ein Abkommen, das für die Realitäten des
militärischen Kräfteverhältnisses in Europa irrelevant sein könnte.
Sogar wenn Mannschaftsstärke ein sinnvoller Maßstab militärischer Macht
wäre, dann würden solche Begrenzungen wahrscheinlich ohne Inspektionen vor
Ort nicht verifizierbar sein. Die Bewegungen sowjetischer Truppen nach und
von Mitteleuropa können mit nur wenig Zuversicht verfolgt werden, und aufgrund der Nähe der Sowjetunion zu Mitteleuropa würde ein vom Gedanken der
Truppenstärke beherrschtes MBFR-Abkommen in sich selbst unausgewogen sein.
Kurz: Verringerungen der Truppenstärke können sicher Teil eines MBFR-Abkommens sein, aber solange es nicht von anderen Maßnahmen begleitet wird,
wäre ein solches Abkommen Selbstbetrug.
Bisher
- 11 -
Bisher wurden die MBFR-Verhandlungen unter dem Gesichtspunkt betrachtet,
daß allein die Präsenz umfangreicher Streitkräfte in Mitteleuropa die Quelle
militärischer Instabilität auf dem Kontinent sei.
nung.
Ich bin nicht dieser Mei-
Meiner Ansicht nach wurzelt diese Instabilität nicht in der Präsenz
von Streitkräften, sondern vielmehr in der Möglichkeit ihres plötzlichen und
unerwarteten Einsatzes.
Seit der formellen Annahme der Strategie der flexiblen Antwort durch
die NATO im Jahr 1967
ruhte die Verteidigung Westeuropas auf der Vorausset-
zung, daß die NATO bei einer größeren Invasion durch den Warschauer Pakt genügend Vorwarnzeit haben würde.
Diese Voraussetzung schien in den späten
sechziger und frühen siebziger Jahren gültig zu sein.
Die vorne dislozierten
sowjetischen Streitkräfte in Osteuropa schienen unfähig, eine solche Invasion ohne umfangreiche, zeitraubende und daher feststellbare Verstärkung aus
den westlichen Militärdistrikten der Sowjetunion durchzuhalten.
Dies ist
nicht mehr länger der Fall.
Wie in dem Bericht, den der verstorbene Senator Bartlett und ich dem
Senat im Januar 1977 vorlegten, nachgewiesen wird, hat die Modernisierung
und Verstärkung der sowjetischen Streitkräfte im Richtliniengebiet im Verlauf der letzten zehn Jahre dem Warschauer Pakt die Kapazität verliehen,
eine potentiell entscheidende Invasion Westeuropas ohne vorherige Verstärkung zu unternehmen. Sowjetische Streitkräfte in Rußlands westlichen Militärdistrikten brauchen nicht mobilisiert zu werden, bevor der Angriff begonnen
hat.
Die Folgen einer Invasion durch den Warschauer Pakt mit nur wenig oder
keiner Vorwarnung sind für die NATO weitreichend. Es ist dem Bündnis als
Verdienst anzurechnen, daß sein Langfristiges Verteididungsprogramm, wenn es
voll verwirklicht wird, die Kapazität der NATO, einem Überraschungsangriff
zu widerstehen, vergrößern wird. Wenn jedoch die Lösung der Probleme, die
sich durch die verminderte Vorwarnzeit stellen, das zentrale Ziel der Planung
der NATO-Streitmacht ist, muß eine Wiederherstellung der angemessenen Vor- 12 -
Vorwarnzeit das überragende Rüstungskontroll ziel des Bündnisses in Wien sein.
Rüstungskontrolle muß die Dienerin der Streitkräfteplanung sein, nicht
ihr Herr.
Unglücklicherweise könnte die Verfolgung des Ziels der beidersei-
tigen Verminderung des Kräftestands das gegenwärtige Ungleichgewicht nicht
verändern.
Die Beibehaltung des bestehenden konventionellen Kräfteverhält-
nisses in Mitteleuropa auf einem niedrigeren Stand der Streitkräfte würde
keinerlei Garantie gegen die Gefahr eines Angriffs ohne Warnung bieten.
Aus meiner Sicht ist es schon lange überfällig, unser Hauptinteresse
auf der MBFR-Konferenz von der Verminderung der Präsenz militärischer Streitkräfte in Mitteleuropa auf die Verhinderung ihres Einsatzes in plötzlicher
und unerwarteter Weise zu verlagern.
Das heißt, sich auf die Schaffung eines
Rüstungskontroll Verfahrens zu konzentrieren, das einen Überraschungsangriff
unmöglich macht.
Um genauer zu sein:
Es bedeutet die Errichtung eines umfassenden Systems
miteinander verbundener Maßnahmen, gestützt auf dauernde und durchdringende
Inspektionen vor Ort in Europa.
Dies würde genaue Kenntnis jeder vermuteten
militärischen Aktivität ermöglichen.
Es ist wiederum das Verdienst der NATO,
daß solche Maßnahmen nunmehr innerhalb des Bündnisses aktiv erwogen werden.
Ich habe die Hoffnung, daß diese Überlegung wachsende Aufmerksamkeit erregen
wird, um eine Einstellung zu den MBFR-Verhandlungen zu entwickeln, die in
erster Linie auf eine Verminderung der Bedrohung durch einen Angriff aus
dem Stand abzielt.
Lassen Sie mich zum Abschluß folgendes sagen:
Ich bin durch den Fort-
schritt ermutigt, den das Bündnis bei der Formulierung eines TNF-Modernisierungsprogramms gemacht hat.
Desgleichen bin ich ermutigt durch die Annahme
des Langfristigen Verteidigungsprogramms durch die NATO, das sich den schwerwiegenden Mängeln in der Position der konventionellen Streitkräfte zuwendet.
Das ist der einzige Weg, auf dem wir bei der NATO eine glaubwürdige Ab-
- 13 -
Abschreckung aufrechterhalten können.
Es ist der einzige Weg, auf dem wir
eine sinnvolle Rüstungskontrolle in Europa erzielen können.
Wir wissen,
was wir tun müssen, um die ungünstigen militärischen Trends der letzten zehn
Jahre umzukehren.
Das Problem ist jetzt, ob wir den politischen Willen auf-
bieten können, es zu tun.
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ndInternational Communication Agency
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31. Oktober 1979
US-NATO-BOTSCHAFTER ERÖRTERT TNF-MODERNISIERUNGSPROGRAMM
- Interview mit Botschafter W. Tapley Bennett,Jr. -
WASHINGTON
- (AD) - Der Ständige Vertreter der Vereinigten Staaten
im Nordatlantikrat, Botschafter W. Tapley Bennett Jr., hat in einem Interview
mit der Korrespondentin Candis Cunningham vom Amt für Internationale
Kommunikation (USICA) zu dem Programm für die Modernisierung der Nuklearstreitkräfte in und für Europa (Theater Nuclear Forces - TNF) sowie zu
anderen Problemen der NATO Stellung genommen.
Nachfolgend das Interview
im Wortlaut:
FRAGE: Herr Botschafter, die NATO prüft gegenwärtig ihre Erfordernisse
für eine Modernisierung der TNF mit großer Reichweite. Geschieht dies
als Antwort auf die Modernisierung der sowjetischen TNF mit großer Reichweite, wie sie sich beispielsweise durch die SS-20 und den BackfireBomber manifestiert? Oder liegt ein Grund dafür in der Doktrin der NATO?
Werden die TNF mit großer Reichweite zur NATO-Politik der Abschreckung
und der flexiblen Antwort beitragen?
ANTWORT:
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ANTWORT:
Ich möchte sagen, es ist in erster Linie auf das letztere
abgezielt, nämlich unsere Abschreckung auf dem neuesten Stand zu halten,
denn - wie Sie wissen - sind die beiden Säulen der NATO die Abschreckung
und die Entspannung.
Aber man kann keine ausgewogene Entspannung haben, wenn man nicht
über eine glaubwürdige Verteidigung verfügt, um den erforderlichen Schutz
zu gewähren, den man haben will.
Programm.
Und genau das tut der Westen mit diesem
Sie werden sich erinnern, daß es Präsident Carter war, der
im Dezember 1977 in Warschau als erster öffentlich auf die SS-20 hinwies.
Nun herrscht die gemeinsame Auffassung, daß die strategische oder
interkontinentale Abschreckung noch immer in gutem Zustand ist. Aber wir
haben heute grob gesprochen eine Parität statt der überwältigenden Überlegenheit, derer wir uns einst erfreuten. Wenn wir auf strategischer
Ebene eine Parität haben und wenn gleichzeitig Westeuropa durch 600 oder
700 - über 700 - Mittel Streckenwaffen aus der Sowjetunion abgedeckt wird,
die nach Westeuropa reichen, dann sind wir offensichtlich im Nachteil,
weil unsere gegenwärtig in Westeuropa stationierten Raketen, die TNF,
nicht in die Sowjetunion reichen. Und um dieses Ungleichgewicht zu
korrigieren, sprachen wir im letzten Jahr über TNF.
FRAGE: Worin bestand in der Vergangenheit die Politik der NATO
hinsichtlich der TNF-Kapazitäten mit großer Reichweite - und warum ist
die gegenwärtige TNF-Kapazität der NATO unzureichend, um den sowjetischen
TNF-Ausbau mit großer Reichweite entgegenzuwirken? Warum haben wir es
dem Warschauer Pakt erlaubt, sich auf diesem Gebiet einen Vorteil zu
verschaffen?
ANTWORT:
Wie Sie wissen, stützt sich die grundlegende Strategie
des Westens, der NATO, auf die flexible Antwort.
Diese beinhaltet
strategische Waffen, konventionelle Streitkräfte und die TNF.
- 2 -
Wir waren
waren damit beschäftigt, unsere strategischen Waffen auf dem neuesten
Stand zu halten und dort das Gleichgewicht beizubehalten.
Inzwischen ist die Stärke der Sowjets gewachsen.
wir das einfach so hingenommen?
Nun, warum haben
Demokratien brauchen einige Zeit, um
zu erkennen, daß die andere Seite sich einen Vorteil zu verschaffen
sucht.
Niemand denkt an einen Angriff von Seiten des Westens.
Können
Sie sich Länder wie Dänemark oder die Niederlande vorstellen, die sich
zu einem Angriff auf die Sowjetunion entschließen?
Das ist geradezu
lächerlich.
Andererseits brauchen wir eine Verteidigung gegen das, was auf uns
aus dem Osten zukommen kann; und hier gab es immer ein Ungleichgewicht
im konventionellen Bereich.
Bisher hatten wir den amerikanischen nuklear-
strategischen Schirm, der es uns ermöglichte, mit einem Ungleichgewicht
auf der konventionellen Seite zu leben.
FRAGE:
Wird die Stationierung amerikanischer Marschflugkörper mit
großer Reichweite und ballistischer Raketen in Europa einen "AbkopplungsEffekt" auf die amerikanischen strategischen Arsenale von der Verteidigung
Europas haben?
ANTWORT:
Nein, überhaupt nicht.
Sie wäre "abkoppelnd", wenn wir
dabei versagen würden, voranzugehen und diese Entscheidungen gemeinsam
zu treffen.
Wenn die Europäer allein vorangehen würden und die Amerikaner
nicht beteiligt wären - das wäre "abkoppelnd".
FRAGE:
Vizepräsident Mondale vertrat in einer Rede Anfang Oktober
die Ansicht, daß das Angebot des sowjetischen Präsidenten Leonid Breschnew,
20 000 Soldaten und 1 000 Panzer aus Ostdeutschland abzuziehen, in der
Absicht erfolgte, die NATO von den entscheidenden Anstrengungen zur
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zur Modernisierung der konventionellen und TNF-Waffen wegzulocken.
Wie
werden die Verbündeten auf dieses Angebot des Kremls reagieren?
ANTWORT:
Ich meine, sie haben sehr gut reagiert.
Breschnew war hinreichend augenfällig.
Die Rede von
Sie war nicht zu intellektuell,
und die Leute können die Tatsache durchschauen, daß er in einem gewissen
Sinn nur sagte: wir behalten unsere Waffen, und ihr bekommt eure nicht und daher sollte jeder glücklich sein.
Nun gut, wir sind über diese Idee
nicht glücklich.
FRAGE:
Sie haben also nicht das Gefühl, daß die Rede irgendwie von
den Anstrengungen der NATO zur Modernisierung ablenken wird?
ANTWORT:
Ich bezweifle nicht, daß einige Leute von dem Gedanken
angezogen werden, zu verhandeln, um die sowjetische Ernsthaftigkeit zu
prüfen.
Aber der entscheidende Punkt ist doch, daß der Westen sechs,
acht Jahre lang Zurückhaltung gezeigt hat und die Sowjets ständig gerüstet
haben.
Zurückhaltung angesichts ihrer fortgesetzten Aufrüstung zu zeigen,
führt nur zu weiterer Unterlegenheit unsererseits.
FRAGE: Zusammen mit der Untersuchung ihrer Bedürfnisse im Bereich
der Langstrecken-TNF-Modernisierung diskutiert die NATO auch die Möglichkeit
von Anstrengungen zusammen mit der Sowjetunion bei der Rüstungskontrolle
der TNF-Waffen mit großer Reichweite. Wäre es besser, wenn es Erfolge
bei den Anstrengungen zur Rüstungskontrolle gäbe, bevor mit der Langstrecken-TNF-Modernisierung begonnen wird?
ANTWORT: Die Geschichte und die Erfahrung bei Verhandlungen mit
den Sowjets zeigt immer wieder, daß man nie etwas für nichts bekommt.
Und bevor wir keine Waffen disloziert haben, werden wir auf die Sowjets
nicht sehr überzeugend wirken, wenn wir vorschlagen, sie sollten zurückgehen und ihre Kernwaffen reduzieren. Versprechen über künftige Absichten
Absichten zahlen sich bei Verhandlungen mit den Sowjets nicht aus.
FRAGE:
Wird das Bündnis die Vorschläge von Breschnew im Zusammenhang
mit den stattfindenden MBFR-Gesprächen in Erwägung ziehen?
Sehen Sie
persönlich irgendwelche positiven Aspekte in diesem Breschnew-Angebot?
ANTWORT:
Nun, natürlich freuen wir uns über das sowjetische Angebot
einer Reduzierung um 20 000 Mann und 1 000 Panzer.
Es ist nicht viel,
wenn man daran denkt, wie viele Truppen sie an der zentralen Front jenseits
der Grenze der Bundesrepublik Deutschland haben.
Ein wesentliches Problem bei den MBFR-Gesprächen liegt darin, daß wir
die Frage der Daten nicht lösen können.
Unsere Nachrichtendienste sagen
uns, daß die Sowjets viele Tausend Soldaten mehr haben als sie eingestehen;
solange wir kein übereinkommen darüber erzielen, wieviele Truppen beide
Seiten haben, können wir offensichtlich auch nicht darüber zu einem
Einklang kommen, wie wir diese Truppen reduzieren sollen.
Und obgleich
wir uns also über dieses einseitige Angebot von sogar 20 000 Mann freuen,
so ist dies verhältnismäßig wenig im Vergleich zu dem, was die Sowjets
stationiert haben.
FRAGE:
Betrachten Sie die Einführung von modernisierten Systemen
bei TNF-Waffen der NATO mit großer Reichweite als Verhandlungsgrößen bei
künftigen Gesprächen über
ANTWORT:
Ich glaube,
Rüstungsbegrenzungen?
ich würde es nicht so sehen.
Wir sind wirklich
an einem Ausbau unserer eigenen Verteidigung und Abschreckung interessiert.
Wenn nun die Sowjets durch eine solche Abschreckung genügend beeindruckt
und überzeugt sind, daß wir auf eine Reduzierung des Rüstungsbestands auf
beiden Seiten zugehen können, dann ist dies sicher unser Langzeitziel:
diese Rüstungslast zu verringern, die für die Sowjets doch ebenso schwer
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schwer sein muß wie für uns. Beide Seiten würden Vorteil daraus ziehen,
die hohe Anzahl ihrer Waffen zu reduzieren und auf einen kleineren Umfang
zu bringen.
FRAGE:
Herr Botschafter, wie werden die Bestimmungen des SALT II-
Vertrags, wenn sie vom amerikanischen Senat ratifiziert sind, die Anstrengungen der NATO bei der Langstrecken-TNF-Modernisierung und Rüstungskontrolle beeinflussen?
ANTWORT: Das SALT II-Abkommen hat bezüglich dieser Waffen auf dem
europäischen Kontinent nichts zu sagen. Bei SALT handelt es sich ausschließlich um ein strategisches Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten
und der Sowjetunion. Es hätte keine Auswirkung auf den Aufbau unseres
Arsenals auf dem europäischen Kontinent.
Und lassen Sie mich in aller Deutlichkeit sagen: Der einzige Grund
für unseren Aufbau ist die Tatsache, daß die Sowjets bereits aufgebaut
haben. Sie versuchen das Gleichgewicht zu stören, das wir besaßen.
FRAGE:
Wie steht es um die RüstungskontroiIbemühungen?
Wird sich
SALT II negativ auf die RüstungskontroiIbemühungen auf dem Gebiet der
TNF auswirken?
ANTWORT: Nein, ich glaube nicht, denn Rüstungskontrolle ist die
andere Seite unserer Politik. Wie Sie schon gesagt haben, arbeiten wir
in der Zeit, in der wir modernisieren, gleichzeitig an Vorschlägen
und Maßnahmen für die Rüstungskontrolle. Wir wollen, daß der Fortschritt
in der Rüstungskontrolle und in der Modernisierung Hand in Hand geht.
Aber das eine ist der Wagen und das andere das Pferd.
Das Pferd
der Modernisierung zieht den Wagen der Rüstungskontrolle.
FRAGE:
FRAGE:
Wenn sich die NATO selbst Rüstungskontrollanstrengungen mit
dem Warschauer Pakt verschreibt, die sich auf TNF mit großer Reichweite
erstrecken, wird dies dann durch den SALT-Prozeß oder durch die Verhandlungen
über beiderseitige und ausgewogene Truppenverringerung (MBFR) in Wien
geschehen?
ANTWORT: Ich glaube, man ist allgemein zu der Auffassung gelangt,
daß es SALT III sein wird - wenn wir diese Phase in dem langen Prozeß
der Abrüstungsverhandlungen erreichen -, in dessen Rahmen über die Waffen
auf dem europäischen Kontinent gesprochen werden wird. Deshalb sind ja diese
anstehenden Verhandlungen von so großem Interesse für unsere europäischen
Verbündeten, weil sie involviert sein werden.
FRAGE:
Herr Botschafter, was werden nach der TNF-Modernisierung
die höchsten Prioritäten der NATO für die achtziger Jahre sein?
Hat
es auf den anderen neun Gebieten des Langfristigen Verteidigungsprogramms
der NATO einen Fortschritt gegeben?
ANTWORT: Ja, wir arbeiten aktiv daran. Das Programm ist erst etwa
ein Jahr in Kraft, und wir haben die Ergebnisse der Diskussionen über
den Verteidigungsfragebogen von diesem Herbst noch nicht vorliegen.
Dabei berichtet jedes Land jedes Jahr, was es tut, und das wird dann
bewertet. Dieser Prozeß hat eben erst begonnen.
Die Ausschüsse und die Gruppen, die sich mit den verschiedenen
Aspekten des Langfristigen Verteidigungsprogramms befassen, waren jedoch
sehr aktiv und kommen gut voran.
FRAGE:
Können Sie hier einige spezifische Beispiele nennen, wie
etwa Schritte zur Interoperabilität?
ANTWORT:
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ANTWORT:
Natürlich ist gerade das letztere ein sehr wichtiges
Konzept, an dem die europäische Seite ebenso wie die amerikanische ein
großes Interesse hat - eben an diesem Konzept der Standardisierung, oder
vielleicht besser gesagt, Interoperabilität.
Hier arbeiten wir sehr
aktiv an dem sogenannten C-3-Projekt - Command, Control und Communications Befehls-, Leit- und Fernmeldesystem, wo es gerade auf Koordinierung ankommt.
Das Langfristige Verteidigungsprogramm ist genau darauf angelegt,
zu rationalisieren und eine bessere Verwaltung für diese gewaltigen
Geldsummen zu finden, die wir für unsere Verteidigung ausgeben. Mit
anderen Worten, wir wollen mehr für das Geld, das wir ausgeben.
So sind
wir beispielsweise übereingekommen, im Rahmen der Interoperabilität und
Standardisierung die deutsche Panzerkanone zu kaufen, um unsere Streitkräfte
damit auszurüsten.
Das ist für die Deutschen eine wichtige Sache, und
wir bekommen eine gute Panzer-Kanone.
Das ist die sogenannte Zweibahnstraße der militärischen Beschaffung.
Das fliegende Frühwarnsystem AWACS wird ein gemeinsames Programm all
unserer Länder sein. Das Flugzeug vom Typ F-16 ist ein Projekt, an dem
fünf Länder - die Vereinigten Staaten, Norwegen, Dänemark, die Niederlande und Belgien - beteiligt sind. Das sind nur einige der Beispiele
der Bemühungen um stärkere Standardisierung.
FRAGE:
Kürzlich hat die Bundesrepublik Deutschland erklärt, daß
sie ihre Verteidigungsausgaben nicht um real drei Prozent erhöhen werde.
Glauben Sie, daß dieses Beispiel bei anderen NATO-Verbündeten Schule machen
könnte?
ANTWORT:
Die Deutschen sind selbstverständlich in dem ganzen Aufbau
unserer Verteidigungspolitik sehr wichtig.
Wir hoffen sehr, daß sie
die dreiprozentige Erhöhung real vornehmen werden, auf die sich all
all unsere Regierungen geeinigt haben.
Ich hoffe, daß die Deutschen das Geld aufbringen werden, um auf
drei Prozent zu gehen, weil wir uns auf diese Zahl geeinigt hatten.
Es ist wichtig, daß alle Länder diese Zusage erfüllen, soweit es in ihren
Kräften steht.
Wie ich bereits zuvor sagte, die Bundesrepublik nimmt
eine große Bedeutung in unserer ganzen Verteidigungszusammenarbeit ein.
Und was sie tut, wird offensichtlich eine Wirkung auf andere haben.
FRAGE: Wie stehen die Aussichten, daß Griechenland und die Türkei
ihre bilateralen Beziehungen verbessern werden, damit die Südostflanke
der NATO besser stabilisiert wird?
ANTWORT: Das Bündnis hat sehr hart an der Lösung dieses Problems
gearbeitet. Es ist eine lange und mühsame Geschichte mit diesen griechischtürkischen Schwierigkeiten. Der Fortschritt ist langsam, aber ich hoffe,
daß wir Fortschritte machen. Ich meine, beide Länder möchten zu einer
Lösung gelangen, beide sagen es jedenfalls. Die Führung in beiden Ländern
möchte wieder zu den kooperativeren Vereinbarungen zurückkehren, die wir
früher hatten.
Wir sind optimistisch, aber vorsichtig optimistisch.
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UUi//cn/choft
und Technik
International Communication Agency
Embassy of the United States of America
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31. Oktober 1979
MAGNETFELDFORSCHUNG AUS DEM WELTRAUM
MAGSAT-Meßdaten als Indikator für Bodenschätze und
Schollenbewegungen in der Erdkruste
- (AD) - Vier Monate lang soll der neue amerikanische Forschungssatellit MAGSAT (dies ist die Abkürzung für "Magnetic Field Satellite"),
der auf polarer Bahn die Erde in 350 bis 500 km Höhe umkreist, das erdnahe
Magnetfeld messen. Auf Grund dieser Meßdaten können Geologen und Geophysiker Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Mineralanreicherungen
in der Erde und den Verlauf der Grenzen zwischen Erdkrustenschollen ziehen,
was für die Erdbebenforschung von großer Bedeutung ist. Mit den Bordinstrumenten werden Stärke und Richtung sowohl des globalen Magnetfeldes
als auch der "Oberflächenfelder" der Erde erfaßt.
Magnetfelder werden durch elektrische Ströme verursacht, die durch
und um die Erde sowie in der Hochatmosphäre fließen.
Es wird vermutet,
daß das globale Magnetfeld der Erde auf Ströme zurückzuführen ist, die
im Erdkern erzeugt werden.
Die Oberflächenfelder dagegen können durch
magnetische Stürme induziert werden oder auf bestimmten Gegebenheiten in
Postfach 2 0 0 3 0 0
D 5 3 0 0 Bonn 2
Tel: 02221-89 32 4 0
Telex:08-85432
in der Erdkruste beruhen - beispielsweise der Existenz eines großen
Eisenerz-Vorkommens in Afrika, das auf Grund einer starken magnetischen
Oberflä'chenanomalie vor einiger Zeit von einem Satelliten entdeckt wurde.
Die MAGSAT-Daten werden, wie Pitt Thome, Direktor der Abteilung
Ressourcenforschung bei der US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA, auf einer
Pressekonferenz erklärte, das Material für weltweite Magnetfeldkarten zu
Navigationszwecken, für die Ausarbeitung globaler Magnetfeldmodelle und
für Karten von der Erdoberfläche abgeben, auf denen magnetische Anomalien
wie jene in Afrika verzeichnet sind.
Diese Informationen wiederum geben
Hinweise auf die Entwicklung der Erdkruste und auf die verschiedenen
geologischen Prozesse, die zur Erzbildung und zur Entstehung von Erdölvorkommen führten. Zwar ist schon seit Jahren bekannt, so Dr. John
Denoyer, Geophysiker am Geologischen Bundesamt der Vereinigten Staaten,
daß Gesteinsformationen (d.h. Schichten der Erdrinde) je nach ihrer
Beschaffenheit elektrische Ströme verschieden gut leiten.
Und da ein
direkter Zusammenhang zwischen elektrischen Strömen und Magnetfeldern
besteht, ist es möglich, aus Magnetfelddaten Rückschlüsse auf die
Temperatur, Zusammensetzung und Struktur (z.B. Verwerfungen und Einbrüche)
von Gesteinsformationen zu ziehen. Verständlicherweise konzentriert
sich jetzt das Interesse besonders auf Formationen, die für Erdöl- und
Mineral vorkommen charakteristisch sind.
Erst in den Jahren von 1965 bis 1971 erkannten die Wissenschaftler,
daß entsprechende Untersuchungen nicht ausschließlich an der Erdoberfläche
möglich sind, sondern daß auch Satelliten dazu sehr viel beitragen können.
Dies zeigte sich bei der Analyse der Daten von sechs amerikanischen
Satelliten, die Magnetometer an Bord hatten. Mit den Instrumenten sollte
seinerzeit die Stärke des globalen Magnetfelds, das aus dem Erdkern
stammt, exakt bestimmt werden. Außerdem hoffte man, einige Erkenntnisse
darüber zu gewinnen, wie dieses Feld entsteht und weshalb es im Laufe von
Jahrmillionen immer wieder eine Umkehrung erfährt - d.h. der magnetische
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magnetische Nordpol zum Südpol wird und umgekehrt. "Und dabei entdeckten
wir", erklärte Pitt Thome, "daß die Daten niedrig fliegender Satelliten
auch Angaben über separate Magnetfelder enthielten, die auf Unregelmäßigkeiten im Aufbau der Erdkruste zurückzuführen sind. Dies öffnete die
Tür zu einem völlig neuen Bereich von Untersuchungen". Man kann nunmehr
aus magnetischen Meßdaten physikalische Merkmale von Gesteinen ableiten
und so Unterschiede herausfinden, die zwischen erdölhaltigen Formationen
und Muttergestein für die verschiedensten Mineralien bestehen. "Kombiniert
mit geophysikalischen Daten wie z.B. Gravitationswerten werden die Magnetfeldmessungen helfen, wirtschaftlich wichtige Mineral- und Erdölvorkommen
zu lokalisieren", meinte Dr. Denoyer.
Auch auf die Erdschollenbewegungen und damit auf den Prozeß der
sog. Kontinentaldrift geben magnetische Karten von der Erdoberfläche
Aufschluß. So sind beispielsweise gewisse magnetische Merkmale von Afrika
jenen von Südamerika auffallend ähnlich, was - neben manchem anderen darauf schließen läßt, daß die beiden Kontinente einmal miteinander verbunden
waren. Die Erdrinde besteht, wie man heute vermutet, aus Schollen (auch
"Platten" genannt), die sich in ständiger Bewegung befinden. Manche
tragen Kontinente und Meere, manche nur Kontinente, manche Teile von
beiden. Gleit- und Reibungsvorgänge an den Schollenrändern bauen Spannungen
auf, die sich ti Erdbeben entladen.
Jetzt soll die Beobachtung der Veränderung von Magnetfeldern in einem
bestimmten Zeitraum helfen, auch Erkenntnisse darüber zu gewinnen, mit
welcher Geschwindigkeit sich die Erdschollen bewegen. Die Erfassung der
Oberflächenfelder durch MATSAT kann mit einem fünfmal größeren Auflösungsvermögen erfolgen als mit den Magnetometern, mit denen höher fliegende
Satelliten ausgerüstet waren. Die Messungen aus dem Weltraum laufen
synchron mit Messungen an der Erdoberfläche auf allen fünf Kontinenten.
Von den 32 an dem Experiment beteiligten Wissenschaftlern sind nur 19
Amerikaner - die übrigen 13 vertreten die Länder Australien, Brasilien,
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Brasilien, Großbritannien, Frankreich, Indien, Italien, Japan und
Kanada. Die Auswertung der Meßdaten dürfte zwei Jahre in Anspruch nehmen,
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I
Wi//en/chaft
mid Technik
International Communication Agency
Embassy of the United States of America
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31. Oktober 1979
SYNTHESEGAS AUS BRAUNKOHLE
(AD) - Die amerikanische Bundesaufsichtskommission für Energiefragen (FERC - Federal Energy Regulatory Commission) hat "im Prinzip"
der Errichtung eines großen Kohlevergasungswerkes zugestimmt, wo zum
ersten Mal in den Vereinigten Staaten Braunkohle anstatt Steinkohle
in Synthesegas umgewandelt werden soll. Damit ist die erste Hürde zur
Verwirklichung dieses Projekts überwunden. Die Anlage, deren Gesamtkosten auf ca. eine Milliarde Dollar geschätzt werden, soll in Norddakota
gebaut werden und die Energieversorgung von 30 Millionen Menschen im
Osten der USA sichern helfen.
Die stark aschehaltige Braunkohle besitzt nur etwa die Hälfte des
Heizwerts der in den amerikanischen Oststaaten gewonnenen Steinkohle.
Die FERC hat noch Bedenken wegen der zu erwartenden Gebühren für das
Kohlegas. Denn das Firmenkonsortium, das die Anlage errichten will,
ersuchte darum, mit den Kosten den gesamten Abnehmerkreis seiner
Versorgungsunternehmen belasten zu dürfen, d.h. auch jene Abnehmer, die
gar kein Gas beziehen. Dieser Vorschlag wurde von der FERC bisher nicht
genehmigt.
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Postfach 20 03 00
D5300 Bonn 2
Tel: 02221-89 32 40
Telex:08-85432
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